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Aktive und passive Subsidiarität: Prinzipien europäischer Gemeinschaftsbildung | APuZ 3-4/1995 | bpb.de

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APuZ 3-4/1995 Die Europäische Union zwischen Maastricht und Maastricht-Revision Europapolitik zwischen deutscher Romantik und gallischer Klarheit Europa vor der Herausforderung zivilisierter Innenbeziehungen Die politisch-institutionelle Stellung des Europäischen Parlaments nach dem Maastricht-Vertrag Aktive und passive Subsidiarität: Prinzipien europäischer Gemeinschaftsbildung

Aktive und passive Subsidiarität: Prinzipien europäischer Gemeinschaftsbildung

Paul-Ludwig Weinacht

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Zusammenfassung

Erstmals gelangte mit dem in Maastricht beschlossenen Art. 3 b des EG-Vertrages das u. a. im deutschen Sozial-und Bundesstaatsrecht längst eingeführte Subsidiaritätsprinzip ins europäische Völkervertragsrecht. Vor allem deutsche Politiker argumentieren, daß dadurch einem unitarischen Verständnis in Europa wirksame Schranken gesetzt sind. Die Rechtsmeinungen darüber gehen jedoch auseinander. Beispielsweise behält sich die Kommission vor, selbst zu entscheiden, in welchen Fällen das EU-Gemeinwohl „besser“ in Brüssel als in den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten oder ihren Regionen aufgehoben ist.

Der Europäische Rat erinnerte auf seiner Tagung am 26. und 27. Juni 1992, ein halbes Jahr nach der Paraphierung des Vertrags von Maastricht, an die Rolle, die das Subsidiaritätsprinzip bei der Ausarbeitung des Vertrags über die Union gespielt hat: „Dieses Prinzip ist nämlich als ein neues, rechtlich bindendes allgemeines Prinzip in den Vertrag (Artikel 3 b) aufgenommen worden, und die Art gemeinschaftlicher Aktionen, die in den neuen, der Union durch den Vertrag zugewiesenen Zuständigkeitsbereichen durchgeführ b) aufgenommen worden, und die Art gemeinschaftlicher Aktionen, die in den neuen, der Union durch den Vertrag zugewiesenen Zuständigkeitsbereichen durchgeführt werden können, ist hierdurch erstmals genau abgegrenzt worden. Der Europäische Rat ist davon überzeugt, daß eine harmonische Entwicklung der Union in den kommenden Jahren in erheblichem Ausmaß von der strikten Anwendung des Subsidiaritätsprinzips durch alle Institutionen auf bereits bestehende sowie künftige Rechtsvorschriften abhängt.“ 1 Bereits zuvor hatte Bundeskanzler Helmut Kohl die architektonische Bedeutung dieses Grundsatzes für die Union als „Ausgangspunkt für eine Art vertikaler Gewaltenteilung in Europa“ gewürdigt 2.

Daß der Subsidiarität eine präjudizielle Wirkung für die Gestalt der Verfassung der künftigen EU nicht zukomme, ist hingegen die Auffassung des politischen Philosophen Hermann Lübbe: „Man braucht nicht Staatsrechtler zu sein, um zu erkennen, daß die Orientierung am Subsidiaritätsbegriff zu höchst unterschiedlichen Konsequenzen in der verfassungsrechtlichen Verteilung gebietskörperschaftlicher Zuständigkeiten führen kann.“ 3 Ein prominenter französischer Beobachter zieht daraus den Schluß: „Das Prinzip der Subsidiarität, von dem im Maastricht-Vertrag die Rede ist, ist zwar nützlich, aber ungenau und anfällig für subjektive Interpretationen; es wird nicht ausreichen.“

Wir wollen im folgenden die bislang vorgelegten Versuche zur rechtlichen Systematisierung und Eingrenzung des Art. 3 b EG-Vertrag nicht fortsetzen Vielmehr wollen wir zeigen, daß es für die politikwissenschaftliche Formulierung des Problems nicht ohne Bedeutung ist, daß der Subsidiaritätsgrundsatz ursprünglich in der Sozialphilosophie zu Hause ist. Von hier aus lassen sich politische Formen der Subsidiarität gewinnen, wie sie heute auf europäischer Ebene in politisch-administrative Handlungsstrategien umsetzbar sind.

I. Sozialphilosophische Einordnung von Subsidiarität

Das sozialphilosophische Prinzip der Subsidiarität ist in der Auseinandersetzung des Vatikans mit Mussolini definiert und verkündet worden (Päpstliches Rundschreiben Quadragesimo anno, 1931 So wurde das Rundschreiben von 1931 zur historisch-konkreten Botschaft über das Ungerechte an damaligen Sozialordnungen.

