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Zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen | APuZ 38/1994 | bpb.de

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APuZ 38/1994 Zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen Jugend und Gewalt Ergebnisse einer empirischen Untersuchung an Magdeburger Schulen Jugend und Religion in den neuen Bundesländern

Zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen

Heidrun Bründel/Klaus Hurrelmann

/ 20 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Frage, warum viele Kinder und Jugendliche gewalttätig sind, läßt sich mit einem Hinweis auf die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft beantworten, die sich in allen Bereichen zeigt: in der Familie, der Schule, dem Freizeitbereich und den Medien. In unserer Gesellschaft werden die sozialen Spielregeln für Fairneß und Anerkennung nicht mehr eingehalten. Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und kann geradezu als „soziale Krankheit“ unserer Gesellschaft bezeichnet werden. Aggressive Kinder und Jugendliche werden nicht als solche geboren, sondern im Verlauf ihrer Sozialisation erst dazu gemacht. Der Schlüssel zur Gewalt unserer Kinder und Jugendlichen liegt in ihrer Umwelt und den strukturellen Bedingungen ihrer Lebenswelt. Eine Minderheit von Kindern und Jugendlichen ist gewaltbereit. Es sind die Jugendlichen des „unteren Drittels“ unserer Gesellschaft, die sich unter ungünstigen Konkurrenzbedingungen gegenüber den privilegierten „oberen zwei Dritteln“ benachteiligt fühlen. Das Ausmaß ihrer Gewalt hängt mit Enttäuschungen, Frustrationen, Verunsicherungs-und Versagenserfahrungen zusammen, die sie schon sehr früh in unserer Gesellschaft machen. Aggression und Gewalt sind Reaktionen auf eine als sinnlos empfundene Freizeit und auf einen Mangel an Zukunftsperspektiven.

I. Gewalt -eine „soziale Krankheit“ der gesamten Gesellschaft

Die brutalen und lebensgefährlichen Formen, in denen sich gegenwärtig die Gewalt einiger Kinder und Jugendlicher äußert, stehen in einem auffallenden Mißverhältnis zu dem oft nichtigen Anlaß. Der bloße Zufall kann genügen, um Gewalt auszulösen. Die Täter geben keine Gründe mehr für ihr Tun an, sie reagieren mit einem Achselzucken. Es scheint so, als brauche Gewalt weder Anlaß noch Ziel, als genüge und rechtfertige sie sich selbst. Willkür und Sinnlosigkeit kennzeichnen viele Gewalthandlungen der letzten Zeit. Gleichgültigkeit zeigt sich gegenüber dem Objekt und Mitleidlosigkeit in bezug auf das Opfer, das die Jugendlichen oft nicht einmal kennen. Täter und Opfer begegnen sich zufällig. Gewalt wird als Chance gesehen, sich auszuleben und auszutoben, ein Gefühl von Stärke auszukosten und Überlegenheit zu demonstrieren. Gewalt scheint Spaß zu machen. Haben unsere Jugendlichen keine anderen Möglichkeiten, sich selbst zu verwirklichen? Gibt es für sie keine anderen Betätigungen, mit denen sie Abenteuerlust und Nervenkitzel befriedigen können?

Gewalt ist tief im Gewebe des sozialen Zusammenlebens verankert. Wir treffen sie überall und in unterschiedlichster Form an. Sie wird als physische, psychische, verbale, sexuelle, strukturelle sowie als trauen-und fremdenfeindliche Gewalt ausgeübt. Gewalt entsteht in zwischenmenschlichen Beziehungen und ist ein Signal dafür, daß die sozialen Kontakte nicht zur gegenseitigen Zufriedenheit ablaufen. Gewalt stellt meistens die Endphase aufgeschaukelter Konflikte dar. Sie wird zwar als Mittel der Konfliktlösung eingesetzt, erzeugt aber neue Konflikte. Aggressionen entstehen immer dann, wenn Menschen nicht mit den sozialen Lebensbedingungen zurechtkom-Der Beitrag ist dem Buch Heidrun Bründel/Klaus Hurrelmann, Gewalt macht Schule. Wie gehen wir mit aggressiven Kindern um?, Verlag Droemer-Knaur, München 1994, entnommen. men, die ihnen durch ihre Umwelt aufgezwungen werden.

Kinder und Jugendliche, die aggressiv werden, spiegeln uns Erwachsenen den kulturellen Zustand der Gesellschaft wider: Sie werden aggressiv, wenn sie nicht die Zuwendung und den Zuspruch erfahren, den sie für eine gesunde Entwicklung benötigen, wenn ihre Bedürfnisse nach Anerkennung und Selbstentfaltung über einen langen Zeitraum mißachtet werden. Die Spirale der Gewalt besteht einerseits zwischen den Generationen, aber auch zwischen den Gleichaltrigen: Sie werden geschlagen und schlagen zurück.

Wer sich gründlich und ohne Scheuklappen mit dem bedrückenden Thema „Aggression und Gewalt bei Kindern und Jugendlichen“ beschäftigen will, der kommt um eine nüchterne und präzise Bestandsaufnahme nicht herum und ebensowenig um eine Klärung der Ursachen.

