Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Geschichtswissenschaft unter der SED-Diktatur. Die Durchsetzung der Parteilinie in den fünfziger Jahren | APuZ 39/1996 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 39/1996 Zeitgeschichte in Deutschland nach 1989 Geschichtswissenschaft unter der SED-Diktatur. Die Durchsetzung der Parteilinie in den fünfziger Jahren Die DDR-Historiker und die deutsche Nation Opposition und Widerstand in der DDR-Strafjustiz

Geschichtswissenschaft unter der SED-Diktatur. Die Durchsetzung der Parteilinie in den fünfziger Jahren

Ulrich Neuhäußer-Wespy

/ 20 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die nach der Proklamierung des „Aufbaus des Sozialismus“ (1952) forciert betriebene Einführung des Marxismus-Leninismus in der Geschichtswissenschaft der DDR als methodisches und inhaltliches Grundprinzip bedeutete für die Historiker nicht nur ideologische Indoktrinierung, sondern häufig auch mit starkem psychischem Druck praktizierte Disziplinierung. Dies wird am Beispiel von SED-Versammlungen gezeigt, die nach dem 17. Juni 1953 an der Universität Leipzig abgehalten wurden. Die -ebenfalls erst nach Öffnung der DDR-Archive bekannt gewordenen -„Historikerberatungen“, die vom Parteiapparat in den Jahren 1956 bis 1958 veranstaltet wurden, hatten den Zweck, die „führenden Genossen Historiker“ gleichsam stellvertretend für die Historikerschaft auf die von der SED-Führung festgelegte Parteilinie zu verpflichten und gleichzeitig zu demonstrieren, welche Folgen abweichendes Verhalten hatte oder haben konnte. Ein Exempel sollte offensichtlich an dem Hallenser Universitätsprofessor Günter Mühlpfordt statuiert werden, weil er sich geweigert hatte, Selbstkritik zu üben. In den fünfziger Jahren sind die Grundlagen für eine Wissenschaftsorganisation entstanden, deren Strukturen -entgegen der Meinung mancher westlicher Beobachter -bis 1989 wirksam gewesen sind. Außerdem bildete sich eine Verhaltensweise heraus, die man später „vorauseilenden Gehorsam“ nennen sollte.

I. Vorbemerkung

Die Geschichtswissenschaft der DDR war schon vor der „Wende“ Gegenstand der Forschung in der Bundesrepublik und im westlichen Ausland Bei aller Verschiedenartigkeit der Ansatzpunkte und des Erkenntnisinteresses stellte sich immer wieder die Frage nach dem politischen Kontext, somit nach Funktion und Aufgabe der Geschichtswissenschaft der DDR. Dabei war es Opinio communis, daß historische Forschung und Fehre im politischen und gesellschaftlichen System der DDR eine herausragende Rolle spielten. Ihre Bedeutung ergab sich aus dem Auftrag der SED-Führung an die Historiker, zur Fegitimierung ihrer Herrschaft und zur Bewußtseinsbildung der Bevölkerung beizutragen. Das durch diese Aufgabenstellung und Funktionszuweisung geprägte Verhältnis zwischen Politik und Geschichtswissenschaft war auch vor 1989/90 von außen durchaus erkennbar. Nicht erkennbar war dagegen, wie die SED ihre Beziehungen zur Geschichtswissenschaft im einzelnen gestaltete und mit welchen Mitteln und Methoden sie die Indienstnahme der Historie für die Bedürfnisse der Politik praktizierte.

Nachdem die Quellenlage bis 1989/90 weitgehend nur eine Betrachtung von außen zugelassen hatte, wurde es nach der Öffnung der DDR-Archive möglich, gewissermaßen eine Innenansicht der Geschichtswissenschaft der DDR zu gewinnen. Im Mittelpunkt der Betrachtungen soll dabei die mit der Verdrängung der „bürgerlichen“ Historiker und ihres Einflusses einhergehende Formierung der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft der DDR in den fünfziger Jahren stehen.

II. Die Formierung der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft der DDR

1. Der „Aufbau des Sozialismus“

Am 5. Juli 1952 wurde in Berlin das „Museum für Deutsche Geschichte“ eröffnet, das dazu ausersehen war, die Funktion einer zentralen Leit-und Koordinierungsstelle für die Historiographie der DDR zu übernehmen. Es handelte sich um den ersten Versuch der SED-Führung, ihre Bemühungen um Gleichschaltung der Geschichtswissenschaft mit Hilfe eines zentralen Lenkungsapparates zu institutionalisieren Es war kein Zufall, daß die Gründung des „Museums für Deutsche Geschichte“ im engen zeitlichen Zusammenhang mit der 2. Parteikonferenz der SED (9. -12. Juli 1952) erfolgte. Auf dieser Parteikonferenz -faktisch, wenn auch nicht formaliter einem Parteitag gleichzusetzen -wurde der „Aufbau des Sozialismus“ verkündet. Diese politische Zielsetzung verlangte nach besonderen Organisationen und Organen, und im Hinblick auf die Etablierung einer marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft war es nur konsequent, neue Strukturen aufzubauen. Sehr wichtig für die Umstrukturierung bzw. Reorganisation der Geschichtswissenschaft der SBZ/DDR war das bereits 1947 geplante und seit 1949 arbeitende Marx-Engels-Lenin-Institut. das von 1953 bis 1956 Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut hieß und das als Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED bis 1989 mit seinen Abteilungen für Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, für Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung und Betriebsgeschichte sowie für Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung einen wesentlichen Beitrag zur Indoktrinierung der Geschichtswissenschaft der DDR geleistet hat. Die ungewöhnliche Aufmerksamkeit, die die SED-Führung der Geschichtswissenschaft widmete, äußerte sich nicht nur in organisatorischen Maßnahmen, in Institutsneugründungen oder in der Umfunktionierung bestehender Institutionen, sondern auch und vor allem in ideologisch-politischen Vorgaben für die Geschichtswissenschaft. So wurde schon auf dem III. Parteitag der SED (20. bis 24. Juli 1950) der historischen Forschung und Lehre auffallend viel Raum gewährt Und in der auf dem 7. ZK-Plenum am 20. Oktober 1951 gefaßten „Entschließung“ waren die Historiker unter den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen die einzigen, die direkt angesprochen und denen sehr präzis umrissene Aufgaben zugewiesen wurden. Zu diesen Aufgaben gehörte der Auftrag, erstmals aus marxistisch-leninistischer Sicht ein mehrbändiges Lehrbuch der deutschen Geschichte zu schreiben

