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Sozialer Wandel und Geschlecht: Für eine Neubestimmung des Privaten | APuZ 42/1996 | bpb.de

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APuZ 42/1996 Artikel 1 Sozialer Wandel durch Modernisierung, Individualisierung und Wertewandel Lebensformen und Lebensverläufe in diesem Jahrhundert Sozialer Wandel und Geschlecht: Für eine Neubestimmung des Privaten Ende der Frauenpolitik? Zur unvollendeten Emanzipation von Männern und Frauen

Sozialer Wandel und Geschlecht: Für eine Neubestimmung des Privaten

Barbara Schaeffer-Hegel/Andrea Leist

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Ein kurzer Einblick in die Geschichte des Staates zeigt, daß die Grundstruktur staatlicher Organisation auf der Ausgrenzung nicht nur der Frauen, sondern auch der ihnen zugeschriebenen „reproduktiven“ Tätigkeitsfelder aus der politischen Verantwortung beruht. Im Gegensatz zu landläufig vorgetragenen Meinungen hat sich diese Ausgrenzung mit der Einführung moderner parlamentarischer Demokratien und mit dem Siegeszug der Marktwirtschaft zunächst nicht geändert. Die allmähliche Durchsetzung bürgerlicher und politischer Rechte für Frauen: ihrer Rechtsmündigkeit, der Einführung des Frauenwahlrechtes sowie ihres Rechts auf Bildung und auf berufliche Tätigkeit hat den modernen Staat des 20. Jahrhunderts in eine Zwickmühle gebracht: Einerseits muß er die politische und bürgerliche Gleichheit von Frauen anerkennen und mit rechtlichen und politischen Maßnahmen unterstützen, andererseits scheint er -aus offenkundig männlichem Interesse und im Rückgriff auf seine archaische Grundstruktur -dieser Tendenz entschieden entgegenzuwirken. Widersprüchliche Geschlechterpolitiken auf allen Ebenen der Rechts-, der Steuer-, der Familien-und der Sozialgesetzgebung, durch die die eine Hand wieder nimmt, was die andere gegeben hat, sind die Folge dieser paradoxen Situation. Eine Gesellschaftspolitik, die den Erfordernissen des sozialen Wandels im Zusammenleben der Geschlechter gerecht werden will und die sich den gesellschaftlichen Problemen stellt, die mit diesen Veränderungen einhergehen, muß sich daher ganz prinzipiell mit der patriarchalen Grundstruktur von Staat und Gesellschaft auseinandersetzen. Es geht u. a. darum, erstens die hergebrachten, aber inzwischen obsolet gewordenen Geschlechtsrollen mit ihren Implikationen nicht nur für Frauen, sondern vor allem auch für Männer in Frage zu stellen, zweitens die herrschende Definition von privat und öffentlich gründlich zu hinterfragen und neue, zeitgemäße Abgrenzungen zwischen den beiden Bereichen zu finden und drittens eine Gleichverteilung der gesellschaftlich notwendigen Erziehungsarbeit auf Männer und Frauen zu bewirken.

I. Vorbemerkungen

„Frauen und Macht“, „Staat und Geschlecht“, „Gleichheit oder Differenz“ -unter diesen und anderen Titeln wird seit nunmehr mindestens 20 Jahren die Distanz von Frauen zum Staat, die Abschottung der Politik gegen weibliche Prätendenten bzw. die Unfähigkeit der modernen Demokratie, dem Gleichberechtigungsgebot der Verfassung gerecht zu werden, beschworen und beklagt. Als Schuldige für die noch immer so auffällig ungleiche Partizipation der beiden Geschlechter an Machtpolitik und Führungspositionen erkennen die einen die Frauen selbst, die sich den Willen zur Macht noch nicht so recht zu eigen gemacht haben; andere machen die Männer verantwortlich, denen die Beteiligungswünsche der Frauen spätestens seit der Quote zu schaffen machen und die damit beginnen, den unaufhaltsam scheinenden Aufstieg der Frauen zu verhindern. Wieder andere geben den herrschenden politischen Verfahrensweisen, Umgangsformen und politischen Institutionen die Schuld, welche seit ihrer Konstituierung männlich geprägt und auf männliche Lebensformen und Karrieremuster zugeschnitten sind.

Gemeinsam ist jedoch den meisten Analysen, daß der Fokus der kritischen Auseinandersetzung auf den Bereich der männlich dominierten Öffentlichkeit gerichtet ist. Männliche Ressourcen, Privilegien, Positionen und Machtchancen sollen gerechter verteilt, den Frauen zugänglich gemacht und von Frauen genutzt -oder aber verändert und den weiblichen kulturellen Erfordernissen angepaßt -oder schließlich ganz gemieden werden, da sie weibliche Identität und weibliche Werte korrumpieren könnten. Die feministische Kritik und die politischen Veränderungswünsche vieler Frauen, wie auch die Tendenz zum Rückzug in die traditionellen Werte der Mütterlichkeit, werden mit festem Blick auf die Männerwelt und deren Gesetze artikuliert: als Attacke, als Aufnahmebegehren oder als brüske Abwendung.

Um die Ursachen des mühevollen Prozesses der Emanzipation der Geschlechter zu verstehen und damit möglicherweise einige der Auswirkungen des sozialen Wandels auf die Geschlechterbeziehungen genauer zu bestimmen, scheint uns jedoch ein Perspektivwechsel notwendig. Nicht nur, daß die Konzentration der Kritik auf männliche Lebensbereiche und auf deren Machtchancen Frauen unvermeidlich immer wieder in die Rolle des Opfers bringt, die die Ungerechtigkeiten und Bevormundungen der männlichen Machthaber zwar immer genauer zu durchschauen lernen, sich aber durch ihre Klage daran hindern, die Auseinandersetzung aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive zu führen. Die Beschränkung des kritischen Interesses auf nur eine Seite der Gesellschaft -auf die öffentliche -verstellt darüber hinaus die eigentlich wichtige Auseinandersetzung mit deren patriarchalen Grundstrukturen. Diese beruhen aber auf dem Wechselverhältnis zwischen privaten und öffentlichen Bereichen, welches, u. a. durch die privaten Entscheidungen überwiegend von Frauen, heute aus seinem jahrhundertealten Gleichgewicht gerät.

Im folgenden möchten wir daher eben dieses Wechselverhältnis untersuchen. Wir werden den Stellenwert der Beziehung zwischen privaten und öffentlichen Angelegenheiten etwas genauer bestimmen und der Frage nachgehen, welche gesellschaftlichen Veränderungen insbesondere im privaten Raum welche Auswirkungen auf aktuelle öffentliche Politiken gehabt haben. Die Brisanz dieser Betrachtungsweise für die Gleichstellung der Geschlechter möchten wir im wesentlichen durch zwei argumentative Zugänge verdeutlichen: ... durch einige Hinweise auf die geschichtliche Entwicklung des patriarchalen Grundmusters in der Beziehung zwischen Staat und Geschlecht, zwischen Öffentlichem und Privatem, Männern und Frauen und durch die Frage, inwiefern dieses heute noch aktuell ist; und ... durch die Analyse einiger sich widersprechender Lösungen, mit deren Hilfe heute der u. E. vergebliche Versuch unternommen wird, den Auswirkungen des sozialen Wandels in der Beziehung der Geschlechter zu begegnen bzw. sie mit den althergebrachten Strukturen eines patriarchalen Staats-und Familiensystems in Einklang zu bringen.

