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Kultursponsoring aus Sicht der Wirtschaft | APuZ 41/1996 | bpb.de

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APuZ 41/1996 Kulturpolitik im Spektrum der Gesellschaftspolitik Kulturpolitik unter Reformdruck Kulturdialog für das 21. Jahrhundert. Die Arbeit der Goethe-Institute im Ausland: Erfahrungen und Herausforderungen Internationaler Wissenschaftleraustausch als Investition in die Zukunft Kultursponsoring aus Sicht der Wirtschaft

Kultursponsoring aus Sicht der Wirtschaft

Arend Oetker

/ 15 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Da die öffentliche Hand sich aus den kulturellen Verpflichtungen immer weiter zurückzieht, wächst die gemeinsame Verantwortung der Gesellschaft gegenüber der Kulturförderung. Eine Form der privaten Kulturförderung ist das Kultursponsoring, das sowohl von der Motivation als auch von der steuerrechtlichen Handhabe her klar vom Mäzenatentum abzugrenzen ist. Kultursponsoring ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit und beruht auf dem Prinzip des „do ut des“. Beide Seiten, Wirtschaft und Kultur, sollen voneinander profitieren -in unterschiedlicher Form, aber in gleichem Maße. Klare Absprachen über erwartete Ziele und Leistungen sind die beste Basis für wechselseitige Unabhängigkeit, Partnerschaft und geistige Freiheit. Kultursponsoring birgt viele Vorteile für das einzelne Unternehmen. Es eignet sich als Kommunikationsinstrument, mit dem der Öffentlichkeit das Unternehmensprofil nahegebracht werden kann. Unternehmensintem kann Kultursponsoring die Mitarbeitermotivation bzw. -identifikation steigern. Investitionen in die Kultur sind Investitionen in die Zukunft. Es gilt, die Relevanz des Standortes Deutschland als gewachsener Kulturstaat aufrechtzuerhalten. Damit Unternehmen dieser gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen können, muß der Staat Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen schaffen, die einen Anreiz zu und nicht eine Verhinderung von privater Kulturförderung bieten.

Neben dem längst etablierten und allgemein akzeptierten Sportsponsoring gewinnt das Kultursponsoring aus verschiedenen Gründen immer mehr an Bedeutung. In Zeiten, in denen sich die öffentliche Hand weiter zurückzieht, wird eine „public-private-partnership" wichtiger. Dennoch ist Kulturförderung und -finanzierung in erster Linie eine öffentliche Aufgabe, und diese Verpflichtung darf im Zuge der Sponsoring-Diskussion auf keinen Fall verwischt werden. Die Zahlen sprechen für sich: Die öffentlichen Ausgaben für die Kultur lagen 1995 bei etwa 15 Milliarden DM. Demgegenüber nehmen sich die etwa 500 Millionen DM -noch nicht einmal 4 Prozent -, die von privaten Unternehmen für das Kultursponsoring eingesetzt werden, eher bescheiden aus.

Trotzdem -die finanzielle Situation ist für die deutsche Kulturlandschaft bedrohlich und wird wahrscheinlich noch schwieriger werden. Kulturförderung wird damit zur gemeinsamen Verantwortung, und wenn das kulturelle Angebot in unserem Land erhalten und weiter gefördert werden soll, braucht der Staat, vor allem aber die Kultur, die Unterstützung der Wirtschaft. Eben weil diese Hilfe der Unternehmen gebraucht und auch vom Staat gefordert wird, müssen staatliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung fördern.

II. Mäzenatentum und Kultursponsoring

Um an der Diskussion über Kultursponsoring teilnehmen und sich ein fundiertes Urteil erlauben zu können, bedarf es vielfältiger Informationen, an deren Anfang eine Begriffsbestimmung, eine klare Abgrenzung zu anderen Formen der privaten Kulturförderung gehört.

Häufig wird Kultursponsoring immer noch in Beziehung zum Mäzenatentum gebracht; vereinzelt liest man sogar die These, das eingedeutschte Wort „Kultursponsoring“ verdränge oder ersetze den schönen alten Begriff „Mäzenatentum“. Beides sind Formen der privaten Kulturförderung, die jedoch sowohl von ihrer Motivation als auch von ihrer steuerrechtlichen Handhabe her klar voneinander abzugrenzen sind.