Die Ergebnisse dieser verbindlichen, Orientierung gebenden, möglichst umfassenden Geschichtsdarstellung standen übrigens von vornherein fest: „Die Geschichte Deutschlands beweist dem ganzen Volk das Verhängnisvolle des imperialistischen Weges und die Notwendigkeit friedlicher Zusammenarbeit mit den anderen Völkern Europas, insbesondere die Notwendigkeit der Freundschaft des deutschen Volkes mit den Völkern der großen Sowjetunion. Sie beweist auch, wie notwendig die Verwirklichung der führenden Rolle der Arbeiterklasse im Kampf des deutschen Volkes für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands ist. Der in dieser „Entschließung“ ebenfalls enthaltene Hinweis auf die „freiheitlichen, revolutionären Taten“, auf die „bedeutenden Leistungen der großen Söhne und Töchter des deutschen Volkes für die Entwicklung der deutschen Kultur und der Weltkultur“ signalisieren das Ende der bis dahin geltenden sog. Misere-Theorie und den Übergang zu einer gewissen nationalen Geschichtsbetrachtung, wie sie dann auf der 2. Parteikonferenz zur Richtschnur gemacht wurde

2. Die Historikerversammlungen nach dem 17. Juni 1953

Der auf dieser Parteikonferenz, wie bereits erwähnt, proklamierte „Aufbau des Sozialismus“ wurde ein knappes Jahr später durch den „Neuen Kurs“ vom 9. Juni 1953 (Aufhebung bzw. Abmilderung zahlreicher Beschlüsse und Verfügungen, die im Zuge der seit dem Juli 1952 verfolgten rigorosen Politik in der Wirtschaft und insbesondere in der Landwirtschaft, gegenüber den Kirchen, in der Justiz und in anderen Bereichen erlassen worden waren) und durch den Aufstand vom 16. /17. Juni zunächst einmal verlangsamt. Obwohl der Juni-Aufstand von 1953 ein Arbeiteraufstand war, an dem die Intellektuellen der DDR keinen nennenswerten Anteil hatten, war er doch ein Ereignis, das die Wissenschaftler bzw. die Lehr-und Forschungseinrichtungen nicht unberührt gelassen hatte.

Bald nach dem 17. Juni begannen an den Instituten ParteiVersammlungen, die über Wochen und Monate anhielten. In Leipzig fand eine Versammlung der Parteiorganisation der Historiker am 26. Juni 1953 statt, auf der Institutschef Ernst Engelberg die offizielle Charakterisierung des 17. Juni als „faschistischen Putsch“ zu rechtfertigen und zu begründen versuchte Er tat dies, indem er an die sog. Reichskristallnacht vom November 1938 und an die „Schläger-und Mord-kolonnen der SA schon aus den Jahren von vor 1933“ erinnerte. Im übrigen habe -so Engelberg in seinem Referat weiter -„der Beschluß über den planmäßigen Aufbau des Sozialismus in der DDR in der breiten Mitgliedschaft eine nie dagewesene Begeisterung ausgelöst“. Das war nichts anderes als Agitprop; aber eine Analyse der Ereignisse vom Juni 1953 war verständlicherweise nicht gefragt.

Auch bei den nachfolgenden „Diskussionen“ ging es nicht um eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte und Vorgeschichte des Juni-Aufstands, sondern um Disziplinierung der SED-Mitglieder mit Mitteln des Psychoterrors. Noch im September und Oktober 1953 wurden einzelne Parteimitglieder wegen ihres Verhaltens im Juni desselben Jahres zur Rechenschaft gezogen -so auch an der Leipziger Universität. Dort richteten sich die Vorwürfe u. a. gegen einen. Institutsmitarbeiter, der auf der ParteiVersammlung der Historiker (am 30. September 1953) gar nicht anwesend war; er war allem Anschein nach kurz vorher in die Bundesrepublik geflohen. Er habe, heißt es in dem Versammlungsprotokoll, „es vorgezogen, sich der Verantwortung zu entziehen“; seit „zwei Tagen fehlt von ihm jede Spur“ Ein anderer Mitarbeiter übte Selbstkritik und bekannte in der Parteiversammlung am 30. September 1953, daß seine „charakterliche Einstellung nicht kämpferisch“ sei, daß er „zur versöhnlerischen Haltung“ neige, „ein überhebliches Verhalten“ zeige und „leicht in Opposition“ trete. Trotz dieser öffentlich bekundeten Selbstbezichtigungen wurde von den Versammlungsteilnehmern weiter Druck auf ihn ausgeübt. Bei den gegen ihn erhobenen Vorwürfen spielte nicht nur sein Verhalten am 17. Juni -er habe sich nicht sofort bei der „Partei“ gemeldet sondern auch eine offensichtlich unbedachte Äußerung eine Rolle, die er im Juli 1953 in einem Gespräch mit einem Gastwirt an der Ostsee getan hatte. Immer wieder wurden ihm und einem weiteren Institutsmitarbeiter Überheblichkeit und Arroganz vorgeworfen, weil sie angeblich auf die gegen sie gerichteten Beschuldigungen und Fragen nicht in der gewünschten Weise eingegangen waren.