II. Staat und Geschlecht Zur Geschichte eines Widerspruches

Die politischen Implikationen des Widerspruches, der darin besteht, daß Frauen bis vor kurzem de jure und bis heute noch immer de facto weitgehend von der staatlichen Machtausübung ausgeschlossen sind und doch bis in die intimsten Bereiche ihres ganz persönlichen, körperlichen und privaten Lebens staatlichen Regulierungen unterliegen, ist der Gegenstand zahlreicher historischer, staatsrechtlicher, soziologischer und philosophischer Analysen geworden Die amerikanische Juristin Katherine MacKinnon bezeichnet die Schutzgarantie, die der liberale Staat für die Privatsphäre gewährleistet -my home is my castle -als staatlich garantierte Abschottung eines rechts-freien Raumes, in dem Frauen bis heute nahezu straflos geschlagen, vergewaltigt und ausgebeutet werden können Während Carole Pateman den modernen Staat als einen Gesellschaftsvertrag unter Brüdern diagnostiziert, dem ein ganz anders strukturierter Vertrag zwischen den Geschlechtern vorgeschaltet sei, geht MacKinnon davon aus, daß im Gegensatz zu allen übrigen Standeskategorien die Kategorie Geschlecht von der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung in den modernen Staat hinübergerettet, dort allerdings in den Bereich des Privaten abgedrängt worden ist und daher von den Gesetzen nicht mehr erreicht werden kann.

Beide Konzepte werden unseres Erachtens dem Tatbestand, mit dem wir es bei dem Verhältnis zwischen „öffentlichem“ Mann und „privater“ Frau zu tun haben, nur partiell gerecht. Während der moderne Verfassungsstaat in der Tat mit einem Vertragskonzept unter Männern begründet wurde, ist ein nur annähernd vergleichbarer Vertrag zwischen den Geschlechtern weder historisch noch strukturell auszumachen. Zu einem Vertrag gehören wechselseitig artikulierte und gewollte Vereinbarungen, und solche hat es zwischen den Geschlechtern in geschichtlicher Zeit nicht gegeben. Die definitorische Festlegung und Ausformulierung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern ist von jeher ausschließlich mit männlicher Stimme, das heißt aus der Perspektive des herrschenden Geschlechts erfolgt. Nachgewiesen ist lediglich, daß bei der Konzipierung des modernen Verfassungsstaates Frauen vom bürgerlichen Freiheits-und Gleichheitsgebot explizit ausgeschlossen wurden Fest steht aber auch, daß die Erosion der zur Zeit der Konzipierung des modernen Staates geschaffenen noch klaren Geschlechterverhältnisse, u. a. durch die im Verlaufe dieses Jahrhunderts erfolgte allmähliche Einbeziehung der Frauen in die Bürgerrechte, die heutige Gesellschaft vor mannigfache Probleme stellt.

Aber auch die Gleichsetzung der Kategorie Geschlecht mit mittelalterlichen Standeskategorien kann das Problem nicht hinreichend erklären. Im Mittelalter gab es, wenn auch standesspezifisch unterschiedlich ausgeformt, Ausgrenzungen von Frauen aus den öffentlichen Angelegenheiten: in der Politik, im Recht, in den bürgerlichen Geschäften der Zünfte und vor allem in der vielfach staats-mächtigen Kirche.

Das Problem liegt also tiefer, und es ist vor allem älter. Es ist, davon ist heute auszugehen, schon mit den ersten Anfängen staatlicher Organisation entstanden. In ihrem Bemühen, die Entstehung des Patriarchats nach dem derzeitigen Stand der historischen Forschung aufzuklären, hat Gerda Lerner die gemeinsame geschichtliche Wurzel und die enge strukturelle Verflechtung zwischen der vor etwa 4000 Jahren entstandenen Herrschaftsform „Staat“ und der zu eben dieser Zeit sich etablierenden patriarchalen Familie nachgewiesen Die ersten Staaten sind durch die Übertragung und Institutionalisierung von Befehlsstrukturen, die sich im Zuge militärischer Aktionen entwickelt hatten, auf das zivile Leben entstanden. Bei diesem Prozeß ist erstmals ein einheitlicher Staats-wille proklamiert und schriftlich als „Gesetz“ kodi-fixiert worden, das sich auf ein definiertes Staats-volk in den Grenzen eines bestimmten Staatsgebietes bezog Die aus dem Militärischen übernommenen Organisations-und Befehlsformen der ersten Staatsgründer banden verständlicherweise nur Männer in ihre Strukturen ein. Anders als in den horizontal verknüpften älteren Stammes-und Sippenverbänden, deren Zusammenhalt über familiäre, also immer von Frauen mitbewirkte Verbindungen hergestellt wurde, gab es für Frauen in den vertikalen Befehlspyramiden der neuen Organisationsform Staat keinen Platz. In einem langen historischen Prozeß hatten Frauen als Tauschobjekte, Sklavinnen und/oder ziviles Eigentum von Männern allmählich ihre eigenständige soziale Verankerung verloren. In der neuen Sozial-form der ersten Staaten Mittelassyriens und Mesopotamiens wurden sie durch Gesetz als privates Zubehör der persönlichen Obhut und Befehlsgewalt der männlichen Staatsmitglieder unterstellt. Zugespitzt ausgedrückt ist die patriarchale Familie als auf Dauer gestellte Kriegsbeute anzusehen, die den Männern/Kriegern als privater Herrschaftsbereich und Ersatz für den Verlust eigener Autonomie zugeteilt wurde. Der soziale Status einer Frau bestimmte sich hinfort über die Art der sexuellen Dienstleistungen, zu denen sie verpflichtet oder berechtigt war, während sich der eines Mannes von seiner Stellung zur Staatsspitze bzw. zum Machtapparat ableitete.

In unserem Zusammenhang interessieren jedoch nicht die vor Tausenden von Jahren verlorengegangenen Rechte der Frauen oder deren frühgeschichtlicher sozialer Status. Beide wurden im Verlauf der Geschichte vielfach modifiziert und durch religiöse, kulturelle und ökonomische Entwicklungen immer wieder ab-oder gelegentlich auch aufgewertet. Im Hinblick auf unser Thema und auf den sozialen Wandel, der seit Ausgang des 19. Jahrhunderts auch, das Geschlechterverhältnis betrifft, ist es jedoch von nicht zu übersehender Aktualität, daß die bereits in den ersten Staatsbildungen durch Gesetz erzwungene Zuweisung zentraler gesellschaftlicher Verantwortungsbereiche nach Geschlecht bis heute Gültigkeit behalten hat.

Das durch seine Gesetze dokumentierte Interesse des archaischen Staates an Frauen konzentrierte sich darauf, sicherzustellen, daß ihre Konditionierung für die Reproduktionsarbeit im weitesten Sinne gewährleistet wurde. Die strikte Trennung zwischen öffentlichem und privatem Bereich, die gesetzliche Verbannung der Frauen aus der Öffentlichkeit und ihr Einschluß in den Herrschaftsbereich der patriarchalen Familie sicherten die Versorgung der männlichen Staatsmitglieder sowie die Produktion von Nachwuchs. Sie garantierten zugleich, daß diese Zuarbeit außerhalb der Zuständigkeit und der Verantwortlichkeit staatlicher Einrichtungen erbracht wurde.