Der positive Gehalt des Grundsatzes der Subsidiarität ist ein doppelter: Sozialphilosophisch beinhaltet es Schonung und Förderung von Bestand und Wirksamkeit der untergeordneten Gemeinschaften durch die höhere Gemeinschaft oder den Staat; anthropologisch bedeutet es Gerechtigkeit gegenüber dem in jedem Menschen angelegten Maß, das theologisch als Ebenbild Gottes gefaßt wird Vor diesem Hintergrund gilt der allgemeine Satz: „Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.“ Das Prinzip ließ sich aus dem christlichen Ursprungstext aufgrund seiner Formalität leicht herauslösen; es findet sich heute daher auch in liberalen, in grün-alternativen und in demokratisch-sozialistischen Zusammenhängen ebenso wieder wie in kommunalpolitischen und föderalistischen. Dabei reicht es freilich nicht aus, daß die genannten Milieus das Prinzip „tolerieren“. Damit es Geltungskraft besitzt und wirksam werden kann, ist es auf einen vitalen religiösen, kulturellen, ökonomischen und politischen Kontext angewiesen. Denn der Sinn der Handhabung des Prinzips liegt ja nicht in der Herauslösung von Subjekten aus Verpflichtungen einer gesellschaftlichen Ordnung, die sie umgibt; er liegt im Schutz konkreter gesellschaftlicher Ordnungen gegen Interventionismus und Überformung. Bedrohungen der Art sind ein unitarischer „Staat“ oder eine egalitäre „Gesellschaft“. Nur wenn es kommunale, regionale, in Epochen von Staatenverbindungen auch nationale Ordnungen gibt, die gemeinschaftliche Identitäten ausgebildet haben und eine Pluralität befriedigender Lebensformen für Menschen sichern, gewinnt der Subsidiaritätsgrundsatz Plausibilität und Evidenz; aber wenn die Gefahr der Aushöhlung bzw.des „Plattmachens“ dieser Gemeinschaften akut wird, hat er Dringlichkeit.

II. Das rechtliche Profil des Art. 3 b EG-Vertrag

Die Subsidiaritätsartikel im Ersten Teil („Grundsätze“) des Maastrichter Vertrags reagieren auf das Problem, daß es Mitgliedsstaaten gibt, die die Europäische Union (EU) ins Spiel bringen wollen, weil sie selbst nicht willens oder in der Lage sind, bestimmte Probleme in Ordnung zu bringen, während andere ein Interesse daran haben, die EU aus solchen Angelegenheit herauszuhalten. Also waren drei handlungsorientierte Fragen zu stellen und zu beantworten: -Wann darf die EU tätig werden? (Einhaltung der Vertragsgrenzen). Sie darf nur in solchen Bereichen handeln, in denen ihr die Verträge ausdrücklich eine Befugnis erteilen. Dieses Einzelbefugnisprinzip, das im Umkehrschluß bedeutet, daß alles, was nicht der EU überschrieben wurde, die Sache der Nationalstaaten und ihrer Gliedkörperschaften geblieben ist, könnte Schluß machen mit Kompetenzanmaßungen der Kommission aus Art. 235 EWG-Vertrag („Vertragsabrundungskompetenz“), die der Europäische Gerichtshof wohlwollend hinnahm. Es hindert aber schwerlich die Fortsetzung einer auf unmittelbare Gemeinwohlförderung zielenden Politik durch die Mitgliedsstaaten. -Wenn die Union tätig werden darf, soll sie es auch? (Kompetenzübertragungsschranke). Sie soll es, wenn ihr nach den Verträgen die ausschließliche Zuständigkeit zusteht; im übrigen nur, wenn auf Mitgliedsstaaten-Ebene ein Ziel nicht ausreichend „und daher“ auf Unionsebene „besser“ erreicht werden kann. Offen bleibt, was Mitgliedsstaaten oder Bundesländer gegen die EU ausrichten können, wenn Kommission oder Rat mehrheitlich deren Meinung über „nicht ausreichend“ „und daher besser“ nicht teilt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die Gefahr einer „Erosion mitgliedsstaatlicher Zuständigkeiten und damit einer Entleerung der Aufgaben und Befugnisse des Bundestages“ angesprochen, räumt aber ein, daß Hilfe von Seiten der Rechtsprechung zu kurz greift, wenn die „Praxis des Rates als des eigentlichen Gesetzgebungsorgans der Gemeinschaft“ nicht mitzieht. Daß die deutschen Verfassungsorgane hier eine Pflicht zur Behauptung von Subsidiarität haben, wird ausdrücklich vermerkt, doch bleibt ihre Durchsetzung „politisch“ offen -Wenn die Union tätig wird, wie und in welchem Umfang soll sie es? (Schranke für die Kompetenzausübung). Die Mittel, die sie einsetzt, müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen und dürfen nicht über das zum Erreichen des Ziels nötige Maß hinausgreifen Auch bei der Auslegung des „rechten Maßes“ (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Übermaßverbot) besteht reichlich Auslegungsspielraum.

Es ist unschwer zu erkennen, daß der Gesetzes-wortlaut nur begrenzt streitentscheidende Evidenz besitzt; er muß durch die Revision von Text und Kontext, d. h.des Vertragsinhalts, durch konsequentes Staats-bzw. Gemeinschaftshandeln und durch ständige Rechtsprechung geschärft werden. Bis dahin bleibt die Frage, wie sich das Subsidiaritätsprinzip im Entscheidungskonflikt zwischen Union und Mitgliedsstaaten (Gebiets-körperschaften) politisch stärken und im Zweifel zugunsten einer „Nachrangigkeitsvermutung“ der Organe der EU strategisch artikulieren läßt.

