I. Vorbemerkungen
Im Dezember 1995 erklärte die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) den Begriff „Multimedia“ zum Wort des Jahres. Die obersten „Sprachwächter“ reagierten damit auf die rapide Vervielfachung des Gebrauchs dieses Wortes in der deutschen Öffentlichkeit Hierzu haben viele Seiten beigetragen: Zunächst Wirtschaft und Industrie (vor allem mit ihren Werbekampagnen sodann der Deutsche Bundestag die Bundesregierung und die Landesregierungen gesellschaftliche Organisationen wie Gewerkschaften und Kirchen ferner wissenschaftliche Fachkommissionen schließlich Buchpublikationen und selbstverständlich einschlägige Veranstaltungen und Kongresse sowie die Massenmedien (Presse, Hörfunk. Fernsehen) selbst
Die steile Karriere des Begriffs „Multimedia“ ist somit Zeichen für eine unter starke Dynamik geratene kommunikationstechnologische Entwicklung bzw. für die gesellschaftliche Debatte darüber. Dabei liegt der letzte Schub dieser Entwicklung erst wenige Jahre zurück: Kabel und Satellit machten Übertragungstechniken verfügbar, die seit den achtziger Jahren zu einer Expansion und zu einem tiefgreifenden Strukturwandel des deutschen Mediensystems führten. Gefördert wurde beides durch eine (rechtliche) Deregulierung und eine Öffnung auch des elektronischen Mediensektors für mehr Wettbewerb. Es entstand hierzulande das duale Rundfunksystem, in dem öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanbieter miteinander konkurrieren
Diese weitreichenden Veränderungen dürften von den jetzt und künftig zu erwartenden noch übertroffen werden. Mit dem Begriff „Multimedia“ ist gemeint, daß bisher getrennte Kommunikations-techniken (sozusagen „Unimedien“) miteinander verschmelzen. Es findet eine Integration von gesprochener Sprache, Text, Video, Audio, Telekommunikation, Unterhaltungselektronik und Computertechnik statt. Dadurch verändern sich die uns bekannten Formen menschlicher (und medialer) Kommunikation tiefgreifend. Nicht nur, daß die Kommunikationsangebote weiter anwachsen werden, die Integration führt zugleich zu ganz neuen Angebots-und Nutzungsformen. Einen Überblick darüber zu vermitteln ist Ziel dieser Darstellung. Dabei geht es um folgende Fragen: Welches sind die technischen und politischen Voraussetzungen für Multimedia? Von wo kommen äußere Anstöße zu seiner Entwicklung bei uns? Welche neuen Anwendungs-und Nutzungsformen gibt es? Wie verändern sich dadurch die „alten“ Medien? Und welches sind schließlich die Problemfelder von Multimedia? Aufgrund des begrenzten Raums lassen sich dazu nur die wichtigsten Fakten benennen.
II. Technische Voraussetzungen
Die Möglichkeiten der multimedialen Verschmelzung gründen -wie stets in der Geschichte menschlicher Kommunikation -in technischen Voraussetzungen. Entsprechende Innovationen haben die Kommunikation immer wieder beschleunigt, erweitert, vielseitiger und effektiver gemacht. Was Multimedia angeht, so liegen die technischen Voraussetzungen auf mehreren Ebenen: den elektronischen Kodierungs-und Übertragungsformen, den Übertragungswegen, den Zusatzgeräten und den multimedialen Endgeräten.
1. Digitalisierung und Datenkonipression
Die grundlegende Voraussetzung für die neuerliche Kommunikationsrevolution ist die Digitalisierung Dabei werden elektronische Signale nicht mehr analog (mit entsprechender Schwingungsbreite) übertragen, sondern in eine Folge von binären Zeichen (0 und 1) umgewandelt. Dies erlaubt nicht nur eine störungsfreie Übertragung und somit eine Qualitätssteigerung des Empfangs von Ton und Bild. Vielmehr eröffnet die Digitalisierung die Möglichkeit, die für die Übertragung notwendigen Signale zu reduzieren. Unwichtige Signale können weggelassen werden -etwa jene, die man mit normalem Auge nicht wahrnimmt, oder jene, die in einer Bildfolge gleichbleiben. Nur auf die relevanten und sich verändernden Punkte eines Bildes kommt es demnach an. Auf diese Weise findet eine Datenkompression statt, die den Kapazitätsund Speicherbedarf von Übertragungstechniken wesentlich verringert (bis zu 95 Prozent). Praktisch bedeutet dies, daß eine beträchtliche Vermehrung der elektronischen Dienstleistungen und Programmangebote möglich ist.
2. Übertragungswege
Zur Übertragung der digital kodierten Ton-und Bildsignale sind entsprechend taugliche und leistungsfähige Übertragungswege erforderlich. Hierfür gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: terrestrisch über ein schmal-oder breitbandiges Kabelnetz oder orbital über digitale Satelliten. In Deutschland bietet die Telekom seit März 1989 das Integrated Services Digital Network (ISDN) als diensteintegrierendes digitales Fernmeldenetz an. Ermöglicht wird dadurch, auf einem einzigen Basisanschluß mehrere getrennte Dienste ablaufen zu lassen Während z. B. auf einem Kanal telefoniert wird, kann gleichzeitig auf einem anderen ein Fax gesendet werden. Hinzu kommen weiterer Telefonkomfort sowie eine Beschleunigung des Datentransfers zu den angeschlossenen Geräten, etwa einem PC. Daneben stehen digitale Satelliten zur Übertragung zur Verfügung Der erste -Astra 1 E -wurde im Oktober 1995 ins Weltall geschossen. Er wird betrieben von der Societe Europeenne de Satellites (SES), die in Luxemburg ansässig ist und bisher die Vorherrschaft auf dem europäischen Satellitenmarkt hat. Im April 1996 folgte mit Astra 1 F ein weiterer. Über ihre Transponder (Kanäle) können infolge von Datenkompression größere Pakete von Programmen (bis zu mehreren hundert) ausgestrahlt werden. Mittlerweile ist den Astra-Satelliten aber ein Konkurrent erwachsen. Eutelsat, die Gemeinschaftsorganisation der europäischen Telekommunikationsgesellschaften, hat den Satelliten Hot Bird 1 im All positioniert. Er erlaubt, digitale und analoge Signale zugleich zu übertragen.
3. Zusatzgeräte
Um die digital übermittelten Signale beim Fernsehgerät wieder in analoge zurückzuverwandeln, ist ein eigenes Zusatzgerät erforderlich, das als Set-Top-Box, Integrated Receiver Decoder (IRD) oder einfach nur als Decoder bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um einen kleinen leistungsfähigen Computer in der Größe eines Videorecorders. Die Konstruktion und Produktion der Set-Top-Box war nicht nur eine technische Angelegenheit, sondern hat auch rechtliche und organisatorische Probleme aufgeworfen. Nachdem das anfänglich geplante Zusammengehen zwischen Bertelsmann, der Kirch-Gruppe und der Deutschen Telekom am Einspruch der Europäischen Kommission gescheitert war, spitzte sich 1995 die Konkurrenzsituation zwischen der Kirch-Gruppe, welche die d-Box entwickeln ließ, und der neu geschaffenen Multimedia-Betriebsgesellschaft (MMBG) zu, in der sich Bertelsmann, der französische Pay-TV-Sender Canal plus, ARD, ZDF, RTL, die CLT sowie die Deutsche Telekom zusammengeschlossen haben. Außer um wirtschaftliche Vorteile ging es dabei um die Frage, wie ein offener, diskriminierungsfreier Zugang aller potentiellen Anbieter von digitalen Programmen und Dienstleistungen sichergestellt werden kann
4. Endgeräte
Die Verschmelzung von Unterhaltungselektronik, Telekommunikation und Computertechnik verlangt letztlich entsprechende multimediale Endgeräte. Sie müssen für die Integration der verschiedenen technischen Leistungen tauglich sein. Solche Geräte sind inzwischen auch schon im Angebot. Im Frühsommer 1995 brachten Siemens Consumer Electronics und Siemens Nixdorf das Gerät FD 200 M 6 (Multimedium Scenic) auf den Markt Das Neue daran ist die Vereinigung von Funktionen eines Fernsehgerätes mit denen eines Personal Computers. Dadurch ist gewissermaßen ein „intelligentes Fernsehgerät“ entstanden. Es umfaßt einen PC mit CD-ROM-Laufwerk, Datex-J-Anschluß, Fax, Anrufbeantworter, Radio-und Fernsehempfänger. Als unbefriedigend wird noch der relativ kleine Bildschirm empfunden.
