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Das sozialistische Exil und der 20. Juli 1944. Die Wahrnehmung des Attentats auf Hitler durch die Sopade und die Gruppe Neu Beginnen | APuZ 28/1994 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 28/1994 „Stachel im Fleisch der deutschen Nachkriegsgesellschaft“ Die Deutschen und der Widerstand Der 20. Juli 1944 -damals und heute Der Kreisauer Kreis und die deutsche Zukunft Das sozialistische Exil und der 20. Juli 1944. Die Wahrnehmung des Attentats auf Hitler durch die Sopade und die Gruppe Neu Beginnen

Das sozialistische Exil und der 20. Juli 1944. Die Wahrnehmung des Attentats auf Hitler durch die Sopade und die Gruppe Neu Beginnen

Bernd Stöver

/ 21 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das Attentat am 20. Juli 1944 war für das sozialistische Exil nicht das Zentrum des Widerstands gegen Hitler. Aus seiner Perspektive war der Staatsstreich in den seit der „Machtergreifung“ geleisteten politischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus eingeordnet. Dieser Widerstand bestand von sozialistischer Seite aus hauptsächlich in einer politischen Berichterstattung aus dem „Dritten Reich“, auch wenn einzelne Sozialisten an der Verschwörergruppe des 20. Juli beteiligt waren. Aus dieser alltäglichen Perspektive heraus hatte man schon lange vor dem Attentat die Hoffnung auf einen Sturz des Nationalsozialismus „von innen“ aufgegeben. Zu deutlich waren die Anpassungstendenzen innerhalb der deutschen Gesellschaft seit 1933 gewesen. Der 20. Juli war somit für das Exil vor allem ein Zeichen des nicht völlig erloschenen Widerstandes gegen den NS-Staat, auch wenn man nach den Erfahrungen des „Dritten Reiches“ für das nachfolgend erwartete demokratische „Nach-Hitler“ -Deutschland erhebliche Zweifel hatte, da dieser Neuanfang nicht mehr aus eigenen Kräften geschaffen werden konnte.

I. Sozialistischer Widerstand aus dem Exil

Das von dem Oberst i. G. Claus Graf Schenk von Stauffenberg ausgeführte Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 in dem von der Öffentlichkeit abgeriegelten Hauptquartier „Wolfschanze“ in Ostpreußen war mehr als alle vorangegangenen Widerstands-und Oppositionsformen geeignet, ein unübersehbares Zeichen des „anderen Deutschland“ zu setzen. Obwohl der Versuch, Hitler zu töten, von Militärs ausgeführt wurde, sammelte sich im weiteren Umfeld des Staatsstreichs fast das gesamte Spektrum deutscher Hitler-Gegner Neben Militärs, Nationalkonservativen, Christen, Adligen, Liberalen, Bürgerlichen unterschiedlichster Couleur und selbst Nationalsozialisten trafen sich hier auch Angehörige der zu diesem Zeitpunkt nur noch sehr eingeschränkt agierenden ehemaligen Arbeiterbewegung. Zu ihnen gehörten Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten und Angehörige sozialistischer Gruppen.

So sind insbesondere die Verbindungen zum militärischen Widerstand durch die zum rechten Flügel der Weimarer SPD zählenden Funktionäre Theodor Haubach, Wilhelm Leuschner und Julius Leber bekannt. Julius Leber war als Innenminister, Wilhelm Leuschner als Vizekanzler im Kabinett von Carl Friedrich Goerdeler vorgesehen. Weniger bekannt ist, daß auch Kontakte der linkssozialistischen Gruppe Neu Beginnen mit den Verschwörern des 20. Juli stattfanden. Dieser Zusammenschluß war 1929 als „Leninistische Organisation“ auf Initiative des Berliner Sozialisten und SPD-Mitglieds Walter Loewenheim (Ps. „Miles“) entstanden, um konspirativ auf eine Einheitsfront zwischen Kommunisten und Sozialdemokratie hinzuwirken und hatte sich schließlich im August 1933 nach der von Loewenheim verfaßten Programm-schrift „Neu Beginnen“ benannt. Nachweisbar ist beispielsweise die Verbindung des prominenten Neu-Beginnen-Funktionärs Karl Frank, der unter anderem unter dem Pseudonym Paul Hagen arbeitete, zu dem aus dem nationalkonservativen Lager des Kreisauer Kreises stammenden Adam von Trott zu Solz, der durch seine Tätigkeit im Auswärtigen Amt die für einen erfolgreichen deutschen Widerstand unerläßlichen internationalen Verbindungen herzustellen suchte

