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Die wachsende Weltbevölkerung. Ursachen, Folgen, Bewältigung | APuZ 35-36/1994 | bpb.de

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APuZ 35-36/1994 Weltbevölkerung -Wachstum ohne Ende? Die wachsende Weltbevölkerung. Ursachen, Folgen, Bewältigung Weltbevölkerungswachstum, Entwicklung und Umwelt. Dimensionen eines globalen Dilemmas

Die wachsende Weltbevölkerung. Ursachen, Folgen, Bewältigung

Josef Schmid

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das Verhältnis von Bevölkerungswachstum und dadurch erzwungener Änderung der Existenzbasis einer Bevölkerung hat die Sozialgeschichte nicht eindeutig klären können. Der Malthusianismus neigt zu einer Mechanik zwischen Bevölkerungszunahme und negativen Folgen für Wirtschaft und Raum. Ihm gegenüber stehen empirische Modelle, die -zumindest in Europa -ein positives Verhältnis von Bevölkerungszunahme und Wirtschaft bzw. Entwicklung feststellten. Da der säkulare Geburtenrückgang im Norden seit der Jahrhundertwende zu keinerlei Einbrüchen führte, glaubte man, Beziehungen zwischen Bevölkerung und Ökonomie überhaupt vernachlässigen zu können. Die Flexibilität einer freien Wirtschaft könne sich spielend auf die langsameren Bevölkerungsveränderungen einstellen. Diese Denkweise kam stark in Beweisnot angesichts des tatsächlichen Bevölkerungsdrucks auf schwache Ökonomien im Süden, in den Entwicklungskontinenten, wie ihn die Geschichte des Nordens nicht kannte. Das hat die Sozial-und Wirtschaftswissenschaft, die sich mit dem Bevölkerungsfaktor befaßt, in Neomalthusianer und Liberale gespalten („Population Debate“). Der allgemeine feststellbare Geburtenrückgang in der Dritten Welt verringert jedoch die jährlichen Geborenenüberschüsse von gut 90 Millionen noch nicht, und die Ökonomien und Fortschritte, deren es bedarf, diesen Überschuß jährlich zu absorbieren, sind noch nicht in Sicht. Die Folgen des raschen Bevölkerungswachstums sind bei den Problemen von Ernährung und im Gesundheitswesen, bei Arbeitsmarkt und Beschäftigung und an den Belastungen aus starken Jugendjahrgängen auszumachen, wobei sich die Folgen auf die Umwelt wegen ihrer Dramatik zu einem Sonderbereich ausgliedern. Eine entwicklungsorientierte Bevölkerungspolitik ist notwendig, wenn die mittlere Variante der UN-Projektion eines Bevölkerungswachstums auf elf Milliarden Menschen um das Jahr 2050 eingehalten werden soll. Familienplanung muß sich auch bei schwachen Entwicklungsschritten stärker durchsetzen und in gesunkener Kindersterblichkeit ihre Motivationsbasis finden. Die Mittel der Familienplanung müssen jeweils den kulturellen Traditionen entsprechen. Die westlichen Geberländer dürfen sie nicht vorschreiben. Entlastung durch schmaler werdende Jugendjahrgänge und durch Investitionen in produktive Sektoren müssen Zusammenwirken, um die Entwicklungsziele und die Senkung der laufenden Bevölkerungszuwächse im kommenden Jahrhundert zu gewährleisten.

Seit den Zeiten dgs Völkerbundes haben Bevölkerungsfragen Brisanz, und das hat sich bei seiner Nachfolgerin, der UNO, fortgesetzt. Auch in der Wissenschaft haben Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsabnahme jeweils ihre Befürworter und Untergangspropheten gefunden. Immer wurde versucht, den Erkenntnisgewinn einer Periode auch auf andere Zeiten anzuwenden. Immer wurde der glimpfliche Ausgang einer lokalen Bevölkerungskrise für übertragbar auf andere Räume gehalten. Und so glich jede Aussage über Verlauf und Schicksal einer Bevölkerungsbewegung einem selbstproduzierten Irrtum. Sowie sich die Fragestellung auf ein angebliches „Zuviel“ oder „Zuwenig“ von Menschen verengt, findet man zwar in jeder Generation der Neuzeit eine exakte Berechnung, aber häufig eine gegensätzliche Bewertung Im Merkantilismus gingen Fürsten auf Menschenraub, weil die Bevölkerung sich nicht rasch genug vermehrte. In der Industriellen Revolution wurde der Menschensegen zum Fluch, weil die Zuvielen sich selbst die Löhne drückten. Und der Geburtenrückgang seit den zwanziger Jahren erregte sowohl Besorgnis wie Jubel über soviel menschliche Vernunft.

Da in der Argumentation immer auf strittige hochaggregierte Größen abgestellt wurde, die keine exakte Vorausschau ermöglichen (Bevölkerungsgröße, Siedlungsraum, Nahrungsangebot), konnte auch der Einwand, man dürfe im Bevölkerungswachstum nicht den alleinigen Krisenfaktor sehen, weder eindeutig bestätigt noch verworfen werden. Und so dauert der Streit um den besten Entwicklungsweg schon über zweihundert Jahre. Es tritt immer klarer hervor, daß der akademische Streit die eigentliche Erkenntnisgrundlage darstellt, denn die Rolle des Bevölkerungsfaktors muß raum-zeitlich bestimmt werden und ist abhängig erstens von seiner eigenen Dynamik und zweitens vom Entwicklungsstand, in dem sich diese Dynamik entfaltet. Daher verfügt die Bevölkerungswissenschaft zwar über wenig allgemeines Wissen, das gesichert und bequem übertragbar wäre, sie kann jedoch über ein Zusammentreffen bestimmter Indikatoren Aussagen machen, ja sogar Befürchtungen äußern, die wohlbegründet sind.

Seit Jahren blicken wir mit Beklemmung auf Ruanda, wo eine der höchsten Geborenenziffern, enger Raum und dünne Ressourcenbasis Zusammentreffen. Niemand wollte dies so recht wissen -womöglich aus Angst, sich „biologischen Denkens“ schuldig zu machen. Schon Jahre zuvor stellte der Direktor des Population Council (New York), Paul Demeny, ein Planbeispiel an mit dem Ergebnis: „Ruanda wird bald betteln müssen.“ Die Wahrscheinlichkeit eines massenmörderischen Stammeskrieges wurde dezenterweise nicht ausgesprochen

I. Aktuelle Lage auf den Kontinenten

Bevölkerungsprognosen sind sicherer als Wirtschaftsprognosen oder gar Vorhersagen über kollektives Verhalten. Trotz der günstigen Bedingungen von Bevölkerungsprognosen ist die demographische Zukunft der Erde nicht exakt anzugeben. In den von den Vereinten Nationen in den achtziger Jahren herausgegebenen Projektionen zur Weltbevölkerung schwankten die Varianten bis zum Jahre 2050 zwischen acht und 13 Milliarden. Man bedenke, daß allein in diese Schwankungsbreite die derzeitige Weltbevölkerung hineinpaßt Die Begriffe „Bevölkerungsbombe“ und „Bevölkerungsexplosion“, über die die Wissenschaft nicht recht glücklich ist, besitzen dennoch ihren Anschauungswert. Aber schon für den Zeitraum bis 2025 sind die UN-Projektionen unsicher, weil eine gewisse Drosselung der Bevölkerungszuwächse und Wirtschaftserfolge eingerechnet sind, die aber immer noch vereitelt werden können. Eine hohe Variante von 9, 42 Milliarden steht einer niederen von 7, 59 Milliarden gegenüber, und das bedeutet immer noch eine Differenz von 1, 83 Milliarden Menschen

Die Menschheit wird insgesamt bis zum Ende des kommenden Jahrhunderts weiterwachsen und bei einer Bevölkerung zwischen elf und 13 Milliarden zum Stillstand kommen. Am Wachstum der Weltbevölkerung ist die Dritte Welt jetzt schon mit 91 Prozent beteiligt, die Industrienationen mit nur neun Prozent. Das schlichte Bild von der Welt der zwei Geschwindigkeiten wird sich nach den demographischen und ökonomischen Verläufen stärker differenzieren. Die kommenden Jahre werden eine weitere sozioökonomische Aufgliederung der Entwicklungsräume bringen Immer mehr Entwicklungsländer werden heutige Industrieländer eingeholt haben und dabei eigenständige Wege gegangen sein, wie sie in eurozentrischer Sichtweise nicht denkbar schienen.