III. Weitere Auslegungsregeln des Subsidiaritäts-Grundsatzes

Kann man, was rechtlich an Interpretationssicherheit fehlt, sozialphilosophisch und politisch gutmachen? Der sozialphilosophische Grundsatz, wonach die größere Gemeinschaft im Zweifel nachrangig für die Wahrnehmung jener Aufgaben ist, die eine kleinere Gemeinschaft zu bewältigen vermag, sagt weder über die Gerechtigkeits-bzw. Gemeinwohlargumente, auf die die Nachrangigkeitsvermutung sich begründet, noch über den Träger der Kompetenz-Kompetenz etwas aus. Die höchste, das Gemeinwohl sichernde Gemeinschaftsebene verliert ja erst dann ihr Recht und ihre Gerechtigkeit, wenn, gewollt oder ungewollt, untergeordnete Gemeinschaften zerschlagen oder aufgesaugt werden (Quadragesimo anno, 1931).

Vom Gesichtspunkt der das Gemeinwohl sichernden obersten Gemeinschaftsebene her läßt sich ein dreifaches Subsidiaritätshandeln unterscheiden, und zwar als eine unmittelbare und zwei mittelbare Formen der Gemeinwohlförderung: -Unmittelbare Formen der Gemeinwohlförderung (Subsidiarität im weiteren Sinn): Hilfe durch ersatzweise handelnde (intervenierende) oberste öffentliche Instanz. -Mittelbare Formen der Gemeinwohlförderung (Subsidiarität im engeren Sinn): einerseits Hilfe durch Aktivierung einer kleineren Gemeinschaft zur Selbsthilfe und andererseits Hilfe durch Interventionsverzicht der obersten öffentlichen Instanz im Interesse an der Eigenverantwortung der nachrangigen Instanz bzw. kleineren Gemeinschaft.

Klassisch wird das Gemeinwohl vom Staat durch unmittelbare Gewährung von Schutz und Hilfe gefördert. In diese Position des „Staates“ rückt unter der Geltung der Römischen Verträge zunehmend die Europäische Union ein. Damit die oberste öffentliche Instanz ihre verfassungs-bzw. vertragsgemäßen Funktionen erfüllen kann, sind Loyalität der Leistungsadressaten und ein zureichendes Maß an Macht (Kompetenzen, Institutionen, Informationen, Geld und Gewaltmittel) erforderlich. Nur dann nämlich lassen sich Beistandsverpflichtungen zuverlässig erfüllen, „gleiche Verträge“ aushandeln und Schutz vor starken Feinden bieten. Nicht nur in den klassischen Nationalstaaten, sondern auch in der Europäischen Union entstehen aus gesamtpolitischen Erwägungen Interventionsanlässe; einige davon sind durch institutioneile Regeln auf Dauer gestellt worden. So sollen Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abgewehrt und gegen die Auswirkungen des wirtschaftlichen und sozialen Wandels „soziale Gerechtigkeit“ befördert und gleiche Rechts-und Lebensverhältnisse in den unterschiedlichen sozialen und regionalen Sektoren geschaffen oder gesichert werden. Wer für Europa eine aktive globale Rolle fordert, wer europaweit Verteilungsregeln verbindlich machen und durchsetzen will, wer dringliche grenzüberschreitende Probleme effektiv lösen will, auch der muß der Union Kompetenzen zu unmittelbarer Gemeinwohlförderung einräumen und sie zur Führung einer supranationalen Politik befähigen.

Der Subsidiaritätsgrundsatz schließt -einer polemisch zu verstehenden Strömung katholischer Subsidiaritätsbeiträge zum Trotz, gegen die Roman Herzog zu Recht Einwendungen vorgebracht hat -von seinem sozialphilosophischen Ursprung her das unmittelbare Gemeinwohlhandeln nicht aus; man sollte insoweit von „Subsidiarität im weiteren Sinne“ sprechen. Allerdings liegt die kritische Masse des Grundsatzes im Bereich mittelbaren Gemeinwohlhandelns, den wir als Subsidiarität im engeren Sinne begreifen und der in den Maastrichter Vertrag eingeführt worden ist. Die Gemeinschaft (EU) kann ihm prinzipiell auf zwei Weisen Rechnung tragen:

-durch Leistungserbringung bzw. Interventionen, kraft deren die untergeordneten Gemeinschaften (Ebenen, Instanzen) in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und von sich her zum Gemeinwohl beizutragen („aktive Subsidiarität“) sowie -durch Leistungs-bzw. Interventionsverzicht:

Die kleineren Gemeinschaften werden in Ruhe gelassen und können nach eigenem Vermögen und aus eigenem Ermessen Beiträge zum Gemeinwohl artikulieren („passive Subsidiarität“).

Zwischen beiden Formprinzipien von Subsidiarität besteht abstrakt, aber nicht in praxi ein Ausschlußverhältnis; müssen sie doch meist in einem dichten Feld verbundener Politikformulierung und -Umsetzung („Politikverflechtung“, F. Scharpf) zur Anwendung gebracht werden! Man müßte daher, wenn konkrete Politikfelder zu gestalten sind, unter Wahrung der Selbständigkeit der jeweiligen Gemeinschaftsebene die Formprinzipien miteinander kombinieren.

