I. Einleitung
Der nachstehende Aufsatz kreist um die politisch-administrative Dezentralisierung, die im System-wechsel der sozialistischen Länder als maßgeblicher Hebel begriffen wurde, um mit den zentralistischen Machtstrukturen der kommunistischen Ära zu brechen und den Übergang zu Verfassungsstaat und Demokratie insbesondere durch die (Wieder-) Begründung der lokalen Demokratie, der kommunalen Selbstverwaltung und ihrer dezentralen Entscheidungsspielräume zu sichern Wenn hier als Beispiele Ostdeutschland, Ungarn, Polen und Rußland und damit eine Bandbreite des Systemwechsels gewählt wird, innerhalb derer sich die Entwicklung in Ostdeutschland und Rußland geradezu als entgegengesetzte „Extremfälle“ darstellen, so wird damit die Absicht und Erwartung verknüpft, daß gerade eine solche Fallauswahl geeignet ist, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der institutionellen Entwicklungen zu identifizieren und Aussagen über die unterschiedliche Bestimmungskraft von Einflußfaktoren zu formulieren
Dabei interessieren vor allem zwei Phasen des Prozesses der Schaffung dezentraler politisch-administrativer Strukturen, in Sonderheit der kommunalen Selbstverwaltung in diesen Ländern. Zum einen wird auf die institutionellen Veränderungen der Gründungsphase als jenen (welt-) historischen Abschnitt zwischen dem „revolutionären Herbst 1989“ und dem Frühjahr 1990 abgehoben, in dem die kommunistischen Regime niedergerungen und die maßgeblichen Gründungsentscheidungen zum Um-und Neubau der politisch-administrativen Strukturen im Übergang zum demokratischen Verfassungsstaat getroffen wurden. Zur Erfassung der Bestimmungsfaktoren, die sich in diesen institutioneilen Gründungsentscheidungen geltend machen, wird in erster Linie der machtpolitische Handlungszusammenhang in den Blick gerückt, dessen jeweilige Grundmelodie hier als seine Institutionalisierungslogik bezeichnet wird. Für den weiteren Gang (seit Frühjahr 1990) der Institutionalisierungsbildung (Konsolidierungsphase) soll sodann insbesondere auf den Grad und das Tempo der beobachtbaren weiteren institutionellen Veränderungen im Kontext der einmal getroffenen Gründungsentscheidungen und auf die sie fördernden bzw. behindernden Faktoren eingegangen werden.
II. Ostdeutschland
Hatte sich das SED-Regime -als ideologischer und repressiver Hardliner unter den Satelliten der Sowjetunion -bis zuletzt jeder Reform (und perestrojka) widersetzt, so fiel es dann unter den Stößen der friedlichen Revolution des Oktobers 1989 in kürzester Frist fast wie ein Kartenhaus zusammen (Implosion). Dadurch, daß -im grundlegenden Unterschied zu den anderen sozialistischen Ländern Mittel-und Osteuropas -der System-wechsel in Ostdeutschland wie bereits im zeitigen Frühjahr 1990 klar wurde, in den Prozeß einer raschen deutschen Vereinigung eingebettet war und diese sich als Beitritt der DDR zur (alten) Bundesrepublik nach Artikel 23 Grundgesetz (GG) vollziehen sollte, waren der Um-und Neubau der politisch-administrativen Strukturen Ostdeutschlands frühzeitig von der Vorgabe und dem Ziel bestimmt, die Einpassung und Integration in die Verfassungs-und Institutionenwelt der alten Bundesrepublik vorzubereiten und zu verwirklichen {Integrationslogik). Schlüsselentscheidungen über die institutionelle Einstimmung der DDR in den föderativ-dezentralen Grundakkord der Bundesrepublik wurden denn bereits von der am 18. März 1990 demokratisch gewählten DDR-Volkskammer getroffen, insbesondere mit der Wiedereinführung der kommunalen Selbstverwaltung (durch die DDR-Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990) und der Wiederbegründung der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (durch das Gesetz vom 22. Juli 1990). 1. DDR-Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 Zielten die Beratungen über die neue DDR-Kommunalverfassung einerseits darauf, das in Artikel 28 Absatz 2 GG verbriefte Modell der kommunalen Selbstverwaltung zu übernehmen (und damit zugleich wieder Anschluß an die eigene vorkommunistische und vornationalsozialistische Kommunaltradition zu gewinnen), so waren sie andererseits von der Absicht bestimmt, dem neuen Kommunalrecht eine eigene, insbesondere das Erbe der Wendezeit zum Ausdruck bringende Handschrift aufzuprägen. -So wurde in den Gesetzesberatungen hervorgehoben, daß im neuen Gesetz die basisdemokratisch-plebiszitären Erfahrungen berücksichtigt und bewahrt werden sollten, die in der Wendezeit vielerorts mit lokalen Initiativen, Bürgerbewegungen und Runden Tischen in der Überwindung der Machtstrukturen der SED gemacht worden waren Die Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 setzte denn eigene direktdemokratische Akzente vor allem in der Vorschrift (§ 18) zu Bürgerantrag, Bürgerentscheid, Bürgerbegehren, wofür zu diesem Zeitpunkt in den alten Bundesländern allein die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg mit einer entsprechenden Regelung Anhaltspunkt und Vorbild lieferte -Kontrovers wurde diskutiert, ob der Bürgermeister von der Gemeindevertretung oder von der Bevölkerung direkt gewählt werden sollte.
Zwar neigte die Diskussion -den süddeutschen Gemeindeverfassungen folgend -der Urwahl des Bürgermeisters und damit der Einführung eines weiteren direkt-demokratischen Verfahrens zu jedoch gaben zeitpragmatische Gründe schließlich den Ausschlag, die Wahl des Bürgermeisters durch die Gemeindevertretung vorzusehen. -In den vorbereitenden Diskussionen wurde überdies ernsthaft in Erwägung gezogen, die Kreisebene in die neue Kommunalverfassung im Hinblick darauf nicht zu übernehmen, daß „den Kreisen eine entscheidende Rolle bei der Entmündigung der Städte und Gemeinden der DDR zugekommen war“ Daß die Kommunalverfassung an den Landkreisen dann doch festhielt, und zwar in der der deutschen Kommunaltradition entsprechenden (janusköpfigen)
Doppelfunktionn dürfte einen wesentlichen Grund darin haben, daß der Verzicht auf die Landkreise und ihre Doppelfunktion die Anschlußfähigkeit der DDR-Kommunalverfassung an das Kommunalmodell der Bundesrepublik in einem traditionellen Kernelement beschädigt hätte.
Als Ergebnis der institutioneilen Gründungsphase in Ostdeutschland ist festzuhalten: -Die Neubildung der (im Jahr 1952 abgeschafften)
Länder wurde bereits von der DDR-Volkskammer mit Gesetz vom 22. Juli 1990 beschlossen.