Ein Hauptkriterium für einen günstigen Entwicklungsweg wird sein, sich von einer stabilen politischen Basis aus mit gewissen Produkten in den Weltmarkt einzufädeln. In der Rangordnung der Staaten nach Macht und Erfolg tauchen immer asiatische Länder auf den vorderen Plätzen auf. Sie ähneln in ihren demographischen Meßzahlen schon dem Westen. Sie haben zuerst die Sterblichkeit und anschließend auch die Geburtenniveaus senken können -im Fachjargon den demographischen Übergang vollziehen können. Die Erfolgs-modelle Singapur, Taiwan, Hongkong, Thailand, Malaysia oder die indische Provinz Kerala zeigen, daß die Modernisierung der Bevölkerungsstruktur zwar nicht alles ist, ohne sie aber keine Entwicklung vorankommt. Wie sich beide zu kombinieren hätten, ist am Grünen Tisch schon schwer zu planen, geschweige denn in politische Taten umzusetzen. Entwicklung im demographischen Übergang wird bislang als eine Tendenz gesehen, die sich kurzfristiger Machbarkeit entzieht. Entwicklung ist ein Vorgang in der Zeit, und es ist nicht zuletzt der Zeitfaktor, der über das demographische Schicksal der wahrhaftig „jungen Nationen“ ent-scheidet. Wie lange die Bevölkerungsexplosion dauert, wie rasch sie abgebrochen und in eine Produktivitäts-und Bildungsexplosion überführt werden kann, bestimmt die endgültige Menschenzahl und damit den Zustand der Welt am Ausgang des kommenden Jahrhunderts.

Doch mit diesem Geheimnis der Entwicklung ringen Staaten, Regionen und Kulturen jeweils auf ihre eigene Weise. Für Ostasien zeigen die Indikatoren auf ein baldiges Einschwenken in den Status eines entwickelten Industrielandes. Mit Japan hat dieser Raum das fortgeschrittenste Modell vor Augen; die Mühen Chinas, Bevölkerungseindämmung und Modernisierung zu koppeln, werden weltweit mit Spannung beobachtet. Demgegenüber schälen sich Räume heraus, in denen sich die Abgeschlagenen des Wettlaufs um Entwicklung befinden. Der indische Subkontinent, das tropische Lateinamerika und Schwarzafrika bieten zwar kein einheitliches Bild, doch die Armutsbevölkerung der Erde häuft sich in diesen Räumen

In den letzten Weltbankberichten werden 600 Millionen Menschen als „in absoluter Armut“ lebend angegeben. Diese verbindet sich mit Niedrigsteinkommen, Mangelernährung, geringem Zugang zu Erziehung, Gesundheitswesen, Behausung, Trinkwasser und Kanalisation. Typische Länder in dieser Lage sind Bangladesh, Pakistan, Afghanistan, Kambodscha und die meisten Staaten Schwarzafrikas. Aber auch in Ländern, die auf dem Sprung zur Besserung scheinen, wie die Philippinen, leben 35 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut. In Indien, vor allem in seinen nordöstlichen Provinzen, sollen 40 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben. In China sollen 130 Millionen -hauptsächlich Landbevölkerung -eine Mangelexistenz führen

So lebt also etwa eine Milliarde Menschen in der Dritten Welt unberührt vom Entwicklungsprozeß, und da diese auch noch keinerlei Anzeichen zeigt, den demographischen Übergang absehbar zu durchschreiten, wird sich ihre Zahl bis zum Jahr 2025 noch verdoppeln. 1985 lebten fast 40 Prozent der Weltbevölkerung -und das waren 2, 4 Milliarden Menschen -in den niedrigsten Einkommens-gruppen bis 480 Dollar. Auch diese Bevölkerungsmasse müßte sich aus der absoluten Armut noch herausschaffen und geburtensenkende Tendenzen zeigen, um sich nicht in ca. 25 Jahren ebenfalls zu verdoppeln. Da ihr aber die Mittel dazu fehlen, dürfte hier der Fall der „malthusianischen Falle“ oder „Armutsfalle“ eintreten -so benannt nach Thomas Robert Malthus, Theologe und Ökonom, der 1798 als erster der Menschheit ein Bevölkerungsdilemma prophezeite. Ihre Vermehrung würde immer rascher vor sich gehen, als Nahrung beschafft werden könne. Nur durch Sittenstrenge wäre dem „Wettlauf zwischen Storch und Pflug“ zu entkommen. Karl Marx hat wüst auf Malthus eingeschlagen, weil er revolutionierbare Zustände in natürliche Gegebenheiten rückübersetzt habe. Nun sieht es so aus, als ob Malthus nach dem 19. nun doch wieder das 21. Jahrhundert prägen wird

Die Weltbevölkerung ist in eine besondere Form des Wachstums eingetreten: Trotz sinkender Zuwachsraten wird sie noch vier Jahrzehnte absolut zunehmen. Die 2, 5 Milliarden Menschen von 1950 hatten sich bereits bis 1987 verdoppelt. Bis zum Jahre 2025 dürfte die Zahl von 8, 5 Milliarden überschritten sein. Am Ende des kommenden Jahrhunderts werden es über elf Milliarden Menschen sein. Das absolute jährliche Durchschnittswachstum betrug zwischen 1950 und 1955 noch 47, 2 Millionen; es ist jetzt dabei, die Spitze an jährlichem Zuwachs, nämlich 95, 5 Millionen, zu erreichen. Erst in der Zeit um 2020 bis 2025 könnte es gelingen, den jährlichen Zuwachs wieder auf dgs Niveau von 1980 bis 1985, also gut 80 Millionen, zurückzudrängen. Nach der hohen UN-Variante, mit der im Falle des Scheiterns von Geburtensenkung gerechnet werden muß, würde sich der jährliche Zuwachs zwischen 2020 und 2025 auf 126, 3 Millionen erhöhen und dann erst allmählich sinken