Anders als der auf breiter Basis angelegte und stark auf Außenwirkung bedachte kommunistische Widerstand, der nicht zuletzt aus diesen Gründen etwa 1935 in seiner ursprünglichen organisierten Form weitgehend zerschlagen war, hatten sich die Sopade, wie sich der SPD-Parteivorstand seit dem Schritt in die Emigration im Mai 1933 nannte und die Gruppe Neu Beginnen bereits früh zu einer anderen, unspektakuläreren Art der illegalen Arbeit entschlossen. Trotz aller internen Konkurrenz war der Kern der Widerstandstätigkeit beider Gruppen gleich: Er bestand in einer kontinuierlichen Nachrichtensammlung und Berichterstattung über die Vorgänge im nationalsozialistischen Deutschland. Das Ziel war, durch möglichst genaue Beobachtung den Zeitpunkt zu ermitteln, an dem die Unruhe in der Bevölkerung, die Unzufriedenheit mit dem Regime das kritische Maß überschreiten würde. Geplant war, zu diesem Zeitpunkt einzugreifen und sich an die Spitze der entstehenden Volksbewegung zu stellen Für den mit der Erforschung der NS-Zeit beschäftigten Historiker ist dieses Widerstandskonzept der sozialistischen Gruppen ein Glücksfall. Aus ihm entstand eine ab 1933 und mit Einschränkungen bis 1945 durchgeführte Berichterstattung aus allen Bereichen der „Lebenswirklichkeit* 4 des „Dritten Reiches“. In ihrer Qualität und Quantität ist sie durchaus mit den schon früher von der Forschung herangezogenen Nachrichten der regimeintemen Institutionen, wie dem Sicherheitsdienst der SS (SD) und der Gestapo, vergleichbar. Insbesondere bietet sich ein paralleles Auswerten der Meldungen an, um ein Bild des nationalsozialistischen Deutschlands aus verschiedenen Blickwinkeln zu erhalten 6. Es ist daher ebenso bedauerlich wie unverständlich, daß diese im Exil zusammengestellten Berichte über den Alltag des „Dritten Reiches“ -oft unter Lebensgefahr zusammengetragen und über die Grenzen geschmuggelt -erst spät und nur zu geringen Teilen veröffentlicht wurden. Als fortlaufende Berichtsserien wurden von der Sopade ab April 1934 bis April 1940 aus dem tschechoslowakischen und französischen Exil die „Deutschland-Berichte“ herausgegeben. Als man 1940 Paris verlassen mußte, begann man von London aus, die „Sozialistischen Mitteilungen“ als Nachfolgepublikation aufzubauen. Sie stellten erst 1948 ihr Erscheinen ein. In London entstand in diesem Zusammenhang 1941 auch eine übergreifende „Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien“ mit Teilen des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK), der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) und der Sektion von Neu Beginnen -ein Zusammenschluß, der im übrigen Exil nicht gelang. Die Gruppe Neu Beginnen begann bereits im Dezember 1933 mit den „Berichten über die Lage in Deutschland“, die bis 1936 erschienen, ihre Nach-richtentätigkeit. Darüber hinaus wurden von ihr die „Nachrichten des Auslandsbüros“ (1935-1937), der „Sozialdemokratische Wochenbrief“ (1936/37), der „Sozialdemokratische Informationsbrief“ (1938/39), die „Innenbüro-Berichte“ (1938-1940), die „Deutschen Inlandsberichte“ (1936-1940) und die „Reports from Inside Germany“ (1940-1941) als fortlaufende Berichtsserien herausgegeben. Ab 1940 bis 1945 entstanden zudem im US-amerikanischen Exil unter dem maßgeblichen Einfluß von Neu-Beginnen-Repräsentanten wie Paul Hagen die „Inside Germany Reports“. Offizieller Träger dieser Zeitschrift waren die „American Friends of German Freedom“, ab 1944 die „American Association for a Democratic Germany“. Bedeutsam waren diese Organisationen, weil sich in ihrem Umkreis prominente Hitler-Gegner und einflußreiche amerikanische Persönlichkeiten trafen. So gehörten zum Sponsoring Committee unter anderem Thomas Mann und Paul Tillich.

Die nicht nur bei Neu Beginnen häufiger wechselnden Titel vermitteln einen gewissen Eindruck von den alltäglichen Schwierigkeiten, denen die Emigration gegenüberstand. Ständige Verfolgung durch deutsche Behörden auch im Ausland -so wurde zum Beispiel das Sopade-Büro in Prag überwacht, die Gestapo war sogar im Besitz eines detaillierten Grundrisses 7 -und häufige Finanzierungsprobleme, verursacht durch mangelnden Absatz und mangelnde Zahlungsmoral einiger Empfänger der Publikationen 8, waren nur wenige der wiederkehrenden Probleme. Die Akten der Emigration, vor allem im Bonner Archiv der sozialen Demokratie (AdsD) und im Amsterdamer Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, bieten hier einen ausführlichen Einblick.

II. NS-Deutschland aus der Sicht sozialistischer Berichte

Die Berichterstattung beider Exilgruppen versuchte ein umfassendes Bild der „Volksmeinung“ zu ermitteln. Dafür wurden jeweils Modell-schemata für die Berichterstattung an die im Inland ansässigen „Vertrauensleute“ verteilt 9. Gleichzeitig gab man für „aktuelle Aufgaben“ be-sondere Anweisungen heraus Versucht wurde, durch die Sammlung möglichst vieler, auch sich widersprechender Meinungen einen repräsentativen Querschnitt durch die Gesamtheit aller gegenüber Staat und Gesellschaft formulierten prinzipiellen und aktuellen Ansichten der „Volksgenossen“ zu erreichen

Aus den Berichtsschemata ist vor allem ablesbar, daß die Hoffnungen der Emigranten sich von Anfang an auf die Frage konzentrierten, wann politisch bewußter Widerstand und alltägliche Opposition das Regime stürzen würden. So interessierte den Parteivorstand der SPD im Rundschreiben an die Grenzsekretäre vom 18. April 1934 -also zu dem Zeitpunkt, als die „Deutschland-Berichte“ das erste Mal erschienen -, ob sich überhaupt illegales Material in den Betrieben befinde, wie sich die Auseinandersetzung der Kirchen mit dem Regime entwickele und ob in den staatlichen Institutionen Widerstand erkennbar sei Die Hoffnung des Exils stützte sich dabei einerseits stark auf das Verhalten der Arbeiter, speziell der Industriearbeiter. Diese wurden als „Avantgarde“ progressiver Tendenzen betrachtet. Andererseits galt ein Bündnis „der Arbeiter“ mit „dem Bürgertum“, zu dem auch das Offizierskorps gerechnet wurde, spätestens ab 1934 als aussichtsreichster Weg zur Beseitigung des „Dritten Reiches“. Insbesondere deswegen war man interessiert, „in welchem Grade ... sich innerhalb der Wehrmacht eine wirkliche Opposition gegen das Regime bemerkbar“ mache Allerdings hielt man es gleichzeitig auch für notwendig, nach dem Umfang zu forschen, in dem dort „die geistige Beeinflussung durch die nationalsozialistische Propaganda“ fortschreite. Vor allem nach dem sogenannten „Röhm-Putsch“ am 30. Juni 1934, als nicht nur der SA-Chef Ernst Rohm und seine engsten Mitarbeiter ermordet wurden, sondern unter anderem auch die Reichswehrgeneräle Kurt von Schleicher und Ferdinand von Bredow, war die Frage nach dem Verhalten des Militärs gegenüber dem Nationalsozialismus von aktueller Brisanz und kehrte von nun an ständig in der Berichterstattung wieder.