Sie trat mit dem Beitritt (3. Oktober 1990) in Kraft. Die ersten Wahlen zu den neuen Landtagen fanden am 14. Oktober 1990 statt. Ihnen folgte die Bildung der neuen Landesregierungen -Die Bezirksverwaltungen, die das SED-Regime 1952 als regionale Bollwerke der zentralistischen Partei-und Staatsherrschaft eingerichtet hatten, wurden in den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern -unter Verweis auf ihre zentralistische Diskreditierung und Belastung -abgeschafft und im Land Thüringen durch ein Landesverwaltungsamt ersetzt -Die kommunale Selbstverwaltung wurde durch die Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 wiederbegründet. Den demokratischen Kommunalwahlen vom 7. Mai 1990 folgend, erfuhren die politischen und administrativen Strukturen der Städte und Kreise eine tiefgreifende Umgestaltung -ein halbes Jahr, bevor der Aufbau der neuen Landesregierungen und -Verwaltungen begann. Die kommunale Ebene ist die einzige institutioneile Ebene der DDR, die deren Ende als Struktur überlebte. Dieser Umbau erfolgte in den von der DDR hinterlassenen territorialen Strukturen, das heißt in 191 Landkreisen mit durchschnittlich 60 000 Einwohnern (gegenüber 150 000 in der alten Bundesrepublik) und 7 565 kreisangehörigen Gemeinden (die Hälfte von ihnen mit weniger als 500 Einwohnern). Angesichts dieser teilweise extremen Kleinteiligkeit der Kreise und Gemeinden wurde zwar schon in der Gründungsphase der neuen Länder die Notwendigkeit einer kommunalen Gebietsreform hervorgehoben. Aber diese schien in der unmittelbaren Umbruchsituation weder politisch noch administrativ leistbar.
Noch in der ersten Legislaturperiode der neuen Landtage schritten die ostdeutschen Länder dazu, die institutionellen Rahmenbedingungen für die kommunale Ebene erneut -teilweise einschneidend -umzugestalten. Neben den neuen Kommunalverfassungen sind hier die noch in der ersten Wahlperiode der Landtage beschlossenen Kreisgebiets-und auch Gemeindeverwaltungsreformen zu nennen 2. Neue Kommunalverfassungen der ostdeutschen Länder Wie es der legislativen „Normalausstattung“ der Länder entspricht, verabschiedeten die ostdeutschen Länder zum einen je eigene Kommunalverfassungen, um damit die als Landesrecht übergeleitete DDR-Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 abzulösen allerdings bauen sie über weite Strecken auf diese auf Als eine der auffälligsten Veränderungen sei die Direktwahl des Bürgermeisters und -mit Ausnahme des Landes Brandenburg -auch des Landrats hefvorgehoben Auch wenn die ostdeutschen Länder mit dieser Entscheidung für die Urwahl des Bürgermeisters und des Landrats einem Trend folgten, der seit den frühen neunziger Jahren die kommunalrechtliche und -politische Diskussion auch in den alten Bundesländern bestimmt so ist daran zu erinnern, daß die Vorliebe für den direkt gewählten Bürgermeister in der ostdeutschen Diskussion eine deutlich basis-und direktdemokratische Wurzel hat. Es sei auf die Wendezeit und ihre lokaldemokratische Aufbruchstimmung verwiesen. In der westdeutschen Debatte wurden demgegenüber eher verwaltungspolitische Gründe, wie die verbesserte Steuerbarkeit und Verwaltungseffizienz der Kommunen, für den „starken Bürgermeister“ und seine Direktwahl ins Feld geführt. 3. Kreisgebiets-und Gemeindeverwaltungsreformen der ostdeutschen Länder In der Gründungsphase des Um-und Neubaues der Kommunal-und Landesstrukturen war, wie erwähnt, zunächst davon abgesehen worden, in den territorialen Zuschnitt der Kreise und Gemeinden einzugreifen. Dabei sprach alles dafür, daß dieser, zumal im Vergleich mit der „Normalität“ der Kreis-und Gemeindegliederung in den alten Bundesländern! den Aufbau einer leistungs-fähigen Verwaltung nicht erlaubte. Orientiert an den Erfahrungen der westdeutschen Länder und gestützt auf die westdeutschen Berater und „Leihbeamten“, verfolgten die Landesregierungen und Landtage die für dringlich erachteten Kreis-und Gemeindereformen sogleich als vorrangige landespolitische Aufgaben.
Das Ergebnis soll hier nur kurz in Erinnerung gerufen werden Die Landtage der neuen Länder verabschiedeten zwischen 15. Dezember 1992 (Brandenburg) und 15. Juli 1993 (Thüringen) Gesetze zur Kreisgebietsreform, durch die die Zahl der Landkreise zum Teil drastisch reduziert wurde -am ausgeprägtesten in Mecklenburg von 31 auf 12 und in Brandenburg von 38 auf 14. Ungeachtet der großen Zahl kleiner und kleinster Gemeinden entschieden sich die Länder (ausgenommen Sachsen), auf eine Gemeindegebietsreform im Wege von Eingemeindungen zu verzichten, und traten zwischen dem 16. Dezember 1992 (Brandenburg) und dem 16. August 1993 (Thüringen) Gesetze in Kraft, durch die -unter Beibehaltung der Gemeinden als politische Gebietskörperschaften -neue Organisationsformen für gemeinsame Verwaltungsstrukturen der Kleingemeinden (Ämter bzw. Verwaltungsgemeinschaften) vorgeschrieben werden. In Sachsen wurde am 15. Juli 1993 ebenfalls die Organisationsform der Verwaltungsgemeinschaft bzw.des Verwaltungsverbandes eingeführt -freilich unter dem politischen Vorbehalt, in der nächsten Wahlperiode, also bis 1999, eine Gemeindegebietsreform durch Eingemeindung zu verwirklichen.
III. Ungarn
Im Gegensatz zur DDR, in der sich das SED-Regime bis zuletzt jeglicher ernsthafter Reform widersetzte, erwies sich in Ungarn die Kommunistische Partei -als Ergebnis eines jahrelangen, in die siebziger Jahre zurückreichenden parteiinternen Reformprozesses -selber als maßgebliche Trägerin des Systemwechsels und eines „verhandelten Übergangs“ (negotiated transition) Zwischen den Reformkommunisten und den neuen oppositionellen Parteien bestand Ende 1989 ein weitgehender über die Verfassungskonsens Grundlinien des künftigen ungarischen Verfassungsstaats und über dessen dezentrale Grundstruktur
Als Ergebnis der Gründungswahlen vom 25. März/8. April 1990 bildeten das „Demokratische Forum“ und die „Kleine-Landwirte-Partei“ eine Mitte-rechts-Regierung, die im Parlament über eine deutliche Mehrheit (von knapp 54 Prozent der Sitze) verfügte. Als eines der ersten Gesetze verabschiedete das neue Parlament das „Gesetz LXV/1990 über die kommunale Selbstverwaltung“ vom 3. August 1990, das nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Mitglieder des Parlaments geändert werden kann. Darauf zielend, mit dem Zentralismus des überwundenen kommunistischen Regimes zu brechen, sprach aus dem neuen Gesetz eine Entschlossenheit zur Dezentralisierung des künftigen Verfassungssystems, deren konzeptionelle Radikalität fast ohne Beispiel ist.