Der Begriff des Mäzens geht zurück auf Maecenas, einen römischen Großgrundbesitzer, der Dichter wie Horaz, Vergil und andere Künstler finanziell unterstützte. Grundsätzlich helfen Mäzene eher in der Stille und treten nicht ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Sie erwarten keine Gegenleistung, sie unterstützen aufgrund ihrer persönlichen Über-zeugungen einen Künstler. Diese Unterstützung geschieht aus rein subjektiver, geschmacklicher Neigung. Steuerrechtlich wird die mäzenatische Unterstützung als Spende gesehen, die wie folgt definiert ist: „Eine Spende liegt im allgemeinen vor, wenn die Zuwendung der Förderung gemeinnützigen oder ähnlich ideellen Zwecken dient, freiwillig oder aufgrund einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung gewährt wird und weder als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Zuwendungsempfängers gedacht ist. noch tatsächlich in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht.“ Die Spende -und somit die Motivation des Mäzens -ist altruistisch. Das Mäzenatentum ist die „privateste“ Art des kulturellen Engagements, das jedem einzelnen Bürger die Möglichkeit bietet, seiner persönlichen Verantwortung der Kultur gegenüber genüge zu tun.

Kultursponsoring hingegen wird nicht von Privatpersonen, sondern von Unternehmen betrieben und beruht auf wirtschaftlichen Grundsätzen. Daß die Kultur etwas mit der Wirtschaft zu tun hat, daß sie sich auf die Wirtschaft einläßt, hat vereinzelt immer noch ein ehrenrühriges Image, vor allem bei Kulturjournalisten. Kultursponsoring ist aber eine ehrliche, weil ohne Umschweife den Zweck offen deklarierende Form privater Kulturförderung und -finanzierung. Gegenüber anderen Formen der Kulturförderung ist Kultursponsoring eindeutig einGeschäft auf Gegenseitigkeit. Kultursponsoring handelt nach dem Prinzip des „do ut des“.

Das Ziel des Kultursponsoring ist eine Partnerschaft zwischen zwei Beteiligten, die sehr unterschiedlich sind und aus verschiedenen Welten kommen. Damit eine Partnerschaft funktioniert, damit beide Seiten sich entfalten können, müssen beide Seiten geben und nehmen. Keine Partnerschaft läuft ganz reibungslos, und bei einer Beziehung so unterschiedlicher Partner, wie Kultur und Wirtschaft es sind, sind Krisen und Reibungspunkte nicht auszuschließen. Damit beide ihre jeweiligen Zielsetzungen erreichen, bedarf es eines umsichtigen Umgangs miteinander. Es muß ein offener Dialog geführt werden, um Probleme aus dem Weg zu schaffen und Gefahren zu umgehen. Klare Absprachen über erwartete Ziele und Leistungen sind die beste Basis für wechselseitige Unabhängigkeit, Partnerschaft und geistige Freiheit.

III. Kultursponsoring in der Praxis

Die herkömmlichen Methoden der Unternehmenskommunikation werden immer uneffektiver. Die Werbung spricht das Publikum längst nicht mehr so stark an wie früher. Besonders die jüngeren Zielgruppen fliehen vor der Fernsehwerbung durch „zapping“: Beginnt ein Werbeblock, wird einfach umgeschaltet. Der Kampf um Marktanteile wird jedoch immer härter. Immer mehr qualitativ gleichwertige Produkte kämpfen um Marktanteile. Es fällt schwer, den Kunden neue Verkaufsargumente zu vermitteln. Für das einzelne Unternehmen wird es daher immer wichtiger, Argumente zu finden, die über das eigentliche Produkt hinausgehen.

Schon längst haben die Führungskräfte in Unternehmen die Wichtigkeit von Corporate Identity -dem Erscheinungsbild eines Unternehmens -erkannt. Kultursponsoring kann zur Corporate Identity Wesentliches beitragen, indem kulturelle Veranstaltungen gefördert werden, bei denen ein Imagetransfer erfolgen kann, der die Corporate Identity sinnvoll ergänzt. Mit Kultursponsoring können Kommunikationsbarrieren abgebaut werden, indem Zielgruppen in nichtkommerziellen Situationen einander begegnen: Kunstausstellungen, Konzerte und ähnliche Veranstaltungen bieten die Möglichkeit, geschäftliche Kontakte mit Geschäftspartnern, Konkurrenten oder Kunden direkt zu pflegen und zu intensivieren.