In der Bewertung des „Röhm-Putsches“ waren sich die beiden sozialistischen Gruppen im Grunde einig gewesen. Insgesamt wurde sein Ausgang als Sieg der Reichswehr interpretiert, weil diese damit wieder „Träger und Kern des deutschen Machtstaates“ geworden sei Neu Beginnen empfand es zwar als völlig „unsinnig“, wie die Sopade davon zu sprechen, Hitler sei erst „, jetzt 6 der Gefangene der Kapitalisten und vor allem der besterhaltenen Organisation der alten Gesellschaft, der Reichswehr, , geworden 1“ im Kern stimmte man allerdings der Interpretation des Parteivorstandes zu. Als maßgeblich für die Zukunft wurde eingeschätzt, „daß die Reichswehrspitze kurz vor dem 30. Juni einen Frieden auf längere Zeit mit dem Regime geschlossen“ habe

Neue Diskussionen um dieses Thema gab es danach vor allem während der „Blomberg-Fritsch-Krise“ 1938, als durch die Entlassung des Reichskriegsministers von Blomberg und des Oberbefehlshabers des Heeres von Fritsch sowie die Schaffung des Oberkommandos der Wehrmacht unter dem Hitler völlig ergebenen Keitel eine auch nur potentiell selbständige Rolle des Militärs endgültig der Vergangenheit angehörte. Aus diesem Blickwinkel konstatierte die Sopade, Hitler habe im Prinzip schon seit seinem Hochverrats-Prozeß 1924 mehr oder weniger systematisch auf ein gutes Verhältnis zur Reichswehr hingearbeitet, auch wenn dies noch während der Weimarer Republik „nach Ort und Zeit von heimlicher Förderung bis zur offenen Gegnerschaft“ wechselte Grundsätzlich sei aber die Armee bereits in der Republik „Fortsetzer des vor-revolutionären und Keimzelle des Hitlerischen Machtstaates“ gewesen Die Neu-Beginnen-Informationsbriefe brachten nach dem Kriegsbeginn 1939 eine detaillierte Analyse, die sich im wesentlichen auch mit den Erkenntnissen der modernen Forschung deckt, wie führende kaiserliche Generäle als „Kerntruppe der inneren Konterrevolution und der geheimen Aufrüstung,... schon unmittelbar nach Kriegsende (des Ersten Weltkriegs, B. St.) den Gefreiten Hitler als ihren Vertrauensmann ... unterstützt“ hätten Speziell 1935 sei dieser Prozeß der inneren Anbindung der Reichswehr an den NS-Staat durch die Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht verstärkt und eine „Versöhnung mit dem wilhelminischen Deutschland“ herbeigeführt worden Bis in die unteren Dienstgrade hinein registrierte man zu diesem Zeitpunkt „Erscheinungen einer starken ideologischen Faschisierung“ Die im Exil vorhandenen Hoffnungen auf die Hilfe des Militärs waren damit schon 1935 sehr eingeschränkt. Sie bestanden grundsätzlich allerdings fort. Die Sopade jedenfalls hielt es Anfang 1938 für notwendig, darauf hinzuweisen, daß „die Vorstellung, die Reichswehr würde eines Tages Hitler davonjagen und ihre eigene Herrschaft ausrufen“, ein Wunschträum vor allem jener Leute sei, die sich ein anderes Ende der Diktatur nicht verstellen könnten

Die Motive für die starke Affinität der Wehrmacht zum Nationalsozialismus vermuteten die sozialistischen Gruppen in nationalen und grundsätzlichen praktischen Erwägungen. Die Armee, so die „Deutschland-Berichte“, sei insgesamt „Hitler und seiner Partei verbunden durch das, was diese für die Armee getan haben“ Die Reichswehr habe eigentlich in der Koalition mit dem Nationalsozialismus „restlos alles durchgesetzt, was sie wollte und gebrauchte: eine Außenpolitik, die sie praktisch von den Fesseln des Versailler Vertrages befreite, eine nahezu unbegrenzte Finanzierung ihrer offenen und geheimen Rüstungen, eine Einflußnahme des Staates auf die wirtschaftlichen Organisationen, die die industrielle Rüstung erleichterte, eine außerordentlich starke Durchtränkung des Volkes mit nationalistischen und kriegerischen Ideen“ So gut wie unter Hitler habe es der deutsche Militarismus noch nie gehabt, „weder unter Bismarck noch unter Wilhelm II.“, und damit werde verständlich, „daß sich seine Träger nicht nach irgendeinem System zurücksehnen, das mit der Kontrolle der Steuerzahler über die Verwendung ihrer Mittel verbunden ist“ Neu Beginnen hatte bereits Anfang 1934 auf die Sympathien für Hitler hingewiesen, solange „dieser Deutschland weiter zu einem Laboratorium der Aufrüstungsaspirationen des Generalstabs macht“

Die Stimmung in der Wehrmacht entsprach nach Einschätzung des Exils dem Verhalten der Deutschen allgemein. Die im Militär beobachtete „Faschisierung“ glaubte man generell nachweisen zu können. Bereits Ende 1933 hatte Neu Beginnen anläßlich der Reichstagswahl mit gleichzeitiger Volksabstimmung zum Austritt aus dem Völkerbund davor gewarnt, die öffentliche Zustimmung lediglich als Ausdruck von Terror und Zwang anzusehen. Man müsse sie im Gegenteil zumindest teilweise als Beleg für den „Einbruch faschistischer Ideologien in alle Klassen der deutschen Gesellschaft“ betrachten