III. Politische Voraussetzungen
Die entscheidende politische Voraussetzung für die Entwicklung von Multimedia ist die Liberali sierung der Telekommunikation. Daß diese bisher -zumindest nach deutscher Tradition -in die organisatorische Zuständigkeit des Staates fiel, hat sich inzwischen als hinderlich erwiesen. Sowohl aus technischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen ist eine Deregulierung der Telekommunikation wünschenswert, ja erforderlich. Technisch lassen sich z. B. Informationsübertragung, die bislang im Monopolbereich der Post zu erfolgen hatte, und die InformationsVerarbeitung, die im Prinzip der freien Betätigung offensteht, nicht mehr voneinander trennen. Auch läßt sich das technische Innovationspotential nicht mehr in einer Monopolwirtschaft ausschöpfen.
In einem ersten Schritt, der Postreform I, war die Bundespost 1988 in drei Unternehmenseinheiten mit eigenen Informationsstrukturen aufgegliedert worden: die Telekom, den Postdienst und die Post-bank. Die Bundespost blieb noch ein staatliches Unternehmen, doch wurden zukunftsträchtige Teilbereiche wie Mobilfunk und Satellitenkommunikation in den freien Wettbewerb entlassen. Weitere Initiativen zur Deregulierung gingen dann von der Europäischen Union (EU) aus. Im Juni 1993 einigten sich die zuständigen Minister darauf, das Netzmonopol zum 1. Januar 1998 aufzuheben.
Zur Umsetzung dieser Intention bedurfte es in der Bundesrepublik Deutschland eines neuen Telekommunikationsgesetzes. Dieses wurde von der Bundesregierung im Frühjahr 1996 vorgelegt. Vorausgegangen war eine längere Diskussion, in der die Parteien z. T. unterschiedliche Positionen vertraten. Kontroversen gab es vor allem um die Sicherung des Universaldienstes, das Wegerecht und die Errichtung einer Regulierungsbehörde. Künftig muß jedem Antragsteller, der die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit besitzt, eine Lizenz zum Betreiben von Telekommunikationsdienstleistungen erteilt werden (§ 6) *Einem Unternehmen, das über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, kann die Verpflichtung zu Universaldiensten auferlegt werden (§ 18). Dafür kann das Unternehmen einen Ausgleich verlangen (§ 19). Öffentliche Verkehrswege dürfen von Lizenznehmern unentgeltlich genutzt werden (§ 47). Zur Wahrnehmung der sich aus dem Gesetz ergebenden Aufgaben wird eine Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post als oberste Bundesbehörde errichtet (§ 65 ff).
Dem vom Bundestag am 13. Juni 1996 mit großer Mehrheit beschlossenen Telekommunikationsgesetz verweigerte der Bundesrat zunächst seine Zustimmung und rief den Vermittlungsausschuß an. Nachdem dort eine Einigung über noch strittige Punkte (z. B. bei der Lizenzierung zu beachtende Regulierungsziele) erreicht wurde, kann das Gesetz in Kraft treten.
IV. Anstöße und Initiativen
1. Die National Information Infrastructure (Nil) der USA
Wesentliche Antriebe zur Entwicklung von Multimedia gehen von den USA aus. Schon in seinem Wahlkampf 1992 machte Präsident Clinton die Kommunikationstechnologie zu einem Hauptthema. Vizepräsident Al Gore erklärte in einer historischen Rede im September 1993 den Ausbau der Informationsinfrastruktur zu einem nationalen Ziel ersten Ranges. Dabei gebrauchte er den inzwischen gängig gewordenen Ausdruck des Information Superhighway (zu deutsch: Daten-autobahn). Gemeint ist damit die flächendeckende Vernetzung privater Haushalte und öffentlicher Einrichtungen, wodurch die Basis für eine umfassende Informationsversorgung der Gesellschaft geschaffen werden soll
Zur Förderung dieses Zieles ergriff die Clinton/Gore-Administration finanzielle und rechtliche Maßnahmen. Sie erklärte sich bereit, die Entwicklung der Informationstechnologie für die Netzinfrastruktur aus öffentlichen Mitteln in Höhe von etwa 1, 2 Milliarden US-Dollar auf zehn Jahre zu unterstützen. Verglichen mit den aus dem Privat-sektor erwarteten Investitionen ist das zwar nicht allzuviel. Aber die Rolle des Staates liegt ohnehin primär darin, das Umfeld und günstige Bedingungen für die private Industrie zu bereiten, z. B. durch Beseitigung rechtlicher und regulatorischer Restriktionen. Dies ist Anfang 1996 durch ein neues Telekommunikationsgesetz (Telecommimications Bill) geschehen. Die bestehende Regulierung der Telefongesellschaften wurde aufgehoben, die Beteiligungsgrenzen für Medienunternehmen (bis auf drei Ausnahmen) ebenfalls.
Die amerikanische Regierung hat darüber hinaus den Aktionsplan für ein weltweites Informationssystem verfolgt, das die örtlichen Netze zu einer globalen Informationsstruktur verbinden soll. Die Vision einer Global Information Infrastructure (G 11) wurde im Frühjahr 1995 auf der G-7-Konfe-renz in Brüssel zu einer gemeinsamen Sache der führenden Industrienationen gemacht.
2. Initiativen der Europäischen Union
Initiativen, den neuen Informationstechnologien zur Entfaltung zu verhelfen und ihr wirtschaftliches Potential auszuschöpfen, hat auch die Europäische Union ergriffen. Zum einen bewegen sich diese Anstöße auf politischer Ebene, um die dafür wünschenswerten Rahmenbedingungen herzustellen. Zum anderen handelt es sich um konkrete Förderungsprogramme. Eine Kommission renommierter Persönlichkeiten unter dem Vorsitz von EU-Kommissar Martin Bangemann legte dem Europäischen Rat im Juni 1994 einen Bericht über konkrete Maßnahmen vor, die von den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in bezug auf die Informationsstrukturen in Betracht zu ziehen seien Im Oktober des gleichen Jahres präsentierte die Kommission ein „Grünbuch über die Liberalisierung der Telekommunikationsstruktur und der Kabelfernsehnetze“ Neben den Optionen für die im Titel genannte Zielsetzung enthielt das „Grünbuch“ auch Vorschläge für einen Aktionsrahmen.