Wenn wir die Geschichte des Geschlechterverhältnisses statt aus der Perspektive der Frauen und ihrer unzweifelhaft vielfach leidvollen Geschichte als die Geschichte der Strukturgrenze zwischen öffentlich oder privat zu erbringenden Gemeinschaftsleistungen betrachten, werden wir manche Probleme, mit denen wir heute im Zuge des sozialen Wandels konfrontiert sind, deutlicher zu fassen kriegen An der organisatorischen Verteilung von Zuständigkeiten zwischen privater und öffentlicher Sphäre -und das heißt bis heute noch immer zugleich zwischen Frauen und Männern -können wir unschwer erkennen, daß sich die archaischen Strukturmerkmale des männerbündischen Ur-Staates relativ ungebrochen in die staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse des 18. und 19. Jahrhunderts hinübergerettet haben. Die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Raum konnte kaum krasser ausfallen, als es selbst die demokratischen Versionen der Staaten im 19. Jahrhundert vorsahen. Die bereits aus dem Mittelalter überkommene ungleiche Machtverteilung zwischen den Geschlechtern, die Theorien der aufgeklärten Vertragstheoretiker -wie z. B. Locke, Hume, Rousseau, Fichte, Hegel und Kant -und die modernen Verfassungen und Gesetze sorgten dafür, daß die ausschließliche Zuständigkeit von Frauen für das Private, und damit ihre alleinige Verantwortung für die erzieherische soziale und pflegerische Versorgung der Staatsbürger und ihres Nachwuchses, festgeschrieben wurde. Die Aufgaben des Staates (und damit der Männer) lagen in den noch heute so genannten „harten“ Bereichen: der Militär-, der Außen-, der Innen-und der Wirtschaftspolitik. Erst zu Ende des Jahrhunderts kamen Kultur und Bildung und noch später Soziales, Jugend und Familie hinzu.

III. Private und öffentliche Zuständigkeiten. Umschichtungen zwischen den Bereichen

Die klassische Aufgabenverteilung nach Geschlecht und die systematische Abgrenzung zwischen öffentlichen und privaten Zuständigkeiten hatten historisch gesehen durchaus einen Sinn, solange es im traditionell männerbündischen Staat um die Maximierung militärischer Potentiale, um Expansion und Machtzuwachs bzw. im Inneren um die reproduktive Sicherung und Optimierung des Nachschubs ging. Abgesehen davon, daß es heute weltweit ganz andere Herausforderungen zu bewältigen gibt, als die Eroberung von Territorien und die Bekämpfung militärischer Feinde, haben tiefgreifende Einbrüche die althergebrachte Aufgabenzuordnung zwischen den beiden Bereichen wie auch zwischen den Geschlechtern gründlich verändert. Die Familie und das Private sind durch die Vergesellschaftung von Aufgaben, die früher in die Zuständigkeit des Hauses und der Frauen fielen, entlastet worden. Die Expansion der öffentlichen Krankenversorgung und der öffentlichen Erziehung, die Technisierung der Hausarbeit und ein reichhaltiges Angebot an industriellen Fertigprodukten für den Haushalt haben den Familien einen großen Teil ihrer vormals produktiven Tätigkeiten abgenommen. Die verbleibenden Aufgaben reichen nicht mehr aus, um einen erwachsenen Menschen lebenslang sinnvoll zu beschäftigen. Hausfrau und Mutter zu sein kann nur noch in seltenen Ausnahmefällen als eine vollwertige Lebensperspektive gelten.

Im gleichen Zeitraum, in dem die Entleerung des Privatbereichs von vielen lebenswichtigen Aufgaben stattfand, hat sich seit Beginn dieses Jahrhunderts für Frauen die Grenze in die Männerbereiche zumindest de jure geöffnet. Frauen können studieren, sie können Männerberufe erlernen und ausüben, sie sind Vollbürgerinnen geworden und werden in Deutschland seit den siebziger Jahren auch im verheirateten Zustand nicht mehr durch repressive Ehegesetze an der Ausübung ihrer Rechte gehindert. Die Einbeziehung der Frauen in die Bürgerrechte, die Ausdehnung staatlicher Verantwortung für ehemals private Aufgabenbereiche, die Übernahme großer Teile der Hausarbeit durch industrielle Fertigungen die Einführung der Pille und anderer moderner Verhütungsmittel, wie nicht zuletzt eine stark veränderte Ehe-und Sexualmoral haben die Dynamik und die Struktur des Sozialverbandes Familie so grundlegend verändert, daß der im 19. (und vielleicht noch in der ersten Hälfe dieses Jahrhunderts) funktionierende Leistungs-und Zuständigkeitsausgleich zwischen Familie und Öffentlichkeit heute nicht mehr funktionieren kann.

In den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat das Deutsche Reich mit der Bismarckschen Sozialversicherungsgesetzgebung auf die Tatsache reagiert, daß die liberale Rechnung der Bürger nicht aufging und die ungehemmte Interessenverfolgung von Kapitaleignern und Unternehmern keineswegs zum Wohlstand aller -das heißt auch der arbeitenden Bevölkerung -führte. Die gesetzliche Krankenversicherung, Unfall-, Invaliden-, Arbeitslosen-und Altersversicherungen wurden eingeführt, um den Erhalt der Ressource Arbeitskraft zu gewährleisten. Die Grundlagen für den Sozialstaat wurden geschaffen, dessen Aufgabe darin bestand, für die Vermittlung bei sozialen Konflikten zu sorgen und übermäßige soziale Härten auszugleichen. Die Etablierung und der Ausbau des sozialen Sicherungssystems war die angemessene Reaktion des Staates auf eine an die Wurzeln gehende Krise im Bereich der gesellschaftlichen Produktion. Die Zuwendungen des Sozialstaates sind, dem krisenhaften Anlaß seiner Entstehung entsprechend, fast ausschließlich an men Instrumenten in der Bundesrepublik mit zumindest drei sehr unterschiedlichen Vorstellungen von Ehe und Familie zu tun haben, die das Zusammenleben der Geschlechter auf einander zum Teil kraß widersprechende Weise zu bestimmen versuchen, und daß Familie -als Erziehungsgemeinschaft definiert -an der staatlichen Familienförderung kaum teilhat. Deutlich wird dagegen auch, daß Familienpolitik bis heute auf die aus archaischer Zeit stammende Zuweisung von Erziehungsleistungen als „private“, also angeblich vor-staatliche und daher unentgeltlich zu leistende Aufgabenbereiche an Frauen zurückgreift.

Die Durchsicht der einschlägigen Familien-Steuer und Sozialgesetzgebung und die Einbeziehung tatsächlich praktizierter Formen des Zusammenlebens von Frauen, Männern und Kindern legen die Unterscheidung der folgenden Ehe-und Familien-modelle nahe, die daraufhin untersucht werden wie sie das Zusammenleben der Geschlechter und die Bewältigung der Gemeinschaftsaufgabe Erziehung regeln und durch welche staatlichen Maßnahmen sie dabei gefördert oder aber behindert werden. Es sind dies das Partnerschaftsmodell, die Ernährer-und Hausfrauenfamilie, die Patriarchenehe und die Familie als Erziehungsgemeinschaft. den Nachweis möglichst kontinuierlicher Lohnarbeit gebunden. Reproduktive Leistungen, das heißt die typischen Leistungen von Frauen, werden außer im Falle der Armenhilfe nur in Abhängigkeit von einem lohnarbeitenden Ernährer honoriert.