Die folgenden Jahre hatten diese Einschätzung bestätigt. Das „Dritte Reich“ hatte sich als eine Gesellschaftsform erwiesen, die zumindest partiell die Konsensbereitschaft sehr großer Bevölkerungsschichten erlangen konnte. Die Berichte, die ursprünglich dafür geschaffen worden waren, vor allem Widerstandsaktionen zu dokumentieren, sahen sich der paradoxen Situation ausgesetzt, jetzt vor allem Anpassungstendenzen zu beschreiben. Viele Deutsche, die die „Schmach von Versailles“ und den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre sowie den zunehmenden politischen Straßen-Terror erlebt hatten, betrachteten nach Auffassung der sozialistischen Beobachter den NS-Staat als Garanten für wirtschaftliche Sicherheit, innenpolitische Ordnung und die Erfüllung nationaler Sehnsüchte; sie waren weit entfernt davon, ihn zu schwächen oder gar zu beseitigen.

III. Wahrnehmung des Staatsstreichs im sozialistischen Exil

Trotz oder gerade wegen der weitverbreiteten Konsensbereitschaft der Deutschen waren die weiterhin einlaufenden Nachrichten über fehlende Zustimmung gegenüber dem NS-Staat -vor allem über die spektakulären Vorfälle wie das Attentat im Bürgerbräukeller 1939 oder die Tätigkeit der Gruppe um die Geschwister Scholl -schon vor dem 20. Juli 1944 als hoffnungsvolle Signale für einen bevorstehenden Umsturz in Deutschland gewertet worden. Folgt man der Berichterstattung, so gab es aus der Exilperspektive jedes Jahr die Hoffnung, daß das Regime zusammenbrechen würde. Genauso regelmäßig erfolgte von anderer Seite dann der Hinweis, daß die Opposition im Inland überschätzt werde und massenhafter Wider-stand eigentlich nur in der Phantasie der Emigranten existiere.

Emigranten, so hatte Erich Rinner bereits 1937 bemängelt, neigten oft dazu, „symbolisch ausgesprochen, ihre Koffer nicht auszupacken, und das, was in der verlorenen Heimat vor sich geht, nur unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob es ihre Rückkehr zu beschleunigen oder hinauszuzögern scheint“ In der Phantasie der „berufsmäßigen Gschaftlhuber der Emigration“, so hatte auch Neu Beginnen 1939 sarkastisch angemerkt, würde ohnehin zumindest „auf dem geduldigen Papier wöchentlich einmal die deutsche Armeeführung meutern, zurücktreten oder verhaftet...; bei den anderen meutern die österreichischen oder bayerischen Truppen unter dem Schlachtruf, sie wollten ihren Otto bzw. Rupprecht wiederhaben“

Eine erfolgversprechende Möglichkeit zur Veränderung der Machtverhältnisse hatte das Exil zum ersten Mal im Zeitraum 1935 bis 1937 festgestellt, als sich Arbeiter gegen Lohnkürzungen und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der beginnenden Hochkonjunkturphase wehrten und Mißstimmungen auch im Bürgertum erkennbar waren 1942 registrierte man den nächsten entscheidenden Stimmungsniedergang, dessen Gründe in der Erhöhung von Arbeitsnormen, Kürzung der Rationen und Verschärfung der Bomben-angriffe vermutet wurden Selbst jedoch nach der Niederlage von Stalingrad war festgestellt worden, es gebe zwar eine „allgemeine Kriegsmüdigkeit“, eine Verringerung der Arbeitsleistung, eine „zunehmende Bedeutung der früher gewerkschaftlich und politisch organisierten Arbeiter in den Betrieben“ und ein „wachsendes Vertrauen auf ein baldiges Ende des Regimes“ Faktisch jedoch mußte man eingestehen, es bestehe zwar ein „Stimmungsverfall, aber keine revolutionäre Situation“, und wirkliche Probleme für das Regime könne es nur im Gefolge weiterer militärischer Niederlagen geben.

Diese Situation schien Mitte 1943 erreicht. Die mißlungene deutsche Offensive am sogenannten Kurker Bogen im Juli 1943 bezeichnten die „Sozialisti-sehen Mitteilungen“ als „Anfang vom Ende“ Gleichzeitige Nachrichten über die demoralisierende Wirkung der Bombenangriffe, über Arbeitsverweigerungen und Defätismus selbst bei bis dahin überzeugten Nationalsozialisten nährten die Hoffnungen unter den Illegalen auf einen bevorstehenden Umsturz. Teilweise registrierte man auch die wiederholt erwartete Loslösung von Autoritäten -eine Beobachtung, die ausdrücklich auch regimeinterne Meldungen hervorhoben In einer Resolution, die die „Landeskonferenz deutschsprachiger Sozialdemokraten und Gewerkschaftler in den USA“ herausgab -eines Zusammenschlusses, an der vor allem Sopade-Mitarbeiter beteiligt waren -, wurde zum gleichen Zeitpunkt sogar der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß „die allgemeine Kriegslage zu einer Revolution in Deutschland führen möge, noch ehe ein Soldat der alliierten Mächte deutschen Boden betreten hat“