II. Die europäische Erfahrung und die Entwicklungsländer heute

In Europa hat sich die Senkung der Sterblichkeit über zwei Jahrhunderte hingezogen. Sie war die längste Zeit davon auf die Verbesserung der Landwirtschaft zurückzuführen, also auf „Entwicklung“. Erst gegen Ende des letzten Jahrhunderts kam die moderne Medizin als entscheidender Zurückdränger des Todes in Betracht. Die Entdekkung der Viren, der Serologie und der Röntgenstrahlen vor 1900 wurden erst nach dem Ersten Weltkrieg im allgemeinen Gesundheitswesen verfügbar und brachten vor allem den Durchbruch bei der Bekämpfung der Kindersterblichkeit. Die Geburtenniveaus waren nur um weniges höher als die Sterblichkeit, deren große Ausschläge nach oben und unten mit den Umstellungen in Ernährung, Städtebau, Erziehung und dem Gesundheitswesen sich auf ihrem Abwärtstrend beruhigten. Da die Geburtenniveaus dem Sterblichkeitstrend mit Verzögerung folgten, führte das zu einer Öffnung der Schere zwischen Geburten und Sterbefällen und brachte jene Geborenenüberschüsse zustande, die wir heute andernorts als Ursache der Bevölkerungsexplosion diagnostizieren. In Europa hatten sie aber bescheidene Ausmaße angenommen und wurden zwischen Weltwirtschaftskrise und Nachkriegszeit durch Geburtenrückgänge abgebaut. Dem lag ein langwieriger Lernprozeß von mindestens zwei Elterngenerationen zugrunde. Sie zogen die Konsequenz aus der gesunkenen Kindersterblichkeit, dem industriellen Arbeitsrhythmus, den Verdienstmöglichkeiten der Frauen außer Haus -und verringerten die Kinderzahl

Mit unterschiedlichen Ausgangswerten und Tempo haben alle europäischen Nationen diesen Vorgang durchlebt: Die sogenannten Fortschritts-kräfte zwangen die bäuerliche Gesellschaft mit hohen Geburtenzahlen und Sterbefällen zur schrittweisen Anpassung auf das niedrige Niveau in „Kleinfamilien“ einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft. Das ist der eigentliche Erfahrungsschatz Europas. Die Entdecker dieses Vorgangs haben ihm den Charakter einer Gesetzmäßigkeit, zumindest einer unweigerlichen historischen Tendenz zugeschrieben. Es waren die Amerikaner Warren S. Thompson (1929), der französische Familienpolitiker Adolphe Landry („Revolution Demographique“, 1934) und der Harvard-Bevölkerungswissenschaftler Frank Notestein (1944) Als am Ausgang des Zweiten Weltkriegs ein immer stärkeres Anwachsen der „Kolonialvölker“ zu beobachten war und es zu einer Wiederbelebung der Ängste vor „gelber Gefahr“ und „Bevölkerungsbombe“ der südlichen Hemisphäre kam, hatte der Westen kein anderes Heilmittel anzubieten als eben seinen demographischen Übergang. Die Beurteilung der Weltbevölkerungslage und ihrer künftigen Trends, einschließlich der Entwicklungsperspektiven, werden seitdem im Rahmen dieses demographischen Übergangs gesehen.

Der Zweifel an der Übertragbarkeit bevölkerungswissenschaftlicher Theorien auf der Grundlage spezifischer Erfahrungen soll hier wiederholt sein: Die heutigen Entwicklungsländer werden den europäischen Weg nicht imitieren können. Wenn langsames Bevölkerungswachstum und sozio-ökonomi/sehe Entwicklung schrittweise ineinandergreifen müssen, um ein industrielles Niveau zu erreichen, dann steht die Dritte Welt vor einer schweren Aufgabe. Die demographische Lage fast aller Entwicklungsländer stellt sich heute anders dar als diejenige Europas zu Beginn seiner Industrialisierung.

Wenn wir einmal die asiatischen „Musterknaben“ ausnehmen, dann stellen wir fest, daß so etwas wie eine Industrielle Revolution nach europäischem Muster dort schon allein klimatisch nicht möglich ist. Die gravierenden demographischen Unterschiede zwischen dem Europa von gestern und den Entwicklungsländern von heute sind darüber hinaus folgende:

Den langen Zeitraum, den Europa zur Verfügung hatte, um mit seinen Gleichgewichtsstörungen zwischen Entwicklung und Bevölkerungswachstum fertig zu werden, hat die Dritte Welt heute nicht. Europäische Bevölkerungen wuchsen im 19. Jahrhundert durchschnittlich nur zwischen 0, 6 und 0, 7 Prozent. Die heute in der Dritten Welt üblichen zwei bis 3, 5 Prozent waren undenkbar. Die Bevölkerung Nigerias von nahezu 100 Millionen wird sich mit gut drei Prozent jährlich in nur 23 Jahren verdoppelt haben.

Für die Entwicklung Europas war es ein Segen, daß der medizinische Fortschritt nur sehr langsam vorangekommen ist. Er stellt heute für die Dritte Welt ein rasch verfügbares Importgut, einen Technologietransfer dar, der Familiensysteme und Gemeinwesen bedrängt und ihnen nicht die gleiche Anpassungszeit läßt wie den Europäern.

Der offenkundigste Unterschied aber liegt in den Bevölkerungsgrößen. Während bis Mitte des 19. Jahrhunderts europäische Bevölkerungen 30 bis 50 Millionen kaum überschreiten konnten, finden wir heute in Asien das 10-und 20fache jener Größe. Das Zusammentreffen von Bevölkerungsgrößen, von ungewöhnlich hohen Zuwachsraten und kulturellen Faktoren wie allgemeine Frühehe, Ansehen durch zahlreiche Nachkommenschaft, weil sie Schutz und Alterssicherung garantiert, führt zu einem außerordentlichen Wachstum jener Bevölkerung

Außerdem gibt es für die Dritte Welt keinen leeren Kontinent mehr, keinen Leerraum Amerika, der ihre Überschußbevölkerung aufnehmen könnte. Wanderungsströme landen heute im Nachbarland mit ähnlichen Verhältnissen oder in der Illegalität im Westen. Was wir heute an internationaler Wanderung haben, ist eine Mischung aus Flucht und Suche nach besseren Lebensbedingungen -und erzeugt bereits in den jetzigen Dimensionen Spannungen im Weltmaßstab.

Die Unterschiede zwischen der europäischen Bevölkerungsstruktur und der Situation in der Dritten Welt sind also so gravierend, daß ein blindes Vertrauen auf einen ähnlichen glücklichen Abschluß der Modernisierung und Entwicklung wie in Europa für die gegenwärtige Dritte Welt eine Katastrophe bedeuten würde.