Diese Versammlung, an der auch ein Genosse der SED-Bezirksleitung teilgenommen hatte, wurde am 10. Oktober fortgesetzt. Diese Folgeveranstaltung, die ausweislich des Protokolls sechseinhalb Stunden dauerte (13. 00-19. 30 Uhr), hatte ganz offensichtlich das Ziel, die angegriffenen Parteimitglieder nicht nur zu maßregeln, sondern sie durch immer wieder verlangte Schuldbekenntnisse und Reuebezeigungen zu demütigen. Was die Maßregelungen betrifft, so wurde zweimal -auch der längst vermutlich in den Westen geflüchtete Mitarbeiter wurde noch „bestraft“ -der Ausschluß aus der SED und in einem Falle eine „strenge Rüge“, die zweithöchste Parteistrafe, ausgesprochen.

Daß diese -durchaus nach dem Muster solcher Veranstaltungen verlaufene -Prozedur mit ihren endlos langen Diskussionen nicht der Wahrheitsfindung und auch nicht der Befolgung demokratischer Regeln dienen sollte, liegt auf der Hand. Vielmehr war auch die Disziplinierung der nicht eigentlich im Mittelpunkt der „Diskussionen“ stehenden Genossen beabsichtigt, und zwar nicht nur derjenigen, die sich neben den Hauptbeschuldigten wegen des Vorwurfs, am 17. Juni „versagt“ zu haben, verantworten mußten, sondern auch aller übrigen Versammlungsteilnehmer, indem diese veranlaßt wurden, sich an den Angriffen gegen ihre Kollegen zu beteiligen. Durch ihre Einbeziehung in die Kampagne der Demoralisierung einzelner Historiker sollten sie selbst demoralisiert werden, sie sollten gefügig gemacht werden und verfügbar sein

Die Parteiversammlungen der Leipziger Historiker im Jahre 1953 verfolgten gewissermaßen auch noch einen Nebenzweck: Die Funktionäre der Universitätsparteileitung -und sicher auch darüber hinaus die der SED-Bezirksleitung Leipzig und die der Zentrale in Berlin -interessierten sich für die Tätigkeit des Leipziger Mediävisten Heinrich Sproemberg. Sein Name fiel wiederholt auf den Parteiversammlungen am 30. September und 10. Oktober 1953 sowie auch auf einer Parteileitungssitzung am 10. Februar 1954 Sproemberg war der Disziplin und Kontrolle der SED entzogen, da er nicht Parteimitglied war, und als „bürgerlicher“ Historiker wurden seine wissenschaftlichen Aktivitäten von den Funktionären mit Mißtrauen und Argwohn beobachtet. Die Historiker, die mit ihm zu tun hatten, sollten ihre Beobachtungen mitteilen und insbesondere über ihr Verhältnis zu Sproemberg sprechen. So wurde behauptet, er (und seine Sekretärin) stimmten darin überein, daß „sie unsere Republik nicht anerkennen“ er, Sproemberg, weigere sich, in den FDGB einzutreten, weil er schon zu alt und ein überzeugter Christ sei. Gefragt wurde auch, was „Prof. Sproemberg für eine Auffassung vom Staat“ habe Vor allem galten die Fragen den Westkontakten von Sproemberg bzw.den Kolloquien, die er mit westdeutschen Professoren durchführte. Die Mitarbeiter von Sproemberg wurden aufgefordert, „ihm zu beweisen, daß wir stärker sind“, und „stärker als bisher den marxistischen Standpunkt zu vertreten“. Die dabei zutage tretende distanzierte, stellenweise geradezu feindselige Haltung war in der Spätzeit der DDR kein Hindernis, Sproemberg -er starb 1966 -unter die „Wegbereiter der DDR-Geschichtswissenschaft“ einzureihen.

III. Ein Politbüro-Beschluß und seine Folgen

1. Ideologische Vorgaben der SED

Der „Aufbau des Sozialismus“, der auf der 2. Parteikonferenz im Juli 1952 proklamiert worden war, war gewissermaßen nur suspendiert; trotz des Kurswechsels und des Aufstands vom Juni 1953 blieb es bei diesem Ziel. Für die Geschichtswissenschaft der DDR bedeutete dies, daß sie weiterhin als Faktor der Bewußtseinsbildung und der Traditionspflege von großer Bedeutung war. Die Aufmerksamkeit, die die Parteiführung für diese Wissenschaftsdisziplin schon in der Vergangenheit gezeigt hatte, verstärkte sich noch. Der Parteiapparat war etwa seit dem Frühjahr 1954 mit einer größeren Ausarbeitung befaßt, die sowohl eine umfassende Bestandsaufnahme der Geschichtswissenschaft als auch sehr konkret formulierte Zielvorgaben für die Arbeit der Historiker zum Gegenstand haben sollte. Der Aufwand, der dabei getrieben wurde, war beträchtlich: Der Entstehungsprozeß währte mehr als ein Jahr, das Papier mußte mehrmals überarbeitet werden, und die Endfassung -es war der vierte Entwurf -umfaßte schließlich mehr als 30 Druckseiten.