Wenn die Aggressionen bei Kindern und Jugendlichen in der letzten Zeit tatsächlich zugenommen haben -und vieles spricht dafür -dann läßt sich diese Entwicklung nicht auf den ungünstigen Einfluß einzelner Menschen oder einzelner Berufsgruppen zurückführen. Das Auftreten von Gewalt bei Kindern und Jugendlichen deutet darauf hin, daß in unserer Gesellschaft die sozialen Spielregeln der Fairneß und Anerkennung nicht mehr eingehalten werden.

Was genau ist eigentlich anders geworden im Vergleich zu früher? Offenbar hat sich das Klima des Zusammenlebens verändert. Kinder und Jugendliche schlagen heute schon bei nichtigen Anlässen schneller und mitleidloser zu als früher. Besonders beunruhigend ist die schleichend wachsende ganz alltägliche Gewaltbereitschaft unter Schülern, ihr fehlendes Mitgefühl und ihre sinkende Hemmschwelle. Alles dies führt dazu, daß auch dann noch geprügelt wird, wenn das Opfer schon am Boden liegt. Große Sorgen bereiten das fehlende Unrechtsbewußtsein und die fehlende Verantwortung für den anderen. Ordnungs-und Erziehungsmaßnahmen werden häufig nur als Schikane empfunden, die Täter-Opfer-Situation wird auf den Kopf gestellt: der Angeklagte macht sich zum Ankläger.

II. Gewalt in der Familie

Ein hohes Maß an Gewalt kommt aus dem intimsten Bereich der Gesellschaft, nämlich aus den Familien. In Deutschland gibt es sogar immer noch ein rechtlich verbürgtes „Züchtigungsrecht“ der Eltern. Leider sind gerade die doch so beziehungsintensiven Familien ein Hort körperlicher, nicht selten brutaler Gewalt. Solange sich hieran nichts ändert, dürfen wir uns über Aggressions-und Gewaltimpulse von Kindern und Jugendlichen nicht wundern.

1. Patriarchalische Familienstrukturen

In vielen Familien herrscht eine patriarchalische Familienstruktur. Frauen und Kinder haben oft kein Mitspracherecht und werden vom männlichen Familienoberhaupt häufig als „soziales Mobiliar“ betrachtet.

Viele Kinder und Jugendliche müssen schon sehr früh erfahren, daß sie kein Recht auf Individualität haben, eigentlich nur Störfaktoren und im Grunde eine Belastung für die Eltern sind. Sie fühlen sich ungeliebt und nicht willkommen in einer Umwelt, die ihnen ständig signalisiert, daß sie nichts sind und nichts können. Dieselben Jugendlichen, die sich öffentlich und nach außen hin so stark und aggressiv zeigen, haben sehr oft selbst vielfältige Gewalterfahrungen in ihrer eigenen Familie gemacht. Sie sind Opfer unterschiedlichster Gewalt-einwirkungen, körperlicher und sexueller, die ihre Ursachen einerseits in der Familienstruktur und der durch sie ausgelösten psychischen und sozialen Dynamik der Familienbeziehungen haben, andererseits aber auch in der Abgeschlossenheit unserer Familien von der sozialen Umwelt und damit in einem immer noch in unserer Gesellschaft vorherrschenden Männlichkeitsideal und Machtanspruch des „Familienoberhaupts“. In der Erziehung zur „Männlichkeit“ wird auch heute noch vor allem auf diejenigen Eigenschaften Wert gelegt, die auf Überlegenheit und Herrschaft abzielen. Macht über andere auszuüben, ist in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Privileg des Mannes. Ungewollte Schwangerschaft, Ablehnung, Vernachlässigung, sexueller Mißbrauch und körperliche Mißhandlung sind nur einige Etappen auf dem Weg der Gewalt und Aggression.

Jungen und Mädchen lernen von Vorbildern. Die Herausbildung der Geschlechtsidentität ist ein wesentlicher Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung. Jungen lernen schon früh, sich besonders gegenüber Mädchen stark und überlegen zu geben. Zu ihrem Verhaltensrepertoire gehört es, sich kämpferisch zu zeigen, mit der eigenen Stärke anzugeben, sich zu raufen, sexistische Sprüche von sich zu geben, den Mädchen die Röcke hochzuheben, Mädchen anzurempeln usw.

2. Gewalterfahrung und Gewaltanwendung

Die Ursachenforschung zeigt, daß ein Zusammenhang zwischen Gewalterfahrungen in der Kindheit und eigener Gewaltanwendung als Jugendlicher und Erwachsener besteht, eine Art Kreislauf der Gewalt also. Bei unsozialem Verhalten von Kindern wird oft eine „Weitergabe“ der Verhaltensstörung über Generationen hinweg beobachtet, so daß hier entweder eine genetische Komponente im Spiel ist oder aber zumindest ein sehr intensives „Lernen am Modell“.

Kinder, die von ihren Eltern mißhandelt wurden oder Gewalthandlungen unter ihren Eltern mit-ansehen mußten, tragen ein erhöhtes Risiko, als Erwachsene auch die eigenen Kinder oder ihren Partner körperlich zu mißhandeln. Das Kind übernimmt also ganz offensichtlich von den Eltern Muster von Konfliktlösungen und sozial akzeptiertem Verhalten zur Durchsetzung eigener Wünsche gegenüber Mitmenschen. Körperliche Mißhandlung in der Familie hat deswegen eine große Ausstrahlungskraft in verschiedenste Lebensbereiche und deutet auf ein unangemessenes erzieherisches Problemlösungsverhalten der Eltern hin.