Das sind Vorteile, die Kultursponsoring dem einzelnen Unternehmen nach außen hin bietet. Kultursponsoring beinhaltet aber auch die Möglichkeit der Kommunikation nach innen, kann zur Unternehmenskultur beitragen, zur Förderung der betrieblichen Gemeinschaft und zur Aufwertung des Arbeitsplatzes; es kann der Mitarbeitermotivation bzw. -identifikation dienen.

Bei all diesen Vorteilen, die Kultursponsoring für die einzelnen Unternehmen mit sich bringt, sollte man die übergeordneten Aspekte, die mindestens genauso wichtig sind, nicht außer acht lassen. Investitionen in die Kultur sind Investitionen in die Zukunft. Neben der Steigerung der Attraktivität einer bestimmten Region durch ein reichhaltiges kulturelles Angebot gilt es vor allem, die Relevanz des Standortes Deutschland als Kulturstaat aufrechtzuerhalten. Das ist eine gemeinsame Verantwortung des Staates und der Wirtschaft.

Beschäftigt man sich eingehender mit der praktischen Situation des derzeitigen Kultursponsorings in Deutschland, so findet man einen breiten Fächer von Möglichkeiten der Förderung. Finden die richtigen Partner aus Wirtschaft und Kultur zusammen und sind sie sich über die jeweiligen Ziele einig, entstehen daraus nicht selten bemerkenswerte Projekte. Kultursponsoring ist in allen Bereichen der Kultur möglich: vom Sponsern eines Rock-oder Popkonzertes, Ausrichten einer Kunst-ausstellung bis zur Ausschreibung von Förderpreisen für junge Künstler.

Welche Art des Sponsorings das jeweilige Unternehmen wählt, ist abhängig von dem Unternehmensprofil, das vermittelt werden soll. Drei Beispiele dieser Partnerschaften können die vielfältigen Möglichkeiten des Kultursponsorings deutlich machen 1. Ruhrgas AG Die Aktivitäten der Ruhrgas AG im Kulturbereich bestehen nach eigenen Angaben aus -Förderung von Kunstausstellungen, -Förderung des Deutschen Architekturpreises, -Förderung von Deutsch-Norwegischen Stipendienprogrammen, -Förderung von lokalen und regionalen Kultur-einrichtungen.Das kulturelle Engagement wird als „finanzielle Unterstützung und Absicherung gesellschaftlich relevanter Aktivitäten im Sinne eines öffentlichkeitswirksamen Dienstes an der Gesellschaft“ verstanden. Die Ruhrgas AG engagiert sich nicht nur als Sponsor; im Fall der Deutsch-Norwegischen Stipendienprogramme handelt es sich um Spenden, die in einen gemeinnützigen Stiftungsfonds eingebracht werden. Auch kulturelle Einrichtungen in der Region werden mäzenatisch unterstützt. Über das Kultursponsoring wurde ein eigener Weg beschritten mit der Initiierung und Förderung bedeutender Kunstausstellungen.

