Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Subventionsabbau -ein finanzpolitischer Evergreen <fussnote> Die Formulierung geht auf einen Aufsatz des Autors aus dem Jahre 1973 zurück; siehe dazu Karl-Heinrich Hans-meyer, Abbau von Subventionen -ein finanzpolitischer Evergreen, in: Wirtschaftsdienst, 53 (1973), S. 125ff. </fussnote> | APuZ 18/1993 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 18/1993 Alte und neue Wachstumspolitik In welchem Umfang darf sich ein Staat verschulden? Subventionsabbau -ein finanzpolitischer Evergreen Die Formulierung geht auf einen Aufsatz des Autors aus dem Jahre 1973 zurück; siehe dazu Karl-Heinrich Hans-meyer, Abbau von Subventionen -ein finanzpolitischer Evergreen, in: Wirtschaftsdienst, 53 (1973), S. 125ff. Der Haushalt der Europäischen Gemeinschaften

Subventionsabbau -ein finanzpolitischer Evergreen <fussnote> Die Formulierung geht auf einen Aufsatz des Autors aus dem Jahre 1973 zurück; siehe dazu Karl-Heinrich Hans-meyer, Abbau von Subventionen -ein finanzpolitischer Evergreen, in: Wirtschaftsdienst, 53 (1973), S. 125ff. </fussnote>

Karl-Heinrich Hansmeyer

/ 22 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Subventionen stehen immer wieder im Mittelpunkt der finanzpolitischen Diskussion; immer wieder wird ihr Abbau gefordert. Der Beitrag möchte der Versachlichung der Diskussion dienen, indem er zwischen vier Subventionstypen unterscheidet, die jeweils andere Strategien zur Beherrschung erfordern. Vor diesem theoretischen Hintergrund sieht die Subventionspolitik der letzten Jahre einigermaßen diffus aus: Die letzten Jahre der „alten“ Bundesrepublik sind durch eine bewegte Diskussion um Subventionsabbau, aber durch magere Ergebnisse gekennzeichnet. Nach der Vereinigung ist der Subventionsbedarf in den neuen Ländern sprunghaft gestiegen, und für die alten Bundesländer finden sich im Solidarpakt bzw. im Föderalen Konsolidierungsprogramm durchaus widersprüchliche Positionen. Nach alledem dürfte sich die alte Erfahrung bestätigen: Subventionsabbau ist keine einmalige Generalbereinigung, er kann vielmehr nur das Resultat eines längerfristig angelegten Verfahrens ziel-und ergebnisorientierter Planung sein. Damit ist Subventionskontrolle nur ein -freilich wichtiger -Teilbereich permanenter Aufgabenkritik.

I. Vorbemerkung

Schaubild

Kein wirtschaftspolitisches Instrument hat so viel Aufmerksamkeit und Kritik auf sich gezogen wie die Subventionen; kaum ein Instrument ist so vielen Mißverständnissen ausgesetzt. Subventionen werden als überflüssige Geschenke charakterisiert, werden mit Transferzahlungen an private Haushalte gleichgesetzt und bei der Frage nach der Deckung von Haushaltslücken werden Subventionskürzungen oftmals als die Finanzierungsquelle schlechthin angesehen.

Subventionen sind nach wirtschaftswissenschaftlichem Verständnis Geldzahlungen, Einnahmeverzichte oder geldwerte Leistungen der öffentlichen Hand, die ohne marktmäßige Gegenleistung solchen Unternehmen gewährt werden, die bestimmte, vom Staat festgesetzte Kriterien erfüllen und von denen angenommen wird, daß sie durch ihr von der Subventionszahlung beeinflußtes Verhalten zur Erreichung politischer Ziele beitragen

Die Kritik an einer staatlichen Wirtschaftsförderung durch Subventionen ist teilweise theoretischer, teilweise ideologischer Natur; in diesem Zusammenhang ist auf die überaus reichliche Literatur zu verweisen

Diese Kritik hat eine lange Tradition. Zwar gibt es Phasen der Politik, in denen das Thema keine besondere Rolle spielt. Bezeichnenderweise sind dies meist Zeiten einer „gesunden“ Haushaltsentwicklung und eines befriedigenden Wachstums, in denen man eigentlich noch am ehesten Spielräume für Subventionskürzungen vermuten müßte. Das Subventionsthema gewinnt jedoch stets dann besondere politische Brisanz, wenn diese Spielräume geschrumpft sind, wenn es um Konsolidierung und Sanierung defizitärer öffentlicher Haushalte geht.