3. Was getan werden muß

Der Abbau von Gewalt muß demnach im sozialen Nahraum beginnen. Familie, Kindergarten, Schule und Nachbarschaft sind gefragt. Wer Gewalt von Kindern und Jugendlichen vermindern will, muß bei sich selbst anfangen und darf nicht darauf warten, daß andere etwas tun. Eltern und Lehrerinnen und Lehrer sollten diesen Zusammenhang sehen, ohne eine Vorwurfshaltung einzunehmen und ohne in Schuldzuweisungen zu verfallen. Nur wenn sie verstehen, wie Aggression und Gewalt entstehen, wie sich die Gewaltspirale entwickelt und wie schnell sie sich selbst im Teufelskreis der Gewalt verstricken, können sie helfen, eingreifen und ihr eigenes Verhalten verändern. Wer Gewalt vermindern will, muß sich zunächst einmal fragen, welches Verhältnis er/sie selbst zur Gewalt hat, was für ihn/sie überhaupt Gewalt ist und wo er/sie, vielleicht ohne es zu wollen und sich dessen bewußt zu sein, selbst gewalttätig ist. Durch eigenes verantwortliches Handeln und vor allem durch Gewaltverzicht kann viel Gewalt abgebaut werden. Eltern brauchen dabei Unterstützung. Ihre Erziehungsfähigkeit muß gestärkt werden. Dies kann durch psychologische und familientherapeutische Arbeit geschehen, die durch staatliche finanzielle und wirtschaftliche Hilfen unterstützt werden muß.

III. Gewalt im schulischen Bereich

Die Erscheinungsformen von Gewalt in der Schule reichen von Disziplinlosigkeit im Unterricht, verbalen und physischen Attacken gegenüber Lehrern und Mitschülern, Regelverletzungen, Schulschwänzen, Zerstörung von Schuleigentum (Vandalismus), Diebstahl, Raub und Erpressung bis hin zu Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Jugendbanden und Schlägereien mit ausländischen Jugendlichen. Der Komplex „Schule und Gewalt“ wird in den letzten Jahren vermehrt unter dem Gesichtspunkt der körperlichen Gewalt, die von Schülern ausgeht, und zwar als Gewalt gegen Sachen (Beschädigung von Schuleigentum), als Gewalt von Schülern gegen Schüler (Randale, Revierkämpfe, Terror) und als Gewalt von Schülern gegen Lehrer, thematisiert. Die in den siebziger und achtziger Jahren intensiv diskutierte „strukturelle Gewalt“ der Schule, die sich aus der institutioneilen Notwendigkeit ergibt, Beurteilungen auszusprechen und damit Chancen zu verteilen, sollte hierüber aber nicht vergessen werden, denn in der Schule geht es nun einmal auch um Ausübung von Macht und Herrschaft, um die den hierarchischen Strukturen innewohnenden Abhängigkeiten und Unterordnungsriten.

1. Wieviel Gewalt geschieht in der Schule?

Aus den jüngsten schulbezogenen Studien geht hervor, daß von einer Zunahme aggressiver und gewaltförmiger Handlungen in der Schule „auf breiter Front“ wohl nicht gesprochen werden kann, daß es jedoch dennoch eine Minderheit erheblich problembelasteter Schüler gibt, die zur Gewalt neigen.

Es wird ebenfalls deutlich, daß Aggression und Gewalt in der Schule vor allem ein Jungenproblem ist. Kinder männlichen Geschlechts sind öfter Täter als Mädchen. Fast zehn Prozent der Jungen, aber nur vier Prozent der Mädchen gaben sehr häufige Aggressions-und Gewalthandlungen zu. Viele der Täter sind leistungsmäßig sehr schwache Schüler, die durch Gewalt auf sich aufmerksam machen wollen. Viele haben Probleme damit, anerkannt zu werden. Auch unter den Opfern sind die Jungen deutlich stärker vertreten.

2. Welche Verantwortung hat die Schule?

Gewaltäußerungen von Schülern können als Versuche angesehen werden, sich in den institutionellen Gewaltverhältnissen der Schule zu behaupten Das soll jedoch nicht heißen, daß Anlässe und Ursachen von Gewalthandlungen immer im schulischen Bereich zu suchen seien. Die gewalt-fördernden Wirkungen der Schule müssen in Zusammenhang und in Wechselwirkung mit anderen Bereichen und Strukturen wie nachlassendem Familienzusammenhalt, Gewaltverherrlichung in den Medien, Auswirkungen der Jugendarbeitslosigkeit und eines Mangels an Zukunftsperspektive gesehen werden.

Der Schulbesuch ist das vorherrschende Merkmal der Jugendzeit; Jugend-und Schulzeit sind identisch. Was in der Schule passiert, ist deshalb äußerst wichtig für die gesamte persönliche Entwicklung. Die Schule nimmt eine gesellschaftlich wirkungsvolle Definition und Kategorisierung von Leistungserfolg und Leistungsversagen vor, die in dieser Weise in keiner anderen gesellschaftlichen Institution erfolgt, die sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt, und kontrolliert damit viele soziale und psychische Bedingungen, die aggressives Verhalten und Gewalt hervorrufen können.