IV. Aktive und passive Subsidiarität

Der Sinn aktiver Subsidiarität liegt in der tätigen Beziehung der europäischen Ebene zu den Mitgliedsstaaten und ihren Regionen, denen sie Hilfezur Selbsthilfe schuldet; der Sinn passiver Subsidiarität liegt stärker im Hinhören des Zentrums auf die Peripherie, im Geltenlassen der Nationalstaaten und Regionen, in der Anerkennung ihrer Wirkungskreise und ihrer besonderen Interessen, ihres besonderen Gedächtnisses, ihrer jeweiligen Legitimation -wobei das geordnete Funktionieren (teil) autonomer Untersysteme hohen Nutzen für das Gesamtsystem abwerfen kann. Zu rechnen ist mit kraftvollen Initiativen durch Leistungswettbewerb, hoher Motivation durch Selbstverantwortung, guten Partizipationschancen durch Bürgernähe, kurzen Rückmeldezeiten kraft Übersichtlichkeit und engen Kontrollspannen kraft Kleinräumlichkeit.

Die Abwägung zwischen aktiver und passiver Subsidiarität gehört in Föderativsystemen wie Deutschland, Österreich, die Schweiz, inzwischen auch Belgien zum täglichen Brot der Politiker, auch wenn ihnen die hier verwandte Terminologie nicht unbedingt geläufig sein muß. Seit Maastricht gehört diese Abwägung auch zum täglichen Geschäft der Europäischen Kommission und des Rates.

Die Versammlung der Regionen Europas hat 1992 in einer Übersicht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips („Subsidiaritätsbogen“) dazu wichtige Vorarbeit geleistet. Eine der von ihr aufgeworfenen Fragen lautet: Welche Nachteile bzw. Kosten („coüts de la Non-Europe“) entstehen, wenn die Gemeinschaft untätig bleibt „Non-Europe“ ist der in unserem Sinne reinste Ausdruck „passiver Subsidiarität“. Sie ist politisch dort umstritten, wo Interessenten eine europaweite Regelung erreichen oder an ihr festhalten wollen, wenn sie damit zufrieden sind, andere aber eine nationale Regelung vorziehen, die ihren besonderen Bedürfnissen mehr entgegenkommt (als Beispiele: der bindende Belastungsgrenzwert für Trinkwasser oder der empfohlene 0, 5-Promille-Grenzwert für Blutalkohol im Straßenverkehr).

Wie aber stellt sich heraus, ob die Gemeinschaft die angemessene Handlungsebene für unmittelbare Gemeinwohlsicherung ist, und falls nicht, ob Subsidiarität aktiv oder passiv zu verwirklichen ist? Bekanntlich entscheiden im Rahmen der Verträge bzw.der Verfahrensgewohnheiten einfache und qualitative Mehrheiten. Entscheidungen stützen sich auf vielerlei Gesichtspunkte, von besonderer Bedeutung ist aber der Gesichtspunkt „Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse“, denn er lenkt den Blick auf Struktur-und Kohäsionsfonds, die von Brüssel aus bedient werden. Was kann man tun, wenn eine Mehrheit von Staaten -um an Fondsmittel zu kommen -auf Souveränitätsrechte nur zu gern verzichtet und keine Veranlassung sieht, ihren Regionen und Kommunen die Selbstbestimmung zu sichern? Wäre eine fortschreitende Unitarisierung, wenn sie denn von der Mehrheit der Mitglieder so gewollt würde, von einer Minderheit überhaupt zu verhindern?

V. Politologische Erwägungen über aktive und passive Subsidiarität

Als die deutsche Präsidentschaft des Europäischen Rates in Teilen ihres Programms für das zweite Halbjahr 1994 eine Politik der Subsidiarität proklamierte, da hießen die Ziele: Wahrung der Eigenständigkeit der Mitgliedsstaaten und größere Bürgernähe. Das meinte: Den Staaten müsse „ausreichender Spielraum“ für „eine die besonderen regionalen Gegebenheiten berücksichtigende Anwendung und Durchführung des Gemeinschaftsrechts“ verbleiben gerade auch im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik. Alles EG-Recht sei unter dem Gesichtspunkt von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 3 b Abs. 2 und 3 EG-Vertrag zu überprüfen

Zweierlei fällt an diesen Erläuterungen auf: 1. Subsidiäre Politik meint: Das sich ausbreitende Gemeinschaftsrecht soll durch nationale und subnationale Exekutiven, also gewaltenteilig im horizontalen Sinne, implementiert werden. 2. Das Subsidiaritätsprinzip als principium pacti ist von der europäischen Ebene her definiert; sie -nicht die Mitgliedsstaaten -wird angehalten, ihren Auftrag unter Beachtung der Eigenständigkeit Dritter zu erfüllen.

Der Subsidiaritäts-Grundsatz im Rahmen mittelbarer Gemeinwohlsicherung ist damit unvollständig erfaßt; insbesondere wird nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Einlösung subsidiärer Politik von dem korrespondierenden Handeln der Mitglieder und ihrer Glieder abhängt und es entscheidend auf deren Bemühungen ankommt.

Deutlicher äußerte sich die bayerische Staatsregierung, die einen Katalog subsidiärer Politik-Ziele erarbeitete, der gleichfalls von der Zuordnung der Aufgaben auf „die sach-und bürgernächste Ebene“ ausgeht. Als maßgebliches Kriterium der Aufgabenzuordnung gilt die „Leistungsfähigkeit der Mitgliedsstaaten“ und nicht die Erwägung, ob die EU eine Aufgabe „besser“ erledigen könne. Einer Gemeinschaftsregelung bedürfe es auch dann nicht, wenn schon innerstaatlich auf eine Regelung verzichtet werde, etwa wegen des „Vorrangs des privaten vor dem öffentlichen Handeln“. Aufgaben, die gemeinschaftlich erledigt werden sollen, dürften nicht aus Generalklauseln erschlossen werden, sondern müßten präzise benannt sein. Klauseln, die die Gemeinschaft zu ermächtigen scheinen, sich selbst Kompetenzen zuzusprechen, seien zu streichen wie etwa Art. 235 EG-Vertrag. Die Wahrung gliedstaatlicher Eigenrechte ist erkennbares Ziel dieser Positionsbestimmung, die -nicht von ungefähr -das Subsidiaritätskonzept der EG strikt mittelbar auslegt.