Die wirtschaftlichen Interessen, die das Unternehmen aufgrund seiner langfristig angelegten Vertragsbeziehungen mit den Erdgasproduzenten in West-und Osteuropa verbindet, wurden zum Anlaß genommen, um . kulturelle und historische Verbindungen zu diesen Ländern in einem europäischen Kontext aufzuzeigen und deutlich zu machen, daß für die Pflege dieser Beziehungen auch andere als kommerzielle Aspekte von Bedeutung sind. Als Beispiel sei hier die Ausstellung „Monet bis Picasso -Morosow und Schtschukin, die russischen Sammler“ aus Anlaß der seit 20 Jahren bestehenden Erdgaslieferungen aus Rußland (1993) genannt. Die Ausstellung diente dem Zweck, „die energiewirtschaftlichen Beziehungen mit dem Lieferland Rußland herauszustellen, den wechselseitigen Austausch und die kulturelle Tradition zu dem betreffenden Land zu fördern und auf diese Weise Kunst und Kommerz zusammenzubringen. Außerdem sollte durch die Wahl des Museums Folkwang als Ausstellungsort die kulturelle Attraktivität des Ruhrgebiets verstärkt werden, um insbesondere nach außen deutlich zu machen, daß Kunst und Kultur im Ruhrgebiet ihren auch von der Wirtschaft geförderten Platz haben.“ 2. Volkswagen AG Einer der offensivsten und deshalb wohl auch bekanntesten Sponsoren im Bereich Rock-und Popmusik ist VW. Für VW ist Kultursponsoring nach eigener Aussage Teil ihrer neuen Marketingstrategie. Das Leitmotiv dieser Strategie wird durch den Slogan „Innovativ, international und jung“ geprägt Um diese Werte, Lifestyle und die verschiedenartigen Bedürfnisse ihrer Zielgruppen auszudrücken, hat VW eine Strategie gewählt, die „auf selbstverständliche Weise ihr Markenimage mit diesen Elementen kombiniert. Als Ziel soll eine starke Identität der Marke geschaffen werden, bei der VW im Wertesystem der einzelnen Menschen ein untrennbarer Teil ihres Lebens wird.“

Um dieses Ziel zu erreichen, konzentriert sich VW auf drei Hauptelemente: -Aufbau eines neuen, jungen Markenimages, das Trends vorwegnimmt;

-Fokussierung auf künftige Zielgruppen wie junge weibliche Käufer;

-Stärkung der Markenidentität durch Schaffen eines direkten Ansatzes

Seit 1992 ist VW international im Popmusik-Sponsoring aktiv und präsentierte die Europa-Tourneen von Genesis (1992), Pink Floyd (1994) und den Rolling Stones (1995). Hiermit hat sich VW in wenigen Jahren als bekanntester Sponsor im Bereich der internationalen Rock-und Popmusik etabliert

In diesem Jahr hat VW die Tournee der Rockband Bon Jovi gesponsert und aus diesem Anlaß drei Sondermodelle herausgebracht. „Wir haben die Verbindung , Musik & Automobil'international erfolgreich etabliert. Unser Partner Bon Jovi bietet VW die Möglichkeit, insbesondere die für uns wichtigen jungen Zielgruppen erneut attraktiv anzusprechen“, so Otto F. Wachs, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit von VW. Die Strategie der Imagebildung ist VW laut der Sponsoring-Studie 95 des Sample Instituts gelungen: „Mit VW werden die Attribute innovativ, international und jugendlich in Verbindung gebracht.“

3. Hugo Boss AG Die Hugo Boss AG sieht in ihrer Unterstützung der Kunst eine Aufgabe, zu der Unternehmen verpflichtet sind. Neben dieser gesellschaftlichen Verantwortung bildet Kultursponsoring „einen Teil der Bemühungen, den Kontakt mit ihren Zielgruppen zu pflegen und ihre Produkte für die Kunden mit einem weiteren Wert ästhetischer Lebenskultur zu versehen“

Im Dezember 1994 ging die Hugo Boss AG eine Partnerschaft mit dem Solomon R. Guggenheim Museum in New York, Venedig und bald danach auch Bilbao ein, die vorläufig auf fünf Jahre festgelegt ist. „Kunst zu fördern, bedeutet für die Hugo Boss AG mehr als die Fortschreibung der traditionellen Sponsorship, bei dem ein Sponsor gibt und der Gesponserte nimmt.“ Vielmehr suchte das Unternehmen nach dem Modell einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit, die auf gegenseitigem Austausch beruht, an dem auch die Mitarbeiter beider Partner teilhaben sollten. Handel und Kunden werden aktiv in das Engagement des Unternehmens einbezogen, und die Chance, Kultursponsoring auch als Kommunikationsinstrument nach innen einzusetzen, wird in besonderem Maße genutzt: Den Mitarbeitern wird durch die Partnerschaft mit dem Guggenheim Museum ein besonderer Zugang zur Kunst ermöglicht. Es finden beispielsweise Kunstworkshops statt, es wurde eine Kunstbibliothek in der Hauptverwaltung eingerichtet, und der Art-Pass ermöglicht den Mitarbeitern, deren Familien und Freunden freien Eintritt in vielen Museen Die zeitgenössische Kunst soll eine kreative Unruhe in das Unternehmen bringen, „Kräfte, die bestehende Normen und Traditionen zur Diskussion stellen, sollen gefördert werden“