Die Kategorisierung als „leistungsschwach“ oder „versagend“ führt bei den meisten Beroffenen zu einer Verunsicherung bzw. Verletzung des Selbstwertgefühls und einer Minderung späterer sozialer und beruflicher Chancen. Aggressivität und Gewalt bei Schülern und Schülerinnen können als Verteidigungs-und Kompensationsmechanismen gegen diese psychischen und sozialen Verunsicherungen interpretiert werden, die in der Schule entstehen. Hinzu kommt, daß Schule in ihrer jetzigen Ausprägung wenig zur Bewältigung aktueller persönlicher Entwicklungsaufgaben beiträgt und individuelle Bedürfnisse und Interessen der Schüler/innen nur höchst unvollkommen befriedigt. 3. Gewalt als Enttäuschungsreaktion und Ausdruck von Kompensation

Aggressiv und gewalttätig können Kinder und Jugendliche dann werden, wenn die gesellschaftlichen sowie die Ausgangs-und Rahmenbedingungen für ihre Persönlichkeitsentwicklung nicht günstig sind. Ihr aggressives oder auch delinquentes Verhalten bildet vielfach den Endpunkt einer langen Kette von Belastungen. Es ist wichtig zu betonen, daß es sich um Kinder und Jugendliche handelt, die sich nicht primär vom sozialen System abwenden, sondern die im Gegenteil Leistung, Erfolg und Prestige erzielen wollen, jedoch darunter leiden, daß sie die erwünschten Attribute für Anerkennung und Wertschätzung nicht besitzen. Gerade im Jugendalter entstehen abweichende Verhaltensweisen, zu denen Aggressivität und Gewalt gehören, nicht durch das Verfolgen abweichender Werte, sondern vielmehr durch das Anstreben gesellschaftlich zentraler und konformer Werte wie Status und Prestige.

Schüler, die im offiziellen Bereich der Leistungserbringung nach schulischen Standardregeln nicht erfolgreich sind, können in Versuchung geraten, sich den fehlenden Erfolg im informellen Sektor der Gleichaltrigengruppe und der Clique zu holen. Die offizielle und die inoffizielle Kultur wird von den Jugendlichen so gegeneinander ausgespielt, daß sie das Versagen in dem einen Bereich durch einen künstlich herbeigeführten Erfolg im anderen Bereich überspielen, ihre erkennbare Schwäche auf einem Gebiet durch demonstrative Stärke auf dem anderen kompensieren

Die Untersuchungsergebnisse verdeutlichen, daß Leistungsversagen, schlechter schulischer Leistungsstand, häufige Versetzungsgefährdungen, Klassenwiederholungen und ein Zurückbleiben hinter den eigenen und/oder elterlichen Erwartungen Begleiterscheinungen aggressiven Verhaltens sind.

IV. Gewalt im Freizeitbereich

Ein weiterer Lebensbereich mit häufigen Gewalt-erfahrungen ist der Freizeitbereich. Er ist heute nicht ohne die große Bedeutung der Gleichaltrigengruppen, der Cliquen und „Gangs“ zu verstehen, zu denen sich Jugendliche häufig zusammenschließen. In dem Maße, wie die Familien ihre soziale Bindungskraft im zweiten Lebens-jahrzehnt der Kinder und Jugendlichen verlieren, gewinnen die Cliquen und Freundesgruppen an Bedeutung. In ihnen herrscht eine teilweise strenge Hierarchie mit hohem Anpassungsdruck. Cliquen bilden den Bezugsrahmen für viele der alltäglichen Handlungen und setzen die Maßstäbe für Anerkennung und Prestige. Jugendliche, die in anderen Lebensfeldern keinen Erfolg haben, können unter Druck geraten, in der Jugendgruppe ihre Stärke und -Jungen -ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Deswegen sind die Jugendcliquen geradezu Foren für Gewalt und Aggressivität, für abweichendes Verhalten und Kriminalität.

1. Die gemeinsame Aktion in Gruppen

So unterschiedlich die Gruppen auch sein mögen, ein bestimmtes Gefühl ist in ihnen vorherrschend, nämlich das der Gemeinschaft, der Solidarität und Stärke. Die Jugendlichen machen die Erfahrungen, daß sie gemeinsam stark und erfolgreich sind. Um den Gruppenzusammenhalt immer ‘wieder aufs neue zu erleben, bedarf es permanenter Aktionen und gemeinsamen Handelns. In Gruppenaktionen äußern sich die Zusammengehörigkeit und die soziale Eingebundenheit des einzelnen. Ob legale oder illegale Handlungen -der Übergang ist oftmals fließend -, sie sind häufig Ausdruck des Augenblicks, erfolgen spontan, sind also meist oder nicht immer geplant. Die gemeinsame Aktion bedeutet Spaß, Unterhaltung und ein Durchbrechen der Langeweile. Der Reiz besteht im gemeinsamen Erleben von Lust, Sensation und Nervenkitzel. Unser Anliegen ist es aufzuzeigen, daß der Schlüssel zur Gewalt der Jugendlichen in der Umwelt und den strukturellen Bedingungen der Lebenswelt dieser Jugendlichen liegt.