Immer hatte sich dabei trotz der bisherigen Erfahrungen mit den militärischen Eliten die Hoffnung weiter auf ein Eingreifen der Wehrmacht konzentriert: „Die Tendenz zu einem Regierungswechsel“, so ein Exposö der Gruppe Neu Beginnen im August 1941 mit dem Titel „Entwicklungsbedingungen der deutschen Revolution“, könne „in der Spitze nur von Militärs getragen sein“ Entsprechend viele Gerüchte kursierten dazu im Exil, unter anderem über einen Attentatsversuch Ende 1941 Die erste Hälfte des Jahres 1944 hatte nach Einschätzung der Illegalen die oppositionelle Stimmung in der Wehrmacht und Zivilbevölkerung weiter verstärkt so daß die Meldung, ein erneutes Attentat sei versucht worden, im Juli 1944 zunächst einmal gar nicht so große Überraschung unter den Illegalen ausgelöst zu haben scheint. Ausführliche Darstellungen und Analyseversuche über die Verschwörung und das Attentat brachten die sozialistischen Gruppen in einer ganzen Reihe von Publikationen. Beiden Exilorganisationen war gemeinsam, daß sie erst mit größerer Verspätung Berichte über die Einzelheiten herausgeben konnten. Neu Beginnen schickte am 20. November 1944 durch die „Inside Germany Reports“ aus New York eine ausführlichere Darstellung. Die Union in London gab im Frühjahr 1945 eine Zusammenstellung von Meldungen unter dem Titel „Der 20. Juli 1944. Aus Berichten, die dem Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Sitz London, vorliegen“ heraus Hier entstanden, wahrscheinlich Ende 1944, auch eine Materialsammlung zu einem „Weißbuch der deutschen Opposition gegen die Hitlerdiktatur“ und die Abhandlung „Im Kriege“. Des weiteren wurde eine Fülle von kleineren Ausarbeitungen vorgelegt, unter anderem ein Aufsatz Paul Hägens in der Zeitschrift „Survey Graphic“ Der Grund für diese Verzögerung lag bei beiden Gruppen vor allem darin, daß bereits seit Kriegsbeginn die Informationen aus dem Reich immer spärlicher flössen. Schon 1941 brauchten die Meldungen für die „Inside Germany Reports“ volle acht Monate, um die Redaktion in New York zu erreichen 1944 waren sowohl die Sopade als auch die Gruppe Neu Beginnen dann fast ausschließlich auf Briefe, Presseartikel und Aussagen von Reisenden angewiesen. Das ursprüngliche Netz aus Vertrauensleuten und Grenzsekretären war zu diesem Zeitpunkt weitgehend zerstört. Inhaltlich zeigten sich die Sopade und Neu Beginnen über den Verlauf des Attentats erstaunlich gut informiert. Neu Beginnen stützte sich dabei vor allem auf Berichte amerikanischer und Schweizer Zeitungen, nämlich die „New York Times“ (USA), die Züricher „Weltwoche“ (Schweiz), die „Arbeiterzeitung“ (Schweiz), „Die Nation“ (Schweiz) und das „St. Gallon Tagblatt“ (Schweiz), darüber hinaus auf Meldungen der International Transport Workers Federation sowie auf offizielle deutsche und italienische Nachrichtenagenturen. Die Union in Großbritannien verließ sich nach eigener Aussage auf Berichte „von einem früher führenden sozialdemokratischen Funktionär, der selbst eine aktive Rolle in der Vorbereitung des Umsturzversuches gespielt hat“

Die Meldungen des Exils versuchten in der Regel, einen Überblick zur Geschichte des Widerstandes gegen Hitler und über die unmittelbaren Vorbereitungen zum Umsturz bzw. zur Durchführung des Attentats zu geben. Darüber hinaus bemühten sich vor allem die Berichte, die relativ rasch nach dem Attentat erschienen, über die Verfolgung und die Opfer zu informieren. Hier zeigte sich, daß die Exilmeldungen auch Informationsorgane über den Verbleib von Hitlergegnern waren. So druckten etwa die „Inside Germany Reports“ neben den üblichen Angaben zum Attentat auch Namen der vor dem Volksgerichtshof angeklagten oder bereits hingerichteten Personen ab.

Im Gegensatz dazu bemühten sich die später erschienenen Zusammenfassungen mehr um die Analyse und Bewertung der Ereignisse und ihrer Folgen. In diesen Publikationen spielte vor allem auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Umsturzversuch hätte zum Erfolg führen können, eine entscheidende Rolle. Hier stimmten die Schlußfolgerungen der Exilmeldungen auffallend mit denen des deutschen Sicherheitsdienstes überein. Beide Berichtsgruppen legen nahe, daß ein gelungener Umsturz von der Bevölkerung mitgetragen worden wäre Es ist zu vermuten, daß große Teile der Bevölkerung dann der Person bzw.der Regierung gefolgt wären, die den Frieden gebracht hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Deutschen zu diesem Zeitpunkt ein bereits seit elf Jahren zur stereotypen Befehlsausführung gedrilltes Volk waren und unter entsprechenden Bedingungen nicht nur für, sondern auch gegen das Regime mobilisierbar waren. Über die Frage, inwieweit das Attentat von der Bevölkerung tatsächlich aktiv bejaht wurde -also nicht nur die Beseitigung „des Führers“, sondern auch die Veränderung der Regierung befürwortet wurden -, war sich das Exil allerdings nicht einig. So vermutete die Londoner Union im Zusammen-hang mit den Berichten, 35 bis 40 Prozent der Bevölkerung seien bewußte NS-Gegner, denen nur noch 20 Prozent überzeugte Nationalsozialisten gegenüberstünden Diese Einschätzung verkannte jedoch, daß nicht nur Frontsoldaten dem Einfluß des Widerstandes weitgehend entzogen waren, sondern vielmehr auch das Gefühl einer Verbundenheit mit dem Regime in einer „Schicksalsgemeinschaft“ 1944 weit verbreitet war

Gerade über diesen Punkt geben die sozialistischen Berichte sehr ausführlich Auskunft. Die Wirkung alliierter Nachkriegsplanungen von der Qualität eines „Morgenthau-“ oder eines „Kauf-man-Planes“, die entweder auf eine Agrarisierung oder völlige Zerstückelung Deutschlands hinausliefen, ging-wie auch die regimeinternen Meldungen zeigen -eindeutig in Richtung einer Verstärkung der Verbundenheit mit dem Regime Die „Alle-in-einem-Boot“ -Mentalität, die die Deutschland-Berichte bereits 1940 beobachteten wurde auch von der NS-Führungsriege erfreut zur Kenntnis genommen. Etwa zum gleichen Zeitpunkt vermerkte Joseph Goebbels befriedigt in seinem Tagebuch, er halte die Proklamierung der alliierten Kriegsziele für den schwersten Fehler der Engländer, den „die Herren in London... noch einmal bitter bereuen“ würden Die Wirkung solcher Propaganda war bereits in diesem frühen Kriegs-jahr immerhin so hoch, daß die Sopade die Furcht vor der Niederlage als „negative Massengrundlage für das Regime“ einstufte Parallel dazu sah auch Neu Beginnen „die große Mehrheit der Deutschen ... davon überzeugt, daß die herrschenden Klassen in England und Frankreich Deutschland zerstückeln wollen“ Die Befürchtungen nahmen bis 1944 ständig zu, wie die Mai-Ausgabe der „Inside Germany Reports“ ausdrücklich hervorhob 55.