Das neue Verfassungssystem gliedert sich praktisch in zwei politisch und institutionell relevante Politik-und Verwaltungsebenen: die der zentral-staatlichen Regierung und ihrer Verwaltung einerseits und die der Kommunen andererseits. Belief sich die Zahl der Gemeinden in der Spätphase des kommunistischen Regimes auf 1 364 (im Jahr 1988), so schnellte sie nach dem Systemwechsel auf 3 133 (im Jahr 1991) hoch -über die Hälfte von ihnen mit weniger als 1 000 Einwohnern. Damit wurden die während des kommunistischen Regimes vorgenommenen Eingemeindungen in großer Zahl rückgängig gemacht In der neuen Kommunalverfassung wurden die Kommunen ohne Unterschied ihrer Größe mit umfassenden Selbstverwaltungszuständigkeiten ausgestattet. Zwar war -in Wiederaufnahme der (österreichisch-jungarischen Traditionslinie des dualistischen Verwaltungsmodells -vorgesehen, daß den Gemeinden „ausnahmsweise“ auch die Erledigung staatlicher Aufgaben übertragen werden könne, jedoch ist die Regelung unverkennbar vorrangig an einem monistischen Modell orientiert, in dem zur Sicherung der kommunalen Autonomie die institutionelle (dualistische) Verklammerung von Selbstverwaltungs-und staatlichen Aufgaben abgelehnt wird Oberstes Organ der Gemeinden ist die Kommunalvertretung. In den Städten mit über 10 000 Einwohnern werden die Bürgermeister von der Kommunalvertretung, in den kleineren Städten (also in der ganz überwiegenden Zahl) von der Bevölkerung direkt gewählt. Die Bürgermeister konnten nicht gleichzeitig Abgeordnete im nationalen Parlament sein (Inkompatibilität), worin ebenfalls die Absicht der institutionellen Absonderung von Gemeinde und Staat zu erblikken ist. Als institutionelle Schicht oberhalb der Gemeinden wurden die 19 Komitate, d. h. Verwaltungsbezirke, die -institutionengeschichtlich in der ständischen Vergangenheit Ungarns wurzelnd -in der kommunistischen Staatsorganisation als das regionale Rückgrat der zentralistischen Staats-und Parteiherrschaft hergehalten hatten, zwar beibehalten, jedoch in ihrer Zuständigkeit auf die Erledigung überlokaler Selbstverwaltungsangelegenheiten beschränkt, ohne („dualistisch“) gleichzeitig mit staatlichen Aufgaben versehen und ohne mit Aufsichtsrechten über die Gemeinden ausgestattet zu werden Für Städte mit über 50 000 Einwohnern ist vorgesehen, daß ihnen zusätzlich die Funktionen des Kreises (den deutschen kreisfreien Städten vergleichbar) übertragen werden können; dies ist inzwischen bei 20 Städten der Fall.
Um auf der mittleren Ebene für eine gewisse Aufsicht über die Gemeinden zu sorgen, wurden acht neue Regionen zugeschnitten und in diesen die der ungarischen Verwaltungsgeschichte unbekannte Institution der Kommissare der Republik geschaffen -und bald wieder abgeschafft. Von der Regierung vorgeschlagen und vom Staatspräsidenten für vier Jahre ernannt, sollten sie die Rechtsaufsicht über die Gemeinden wahrnehmen, hatten hierbei aber nur das Recht, Entscheidungen der Kommunen durch Anrufung des Verfassungsgerichts anzufechten
Dieses in der Grundkonzeption zweischichtige, radikal dezentrale, auf die Kommunen fokussierte Staatsorganisationsmodell geriet in der weiteren Entwicklung rasch unter institutionellen Druck 30. Dieser rührte zunächst daher, daß in den Kommunalwahlen, die am September/14. Oktober 1990 -also ein halbes Jahr nach den Parlamentswahlen -stattfanden, die Freien Demokraten (SZDSZ), die sich im nationalen Parlament in der Opposition befanden, in allen wichtigen Städten, aber auch in vielen ländlichen Gemeinden, die Mehrheit errangen. Damit war das Institutionensystem durch die parteipolitischen Spannungen zwischen der Mitte-rechts-Parlamentsmehrheit und -Regierung auf der nationalen Ebene einerseits und den Mitte-links-Mehrheiten in den Städten und Gemeinden andererseits gekennzeichnet. Dies verstärkte die Neigung der Zentralregierung und ihrer Ministerien, eigene Verwaltungsstrukturen auf der Ebene der (19) Komitate oder auch der Städte -in Anknüpfung an die vom kommunistischen Regime überkommene Verwaltungszentralität -auf-und auszubauen Überdies sahen die auf Vorschlag der Mitte-rechts-Regierung ernannten Kommissare der Republik Veranlassung und Gelegenheit, im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht über die Gemeinden deren Entscheidungen in erheblicher Zahl durch Anrufung des Verfassungsgerichts zu beanstanden und die Gemeinden insoweit zu blockieren. Dadurch, daß die Beziehungen zwischen der zentralstaatlichen und der kommunalen Ebene parteipolitisch aufgeladen waren, traten die institutionenpolitischen Schwerpunkte der radikal dezentralen Verfassungskonstruktion verschärft zutage.
Nach den Neuwahlen vom 8. Mai/29. Mai 1994 als deren Ergebnis die bisherige Mitte-rechts-Koalition von einer aus der Sozialistischen Partei und den Freien Demokraten bestehenden, im Parlament über 72 Prozent der Sitze verfügenden Mitte-links-Koalition abgelöst wurde, beschloß diese unverzüglich die Änderung zweier institutioneller Regelungen, die ihren Parteien ein Dorn im Auge waren. Zum einen wurde der Grundsatz der Inkompatibilität beseitigt, so daß die überwiegend den Koalitionsparteien angehörenden Bürgermeister nunmehr gleichzeitig Parlamentsabgeordnete sein konnten. Zum andern wurden Kommissare der Republik abgeschafft, die sich unter der vorhe-rigen Mitte-rechts-Regierung als deren Aufpasser über die Gemeinden betätigt hatten. Konnte sich damit die neue Koalition auf zwei -insgesamt eher marginale -institutionelle Revisionen verständigen, so fehlt ihr bislang -obgleich sie über die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament verfügt -offenbar die politische Kraft und wohl auch interne Verständigungs-und Konsensfähigkeit, um eine ernsthafte Reform der Gründungsverfassung in Angriff zu nehmen.
IV. Polen
In Polen setzte die Systemtransformation bereits Anfang der achtziger Jahre mit dem wachsenden Einfluß der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc ein, in der Lech Watesa zum maßgeblichen politischen Führer aufstieg Anders als in Ungarn, wo die Kommunistische Partei als Ergebnis jahrelanger Wandlungen und Machtkämpfe zur Trägerin einer Systemreform mutierte, suchte die Polnische Kommunistische Partei ihren Anspruch auf die alleinige Macht im Lande (von Dezember 1981 bis Juli 1983 durch Verhängung des Kriegs-rechts) zu behaupten, ehe sie sich veranlaßt sah, sich am Runden Tisch im Februar/März 1989 mit der Solidarnosc auf einen „ausgehandelten Über-gang“ (negotiated transition) einzulassen; dessen prekäre Kompromißformel kommt in der Vereinbarung der Wahl zum Parlament (Sejm) und zum Senat am 4. /12. Juni 1989 mit ihrer vorab ausgehandelten und austarierten Zusammensetzung des ersteren treffend zum Ausdruck. So waren denn auch die in diese Phase fallenden Gründungsentscheidungen zum Umbau und zur Erneuerung des Verfassungs-und Institutionensystems von den dilatorischen Kompromissen zwischen dem ums Überleben ringenden kommunistischen Regime und der zu dessen endgültigem Niederringen ansetzenden Solidarnosc und hieraus rührenden „Unfertigkeiten“ geprägt.