2. Enge Spiel-und Erlebnisräume

Die Entfaltungsspielräume im Kindes-und Jugendalter sind heute einseitig und eingeschränkt. In Bereichen, in denen es um die Entfaltung ihrer Körperlichkeit und Sinne geht, stoßen Kinder und Jugendliche ständig auf Schranken, Begrenzungen und Verbote. Den Bedarf an Abenteuer und Grenzüberschreitung können sie in einer durch-rationalisierten und zugepflasterten Lebenswelt nur in Grenzen erfüllen. Sie haben geringe Möglichkeiten, ihren Spieltrieb, ihre Spontaneität und ihre „gesunde“ Aggressivität freizulassen und auszuleben, finden nur wenige Nischen vor, um Nervenkitzel, Angst, Lust und Risikobereitschaft zu erleben. Es erscheint plausibel, daß aus dieser als einschränkend empfundenen Lebenssituation heraus Impulse für Aggression und Gewalt entstehen und deswegen auch zum realen Erfahrungshorizont in der jugendlichen Gleichaltrigengruppe gehören.

Wo sollen die Kompetenzen entwickelt werden? Wo sind die Erlebnis-und Erfahrungsräume für Jugendliche, die sie von den kommerziellen Verlockungen ebenso abhalten können wie von abweichenden und gefährlichen Abenteuererlebnissen in Cliquen? Das Dilemma besteht darin, daß Jugendlichen sozial und materiell heute sehr viel mehr möglich ist als früher, daß aber eine wirkliche Herausforderung und Befriedigung ihrer Interessen und Bedürfnisse nicht geschieht und ihnen eine Erprobung eigener Körpertätigkeit und psychischer und sozialer Kompetenz nicht gestattet wird. Es fehlen die Räume für nichtkommerzielle, nichtorganisierte, nichtpädagogisierte und nichtbetreute Aktionen und Tätigkeiten, in denen die eigenen Möglichkeiten und Grenzen des Verhaltens erprobt werden und in denen in tastender Absicht auch gegen „Recht und Ordnung“ verstoßen werden darf. Der alters-und entwicklungsspezifisch hohe Bedarf an Abenteuer, Erlebnis und Grenzüberschreitung kann in einer stark disziplinierenden und zugleich hoch kommerzialisierten Alltagswelt von Jugendlichen nur schwer erfüllt werden. Deswegen ist vermutlich der Anteil von Jugendlichen hoch, der im Freizeitbereich nicht nur über Drogenkonsum, sondern auch über sonstige riskante und manipulative Verhaltensweisen extreme Sinneserfahrungen erwartet. Nervenkitzel, Angstlust, Risikobereitschaft und gefährlicher Übermut gehören schon heute für eine spürbare Minderheit von Jugendlichen zu den Antriebskräften des Freizeit-verhaltens.

3. Medienkonsum als Freizeitbeschäftigung Nummer eins

Eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen schon von Kindern ist heute die Nutzung von Radio-, Cassetten-, Fernseh-und Videogerät. Medienangebot und -konsum beeinflussen den Frei-zeitbereich tiefgreifend und füllen ihn zeitlich stark aus. Die häufigste Freizeitbeschäftigung Jugendlicher, die zu Hause gelangweilt herum-hängen, sind das Fernsehen und das Abspielen von Musik-(Video-) Clips. Kinder und Jugendliche verbringen heue schon mehr Zeit vor dem Fernseher oder Videogerät als in der Schule. Diese Medien haben deshalb eine so große Bedeutung für sie, weil ihr Leben oftmals spannungslos und inhaltsleer ist. Das Fernsehen füllt diese Lücke und scheint „wirkliches Leben und Erleben“ zu bieten Genau das macht es für Jugendliche so attraktiv.

Wird extensiv ferngesehen, dann ist das natürlich immer ein Zeichen dafür, daß keine reizvollen Alternativen gegeben sind. In Familien, in denen es liebevoll und kommunikativ zugeht, in denen die Eltern mit ihren Kindern gemeinsam etwas unternehmen, in denen mindestens eine ständige Bezugsperson tagsüber anwesend und ansprechbar ist und in denen die Eltern durch kontrollierten eigenen Fernsehkonsum mit gutem Beispiel vorangehen, sehen die Kinder nicht nur weniger fern, sondern wählen ihre Sendungen auch bewußter aus. Sinnvolle, anregende und ausgleichende Erlebnisse sind durch Fernseh-oder Videokonsum nicht möglich. Vielmehr drängt sich oft der Eindruck auf, daß diese einseitige Tätigkeit eher Unruhe und Aggressivität fördert.

Es gibt Jugendliche, die sich nachmittags zum Beispiel stundenlang Heavy-Metal-Musik „reinziehen“, sich „volldröhnen“ lassen und anschließend wie in Trance reagieren. Heavy-Metal-Musik wird vorwiegend von Jungen geschätzt, viele Mädchen lehnen die Mischung von Gewalt und Sexualität in den Texten ab. Ob Heavy Metal, Black Metal oder Speed Metal, die Texte sind häufig extrem gewalttätig und die Musik von kaum zu übertreffender Rhythmusgeschwindigkeit, an stakkatohaftes Maschinengewehrfeuer erinnernd.

Natürlich reagiert nicht jeder Jugendliche aggressiv und gewalttätig, wenn er diese Musik und diese Texte hört. Aber es ist nicht auszuschließen, daß sich labile und verunsicherte, deprivierte und frustrierte Kinder und Jugendliche davon anregen und sich von den darin transportierten Aufforderungen, Aggressionen gegen sich selbst und gegen andere auszuüben, beeinflussen lassen.