Zu den von der EU in Gang gebrachten Programmen gehört die Verwirklichung von Trans-Europäischen Netzwerken (TEN). Hierfür sollen bis 1999 über 250 Millionen ECU eingesetzt werden. Das Programm Multilingual Information Society (MLIS) ist darauf angelegt, den Bedarf an Mehrsprachigkeit in der Gemeinschaft zu erfüllen, aber auch dem Erhalt der Sprachenvielfalt zu dienen. In einem weiteren Programm sollen Telematik-Dienste für die Öffentlichkeit erprobt sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Bereichen Telearbeit und Teledienste gefördert werden. Das Information Marketing Policy Actions Program (IMPACT) zielt auf die Herstellung eines Binnenmarktes für die Informationsdienste in Europa ab. Die aus mehreren Teilen bestehende Initiative INFO 2000 ist dem Übergang von gedruckten Veröffentlichungen zum elektronischen Publizieren gewidmet 3. Initiativen im Rahmen der World Trade Organization
Mehr als dies in früheren Phasen des kommunikationstechnologischen Wandels der Fall war, vollzieht sich die Entwicklung von Multimedia in einem Prozeß der Globalisierung. So war die Öffnung der Telekommunikationsmärkte auch Gegenstand der 1993 beendeten Urugay-Runde, in der es darum ging, das Allgemeine Zoll-und Handelsabkommen (GATT) weiterzuführen Eine Einigung kam in dieser Hinsicht aufgrund von erheblichen Interessen-Gegensätzen aber nicht zustande. Doch wurden entsprechende Verhandlungen im Rahmen der World-Trade Organization (WTO), der 1995 gegründeten Nachfolgeorganisation des GATT, fortgesetzt. Sie sollten bis zum 30. April 1996 abgeschlossen sein. Nur durch eine abermalige Verlängerung der Verhandlungsfrist bis Mitte Februar 1997 wurde ein Scheitern dieser Verhandlungen verhindert Umstritten war, wie groß die Marktöffnung für ausländische Anbieter auf den nationalen Telekom-Märkten sein soll und welche Handelsregeln künftig den internationalen Wettbewerb gewährleisten sollen. Einzelne Länder verlangen noch längere Übergangsfristen bis zur Liberalisierung. Gleichwohl soll das angestrebte internationale Informationstechnologieabkommen zum 1. Januar 1998 in Kraft treten. Die bisher noch bestehenden Interessengegensätze ergeben sich nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Marktpotentialen. Die Vereinigten Staaten und die EU-Länder kontrollieren weltweit fast zwei Drittel der Basisdienste der Telekommunikation.
V. Neue Anwendungs-und Nutzungsformen
Die mit dem Begriff „Multimedia“ bezeichnte Verschmelzung verschiedener Informations-und Kommunikationstechniken eröffnet zahlreiche Anwendungs-und Nutzungsformen. Manche davon sind bereits verfügbar, andere stehen in ihrem Gebrauch noch bevor. Um eine gewisse Ordnung vorzunehmen, soll im folgenden zwi-sehen „neuen“ Anwendungs-und Nutzungsformen einerseits sowie den Veränderungen „alter“ Medien andererseits unterschieden werden. Allerdings ist eine solche Unterscheidung z. T. willkürlich, bzw. sie hängt vom Blickwinkel ab. Denn die Grenzen dazwischen sind oft fließend -und ob man von ganz neuen oder nur andersgearteten Angeboten bisheriger Medien spricht, ist eine Sache des Standpunkts oder des gesetzten Akzents. Insofern ist die vorgenommene Gliederung nicht zu überstrapazieren.
1. Das Internet
Zur Basis für eine ganze Reihe von Anwendungsund Nutzungsformen ist inzwischen das Internet geworden. Es handelt sich dabei um ein Netzwerk, das weltweit Zehntausende von Einzelnetzwerken miteinander verbindet („Netzwerk der Netzwerke“) Seine Anfänge reichen in die sechziger Jahre zurück, als das US-Verteidigungsministerium darauf drang, ein Kommunikationsnetz zu entwickeln, das von keinem Zentralcomputer abhängig sein und auch dann noch funktionieren sollte, wenn Teile davon -etwa durch einen Raketenangriff -ausfielen. In den siebziger und achtziger Jahren weitete sich die Nutzung dieses Netzes auf den universitären Bereich aus. Die dezentrale Struktur des Internet blieb dabei erhalten. Das Internet hat man sich als eine Art elektronische Straße vorzustellen, auf der beliebige Daten verschickt werden können („Datenautobahn“). Neue, anspruchsvollere Software hat in den neunziger Jahren den Komfort erhöht, mit dem man diese Straße nutzen kann. Bedingt sind dadurch aber zugleich Engpässe hinsichtlich der Kapazität der Leitungen, die zunächst grenzenlos schienen. Am meisten wird das Internet bisher als elektronische Post (E-Mail) genutzt. Mitteilungen lassen sich damit schnell an jede andere Person mit Internet-Anschluß senden, ja, es ist eine gesprächsähnliche Interaktion möglich. Mit dem Dienst Gophet kann man im Internet nach Informationen stöbern (, Information browsing). Spezielle Dienste erleichtern die systematische Suche. Das World Wide Web (WWW), Anfang der neunziger Jahre vom Europäischen Labor für Teilchenphysik (CERN) in Genf entwickelt, stellt eine Dokumentensammlung dar. auf die im Internet zugegriffen werden kann. Im World Wide Web können Personen und Organisationen spezifische Informationen (auch in visueller Form) für Interessenten und Kunden bereithalten (sogenannte Homepages). Das Internet hat in den letzten Jahren wegen seines offenen Zugangs eine rasante Expansion erfahren. Die Zahl der Nutzer ist nicht genau zu messen, wird aber schon auf 50 Millionen weltweit geschätzt. Die meisten davon gibt es in den USA (etwa die Hälfte); in Deutschland sind es dagegen noch keine zwei Millionen, doch wächst deren Zahl auch hier. Die große Reichweite hat selbst Online-Anbieter dazu bewegt, sich des Internet zu bedienen. Damit gerät das Internet zunehmend unter Kommerzialisierungsdruck. Im wissenschaftlichen Bereich sind die Nutzer bisher daran gewöhnt, das Internet kostenlos zu benutzen. Beim Anschluß an bestimmte Service-Provider fallen dagegen Gebühren an.
2. Kommerzielle Online-Dienste
Kommerzielle Online-Dienste machen über Telefonleitung und Modem gegen Gebühren Informationen verschiedenster Art am Personal Computer zugänglich Dazu gehören u. a. Nachrichten und Zeitungsartikel, Reiseinformationen, Lexika, Kaufangebote. Kennzeichnend für sie ist hohe Aktualität und ständige Verfügbarkeit. Im Unterschied zum Internet, in dem großenteils ein chaotisches Durcheinander herrscht, bieten die Online-Dienste ihre Informationen in einer nutzerfreundlichen Strukturierung an. Dafür muß der Nutzer dann auch zahlen, je nach Gebrauch.
Der älteste Online-Dienst ist CompuServe. Das amerikanische Unternehmen startete 1979 einen weltweiten Informationsdienst. Dieser hat inzwischen nahezu vier Millionen Mitglieder und bietet Zugang zu mehr als 3000 Informationsangeboten. Heute bietet CompuServe auch eine Reihe deutschsprachiger Dienste an. Seit Herbst 1995 gibt es in Deutschland zwei weitere Anbieter: AOL Europa, zu dem sich America Online (AOL) und die Bertelsmann AG zusammengetan haben, sowie Europe Online (EOL), der vom Burda-Verlag mit anderen (ausländischen) Gesellschaftern betrieben wird. Nachdem der letztgenannte sich dem Internet angeschlossen hat, handelt es sich dabei im Grunde nicht mehr um einen an Mitglieder gebundenen Online-Dienst, sondern um einen WWW-Server.