Die Rede ist von dem Beschluß des Politbüros vom 5. Juli 1955 mit dem harmlos und unverfänglich klingenden, aber im Grunde irreführenden Titel „Die Verbesserung der Forschung und Lehre in der Geschichtswissenschaft der Deutschen Demokratischen Republik“ Es ging nämlich nicht allein um Fragen wissenschaftlicher oder wissenschaftsorganisatorischer Effizienz, sondern auch und vor allem um die Umfunktionierung der Historie zu einem Mittel der Politik. Oder anders ausgedrückt: Die durchaus vorhandenen wissenschaftsfördernden Ansätze waren dem Hauptziel, der Durchsetzung des Marxismus-Leninismus in der Geschichtswissenschaft der DDR, untergeordnet. So heißt es unter Abschnitt B „Die ideologischen Hauptaufgaben der Geschichtswissenschaft in der Deutschen Demokratischen Republik“: „Unsere Geschichtswissenschaft kann ihre nationale Aufgabe nur dann erfüllen, wenn sie auf der Grundlage der einzig wissenschaftlichen Theorie und Methode zur Erkenntnis der gesellschaftlichen Entwicklung, des von den größten Söhnen unseres Volkes, von Marx und Engels, ausgearbeiteten historischen Materialismus steht und ihn auf die Erforschung und Darstellung aller Probleme und Vorgänge der Geschichte unseres Volkes schöpferisch anwendet.“ Diese apodiktische Feststellung blieb nicht im Allgemeinen.

Wie „die Geschichte unseres Volkes wissenschaftlich richtig, in ihrem ganzen Reichtum und in ihrer Vielfalt darzustellen“ sei, wurde im folgenden sehr dezidiert erläutert. So sei es vor allem notwendig, „die Erforschung und Darstellung des sozialen und nationalen Freiheitskampfes der Werktätigen verstärkt fortzusetzen“ und insbesondere die Aufmerksamkeit „solchen Höhepunkten der revolutionären Traditionen unseres Volkes wie dem großen deutschen Bauernkrieg, dem Befreiungskrieg gegen die napoleonische Fremdherrschaft, der Revolution von 1848, der Novemberrevolution und dem Kampf der deutschen Arbeiterklasse gegen Imperialismus, Faschismus und Krieg zuzuwenden“ Erwähnt wurden übrigens in diesem Zusammenhang auch die „Freiheitskämpfe der Germanen gegen die römischen Sklavenhalter“, ein Thema, das pikanterweise Ulbricht bereits auf der 2. Parteikonferenz den Historikern zur Bearbeitung aufgetragen hatte

Themen wie diese, die sehr deutlich eine nationale und zugleich antiamerikanische Tonart (gegen die „Versklavungspolitik des USA-Monopolkapitals“ anschlugen, machen deutlich, wie sehr tagespolitische Bedürfnisse bei der Formulierung des sog. Geschichtsbeschlusses eine Rolle spielten. So wird unmißverständlich dekretiert: „Die fortschrittliche deutsche Geschichtswissenschaft ist eine scharfe ideologische Waffe bei der Erfüllung der vom IV. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands gestellten Aufgabe bei der Erziehung der Arbeiterklasse und aller Werktätigen im Geiste des Patriotismus und des proletarischen Internationalismus, im Kampf gegen die verderbliche Ideologie der imperialistischen und militaristischen Kräfte in Westdeutschland.“

Nicht nur wegen der ideologischen Vorgaben und der bis ins einzelne gehenden Vorschriften für die thematische Schwerpunktsetzung, sondern auch wegen der Anweisungen für zu ergreifende wissenschaftsorganisatorische Maßnahmen (auf die hier aus Raumgründen nicht besonders eingegangen werden kann) muß der Politbürobeschluß vom 5. Juli 1955, der sog. Geschichtsbeschluß, als das Schlüsseldokument für die DDR-Historiographie in der 2. Hälfte der fünfziger Jahre und darüber hinaus für deren Gesamtentwicklung gelten. Bemerkenswert ist nun, daß dies von der westli-eben DDR-Forschung kaum so wahrgenommen wurde. Auch sorgfältige Beobachter nahmen zwar Notiz vom „Geschichtsbeschluß“, ließen aber in der Regel eine ausführliche Beschäftigung mit diesem vermissen

Wahrscheinlich wird man sagen müssen, daß es bis 1990 Außenstehenden gar nicht möglich war, den Politbürobeschluß vom 5. Juli 1955 in seiner vollen Bedeutung für die Entwicklung der Geschichtswissenschaft der DDR zu erfassen und zu würdigen. Denn es war außerhalb der DDR nicht bekannt, wie die im „Geschichtsbeschluß“ enthaltenen Hinweise und Anweisungen der SED-Führung vollzogen wurden, wenn man einmal davon absieht, wie die -teils Richtliniencharakter tragenden, teils durch die Benennung einzelner Maßnahmen bereits konkretisierten -Vorgaben der Parteiführung in staatliche Vorschriften umgesetzt wurden. Worum es hier geht, sind die sog. Historikerberatungen, die die SED in den Jahren 1956 bis 1958 durchführte. Über diese Veranstaltungen wurden keine Tagungsberichte veröffentlicht, und so konnten sie in den Publikationen auch nicht als Bezugspunkt dienen. Man legte also keinen Wert auf irgendeine Form der Öffentlichkeit dieser Zusammenkünfte, und dies war aus der Sicht der SED-Führung durchaus begründet.