Diese Grundzüge der polnischen Transformation haben ihre Spuren auch und gerade in den Regelungen zur Dezentralisierung des überkommenen zentralistischen Staats-und Institutionenaufbaues hinterlassen. Seit ihren Anfängen in den frühen achtziger Jahren verband die Solidarnosc mit del Wiederbelebung und Stärkung der kommunaler Selbstverwaltung die Vorstellung und Erwartung zunächst und vor allem die lokale Ebene als Basis für die Bildung von politischer und gesellschaftlicher „Gegenmacht von unten“ zu erobern und zu nutzen Die institutionellen Gründungsentscheidungen, auf die sich die beiden politischen Lager am Runden Tisch und dann in den Gesetzesberatungen des im Juni 1989 gewählten „KontraktSejms“ verständigten, trugen die Züge des dilatorischen Kompromisses und der institutioneilen „Unfertigkeit“: Die Solidarnosc verlegte sich vor allem darauf, die kommunale Selbstverwaltung und damit die institutionellen Voraussetzungen für eine demokratische Erneuerung auf der lokalen Ebene durchzusetzen, während die Regionen und ihre Verwaltungsapparate als regionale Hochburgen zentralistischer Parteiherrschaft zunächst nicht angegriffen, sondern als Teil des dilatorischen Kompromisses fürs erste in gewisser Weise den Kommunisten überlassen blieben. Zugleich bedeutete dies, daß der in 49 Regionen (Woiwodschaften) und 2 5 Gemeinden 37 gegliederte, insofern zweistufige Verwaltungsaufbau, der seit 1975 nach der Abschaffung der traditionellen Kreise (powiaty) existierte, bestehenblieb. Die Grundlage der erneuerten kommunalen Selbstverwaltung bildete das vom „Kontrakt-Sejm“ verabschiedete „Gesetz über die territoriale Selbstverwaltung“ vom 18. März 1990 sowie ergänzende Akte zum Kommunalrecht Nach dem neuen Kommunal-recht ist die von der Bevölkerung für vier Jahre gewählte Kommunalvertretung das Hauptorgan der Gemeinde. Dieses wählt den aus vier bis sieben Mitgliedern bestehenden Gemeindevorstand und den Bürgermeister. Die Aufgaben der Gemeinden im Bereich ihrer Selbstverwaltungsangelegenheiten sind in einem recht umfassenden Zuständigkeitskatalog („für die gemeinsamen Bedürfnisse der örtlichen Gemeinschaft“ geregelt. In Anknüpfung an das „dualistische“ kommunale Aufgabenmodell, das während der Polnischen Teilung in den preußisch und österreichisch okkupierten Landesteilen eingeführt worden war kann den Gemeinden -neben ihren Selbst-verwaltungsaufgaben -auch die Erledigung staatlicher Aufgaben übertragen werden.
Das im Frühjahr 1990 umgegründete Zuständigkeits-und Institutionensystem geriet sogleich unter erheblichen institutioneilen und politischen Druck. Zum einen war die Aufgabenaufteilung zwischen den Gemeinden und den Regionen (Woiwodschaften) -die zugrundeliegenden dilatorischen Kompromisse widerspiegelnd -unklar geregelt und erwies sich damit als konfliktträchtig Zum anderen waren auch in Polen die Beziehungen zwischen der nationalen und der kommunalen Ebene durch (partei-) politische Spannungen aufgeladen: Aus den. ersten demokratischen Kommunalwahlen am 27. Mai 1990 gingen die ad hoc gebildeten, in der Regel der Solidarnosc nahestehenden Bürgerkommittees mit mehr als 70 Prozent der Stimmen als Sieger hervor auf der nationalen Ebene agierte bis zum 27. Oktober 1991 noch der am 4. /12. Juni 1989 gewählte „Kontrakt-Sejm“ (mit seiner austarierten kommunistischen Mehrheit). Bei den vorgezogenen demokratischen Sejm-Neuwahlen vom 27. Oktober 1991, die 27 Parteien und Gruppierungen ins nationale Parlament brachte, errang Solidarnosc nur noch 5, 8 Prozent der Sitze Die Spannungen zwischen der zentralstaatlichen und der kommunalen Ebene wurden zusätzlich dadurch genährt, daß sich von Anfang an die finanzielle Ausstattung der Gemeinden für die Bewältigung der diesen zugedachten, vor allem auch sozialen Aufgaben als völlig unzureichend erwies.
In Polen setzte sogleich eine lebhafte Diskussion über die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der aus der (Um-) Gründungsphase hervorgegangenen institutioneilen Architektur ein 45. Hierbei ging es zum einen um die Verringerung der Zahl der 49 Woiwodschaften, die 1975 nach dem Vorbild der sowjetrussischen Regionen (oblasti) neu zugeschnitten worden waren, und um die mögliche Rückkehr zu den historisch begründeten Regionen. Zum andern kam eine Diskussion darüber in Gang, die in den siebziger Jahren abgeschaffte traditionelle Ebene der Kreise (powiaty) neu einzurichten und durch Übertragung von bisherigen Zuständigkeiten der Regionen auf diese eine Dezentralisierung der noch immer in der zentralistischen Tradition der kommunistischen, aber auch der vorkommunistischen Ära des Landes verharrenden Verwaltungsstrukturen einzuleiten. Die im Juli 1992 unter der Ministerpräsidentin Hanna Suchocka (Demokratische Union/UD) gebildete (und schon im Mai 1993 gestürzte) Koalitionsregierung beschloß, ab dem 1. Januar 1994 versuchsweise zunächst den größten Städten Polens bestimmte, bislang von staatlichen Behörden wahrgenommene Aufgaben zu übertragen und damit die Wiedereinführung von Kreisen (powiaty), zunächst in der Form von Städten mit Kreisfunktionen, vorzubereiten
Die neue Links-Koalition, die als Ergebnis der vorgezogenen Sejm-Wahlen vom 12. September 1993 aus der Allianz der Demokratischen Linken/SLD und der Bauernpartei/PSL gebildet wurde und die im Sejm über mehr als zwei Drittel der Sitze verfügt, griff zwar den an die Großstädte adressierten Verwaltungsreformvorstoß ihrer Vorgänger-Regierung auf. Wie vorgesehen am 1. Januar 1994 gestartet, wurde das Pilotprogramm der Aufgabenübertragung in den Städten 1994 und 1995 umgesetzt -von Konflikten zwischen diesen und der Zentralregierung über die Finanzierung der übertragenen Aufgaben begleitet. In Fortführung dieses Reformvorhabens verabschiedete der Sejm am 14. November 1995 ein Gesetz „über Änderungen des Aufgabenumfangs von Städten“, aufgrund dessen ab dem 1. Januar 1996 den Großstädten (über 100 000 Einwohner) dauerhaft eine Reihe von Aufgaben übertragen wurden; zu diesen rechnen zum Beispiel Sekundarschulen, Gesundheitszentren, Straßenbau.