Wie läßt sich eine Politik, die auf passive Subsidiarität zielt, auf europäischer Ebene umsetzen? Welche Strategien stehen zur Verfügung, die den Subsidiaritätsartikel aus der „Gruppe der Verschleierungsparagraphen“, von denen „keine wirklichen Auswirkungen zu erwarten“ sind (M. Brunner), herausholen und politisch umsetzen Diese Fragen zu stellen, heißt politische Lösungen zu erwägen. Sie liegen auf der Ebene der vertraglichen Ordnung (polity), des politischen Prozesses (politics), auf der von spezifischen Politikfeldern (policies und auch auf der viel zu wenig diskutierten Ebene des politischen und des Fachpersonals (politicians)

VI. Politische Strategien mittelbarer Gemeinwohlförderung

Fünf Ansatzpunkte und Strategien bieten sich an, konsequente Subsidiaritätspolitik zu betreiben.

Der völkervertragsrechtliche Status der EU (Vertragsherrschaft, Austrittsrecht): Den größten Einfluß auf Subsidiaritätspolitik hat der vertrags-rechtlicheCharakter der Gemeinschaft, den das Bundesverfassungsgericht als Staatenverbund bestimmt hat. Wie im Staatenbund sind die Mitgliedsstaaten Herren des Vertrags, sie können die völkervertragsrechtliche Grundlage abändern, ggf. aufheben, und sie behalten ein Recht zum Austritt -ihre staatliche Souveränität löst sich also nicht in bloße Teilhaberechte auf. „Deutschland -so hat es das Bundesverfassungsgericht formuliert -ist einer der , Herren der Verträge', die ihre Gebundenheit an den , auf unbegrenzte Zeit'geschlossenen Unions-Vertrag (Art. Q EUV) mit dem Willen zur langfristigen Mitgliedschaft begründet haben, diese Zugehörigkeit aber letztlich durch einen gegenläufigen Akt auch wieder aufheben können.“

Dadurch wird der Staatenbund/Staatenverbund fähig zu „mittelbarer Gemeinwohlförderung“, das heißt, er vermag nicht nur Gemeinschaftspolitik dezentral zu organisieren, sondern auch intergouvernementale Politik zu machen. Eine europäische Arbeitsteilung auf der Grundlage von Nationalstaaten einschließlich besonderer Beziehungen zur einen oder zur anderen Großmacht kann durchaus im gesamteuropäischen Interesse liegen. Selbst nationale Ausstiegs-Klauseln müssen nicht europawidrig sein, sie können die Gemeinschaft von Problemen entlasten.

Personalrekrutierung: Den größten Einfluß auf die Formierung subsidiärer Politik dürfte dem politisch-administrativen Personal der Institutionen der EU zufallen. Der Europäische Rat und die Kommission könnten daher den Versuch machen, durch Absprachen zwischen subsidiär eingestellten Mitgliedern den bisherigen Kampf um Länderquoten zugunsten von Subsidiaritätsquoten abzulösen. Dadurch würde dem unitarischen Geist der Brüsseler und Luxemburger Institutionen wirkungsvoll entgegengearbeitet. Voraussetzung dafür ist, daß die in der EU tätigen Personen durch Fortbildung ausreichend befähigt und durch Änderung des Anreizsystems auch motiviert sind, „subsidiäres Denken“ in täglicher Entscheidungspraxis phantasiereich und entschlossen zu bewähren.

Teil-Kündigung: Die Strategie der Eventualkündigung wurde von Briten und Dänen erfolgreich eingesetzt, als sie sich das Recht ausbedungen haben, trotz möglicher Erfüllung der Konvergenzkriterien zum Stichjahr 1999 auf die Teilnahme an der Währungsunion zu verzichten bzw., wie im Fall Großbritanniens, von vornherein die Mitwirkung an einer Sozialunion zu verweigern. Wenn eine Ausstiegsklausel aus dem Gemeinschaftsrecht nicht beantragt oder nicht gewährt wird, bleibt einem Mitgliedsstaat, der aus einer europäischen Regelung ausscheren will, nur die Verpflichtungsauf37 kündigung. Eine solche Strategie zur Durchsetzung passiver Subsidiarität kann dramatisch sein: Die anderen Mitglieder müssen zur Hinnahme eines Vertragsbruches oder zu Verhandlungen in Richtung auf eine Vertragsnachbesserung bereit sein. Spektakulär waren die Bemühungen, Frankreich von seiner „Politik des leeren Stuhls“ abzubringen („Luxemburger Kompromiß“ 1966); nicht weniger spektakulär wäre die Aussetzung der Währungsunion durch die Bundesrepublik.