III. Folgen des raschen Bevölkerungswachstums

Gewiß gilt Bevölkerungswachstum nicht mehr unbesehen als das Übel schlechthin auf dem Wege in eine gedeihliche Zukunft der Völker. Die mechanistisch verengte Sicht auf den Bevölkerungsfaktor ist damit aufgebrochen und eine Vertiefung demo-ökonomischer Analyse möglich. Trifft rapides Bevölkerungswachstum auf schwach entwickelte Wirtschafts-und Handelschancen, wird sicher die malthusianische Armutsfalle zuschnappen. Trifft mäßiges Bevölkerungswachstum auf fortgeschrittenere Strukturen, kann sich steigende Siedlungsdichte positiv auf Verkehr, Märkte und Infrastrukturmaßnahmen auswirken. Diese Phase wird gerne als „Take-off“ bezeichnet und markiert den Über­ gang einer Wirtschaft zu eigenständigem Wachstum. Erst in dieser Phase sind Entwicklungsökonomien fähig, mäßig steigende Menschenzahlen produktiv zu integrieren. Für den Großteil der Entwicklungsländer ist diese Phase keinesfalls in Sicht. Um sich ihre Lage zu vergegenwärtigen, muß der prozentuale Nettozuwachs der Bevölkerung in die reale Menschenzahl umgerechnet werden. Danach wächst Indien bei 2, 1 Prozent jährlich um 18 Millionen. Pakistan und Bangladesh zählen zusammen sechs Millionen mehr pro Jahr. Nigeria legt mit 3, 1 Prozent jährlich drei Millionen zu. China, das mit seiner ungewöhnlich wirksamen Bevölkerungspolitik den Zuwachs auf 1, 2 Prozent drosseln konnte, wächst jährlich um Millionen Menschen. Daß diese Zahl aber für insgesamt 21 Millionen Neugeborene steht (bei acht Millionen Gestorbenen), das übersteigt das Vorstellungsvermögen der Europäer. Einer der ärmsten volkreichen Staaten Afrikas, Äthiopien, wächst während der Dauer des deutschen Urlaubsanspruchs um 100000 Menschen an. Dies alles soll zeigen, daß ab einer bestimmten jährlichen Zuwachsrate von über 1 bis 3, 5 Prozent ein Bevölkerungsdruck entsteht, der nur in sehr günstigen Fällen von Produktionsstätten und Arbeitsmärkten absorbiert werden kann. In der Regel sind diese aber nicht vorhanden. Seit der Internationalisierung des Weltbevölkerungswachstums bemühen sich daher die Sozialwissenschaftler um die Folgenabschätzung und -analyse 13. Der Bevölkerungsdruck wird an existentiellen Brennpunkten von Entwicklungsgesellschaften aufgezeigt. Üblicherweise sind dies Ernährung und Gesundheitswesen, Beschäftigung, demographische Versorgungslasten, Verstädterung und in letzter Zeit immer drängender die Umwelt

1. Ernährungsfrage

Inwieweit die Ernährungsfrage wie ein Damoklesschwert über der Weltgemeinschaft lastet, zeigen die Zahlen von Hungernden und die mit Hunger und Mangelernährung verbundenen Krankheiten.

Schwer abzuschätzende Faktoren sind die bebaubare Ackerfläche der Erde, die Rolle der Technik bei ihrer Ausdehnung sowie die Gefahren steigender Intensivierung, die immer auch eine Chemikalisierung der Böden bedeutet. Die vielgepriesene „Grüne Revolution“, die Züchtung und der Anbau reich tragender Sorten, hat selbst nach den Worten ihres Erfinders Norman Barlaug nur eine Atempause im Kampf um die Ernährung wachsender Bevölkerungen gebracht.

Selbst die weltweite Steigerung in der Pro-Kopf-Produktion steht auf unsicherer Basis. 1988 wurden in der Welt 344 kg Getreide pro Kopf angebaut. Das war weniger als in jedem Jahr seit 1977. Die Zahl von 1989 (358 kg pro Kopf) lag um sechs Prozent niedriger als im Rekordjahr 1985 und niedriger als in sechs der vorhergegangenen zwölf Jahre. Die Entwicklungsländer haben den Grad ihrer Selbstversorgung drastisch verringert. 1969-1971 lagen ihre Getreideimporte bei 20 Millionen Tonnen, 1983-1985 war die Zahl schon auf 69 Millionen Tonnen gestiegen, und es ist anzunehmen, daß sie am Ende der neunziger Jahre bei 112 Millionen Tonnen liegen wird. Diese Defizite sind bisher durch entsprechende Überschüsse in den Industrieländern ausgeglichen worden, von denen der größte Teil aus Nordamerika kam.

Kritik am Weltagrarmarkt und schrankenlosen Freihandel (den schon die Europäische Union bricht, indem sie ihre hochsubventionierten Produkte billig in Drittweltländer schickt und damit dort die heimischen Märkte stört) wird von ökologischer Seite und von Freihandelsgegnern vorgebracht. So soll die Erde im Rahmen einer „dauerhaften, nachhaltigen Entwicklung“ nur 5, 5 Milliarden Menschen ernähren können, die zehn bis zwölf Milliarden, die zu gewärtigen sind, aber nur um den Preis offenen und versteckten Raubbaus. Der Druck auf die Drittweltländer, den Agrarexport auszubauen, führt zu Plantagenwirtschaft, zur Proletarisierung enteigneter Kleinbauern und untergräbt die vorhandenen Ernährungsgrundlagen

2. Jugendlast

Allein schon aus der Altersstruktur lassen sich die Probleme erahnen, die auf die meisten Entwicklungsländer zukommen. Die starken Jugendjahrgänge schieben sich unaufhaltsam in das schwach entwickelte Gesundheits-und Ernährungswesen, in die Schulen und Ausbildungsstätten, in den Wohnungs-und Arbeitsmarkt. Da sie wenig später die verstärkten Heiratsjahrgänge bilden, führt dies zu einem strukturbedingten „Kindeskinder-Effekt“, der selbst einen gewissen Geburtenrückgang wettmacht und überbietet. Dazu kommt die allgemein sinkende Sterblichkeit durch den Import moderner Medizin, wodurch die „Wachstumsschere“ weiter offenbleibt.

Während den Industrienationen die Versorgungslast wachsender Altenjahrgänge Sorgen macht, ist es in den Entwicklungsländern die Jugendlast, das Verhältnis von Erwerbsbevölkerung zu Jugend-jahrgängen. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist dort unter 15 Jahren (in Deutschland sind dies nur Prozent). Vor allem die Einschulung der anschwellenden Jugendjahrgänge bereitet große Probleme. Die Volksrepublik China hat dieses Problem organisatorisch bewältigt, auf dem lateinamerikanischen und noch mehr dem afrikanischen Kontinent läuft dagegen die Bevölkerungszunahme den Alphabetisierungs-und Bildungsanstrengungen davon. Das Mißverhältnis zwischen vorhandenen Bildungseinrichtungen und der Größe der schulpflichtigen Jahrgänge kann sich nur bessern, wenn sich Bildungsinvestitionen und Familienplanung günstig kombinieren. In Schwarzafrika dürfte das nicht vor Mitte des kommenden Jahrhunderts der Fall sein.

3. Arbeitsmarkt

Die erwerbsfähige Bevölkerung in den Entwicklungsländern wird von etwa 1, 76 Milliarden heute auf mehr als 3, 1 Milliarden Menschen im Jahr 2025 anwachsen. Jedes Jahr werden 38 Millionen neue Arbeitsplätze nötig sein -diejenigen nicht eingerechnet, die notwendig wären, um die jetzt schon vorhandene große Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Sie liegt in vielen Entwicklungsländern bei 40 Prozent 16. Die ländliche Überschußbevölkerung kommt in den schwachen Beschäftigungskapazitäten der Industrie und des Handwerks kaum unter. Der Dienstleistungssektor in den Städten ist künstlich aufgebläht und dient als Deckmantel für versteckte Arbeitslosigkeit. Geringe Eigenkapitalbildung, das weltweite Sinken der Rohstoffpreise bei steigenden Preisen für Industriegüter (terms of trade-Effekt) und Wirtschaftsprobleme auch in den Industrienationen (Protektionismus) führen dazu, daß die Arbeitsmärkte der Dritten Welt sich nicht rasch genug ausweiten. Eine Abhilfe sieht man vorerst nur in einer „sanften“ Industrialisierung der Landregionen, die allein die beängstigende Verstädterung stoppen könnte.