Zum Online-Dienst gewandelt hat sich der 1984 von der Deutschen Bundespost eingeführte Bildschirmtext. Nachdem der Zuspruch für Btx lange Zeit zu wünschen übrigließ, unternahm die Telekom 1991 den Versuch, diesen Dienst unter dem Namen Datex-J (Data Exchange für Jedermann) neu zu strukturieren. Vier Jahre später machte man daraus dann Telekom-Online (T-Online). Der Vorteil dieses Dienstes besteht vor allem darin, daß er ausschließlich deutschsprachige Inhalte enthält. Nachrichten führender deutscher Tageszeitungen und zahlreiche Datenbanken gehören dazu.
Zwischen den Online-Diensten besteht ein starker Wettbewerb. Außer über das jeweilige inhaltliche Angebot wird dieser über die Gebühren ausgetragen. Ende März 1996 zog sich mit eWorld, einem Online-Dienst des Computerherstellers Apple, einer der Anbieter auch schon vom Markt zurück. Der kommerzielle Erfolg hängt von der Zahl der gebührenentrichtenden Mitglieder ab. Bei T-Online waren es im Januar 1996 immerhin mehr als eine Million Kunden, bei AOL Mitte 1996 100 000. Die Konkurrenz des Internet zwingt die Dienste andererseits immer mehr dazu, ihre Informationen auch im World Wide Web zu offerieren, wodurch die Grenzen zwischen den Systemen zunehmend fließend werden.
3. Telearbeit
Telearbeit ist -dem Worte nach -eine Arbeit, die aus der Ferne verrichtet wird, indem man sich eines Kommunikationssystems wie z. B.des Fernmeldenetzes oder eines Satelliten bedient. Der Mitarbeiter erbringt seine Leistung -vom betrieblichen Arbeitsort getrennt -in räumlicher Distanz zur Zentrale des Unternehmens, häufig sogar in der eigenen Wohnung oder doch in deren Nähe, unter Nutzung moderner Informations-und Kommunikationstechnologien So wird bei der klassischen Teleheimarbeit die Tätigkeit weitgehend an vernetzten Computern verrichtet. In Telecentern oder Computels stellen eigene Dienstleistungsunternehmen die räumliche und technische Infrastruktur für Telearbeiter verschiedener Unternehmen zur Verfügung. Dadurch kann darauf verzichtet werden, diese einzeln zu vernetzen. Telearbeit ist somit in verschiedenen Varianten -auch als Teilzeitarbeit oder mobile Telearbeit, letztlich sogar in Form virtueller Unternehmen -möglich. Die Möglichkeit zur Einführung von Telearbeit ist branchenabhängig und erfordert organisatorische Vorkehrungen bei der Unternehmensgestaltung. Nur bestimmte Tätigkeiten können dezentral ausgegliedert werden. Andererseits wächst damit der Koordinationsbedarf. Während die technischen Voraussetzungen in der Regel unschwer zu lösen sind, werfen die organisatorischen und sozialen Umstände mehr oder weniger große Probleme auf. Telearbeit wird vor allem für drei gesellschaftliche Gruppen als Chance angesehen, in ihrer besonderen Lebenslage einer Erwerbstätigkeit nachzugehen: Mütter mit Kindern, Arbeitslose (zur Requalifizierung) und Behinderte. Doch über diese hinaus soll die Vermehrung von Telearbeitsplätzen dazu führen, den Pendelverkehr zu den Arbeitsstellen zu verringern. Andererseits gelten die soziale Isolation sowie die u. U. verschwimmende Abgrenzung von Arbeit, Familie und Freizeit als problematische Seiten der Tele(heim) arbeit. Im Jahr 1994 gab es in Europa ca. 1, 25 Millionen Telearbeitsplätze, in Deutschland erst 30 000. Die letztere Zahl soll sich bis zum Jahr 2000 auf ca. 800 000 erhöhen, was dann zwei Prozent der Erwerbstätigen entspräche. Nach Erhebungen sind in der EU bis zu einem Fünftel der Arbeitsplätze potentiell telearbeitsfähig. Realistisch geschätzt, dürfte das Potential in Deutschland bei 2, 5 bis 2, 9 Millionen Telearbeitsplätzen liegen. Dessen faktische Erschließung geht bisher aber nur schleppend voran. Vorreiter bei der Einführung von Telearbeit in Deutschland ist der Computerhersteller IBM. Rund 2 400 IBM-Mitarbeiter erledigen gegenwärtig ihre Aufgaben bereits außerhalb des Firmenbüros.
4. Teleshopping
Mit Teleshopping (oder Homeshopping) wird das Einkäufen am Bildschirm bezeichnet. Es handelt sich um eine in den letzten Jahren möglich gewordene neue Form des Direktmarketing. Teleshopping stellt eine Mischung dar aus Werbung und der Möglichkeit für die Zuschauer, den Kaufwunsch mittels Computer oder Telefon sofort in die Tat umzusetzen. Zur Präsentation der Angebote kann man sich verschiedener Formen bedienen In Verkaufsshows werden die Produkte z. B. live von einem oder mehreren Verkäufern bzw. Moderatoren vorgestellt. Sogenannte Infomercials sind vor-produzierte Sendungen, in denen Produkte beschrieben (und Bestellnummern eingeblendet) werden. Dazu lassen sich auch kürzere Werbespots verwenden. Beim interaktiven Homeshopping kann über den PC in einem elektronischen Versandhauskatalog „geblättert“ und per Mausklick oder Fernbedienung bestellt werden. Erste bescheidene Versuche mit Teleshopping hat es in Deutschland in den späten achtziger Jahren gegeben (z. B. „Teleboutique“ bei RTL). In den USA ging auch hier die Entwicklung schneller voran. Ein neuer Anlauf wurde hierzulande 1995 unternommen. Am'16. Oktober 1995 begann der Teleshopping-Kanal Home-Order-Television (H. O. T.) in Bayern zu senden, ausgestattet mit einer Lizenz der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) Bei dem Anbieter handelt es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen von Pro Sieben Television GmbH und der Quelle Schickedanz AG & Co. Eine Ausdehnung des Projekts scheiterte zunächst am Widerstand der anderen Landesmedienanstalten. Im Kern ist dabei strittig, ob es sich bei Teleshopping um (erlaubnispflichtigen) Rundfunk handelt. Neben dieser Grundsatzfrage wirft Teleshopping weitere rechtliche Probleme vor allem hinsichtlich des Verbraucherschutzes auf. Zur Vermeidung „publizistischer Inhalte“ sind die Präsentationsmöglichkeiten bisher stark reglementiert.