Unabhängig von der Frage, auf wessen Kosten Sozialstaatspolitik praktiziert wird und welche -insbesondere geschlechtsspezifischen -Ungerechtigkeiten sie impliziert, möchten wir im folgenden der Frage nachgehen, wie die staatliche Politik auf eine vergleichbare Krise im Bereich der Produktion des Lebens und des Nachwuchses, der fälschlicherweise so genannten Reproduktion, reagiert und ob und wie sie die unübersehbaren Erosionen im Bereich des Privaten aufzufangen versucht.

IV. Staat und Familie. Widersprüch-sollen, liche Geschlechterpolitiken

Die de facto wirksamen Modelle von Familie auszumachen, die die Instrumente der derzeitigen staatlichen Politik bestimmen und damit gleichzeitig das Verhältnis der Geschlechter zueinander zu regeln versuchen, erfordert „beinahe kriminalistischen Spürsinn“ und „eine Menge Detailarbeit“ Zu unterschiedlichen Zeiten, mit unterschiedlichen Zielsetzungen entstandene Leistungen aus unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen und Ressorts, steuer-, arbeits-und eherechtliche Bestimmungen müssen zu den im engeren Sinne familienpolitischen Maßnahmen in Beziehung gesetzt werden, wobei die familienpolitischen Instrumente ebenfalls ungleichzeitig und mit voneinander abweichenden politischen Zielvorstellungen auf den Weg gebracht worden sind. Zudem müssen alle diese staatlichen Maßnahmen in ihrer Wechselwirkung auf das sich ändernde Geschlechtsrollenverhalten von Männern und Frauen und im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen sozialen Lagen der jeweils Betroffenen gesehen werden. Eine umfassende Analyse der Auswirkungen staatlicher Sozial-und Familienpolitik auf das Verhältnis der Geschlechter zueinander kann daher hier nicht geleistet werden. Doch macht schon die Durchsicht der wichtigsten gesetzlichen und familienpolitischen Instrumente deutlich, daß wir es bei den familienpolitisch wirksa1. Das Partnerschaftsmodell Das Modell der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Mann und Frau und ihre gleichwertige Verantwortung für die Belange der Familie ist das in der Bundesrepublik seit der Eherechtsreform von 1976 gültige Ehe-und Familienmodell. Das empirische Pendant zu dieser rechtlichen Form ist die Verbindung zweier beruflich und ökonomisch selbständiger Individuen, die die Erfordernisse von Erwerbs-und Hausarbeit gleichmäßig untereinander verteilen und die die Schwierigkeiten der familiären Kleinkindphasen -mit Unterstützung staatlicher Hilfestellungen -so bewältigen, daß die langfristige berufliche Sicherung keines der beiden Elternteile ernsthaft gefährdet ist und keiner auf Dauer vom anderen ökonomisch abhängig wird.

Außer durch das Ehe-und Scheidungsrecht und zwangsläufig durch das Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik erhält das partnerschaftliche Familienmodell jedoch so gut wie keine öffentliche Unterstützung. Das Anrecht auf einen Kindergartenplatz ist zwar hilfreich, wird aber derzeit angesichts der realen Kindergartenmisere und des noch immer eklatanten Mangels an Plätzen nur unzureichend eingelöst. Hilfe bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren gibt es für eine partnerschaftliche Eheverbindung so gut wie keine bzw. nur für sehr wohlhabende Eltern, die in der Lage sind, einen regulären Arbeitsplatz für häusliche Hilfe zu schaffen, der dann von der Steuer abgesetzt werden kann. Die familienpolitisch geförderten Erziehungszeiten auf Väter und Mütter gleich zu verteilen ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, da sie das Ausscheiden oder zumindest eine drastische Verkürzung der Berufsarbeit des geförderten Elternteiles verlangen. Abgesehen von vielen anderen Faktoren, die unter anderem mit dem Selbstbild und der nicht immer freiwilligen Einengung der Lebensperspektive von Männern zu tun haben ist angesichts der ungleichen Einkommensverteilung unter den Geschlechtern für viele Familien eine Berufspause der Männer unter den gegebenen Umständen nicht realisierbar. Nur ein Prozent aller Väter machen derzeit in der Bundesrepublik von der Möglichkeit Gebrauch, Erziehungsurlaub zu nehmen. Öffentliche Förderung des Vaterurlaubes etwa durch Familien-ausgleichszahlungen zur Abstützung des notwendigen Familienunterhaltes während der Kleinkind-phase oder auch nur die Koppelung des Erziehungsgeldes an die zumindest teilweise Wahrnehmung durch den Vater -wie in Schweden seit einigen Jahren praktiziert -ist bei uns noch immer nicht ernsthaft im Gespräch. Auch Teilzeitarbeit für. Männer/Väter oder andere durchaus finanzierbare Unterstützungen für partnerschaftliche Elternarbeit sind hierzulande als Instrumente der Familienpolitik nicht entwickelt, geschweige denn erprobt.

Dennoch wirken auch bei uns eine Reihe von Faktoren in Richtung einer Durchsetzung des Partnerschaftsmodells, allerdings bisher lediglich solche der präventiven Abwehr negativer Spätfolgen: Frauen können sich heute nicht mehr darauf verlassen, durch ihren Ehemann lebenslang sozial abgesichert zu sein. Die Unabwägbarkeit der Unterhaltszahlungen nach einer Scheidung und magere Geschiedenenrenten veranlassen junge Frauen in zunehmendem Maße dazu, für ihre eigene ökonomische Absicherung zu sorgen und diese möglichst auch in der Ehe und nach der Geburt von Kindern aufrechtzuerhalten. Wegen der nach einer Scheidung auf sie zukommenden Unterhaltsverpflichtungen tun andererseits Männer heute gut daran, sich beruflich selbständige Frauen als Partnerinnen zu wählen. Solche Überlegungen und der bei Familien mit niedrigem Einkommen wirksame Zwang zum Doppelverdienst sind die stärksten Kräfte, die in Richtung Partnerschaftsfamilie wirken. Hierbei ist jedoch zu bedenken, daß die mangelnde öffentliche Unterstützung dieses Modells und der daher unvermeidliche Zeit-und Arbeitsstreß der Mehrfachbelastung nur durch die bekannte „Zeitakrobatik“ -meist der Mütter -aufgefangen werden kann und sich zwangsläufig negativ auf die Kinder auswirkt. Die Verwahrlosung gerade von Mittelstandsnachwuchs und Sozialwaisen auch bei gut verdienenden Eltern sind Indizien dafür. Auf Partnerschaft bestehende Eltern haben unter den derzeitigen Bedingungen in der Regel viel zuwenig Zeit für ihre Kinder.