Der Frage, warum einem radikalen Subventionsabbau bisher der Erfolg versagt geblieben ist, wurde vielfach nachgespürt Meist waren es Gründe aus dem Bereich der finanzpolitischen Willensbildung, die der Erklärung dienten. Dieser Aspekt soll hier nicht behandelt werden; vielmehr steht die Frage im Mittelpunkt, ob nicht die Strategie des Subventionsabbaus immer wieder falsch angelegt ist.

Oft wird die Diskussion so geführt, als seien Subventionen per se überflüssige Geldgeschenke. Sie sind jedoch Lenkungsinstrumente zur Durchsetzung politischer Ziele und damit als Instrumenten-typ weder gut noch schlecht, weder generell notwendig noch allgemein entbehrlich. Sie müssen danach beurteilt werden, ob mit ihrer Hilfe die vorgegebenen Ziele erreicht werden können, und zwar mit möglichst geringen volkswirtschaftlichen Kosten, d. h. Zieleinbußen in anderen Bereichen. Nach der Ziel-Mittel-Logik ist die Forderung nach Subventionsabbau oder -kürzung nur plausibel, wenn -das vorgegebene Ziel bereits als erreicht angesehen werden kann, -das Ziel nur oder jedenfalls besser mit Hilfe anderer Lenkungsinstrumente erreicht werden kann, also effizientere Alternativen zur Verfügung stehen, -die bisher bestehende Zielstruktur und die entsprechende politische Programmkonzeption in Frage gestellt und durch eine andere ersetzt wird.

Abbaulisten, in denen lediglich auf der instrumenteilen und budgetären Ebene Kürzungen und Streichungen vorgeschlagen werden, können folglich ohne den Nachweis, daß Ziele bereits erreicht sind und daß ein mehrheitsfähiges Alternativkonzept zur Verfügung steht bzw. daß kostengünstigere Alternativinstrumente vorhanden sind, weder begründet werden noch erfolgreich sein. Daher soll im folgenden keine neue Abbauliste präsentiert werden, vielmehr wird eine Subventionstypologie vorgelegt, die einen Schluß auf mögliche Abbaustrategien erlaubt (II). Ein Blick auf die Subventionslandschaft seit dem 13. Subventionsbericht soll die theoretische Betrachtung ergänzen (III). Einige Überlegungen zur systematischen Subventionskontrolle bilden den Abschluß (IV).

II. Abbaustrategien und Subventionstypen

Subventionsabbau oder -kürzungen sind Anpassungsentscheidungen und damit typische Aufgaben der politischen Planung. Diese muß immer wieder verfestigte, wenn nicht verkrustete Aufgabenstrukturen mit dem Instrumentarium der Aufgabenkritik durchforsten. Subventionskritik an sich kann dies nicht ersetzen. An dem Subventionsabbau wie an der generellen Spardiskussion zeigt sich deutlich, daß die Haushaltsreformdebatte der sechziger und siebziger Jahre und alle Versuche, anspruchsvollere Verfahren zur ziel-und ergebnisorientierten Verknüpfung von Aufgaben-und Ressourcenplanung einzuführen, viel zu früh und ohne Ergebnis abgebrochen worden sind. Das einzige Relikt aus dieser Phase -die mehrjährige Finanzplanung -vermag offensichtlich auf diesem Feld keine Hilfestellung zu leisten.