5. Telelearning und Lernen mit Multimedia
Will man verstehen, welche Möglichkeiten sich im Bildungswesen durch neue Medien bieten, sind vor allem zwei Formen zu unterscheiden, durch deren technische Entwicklung sich das Lernen verändert Telelearning ist das Lernen unter Nutzung von Datennetzen. Auf welche Art diese genutzt werden, ist dabei zunächst unerheblich. Entscheidend ist das Lernen auf Distanz, bei dem Schüler und Lehrer über räumliche Entfernung hinweg miteinander arbeiten. Lernen mit Multimedia heißt dagegen, daß man sich der computergesteuerten Vernetzung themenbezogener Tekte, Grafiken, Bilder, Töne und Filme über ein Wiedergabegerät bedient. Die schulische Beschäftigung mit dem Computer heute schon als Multimedia zu bezeichnen, würde allerdings zu kurz greifen. Noch ist der Anteil der Anwendungen, die man tatsächlich so bezeichnen kann, ziemlich gering. Meist werden die einzelnen elektronischen Medien noch unabhängig voneinander eingesetzt. In Schulen können neue Medien auf zwei Ebenen zum Einsatz gelangen: als Stand-alone-Systeme, d. h. als Einzelplatzcomputer, sowie in Form des Anschlusses an Netzwerke. Einzelplatzcomputer können mit weiteren Geräten verbunden sein (CD-ROM-Player, Scanner, Videorecorder und -kamera, Modem). Von ausschlaggebender Bedeutung ist die Lernsoftware, d. h. die verfügbaren Lernprogramme. Der Anschluß an Netzwerke eröffnet dagegen nicht nur den Zugang zu Datenbanken und anderen Informationsressourcen, sondern ermöglicht im Prinzip auch den elektronischen Kontakt zwischen verschiedenen Schulen und die Beteiligung an Diskussionsgruppen (Newsgroups)
Einsatzbereiche für Telelearning und Lernen mit Multimedia sind Schule, berufliche Aus-und Weiterbildung sowie die Hochschulen. Auf allen drei Ebenen gibt es zwar schon Ansätze dazu, aber großenteils fehlen noch die erforderlichen Mittel. Programme und Projekte, dem Mangel abzuhelfen, sind im Gange oder angekündigt. Bis zu einer flächendeckenden Ausstattung und Vernetzung mit den erforderlichen Geräten ist aber noch ein weiter Weg.
6. Homebanking
Homebanking ist die Möglichkeit, von zu Hause oder vom Arbeitsplatz aus Bankgeschäfte mittels eines Computers online (über eine Telefonleitung) zu erledigen. Dabei kann es sich um das Einrichten von Daueraufträgen, um Überweisungen, das Abfragen des Kontostandes, die Anzeige von Umsätzen auf dem Konto und noch vieles mehr handeln Die Vorteile bestehen in der Schnelligkeit sowie darin, daß dem Kunden der Gang zur Bank und die Einhaltung von Schalteröffnungszeiten, aber auch Kosten erspart bleiben. Von höchster Wichtigkeit ist die Sicherheit der Geschäftsabwicklung, die man durch entsprechende Identifikalions-(PIN) und Transaktionsnummern (TAN) zu gewährleisten sucht.
Prinzipiell gibt es Homebanking schon seit Einführung von Bildschirmtext durch die Deutsche Bundespost Mitte der achtziger Jahre. Daran änderte sich auch nach der Umbenennung in T-Online nichts. Hierdurch verfügte die Telekom lange Zeit sogar über ein Monopol beim Homebanking. Um dieses zu brechen, hat sich u. a. die Direkt Anlage Bank GmbH, ein Tochterunternehmen der Bayerischen Hypotheken-und Wechsel-Bank, mit der AOL Bertelsmann Online GmbH & Co. KG zusammengetan. Auch CompuServe hat einen solchen Dienst angekündigt.
Außer Homebanking sind noch weitere, neue Formen des elektronischen Zahlungsverkehrs in der Entwicklung. Die herkömmlichen Kreditkarten sollen dabei durch multifunktionelle Smart Cards bzw. Chipkarten mit Geldbörsenfunktion ersetzt werden. Am Horizont steht die bargeldlose Gesellschaft, in der Geld in der bisherigen Form von Münzen und Scheinen überflüssig geworden ist.
7. Cd-rom
Die Abkürzung CD-ROM steht für Compact Disc -Read Only Memory. Wie der Name sagt, hat man es hier mit einer Speicherplatte zu tun, die nur gelesen, aber nicht beschrieben werden kann. Dieses Medium wurde aus der CD-Technologie entwikkelt, die seit den siebziger Jahren zunächst für auditive Zwecke („digitale Schallplatte“) Verwendung fand Die Erweiterung des Formats ermöglichte es, alle Arten von Daten zu speichern und dies mit großer Speicherkapazität. Jüngere Weiterentwicklungen sind die für Video taugliche CD-V (seit 1987) und die im interaktiven Format gehaltene CD-I (seit 1991), die Sprache und Musik sowie Daten und Videoinformationen speichert. Die noch für 1996 angekündigte Digital Video Disc (DVD) wird die Speichermenge einer konventionellen CD nochmals um ein Vielfaches übertreffen.
Die CD-ROM hat sich in wachsendem Maße als universeller Datenspeicher etabliert. Ende 1994 wurden international schon nahezu 10 000 Titel angeboten. Ein erheblicher Teil des heutigen CD-ROM-Angebots macht bereits vorhandene Text-und Datenbestände in maschinenlesbarer Form verfügbar, z. B. Lexika, Jahrgänge von Zeitungen und Zeitschriften, auch Werke der Literatur. Überdies gibt es speziell auf CD-ROM produzierte Angebote, unter anderem z. B. Reiseführer oder Spiele. Einen eindeutigen thematischen Schwerpunkt gibt es nicht. Da es sich bei der CD-ROM um eine Offline-Anwendung handelt, sind Aktualisierungen nicht laufend (wie bei Online-Diensten), sondern nur bei Neuauflage möglich.
8. Interaktives Fernsehen
In mehrfacher Hinsicht bedingen die technologischen Veränderungen einen Wandel des Fernsehens. Nicht nur, daß infolge von Digitalisierung und Datenkompression die Anzahl einschlägiger Kanäle weiter zunimmt. Auch die Distribution und der Empfang verändern sich. Bisher werden Fernsehprogramme einseitig, sozusagen auf einer Einbahnstraße vom Sender zum Empfänger ausgestrahlt. Künftig soll der Zuschauer stärker selbst über den Empfang bestimmen können, ln diesem Zusammenhang spricht man von „interaktivem Fernsehen“ Damit wird zumeist ein breites Spektrum von Anwendungsformen bezeichnet, in dem Interaktivität jedoch in ganz unterschiedlichen Stufen ausgeprägt ist (sofern man davon im jeweiligen Fall überhaupt sprechen kann).
Pay-Per-Channel Bei dieser Form, wie sie in Deutschland bisher von Premiere angeboten wird, zahlt der Zuschauer monatlich für die Nutzung des gesamten Kanals -gleichgültig, was er davon tatsächlich ansieht.
Pay-Per-View Hier wählt der Zuschauer in einem Kanal nur diejenigen Sendungen aus, die er tatsächlich ansehen möchte, und nur für diese entrichtet er eine Gebühr.
Multiplexing (= Near-Video-on-Demand)
Hierbei handelt es sich um die zeitversetzte Ausstrahlung eines Programms (z. B. bei Spielfilmen im Abstand von 15 bis 30 Minuten). Es besteht ein gewisser zeitlicher Spielraum, wann man sich zuschalten will. Man ist aber noch an ein gewisses Programmschema gebunden, in dem die Angebote von Zeit zu Zeit wechseln.
True-oder Real-Video-on-Demand Hier besteht die Möglichkeit, daß sich der Zuschauer individuell von einem Video-Server (einer Art Videobibliothek) ein Angebot abruft, das dann auf sein Fernsehgerät zugespielt wird. Die Verbindung wird nur auf Anforderung hergestellt. Über den Rückkanal stehen ähnliche Funktionen zur Verfügung wie bei einem Videorecorder (z. B. Vor-und Rücklauf, Standbild und Zeitlupe).