Die fehlende Unterstützung für partnerschaftliche Erziehungsarbeit und der damit zusammenhängende Mangel an väterlichem Engagement in der Familie führen notgedrungen dazu, daß viele Frauen die Partnerschaftssituation entweder durch die Weigerung, Kinder zu bekommen, aufrechterhalten -der Geburtenrückgang in der Bundesrepublik hält an -oder aber ihre Unabhängigkeit aufgeben und in das Modell der Ernährer-und Hausfrauenfamilie überwechseln. 2. Die Ernährer-und Hausfrauenfamilie Die Ernährer-und Hausfrauenfamilie ist das von der offiziellen Familienpolitik derzeit am stärksten geförderte Familienmodell. Die Zahlung von Kinder-und Erziehungsgeld, ohne Auflagen für väterliche Beteiligung an der Erziehungsarbeit, ist dazu angetan, Frauen nach der Geburt eines Kindes aus ihrem beruflichen Kontext zu lösen und in die ökonomische Abhängigkeit vom Ehemann zu drängen. Daß jegliche Hilfe bei der Kinderbetreuung durch Fremde, daß Kindergärten, Tagesmütter und Babysitter weder steuerlich noch anderweitig 'unterstützt werden, wirkt in der gleichen Richtung. Dies gilt vielfältig auch für das Ehegattensplitting, das zwar unabhängig von der Existenz von Kindern gewährt wird, aber z. B. auch Mütter mit gutem Verdienst -und vor allem solche, die den Kindern zuliebe auf Teilzeit umgestiegen sind -veranlassen kann, ihre Arbeitsstelle entweder aufzugeben oder auf ein ungeschütztes 590-DM-Beschäftigungsverhältnis In vielen Fällen wird sich dies positiv, zumindest nicht negativ, auf das Familieneinkommen auswirken, der Frau jedoch ihre eigenständige soziale Sicherung nehmen!

Aber wenn auch familienpolitisch gewollt, so wird gerade dieses Modell durch eine ganze Reihe sozial wirksamer Faktoren und Bestimmungen konterkariert. Die insbesondere für Hausfrauen meist trübe soziale und ökonomische Perspektive nach einer Scheidung, vor allem aber die Tatsache, daß Erziehungsarbeit noch immer mit nur kläglichen drei Jahren auf die eigene Rente angerechnet wird, zeigen, daß das Hausfrauenmodell trotz Erziehungsgeld und Babybonus nur halbherzig unterstützt wird -bzw. daß sich hinter ihm die uralte patriarchale Praxis verbirgt, Aufgaben, die die Produktion und Aufzucht von Kindern betreffen, kostenneutral an Frauen zu delegieren, ohne diese Frauen -wie das in Zeiten klassischer Patriarchate immerhin üblich war -durch Versorgung und Unterhalt auch im Alter angemessen abzusichern. Das soziale Netz, das Hausfrauen und ihre Kinder im Falle einer Scheidung auffängt, ist erschreckend grobmaschig Hausfrauenarbeit ist unter den gegenwärtigen Bedingungen in der Bundesrepublik für Nur-Mütter ein risikobehaftetes Unterfangen und sehr häufig ein Verlustgeschäft -wobei die negativen Auswirkungen des sozialen und ökonomischen Abstiegs der geschiedenen Mutter für ihre Kinder in der Regel weitaus gravierender und vor allem mit langfristigeren Folgewirkungen verbunden sind. Das einzige Familien-modell, das nahezu risikolos ist und -bisher wenig bemerkt -von unserem Staat mit hohen Kosten für die Gemeinschaft subventioniert wird, ist die im Zweifelsfalle kinderlose Patriarchenehe.

3. Die Patriarchenehe

Da die steuerliche Begünstigung, deren diese Familienform teilhaftig wird, nicht an das Vorhandensein von Kindern geknüpft ist, ist es berechtigt, die über das sogenannte Ehegattensplitting finanzierte Familienförderung als das anzusprechen, was sie in ihrem von der Steuergesetzgebung vorgesehenen Grenzfall ist: die staatliche Subventionierung privater Männerbetreuung Die leibliche und seelische Pflege, Versorgung und Unterhaltung der Männer, die sich eine nicht erwerbstätige Hausfrau leisten können -und das sind überwiegend Besserverdienende -, wird mit Beträgen, die mit wachsendem Einkommen des Patriarchen steigen, staatlich subventioniert. Die Steuerersparnis, die der Ehemann abkassieren kann, fällt also um so höher aus, je weniger bedürftig er finanziell ist. Das Ehegattensplitting gibt die Möglichkeit, das steuerpflichtige Einkommen durch die gemeinsame Veranlagung mit einer nicht erwerbstätigen Ehefrau zu teilen und wird nach dem Sozialbericht von 1993 mit einem Steuerausfall von insgesamt 30, 6 Milliarden DM angesetzt und für 1997 auf 38, 9 Milliarden Mark hochgerechnet Bei genauer Betrachtung ist dies ein höherer Betrag als der, den der Fiskus insgesamt für den Familienleistungsausgleich, d. h. für Erziehungs-und Kindergeld ausgibt. Da nämlich Sozialhilfeempfängerinnen das ihnen zustehende Kindergeld mit der Sozialhilfe verrechnen müssen, muß das staatliche Gesamtaufkommen für den Familienleistungsausgleich (95: 37 Mrd. DM) 19 um den Betrag gekürzt werden, der auf diese Weise an Sozialhilfe eingespart wird.

Belastet wird das Modell der Patriarchenehe angesichts hoher Scheidungsraten lediglich durch drohende Unterhaltszahlungen und ungewisse Unterhaltsansprüche, wobei das Steuerrecht auch hier ein Einsehen hat und Entlastungen für den Ehegatten bietet. Während Unterhaltsleistungen ansonsten nur bis zur Höhe von 7 200, -DM als Sonderausgaben abzugsfähig sind, können Zahl-gatten, fast ausschließlich Männer, Unterhaltszahlungen an ihre geschiedene oder getrennt lebende Ehefrau bis zu 27 000, -DM im Jahr vom versteuerbaren Einkommen absetzen (§ 10 Abs. 1, Nr. 1 EStG). Der die Zahlungen erhaltende Partner -meist die Frau -muß diese dann allerdings versteuern!

Es kommt uns in diesem Beitrag jedoch nicht darauf an, frauenfeindliche Strukturen des Steuer-rechtes und der Sozialgesetzgebung aufzuzeigen oder im einzelnen nachzuweisen, wie und warum ihre für Frauen schädlichen Wirkungen durch die Segnungen des Familienleistungsausgleiches häufig noch verstärkt werden. Das haben bereits andere getan Uns geht es vielmehr darum, auf-zuzeigen, daß der historisch dringend erforderlichen Neudefinition von privat und öffentlich und damit zugleich einer Neuverteilung von notwendigen Gemeinschaftsaufgaben zwischen den Geschlechtern in der Bundesrepublik Deutschland derzeit mit einem paradoxen Wirrwarr sich widerstreitender Maßnahmen und Instrumente begegnet wird, bei dem die eine Hand häufig das wieder nimmt, was die andere möglicherweise schon mal gegeben hat.

Eine zeitgemäße Entkoppelung von privaten und öffentlichen Angelegenheiten, ihre Neudefinition und eine gerechte Neuverteilung gesellschaftsnotwendiger Aufgaben zwischen den Geschlechtern, die den Anforderungen der modernen Lebensweise von Männern und Frauen entspricht, ist überfällig. Strukturveränderungen fast aller gesellschaftlicher Bereiche machen eine neue Grenzziehung zwischen öffentlichen -das heißt in gemeinschaftliche Verantwortung fallenden -Aufgaben und den ganz persönlichen und deshalb privaten Lebensäußerungen notwendig, die für die eigene persönliche Identitätsfindung wichtig sind und daher von staatlicher Inspektion und Kontrolle frei sein müssen, sofern sie nicht einen anderen Menschen negativ tangieren

Die verbale Koppelung des Schutzes von Ehe und Familie in der einschlägigen Formulierung des Grundgesetzes erleichtert die fatale Augenwischerei, mit der private Privilegien der einen -überwiegend Männer -subventioniert und Gemeinschaftsleistungen anderer -überwiegend Frauen -steuerrechtlich als privates Hobby angesehen werden und leer ausgehen Ob und mit wem der Gang zum Standesamt stattgefunden hat, kann und sollte die Gemeinschaft nicht interessieren. Ob, mit wem und auf welche Weise ich den Bund fürs Leben eingehe, ist Privatsache und als solche von staatlichen Sanktionen -aber auch von staatlichen Subventionen -freizuhalten. Die Entflechtung des Aktes der Eheschließung von staatlicher Bezuschussung hätte im übrigen den positiven Nebeneffekt, daß der Anlaß für die immer wieder heftig geführte Kontroverse um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Eheschließungen wegfallen würde. Die sexuelle Präferenz eines Individuums und die Form, in der er oder sie diese zu leben gedenkt, könnte endlich das werden, was sie eigentlich ist: eine Privatangelegenheit, die keinen Menschen etwas angeht -schon gar nicht den Staat.