Die Entscheidung, ob sich der Staat generell aus der Meritorisierung zurückziehen soll, ob und in welchen Aufgabenbereichen Zielverzichte gegenüber dem bisherigen Eingriffsniveau in Kauf genommen werden sollen, um ein anderes Ziel -z. B.den Wiederaufbau in den neuen Ländern -zu verwirklichen, bedarf der politischen Prioritätsentscheidung über öffentliche Aufgaben. Werden Aufgaben als nachrangig eingestuft oder ist man mit geringerem öffentlichem Output-oder Leistungsniveau in Bereichen zufrieden, in denen man sich zur Aufgabenerfüllung des Subventionsinstrumentariums bedient, ergeben sich die Subventionsabbauanlässe zwangsläufig. Die folgende Typologie soll diese Zusammenhänge deutlicher machen.

1. Subventionstyp I: Subvention als Konsequenz einer Programmstruktur

Es gibt Subventionen, die aus einer politisch vorgegebenen Programmstruktur folgen, deren quantitative Dimension quasi automatisch aus dieser Struktur sowie aus der darauf abgestellten Subventionstechnik bzw.der Technik der Programmfinanzierung erwächst. Wenn die politischen Vorgaben akzeptiert sind, besteht in der Regel keine instrumenteile Alternative zur Subvention und kaum eine Möglichkeit, den Subventionsumfang spürbar zu reduzieren. Ein Subventionsabbau müßte bei diesem Subventionstyp zu kurzfristig spürbaren Einbußen bei der Verwirklichung der bisher akzeptierten Ziele führen. Die Forderung nach Abbau oder Kürzung von Subventionen richtet sich daher primär auf eine Änderung der politischen Ziele, sie läßt sich nur mit einem mehrheitsfähigen Altemativkonzept begründen.

Zum Subventionstyp I gehören große Subventionsblöcke, die bei Abbaudiskussionen in der Regel als erste ins Blickfeld rücken: die Kohle-und die Agrarsubventionen. Bei ihnen handelt es sich zum großen Teil um Erhaltungssubventionen, die unter ökonomischen Aspekten allgemein negativ beurteilt werden, da sie submarginale und marginale Anbieter künstlich am Markt erhalten. Hier stimmen offensichtlich marktökonomische und politische Rationalität nicht überein. Während ökonomisch eine Erhaltungssubvention nicht begründbar ist, gibt es politisch viele Gründe zur Erhaltung bestimmter Betriebsstrukturen, einer bestimmten nationalen Eigenproduktion, der Sicherung einheimischer Energiequellen, der Erhaltung von Arbeitsplätzen oder von Einkommensparitäten. Derartige Ziele haben dazu geführt, daß die Kohle und weite Teile der landwirtschaftlichen Produktion aus marktlichen Anpassungsprozessen heraus-gelöst werden mußten; dies wiederum ist zwangsläufig mit Subventionsbedarfen verbunden. Als instrumentelle Alternative käme allenfalls eine Gewährung persönlicher Einkommenstransfers in Betracht. Die Streichung oder spürbare Kürzung solcher meist auch historisch gewachsener Erhaltungssubventionen wird zudem dadurch erschwert, daß die Auswirkungen unmittelbar spürbar würden. Unter diesen Bedingungen ist es weder redlich noch wirksam, eine Kürzung des Umfangs derartiger Subventionen zu fordern, ohne ein alternatives kohle-bzw. energie-oder agrarpolitisches Konzept vorgelegt zu haben. Sollen Subventionen dieses Typs abgebaut werden, so muß gegen die bisherige Erhaltungsstrategie ein „Schrumpfungskonzept“ politisch durchgesetzt werden, dem dann eine Rücknahme des Fördermitteleinsatzes folgen kann. Diese Ausführungen seien am Beispiel der Kohle-politik kurz erläutert. In den letzten Jahren sind immer wieder kohlepolitische Konzepte vorgelegt worden, die sich in ihrer Zielstruktur wesentlich unterschieden. So forderte der Sachverständigen-rat eine KohleVorratspolitik, die lediglich der kurzfristigen Überbrückung von Versorgungsengpässen dient. Demgegenüber sah die IG Bergbau und Energie Ende der achtziger Jahre noch längerfristige Wettbewerbschancen für die deutsche Steinkohle mit der Konsequenz eines „Überbrükkungskonzepts“ Beiden Konzepten entspricht zwangsläufig ein unterschiedliches Subventionsinstrumentarium und ein unterschiedlich hoher Zuschußbedarf; beide weisen der Kohlepolitik unterschiedliche Aufgaben zu. Behält man demgegenüber die offizielle Kohlepolitik einer vorsichtigen Bewahrung des Status quo bei, so lassen sich keine Veränderungen der Subventionspolitik herleiten. „Politische“ Kürzungen der Kokskohlenbeihilfe, die bekanntlich einer „objektiven“ Berechnungsformel folgt, ergäben keinen Sinn. Bei willkürlichen Kürzungen wäre eine Verwirklichung des bisher akzeptierten Ausgleichszieles nicht mehr möglich, aber auch die Verwirklichung einer anderen Konzeption wäre damit nicht gewährleistet. Bei der Betrachtung der aktuellen Situation wird hierauf zurückzukommen seih. Ähnliche Überlegungen gelten für die Kohleverstromungshilfen, die zur Verbilligung der Kohle-verwendung in der Elektrizitätswirtschaft gezahlt werden. Bei den Zuschüssen zum Ausgleich der Mehrkosten wird in erster Linie die Wärmepreisdifferenz zwischen Kohle und schwerem Heizöl ausgeglichen; auch hier liegt ein „objektives“ Verfahren zugrunde. Eine Besonderheit tritt bei den Verstromungshilfen hinzu. Ihre Finanzierung wird vornehmlich durch den sogenannten Kohlepfennig sichergestellt, eine nach dem Repartitionsprinzip erhobene parafiskalische Sonderabgabe. Werden Verstromungssubventionen abgebaut, so entfällt zugleich der Anlaß für die Abgabenerhebung; der Abbau würde daher keine disponiblen Finanzmittel schaffen.