2. Der Parteiapparat und die Historiker

Vor allem der Verlauf der ersten dieser drei Historikerkonferenzen -sie fand am 12. Januar 1956 in Berlin statt -war überhaupt nicht durch die Abfolge von Proklamation und Akklamation, sondern vielmehr durch kontrovers geführte Diskussionen bestimmt. Es zeigte sich, daß zumindest ein großer Teil der maßgeblichen Historiker, die -wohlgemerkt! -sämtlich der SED angehörten, die mit dem „Geschichtsbeschluß“ vorgezeichnete und durch das umfassende Einführungsreferat verdeutlichte Linie nicht widerspruchslos akzeptierte. Diese Historiker wehrten sich gegen geistige Bevormundung und ungerechtfertigte Kritik mit Widerspruch und Gegenkritik Mit ihrer Gegen-kritik, d. h. mit ihrer Kritik an der Parteiführung und am Parteiapparat, konnten die Historiker auf Mißstände und Fehlentwicklungen hinweisen, für die die SED-Spitze selbst verantwortlich war. Dabei handelte es sich um die Projektion von Gegenwartsfragen in die Vergangenheit ebenso wie um die Vernachlässigung der Arbeit in den Archiven, die Geringschätzung der Hilfswissen-schäften und der Fremdsprachen bei der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und den Umgang mit den „bürgerlichen“ Historikern.

Dies waren Mängel, die im Gefolge der Politisierung der Geschichtswissenschaft aufgetreten waren und von denen nicht klar war, wie sie abzustellen sein würden, da der Politbürobeschluß vom Juli 1955 und die Historikerkonferenzen der Jahre 1956 bis 1958 keinem anderen Zweck dienen sollten, als eben diese Politisierung fortzusetzen und zu forcieren. Zwar hatten die „führenden Genossen Historiker“ -unter ihnen Ernst Engelberg, Jürgen Kuczynski und Leo Stern -auf der Historikertagung von 1956, an der übrigens auch Kurt Hager, der für Wissenschaft und Kultur zuständige ZK-Sekretär, teilnahm, ihre Einwände und Gegen-vorstellungen sehr deutlich und bestimmt zum Ausdruck gebracht; aber bereits auf der nächsten Zusammenkunft, die am 20. Februar 1957 stattfand, wagten die Historiker keinen Widerspruch mehr Sehr schnell fanden sie sich diesmal dazu bereit, die Forderungen und Vorwürfe des Partei-apparats zu akzeptieren; statt Gegenkritik übten sie Selbstkritik. Immerhin hatte der Vertreter der Abteilung Wissenschaften des ZK zuvor in seinem -wieder langatmigen -Referat u. a. einige Sitzungsteilnehmer ideologischer Abweichungen beschuldigt. Er hatte sich mit dem „Auftreten falscher und schädlicher theoretischer Ansichten in verschiedenen Wissenschaftsgebieten“ befaßt und die Mahnung ausgesprochen, „sorgsam und verantwortungsbewußt auf die Reinhaltung der marxistisch-leninistischen Theorie auch in der Geschichtswissenschaft zu achten“

Vordergründig richtete sich die Kritik gegen den „kleinbürgerlich-idealistischen Charakter“ der Philosophie Ernst Blochs. Im Hintergrund stand die auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 eingeleitete Entstalinisierung, die auch in der DDR an manchen Stellen das Eis vorübergehend hatte schmelzen lassen. Nicht zuletzt unter dem Eindruck des Aufstands in Ungarn im Herbst 1956 wurden in der DDR die Tendenzen zur Reglementierung des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens wieder stärker. Gegenströmungen versiegten schnell, und diejenigen in der DDR, die Ansätze für ein weniger dogmatisches Denken vertraten, resignierten rasch und fügten sich in das Unvermeidliche (oder scheinbar Unvermeidliche). 1956 waren in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ (ZfG) einige Beiträge erschienen, die sich in methodologischer und theoretischer Hinsicht durchaus auf den historischen Materialismus berufen konnten, die sich aber nicht an den dogmatischen Denkschemata der Stalinzeit orientierten. Die Autoren, Joachim Streisand und Jürgen Kuczynski sowie Chefredakteur Fritz Klein wurden deswegen auf der Historikertagung vom Februar 1957 zur Rechenschaft gezogen. Klein wurde -ebenso wie Streisand, der auch der Redaktion der ZfG angehörte -wenige Wochen später als Schriftleiter abgelöst. Ihm wurde zum Verhängnis, daß er die Aufsätze von Kuczynski und Streisand nicht dem Redaktionskollegium vorgelegt hatte Von seiner Entlassung erfuhr Klein am Ende einer Sitzung des ZfG-Redaktionskollegiums, zu der man allerdings den „bürgerlichen“ Professor Eduard Winter, das einzige parteilose Kollegiumsmitglied, nicht eingeladen hatte. An der Sitzung nahmen außerdem als Vertreter der Abteilung Wissenschaften des ZK der SED Rolf Dlubek und Raimund Wagner teil. Dlubek war es, der den Anwesenden, mitteilte, „daß die Abteilung Wissenschaften des ZK der Meinung ist, den Genossen Klein aus den bekannten Gründen mit sofortiger Wirkung als Chefredakteur zu beurlauben“ Klein war von seiner Amtsenthebung -denn darum handelte es sich realiter -ebenso überrascht wie seine Redaktionskollegen Von diesen mußten ebenfalls einige ihren Platz in dem Redaktionsgremium räumen, nicht nur -wie schon erwähnt -Joachim Streisand. Auch über die Zusammensetzung des neuen Redaktionskollegiums und die Bestellung des Nachfolgers von Klein fiel die Entscheidung im Parteiapparat