Regiefunktion Hier hat man es mit einer fortgeschrittenen Form der Interaktivität zu tun. Dem Zuschauer bietet sich die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Varianten einer Handlung oder einer Kameraeinstellung zu wählen. Der Zuschauer wird gewissermaßen zum Regisseur, allerdings nur in den (engen) Grenzen, wie sie durch entsprechende Vorkehrungen bei der Produktion vorgegeben sind.
Data Broadcast Über die Austastlücke (wie bei Videotext) oder über eigene, durch die Datenkompression freiwerdende Kanäle kann der Zuschauer zusätzliche Informationen zu einem Thema oder Fernsehprogramm abrufen. Dadurch kann er seine Kenntnis über Hintergründe des Dargebotenen vertiefen. Bei den genannten Anwendungsformen muß nicht nur von unterschiedlichen Graden der Interaktivität ausgegangen werden Diese werden sich vielmehr auch praktisch nur in mehreren Stufen realisieren lassen, die weit über das Jahr 2000 hinausreichen. Ihre Durchsetzung hängt nicht unwesentlich davon ab, inwieweit sich die an Passivität gewöhnten Zuschauer tatsächlich aktivieren lassen.
9. Virtuelle Realität
Virtuelle Realität (VR) ist die Bezeichnung für eine mittels Computer simulierte Wirklichkeit oder künstliche Welt, in die Personen mit Hilfe technischer Geräte „eintauchen“ (sogenannte „immersive“ VR). Ihren Ursprung hat die Idee vor allem in der Science-fiction-Literatur. William Gibson prägte dafür in seinem Roman „Neuromancer“ (1984) den inzwischen geläufig gewordenen Begriff Cyberspace. Aufgegriffen haben die Idee seit den sechziger Jahren Computerspezialisten. Sie schufen mit der stereoskopischen Brille (The Ultimate Display), einem Datenhelm samt Kopfhörer (Head Mounted Display) und dem Datenhandschuh (Data Glove) die technischen Voraussetzungen zur praktischen Kreierung virtueller Realität. Dabei wurden nach und nach verschiedene Typen der VR entwickelt, die je nach dem Ausmaß des „Eintauchens“ zu unterscheiden sind
Für die virtuelle Realität gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Praktisch erprobt sind erst einige, während andere noch Gegenstand von Spekulationen sind. Eine der ersten Nutzungen war die bei Flugsimulatoren in der militärischen und zivilen Luftfahrt. Ein wichtiges Anwendungsfeld für die VR-Technologie liegt inzwischen in der Medizin, z. B. bei Bestrahlungen und chirurgischen Eingriffen. Ferner kommt VR zunehmend bei der Architektur-und Gebäudeplanung zur Anwendung. Hierdurch können vorweg dreidimensionale Modelle von Bauprojekten hergestellt und zur Entscheidungshilfe herangezogen werden. Selbstverständlich ist auch der Einsatz in Videospielen sowie zur Produktgestaltung und als Animation in der Tourismusbranche möglich So sinnvoll und hilfreich gewisse Anwendungsformen der virtuellen Realität erscheinen, so begegnen viele Außenstehende gerade dieser Technik noch mit großen Befürchtungen. Gefahren werden darin gesehen, daß Nutzer die virtuelle Realität u. U.der realen Welt vorziehen und aus dieser dadurch flüchten („Eskapismus“).
VI. Veränderungen „alter“ Medien
1. Online-Zeitungen und Elektronisches Publizieren
Auch die gedruckte Presse -das älteste neuzeitliche Massenmedium -bleibt von den kommunikationstechnologischen Umwälzungen nicht unberührt: Zum einen erwachsen ihr neue mediale Konkurrenzangebote, zum anderen kann sie nicht umhin, sich selbst dieser neuen Techniken zu bedienen. Dies gilt nicht nur für die Herstellung konventioneller Presseprodukte (Druck), sondern auch für ihre elektronische Darbietung Die elektronische Verfügbarkeit von Zeitungsinhalten begann Mitte der achtziger Jahre zunächst damit, daß Zeitungen und Zeitschriften ihre Inhalte bzw. Archive als Datenbankdienste zugänglich machten. Zunächst schlossen sich die „Wirtschaftswoche“ und das „Handelsblatt“ dem Datenbankhost Genios an. Inzwischen sind weitere Presseorgane diesem Beispiel gefolgt (u. a. „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“, „taz“, „Berliner Zeitung“). Als weitere Angebote sind Audio-Text und Fax-Dienste hinzu-getreten, über welche zusätzliche Informationen abgefragt und übermittelt werden können. Mehrere Formen elektronischer Präsenz von Zeitungen gibt es darüber hinaus. Eine davon ist, die tägliche Ausgabe der Zeitung auch zum Lesen am PC bereitzustellen. Möglich ist dies in Zusammenarbeit mit einem Online-Dienst. Diesen Weg haben in Deutschland bisher nur wenige Verlage gewählt. Ein anderer, häufiger eingeschlagener Weg besteht darin, zusätzlich zur Zeitung lokale Mailboxen einzurichten. Schließlich läßt sich den Lesern und Anzeigenkunden der Zugang zur Zeitung auch im Internet eröffnen. Mitte April 1996 gab es rund 30 über Computer oder Modem erreichbare Angebote deutscher Tageszeitungen Ein Jahr zuvor waren es erst zwei. Das deutet auf ein wachsendes Engagement der Verlage hin. Auch Zeitschriften haben ihre elektronische Präsenz z. T. in mehrfacher Form ausgebaut (u. a. „Spiegel“, „Focus“). Rundfunk-zeitschriften sind dabei, elektronische Ausgaben vorzubereiten.
2. Digitaler Hörfunk
Durch die Digital-Technik verändert sich auch der Hörfunk. Sowohl die Quantität der empfangbaren Programme als auch die Qualität des Empfangs erhöhen sich Dies gilt z. B. für herkömmliche Hörfunkprogramme, die als Pakete über das Digitale Satelliten Radio (DSR) verbreitet werden. Astra Digital Radio (ADR) wird über die Astra-Satellitenfamilie übertragen, wobei die Kapazität für mehr als 700 Hörfunkprogramme in Stereo-qualität ausreichen würde. Im ADR-Programmpaket sind bisher ca. 30 Hörfunkprogramme enthalten, die auch analog terrestrisch empfangen werden können. Für den digitalen Empfang ist ein spezielles Gerät erforderlich.
Zusätzliche Radioangebote werden auf dem deutschen Markt durch den Digital Music Express (DMX) und den Music Choice Express (MCE) geliefert. In beiden Fällen handelt es sich um Pay-Radios, die in völlig werbe-und moderationsfreien Kanälen rund um die Uhr Musik senden. Dabei kann der Hörer zwischen einer Vielzahl verschiedener Musikfarben wählen. Die Abrechnung der genutzten Programme erfolgt über eine Smart Card, mit der das Empfangssignal auch freigeschaltet wird.