Ein weiterer Aspekt ist zu berücksichtgen: Große Teile der für den Steinkohlenbergbau verwendeten Subventionsmittel (Zuschüsse zur Knappschaftsversicherung) sind Sozialtransfers, die im Falle eines Schrumpfungskonzeptes drastisch zunehmen würden. Dazu gehören beispielsweise das Anpas­ sungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus und soziale Hilfsmaßnahmen zugunsten von Arbeitnehmern des Kohle-und Erzbergbaus sowie der Stahlindustrie. Hier wird deutlich, daß der Abbau von Subventionen vom Typ I zumindest kurzfristig keinen Entlastungseffekt bringen wird. Selbst wenn es zu einer Kurskorrektur in der Kohlepolitik kommen sollte und sich ein Schrumpfungsprozeß politisch durchsetzen ließe, könnten erst mittel-und langfristig Subventionssparerfolge erzielt werden.

Für die Agrarpolitik ergibt sich ein ähnliches Bild. Der im Jahre 1992 eingeleitete Kurswechsel der EG-Agrarpolitik verbindet Preissenkungen bei Marktordnungsprodukten mit direkten Transfer-zahlungen, d. h., hier findet bereits die für die Kohlesubventionen prognostizierte Substitution von Subventionsformen statt. Kurzfristig wird es dadurch sogar zu einem Anstieg von Transferzahlungen kommen.

2. Subventionstyp II: Subventionen ohne erkennbare Zielstruktur

Bei einer zweiten Gruppe von Subventionen ist ein konkreter Zielbezug und ein transparenter Ziel-Mittel-Zusammenhang nicht vorhanden oder zumindest nicht (mehr) erkennbar. Ihre Einführung liegt in vielen Fällen zeitlich so weit zurück, daß sich mit einiger Plausibilität die These vertreten läßt, entweder sei der ursprüngliche Anlaß für die Subventionierung entfallen oder aber sie erfülle aufgrund der inzwischen geänderten Rahmen-und Wirkungsbedingungen ihre Funktion nicht mehr. (Gleichwohl bemüht sich der Subventionsbericht auch für derartige Maßnahmen um eine Begründung und immunisiert sie dadurch ungewollt gegen Kürzungs-und Abbauabsichten).