Die Verschuldungskrise der Dritten Welt beruht nicht zuletzt auf dem verzweifelten Bemühen vieler Regierungen, sich auf dem internationalen Kapitalmarkt jene Finanzressourcen zu beschaffen, die erforderlich sind, um Arbeitsplätze in Produktion und Dienstleistungen für ihre rasch wachsenden Bevölkerungen bereitzustellen. Diese vielfach unproduktiven Arbeitsplätze und der grotesk angewachsene Behördenapparat sind die Ausprägung der vom Westen implantierten Wahldemokratie. Verschärft wird dieses Problem durch den Transfer neuer Technologien, die -weil im Westen entwickelt -auf die Einsparung von Arbeitskräften zielen.

4. Altersaufbau und Versorgungslast

Der Altersaufbau ist das Ergebnis vorangegangener Fruchtbarkeit, Sterblichkeit und Wanderungen in allen Altersgruppen. Die wichtigste Bestimmungsgröße sind die Geburten, die die Bevölkerungspyramiden der Entwicklungsländer auf einen breiten Jugendsockel stellen. Er enthält schon die Anzahl der künftigen Produzenten im Erwerbs-alter und den Hinweis, daß der Bedarf an Ausbildungsinvestitionen und Kapital überproportional steigt. Selbst dort, wo sich ökonomische Fortschritte bemerkbar machen und bessere Marktchancen für Produkte zu mehr Beschäftigung führen, mindert die Jugendlast die eingeleitete positive Tendenz.

Man spricht von demographischen Kosten, die allein der starke Nachwuchs verursacht. Über die Befähigung hinaus, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, muß die Jugend für steigende Ansprüche an die Qualität der Arbeitskraft erzogen werden, d. h., die Erziehungskosten für sie steigen stärker an als der Konsum in den übrigen Bevölkerungsgruppen. Der Erziehungsaufwand für Kinder kann also nur relativ über einen Wirtschaftsboom vermindert werden oder aber absolut über eine Geburtenbeschränkung. In Ländern, wo Scharen von Kindern Müll sortieren, auf der Straße vegetieren und von niederen Dienstleistungen auf Trinkgeld-basis leben, greift offenbar weder das eine noch das andere. Man kann sagen, daß die Jugendlast dem Wirtschaftsfortschritt Grenzen setzt, weil Versorgungs-und Ausbildungskosten, so sie überhaupt aufgebracht werden können, Mittel verschlingen, die sonst für den Aufbau bestimmt wären. Die Politik einer Geburtensenkung ist nicht unter dem Zeichen „weniger Menschen“ zu sehen, sondern als eine Entlastung auf dem Entwicklungsweg.

5. Verstädterung

Verstädterung ist die bekannteste, weil sichtbarste Folge der demographischen Wachstumsvorgänge; sie konzentriert sich auf engem Raum und übertrifft an Dramatik das europäische Ballungsgeschehen bei weitem. Man spricht auch besser von Agglomeration. Ihre Faktoren sind der Nachwuchs der Bewohner, dann der gewaltige Zuzug von außen und die mitgebrachten sowie bald nach Ankunft geborenen Kinder. Hauptmotiv ist sozialer Aufstieg, den man sich für sich, zumindest aber für die Kinder erhofft.

Um 1950 lebten noch 83 Prozent der Entwicklungsländerpopulation auf dem Land. Gegen Ende der neunziger Jahre werden es nur noch 60 Prozent sein. In absolute Zahlen umgerechnet: Von etwas über 400 Millionen um 1950 schießt die Zahl der Stadtbewohner (bei aller Vorsicht, sie so zu nennen) auf nahezu 2, 5 Milliarden hoch. Die Liste der 20 größten Städte zählte um 1950 zumeist nur europäische und nordamerikanische Zentren. Unter den 20 Mega-Cities um das Jahr 2000 tauchen nur noch drei der modernen Welt auf; die größten im Süden sind Mexiko City (25, 6 Mio.), Säo Paulo (22, 1 Mio.), Schanghai (19, 0 Mio.), Kalkutta und Bombay mit je 15, 5 Millionen In der ökologisch prekärsten Situation könnte sich Lima befinden. Dort siedeln fünf bis sieben Millionen auf sandigem Boden („Pueblos Jovenes“) ohne jeden Niederschlag das ganze Jahr. Schmelzwasser aus den Andentälern kommt per Tankwagen. Die für das nächste Jahrhundert angekündigte Wasserknappheit dürfte nicht nur dort zu Katastrophen führen.

IV. Richtungsstreit um Prioritäten und Konzepte

Ein Bevölkerungszustand wird nach seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage beurteilt. Seine Zukunft wird mitentschieden von der Möglichkeit bzw.dem politischen Willen eines Staatswesens, Bevölkerungspolitik in den allgemeinen Entwicklungsplan einzufügen. Das Verhältnis von Bevölkerung und Wirtschaftsentwicklung ist immer ein gespanntes und läßt (bei mangelnder Wirtschafts-Integration) an Überbevölkerung und (bei schwacher Auslastung von Kapazitäten) an Unterbevölkerung denken. Im Verhältnis von Bevölkerungsund Wirtschaftsentwicklung kann es wegen ihrer so unterschiedlichen Eigenbewegung keine automatische Harmonie geben. Dafür unterliegen beide Bereiche aber einem Steuerungszwang, der alle Kraft und Ausdauer einer Nation und darüber hinaus die Hilfe der Weltgemeinschaft erfordert.

Die Bevölkerungswellen lösen auch „malthusianische Wellen“ im sozioökonomischen Denken aus -so auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Grundlagen für die Deutung der Weltentwicklung waren offenbar Denkgebäude von Adam Smith, von Karl Marx oder Mao nicht so erfolgreich wie die von Thomas Robert Malthus. Seine Gegner, die sich aus liberalen bzw. autoritären Nationalisten und orthodoxen Kommunisten zusammensetzten, hatten neuerdings zu tun, gegen Malthus nicht erneut Dinge vorzubringen, die schon in den Debatten des 19. Jahrhunderts aufgetaucht waren. Malthus dämpfte mit seiner These von der raschen Vermehrbarkeit des Menschengeschlechts, die immer über das Nahrungsmittelangebot hinausschießen würde, die Hoffnungen auf die ständige Verbesserung des menschlichen Daseins. Während die europäische Prosperität trotz des Bevölkerungszuwachses Malthus zu widerlegen schien, baute sich auf fremden Kontinenten nach dem Zweiten Weltkrieg genau jene Situation auf, vor der Malthus gewarnt hatte. Der endgültige Streit also, ob Malthus recht oder unrecht habe, scheint keinesfalls beigelegt. Unbestreitbar aber mahnt Malthus jene heilsame Bodenhaftung an, welche die Wolkenkukkucksheime der Aufklärung oder neuerdings die wohlmeinenden Vertreter universalistischer Menschenrechte zu verlieren drohen

1. Demoökonomische Modelle

Gemäß der Deutung des europäischen Weges in die „Industrialisierung“ sah man mit Investitionen in moderne Wirtschaftssektoren die in die Unabhängigkeit entlassenen Drittweltstaaten auf dem richtigen Wege. Die ersten Konzepte wurden für große Drittweltnationen wie Indien erstellt mit dem Ziel, sie bald auf den europäischen Weg zu bringen: Die Effizienz von Wirtschaftsinvestitionen wurde erstmals an sinkenden Nachwuchs-kosten, die über Geburtenkontrolle erreicht werden könnten, geprüft: Sinkende Nachwuchszahlen würden eine Entlastung bedeuten, erhebliche Bevölkerungszunahme dagegen würde das Quantum der ökonomischen Investitionen anteilsmäßig schmälern und den Entwicklungsprozeß hinauszögern

Diese Szenarien sind Schreibtischprodukte, die von der Wirklichkeit immer überholt wurden, doch wurden sie zum Überzeugungsbestand der indischen Eliten. Ihre Ungeduld und Verzweiflung, die Bevölkerung nicht rasch genug eindämmen zu können, fand in der Sterilisierungskampagne des ersten Indira-Gandhi-Regimes einen Höhepunkt und hat dem Familienplanungsgedanken enormen Schaden zugefügt. Dennoch brachten diese Arbeiten, die sämtlich zum Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften führten, den Beginn der »demo-ökonomischen Modelle“, mit denen an einer Integration von Bevölkerungs-und Entwicklungspolitik gezielt gearbeitet werden konnte.