Dies sind nur drei Beispiele, mit denen die verschiedenen Möglichkeiten des Kultursponsorings angedeutet werden. Grundsätzlich sind diese Möglichkeiten privater Kulturförderung unbegrenzt: die meisten Unternehmen finden im Dialog mit dem jeweiligen Partner aus der Kultur eigene Ansätze und Wege.

IV. Probleme des Kultursponsorings

In der Diskussion um Kultursponsoring ist häufig die Rede von Problemen und Gefahren. Das „Geschäft auf Gegenseitigkeit“, die Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Kultur verläuft natürlich nicht immer reibungslos, und wie bei jedem Geschäft bedarf es auch beim Kultursponsoring eines gut durchdachten Konzeptes.

Vor der Projektauswahl muß nüchtern analysiert werden, wie sich das Unternehmen selbst sieht, wie es tatsächlich gesehen wird und wie es gesehen werden will. Das Unternehmensprofil sollte sich im Idealfall in den Kulturprojekten wiederfinden. Mit dem Aspekt des modernen High-Tech-Unternehmens z. B. lassen sich Begriffe wie Innovationsfreudigkeit, Mut und Risikobereitschaft verbinden Die aufgeführten Beispiele aus der Praxis zeigen also verschiedene Möglichkeiten auf.

Um solche „richtigen“ Partnerschaften zu begründen, die inhaltlich passen und entsprechend glaubwürdig sind, bedarf es des gegenseitigen Respektes und des Einfühlungsvermögens von beiden Seiten. Völlig unakzeptabel ist selbstverständlich jegliche Einflußnahme auf kulturelle Inhalte durch den Sponsor.

Bedauerlicherweise gibt es äußere Rahmenbedingungen, die intelligentes Kultursponsoring behindern. Zum einen ist das die Berichterstattung in den Medien. Manche Kulturjournalisten sehen im Kultursponsoring immer noch etwas Ehrenrühriges und versuchen, die Sponsoren deshalb weitgehend aus ihrer Berichterstattung auszuschließen. Über die gesponserte Maßnahme wird zwar berichtet, der-oder diejenigen aber, die dazu beigetragen haben, daß diese kulturelle Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte, werden nicht oder nur am Rande erwähnt. Medienpräsenz macht aber einen Teil des Nutzens für das Unternehmen aus. Da Unternehmen immer mehr bestrebt sind, im Interesse der Eigentümer den Wert der Aktien zu steigern, stehen die Mehrung des Unternehmenswertes und ein möglichst hoher Gewinn, der sich neben dem Kurswert in der Ausschüttung an die Aktionäre niederschlägt, im Vordergrund. Für jeden einzelnen Aktionär sollte daher ein Nutzen sichtbar sein. Ein solcher Nutzen liegt in der Medienpräsenz. Unternehmen brauchen sogar möglichst große Medienpräsenz, damit ihr Sponsoring von den Finanzbehörden als Werbe-bzw. Betriebsausgaben anerkannt wird. Da hier eine der Banden-oder Trikotwerbung im Sport entsprechende Reklame ausgeschlossen ist, kommt es in besonderem Maße auf eine angemessene Bekanntmachung der Förderleistungen des Sponsors in der Öffentlichkeit an. Damit sind wir bei einem wesentlichen Problem, das sich im Zusammenhang mit Kultursponsoring für Unternehmen ergibt: den steuerrechtlichen Rahmenbedingungen. Sponsoring ist bisher kein Rechtsbegriff. Es gibt nur eine steuerrechtliche Abgrenzung zwischen Spende im Sinne des § 10 b Einkommensteuergesetz (§ 9 Nr. 3 Körperschaftssteuergesetz) und (sonstigen) Betriebsausgaben im Sinne von § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz. Eine Spende ist altruistisch, der Geber ist ein Mäzen, der keine Gegenleistung erwartet. Eine Betriebsausgabe hingegen muß eigennützig sein. Da die mit dem Kultursponsoring verfolgte Marktstrategie nicht das Produkt, sondern das Image des Unternehmens herausstellt, sind Probleme bei der Nichtanerkennung von Kultursponsoring als Betriebsausgabe vorprogrammiert. Es liegt im Interesse der Unternehmen, Sponsoring-Mittel als Betriebsausgaben geltend zu machen, da erstens der Spenden-abzug jährlich auf zehn Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte beschränkt ist, zweitens Spenden nur gegenüber gemeinnützigen Vereinen, nicht aber gegenüber Privatpersonen -wie zum Beispiel Künstlern -zulässig sind.