Die Aufgabe der Subventionskritik muß in diesem Falle darin bestehen, die in Vergessenheit geratenen Anlässe und Ziele der Subventionseinführung aufzuspüren, zu überprüfen, inwieweit sie heute noch gegeben und akzeptierbar sind, um an diesem Prüfungsergebnis die Abbau-bzw. Kürzungsforderung zu orientieren.

Beispiele für diesen Subventionstyp sind insbesondere im Bereich überkommener Steuervergünstigungen zu finden, so unter anderem bei Vergünstigungen für Lebensversicherungen, Steuerbefreiungen für gemeinnützige Wohnungsunternehmen und Organe der staatlichen Wohnungspolitik sowie bei Begünstigungen für den Hausbau und für den Haustrunk im Rahmen des Biersteuer-Gesetzes. Geändert haben sich sicherlich auch die Rahmenbedingungen, die zur Steuerbefreiung der Lohnzuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit geführt hatten.

3. Subventionstyp III: Die einzelfallorientierte Großprojekt-Förderung

Zwei Anlässe und Funktionen dieses Subventionstypes lassen sich unterscheiden:

Zum einen hat sich die Großprojekt-Förderung als typische Erscheinungsform neo-merkantilistischer Denkungsweise im Rahmen der Forschungs-und Technologieförderung zum Zwecke der Wirtschaftsförderung auf Bundes-und Länderebene durchgesetzt. Airbus und Schneller Brüter sind Beispiele für den massiven Mitteleinsatz zugunsten technischer Einzelvorhaben, mit denen vor allem die nationale Teilhabe an der weltweiten technologischen und technischen Gesamtentwicklung sichergestellt und die internationale Konkurrenz-und Expansionsfähigkeit der deutschen Wirtschaft demonstriert werden soll.

Zum anderen übernimmt die Einzelprojektförderung im Großmaßstab häufig Feuerwehrfunktionen. Der dominierende Anlaß ist dabei die Gefährdung von Arbeitsplätzen in Großbetrieben oder die Befürchtung großbetrieblicher Abwanderungspläne. Zu dieser Gruppe der Feuerwehraktionen gehörte beispielsweise die Kredit-und Bürgschaftsoperation, die in Nordrhein-Westfalen Ende der siebziger Jahre gemeinsam von Bund und Land zur Rettung von Beton-und Monierbau durchgeführt wurde. Dabei handelte es sich jedoch keineswegs um einen Einzelfall, wie z. B. die Hilfen für Arbed-Saarstahl zeigen. Auch die vom Land Baden-Württemberg zugunsten der Expansion des Unternehmens Daimler-Benz zur Verfügung gestellten Mittel gehören in diese Kategorie. Im übrigen ist zu befürchten, daß mit dem Ziel einer Erhaltung „industrieller Kerne“ in den neuen Bundesländern dieser Subventionstyp zusätzliche Verbreitung finden wird.

Bei solchen Förderungsmaßnahmen zugunsten einzelner Großprojekte und/oder Unternehmen findet die Subventionsabbau-und Subventionskürzungsdiskussion nur schwer einen Ansatzpunkt. Eine übergreifende Gesamtkonzeption ist in der Praxis häufig nicht erkennbar. Die meisten dieser Maßnahmen sind daher im eigentlichen Wortsinn einmalige Sonderhilfen. Auch wenn sie über mehrere Jahre hinweg gewährt werden, fällt eine Kürzung nach bereits erfolgter „Anfinanzierung“ schwer; es wäre dadurch in aller Regel das Gesamtvorhaben zum Scheitern verurteilt, die bereits gewährten Mittel müßten abgeschrieben werden. Gerade aus diesem Grunde entwickelt ein Einstieg in die Großprojekt-Förderung schnell Eigendynamik, der man durch Kürzungsoperationen selten Herr wird. Üblicherweise gelingt es nicht einmal, die sich in der Durchführungsphase ergebenden Überschreitungen der ursprünglich geplanten Kosten zu begrenzen.