3. Der Fall Mühlpfordt

Zu denen, die 1957 aus dem Redaktionskollegium der ZfG ausscheiden mußten, gehörte Günter Mühlpfordt. Der an der Universität Halle lehrende Professor für Osteuropäische Geschichte war schon auf der Historikerkonferenz vom Januar 1956 kritisiert, eigentlich muß man sagen: attakkiert worden. Dlubek hatte ihm damals in seinem Einleitungsreferat vorgehalten, er vernachlässige die „Auseinandersetzung mit der reaktionären westdeutschen Geschichtsschreibung“ (weil er die Veröffentlichungen seiner westdeutschen Kollegen lediglich unter wissenschaftlichen Aspekten und nicht „klassenkämpferisch“ akzentuiert rezensierte) und mit diesem Vorwurf die Drohung verbunden, er, Mühlpfordt, habe unter diesen Umständen „seinen Beruf als Historiker verfehlt, bei uns in der DDR“. Auch wenn Hager, der ja auf dieser Historikertagung anwesend war, die Äußerung Dlubeks für „sehr überspitzt“ hielt -das Kesseltreiben gegen Mühlpfordt ging weiter.

Auf der Historikerkonferenz vom 24. Januar 1958 wurde er erneut vom ZK-Apparat scharf angegriffen Bei dieser Konferenz ging es vor allem um ein -ungedruckt gebliebenes -Manuskript, das Mühlpfordt anläßlich des Jahrestages der russischen Oktoberrevolution geschrieben hatte Süffisant setzte sich Raimund Wagner, als Nachfolger Dlubeks in der Abteilung Wissenschaften nun für die Geschichtswissenschaft zuständig, mit diesem Manuskript auseinander, indem er in bewußt sinn-entstellender Weise aus dem Text zitierte und referierte. Und schließlich wurde Mühlpfordt aufgefordert, sich einem ernsten Studium des Marxismus-Leninismus zuzuwenden".

Zu diesem Zeitpunkt (Januar 1958) dürfte das Schicksal Mühlpfordts als Hochschullehrer bereits besiegelt gewesen sein. Noch bevor die Attacken des ZK-Apparats bzw.der Abteilung Wissenschaften im Januar 1956 begannen, wurde Mühlpfordt vom Staatssicherheitsdienst der DDR beobachtet; seit dem Jahr 1954 ist diese Bespitzelung nachweisbar. Es wurde eine große Zahl von „Geheimen Informanten“ und „Geheimen Hauptinformanten“ -so die damaligen Bezeichnungen -sowie von „Geheimen Mitarbeitern“, die Schlüsselpositionen an der Universität Halle innehatten, zur Überwachung von Mühlpfordt eingesetzt Ausgeforscht wurde nicht nur Mühlpfordt selbst, sondern auch sein Institut, wobei das besondere Interesse den Mitarbeitern von Mühlpfordt galt, die nicht Mitglied der SED waren. Mühlpfordt selbst gehörte der SED an (sonst wäre er nicht zu den „Historikerberatungen“ hinzugezogen worden), wurde aber auf direkte Veranlassung von Ulbricht im April 1958 aus der Partei ausgeschlossen Gleichzeitig wurde er mit sofortiger Wirkung aus allen Universitätsämtern entfernt und erhielt Lehrverbot; auch dies ging auf eine Weisung von Ulbricht zurück Zweifellos sollte an einem Unangepaßten ein Exempel statuiert werden. Warum aber gerade an Mühlpfordt? Seine kompromißlose Haltung als Gelehrter -er wollte der gewissenhaft arbeitende Historiker bleiben -ließ ihn nicht den Weg gehen, den seine ebenfalls angegriffenen Kollegen gegangen waren: Er verweigerte die von ihm geforderte Selbstkritik, weil er wußte, daß dies die Unterwerfung unter den Willen der Partei bedeutet hätte. Außerdem war Mühlpfordt -anders als etwa Kuczynski, dem man 1957 einiges nachgesehen hatte -kein Altkommunist; er war als SPD-Mitglied 1946 zur SED gekommen.

IV. Schlußbemerkung

Der SED-Führung war es in den fünfziger Jahren im großen und ganzen gelungen, die Geschichtswissenschaft ihren Zielen unterzuordnen und sich die Historiker, soweit sie nicht zur Flucht getrieben oder aus ihren Ämtern verdrängt wurden, gefügig zu machen. Dies geschah sowohl durch die Umstrukturierung der Vorgefundenen Wissenschaftsorganisation -auf die Gründung der Historiker-Gesellschaft der DDR im März 1958 (damals „Deutsche Historiker-Gesellschaft“ genannt) kann hier nicht näher eingegangen werden -als auch durch die Indoktrinierung und mehr noch eigentlich durch die Disziplinierung der Historiker.