Diese Abgrenzung zwischen Spende und Betriebsausgabe ist selbst nach Aussage des Bundesfinanzministeriums äußerst unklar; sie richtet sich laut BFH-Urteil vom 9. August 1989 nach der Motivation des Betriebsinhabers, wie sie durch äußere Umstände dokumentiert wird: „Ob ein Unternehmen mit seinem finanziellen Engagement betriebliche Werbezwecke oder uneigennützige Ziele verfolgen will, läßt sich nur anhand von äußeren Beweisanzeichen beurteilen. Am deutlichsten spiegelt sich ein Werbezweck im Gebrauch der üblichen Werbemittel und -hilfen wider. Für die Verfolgung eines Werbezwecks spricht regelmäßig, wenn konkrete Werbeplanungen stattgefunden haben oder eine Kontrolle des Werbeergebnisses durchgeführt wird. Nimmt die Veranstaltung thematisch auf den Unternehmensgegenstand oder konkrete Unternehmensprodukte Bezug, werden im allgemeinen abzugsfähige Betriebsausgaben vorliegen (Beispiel: Ein Energieversorgungsunternehmen unterstützt eine Landesausstellung zum Thema Energiepolitik). Hat die Veranstaltung hingegen einen unternehmensfremden Gegenstand (z. B. eine Kunstausstellung), so kommt es im wesentlichen auf die äußere Darstellung der Fördermaßnahme an. Der bloße Hinweis auf die unterstützende Firma wird regelmäßig nicht zur Qualifikation als Betriebsausgabe ausreichen, denn Aufwendungen für einen (kulturellen oder sonstigen) gemeinnützigen Zweck sind nicht schon dann (sonstige) Betriebsausgaben, wenn mit ihnen auf die Person des Spenders aufmerksam gemacht werden soll. Eine betriebliche Veranlassung ist aber dann anzunehmen, wenn die Kultur-oder Sportveranstaltung in eine betriebliche Werbeaktion in der Weise eingebunden ist, daß sie mehr oder weniger nur das Beiprogramm bildet. Ob das Kultur-bzw. Sportereignis oder das Werbeziel im Vordergrund steht, beurteilt sich primär aus der Sicht des Publikums. Bei Kulturveranstaltungen muß ein strengerer Maßstab als bei Sportveranstaltungen angelegt werden, da Kulturveranstaltungen wesensmäßig unkommerziell sind.“

Diese Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf macht das Dilemma, in dem das Kultursponsoring steckt, deutlich: Kultursponsoring ist kein übliches Werbemittel, verfolgt keinen reinen Werbezweck, und eine Kontrolle des Werbeergebnisses im üblichen Sinne ist schwer durchführbar. Viele Sponsoringmaßnahmen wären nicht möglich, wenn jede kulturelle Veranstaltung thematisch auf den Unternehmensgegenstand oder konkrete Unternehmensprodukte Bezug nehmen würde. Das gerade ist ja ein Vorteil des Kultursponsorings: weg vom unmittelbaren Produkt, hin zum Unternehmensprofil.

Entschließt sich ein Unternehmen dennoch zur Unterstützung einer Veranstaltung, die einen unternehmensfremden Gegenstand 1 hat, so wird es geradezu gezwungen, sich in den Vordergrund zu stellen, denn nur der Hinweis auf den Sponsor reicht ja zur Qualifikation einer Betriebsausgabe nicht aus. Die Oberfinanzdirektion rät den Unternehmen, was eigentlich vermieden werden sollte: Die kulturelle Veranstaltung soll nur das „Beiprogramm“ einer betrieblichen Werbeaktion darstellen. Das ist genau die Art von Kultursponsoring, die abzulehnen ist -das Unternehmen steht im Vordergrund und die Kultur wird zum Werbemittel degradiert.