Subventionskritik wird daher bei diesem Subventionstyp vor allem Subventionsabwehrargumente gegen neue Großprojekt-Förderungen liefern müssen, die ein derartiges Engagement der öffentlichen Haushalte von vornherein verhindern. Kurzfristig besteht demgegenüber meist nur die Möglichkeit einer Ja-oder-Nein-Entscheidung über die Gesamtsubvention und damit zugleich über das Schicksal des Projektes selbst.

Subventionskritische Argumente müßten allerdings als harte Normen allgemeine Akzeptanz finden, um zumindest nationale Subventionswettläufe zu vermeiden. Die Subventionsgrundsätze des Bundes und der Subventionskodex der Bundesländer sind dazu zwar prinzipiell geeignet; bisher waren sie jedoch in der Praxis relativ wirkungslos. Unter diesen Bedingungen läßt sich eine besondere Strategie zum Abbau des dritten Subventionstyps nicht empfehlen. Die Tendenz, nahezu jedes Großprojekt mit Fördermitteln zu bedienen, ist in erster Linie ein Problem der allgemeinen finanz-und wirtschaftspolitischen Kultur; diese läßt sich wohl kaum mit dem Rotstift der Budgetkürzung verändern.

4. Subventionstyp IV: Förderprogramm-Angebote

Eine besondere Gruppe bilden jene Subventionen, die im Rahmen breit angelegter Förderprogramm-Angebote an Antragsteller aus einem großzügig abgegrenzten Berechtigtenkreis vergeben werden. Hinter ihnen steht eine -zumeist sehr allgemeine -Zielvorstellung, in der Regel sind es Anpassungsund Entwicklungsziele.

Nach der Terminologie des Subventionsberichtes gehören die meisten von ihnen dementsprechend zu den Anpassungs-und Produktivitätshilfen. Bei der Zielformulierung wird jedoch typischerweise auf allgemeine und unbestimmte Kategorien wie „Verbesserung“, „Stärkung“ oder „Förderung“ zurückgegriffen. Dadurch ist es nicht möglich, eine „kritische Subventionsmasse“ zu bestimmen, die zur Zielerreichung erforderlich ist und deren Unterschreitung das Förderprogramm gefährden würde: Zur Verbesserung einer Situation kann nahezu jede Subventionshöhe beitragen. Somit läßt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Meritorisierungs-bzw. Lenkungsziel einerseits und Fördermethode sowie Subventionshöhe andererseits hersteilen. Zudem ist in aller Regel der Kreis der Antragsberechtigten so weit gezogen, daß eine zwangsläufig mit Selektion verbundene Lenkungsfunktion kaum erkennbar ist. Aus der Inanspruchnahme oder Nicht-Inanspruchnahme von Fördermitteln („Abfließen“) kann daher auch nur schwer auf Zielerreichung oder Zielverletzung geschlossen werden.

Die Zuteilung erfolgt bei den meisten dieser Subventionsprogramme „nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel“; ihre Höhe wird nach plausiblen bzw. politischen Kriterien festgesetzt. Da die Haushaltsmittel üblicherweise nicht ausreichen, um jeden potentiell Empfangsberechtigten mit den vorgesehenen Sätzen zu fördern, erfolgt die Mittel-verteilung nach dem sogenannten „Windhundverfahren“. Lediglich in einigen Fällen -wie z. B. bei der (regionalen) Investitionszulage -wird ein Rechtsanspruch auf feste Fördersätze eingeräumt, so daß sich die Subventionsgesamtsumme aus der Anzahl der Anspruchsberechtigten ergibt, die tatsächlich einen Antrag stellen.