Ein weitergehender Reformanlauf und Kraftakt jedoch sind von der amtierenden Koalition nicht zu erwarten, ungeachtet dessen, daß sie im Sejm über eine breite Mehrheit verfügt -scheint doch die Allianz der Demokratische!) Linken (insoweit in der kognitiven Spur ihrer kommunistischen Vorgänger-Partei) eher in einem zentralistischen Staatsverständnis zu verharren, und scheint doch die Bauernpartei, die als ehemalige Blockpartei wohl die stärkste personelle und organisatorische Kontinuität mit der realsozialistischen Vergangenheit aufweist, organisations-und machtpolitisch im bestehenden Verwaltungsaufbau Polens nach wie vor so fest verankert zu sein, daß sie von jeder Veränderung -gar von neuen starken Kreisen und neu zugeschnittenen Regionen -eine Einbuße ihrer Machtbasis befürchtet
Hingegen hat sich die Links-Koalition jüngst auf das Vorhaben verständigt, den zentralstaatlichen Regierungsapparat, insbesondere die noch immer bestehenden zentralstaatlichen Kommandostellen der Staatswirtschaftsverwaltung, zu restrukturieren" -mit der offenkundigen Absicht und Motivation, damit die längst fällige Anpassung an „westliche“ Regierungsorganisation einzuleiten und auch insoweit den angestrebten Beitritt zur Europäischen Union vorzubereiten In diesem Zusammenhang ist geplant, im Verhältnis von Zentralregierung und regionaler Woiwodschaftsverwaltung eine (bescheidene) Aufgabenverlagerung dadurch vorzunehmen, daß zentralstaatliche Aufgaben, die bislang von regionalen staatlichen Sonderbehörden wahrgenommen worden sind, auf die Woiwoden als (von der Zentralregierung ernannte) Chefs der Woiwodschaftsverwaltungen zu delegieren sind.
V. Russische Föderation
1. Kommunale Selbstverwaltung -von Ansätzen verfassungsstaatlicher, gewaltenteilender und dezentraler Institutionenbildung zu machtpolitisch durchgesetzter Dominanz der Exekutive In Rußland das die geographisch und demographisch bei weitem größte Teilrepublik der Sowjetunion bildete setzte der Umbau der politisch-administrativenStrukturen im Frühjahr 1990 in einer machtpolitischen Konstellation ein, die vor allem durch zwei Konfliktfronten geprägt war: -vertikal zunächst durch das -von Boris Jelzin und Michail Gorbatschow personifizierte -Ringen um den souveränen Status Rußlands einerseits und den Fortbestand der Sowjetunion andererseits, -horizontal durch den Kampf zwischen dem politischen Lager Boris Jelzins und der altkommunistischen Mehrheit im Parlament um den politischen und wirtschaftlichen Kurs, kurz, um die Macht im Lande, -im weiteren Verlauf zunehmend auch vertikal innerhalb Rußlands durch die Konflikte zwischen der Moskauer Zentralregierung und den auf größere Unabhängigkeit drängenden Regionen (oblasti) und Teilrepubliken.
Vor diesem Hintergrund schien in der ersten Jahreshälfte 1991 die Strategie des Jelzinschen Lagers im Konflikt mit der Sowjetunion und deren Präsidenten Gorbatschow als auch in den Auseinandersetzungen mit den altkommunistischen Kräften darauf zu setzen, durch den Ausbau des Institutionensystems Rußlands und die Verankerung demokratischer Wahlverfahren, einschließlich der örtlichen Ebene, die eigene Position zu verbessern. So konnte das Jelzinsche Reformlager in der (im März 1990 gewählten) russischen Volksvertretung (Volksdeputiertenkongreß) im April 1991 die Verfassungsergänzung um das Amt eines vom Volk zu wählenden Präsidenten Rußlands durchsetzen. (Das Präsidentenamt, in das Jelzin am 12. Juni 1991 mit deutlicher Mehrheit gewählt wurde, sollte sich als eine Schlüsselposition in den weiteren Auseinandersetzungen mit der -Ende 1991 -aufgelösten Sowjetunion ebenso wie im weiteren Machtkampf innerhalb Rußlands erweisen.) Ähnlich war das „Gesetz über die örtliche Selbstverwaltung in der RSFSR“ vom 6. Juli 1991 unverkennbar darauf angelegt, die Machtpositionen der altkommunistischen Nomenklaturkader auf der lokalen Ebene durch Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen und demokratischer Wahlverfahren zu schleifen -Mit dem Gesetz vom 6. Juli 1991 wurde ein erster wichtiger Schritt dazu vollzogen, mit dem dem Sowjetsystem eigentümlichen Konzept des einheitlichen Staates, in dem die lokalen Instanzen lediglich als die der zentralen Partei-und Staatsführung „doppelt unterstellten örtlichen Organe der Staatsmacht“ verstanden wurden, zu brechen und den kommunalen Gebietskörperschaften einen ernsthaften Spielraum von örtlichen Stadtverwaltungen einzuräumen.
-Die wohl einschneidendste konzeptionelle Absage an die politisch-administrative Grund-melodie des Sowjetsystems ist in dem Prinzip der horizontalen Gewaltenteilung zu sehen, das dadürch eingeführt wurde, daß neben dem örtlichen Vertretungsorgan (sovet) die Figur des Verwaltungschefs (glava administracii) geschaffen wurde, der mit eigenen Befugnissen ausgestattet wurde (Artikel 30 ff.). -Zur Stellung des Verwaltungschefs ist vor allem seine Direktwahl durch die lokale Bevölkerung hervorzuheben. In Abkehr von der dem Sowjetsystem eigentümlichen Machtstruktur des Exekutivkomitees (ispokolm), das formal als Kollektivorgan agierte, war der Verwaltungschef nunmehr als monokratische Verwaltungsspitze (edinonacalie, Artikel 30, Absatz 4)
ausgestaltet.
Das Selbstverwaltungsgesetz vom 6. Juli 1991 markierte -wenn auch in teilweise in sich widersprüchlichen Regelungen in denen die dilatorischen Kompromisse des Gesetzgebungsverfahrens durchschimmern -vor allem in zwei Aspekten eine radikale Absage an das Sowjetsystem. Zum einen wurde der autonome Handlungsspielraum von örtlichen Stadtverwaltungen anerkannt. Zum andern wurde -in Abkehr vom Prinzip der Allmacht der Sowjets -insbesondere im Nebeneinander von lokalem Sowjet und Verwaltungschef ein System der wechselseitigen Kontrolle {checks and halances geschaffen. Da Normsetzung auf der lokalen Ebene nur ein geringes und die Einzelentscheidungsverwaltung hier das überwiegende
Gewicht hat, wies das gesetzgeberische Modell dem Verwaltungschef, zumal in Verbindung mit seiner Direktwahl, eine starke Stellung, wenn nicht ein Übergewicht zu Es liegt nahe, hierin die lokale Variante des Präsidentialsystems mit starkem Gewicht der Exekutive zu erkennen.