Durch diese unerfreuliche steuerrechtliche Regelung wird Kultursponsoring zur Gratwanderung zwischen der gewünschten Zurückhaltung und der geforderten Offensive. Eine Verbesserung des Steuerrechts ist dringend nötig, da der Staat -vor allem aber die Kultur -auf die komplementäre finanzielle Unterstützung der Wirtschaft angewiesen ist.

Wenn am 1. Januar 1999 die Steuerreform in Kraft treten sollte, wird sich die Situation der Kultur-etats sogar noch verschärfen. Die deutschen Steuersätze sollen auf international akzeptable und die deutsche Wirtschaft belebende Größenordnungen gesenkt werden. Eine Senkung des EinkommenSpitzensteuersatzes auf unter 40 Prozent bei wenigen Ausnahmen ist geplant. Das könnte der deutschen Wirtschaft einen kräftigen Wachstumsschub und eine nachhaltige Verbesserung im internationalen Standortwettbewerb sichern. Bei der angestrebten Steuerreform besteht jedoch die Gefahr der Beeinträchtigung von privaten Fördermöglichkeiten, falls die Abzugsfähigkeit von Spenden und Sponsoring-Mitteln eingeschränkt würde. Diese Gefahr muß abgewendet werden; statt dessen müssen von staatlicher Seite die Anreize für private Kulturförderung vergrößert werden. Das Bundes-finanzministerium hat denn auch eine Verbesserung des Steuerrechts angekündigt, mit der aber laut Auskunft des Bundesfinanzministeriums in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen ist.

V. Fazit

Im Vordergrund aller Diskussionen über private Kulturförderung und Kultursponsoring muß die Notwendigkeit der Erhaltung der deutschen Kulturlandschaft stehen. In erster Linie ist und bleibt Kulturförderung Aufgabe des Staates. Kunst und Kultur gehören aber in unser aller Leben, folglich sind wir auch alle verantwortlich, Kultur als Allgemeingut zu erhalten und zu fördern. Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen -finanzieller, persönlicher und fiskalischer Art -, um dieses Anliegen zu verwirklichen.

Eine Art der privaten Kulturförderung ist das Sponsoring. Kultursponsoring ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit; beide Seiten profitieren von dieser Partnerschaft. Es ist wichtig, konstruktiv zu diskutieren, wie die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Kultur verbessert werden kann. Diese Diskussion darf natürlich die Stellung des Sponsoring innerhalb der Kulturförderung nicht außer acht lassen. Sponsorengelder dürfen und können öffentliche Mittel nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Kultursponsoring soll den Staat von seiner Verpflichtung nicht entbinden; Kultursponsoring soll helfen, eine möglichst vielfältige Kulturlandschaft zu erhalten.

Zum einen muß sich der Gedanke der „gemeinsamen Verantwortung“ innerhalb der Unternehmen weiter durchsetzen, zum anderen aber auch das Wissen um den Nutzen, den intelligentes Kultursponsoring jedem einzelnen Unternehmen bringen kann. Hierfür sind erhebliche Verbesserungen der steuerlichen Bedingungen nötig und eine deutliche Klärung bezüglich der Abgrenzung zwischen Spenden, Betriebsausgaben und Sponsoringkosten. Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie hat in seinem 1993 verabschiedeten „Schweriner Manifest“ alle gesellschaftlichen Kräfte an diese gemeinsame Verantwortung für den Erhalt und die Förderung der Kultur in der Bundesrepublik Deutschland erinnert und zur Kooperation zwischen Politik, Wirtschaft und Kultur aufgerufen. Er hat in der Konsequenz dieses Manifestes 1994 einen „Aktionskreis Kultur“ ins Leben gerufen, in dem kulturpolitisch kompetente Fachleute aus Bund, Ländern und Gemeinden, aus Kultur, Wirtschaft und Stiftungen zusammenarbeiten, um Konzepte für zukunftsweisendes Handeln zu entwickeln oder zu diskutieren und sich für deren Realisierung einzusetzen.