Bewußt wurde dabei mit den Mitteln der Diffamierung und Diskreditierung gearbeitet. Die SED-Führung bzw.der ZK-Apparat mußte ja die wissenschaftliche Reputation des Angegriffenen beschädigen, um wenigstens scheinbar die Abberufung aus akademischen Ämtern zu rechtfertigen. Vor allem aber zielten die endlos langen Parteiversammlungen -auch die sog. Historikerberatungen waren im Grunde Parteiversammlungen, da nur Genossen eingeladen waren -mit der üblichen Prozedur von Kritik und Selbstkritik auf die Demütigung der zu Maßregelnden. Daß junge, wissenschaftlich überhaupt nicht ausgewiesene Parteifunktionäre renommierte Hochschullehrer in betont unhöflich-arroganter Weise und in schulmeisterlicher Manier zurechtweisen durften, muß geradezu als eine systemspezifische Erscheinung gelten.

Obwohl manches hier nur angedeutet, vieles nicht einmal erwähnt werden konnte dürfte deutlich geworden sein, daß in den fünfziger Jahren der Grund für die weitere Entwicklung der Geschichtswissenschaft der DDR gelegt worden ist. Damals sind die Strukturen geschaffen worden, die bis zum Ende des SED-Regimes existiert haben und wirksam gewesen sind. Und die persönliche Kontinuität in diesen Strukturen war z. T. erstaunlich: Die Abteilung Wissenschaften des ZK der SED wurde seit den fünfziger Jahren von Hannes (recte Johannes) Hornig geleitet, und der -1969 gegründete -Rat für Geschichtswissenschaft arbeitete vom ersten bis zum letzten Tage unter dem Vorsitz von Ernst Diehl.

Nach der Maßregelung der Historiker, die 1956/57 widerständig-unangepaßtes Verhalten gezeigt hatten, gab es kein Aufbegehren oder auch nur offenen Widerspruch gegen die Entscheidungen des Parteiapparats mehr. Es bildete sich unter den Historikern eine Verhaltensweise heraus, die man späte? „vorauseilenden Gehorsam“ nennen sollte. Insofern war die gelegentlich geäußerte Vorstellung, die Wissenschaften in der DDR könnten ein Eigenleben oder gar eine Eigendynamik entwikkeln und gleichsam als Korrektiv in der Gesellschaft wirken, schon vor der „Wende“ abwegig. Eine solche Vorstellung ist 1989 vollends durch die Geschichte widerlegt worden, zumal seinerzeit die Ratlosigkeit nicht nur der Geschichtswissenschaft angesichts des Niedergangs der SED-Herrschaft ganz offenkundig war.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Alexander Fischer/Günther Heydemann (Hrsg.), Geschichtswissenschaft in der DDR. Bd. I: Historische Entwicklung, Theoriediskussion und Geschichtsdidaktik; Bd. II: Vor-und Frühgeschichte bis Neueste Geschichte, Berlin 1988 und 1990; vgl. auch den Literaturbericht von Rainer Eckert, Die Geschichtswissenschaft der DDR im Deutschland Archiv; in: Deutschland Archiv, 28 (1995) 9, S. 948 ff.

  2. Aufschlußreich ist ein Bericht über eine Historikertagung, auf der es nicht einmal am Rande um museologische Probleme, sondern ausschließlich darum ging, Maßstäbe für die ideologische Ausrichtung der Historiker im Sinne des Marxismus-Leninismus zu setzen: Bericht vom 14. 6. 1952. Bundesarchiv Potsdam DR-3 4057.

  3. Vgl. Protokoll der Verhandlungen des III. Parteitages der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. 2 Bde., Berlin (Ost) 1951.

  4. Vgl. Die wichtigsten ideologischen Aufgaben der Partei, in: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), Bd. III. S. 570 ff., hier S. 581 ff.

  5. Ebd. S. 581.

  6. Auf die sog. Misere-Theorie und die nationale Geschichtsbetrachtung kann hier nicht näher eingegangen werden: vgl. dazu Ulrich Neuhäußer-Wespy, Erbe und Tradition in der DDR. Zum gewandelten Geschichtsbild der SED. in: A. Fischer/G. Heydemann (Anm. 1), Bd. 1, S. 129 ff., hier S. 131 ff.

  7. ZPA IV 2/9. 04/96. Zur Vereinfachung der Zitierweise wird auch im folgenden das Kürzel ZPA verwendet; das Zentrale Parteiarchiv (der SED) befindet sich jetzt in der Obhut der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO BArch.).

  8. Ebd.

  9. Ebd.

  10. Der Historiker Karlheinz Blaschke, Dresden, nannte in einem Gespräch mit dem Autor (am 22. 2. 1993 in Friedewald bei Dresden) die Zugehörigkeit zur SED ein „teuflisches System“, das die Parteimitglieder manipulierbar gemacht habe, das zu verlassen aber Beruf und Karriere gefährdet hätte.

  11. Vgl. ZPA IV 2/9. 04/96.

  12. Protokoll der Parteileitungssitzung vom 10. 2. 1954, ebd.

  13. Ebd.

  14. Gerhard Heitz/Manfred Unger, in: Wegbereiter der DDR-Geschichtswissenschaft. Biographien, Berlin (Ost) 1989, S. 300 ff.