Institutioneile Arrangements: „Kompetenzanmaßungen“ der EU können durch die Art der institutionellen Arrangements auf Mitgliedsstaats-Ebene gemildert bzw. ganz vermieden werden. Zu nennen sind u. a.: -die Implementation von Gemeinschaftsrecht durch gliedstaatliche bzw. teilselbständige Verwaltungen. Dadurch kann -im Sinne der „vertikalen Gewaltenteilung“ (H. Kohl) -supranationale Konzentration von Macht aufgelöst und auf „bürgernahe“ Standorte verteilt werden. Kompetenzkataloge allein leisten diese Aufgabe nicht, wenn nicht öffentlicher und interner Druck zugunsten einer „gliedstaatsfreundlichen“ Umsetzung von Gemeinschaftsrecht hinzutritt -die Anwendung der freien (sozialen) Marktwirtschaft auf den Binnenmarkt. Sie verdankt sich dem Umstand, daß in den Gründerstaaten der EWG „ein sehr strikter Anti-Interventionismus“ vorherrschte. Ihm haben sich jedoch bürokratisches Denken, die Macht von Gruppeninteressen (Erzeuger, Handel usw.), die Eigendynamik sozialer Sicherungssysteme, die Tendenz zur Vergesellschaftung von Risiken in den Weg gestellt; angesichts ihrer Allgegenwart ist die Durchsetzung marktwirtschaftlicher Strukturen („Ordnungspolitik“) dornenreich.

Ein Schritt zu mehr Handelsfreiheit sieht Manfred Brunner in der Ersetzung der Totalharmonisierung des gewerblichen Rechts durch das Ursprungsland-Prinzip, woran er selbst mitgewirkt hat -die Anerkennung freier gesellschaftlicher Träger als vorrangig Anzuhörende bzw. Tätig-werdende wie etwa Sozialpartner oder freie Wohlfahrtsverbände. Die Sozialpartner müssen zuerst dafür auf europäischer Ebene ihr Vertretungsproblem lösen. Auch hängt die Berücksichtigung freier gesellschaftlicher Träger in der europäischen Sozialpolitik davon ab, in welchem Ausmaß sie kooperien, welcher Politikbereiche sie sich vertraglich annehmen und mit welchem Nachdruck sie ihre Ziele verfolgen. Je nachdem, wie dies ausfällt, müßte der europäische Arbeits-und Sozial-gesetzgeber Regelungszuständigkeiten zurücknehmen

Der Rechtsweg: Aktive und passive Subsidiarität durchzusetzen kann auch auf dem Rechtsweg gelingen. Die Einhaltung des Prinzips ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe die Sache des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat sich in älteren Entscheidungen als Vorstreiter einer Politik der Beschneidung nationaler zugunsten von Gemeinschaftszuständigkeiten ausgezeichnet; Karlsruhe erwartet, daß mit der seit Maastricht offenbar gewordenen Integrationsdichte die Handlungsmöglichkeiten europäischer Organe „nicht nur auf Ziele hin zu bestimmen, sondern in ihren Mitteln tatbestandlich zu erfassen, ihre Aufgaben und Befugnisse also gegenständlich zu umgrenzen“ seien Das kann ‘bedeuten, daß institutioneile Arrangements, wie sie oben beschrieben wurden, ihren rechtlichen Bestand verlieren. So hat das „Bananenurteil“

vom 4. Oktober 1994 sondervertraglich fortbestehende Freiheiten deutscher Bananenimporteure ins Prokrustesbett der allgemeinen europäischen Binnenmarktordnung gezwungen.

In Fragen des völkervertragsrechtlichen Status der EU und einer Strategie der „ultima ratio“ des Mitgliedsstaates Deutschland erscheint im Licht des Urteils vom 12. Oktober 1993 ein Gang nach Karlsruhe lohnender als ein Gang nach Luxemburg. Denn noch ist es ungewiß, ob eine Weiterentwicklung der EU zu einem Bundesstaat, wie sie aus den großen Bonner Parteien heraus betrieben wird, nur aufgeschoben ist oder ausgeschlossen bleibt.

VII. Europa-Konzeptionen und Subsidiaritätspolitik

Die oben näher ausgeführten Strategien müssen nicht erfunden, sondern nur zielstrebig genutzt werden. Insofern ist der Kampf um die Revision des Maastrichter Vertrags („Maastricht Zwei“) in der europäischen Politik längst im Gang. Umgekehrt wird die völkervertragsrechtliche Form der Gemeinschaft, die 1996/97 verabredet werden dürfte, die Entfaltung der subsidiären Politikstrategien entscheidend beeinflussen. Unter dem Blickwinkel unterschiedlich entfaltbarer Subsidiaritätspolitik werden heute drei Europa-Konzeptionen vertreten: der große Bundesstaat, der kleine Bundesstaat in einem größeren Staatenbund und der große Staatenbund.

Ein großer Bundesstaat, wie er in der unmittelbaren Fortsetzung von „Maastricht Eins“ liegen könnte, wird von den Mittelmeer-Anrainern und von Irland vertreten. Sie wollen eine Fusion im Gleichschritt aller Mitglieder, was bedeutet, daß die starken die schwachen Volkswirtschaften in Richtung auf Strukturvereinheitlichung und Kohäsion mitziehen und die dafür erforderlichen Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene formuliert und in Gang gesetzt werden. Dem politischen Gleichschritt, so die Annahme, folge der sozialökonomische nach. Freilich ist die Idee eines „politischen Gleichschritts“ der EU schon heute weithin illusionär für die Entfaltung von Subsidiaritätspolitik wäre sie ungeeignet: Wenn das, was die schwächsten Mitglieder nicht selbst zu leisten vermögen, Brüssel wahrnehmen muß, ist passive Subsidiarität insoweit ausgeschaltet und aktive Subsidiarität würde zur Verhüllungsformel unmittelbarer, d. h. supranationaler Gemeinwohlförderung verkommen.