Im Einführungserlaß (postanovlenie) des Obersten Sowjets wurden die Wahlen der lokalen Verwaltungschefs auf den 1. November 1991 festgesetzt.
Die Einführung des neuen Gesetzes und seine Umsetzung und Anwendung in der örtlichen Politik-und Verwaltungswelt erfolgte in einem außerordentlich turbulenten politischen Umfeld. -Am 18. /21. August 1991, kaum mehr als einen Monat nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, fand der fehlgeschlagene Putsch statt In den folgenden Monaten ging Präsident Jelzin dazu über, eine eigene Machtvertikale aufzubauen
Zunächst ernannte er „Präsidentenvertreter“ in den Regionen. Gestützt auf die Sondervollmachten, die er dem Volksdeputiertenkongreß am 1. November 1991 abgerungen hatte, ernannte er die regionalen Verwaltungschefs (Gouverneure) Gleichzeitig suspendierte er die für November 1991 vorgesehenen Wahlen der lokalen Verwaltungschefs (Bürgermeister)
durch die Bevölkerung; sie wurden durch die Verwaltungschefs der Regionen als lokale Glieder der präsidentiellen Machtvertikale ernannt.
Mit der Ernennung der lokalen Verwaltungschefs von oben war ein Kernstück des Gesetzes vom 6. Juli 1991 herausgebrochen.
-Die Chance, daß sich die Bestimmungen des neuen Gesetzes in der örtlichen Politik-und Verwaltungswelt einspielen konnten, war überdies dadurch gemindert, daß der auf der zentralen Ebene ab Anfang 1992 mit zunehmender Schärfe ausgetragene Machtkampf auch auf die lokale Ebene durchschlug.
-Schließlich ist daran zu erinnern, daß sich die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Regelung der kommunalen Selbstver-waltung dadurch einschneidend veränderten, daß am 31. März 1992 der Föderativvertrag zwischen der Russischen Föderation und ihren Teilrepubliken, Regionen (oblasti) und Autonomen Gebieten geschlossen wurde und diese verfassungsrechtlich zu Gliedstaaten (Subekty Federacii = Subjekten der Föderation) aufrückten
Im Herbst 1993 wurden die kommunalen Vertretungsorgane vollends in den Machtkampf und Verfassungskonflikt zwischen dem Präsidenten und dem mehrheitlich altkommunistischen Volksdeputiertenkongreß gezogen. Jelzin suchte und nutzte die Gelegenheit, sich der gesamten Struktur der am 3. März 1990 gewählten Volksvertretungen (Sowjets) mit einem Schlag zu entledigen, um die Hände frei zu haben für die Durchsetzung der von ihm angestrebten neuen Verfassung mit einem Übergewicht der präsidentiellen Exekutive über die Legislative. Am 21. September 1993 erklärte er durch Präsidenten-Dekret den Volksdeputiertenkongreß für aufgelöst, am 3. /4. Oktober ließ er ihn mit Waffengewalt blutig stürmen und ging dann unverzüglich daran, die Strukturen der Volksdeputierten auch auf der regionalen und der lokalen Ebene aufzulösen. Am 26. Oktober 1993 verfügte er, daß alle Sowjets in Städten und Kreisen (ihre gesetzliche Wahlperiode lief bis März 1995) ihre Tätigkeit sofort „einstellen“ (prekrascaet) und neue Wahlen zu den kommunalen Vertretungsorganen zwischen Dezember und Juni 1994 stattfinden sollten. Gleichzeitig statuierte Jelzin in einem Bündel von Vorschriften exekutiven Rechts ein neues Organisationsmodell kommunaler Selbstverwaltung, das eine weitgehende Entmachtung der kommunalen Vertretungsorgane und ein entsprechendes Übergewicht der örtlichen Exekutive vorsah. 2. Vom machtpolitisch durchgesetzten Übergewicht der Exekutive zu erneuter verfassungsstaatlich gewaltenteilender und dezentraler Institutionenbildung Zunächst agierten die Kommunalvertretungen, die -nach der von Jelzin im Oktober 1993 verfügten Auflösung der früheren Volksvertretungen (Sowjets) -in der ersten Jahreshälfte von 1994 neu gewählt wurden (vielerorts wegen zu geringer Wahlbeteiligung erst im Wiederholungswahlgang), in jenem engen institutioneilen Korsett, in das sie das von Jelzin (und von den Verwaltungschefs der Subjekte der Föderation) erlassene exekutivische Recht mit seiner Grundfigur der übermächtigen Exekutive geschnürt hatte. Das institutionelle Pendel begann in dem Maße zurückzuschlagen, wie die am 12. Dezember 1993 gewählte neue russische Volksvertretung (Staatsduma) in der das politische Lager Jelzins lediglich über 36 Prozent und der von rechtsextremen Nationalisten und Kommunisten gebildete oppositionelle Block über rund 40 Prozent der Sitze verfügten mehrheitlich die Möglichkeit sah und zu nutzen suchte, durch die Verabschiedung eigenen legislativen Rechts der überlegenen präsidentiellen Machtposition, die sich Jelzin in der Verfassung vom 12. Dezember 1993 auf den Leib geschnitten hatte, Paroli zu bieten.
So beriet und beschloß die Staatsduma zum einen gegen den anfänglichen Widerstand Jelzins im Sommer 1995 -kurz vor dem Ende ihrer 1. Wahlperiode -ein Bundesgesetz „über die allgemeinen Prinzipien der kommunalen Selbstverwaltung“ vom 28. August 1995 Als bundesgesetzliche Rahmenregelung für die kommunale Selbstverwaltung in der Russischen Föderation revidierte es das von Jelzin nach den „Oktoberereignissen“ 1995 im Wege der präsidentiellen Dekrete (ukazy) statuierte Kommunalmodell im Grundzug, zeigte hierbei deutliche Anklänge an die frühere Kommunalgesetzgebung vom 6. Juli 1991, nicht zuletzt an deren gewaltenteilende Regelung der Zuständigkeiten von Kommunalvertretung und kommunalem Verwaltungsehef, und markierte dadurch für die kommunale Ebene eine Abkehr von der von Jelzin in seinen Dekreten verfügten Figur exekutivischer Übermacht. Zugleich signalisierte das Bundesparlament mit diesem Gesetz den Volksvertretungen in den Subjekten der Föderation (Gebieten, Regionen usw.), ihrerseits regionale Gesetze zur Regelung der kommunalen Selbstver-waltung auf ihrem Territorium zu verabschieden. Verfassungsrechtlich und -politisch zielte dieser Gesetzgebungsakt des Bundesparlaments unverkennbar darauf, die kommunale Selbstverwaltung -nach dem Intermezzo präsidentiellen und gouverneurialen Dekret-und Erlaßrechts -wieder auf gesetzliche Beine zu stellen und damit zugleich die Voraussetzungen für eine bis zur lokalen Ebene reichenden vertikale Struktur der legislativen Gewalt zu schaffen -als Gegenpart zur Machtvertikale des Präsidenten.