2. „Population Debate“

Es geht um die Frage, ob mit Wirtschaftsinvestitionen allein, ganz nach dem europäischen Vorbild, das Bevölkerungsproblem der Dritten Welt zu lösen wäre oder ob die Zeit dafür nicht reif ist, sofort Geburtensenkung und forcierte Familienplanung einzuleiten. Auf der Weltbevölkerungskonferenz in Bukarest 1974 lautete der liberale Slogan „Entwicklung ist die beste Pille“, wogegen die Malthusianer meinten: „Die beste Pille ist und bleibt die Pille.“ Es handelt sich also um einen alten Streit mit neuem Wissenshintergrund.

Die „Population Debate“, die im Grunde bis heute andauert, war eine Gelegenheit, den seit nahezu 200 Jahren schwelenden Gegensatz zwischen dem Malthusianismus der Begrenztheit und Erschöpfung der Natur auf der einen Seite und dem grenzenlosen Optimismus und Vertrauen in mensch-liehe Kräfte und Kreativität auf der anderen heu auszutragen. Die „Botschaft von Bukarest“ bestand in der Feststellung, daß sich nur dort ein bevölkerungspolitischer Erfolg einstellte, wo er mit wirtschaftlichen Investitionen in Schlüsselsektoren wie ländliche Entwicklung, Frauenerziehung und gestreute Kleinindustrie abgesichert wurde

Die Weltbevölkerungskonferenz in Mexiko-City 1984 wurde noch ganz unter dem Zeichen dieser Botschaft einberufen, nahm aber dann einen anderen Verlauf. Man vermutet, daß Ronald Reagan für seine Wiederwahl, die zu dieser Zeit anstand, ein Bündnis mit konservativ-fundamentalistischen Kreisen ratsam schien. So nahm es nicht wunder, daß der Delegierte der USA offen den Entzug amerikanischer Hilfe für Programme, die „nicht gebilligte Methoden“ beinhalten, ankündigte und der Familienplanung einen untergeordneten Platz zuwies

Gleichzeitig waren Anti-Malthusianer aufgetreten, die schon zehn Jahre vorher berechtigte Kritik an den ersten Berichten des Club of Rome („Grenzen des Wachstums“, 1972) geübt und sich damif als Denkrichtung etabliert hatten. Sie nutzten nun das Weltforum auf ihre Weise. Vor allem das unter Hermann Kahn bekannt gewordene Hudson-Institute wollte die Dritte Welt nur über Freihandel und Marktwirtschaft sich entwickeln sehen. Von dem rührigen Bevölkerungsökonomen Julian Simon hatte das Institut noch pointierter zu argumentieren gelernt Es ist Simon recht zu geben, wenn er die simple Mechanik zwischen Bevölkerungszunahme und zu Ende gehenden Rohstoff-vorräten bezweifelt, die doch über Verteuerung und technische Innovation gewaltig gestreckt werden könnten. Und es ist ihm auch recht zu geben, wenn er die unökonomischen Einstellungen in weiten UN-Kreisen, die die Dritte Welt über gigantische Transferleistungen entwickeln wollen, scharf kritisiert. Julian Simon und die Liberalen geben sich aber einer gefährlichen Arglosigkeit hin, wenn sie meinen, man könne die Völker bei dem derzeitigen Ausmaß ihres Bevölkerungswachstums auf ihrem langwierigen Entwicklungsweg am besten allein lassen. Im Rahmen eines lokal begrenzten Wirtschaftslernens ist dies zu vertreten. Auf kontinentaler Ebene führt eine „policy of the benign neglect“ in die Katastrophe. Simons These „The problem is the solution“ fällt in dem Augenblick zusammen, wenn er nach eigenem Zeitplan für die Lösung der Entwicklungsfrage 60 bis 70 Jahre ansetzt, die Weltbevölkerung sich aber in dieser Zeitspanne zweimal zu verdoppeln droht

V. Bevölkerungspolitik als Entwicklungspolitik

Da alle demographischen Faktoren, einschließlich der Wanderungen, in der Sozialstruktur verankert sind, muß eine Entwicklungspolitik die Transformation beider Sphären ins Auge fassen.

1. Gründe

Auf jeden Fall sollte die mittlere Variante der UN-Prognose eines Bevölkerungswachstums auf über elf Milliarden bis Ende des kommenden Jahrhunderts angepeilt werden, obwohl jetzt schon Zweifel herrschen, sie halten zu können. Die hohe Variante würde eine Tendenz gegen 13 Milliarden anzeigen Da das Wachstum ein trikontinentales sein wird, sind solche Differenzen wesentlich. Es wäre wünschenswert und entwicklungsförderlich, wenn das rasche Wachstum im prekären mittleren Stadium des demographischen Übergangs auf ein niederes Niveau gedrückt werden könnte. Staaten, die sich schon früh um erfolgreiche Familienplanung bemühten -wie Kolumbien und Tunesien -sind hier in einer guten Ausgangslage. Ein Vergleich von Algerien und Tunesien ist besonders eindrucksvoll. Algerien dachte (aus nationalistischen Gründen) trotz seiner hohen Geburtenüberschüsse an kein Programm. Es muß daher mit der Vervierfachung seiner Bevölkerung rechnen. Dagegen hatte Tunesien schon in den sechziger Jahren Familienplanung eingeführt und braucht nur eine Verdoppelung seiner relativ geringen Bevölkerung von derzeit 8, 6 Millionen zu erwarten. Die Wirkung eines Programms läßt sich daran ermessen, daß Algerien (mit heute 27 Millionen) und Tunesien um 1960 noch eine gleich hohe Geborenenziffer hatten

Die volkreichsten Entwicklungsländer bestimmen über die endgültige Größe der Menschheit. Sie entscheidet sich an der Frage, wann Indien, Pakistan, Bangladesch, Indonesien, Brasilien, Nigeria, Mexiko mit nur zwei Kindern pro Paar in die Phase des Wachstumsstillstands einschwenken werden und ihrem breiten Jugendsockel entwachsen können. China hat die familiale Kinderzahl schon unter zwei gedrückt und möchte bei 1, 5 Milliarden sein Wachstum e Millionen) und Tunesien um 1960 noch eine gleich hohe Geborenenziffer hatten 25.