Insgesamt kann man unter diesen Voraussetzungen davon ausgehen, daß die Zahl der bewußten NS-Gegner viel geringer, die Zahl der sogenannten „Indifferenten“ -also derjenigen, die weder prinzipiell für noch gegen den Nationalsozialismus optierten -aber wesentlich höher war als die 30 Prozent, die die Union im Zusammenhang mit dem Attentat angab Die „Sozialistischen Mitteilungen“ jedenfalls sahen sich im April/Mai 1945 genötigt, die Schätzungen in bezug auf die bewußten NS-Gegner auf lediglich „viele Tausende“ zu reduzieren

IV. Einschätzung der Folgen des Attentats

Der gesellschaftlich übergreifende Charakter der Verschwörergruppe sowie die gerade auch von Zeitgenossen als sensationell empfundene Tatsache, daß gerade die im persönlichen Treue-schwur mit Hitler verbundenen Militärs aus dem engeren Kreis um „den Führer“ versuchten, ein Attentat auf ihren obersten Befehlshaber auszuführen, birgt vor allem im Rückblick die Gefahr, den 20. Juli auch im Urteil der Zeitgenossen als das Zentrum „des Widerstands“ gegen Hitler zu werten. Soweit sich das rekonstruieren läßt, führte im Bewußtsein des sozialistischen Exils der Weg des Widerstands nicht unbedingt zwangsläufig auf dieses Attentat hin. In einer von der Union wahrscheinlich Ende 1944 verfaßten Denkschrift erschien jedenfalls das Attentat lediglich als „ein größer angelegter Versuch, durch die Beseitigung Hitlers den Weg zum Frieden und zur Wiedererstehung eines demokratischen Staates freizumachen“ Immerhin wurde das Attentat selbst als „der Höhepunkt eines Umsturzversuches, der von politischen Gegnern des Naziregimes aus den verschiedenen Lagern vorbereitet worden war“, gesehen

Im Exil beantwortete man die Frage, warum es erst so spät zu einem solchen breit angelegten Umsturzversuch gekommen war, mit dem Hinweis, daß man angesichts der anfänglichen militärischen Erfolge des „Dritten Reiches“ nicht eine neue „Dolchstoßlegende“ mit der Beseitigung Hitlers habe produzieren wollen Gerade dieses Argument jedoch beleuchtet schlaglichtartig das Problem des Widerstandes im „Dritten Reich“ überhaupt. Immer wieder hatte man in den Jahren seit der „Machtergreifung“ darauf Hinweisen müssen, daß es keine wie auch immer geartete „Volks-opposition“ gäbe. Der aktive, politisch motivierte Widerstand war nach wie vor auf sich allein gestellt; selbst Hinrichtungen von NS-Gegnern blieben in der Regel ohne größere öffentliche Anteilnahme. Widerstand in Deutschland war auch aus der Sicht des sozialistischen Exils ein „Widerstand ohne Volk“. Statt dessen hatte der NS-Staat sich auf eine erhebliche, wenn auch immer nur partielle Konsensbereitschaft aller Teile der deutschen Bevölkerung stützen können.

Bemerkungen führender Repräsentanten des sozialistischen Exils machen deutlich, in welchem Ausmaß man über das Verhalten der Deutschen enttäuscht war. „Ich gebe gern zu“, schrieb Erich Rinner bereits 1940, kurz bevor man die Deutschland-Berichte einstellen mußte, „daß der Inhalt der Berichte zu dieser Enttäuschung noch mit beigetragen hat. Aber ich bin noch immer der Meinung, daß es... am besten ist, wenn wir es mit der Wahrheit halten.“ Selbst wenn man das Gegenteil von dem behauptet hätte, wäre eine Enttäuschung nicht ausgeblieben, da die Realität in Deutschland eben eine andere sei

Dabei war allen Beteiligten klar, daß eine solche politische Indifferenz und die bewußte Anpassung sich auf das Deutschland „nach Hitler“ auswirken mußten. Im Rückblick vermerkte einer der prominentesten Grenzsekretäre der Sopade und der Gruppe Neu Beginnen, Waldemar von Knoeringen, er halte gerade den Sachverhalt, daß das „Dritte Reich“ eben „nicht durch selbständige revolutionäre Triebkräfte aus der faschistischen Gesellschaft, sondern durch die Bomben der Alliierten ... gestürzt“ worden sei, für eine „geschichtliche Tatsache von ungeheurer Bedeutung“ für alles, „was von heute an noch deutsche Geschichte genannt werden kann“