  15. Der vollständige Text findet sich im ZPA an zwei Stellen, und zwar unter den Signaturen J IV 2/2/428 und IV 2/9. 04/134. In gekürzter Fassung ist der Beschluß veröffentlicht in: Dokumente der SED (Anm. 4), Bd. V (1956), S. 337 ff.; Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZfG, 3 (1955) 4, S. 507 ff. Vgl. dazu Ulrich Neuhäußer-Wespy, Die SED und die Historie. Die Etablierung der marxitisch-leninistischen Geschichtswissenschaft der DDR in den fünfziger und sechziger Jahren, Bonn 1996 (;. E.), vor allem auch Horst Haun, Der Geschichtsbeschluß der SED 1955. Programmdokument für die „volle Durchsetzung des Marxismus-Leninismus“ in der DDR-Geschichtswissenschaft, in: Berichte und Studien, Nr. 7/1996 des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden.

  16. Zitate sämtlich aus Abschnitt B des „Geschichtsbeschlusses“ (Anm. 15).

  17. Protokoll der Verhandlungen der II. Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin (Ost) 1962, S. 120.

  18. Abschnitt B des „Geschichtsbeschlusses“ (Anm. 15).

  19. So beispielsweise Günther Heydemann, Geschichtswissenschaft im geteilten Deutschland. Entwicklungsgeschichte, Organisationsstruktur, Funktionen, Theorie-und Methoden-probleme in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR, Frankfurt a. M. u. a. I 9H 0, S. 153.

  20. Vgl. ZPA IV 2/9. 04/133.

  21. Vgl. ZPA IV 2/9. 04/134.

  22. Ebd. Zu Aufbau, Struktur und Arbeitsweise der Abteilung Wissenschaften und der von Kurt Hager geleiteten Ideologischen Kommission beim Politbüro der SED vgl. Ulrich Neuhttußer-Wespy, Der Parteiapparat als zentrale Lenkungsinstanz der Geschichtswissenschaften der DDR in den fünfziger und sechziger Jahren, in: Martin Sabrow/Peter Th. Walther (Hrsg.), Historische Forschung und sozialistische Diktatur, Beiträge zur Geschichtswissenschaft der DDR, Leipzig 1995, S. 144 ff.

  23. Joachim Streisand, Kategorien und Perspektiven der Geschichte, in: ZfG, 4 (1956) 5, S. 889 ff., hier S. 895 ff.

  24. Jürgen Kuczynski, Parteilichkeit und Objektivität in Geschichte und Geschichtsschreibung, in: ZfG, 4 (1956) 5, S. 873 ff. Von ihm ist in ZfG, 5 (1957) 1, S. 1 ff. ein weiterer Aufsatz erschienen: Der Mensch, der Geschichte macht. Zum 100. Geburtstag von G. W. Plechanow am 11. Dezember 1956.

  25. Vgl. Gegenwartsaufgaben der Geschichtswissenschaft in der Deutschen Demokratischen Republik (redaktioneller Beitrag), in: ZfG, 5 (1957) 3, S. 449 ff., hier S. 454.

  26. ZPA IV 2/9. 04/114; vgl. auch Fritz Klein, Dokumente aus den Anfangsjahren der ZfG (1953-1957), in: ZfG, 42 (1994) 1, S. 39 ff., hier S. 52 f.

  27. Mitteilung von Klein in einem Gespräch mit dem Verfasser am 13. 4. 1994 in Berlin.

  28. ZPA IV 2/9. 04/114; vgl. hierzu auch Ulrich Neuhäußer-Wespy, Die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1956/57. Zur Disziplinierung der Historiker durch die SED in den fünfziger Jahren, in: Deutschland Archiv, 29 (1996) 4, S. 569 ff.

  29. ZPA IV 2/9. 04/133.

  30. Ebd.

  31. Vgl. ZPA IV 2/9. 04/135.

  32. Es handelt sich um das Manuskript „Vom Wittenberger Oktober 1517 zum Petrograder Oktober 1917. Über das Problem Revolution und Jahreszeit", mit dem Mühlpfordt den Bogen von der Reformation Luthers zur bolschewistischen Oktoberrevolution schlagen wollte. Dies und der Hinweis auf die Bedeutung der Witterungsverhältnisse für das revolutionäre Geschehen waren nach marxistisch-leninistischem Geschichtsverständnis gleichsam ein Sakrileg. 33 Vgl. ZPA IV 2/9. 04/135.

  33. Briefliche Mitteilungen von Mühlpfordt an den Autor vom 26. 1. 1996 und vom 21. 6. 1996.

  34. Der erste von der Parteigruppe bzw. vom Parteigruppenorganisator des Instituts für Geschichte der Völker der UdSSR formulierte Ausschlußantrag ist datiert vom 16. 4. 1958 und umfaßt 17 Schreibmaschinenseiten; vgl. Landes-archiv Merseburg, Bestand SED-Bezirksleitung Halle IV/2/902/1404.

  35. Gespräch des Autors mit Mühlpfordt am 26. 10. 1992 in Halle. Vgl. hierzu auch Horst Haun, Aus einem Leben für die Wissenschaft: Günter Mühlpfordt -ein Historikerschicksal in der DDR, in: Erich Donnert (Hrsg.), Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt zum 75. Geburtstag, Köln u. a. 1996 (i. E.).

  36. Vgl. hierzu ausführlich U. Neuhäußer-Wespy (Anm. 15).

Weitere Inhalte

Ulrich Neuhäußer-Wespy, Dr. phil., M. A., geb. 1934; Studium der Mittleren und Neueren Geschichte, der Politischen Wissenschaft und der Osteuropäischen Geschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg. Veröffentlichungen u. a.: Die SED und die Historie. Die Etablierung der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft der DDR in den fünfziger und sechziger Jahren (i. E.); zahlreiche Aufsätze zu Problemen der Geschichtswissenschaft und des Geschichtsbildes der DDR.