Den kleinen Bundesstaat in einem größeren Staatenbund vertreten Christdemokraten und Christlich-Soziale in den Parlamenten von Bonn und Straßburg. Mit der „Kern-Europa“ -Idee (sog. Schäuble-Papier stellen sie dem Drang nach immer mehr „Kohäsion“ die währungspolitischen „Konvergenz-Kriterien“ entgegen. Die Integration wird danach nicht in erster Linie vom ungleichen regional-und sozialpolitischen Bedarf her gesteuert, sondern nach der relativen wirtschafts-und finanzpolitischen Leistungsfähigkeit supranational verbundener Mitgliedsstaaten. Es gibt heute kein gleich gutes Konzept, um zu vermeiden, daß Kompetenzvermutungen zugunsten nachgeordneter Gemeinschaften auf lange Zeit leerlaufen. Das Kern-Europa-Konzept, das von der Tatsache einer „europäischen Regierung“ ausgeht, favorisiert zwar Politiken unmittelbarer Gemeinwohlförderung, aber auch Formen aktiver Subsidiarität. Wegen seiner bundesstaats-nahen Zielvorstellung vernachlässigt es -im Kern -die Dimension passiver Subsidiarität.

Das Konzept des großen europäischen Staaten-bundes schließlich wurde und wird von den konservativen britischen Premierministern vertreten. Mit seinem Mehr-Kerne-Konzept (Multi-coreEurope hat John Major unmittelbar auf Wolfgang Schäuble geantwortet, dem es in der Ablehnung des Gleichschrittskonzepts ähnelt; es formuliert jedoch den Verzicht auf Fusion grundsätzlicher. Nicht ausgeschlossen werden Sondervereinbarungen. Derlei Vereinbarungen stehen in der Tradition klassischer britischer Gleichgewichtspolitik. Subsidiaritätspolitisch setzt John Major auf mittelbare Gemeinwohlförderung und schafft, anders als das Kern-Europa-Konzept, viel Raum für passive Subsidiarität.

Zusammenfassend läßt sich feststellen: Der Vertrag von Maastricht -beschlossen am 9. /10. Dezember 1991, in Kraft getreten am 1. November 1993 -hat die supranationale Dimension so sehr betont, daß die Europäische Gemeinschaft in eine Akzeptanzkrise geriet. Die zwölf Regierungen hofften, die europäischen Öffentlichkeiten durch die ausdrückliche Gewährleistung des ihnen vertrauten regionalen und nationalen Politik-Umfeldes zurückgewinnen zu können und warben mit dem Subsidiaritätsprinzip für ein Europa der Bürger. Die rechtliche Auslegung des erstmals völkervertragsrechtlich fixierten Prinzips steht im Streit: Während die Kommission im Zweifel supranationale Lösungen bevorzugt („komparativer Effizienztest“), befürworten einige Mitgliedsstaaten und gliedstaatliche Akteure (unter ihnen Bayern) gegenteilige Antworten: Im Zweifel soll der kleineren Gemeinschaft das letzte Wort zustehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hermann Lübbe, Abschied vom Superstaat. Vereinigte Staaten von Europa wird es nicht geben, Berlin 1994, S. 133 f.

  2. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 9. 1994, S. 8.

  3. Vgl. Alexander Hollerbach, Subsidiaritätsprinzip II. Rechtliche Aspekte, in: Staatslexikon, Görres-Gesellschaft (Hrsg.), 5. Bd., Freiburg 19947, Sp. 389f.; Roman Herzog, Das Subsidiaritätsprinzip, in: Evangelisches Staatslexikon, Stuttgart u. a. 1975", Sp. 2591 ff.

  4. Acta Apostolicae Sedis, 23 (1931), S. 177ff., S. 203 n. 79; zur katholischen Auslegung vgl. Viktor Zsifkovits, Subsidiaritätsprinzip, in: Katholisches Soziallexikon, hrsg. von Alfred Klose/Wolfgang Mantl/Valentin Zsifkovits, Innsbruck u. a. 19802, Sp. 2994ff.

  5. Vgl. Franz Knöpfle, Zur Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips für die verfassungsrechtliche Ordnung, in: Norbert Glatzel/Eugen Kleindienst, Die personale Struktur des gesellschaftlichen Lebens. Festschrift für Anton Rauscher, Berlin 1993, S. 151 ff.

  6. Vgl. Europäischer Rat von Edinburgh, Tagung der Staats-und Regierungschefs der EG am 11. /12. 12. 1992, Schlußfolgerung des Vorsitzes, abgedruckt in: Detlef Merten (Hrsg.), Die Subsidiarität Europas, Bd. 16, Berlin 19942, S. 136-146. Zu einigen politischen Wirkungen des Subsidiaritätsprinzips vgl. Markus Jachtenfuchs, Die EG nach Maastricht. Das Subsidiaritätsprinzip und die Zukunft der Integration, in: Europa-Archiv, (1992) 10, S. 279ff.