Den Staat und die Gemeinschaft kann es sinnvollerweise nur interessieren, wenn ein privater Lebensbund Gemeinschaftsleistungen erbringt, das heißt Kinder oder auch andere pflegebedürftige Personen erzieht, betreut und versorgt. Im wohlverstandenen Sinne des Grundgesetzes dürfte der Schutz der Familie ausschließlich als Schutz und Unterstützung von Erziehungsgemeinschaften verstanden werden.

4. Familie als Erziehungsgenieinschaft

Unabhängig vom Geschlecht der Erwachsenen muß jedes auf Dauer konzipierte Zusammenleben von einer oder mehreren erwachsenen Personen mit Kindern als Familie im Sinne einer Erziehungsgemeinschaft angesehen werden, sofern die Erwachsenen primäre Bezugspersonen für die Kinder sind und deren leibliche und seelische Versorgung übernehmen. Man muß nicht unbedingt Platons autoritärer Ständepolitik anhängen, um ihm zuzustimmen, daß die Erziehung des Nachwuchses die wichtigste und vornehmste aller Staatsaufgaben ist. Daß der Erfolg der Erziehung nur im geringeren Maße von schulischen Curricula oder von den Lehrmeinungen der Pädagogen abhängt, sondern in viel fundamentaler Weise von den Organisationsformen und den u. a. geschlechtsspezifischen Machtverhältnissen in der Familie (und natürlich auch der Schule), hat in diesem Jahrhundert u. a. Siegfried Bernfeld nochmals mit großer Deutlichkeit dargelegt.

Um das erforderliche Mindestmaß an elterlicher Zuwendung und Zeit sicherzustellen, kommt es daher nicht nur darauf an, Erziehungsleistungen als öffentliche Leistungen anzuerkennen und zu unterstützen. Angesichts der von Grund auf gewandelten Lebensmuster von Frauen muß vor allem auch dafür Sorge getragen werden, daß der Wegfall des Teiles der weiblichen Lebenszeit, der heute nicht mehr Kindern gewidmet sein kann, durch einen entsprechenden Zuwachs an väterlicher Fürsorge und Zeit ausgeglichen wird. Wie bei einer Maschine, die durch eine fein abgestimmte Waage im Lot gehalten wird, gerät das ganze System außer Balance, wenn Kräfte über längere Zeit nur von der einen auf die andere Seite verlagert werden, ohne daß diese andere Seite entsprechende Transferleistungen erbringt.

Die patriarchale Grundstruktur unserer Gesellschaft, welche eine wesenhafte Verbindung zwischen privaten, weiblichen und reproduktiven Lebensäußerungen und eine eben solche zwischen öffentlichen, männlichen und produktiven annimmt, ist durch vielfältige gesellschaftliche Veränderungsprozesse brüchig geworden. Das Erziehungs-und Familienproblem allein den Frauen zu überlassen ist angesichts dieser fundamentalen Strukturveränderungen, die das 20. Jahrhundert gebracht hat, schlichtweg unverantwortlich. Da wir nicht mehr im 19. Jahrhundert leben und Frauen nicht mehr lebenslang ausschließlich Ehefrau und Mutter sein wollen, dies angesichts der sozialen Realität und des geltenden Sozialsicherungssystems auch nicht sein können, müssen Leistungen, die für die Reproduktion der Gesellschaft unverzichtbar sind, als im öffentlichen Interesse erbrachte Dienstleistungen ernst genommen und in einer Weise gefördert und unterstützt werden, welche partnerschaftliche Beziehungen zwischen Männern und Frauen lebbar machen. Wenn die in unserer Verfassung niedergelegte Pflicht zur Beförderung der Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern (Art. 3) und wenn -wie Ute Gerhard argumentiert -die im Grundgesetz „normierten Prinzipien des Sozialstaates (Art. 20 und 28) , Menschenwürde 1, , Freiheit 1, , Gleichheit 1 und , soziale Gerechtigkeit 4 tatsächlich eine Leitfunktion haben, müßte es in diesem Sozialstaat ... darum gehen, nach Lösungen zu suchen, wie die knapp gewordene Lohnarbeit, aber auch die private Hausarbeit, zwischen Männern und Frauen gerechter zu verteilen ist“

Und -um auf unsere Eingangsfeststellung zurückzukommen -auch das Geschlechterproblem des modernen Staates, die Tatsache, daß die politischen Prinzipien der Aufklärung für Frauen noch immer sehr unzureichend eingelöst sind, läßt sich letztendlich nur über Veränderungen im Privaten erreichen. Erst wenn die privaten Bedingungen, unter denen Männer und Frauen den Wettbewerb um politische Machtpositionen antreten, annähernd die gleichen sind, kann eine politische Gleichstellung der Geschlechter realistische Aussichten auf Erfolg haben. Zeit und Kraft für Politik ist bei Frauen als Gruppe auf Grund ihrer weitaus höheren häuslichen Verpflichtungen viel knapper als bei Männern, und auch die wenigen „Frauen mit Macht“ die es geschafft haben, arbeiten nur selten unter auch nur annähernd so günstigen und entlastenden Voraussetzungen wie ihre Amtskollegen mit Hausfrauenfamilie im Hintergrund

Das chaotische und widersprüchliche Gemenge aus Subventionierung und Deklassierung, mit dem der moderne Staat auf die derzeitige Umbruch-situation in der Geschlechterrelation reagiert und mit dem er -wie es scheint -die alten Strukturen mit aller Gewalt festzuhalten versucht, ohne doch den sozialen Wandel ganz zu leugnen, kann keinesfalls eine Lösung auf Dauer sein. Nicht allein und nicht in erster Linie, weil die derzeitigen Regelungen in hohem Maße ungerecht gegenüber Frauen sind. Viel entscheidender ist, daß das bisherige Versäumnis, das Problem durch eine kinder-und geschlechtergerechte Familien-und Gesellschaftspolitik zu lösen, in erster Linie auf Kosten des Nachwuchses geht.