In diesem Jahr haben der Bundesverband Deutscher Stiftungen, der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI und der Stifterverband für die Deutsche Wirtschaft das sogenannte „Grünbuch des Aktionskreises Kultur“ vorgelegt in dem innerhalb der Empfehlungen zur Verbesserung des Gemeinnützigkeits-und Spendenrechts zum Thema Kultursponsoring vorgeschlagen wird: „Unter dem Gesichtspunkt, daß sich Unternehmen des Sponsorings nicht nur zum Transport kurzfristiger Werbebotschaften, sondern auch zu ihrer dauerhaften Existenzsicherung bedienen, sollten Zahlungen an gemeinnützige Einrichtungen -insbesondere an solche, die der Kultur dienen -als Betriebsausgaben anerkannt werden, wenn der Empfänger in angemessener, die Autonomie des kulturellen Lebensbereiches wahrender Weise auf den Sponsor hinweist. Einnahmen aus Sponsoring sollten bei der empfangenden Körperschaft nicht als steuerpflichtiger Zufluß aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb angesehen werden.“

Es bleibt zu wünschen, daß der Staat die Wirtschaft nicht nur auffordert, sich kulturell zu engagieren, sondern daß er auch die nötigen Anreize schafft, die es Unternehmen erleichtern, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Jochen Thiel, Kulturförderung als Betriebsausgabe aus steuerlicher Sicht, in: Kulturstiftung Haus Europe (Hrsg.), Sponsoring in der Diskussion, München 1995, S. 97.

  2. Auswahlkriterien waren die Unterschiedlichkeit des jeweiligen kulturellen Engagements und die von den Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen.

  3. Achim Middelschulte, Im Kontakt mit der Öffentlichkeit. Das kulturelle Engagement der Ruhrgas AG. o. O. u. J., S. 1.

  4. Ruhrgas AG, Neue Wege der Unternehmenskultur, Förderung von Kunstausstellungen (17. September 1993).

  5. Vgl. Volkswagen Bon Jovi European Tour 1996 Press Information, Neue Marketing-Herausforderung durch die Musik von Bon Jovi, S. 1.

  6. Ebd.

  7. Vgl. ebd.

  8. Vgl. Erhebung INRA Deutschland, Ungestützte Bekanntheit von Rock-und Pop-Sponsoren, VW bekanntester Rock-und Popsponsor, Mölln 1995, S. 2.

  9. Volkswagen Bon Jovi European Tour 1996 Press Information, Volkswagen präsentiert Bon Jovi’s „These days“ Europa Tournee 1996, S. 1.

  10. Hugo Boss AG Metzingen und Solomon R. Guggenheim Museum, New York, Sponsoring, o. 0. 1996, S. 4.

  11. Hugo Boss AG Metzingen, Partnerschaft der Hugo Boss AG mit dem Solomon R. Guggenheim Museum, 6. August 1996.

  12. Vgl. Hugo Boss AG Metzingen (Anm. 10), S. 10 f.

  13. Ebd., S. 6.

  14. Vgl. Ulrich Kostenbader, Interview: Wirtschaft und Kultur -die gleiche Schlacht, in: Zeitschrift für internationalen Kulturaustausch, (1996) 2, S. 44 ff. Dieses Heft ist u. a.dem Thema „Zwischen Markt und Mission“ -der privaten Kulturförderung -gewidmet.

  15. Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 9. 12. 1992, NSt. 386, ESt-Rdvfg. 85/92, S. 2.

  16. Vgl. Aktionskreis Kultur, Eine Einführung in das Grün-buch, in: Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI (Hrsg.), Kulturförderung in gemeinsamer Verantwortung (II), Die Krise überwinden, Grünbuch des Aktionskreises Kultur, Bonn 1996, S. 7 ff.

  17. Bundesverband Deutscher Stiftungen, Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, 10 Empfehlungen zur Verbesserung des Gemeinnützigkeits-und Spendenrechts, in: Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI (ebd.), S. 20.

Weitere Inhalte

Arend Oetker, Dr. rer. pol., geb. 1939; Geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Arend Oetker Holding GmbH & Co., Köln; Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V., Köln; Vorsitzender des Vorstandes des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.