  7. Vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, 89. Bd., Tübingen 1994, S. 157ff.

  8. Vgl. R. Herzog (Anm. 5), Sp. 2591 ff.

  9. Vgl. Peter Häberle, Das Prinzip der Subsidiarität aus der Sicht der Verfassungslehre, in: Archiv des öffentlichen Rechts, 119 (1994), S. 180.

  10. Vgl. Bundeskanzler Helmut Kohl, Ziele und Schwerpunkte der deutschen Präsidentschaft im Rat der EU, in: Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Aktuelle Beiträge zur Wirtschafts-und Finanzpolitik, Nr. 14 vom 24. 6. 1994, S. 30.

  11. Vgl. Manfred Brunner, Das Subsidiaritätsprinzip als europäisches Prinzip, in: D. Merten (Hrsg.) (Anm. 8), S. 20.

  12. Politikwissenschaftliche Fragestellungen zum Subsidiaritätsprinzip konzentrieren sich auf institutionelle und auf Politikfeld-Aspekte, noch kaum auf politics-Aspekte, vgl. Jachtenfuchs (Anm. 8); Vertrags M. Rudolf Hrbek, Das -werk von Maastricht: Die EG auf dem Weg zur Europäischen Union, in: Wirtschaftsdienst, 72 (1992), S. 131ff.; Wolfgang Renzsch, Subsidiaritätsklausel des Maastrichter Vertrages: Keine Grundlage für die Kompetenzabgrenzung in einer Europäischen Politischen Union, Zeitschrift für in: Parlamentsfragen, 24 (1993), S. 104ff.

  13. Über die „vergessene“ vierte Dimension des Politik-Begriffs, nämlich die Dimension der politischen Personen, vgl. Paul-Ludwig Weinacht, Die Politiker und das Persönliche der an Politik, in: Festschrift für Bernhard Sutor zum 65. Geburtstag, hrsg. von Karl von Ballestrem u. a., Paderborn 1995 (i. E.).

  14. Regionale Subsidiaritätspolitik als europäische Politik wurde seit Ende der siebziger Jahre von Bayerns Ministerpräsident Alfons Goppel, dann verstärkt von seinem Nachfolger im Amt Max Streibl angestoßen; vgl. Franz-Ludwig Knemeyer, Entwicklungslinien zu einem Europa der Regionen, in: ders. (Hrsg.), Europa der Regionen -Europa der Kommunen. Wissenschaftliche und politische Bestandsaufnahme und Perspektive (= Kommunalrecht -Kommunalverwaltung, Bd. 13) Baden-Baden 1994, S. 16ff. Hier finden sich auch die ersten kräftigen Konturen einer kommunalen Subsidiaritätspolitik, vgl. Heinrich Hoffschulte, Kommunale und regionale Selbstverwaltung im Europa der Regionen. Zur Rolle der vierten Ebene in der Europäischen Union, in: ebd.. S. 135ff.

  15. M. Brunner (Anm. 13), S. 9.

  16. Vgl. Heinz Markmann, Die Rolle der Verbände in der EG, und Klaus Sieveking, Bestimmungsfaktoren und Bezugspunkte der Europäischen Sozialpolitik, in: Rudolf Wildenmann (Hrsg.), Staatswerdung Europas? Optionen für eine Europäische Union, Baden-Baden 1991, S. 269ff., S. 285 ff.

  17. Bernhard Kahl, Europäische Union: Bundesstaat-Staatenbund-Staatenverbund. Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. 10. 1993, in: Der Staat, Bd. 33 (1994), S. 341 ff.

  18. Großbritannien und Dänemark haben sich in Maastricht Sonderkonditionen ausgehandelt, Beitritts-Länder genießen Übergangsregelungen, und selbst die Währungsunion ist nur für Mitglieder erreichbar, die die Kriterien der Konvergenz erfüllen.

  19. Die „Überlegungen zur europäischen Politik“ sind samt internationalem Presse-Echo abgedruckt in: Das Schäuble-Lamers-Papier. Nationale und internationale Reaktionen (= Dokumentation) hrsg. von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bereich Forschung und Beratung -Internationale Politik -, St. Augustin, Oktober 1994.

  20. Die „Antwort“ John Majors erfolgte in einer Rede vor der Universität Leiden, vgl. 16 Downing Street Press Notice vom 7. Sept. 1994, abgedruckt in: Das Schäuble-Lamers-Papier (vgl. Anm. 21), zusammengefaßt in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 9. 1994, S. 3; zum britischen Föderalismus-Verständnis, das die kommunalen Selbstverwaltungsrechte betont.

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Paul-Ludwig Weinacht, Dr. phil., geb. 1938; Studium der Germanistik, Politischen Wissenschaft, Romanistik; seit 1979 Lehrstuhl für die Didaktik der Sozialkunde und für Politische Wissenschaft; Mitvorstand des Instituts für Politische Wissenschaft der Universität Würzburg. Veröffentlichungen u. a.: Staat. Studien zur Bedeutungsgeschichte des Wortes, Berlin 1968; Eine neue Verfassung für die Bundesrepublik?, Bonn 1972; (Hrsg.) Von der geteilten zur offenen Welt. Verflechtungen und Balancen, Würzburg 1993; (Hrsg.) Wege aus der Parteiverdrossenheit, Würzburg 1994.