Die sichtbarste Folge der Enttäuschung über das Verhalten der Deutschen war im Exil die verstärkte Beschäftigung mit dem Deutschland „nach Hitler“, während Überlegungen, ob Hitler „von innen“ noch gestürzt werden könne, kaum mehr verfolgt wurden. In diesem Zusammenhang ist es nicht erstaunlich, daß etwa die Ausgabe der „Sozialistischen Mitteilungen“ vom Juni/Juli 1944, also kurz vor dem Attentat, sich kaum noch zu den Chancen eines Umsturzes, dagegen aber ausführlich zu den Nachkriegsplänen äußerte. Programme wie „Die neue deutsche Republik“, das die Union 1943 zusammenstellte, oder Paul Hägens Arbeit über „Germany after Hitler“ (1944) sind nur zwei Titel aus einer fast unübersehbaren Menge ähnlicher Schriften. Sie zeigen jeweils, daß man nicht nur den Widerstand gegen das „Dritte Reich“ für ein Minderheitenphänomen hielt, sondern im wesentlichen abwartete, bis das „Dritte Reich“ durch die Waffen der Alliierten zusammenbrechen würde. An dieser prinzipiellen pessimistischen Auffassung änderte auch das Attentat vom 20. Juli 1944 nichts mehr.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. dazu Jürgen Schmädeke u. a. (Hrsg.), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die deutsche Gesellschaft der Widerstand gegen Hitler, München u. a. 19862.

  2. Neu Beginnen! Faschismus oder Sozialismus, Als Diskussionsgrundlage der Sozialisten Deutschlands von Miles, in: Probleme des Sozialismus, Sozialdemokratische Schriftenreihe, Heft 2, Karlsbad (o. J.) (August 1933).

  3. Vgl. Joachim Radkau, Die deutsche Emigration in den USA. Ihr Einfluß auf die Amerikanische Europapolitik 1933-1945, Düsseldorf 1971, S. 178.

  4. SOdemokratische PArtei DEutschlands.

  5. Es wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung der Gruppenorganisationen, der Berichterstattung und der Widerstandskonzepte verzichtet. Ausführlich dazu Bernd Stöver, Volksgemeinschaft im Dritten Reich. Die Konsens-bereitschaft der Deutschen aus der Sicht sozialistischer Exil-berichte, Düsseldorf 1993, S. 55ff. Des weiteren wird 1995 in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte (VfZG) ein Aufsatz des Autors zum Deutschlandbild des sozialistischen Exils erscheinen. Zum Sopade-Widerstand und den Deutschland-Berichten vgl. auch: Michael Voges, Politische Opposition als Organisationsprozeß gesellschaftlicher Erfahrung. Zum Widerstandskonzept der Sopade im Dritten Reich, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 26/84, S. 13-24, und ders., Klassenkampf in der „Betriebsgemeinschaft“. Die Deutschland-Berichte der Sopade (1934-1940) als Quelle zum Widerstand der Industriearbeiter im Dritten Reich, in: Werner Plum (Hrsg.), Die „Grünen 1 Berichte“ der Sopade. Denkschrift für Erich Rinner (1902-1982), Bonn 1984, S. 201-298; Johannes Klotz, Die „Deutschland-Berichte“ der Sopade, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 31/86, S. 27-38. Zur Organisation, vor allem zu den inneren Auseinandersetzungen der Gruppe Neu Beginnen vgl. Kurt Kliem, Der sozialistische Widerstand gegen das Dritte Reich, dargestellt an der Gruppe „Neu Beginnen“, Diss. (maschr.), Marburg 1957.

  6. Vgl. AdsD, Emigration Sopade/Mappe 8.

  7. Zu den Problemen der Berichterstellung, vor allem auch zum Wert der Meldungen als sozialhistorische Quelle vgl. B. Stöver (Anm. 5), S. 88ff.

  8. Vgl. Sopade, Grund-Schema für die Nachrichten-Beschaffung, 18. 4. 1934; AdsD, Emigration Sopade/Mappe 7.

  9. Ebd.

  10. Deutschland-Berichte (DB) 1934 (Juni/Juli), S. 270.

  11. NB-Lagebericht (NB-LB) 8 (Juni/Juli 1934), S. 2. Entsprechend hatte man sich in einem Brief an den Parteivorstand vom 2. 7. 1934 geäußert; vgl. Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis (IISG), Collection Neu Beginnen (CNB) /Mappe 1.

  12. NB-LB 11 (Dez. 1934/Jan. 1935), S. 1.

  13. DB 1938 (Jan.), S. 119.

  14. DB 1935 (Jan.), S. 121.

  15. Sozialdemokratischer Informationsbrief (SIB) 49 (Dez. 1939), S. 15. Dazu z. B. Joachim C. Fest, Hitler. Eine Biographie, Frankfurt/M. u. a. 1973, S. 164ff.

  16. NB-LB 13 (April 1935), S. 2. Folgende Zitate ebd.

  17. NB-LB 15 (Juni 1935), S. 6.

  18. DB 1938 (Jan.), S. 131.

  19. Ebd.

  20. DB 1934 (Juni/Juli), S. 266.

  21. DB 1935 (Jan.), S. 122. Ähnlich DB 1938 (Jan.), S. 131 f.

  22. NB-LB 2 (Jan. 1934), S. 14. Dazu Klaus-Jürgen Müller, Deutsche Militärelite in der Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges, in: Martin Broszat u. a. (Hrsg.), Die deutschen Eliten und der Weg in den Zweiten Weltkrieg, München 1989, S. 226-290, hier: S. 259ff.

  23. NB-LB 1 (Dez. 1933), S. 1.

  24. Vgl. (Paul Sering), Das deutsche Volk und der Krieg, S. 4L, AdsD, Nachlaß Paul Hertz (NLH), Mappe 1 (Film XII).

  25. Vgl. Inside Germany Reports (IGR) 26 (May 1944), S. 2.

  26. DB 1937 (Mai), S. 757.

  27. SIB 49 (Dez. 1939), S. 11. Ähnlich: Sozialistische Mitteilungen (SM) 40 (Aug. 1938), S. 13.

  28. Vgl. DB 1935 (Jan.), S. 42; NB-LB 15 (Juni 1935), S. 2. Entsprechend im Rückblick der NB-„Bericht über die Organisation“; Nachlaß Waldemar von Knoeringen (NLK), AdsD, Mappe 136, S. 15.