Exzessiver Medienkonsum, ob es sich um Fernsehen, Videofilme oder musikalische Videoclips handelt, kann in Interaktion mit sozialen und persönlichen Faktoren beim Zustandekommen von Angst, Aggression und Gewalttätigkeit gegen sich selbst und andere eine wichtige Rolle spielen, kann Verhaltensmuster anbieten, den Gebrauch von Aggressionen als selbstverständlich oder gar legitim erscheinen lassen und eine feindliche Weitsicht erzeugen. Bei ständigem Konsum kann es zu einer Fixierung auf ein niedriges moralisches Niveau, zu einer unbewußten Identifikation und Übernahme der in den Texten angesprochenen Haß-und Wut-gefühle sowie zu einer scheinbar gerechtfertigten antisozialen Einstellung kommen.

V. Politische und rassistische Gewalt

1. Schwache gegen Schwächere

Auch für rassistische, rechtsextremistisch gefärbte Formen der Aggression und Gewalt gilt die Beobachtung, die wir bereits für andere Ausprägungen von Aggression und Gewalt gemacht haben: Sie werden hauptsächlich von schwachen Menschen, zumal von ländern und Jugendlichen, gezeigt, die eine langjährige Erfahrung der Vernachlässigung und der Demütigung in Familie, Schule, Nachbarschaft und teilweise auch im Beruf hinter sich haben. Diese Demütigung kann sich in spektakulären biographischen Brüchen, zum Beispiel intensiven Versagenserlebnissen oder langanhaltender Arbeitslosigkeit ausdrücken. Es können aber auch verkapptere, von außen nicht sofort erkennbare Formen der langfristigen Zurückstellung sein, die in Form von Minderwertigkeitsgefühlen und angeschlagenem Selbstwert verarbeitet werden. Die große Zahl der politisch-rassistischen Gewalttäter besteht aus Menschen, die sich als schlecht integriert sowie als Versager und Verlierer in einer Wettbewerbsgesellschaft empfinden. Ihre Gewaltausbrüche sind Reaktionen auf ihre als Erniedrigung und Demütigung erlebte Kindheit und Jugend.

Auffällig an dieser Ausprägung von Gewalt ist, daß sie sich nicht etwa gegen die gesellschaftlichen Strukturen oder die Mächtigen in der Gesellschaft richtet, die ja letztlich dafür verantwortlich gemacht werden können, sondern gegen Menschen, die noch schwächer sind als sie selbst und die in unserer Gesellschaft auch von Mächtigen eindeutig diskriminiert werden: Ausländer, Behinderte, Homosexuelle, Straffällige, Prostituierte und Obdachlose.

Ein weiteres Phänomen ist auch hier erneut festzuhalten: Die rassistisch gefärbte Gewalt kommt überwiegend von männlichen Kindern und Jugendlichen, während Mädchen eine absolut „untergeordnete“ Rolle spielen. Das zeigt sich auch bei der Befürwortung dieser Form von Gewalt, die ebenfalls deutlich weniger Resonanz bei Mädchen und jungen Frauen als bei Jungen und jungen Männern findet.

2. Hintergründe für rechtsradikale politische Aktivitäten

Diejenigen Kinder und Jugendlichen, die dem Orientierungsmuster Rechtsextremismus zuzurechnen sind, haben übereinstimmend folgende Kindheitserfahrungen gemacht: Sie haben fast alle ein strenges Elternhaus erlebt, Schläge bekommen und insgesamt keineswegs eine glückliche Kindheit gehabt. Diese Kinder und Jugendlichen sind nicht häufiger als der Durchschnitt Kinder von Allein-erziehenden, sie wachsen in äußerlich intakten, aber oft innerlich zerrütteten Verhältnissen auf.

Auch in den Gruppen, denen sie angehören, erfahren sie keine wirkliche Geborgenheit, sondern pflegen eher oberflächliche Kontakte. Allerdings suchen sie einen festen Rahmen, denn Zusammenhalt bedeutet ihnen viel. Insgesamt gesehen sind sie eher verunsichert und hilflos und glauben, wenig Einfluß auf die Gestaltung ihres Lebens zu haben. Sie legen ein ausgesprochen demonstratives Desinteresse an Politik an den Tag. Sie verfügen über wirre Geschichtskenntnisse und wünschen sich oftmals wieder eine starke, autoritäre Führer-person. Sie fürchten sich vor nichts, außer vor Arbeitslosigkeit und einem weiteren Zuzug von Ausländern. Sie überschätzen den Ausländeranteil in Deutschland maßlos und verbinden ihren Ausländerhaß mit einer hohen Gewaltbereitschaft. Sie geben sich stark und hegen Rachegedanken gegen diejenigen, von denen sie glauben, unterdrückt zu werden.