Daß Armut weiblich ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Frauen haben seit langem begonnen, sich zu Wort zu melden und die Mißstände, die ihr Geschlecht betreffen, zumindest öffentlich und lautstark zu formulieren. Kinder haben keine vergleichbaren Artikulationsmöglichkeiten. Tatsache ist aber, daß das unzeitgemäße Festhalten an der mißlichen Tradition, Kinder letztlich als das private Hobby der weiblichen Mitglieder der Gesellschaft zu behandeln, zu einem alarmierenden Anstieg der Kinderarmut in der Bundesrepublik geführt hat. Und kaum einer redet darüber. Daß „Armut im Alter“ ein heftig diskutiertes Thema wurde und mit der Einführung der Pflegeversicherung der Versuch gemacht wurde, es zu lösen, ist eine anerkennenswerte Gemeinschaftsleistung. Aber daß sich am anderen Ende der Generationenreihe ein langfristig noch viel brisanteres Problem angestaut hat, wird in der Bundesrepublik noch kaum zur Kenntnis genommen. Während 1965 nur jedes 75. Kind zeitweilig oder auf Dauer in einem Sozialhilfehaushalt aufwuchs, ist inzwischen jedes 8. von diesem Schicksal betroffen Es ist auf keine Weise einzusehen, daß eine Gesellschaft, die wie die unsere noch immer als Wohlstandsgesellschaft anzusehen ist und die derzeit ihren Überschuß an Arbeitszeit kaum zu bewältigen weiß, nicht in der Lage sein soll, Transferleistungen an Zeit und Geld so zu bewerkstelligen, daß Kinder die für ihr Gedeihen unverzichtbare Zuwendung an Vater-und Mutterzeit sowie eine existenzsichernde Versorgung erhalten -ganz abgesehen davon, daß der Gesellschaft aus der dramatisch ansteigenden Verarmung/Verwahrlosung von Kindern und Jugendlichen in der Zukunft unübersehbare Folgekosten entstehen werden. Langfristig wird nur die partnerschaftliche Einbeziehung von Vätern in die Erziehungsarbeit und die Bindung staatlicher Familienförderung an partnerschaftlich erbrachte Erziehungsleistungen den jetzigen Trend aufhalten können. Gefördert durch halbherzige staatliche Subventionen und Steueranreize werden Frauen immer wieder veranlaßt werden, Verantwortung für Kinder letztlich alleine und ohne soziale Sicherung zu übernehmen und ihre Kinder dann gegebenenfalls mit in die eigene Abhängigkeit und letztlich in die Armut zu ziehen.

Das folgende Beispiel zeigt, daß es in der Bevölkerung inzwischen durchaus Widerstand gegen die Doppelmoral der Steuergesetzgebung gibt, die Leistungen im „reproduktiven“ Sektor, welche langfristig der Gemeinschaft zugute kommen, anders behandelt als Bemühungen im sogenannten produktiven Bereich, die letztlich dem Zweck dienen, finanzielle Gewinne in private Taschen zu befördern: Ein Kölner Vater von drei noch nicht schulpflichtigen Kindern hat, einem Bericht der ZEIT zufolge, das Problem auf seine Weise gelöst. Er hat seinen „Familienbetrieb“ kurzerhand beim Bezirksamt Lindenthal als Betrieb nach § 14 Gewerbeordnung angemeldet. Art des Betriebes: private Kinderbetreuung. Die steuerliche Bevorzugung selbst von Karnickel-und Schweinezüchtern gegenüber Familien hatte ihn auf die Idee gebracht, „als Gewerbetreibender nunmehr , Stallungen'(Kinderzimmer), , Futter'(Babybrei in Gläsern) und , Trockenstreu'(Windeln) als Betriebskosten , „abzusetzen'“. Die Frage nach dem zu erwartenden Gewinn beantwortet der Vater-Unternehmer mit dem Hinweis auf die Zukunft, „wenn unsere Kinder in 20 Jahren Steuer-und Rentenbeitragszahler sind“. Daß der Gewinn des Betriebes lange auf sich warten lassen wird, irritiert ihn nicht. Schließlich gäbe es Abschreibungsprojekte, die nie einen Gewinn erzielten, und „wenn der Thyssen das (die Schwebebahn) Jahre lang abschreiben kann, ohne daß das Finanzamt sagt, das ist ja ein Hobby“, gäbe es keinen Grund, bei Aufwendungen für die Erziehung von Kindern anders zu verfahren 30.

Abgesehen von diesem erhellenden Beispiel wissen wir, daß es Modelle zur Unterstützung und Stärkung der Familie als partnerschaftliche oder Ein-Eltern-Erziehungsgemeinschaft gibt, die finanzierbar sind. Daß diese Modelle noch immer in Schubladen schmoren und daß das Ehegattensplitting trotz Sparzwang und staatlicher Finanzmisere auch im heißen Steuerstreit der letzten Monate von keiner Seite ernsthaft in die Debatten geworfen wurde, hat im Zweifelsfalle auch damit zu tun, daß diejenigen, die über die Steuergesetzgebung befinden, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit (die Grünen ausgenommen) fast ausnahmslos zu denen gehören, die am meisten von dieser vorsintflutlichen Regelung profitieren.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Für die deutsche Geschichte ist noch immer grundlegend die leider zur Zeit vergriffene klassische Darstellung von Ute Gerhard, Verhältnisse und Verhinderungen. Familie, Arbeit und die Rechte der Frauen im 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1979. Als Standardwerke sind weiter zu nennen: Susan Moller Okin, Women in Western Political Thought, Princeton 1979; Linda Lange, The Sexism of Social and Political Theory: Women and Reproduction from Plato to Nietzsche, Toronto 1979.

  2. Vgl. Katherine McKinnon, Feminism Unmodified. Discourses of Life and Law, Cambridge/Mass. 1967.

  3. Vgl. Carole Pateman, The Sexual Contract, Cambridge/Mass. 1988; dies., The Disorder of Women, Stanford/Cal. 1989.

  4. Vgl. u. a. Barbara Schaeffer-Hegel, Eigentum, Vernunft und Liebe. Paradigmen des Ausschlusses der Frauen aus der Politik, in: dies., Vater Staat und seine Frauen, Bd. 1, Pfaffenweiler 1990, S. 149 ff.; Anne Phillips, Geschlecht und Demokratie, Hamburg 1995, und die Literaturangaben in Anm. 1.

  5. Vgl. Gerda Lerner, Die Entstehung des Patriarchats, Frankfurt am Main 1991.

  6. Einheitlichkeit von Staatswille, Staatsgebiet und Staats-volk sowie staatliches Gewaltmonopol sind die Kriterien, die nach der heute herrschenden Lehre zur Definition des Staates gehören.

  7. Vgl. Gerda Lerners Ausführungen über die Verschleierung der Frau: G. Lerner (Anm. 5), Kap. VI, S. 161 ff.

  8. Unzweifelhaft sind beide Perspektiven eng miteinander verbunden. Die Historikerin Joan Kelly hat in ihrer Arbeit über methodologische Implikationen feministischer Geschichtsbetrachtung darauf hingewiesen, daß bei der Beurteilung des sozialen Status und des Grades der „Emanzipation“ von Frauen das entscheidende Kriterium der Grad der Trennung -der Distanz oder Nähe -ist, den eine Gesellschaft zwischen die Abwicklung ihrer sogenannten öffentlichen und ihrer privaten Angelegenheiten legt; vgl. Joan Kelly, Soziale Beziehungen der Geschlechter, Methodologische Implikationen einer feministischen Geschichtsbetrachtung, in: Barbara Schaeffer-Hegel/Barbara Watson-Franke, Männer Mythos Wissenschaft, Pfaffenweiler 1989, S. 17 ff.

  9. Vgl. Barbara Schaeffer-Hegel, Säulen des Patriarchats. Zur Kritik patriarchaler Konzepte von Wissenschaft, Weiblichkeit, Sexualität und Macht, Pfaffenweiler 1996.