  29. Vgl. SM 40 (1. 8. 1942), S. l ff. u. 6.

  30. Die Haltung der deutschen Arbeiterschaft gegenüber dem Krieg und dem Hitlerregime, S. lf., AdsD, Emigration Sopade/Mappe 181. Folgendes Zitat ebd, S. 3.

  31. SM 52 (Aug. 1943), S. 1. Ähnlich: SM 55/56 (Nov. 1943), S. 9.

  32. Vgl. SM 52 (Aug. 1943), Beilage „Nazi-Deutschland 1943, Berichte neutraler Beobachter“, S. 1. Parallel: Bericht zu Inlandsfragen, 20. 12. 1943, in: Heinz Boberach (Hrsg.), Meldungen aus dem Reich, Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS 1938-1945, Herrsching 1984, hier: Bd, 15, S. 6168ff.

  33. Abgedruckt in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Bewegt von der Hoffnung aller Deutschen, München 1979, S. 88.

  34. Das Exposä liegt im Bestand Nachlaß Knoeringen Mappe 137 im AdSD. Ähnlich z. B. die Union in den SM 52 (Aug. 1943), Beilage „Nazi-Deutschland 1943, Berichte neutraler Beobachter“, S. 2ff.

  35. Vgl. ebd., S. 2. Welcher Versuch hier gemeint war, blieb offen. Möglicherweise handelt es sich um den 1941 im Stab des Generalfeldmarschalls von Witzleben (bis März 1942 Oberbefehlshaber West in Saint Germain bei Paris) geplanten Attentatsversuch. Zu den Einzelheiten vgl. Peter Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, München u. a. 19854, S. 325 f.

  36. Vgl. Sopade, SM 58/59 (Jan. /Febr. 1944), S. 6ff., SM 62 (10. 5. 44), S. 19; Neu Beginnen, IGR 26 (Mai 1944), S. 2f.

  37. Vgl. Der 20. Juli 1944. Aus Berichten, die dem Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Sitz London, vorliegen, London o. J. (April 1945).

  38. Die Materialsammlung mit dem handschriftlichen Vermerk „ 1944" liegt im Bestand Emigration Sopade, Mappe 181 im AdsD vor. Laut Willi Sternfeld u. a., Deutsche Exilliteratur, Heidelberg 1970, S. 583, wurde das Weißbuch 1946 auch gedruckt vorgelegt.

  39. „The Nazis Last Front“, in: Survey Graphic, Nov. 1944, S. 441-447. Der Aufsatz liegt im Nachlaß von Paul Hertz, Film XII (Mappe F) im AdsD vor.

  40. Vgl. IGR 22 (Juni 1942).

  41. Der 20. Juli 1944 (Anm. 41), S. 2. Der Name des Informanten ist nicht bekannt.

  42. Zur SD-Berichterstattung über den 20. Juli 1944 vgl. Heinz Boberach, Chancen eines Umsturzes im Spiegel der Berichte des Sicherheitsdienstes, in: J. Schmädeke u. a. (Anm. 1), S. 813-821, hier: S. 819.

  43. Auf dieser Einschätzung fußte nicht zuletzt die Planung der Verschwörer. Vgl. Dieter Ehlers, Technik und Moral einer Verschwörung. Der Aufstand am 20. Juli 1944, Bonn 1964, S. 166.

  44. Vgl. Der 20. Juli 1944 (Anm. 41), S. 8f.

  45. . Vgl. Christoph Kleßmann, Das Problem der „Volksbewegung“ im deutschen Widerstand, in: J. Schmädeke (Anm. 1), S. 822-837; hier: S. 833.

  46. Vgl. B. Stöver (Anm. 4), S. 220ff. Speziell der sog. „Kaufman-Plan“ hat bis in die Gegenwart erhebliche Diskussionen ausgelöst. Als sicher kann angenommen werden, daß dieser „Plan“ niemals offizielle Diskussionsgrundlage der Alliierten war; vgl. dazu Wolfgang Benz, Judenvernichtung aus Notwehr?, in: VfZG, 29 (1981), S. 615-630.

  47. Vgl. DB 1940 (April), S. 223.

  48. Vgl. Elke Fröhlich (Hrsg.), Die Tagebücher des Joseph Goebbels, Bd. 4, München u. a. 1987, S. 8.

  49. DB 1940 (Febr.), S. 104.

  50. Deutsche Inlandsberichte (DIB) 61 (29. 4. 1940), S. 4. 55 Vgl. IGR 26 (May 1944)! S. 19.

  51. Vgl. Der 20. Juli 1944 (Anm. 41), S. 9.

  52. SM 73/74 (April/Mai 1945), S. 6.

  53. „Im Kriege“, undatiert, S. 18; AdsD, Emigration Sopade, Mappe 182.

  54. Der 20. Juli 1944 (Anm. 41), S. 2.

  55. Vgl. „Im Kriege“ (Anm. 58), S. 18.

  56. Erich Rinner an Friedrich Stampfer am 8. 3. 1940. Abgedruckt in: Erich Matthias u. a. (Hrsg.), Mit dem Gesicht nach Deutschland. Eine Dokumentation über die sozialdemokratische Emigration. Aus dem Nachlaß von Friedrich Stampfer, Düsseldorf 1968, Dok. 91, S. 449.

  57. Vgl. . Knoeringens Bericht „ 12 Jahre illegaler Kampf in Südbayern/Tirol“, o. D. (etwa 1948), AdsD Nachlaß Knoeringen/Mappe 141.

Weitere Inhalte

Bernd Stöver, Dr. phil., geb. 1961; Studium der Geschichte und Germanistik in Göttingen und Bielefeld; wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Universität Potsdam. Veröffentlichungen u. a.: Volksgemeinschaft im Dritten Reich. Die Konsensbereitschaft der Deutschen aus der Sicht sozialistischer Exilberichte, Düsseldorf 1993; Aufsätze und Artikel zur Zeitgeschichte.