Aus der Jugendforschung über Rechtsradikalismus ist bekannt, wie wenig bei der Mehrheit der hier aktiven Jugendlichen eine wirklich „rechte“ Orientierung der Ausgangspunkt ist. Die Studien von Wilhelm Heitmeyer u. a. zeigen sehr deutlich, daß Wertirritationen und politische Verirrungen ihre Ursache in Vereinzelungserfahrungen, Handlungsunsicherheit im Blick auf die anzustrebenden Ziele, Ohnmachtserfahrungen angesichts der weiteren Gestaltung der Zukunft und tiefsitzendem Mißtrauen in die eigenen Fähigkeiten haben. In einer solchen Ausgangskonstellation nehmen viele, vor allem männliche Kinder und Jugendliche, Zuflucht zu einer Ideologie der Ungleichheit und entwickeln eine Einstellung der Gewaltakzeptanz, gepaart mit der Bereitschaft zur Gewaltanwendung.

Der Ausgangspunkt ist die Unfähigkeit, mit den gesellschaftlichen Widersprüchen zurechtzukommen, die sie täglich erleben und die sie individuell lösen müssen. Die Jugendlichen sind verunsichert, denn sie haben die Kontrolle über ihre eigenen Wege verloren, weil sie mit dem Gewirr von An-forderungen und Angeboten für die Orientierung und Strukturierung ihres Lebens nicht zurechtkommen. Sie spüren die Konkurrenz der Erfolgreichen und lenken ihre Aggressionen gegen „Sündenböcke“. Diese Ausgangslage ist es, die sie anfällig macht für Vorurteile gegenüber Fremden, die nach ihrer Wahrnehmung den eigenen sozialen Status bedrohen, die sie auch anfällig macht für Versprechungen, eine „alte Ordnung“ wieder herzustellen, die angeblich Verunsicherung und Statusängste beseitigt. Es ist eine Ausgangslage, in der sich Jugendliche unter ungünstigen Konkurrenzbedingungen gegenüber den privilegierten „oberen zwei Dritteln“ fühlen und glauben, keine Chance zu haben, sich sozial und beruflich durchzusetzen.

Aus dieser Interpretation der Hintergründe von ausländerfeindlichen Orientierungen bei Jugendlichen läßt sich deutlich ablesen, wie sehr die politischen Einstellungen und Reaktionsformen mit erlebten Erfahrungen von Ungerechtigkeiten in Verbindung stehen. Die politischen Orientierungen der Kinder und Jugendlichen, von denen hier die Rede ist, stellen in gewisser Weise die „psychosozialen Kosten“ dar, die unsere Gesellschaft ihnen aufbürdet. Wir meinen damit, daß in unserer Gesellschaft die Verteilungsprobleme von Arbeit und Geld noch lange nicht gelöst sind und daß die sozial benachteiligten Kinder und Jugendlichen als „Seismographen“ unserer Gesellschaft hierauf besonders sensibel reagieren. Die ausländerfeindlichen Aktivitäten sind daher von ihrer Ausgangssituation aus betrachtet auch als Jugendprotest in einem demokratischen Staat zu verstehen. Es handelt sich um politische Artikulationsformen als Ausdruck von Problemverarbeitung -wie tauglich oder untauglich, wie sozial angemessen oder unangemessen sie auch immer sein mögen.

VI. Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem

Fassen wir die wichtigsten Ergebnisse der bisher dargestellten Gewalthandlungen in den unterschiedlichen Bereichen zusammen, so können wir feststellen, daß Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft ein gesamtgesellschaftliches Phänomen sind.

Aggression und Gewalt in körperlicher, verbaler, sexistischer und rassistischer Ausprägung entstehen, wenn ein Mensch über einen langen Zeitraum seines Lebens gedemütigt wird und Erniedrigungen erlebt. Sie entwickeln sich auch, wie besonders die Erfahrungen aus der Mißhandlung und dem Mißbrauch im Familienbereich ausweisen, wenn ein Mensch über einen langen Zeitraum zum Opfer geworden ist. Aggression und Gewalt in den verschiedenen Erscheinungsformen entstehen weiterhin, wenn schon Kinder und Jugendliche sich als Verlierer in einer Wettbewerbsgesellschaft empfinden und keine klaren Entfaltungsperspektiven für ihre soziale und berufliche Zukunft vor sich sehen. Das Ausmaß von Gewalt und Aggression hängt ganz eindeutig mit Versagenserfahrungen vor allem im Leistungsbereich zusammen. Aggression und Gewalt entstehen auch durch den Darstellungszwang und das Integrationsverlangen in die Gleichaltrigengruppe.

Aggression und Gewalt können Reaktionen auf eine unerfüllte, inhaltsleere und als sinnlos empfundene Freizeit sein. Die Sehnsucht nach Abenteuer, Erlebnis-und Grenzüberschreitung ist im Kindes-und Jugendalter entwicklungsbedingt natürlich, entsprechend groß ist die Suche nach extremen Sinnerfahrüngen, nach Nervenkitzel und außergewöhnlichen Erlebnissituationen. Unsere hochrationalisierte und „zugepflasterte“ Gesellschaft bietet für diese Erlebnisbereiche nur wenige Nischen, die für die meisten Jugendlichen nicht ausreichen. Eine Minderheit von ihnen, die mit der sich kommerzialisierenden Freizeitsituation nicht zurechtkommt, kann in dieser Ausgangssituation zu Aggression und Gewalt als Reaktionsform greifen, zu Aggression, die durch Langeweile gespeist ist. Jugendliche möchten Spuren hinterlassen, möchten spüren, wer sie sind und was sie bewirken können, und dies wird noch unterstützt durch den in unserer Gesellschaft heute eingebauten Originalitätszwang, das Ansinnen nämlich, ein unverwechselbarer und einmaliger Typ zu sein, der sich von anderen Dutzendtypen unterscheidet.