Seit Ende 1995 ist in der innenpolitischen Arena Rußlands eine verfassungspolitische Machtverschiebung zugunsten des Parlaments im Gange. Aus den Neuwahlen zur Staatsduma am 17. Dezember 1995 ging die parlamentarische Opposition, insbesondere die Kommunisten, gestärkt hervor in den Präsidentenneuwahlen am 19. Juni 1996 setzte sich Boris Jelzin erst im zweiten Wahlgang (mit Hilfestellung durch Alexander Lebed} gegen Genadij Zjuganov, den Vorsitzenden der KPRF, durch sodann ließ seine schwere Erkrankung Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Regierung entstehen. Schließlich dürfen aufgrund einer Verfassungsänderung, die die Staatsduma noch kurz vor den Neuwahlen durchsetzte, ab 1. Januar 1997 nur noch von der Bevölkerung direkt gewählte Gouverneure Ex-officio-Mitglieder des Föderationsrats, des „Oberhauses“ des Parlaments, sein, womit der Ernennung der Gouverneure durch den Präsidenten endgültig der Boden entzogen ist.
Inzwischen haben die meisten Volksvertretungen der Subjekte der Föderation Gesetze zur kommunalen Selbstverwaltung verabschiedet die -die bundesgesetzliche Rahmenregelung für ihr jeweiliges Territorium umsetzend und konkretisierend -ebenfalls meist wieder eine eher gewaltenteilende Regelung der Zuständigkeiten zwischen Kommunalvertretung und kommunalem Verwaltungschef, überwiegend auch die Wahl des letzteren durch die Bevölkerung, vorsehen, den Kommunalvertretungen insgesamt erstaunlich weite Befugnisse der autonomen Regelung ihrer jeweiligen inneren Kommunalverfassung (im Wege von Hauptsatzungen, ustavy) einräumen und insgesamt von dem von Jelzin und den regionalen Verwaltungschefs (Gouverneuren) statuierten exekutiv-zentrierten Modell abrücken. Allerdings ist hervorzuheben, daß -ungeachtet der Wiederbelebung des institutionellen Modells der kommunalen Selbstverwaltung -die kommunale Politik-und Verwaltungspraxis, insbesondere außerhalb der Gebietshauptstädte (dies sind durchweg Millionenstädte), von verbreiteter politischer Apathie der Bevölkerung, von oft nur wenig handlungsfähigen Kommunalvertretungen und einer fortdauernden Vormacht des lokalen Verwaltungschefs geprägt ist
Im Sommer 1996 hat eine weitere Runde der Kommunalwahlen stattgefunden, in der neben den Kommunalvertretungen überwiegend auch die kommunalen Verwaltungschefs {Mer = Bürgermeister) gewählt wurden. Hierbei erweis sich einerseits die Kommunistische Partei als die einzige in der Weite Rußlands und in der Tiefe seiner Provinz (provincija) organisierte und praktisch flächendeckend auftretende politische Partei. Andererseits blieben die lokalen Arenen vielfach-nach wie vor von der „Machtpartei“ (partija vlasti) als jenen politischen Gruppierungen bestimmt, die sich entlang der vertikalen Machtstruktur um die von oben ernannten regionalen und lokalen Verwaltungschefs als ihre politischen „Paten“ gebildet haben. Während die Kandidaten der Kommunistischen Partei bei den Wahlen zu den Kommunal-vertretungen vielfach die Mehrheit der Sitze errangen, setzte sich bei den Wahlen der Verwaltungschefs oft der von der von seiner Macht-partei getragene bisherige Amtsinhaber durch.
Diese Entwicklung hin zu einem neuen politischen und institutioneilen Gleichgewicht hat sich in der jüngsten Runde der -von der Staatsduma Ende 1995 durchgesetzten und von Herbst bis Ende 1996 durchgeführten -Wahlen der Verwaltungschefs (gubernatory) der Subjekte der Föderation bestätigt. Knapp die Hälfte der (von Jelzin ernannten) amtierenden Gouverneure konnte sich -von der dem Präsidenten verpflichteten Machtpartei und durch Wahlkampfgelder und -geschenke „aus Moskau“ unterstützt -behaupten, während in den anderen Fällen die Kandidaten der kommunistischen Opposition, aber auch Unabhängige obsiegten
Zusammenfassend betrachtet, zerfällt die politisch-administrative Institutionenbildung Rußlands seit 1990 mithin in zwei Abschnitte. Dererste setzte mit einem verfassungsstaatlich gewaltenteilend und dezentral angeleiteten, vom Reformlager Jelzins getragenen Institutionalisierungsschub ein, der zunehmend von dem Machtkampf zwischen Jelzin und dem altkommunistischen Volksdeputiertenkongreß überlagert war. Diese Entwicklung wurde mit dem staatsstreich-ähnlichen Entscheidungsschlag Jelziins im Oktober 1993 abgebrochen, an ihre Stelle trat das machtpolitischer Logik folgende zentralistische autoritäre Präsidial-und Exekutivsystem. Seit Ende 1993 schwingt das Pendel wieder zu einer eher verfassungsstaatlich gewaltenteilenden und dezentralen Institutionenentwicklung zurück, wozu -geradezu paradox! -die an sich kaum verfassungsstaatlich-demokratisch gesonnene kommunistisch-nationalistische Duma-Mehrheit mit ihren politischen gegen die Präsidentenmacht zielenden Gesetzesinitiativen wesentliche Anstöße gegeben hat.
VI. Der Institutionalisierungsprozeß zwischen Konsolidierung, Immobilität, Rückschlag und Neubeginn
Weist die vergleichende Betrachtung der (Wieder-) Einführung der kommunalen Selbstverwaltung in den hier herangezogenen vier postsozialistischen Ländern bereits in der Gründungsphase (1990/1991) ausgeprägte Unterschiede aus -von der Integrationslogik der Institutionenbildung in Ostdeutschland, über die Verfassungskonsenslogik in Ungarn, die Logik des dilatorischen Kompromisses in Polen bis zur machtpolitischen Logik in Ruß-land -, so haben sich diese Institutionalisierungsprozesse seitdem im weiteren Verlauf -innerhalb ihrer jeweiligen Pfadahhängigkeit -noch weiter auseinanderentwickelt.
In Ostdeutschland traten die neu gebildeten Bundesländer sogleich in eine lebhafte Phase der Institutionenbildung ein, indem sie -neben dem Aufbau der eigenen Ministerial-und Landes-verwaltung im engeren Sinne -jeweils eigene Landeskommunalordnungen verabschiedeten, umfangreiche kommunale Gebiets-und Verwaltungsreformen durchführten und damit binnen weniger Jahre eine -ungeachtet fortbestehender Handlungs-und Qualifizierungsdefizite -insgesamt leistungsfähige Verwaltung schufen
Demgegenüber ist die institutioneile Transformation in Ungarn und Polen nach dem Institutionen-schub des Gründungsjahrs 1990 kaum vorangekommen, obschon in beiden Ländern Fachleute und auch Politiker darin übereinstimmen, daß weitere institutioneile Regelungen und Reformen dringend geboten sind. Dieser überwiegende Stillstand im weiteren Ausbau der administrativen Strukturen wird längst als schwere Hypothek für die politische und wirtschaftliche Entwicklung angesehen. Hierbei sind gerade besondere institutionelle Geburtsmerkmale der Gründungsphase hervorzuheben, die den Reform-und Anpassungsbedarf auslösen. In Ungarn richtet sich die Kritik vor allem darauf, daß das 1990 begründete Radikalmodell lokaler Demokratie und Autonomie verwaltungspolitische Erfordernisse (u. a. leistungsfähige staatliche Koordinierungsinstanz auf der regionalen Ebene, stärkere Verzahnung kommunaler mit staatlichen Aufgaben) weithin vernachlässigt hat. In Polen dreht sich die Kritik insbesondere um das (der Kompromißlogik geschuldete) Versäumnis der Gründungsphase, die traditionelle Verwaltungsebene der Kreise (powiaty) wieder einzurichten und damit die institutionenpolitische Voraussetzung für eine Dezentralisierung zu schaffen. Wenn trotz dieser verbreiteten Reformdiskussion in beiden Ländern nennenswerte Reformaktivitäten bislang kaum verwirklicht werden konnten, so liegt dies wesentlich in widerstreitenden, nicht mehrheitsfähigen Interessen der Parteien begründet.