Noch in der Planung befindet sich Digital Audio Broadcasting (DAB). Dabei geht es um die Entwicklung eines europaweiten Hörfunkstandards zur digitalen Übertragung von Hörfunkprogrammen auf terrestrischem Wege. Sein wesentlicher Vorteil ist, daß er sowohl zur stationären als auch zur mobilen Anwendung (Autoradios) geeignet ist. Zudem erlaubt er die Übertragung von Zusatz-diensten in Form von Texten und Bildern, was für den Verkehrsfunk zweckmäßig sein kann. Ferner können die bisher im UKW-Bereich häufig auftretenden Empfangsstörungen vermieden werden. Um einen flächendeckenden DAB-Empfang zu ermöglichen, sind außer den technischen Vorkehrungen auch Absprachen zur internationalen Koordination notwendig. Pilotprojekte sollen DAB testen 3. Das virtuelle Fernsehstudio
Folgen, die sich aufgrund veränderter technischer und politischer Voraussetzungen für künftige Fernsehangebote ergeben, wurden weiter oben bereits unter den neuen Anwendungs-und Nutzungsformen verzeichnet. An dieser Stelle sollen noch Veränderungen der Fernsehproduktion erwähnt werden. Diese konvergieren mit moderner Computertechnologie. Während mit einer Kamera eine Person oder ein Geschehen in einem (leeren) Studioraum aufgenommen wird, erzeugt ein Computer darauf abgestimmte Bilder (als Hintergrund bzw. Studioausstattung). Aus der Mischung beider Bilder und unter Ausnutzung des bekannten „Blue-Box“ -Verfahrens entsteht eine neue Einheit, die jedoch nur auf dem Bildschirm sichtbar ist. Beispielhaft erprobt wurde das virtuelle Studio zuerst in der ZDF-Sendung WISO Der wesentliche Nutzen des virtuellen Studios liegt in der Einsparung von Aufwendungen für die Studiodekoration. Auch Zeitvorteile fallen an. Im übrigen bieten sich neue, möglicherweise attraktive optische Gestaltungsmöglichkeiten. Durch Animation werden im Prinzip sogar die auftretenden Personen entbehrlich. Andererseits kann das computergenerierte Bildmaterial beliebig manipuliert werden. Hierin liegt eine große Gefahr, nicht nur beim virtuellen Studio, sondern auch bei anderen digitalen Visualisierungstechniken.
4. Digitalisierung bei Fotografie und Film
Die digitale Aufzeichnung von bewegten Bildern (Video) hat sich bereits seit einiger Zeit durchgesetzt. Dagegen ist die Verwendung der entsprechenden Technik bei Standbildern (Fotos) ein relativ neues Verfahren. Inzwischen sind aber verschiedene Arten von digitalen Standbildkameras im Handel. Sie gestatten die Wiedergabe der Bilder auf einem Fernseh-oder Computerbild-schirm sowie auf Papier. Deren Qualität hängt von dem Auflösungsvermögen in Bildpunkte (Pixel = picture elements) ab. Die digitale Erfassung, Verarbeitung, Vermittlung und Archivierung von Bildern dürfte künftig in einem breiten Anwendungsfeld stattfinden. Ein ernsthaftes Problem stellt die beliebige Veränderbarkeit digitalisierter Bilder dar Auch in der Filmproduktion bedient man sich zunehmend der Technik der Digitalisierung. Dies geschieht vor allem zur Herstellung spezieller und illusionärer Effekte. Dadurch machten u. a. Filme wie „Jurassic Park“ und „Forest Gump“ in den letzten Jahren von sich reden. Der erste Kinofilm, der komplett im Computer erzeugt worden ist, ist der 1996 auch hierzulande gezeigte amerikanische Streifen „Toy Story“. Da die Digitalisierung beim Film ebenso zur Fälschung benutzt werden kann wie bei der Fotografie, stellen sich hier die gleichen rechtlichen bzw. ethischen Probleme. Angesichts der zunehmenden Perfektion sind solche Fälschungen vom Betrachter häufig nicht mehr zu erkennen.
VII. Problemfelder von Multimedia
Die Einführung der genannten Multimedia-Anwendungen wirft -wie erwähnt -eine Vielzahl von Problemen auf. Einige wesentliche werden im folgenden in fünf Feldern zusammengefaßt und skizziert.
1. Organisatorische Umsetzung
Zahlreiche der theoretisch und technisch möglichen Multimedia-Anwendungen bedürfen noch der organisatorischen Umsetzung und vor allem der praktischen Durchsetzung. Zeitlich gesehen, wird sich dieser Vorgang voraussichtlich in drei Phasen vollziehen Die erste ist durch Pionieranwendungen geprägt. Diesem Zwecke dienen insbesondere Pilotprojekte, von denen auch einige in Deutschland entweder bereits im Gang oder doch geplant sind und demnächst beginnen sollen In einer zweiten Phase werden dann bereits breitere Segmente -vorwiegend im Geschäftskundensektor -erschlossen. In der dritten Phase, die erst nach der Jahrtausendwende eintreten dürfte, werden die Produkte und Dienste in größerem Umfang für den privaten Verbraucher nutz-und bezahlbar. Zur organisatorischen Umsetzung der Multimedia-Anwendungen bedarf es leistungsfähiger Anbieter. Hierfür haben sich bereits in den letzten Jahren eine ganze Reihe „strategischer Allianzen“ gebildet. So hat sich die Deutsche Telekom mit France Telecom und der amerikanischen Telefongesellschaft Sprint zusammengetan. Weitere Verbindungen bestehen zwischen der British Telecom, dem deutschen Energiekonzern Viag und dem Stromerzeuger RWE sowie zwischen Thyssen und dem amerikanischen Partner Bell South. Damit haben sich bereits mehrere Konkurrenten für die Zeit nach der Aufhebung des Netzmonopols zum 1. Januar 1998 etabliert.
Auch große Dienste-und Programmanbieter haben sich bereits in Position gebracht. Die Bertelsmann AG ist an America Online und an der Multimedia-Betriebsgesellschaft beteiligt; die Kirch-Gruppe, der sich die Vebacom und die Metro angeschlossen haben, tritt seit 28. Juli 1996 als erster Anbieter des digitalen Fernsehens (DF 1) auf. Selbstverständlich wollen auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunk-anstalten an der Entwicklung der digitalen Techniken partizipieren. Damit hat man u. a. die jüngste Gebührenerhöhung gerechtfertigt. Den Aufbau eines Online-Angebots hat das ZDF z. B. mit Microsoft Network (MSN) vereinbart.
2. Ökonomisches Potential
Mit der Entwicklung von Multimedia werden vor allem große ökonomische Erwartungen verknüpft, ja darin sehen nicht wenige eine wesentliche Triebfeder für den wirtschaftlichen Strukturwandel von der Industrie-zur Informationsgesellschaft überhaupt Um welches ökonomische Potential es dabei tatsächlich geht, läßt sich verläßlich aber bisher nicht abschätzen, da die Durchsetzung der Multimedia-Anwendungen zum Großteil noch bevorsteht. Insofern begegnet man noch stark voneinander abweichenden Prognosen. Offenkundig ist die Informationstechnik ein Markt mit großen Wachstumsraten. Der gesamte Markt der Informations-und Kommunikationsbranche erbrachte in Deutschland 1995 einen Umsatz von 166 Milliarden DM. Dies bedeutete gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 7 Prozent. Auf die Informationstechnik entfielen 80 Milliarden DM (plus 8 Prozent), auf die Kommunikationstechnik 16 Milliarden (minus 2 Prozent) und auf die Kommunikationsdienste 70 Milliarden (plus 8 Prozent). Für 1996 und 1997 werden entsprechende, wenn nicht höhere Wachstumsraten erwartet. Der westeuropäische Markt für Hardware, Software und Dienste wuchs 1995 um 8, 1 Prozent auf 587 Milliarden DM. 1997 sollen fast 700 Milliarden DM erreicht sein. Innerhalb von zwei Jahren ist hier ein zusätzliches Marktvolumen von mehr als 100 Milliarden DM entstanden
Vorsichtiger sind die Auswirkungen von Multimedia auf den Arbeitsmarkt zu beurteilen. Zwar werden dadurch direkt oder indirekt neue Arbeitsplätze geschaffen. Dies gilt vor allem für die Softwareproduktion. Auch von einer stärkeren Verbreitung der Telearbeit werden entsprechende Effekte erwartet. Aber es gehen durch Multimedia auch Arbeitsplätze verloren. Allein die Deutsche Telekom wird ihr Personal nach der Auf-und Ausbauphase wieder um 60 000 Mitarbeiter abbauen. Ein Wegfall von Arbeitsplätzen steht durch zunehmende elektronische Geschäftsabwicklung bei den Banken bevor. Unterstellt wird von manchen, daß beide Trends sich kompensieren, daher mehr Stellen in der Telekommunikation nicht entstehen. Gleichwohl dürfte der Multimedia-Bereich auch neuen Gründungen klein-und mittelständischer Unternehmen eine Chance bieten. Es entstehen dadurch zudem neue Berufsfelder (z. B. Informationsbroker), die wiederum einen Ausbildungsbedarf erzeugen.