Die volkreichsten Entwicklungsländer bestimmen über die endgültige Größe der Menschheit. Sie entscheidet sich an der Frage, wann Indien, Pakistan, Bangladesch, Indonesien, Brasilien, Nigeria, Mexiko mit nur zwei Kindern pro Paar in die Phase des Wachstumsstillstands einschwenken werden und ihrem breiten Jugendsockel entwachsen können. China hat die familiale Kinderzahl schon unter zwei gedrückt und möchte bei 1, 5 Milliarden sein Wachstum eingestellt haben. Selbst dann ist noch nicht klar, was Demokratie -zur Zeit lautstark gefordert! -bei einer solcher Menschenmasse für den Globus bedeutet. Ohne autoritäre Gängelung wird China nicht einmal seiner enormen Binnenwanderung Herr werden 26.

2. Methoden

Die Tendenz zur Geburtenbeschränkung hält schon seit 20 Jahren an 27. Da die Sterblichkeit aber ebenfalls zurückgeht, ändert sich an den Geborenenüberschüssen wenig und beides erbringt jährlich 100 Millionen Menschen mehr auf dieser Erde. Doch es führt nur ein beharrliches Beibehalten dieses Kurses zu einer Lösung. Staaten sind bei der Formulierung ihres Bevölkerungsproblems und bei der Wahl ihrer Mittel, es zu lösen, souverän. Das heißt, daß Bevölkerungspolitik vielfach den kulturellen Traditionen folgen muß, um erfolgreich zu sein. So hat Ostasien eine alte Präferenz für Abtreibung (stopping pattem), Afrika kontrollierte die Einhaltung von Geburtenabständen (spacing pattem), und der Westen -seines wissenschaftlichen Vorsprungs wegen -erfand die Schwangerschaftsverhütung (contraceptive/preventive pattem). Familienplanung ist weltweit im Vormarsch, weil Umfragen ergeben, daß Frauen mehr Kinder zur Welt bringen, als sie wollen. Erfolgreiche Familienplanung hat daher einige Voraussetzungen: -Paare müssen es für sinnvoll erachten, die gewünschte Kinderzahl gemeinsam zu bestimmen.

Das setzt eine Anhebung des Status der Frau voraus. In Schwarzafrika kann aber eine Frau nur über Geburten Status erringen. Der „Zugang zu Ressourcen“ wie Landbesitz und Geschäftsfähigkeit für Frauen müßte also ohne Gebärleistung möglich sein -Eltern müssen von den gestiegenen Überlebenschancen der Neugeborenen überzeugt sein. Nur dann unterlassen sie die „Vorsorgegeburten“ wegen der von früher her gewohnten hohen Kindersterblichkeit. Dazu müssen sie politisch und wirtschaftlich stabile Verhältnisse kennengelernt haben, die ihnen Vertrauen in Geldwert und Verwaltung und damit Vertrauen in eine staatliche Alterssicherung einflößen. Andernfalls verlassen sie sich lieber auf die eigene Kinderschar. -Mit der Abkehr von immer mehr Eltern von kleinbäuerlicher Existenz fassen sie Bildung und Ausbildung der Kinder ins Auge. Sie spüren dadurch erstmals Kinderkosten (anstatt Kinder-gewinne durch niedere Dienste) und wissen, daß dies nur für wenige Kinder zu leisten ist. -Die Familienplanungsdienste müssen vorhanden und zugänglich sein und mit den kulturellen und religiösen Normen in Einklang stehen. Vorstellungen von weltweit gültigen „Reproductive Rights“ als weitestgehendem Rahmen für diese Familienplanungsdienste haben im Vorfeld der Kairoer Weltbevölkerungskonferenz auch gleich Reaktionen des Vatikans hervorgerufen und dem Problem den Charakter eines eurozentrischen Streits verliehen

3. Ziele

Eine in Entwicklungsplänen integrierte Bevölkerungspolitik unterliegt den allgemeinen Zielvorgaben und ihrer Evaluation. Den Entwicklungsetappen entspricht eine „target population“, die in demographischen Indikatoren (Zuwachsrate, Kinderzahl pro Frau, Kindersterblichkeit, Krankheitsbilder) darzustellen ist. Seit Bukarest 1974 existiert sogar ein Weltbevölkerungsaktionsplan, der u. a. Geburtensenkung und Erhöhung der Lebenserwartung anmahnt und den Stand der Dinge bei den UN-Mitgliedstaaten regelmäßig abfragt. Die Schwierigkeit einer entwicklungsorientierten Bevölkerungspolitik ist, staatliche Ziele mit dem kleinbäuerlichen privaten Kalkül, das den Kinder-zahlen auf dem Lande zugrunde liegt, zu versöhnen. Die unmittelbaren Lebensnotwendigkeiten lassen es nämlich oft vernünftig erscheinen, einen Nachwuchs in die Welt zu setzen, der in seiner Summe den Entwicklungsstrategen Sorgen macht.

Es ist erstaunlich und zugleich ein Hoffnungsschimmer, daß heute die Drittweltstaaten auf bevölkerungspolitische Unterstützung drängen und daß US-Präsident Bill Clinton jede Zurückhaltung in Sachen Familienplanung, die in der Bush-Administration noch spürbar war, aufgegeben hat. Deutschland ist eine wichtige finanzielle Stütze des Bevölkerungsfonds der UN (UNFPA) geworden, dessen Budget -angesichts der globalen Herausforderung! -schmale fünf Milliarden Dollar beträgt. Nach Berechnungen des Fonds wäre das Dreifache nötig, um die Weltbevölkerung im kommenden Jahrhundert auf den erwünschten Stagnationskurs zu lenken.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. J. Overbeek, History of Population Theories, Rotterdam 1974.

  2. Zit. in: Ch. C. Mann, How Many is Too Many?, in: The Atlantic Monthly, (1993) 2, S. 52; vgl. auch Stefan Klein, Ruanda -Platzangst im Paradies, in: R. Klüver (Hrsg.), Zeitbombe Mensch. Überbevölkerung und Überlebenschance, München 1993, S. 50-62.

  3. Vgl. S. L. Camp, Population Pressure, Poverty and the Environment (Population Crisis Committee), Washington D. C. 1989.

  4. Vgl. R. A. Bulatao/E. Bos/P. W. Stephens/My T. Vu, World Population Projections 1989-90 Edition, Short-and Long-Term Estimates, World Bank, Baltimore-London 1990.

  5. Die öl-und Rohstoffkrise der siebziger Jahre hat die erste Einteilung der Drittweltländer nach ihrer „Ressourcen-lage“ erfordert. Die Ölförderstaaten, die „Aristokratie der Armen“, kontrastierten mit den „Ärmsten der Armen“ (most seriously affected countries), bei denen sich Bevölkerungswachstum, Verschuldung und klimatische Katastrophen häufen.

  6. Vgl. J. A. Hauser, Bevölkerungs-und Umweltprobleme der Dritten Welt, Bd. 1, Bern-Stuttgart 1990, S. 22ff.

  7. Vgl. Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1990. Die Armut, Washington-Bonn 1990.

  8. Vgl. Thomas Robert Malthus. Das Bevölkerungsgesetz, München 1977. Vgl. ferner Josef Schmid. Themenwechsel in der Bevölkerungstheorie: Aufstieg und Fall des Vulgärmalthusianismus im Lichte der Wissenschaftssoziologie, in: S. Ruppe/K. Schwarz (Hrsg.), Beiträge aus der bevölkerungswissenschaftlichen Forschung. Festschrift für H. Schubneil, Boppard 1983, S. 75-87; R. Aron, Zwischen Marx und Malthus. Gedanken nach einer Asienreise, in: Der Monat, 6 (1954), S. 66, 68, 72; A. Sauvy, Malthus et les Deux Marx -Le Probleme de la Faim et de ia Guerre dans le Monde, Paris 1963.