Die Analyse hat schließlich auch auf die wichtige Rolle des öffentlichen Raumes hingewiesen, die durch Medien und Politik geprägt wird. Es ist gerade eine Minderheit von Jugendlichen, die in ihrem Selbstwertgefühl angeschlagen ist und die keine positiven sozialen Modelle in Familie, Schule und Freundesgruppe erfährt. Sie fühlen sich durch die offizielle Politik im Stich gelassen und haben möglicherweise sogar den Eindruck, daß diese Politik absichtlich gegen sie gerichtet sei. Wenn Jugendliche aggressiv und gewalttätig sind, dann kopieren sie die von Erwachsenen scheinbar kaschierten und verdeckten Formen der direkten und indirekten Gewalt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Hans Dettenbom, Entwicklung und Ursachen von Aggression in der Schule. Wie Schüler darüber denken, in: Pädagogik und Schulalltag, 48 (1993) 1, S. 60-67; ders., Schutz, Gegenwehr, Ratsuche -Wie Schüler auf Aggression in der Schule reagieren, in: Pädagogik und Schulalltag, 48 (1993) 2, S. 175-185; Roman Ferstl/Gabriele Niebel/Rainer Hanewinkel, Gutachterliche Stellungnahme zur Verbreitung von Gewalt und Aggression an Schulen in Schleswig-Holstein, Kiel: Institut für Theorieforschung 1993; dies., Gewalt und Aggression in schleswig-holsteinischen Schulen, in: Zeitschrift für Pädagogik, 39 (1993) 5, S. 775-798; Klaus Hurrelmann, Aggression und Gewalt in der Schule, in: Wilfried Schubarth/Wolfgang Melzer (Hrsg.), Schule, Gewalt und Rechtsextremismus. Schule und Gesellschaft 1, Opladen 1993; ders., Lebensphase Jugend, Weinheim 1994; ders. /Markus Freitag, Gewalt an Schulen, in erster Linie ein Jungen-Problem. Forschungsbericht, Universität Bielefeld 1993; Robert Harnischmacher, Gewalt an Schulen. Theorie und Praxis des Gewaltphänomens, Rostock 1994 (i. E.); Hans-Dieter Schwind/Jürgen Baumann u. a. (Hrsg.), Ursachen, Prävention und Kontrolle von Gewalt, Bde. 1-4, Berlin 1990; siehe auch den Beitrag von Thomas Claus und Detlev Herter in diesem Heft.

  2. Vgl. Wilfried Schubarth, Rechtsextremismus -eine subjektive Verarbeitungsform des Umbruchs?, in: Karl-Heinz Heinemann/Wilfried Schubarth (Hrsg.), Der antifaschistische Staat entläßt seine Kinder, Köln 1992.

  3. Vgl. Uwe Engel/Klaus Hurrelmann, Was Jugendliche wagen. Eine Längsschnittstudie über Drogenkonsum, Streßreaktionen und Delinquenz im Jugendalter, Weinheim 1993.

  4. Vgl. J. -E. Behrendt, Hör mal, in: Psychologie Heute, 20 (1993) 12, S. 64-67.

  5. Vgl. Wilhelm Heitmeyer/Kurt Möller/Heinz Sünker (Hrsg.), Jugend -Staat -Gewalt. Politische Sozialisation von Jugendlichen, Jugendpolitik und politische Bildung. Jugendforschung, Weinheim-München 1992; ders. u. a., Die Bielefelder Rechtsextremismus-Studie. Erste Langzeit-untersuchung zur politischen Sozialisation männlicher Jugendlicher, Weinheim-München 1993.

  6. Vgl. Heidrun Bründel/Klaus Hurrelmann, Gewalt macht Schule. Wie gehen wir mit aggressiven Kindern um?, München 1994.

Weitere Inhalte

Heidrun Bründel, Dr. phil., geb. 1944; Diplom-Psychologin und Gesprächspsychotherapeutin in der Bildungs-und Schulberatung des Kreises Gütersloh; Lehrauftrag an der Universität Bielefeld. Veröffentlichungen u. a.: Suizidgefährdete Jugendliche. Theoretische und empirische Grundlagen für Früherkennung, Diagnostik und Prävention, Weinheim 1993; Suizidprävention in der Schule -auch eine Aufgabe der Schulpsychologie, in: Psychologie in Erziehung und Unterricht, 40 (1994) 2; (zus. mit Klaus Hurrelmann) Bewältigungsstrategien deutscher und ausländischer Jugendlicher, in: Zeitschrift für Sozialisationsforschung und Erziehungssoziologie, 14 (1994) 1. Klaus Hurrelmann, Dr. sc. pol., geb. 1944; Professor für Sozialisations-und Gesundheitsforschung an der Universität Bielefeld; Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Prävention und Intervention im Kindes-und Jugendalter“ an der Universität Bielefeld. Veröffentlichungen u. a.: (zus. mit Uwe Engel) Was Jugendliche wagen. Eine Längsschnittstudie über Drogenkonsum, Streßreaktion und Delinquenz im Jugendalter, Weinheim 1993; Lebensphase Jugend, Weinheim 1994.