Im Unterschied zum erstgenannten Subventionstyp können der Forderung nach einer Kürzung der Subventionsmittel hier kaum Belege für die Gefährdung von Zielen oder Programmen entgegengehalten werden. Ob 2000 oder 2500 Betriebe im Rahmen eines der Förderprogramme zum Höchstsatz oder zu einem geringeren Satz, in diesem oder im folgenden Jahr gefördert werden, ist sicherlich kein Indiz für unterschiedliche Zielerreichungsgrade. Eine Kürzung der Mittel hat überdies kaum spürbare Direktfolgen. Im Gegensatz zu den Erhaltungssubventionen, bei denen Mittelausfälle sofort zu deutlichen Zieleinbußen (Arbeitsplätze/Einkommen) führen, verschieben sich insbesondere bei Produktivitätshilfen, aber auch bei ihren Kürzungen, die Auswirkungen in die Zukunft. Wenngleich Anpassungs-und Produktivitätshilfen daher nach rein ökonomischen Kriterien etwas positiver als Erhaltungssubventionen beurteilt werden mögen, unter politischen Aspekten sind sie leichter reversibel und kürzungsfähig als die ungeliebten Erhaltungssubventionen.

Beispiele für diesen Subventionstyp finden sich in der Mittelstands-und Regionalpolitik sowohl auf Bundes-als auch auf Länderebene. Auch Zinsverbilligungsprogramme und Bürgschaftsmaßnahmen sind hier zu nennen.

Bei der Mittelstandsförderung fehlt es an einem eindeutigen Begründungszusammenhang. Es ist bisher weder plausibel dargelegt worden, wie der Mittelstand sinnvoll abzugrenzen sei, ob es ein betriebsgrößenspezifisches Strukturziel gibt und wie dies aussehen könnte, noch kann eine besondere Förderungsbedürftigkeit oder Förderungswürdigkeit des Mittelstandes generell oder im Hinblick auf Einzelziele begründet werden.

Die Förderungsangebote für den Mittelstand wenden sich folglich nicht an eine kleine homogene Gruppe, an eine besonders benachteiligte oder chancenreiche Minderheit, sondern an die große Mehrheit von Unternehmen. Geht man von der üblichen Abgrenzung -bis zu 500 Beschäftigte und 25-50 Mio. DM Jahresumsatz -aus, so sind mittelständische Unternehmen an der Gesamtzahl von Unternehmen zu über 90 Prozent beteiligt. Die Frage, welches Unternehmen zum Mittelstand gehört, müßte daher eigentlich durch die Frage ersetzt werden, welche Unternehmen nicht dieser Zielgruppe angehören und daher nicht förderfähig sind. Will man „den Mittelstand“ fördern, so muß man daher ohne weitere Selektionskriterien die überwiegende Mehrheit von Unternehmen in die Förderung einbeziehen. Das Gießkannenprinzip ist die logische Folge dieses Ansatzes -über die notwendige Füllmenge sagt er indessen nichts aus.

Deutlich wird dies beispielsweise an den von 1979 bis 1990 aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft gewährten F+E-Personalkostenzuschüssen (Forschung und Entwicklung), mit denen die „Leistungs-und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen des Produzierenden Gewerbes gestärkt“ werden sollte Antragsberechtigt waren Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten und bis zu 50 Mio. DM Jahresumsatz. Im zehnten Subventionsbericht wurde als Erfolg verbucht, daß mit dem Programm bisher über 10000 Unternehmen „erreicht“, d. h. mit Fördermitteln bedient werden konnten.

Unabhängig davon, daß die Förderfallzahlen nicht gerade einen plausiblen Erfolgsmaßstab darstellen, erhebt sich vor allem die Frage, ob denn die Förderung von beispielsweise nur 6 000 Unternehmen mit einem geringeren Fördergesamtvolumen das Ziel der „Stärkung der Leistungs-und Wettbewerbsfähigkeit“ verfehlt hätte. Das Programm wird derzeit „abgewickelt“ (13. Subventionsbericht). Angaben über Ergebnisse enthält der Bericht nicht.