  10. Die allgemeine Schulpflicht setzte sich erst zu Ende des 19. Jahrhunderts durch, und die Erziehung der Mädchen blieb bis ins 20. Jahrhundert hinein Privatsache. Staatliche Schulerziehung und Gymnasien gab es nur für den männlichen Nachwuchs der Oberschicht.

  11. Vgl. Eva Kreisky, Der Staat als „Männerbund“, Versuch einer feministischen Staatssicht, in: Elke Biester/Brigitte Geiße/Sabine Lange/Birgit Sauer/Petra Schäfter/Brigitte Young, Staat aus feministischer Sicht, Berlin 1992, S. 53 ff.

  12. Der Einfluß von technologischen Veränderungen im Bereich der Hausarbeit auf die Beziehung zwischen den Geschlechtern und daher auf gesamtgesellschaftliche Veränderungen ist in historischen und familiensoziologischen Betrachtungen lange vernachlässigt worden. Schon in der Mitte des letzten Jahrhunderts hatte jedoch Luise Otto Peters mit technischen Erleichterungen im Haushalt argumentiert, um die Zulassung zu Studium und Beruf für Frauen argumentativ zu untermauern. So habe die Erfindung der Schwedenhölzchen Frauen von der täglichen Last des Feuermachens befreit. Vgl. Luise Otto Peters, Bürgerliche Hauswirtschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: U. Gerhard (Anm. 1), S. 282-294.

  13. Vgl. die Beiträge aus Ute Gerhard/Alice Schwarzer/Vera Slupik (Hrsg.), Auf Kosten der Frauen. Frauenrechte im Sozialstaat, Weinheim -Basel 1988.

  14. Ute Gerhard, in: dies. u. a„ ebd., S. 12.

  15. Die männliche Version des Problems der Unvereinbarkeit von Familie und Beruf wird endlich auch von männlichen Autoren und -dies vor allem in USA -von männlichen Initiativgruppen in die Öffentlichkeit getragen. Eine kritische Auseinandersetzung mit traditionell männlichen Lebensmustern und mit den Verzichtleistungen, die sie Männern abverlangen, haben Dieter Schnack und Thomas Gesterkamp in ihrem soeben erschienenen Buch „Hauptsache Arbeit. Männer zwischen Familie und Beruf“, Reinbek 1996, vorgelegt. Anmerkung der Redaktion: Siehe hierzu auch den Beitrag von Walter Hollstein in diesem Heft.

  16. Vgl. Monica Weber-Nau, Nach der Scheidung kommt die Armut. Wie Frauen in die Verschuldung geraten können, in: Frankfurter Rundschau vom 24. April 1993.

  17. Ein „Steuergesetz für reiche Patriarchen“ nennt Annemarie Mennel das Ehegattensplitting. Vgl. Annemarie Mennel, Frauen, Steuern, Staatsausgaben. Subventionen für das Patriarchat, in: U. Gerhard u. a. (Anm. 13), S. 88 f.

  18. Vgl. Marianne Schwann, Milchmädchens Rache. Eine Abrechnung mit dem von Männern gemachten Steuerrecht, am Frankfurt Main 1996, S. 71.

  19. Vgl. Familienlastenausgleich -Familienleistungsausgleich, hrsg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bonn 1995.

  20. Für die Sozialgesetzgebung siehe U. Gerhard u. a. (Anm. 13), für die Steuergesetzgebung das soeben erschienene Buch von M. Schwan (Anm. 18). Die Autorin hat errechnet, daß Frauen „.. . im Endeffekt . .. insbesondere reiche Männer mit jährlich mehr als 100 Milliarden DM . . . subventionieren“. Dies., Steuergesetz 1997. Steuerpolitische Männerförderung, in: Zweiwochendienst Frauen und Politik, 9 (1996) 114, S. 5.

  21. Vgl. hierzu Seyla Benhabib, Feministische Theorie und Hannah Arendts Begriff des öffentlichen Raums, in: Margrit Brückner/Birgit Meyer (Hrsg.), Die sichtbare Frau. Die Aneignung gesellschaftlicher Räume, Freiburg 1994, S. 270 ff.

  22. Eine erkennbare verfassungsrechtliche Vorschrift, die eine zwingende Verbindung zwischen „Schutz“ und Subventionierung herstellte, ist u. E. nicht gegeben.

  23. Stellt man den Steuergewinnen reicher kinderloser Ehemänner die Tatsache gegenüber, daß alleinerziehende Mütter ihre Steuerpflicht nicht mit erwerbslosen Angehörigen teilen können und Ausgaben für die Erziehung ihrer Kinder nicht von der Steuer absetzen dürfen, so werden die hier in Frage gestellten Definitionen von privat und öffentlich über-deutlich.

  24. Vgl. Siegfried Bernfeld, Sisyphus oder die Grenzen der Erziehung, Frankfurt am Main 1993 (1. Auflage 1925).

  25. U. Gerhard (Anm. l), S. 21/22.

  26. Barbara Schaeffer-Hegel u. a„ Frauen mit Macht. Zum Wandel der politischen Kultur durch die Präsenz von Frauen in Führungspositionen, Pfaffenweiler 1995.

  27. In den vielen Interviews, die wir im Rahmen eines Forschungsprojektes derzeit durchführen, ist die private Unterstützung -meist durch den Ehemann -von Politikerinnen und anderen Frauen in Führungspositionen immer wieder als ganz entscheidende Voraussetzung für ihre politische Arbeit genannt worden.

  28. Vgl. M. Schwan, Steuergesetz 1997 (Anm. 20), S. 5.

  29. Vgl. Susanne Meyer, Private Kinderbetreuung. Ein Vater geht neue Wege: Die Kinder als Gewerbebetrieb, in: Die Zeit, Nr. 29 vom 12. Juli 1996, S. 53.

  30. Ebd.

Weitere Inhalte

Barbara Schaeffer-Hegel, Dr. phil., geb. 1936, verh., vier Kinder; Professorin am Institut für Sozialwissenschaften in Erziehung und Ausbildung der Technischen Universität Berlin; Studium der Geschichte, Politikwissenschaft, Philosophie und Romanistik an den Universitäten Tübingen, Freiburg i. Brsg. und Heidelberg. Veröffentlichungen u. a.: (zus. mit Brigitte Wartmann) Mythos Frau. Projektionen und Inszenierungen im Patriarchat, Berlin 1984; Frauen und Macht. Der alltägliche Beitrag der Frauen zur Politik des Patriarchats, Berlin 1982; (zus. mit Barbara Watson-Franke) Männer Mythos Wissenschaft, Pfaffenweiler 1989; Vater Staat und seine Frauen, 2 Bände, Pfaffenweiler 1990; Frauen mit Macht. Zum Wandel der politischen Kultur durch die Präsenz von Frauen in Führungspositionen, Pfaffenweiler 1995; Säulen des Patriarchats. Zur Kritik patriarchaler Konzepte von Wissenschaft, Weiblichkeit, Sexualität und Macht, Pfaffenweiler 1996; Herausgeberin der Reihe „Feministische Theorie und Politik“. Andrea Leist, Dipl. -Soz. -Päd., geb. 1960; 1978-1984 Studium der Mathematik, Physik und Pädagogik an der Humboldt-Universität Berlin; 1990-1996 Studium der Erziehungswissenschaften/Sozialpädagogik an der TU Berlin.