  9. Vgl. L. Tabah. Population Growth in the Third World, in: International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Science and Sustainability (Selected Papers on IIASA’s 20th Anniversary), Laxenburg 1992, S. 271-306.

  10. Daher wurde der Umbau von vorindustrieller zu industrieller Bevölkerungstruktur zum lange gültigen Paradigma der Bevölkerungssoziologie. Vgl. G. Mackenroth, Bevölkerungslehre. Theorie, Soziologie und Statistik der Bevölkerung, Berlin -Göttingen -Heidelberg 1953; Josef Schmid, Einführung in die Bevölkerungssoziologie, Reinbek 1976; P. Marschalck. Bevölkerungsgeschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt 1984.

  11. Vgl. J. Schmid, Bevölkerung und soziale Entwicklung. Der demographische Übergang als soziologische und politisehe Konzeption. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, Boppard 1984, S. 46ff.; A. Sauvy/A. Landry, in: J. Schmidt (Hrsg.), Bevölkerungswissenschaft. Die „Bevölkerungslehre“ von Gerhard Mackenroth -30 Jahre danach, Frankfurt 1985, S. 109-137.

  12. Ein indischer Familienvater benötigt -in Anrechnung der Geschlechterproportion und Kindersterblichkeit -sieben Kinder, damit mindestens ein Sohn überlebt, der ihm die hinduistische Totenzeremonie ausrichten muß.

  13. Vgl. hierzu folgende Darstellungen: B. N. Gosh (ed.), Studies in Population and Economic Development, 2 Bde., Neu-Delhi 1987; A. C. Kelley, Economic Consequences of Population Change in the Third World, in: Journal of Economic Literature, XXVI (1988), S. 1685-1728; The United Nations, Consequences of Rapid Population Growth in Developing Countries, (Expert-Group Meeting, New York, August 1988), New York 1991.

  14. Vgl. J. Schmid (Hrsg.), Bevölkerung, Umwelt und Entwicklung. Eine humanökologiche Perspektive, Opladen 1994; siehe dazu auch den Artikel von Herwig Birg in diesem Heft.

  15. Vgl. P. R. Ehrlich/A. H. Ehrlich/G. C. Daily, Food Security, Population and Environment, in: Population and Development Review, 19 (März 1993), S. 1-32; M. Chussodovsky, Risques de Famine aggraväs dans Le Sud, in: Le Monde Diplomatique, September 1993, S. 19.

  16. Vgl. D. E. Bloom/A. Brender, Labor and the Emerging World Economy, Population Bulletin (Population Reference Bureau, Washington D. C.), Vol. 48, 2. Oktober 1993.

  17. Vgl. UNFPA/Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Weltbevölkerungsbericht 1993, Bonn 1993, S. 4f.

  18. Vgl. C. Brinkmann (Hrsg.), William Godwin -Robert Malthus: Wirtschaftsfreiheit und Wirtschaftsgesetz, Stuttgart 1948. Zu den prominenten und dezidierten Malthusianern zählen heute die Chicagoer Ökobiologen Paul und Anne Ehrlich sowie das Worldwatch-Institute des Nobelpreisträgers Lester Brown, vgl. P. Ehrlich, Die Bevölkerungsbombe, München 1971; P. R. Ehrlich/A. Ehrlich/J. P. Holdren, ECOSCIENCE -Population, Resources, Environment, San Francisco 1977; L. Brown et al., State of the World (New York-London), inzwischen dt.: Zur Lage der Welt. Frankfurt/M. (jährlich); Club of Rome (Hrsg ), Die Erste Globale Revolution -Zwanzig Jahre nach „Die Grenzen des Wachstums“, Frankfurt/M. 1992.

  19. Charakteristische Arbeiten in dieser Denkrichtung sind: A. J. Coale/E. W. Hoover, Population Growth and Economic Development in Low Income Countries, Princeton 1958; S. Enke, Birth Control for Economic Development, in: Science, 164 (1969), S. 798-802; H. V. Mühsam, Some Principles of Cost-Benefit Analysis of Family Flanning Services in Developing Countries, in: Population Studies, 29 (1975) 3, S. 439-445; W. Leontief et al., The Future of the World Economy: A United Nations Study, New York 1977.

  20. Vgl. W. Parker Mauldin, Patterns of Fertility Decline in Developing Countries 1950-1975, in: Studies in Family Flanning, 9 (April 1978); Ph. Cutright/W. R. Kelly, The Hole of Family Flanning Programs in Fertility Declines in Less Developed Countries, 1958-1977, in: International Family Flanning Perspectives, 7 (1981) 4, S. 145-151.

  21. Das bedeutete eine völlige Kehrtwendung der amerikanischen Politik. Präsident Lyndon B. Johnson hatte noch gesagt, daß fünf Dollar in der Geburtenkontrolle besser angelegt wären als 100 Dollar in der Entwicklung.

  22. Vgl. J. Simon, The Ultimate Resource, Oxford 1981.

  23. Vgl. J. Schmid, Die demographische Falle -Bevölkerungswachstum in der Dritten Welt, in: Universitas, (1990) 4, S. 354-363; J. A. Swaney, Julian Simon Versus the Ehrlichs: An Institutionist Perspective, in: Journal for Economic Issues, 25 (June 1991). In der deutschen Bevölkerungswissenschaft haben Günter Steinmann und der Autor diese Debatte fortgeführt und im Rahmen des Vereins für Socialpolitik zu einer vermittelnden Position gefunden; vgl. G. Steinmann, Bevölkerungswachstum, Ressourcen und Ernährung; J. Schmid, Der Bevölkerungsfaktor im Entwicklungsprozeß, beide in: B. Felderer (Hrsg.), Bevölkerung und Wirtschaft. Schriften des Vereins für Socialpolitik, Gesellschaft für Wirtschafts-und Sozialwissenschaften, Neue Folge, Band 202, Berlin 1990, S. 577-592 und S. 593-605.

  24. Vgl. L. Tabah (Anm. 9); Weltbevölkerungsbericht (Anm. 17), S. 5, S. 9. Hochvarianten von 18 und 24 Milliarden sind Fortschreibungsexempel und kein ernsthafter Diskussionsgegenstand.

  25. Vgl. L. Tabah (Anm. 9), S. 284f.

  26. Vgl. N. Eberstadt (ed ), Fertility Decline in the Less Developed Countries, New York 1981.

  27. Vgl. W. P. Handwerker, Women’s Power and Fertility Transition: The Gases of Africa and the West Indies, in: Population and Environment, 13 (1991), S. 55-78,

  28. Vgl. J. Krause, PREPCOM III -Die Schlußrunde. Zwischen den Mühlsteinen von vatikanischem Fundamentalismus und nordischem Sendungsbewußtsein (UNFPA-Informationsdienst/DGVN, Bonn, Nr. 19, April/Mai 1994).

Weitere Inhalte

Josef Schmid, Dr. phil., Dr. rer. pol. habil., geb. 1937; Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Veröffentlichungen u. a.: Einführung in die Bevölkerungssoziologie, Reinbek 1976; Bevölkerung und soziale Entwicklung, Boppard 1984; Bevölkerungsveränderungen in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Revolution auf leisen Sohlen, Stuttgart 1984; Das verlorene Gleichgewicht. Eine Kulturökologie der Gegenwart, Stuttgart 1992.