In Rußland schließlich war der Aufbau verfassungsstaatlicher Institutionen von Anfang an vom Kampf um die Macht im Lande zwischen dem politischen Lager Jelzins und der altkommunistischen Mehrheit im Volksdeputiertenkongreß überlagert und geprägt. Der vom politischen Lager Jelzins 1990 eingeleitete Aufbau demokratisch kontrollierter, verfassungsstaatlich gewaltenteilender, dezentraler Politik-und Verwaltungsstrukturen wurde ab Herbst 1991 von Jelzin durch die Schaffung vertikaler präsidentieller Machtstrukturen weitgehend gestoppt und im Oktober 1993 durch seinen machtpolitischen Entscheidungsschlag sowie die diesem folgende Etablierung eines autoritären Präsidial-und Exekutivsystems rückgängig gemacht. Inzwischen schwingt allerdings das Pendel -vor allem als Folge der vom Bundes-und den regionalen Parlamenten verabschiedeten neuen Gesetze zur kommunalen Selbstverwaltung -wieder zugunsten einer eher verfassungsstaatlich gewaltenteilenden, dezentralen Institutionenentwicklung zurück. Um abschließend ein institutionenpolitisches Resümee zu ziehen: Vor dem Hintergrund der Institutionenentwicklung in den anderen Transformationsländern erweist sich der Umstand, daß sich der institutioneile Umbruch in Ostdeutschland als Integration der DDR in die Bundesrepublik vollzog, als singuläre Rahmenbedingung geradezu als institutionenpolitischer Glücksfall:
Durch die Integrationslogik, die den Prozeß der deutschen Einigung steuerte, waren dem Korridor der Institutionenentwicklung in Ostdeutschland eine Reihe von Basisinstitutionen (z. B. Föderalismus, kommunale Selbstverwaltung) und Institutionalisierungsmaximen (zum Beispiel Kreis-gebietsreform) vorgezeichnet. Kraft dieser institutioneilen Vor-Entscheidungen waren die ostdeutschen Eliten in ihren institutioneilen Optionen zwar einerseits eingeschränkt, andererseits jedoch insofern auch in signifikanter Weise entlastet, als sie unverzüglich daran gehen konnten, im Rahmen des vorentschiedenen Grundmodells und in Rezeption der westdeutschen Institutionenerfahrungen den Auf-und Ausbau der politischen und administrativen Strukturen auf der Landes-wie Kommunalebene zu betreiben. Die institutionellen Eigenentwicklungen, die in den ostdeutschen Ländern und Kommunen bereits in der Gründungsphase -in Übereinstimmung mit der der Institutionenwelt der alten Bundesrepublik eigentümlichen horizontalen und vertikalen institutioneilen Regelungsvielfalt -zu beobachten sind, sowie insbesondere die innerhalb weniger Jahre verwirklichte Abfolge von Kreisgebiets-und Gemeindeverwaltung sind als ein institutionengeschichtlich höchst bemerkenswerter und institutionenpolitisch insgesamt erfolgreicher Vorgang zu werten. Demgegenüber waren die neuen politischen Eliten in den anderen Transformationsländern Mittel-und Osteuropas mit der Aufgabe konfrontiert, eine von Grund auf neue institutionelle Architektur zu schaffen. Diese bildete den Gegenstand und Anlaß vielfach grundsätzlicher, ideologisch und machtpolitisch aufgeladener Konflikte, die, wie im Falle Rußlands, in den Sog des horizontal wie vertikal ausgetragenen Machtkampfes und dessen Logik gezogen wurden oder aber, wie in den Fällen Polens und Ungarns, in der Gründungsphase fürs erste geregelt wurden, im weiteren Verlauf jedoch den Ausbau und die Konsolidierung des Institutionensystems behinderten, wenn nicht blockierten.
Allerdings hatten der Transfer und die Rezeption der Grundstrukturen und -maximen der altbundesrepublikanischen Institutionenwelt den institutionenpolitischen Preis, daß hierdurch auch solche Grundmerkmale (z. B. „kleinstaatlicher“ Länder-zuschnitt, hierarchisches Bürokratiemodell der Ministerial-und Kommunalverwaltungen, rechtlich überregeltes Verwaltungshandeln) übernommen wurden, die in der alten Bundesrepublik teilweise seit Jahren als reformbedürftig erkannt und diskutiert werden. Kritiker, die die Auffassung vertreten, in der Gründungsphase der ostdeutschen Institutionen sei eine Reform-und Innovationschance, insbesondere zur Einführung eines „Neuen Steuerungsmodells“ vertan worden, sind daran zu erinnern, daß es unter dem gegebenen Zeit-und Problemdruck der unmittelbaren Umbruch-und Transformationsphase (ab Mitte 1990) eine realistische Alternative nicht gab. Man war gezwungen, auf die bei aller Reformbedürftigkeit insgesamt bewährten, in ihren Stärken und Schwächen bekannten Organisationsstrukturen und -erfahrungen der alten Bundesrepublik (und die massive Unterstützung westdeutscher Fachleute aus Bundes-, Landes-und Kommunalverwaltung im Rahmen der Verwaltungshilfe) zurückzugreifen Hätte man inmitten der Turbulenz des Umbruchprozesses, wo es darauf ankam, möglichst rasch auch nur einigermaßen handlungsfähige neue Verwaltungsstrukturen zu schaffen, die Institutionenbildung zum Experimentier-und Exerzierfeld von damals auch in der westdeutschen Praxis noch unerprobten Reorganisationsmodellen machen sollen? Wenn die Institutionenbildung in Ostdeutschland auf Landes-und insbesondere auf kommunaler Ebene -ungeachtet der Prägewirkung der westdeutschen Institutionenwelt und ihrer Rezeption -nicht nur von Anfang an durch institutionelle Eigenentwicklungen gekennzeichnet ist, sondern im weiteren Verlauf zunehmend auch als institutionelle Innovationen zu bewertende Veränderungen hervorbringt ist hierin ein Hinweis darauf zu erkennen, daß sich der Institutionalisierungsprozeß in Ostdeutschland in eine verwaltungspolitisch aussichtsreiche, möglicherweise auf die Institutionenwelt in der alten Bundesrepublik innovativ zurückwirkende Richtung bewegt.