3. Rechtsprobleme
Rechtsprobleme, die großenteils noch ungelöst sind, stellen sich bei Multimedia in mehrfacher Hinsicht. Sie liegen auf verschiedenen Ebenen und tangieren unterschiedliche Zuständigkeiten und Akteure. Die in Deutschland in diesem Bereich traditionell schwierige Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern aktualisiert sich gegenwärtig im Streit um ein Multimediagesetz. Hierzu haben einerseits die Bundesländer im März 1996 den Entwurf für einen „Staatsvertrag für Medien-dienste“ vorgelegt Andererseits ist ein Gesetz-entwurf des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBWFT) in Vorbereitung, zu dem im April 1996 zunächst Eckpunkte formuliert wurden Anfang Juli 1996 haben Bund und Länder den Kompetenzstreit beigelegt und sich über ein Multimediagesetz geeinigt. Danach sollen die Länder künftig für all die neuen Mediendienste zuständig sein, die sich an die Allgemeinheit wenden (z. B. Video-on-Demand. offenbar auch Teleshopping), während der Bund für diejenigen Dienste zuständig ist, die sich nicht an die Allgemeinheit wenden, sondern von den Kunden einzeln abgerufen werden (z. B. Online-Dienste). Im Prinzip entzieht sich der Multimedia-Bereich ohnehin einer nationalen Regelungsmöglichkeit. Sofern bei einer weltumspannenden Vernetzung überhaupt machbar, bedarf es hier internationaler Lösungen und Vereinbarungen.
Von grundsätzlicher Relevanz ist zunächst eine Klärung des Rundfunkbegriffs Davon hängt nämlich wesentlich ab, welche Mutltimedia-Anwendungen hierzulande lizenzierungspflichtig sind und welche nicht. Die Möglichkeiten der Digitalisierung machen neue Vorkehrungen im Urheberrecht notwendig Wie kann der beliebigen Vervielfältigung, der Manipulation vorhandener Werke, der nicht gestatteten Verwertung oder sonstigem Mißbrauch begegnet werden? Dies sind noch weithin offene Fragen. Zu überprüfen ist ferner, ob das vorhandene Datenschutzrecht dazu ausreicht, den Mißbrauch persönlicher Daten zu verhindern, die insbesondere bei interaktiven Multimedia-Anwendungen anfallen. Ähnliches gilt im Hinblick auf Teleshopping für den Verbraucher-schutz. Schließlich steht die Gewährleistung des Jugendschutzes vor neuen Herausforderungen, da z. B. im Internet auch pornographische, gewaltverherrlichende und politisch extremistische Angebote zugänglich sind
4. Akzeptanz
Inwieweit sich die Multimedia-Techniken praktisch durchsetzen und ihr ökonomisches Potential entfalten werden, hängt vor allem von der Akzeptanz durch die Nutzer und das Publikum ab. Diese wird rascher im geschäftlichen als im privaten Bereich erwartet. Das Interesse der privaten Konsumenten birgt jedenfalls noch die größere Ungewißheit. Um darüber mehr Klarheit zu gewinnen, sind einige repräsentative Umfragen durchgeführt worden, so vom B. A. T. Freizeit-Forschungsinstitut und (im Auftrag der „Wirtschaftswoche“) vom Aliensbacher Institut für Demoskopie Erwartungsgemäß ist die ältere Generation (50 Jahre und älter) Multimedia gegenüber deutlich skeptischer, ja ablehnender eingestellt als die jüngeren Menschen, insbesondere die Generation der „Medienkids“. Nur ein Zehntel der Befragten wünscht noch mehr Fernsehprogramme, über die Hälfte hält das Vorhandene für ausreichend. 36 Prozent erklärten ihr Interesse an Teleshopping. Das Interesse an Telearbeit ist nur bei Frauen unter 30 Jahren besonders groß (43 Prozent). Offensichtlich wollen viele weder auf das „sinnliche Erlebnis“ des Einkaufs im Geschäft noch auf die sozialen Komponenten eines Arbeitsplatzes in Firma und Büro verzichten. Die Angst vor negativen Folgen der neuen Techniken ist, wie sich zeigt, (noch) groß.
5. Gesellschaftliche Folgen
Die Einführung neuer Kommunikationstechnologien war stets von Vorbehalten, Befürchtungen und Kritik begleitet. Daß dies auch bei Multimedia der Fall ist, überrascht daher nicht. Andererseits werden damit aber auch große Erwartungen und neue Chancen verbunden. Das nötigt dazu, die gesellschaftlichen Folgen dieser Umwälzung ernsthaft und mit Sorgfalt zu bedenken. Allerdings ist man hierbei noch großenteils auf Spekulationen angewiesen. Für gesicherte Erkenntnisse fehlen derzeit weitgehend die Grundlagen.
Von der Verwirklichung von Multimedia wird auf der einen Seite ein Schub für das Informationsniveau der Gesellschaft erwartet. Darin liegt nämlich nicht nur ein ökonomisches Potential, sondern auch ein solches für die Entwicklung des Bildungsstands. Der Zugriff auf Informationen erweitert sich und steht im Prinzip jedem offen. Vielfältige Kommunikation wird danach in Zukunft den Lebensalltag der Menschen bestimmen und ihre Erlebniswelt bereichern.
Auf der anderen Seite wird auf potentielle negative Konsequenzen von Multimedia hingewiesen. Die Nutzung von Multimedia-Techniken werde je nach finanziellen und intellektuellen Möglichkeiten unterschiedlich sein. Insofern könne sich die Wissenskluft zwischen „Informationsreichen“ und „Informationsarmen“ noch vertiefen. Außerdem drohe bei manchen Techniken der Verlust von Primärkontakten und damit eine soziale Isolierung. Ein Übermaß an Individualisierung führe letztlich zur Desintegration der Gesellschaft. Durch die totale Vernetzung sei der Mensch der Technik ausgeliefert, ja er werde „an die Leine genommen“. Am Ende steht das Schreckbild vom „gläsernen Menschen“.
Gewiß ist, daß dem Menschen mit Multimedia ein neuer Freiheitsspielraum erwächst. Der Wegfall früherer Formen der Regulierung überträgt ihm selbst zugleich eine größere Verantwortung im Umgang mit den neuen Techniken.