Als weiteres Beispiel für den Subventionstyp IV lassen sich regionalpolitische Förderprogramme anführen. Dazu zählen neben der einheitlichen „Basisförderung“ über die Investitionszulage und diejenigen Fördermittel, die der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ zuzuordnen sind, mittlerweile ausgelaufene spezielle Regelungen für den Zonenrand und Berlin sowie ERP-Programme (European Recovery Program) und landeseigene Fördermaßnahmen.

Auch der Regionalpolitik bleibt der Vorwurf mangelnder Selektivität nicht erspart: In die Förderprogrammlandschaft gehen rund 60 Prozent der Fläche des Bundesgebietes ein, so daß von regional gezielten Lenkungseffekten kaum noch die Rede sein kann. Im Gegensatz zur Mittelstandspolitik verfügt die Regionalpolitik über ein geschlossenes Konzept, das eine Erfolgskontrolle möglich macht, um die sich insbesondere der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe kümmert. Effizienzuntersuchungen sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. In den Rahmenplänen gibt es im übrigen konkrete Einzelvorgaben, so daß die Forderung nach Abbau von Fördermitteln relativ schwer zu begründen ist, wenn man nicht das im jeweiligen Rahmenplan enthaltene Gesamtkonzept anzweifelt und System-kritik übt. Ein Abbau ist gleichwohl auch innerhalb des bestehenden Systems möglich, und zwar unabhängig vom Gesichtspunkt der Lenkungseffizienz: Das System stellt insgesamt auf Fördersatzpräferenzen ab, d. h. auf eine relative Besserstellung bestimmter Regionen. Über die absolute Höhe der Fördersätze und Höchstsätze ist damit noch nichts ausgesagt.

III. Einige quantitative Überlegungen

Wie nahezu überall brachte die deutsche Vereinigung auch bei der Subventionspolitik eine scharfe Zäsur. (Einen Überblick über die Entwicklung der öffentlichen Subventionen seit 1980 gibt das Schaubild.) Die Entwicklung unterscheidet zweckmäßig drei Phasen:

1. die letzten Jahre der alten Bundesrepublik (1987-1990) als Beispiel einer „normalen“ Subventionspolitik,

2. die erste Phase der Anpassung nach der Vereinigung und schließlich

3. die mit dem Föderalen Konsolidierungs-Programm begonnenen Versuche, eine Finanzierung über das Jahr 1995 hinaus zu sichern.

1. In die erste Phase fiel eine intensive Subventionsabbau-Diskussion, hervorgerufen durch das umfangreiche Steuersenkungsprogramm der Bundesregierung. So kündigte der 11. Subventionsbe-rieht vom 25. November 1987 von 1988 bis 1991 Subventionskürzungen in Höhe von 5, 1 Prozent jährlich an. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden; während des ganzen Zeitraums waren positive Veränderungsraten zu verzeichnen Allerdings wuchsen die Subventionen langsamer als das Bruttosozialprodukt (BSP), so daß sich die Quote aus Subventionen und BSP leicht verringerte.

Beschränken wir uns im folgenden auf den Bund, so stiegen dessen Subventionen (Finanzhilfen und Steuervergünstigungen) von 1987 bis 1990 um 6, 6 Prozent. Ein Abbau der steuerlichen Vergünstigungen schlug sich noch nicht in voller Höhe nieder. Verfolgt man diese Entwicklung anhand der vier Subventionstypen, so ergibt sich das folgende Bild: Zum Subventionstyp I rechneten wir mit Landwirtschaft und Bergbau zwei von einer starken Förderprogrammatik geprägte Bereiche, bei denen ein Subventionsabbau nur bei einer Änderung der Zielstruktur gelingen kann. Dies war offensichtlich nicht der Fall. So hat die Subventionierung der Landwirtschaft in den genannten Jahren stetig zugenommen; ihr Anteil an den gesamten Bundessubventionen ist von 17, 3 Prozent (1987) auf 19, 1 Prozent (1990) gestiegen. Daß dabei die direkten Einkommenshilfen immer mehr in den Vordergrund treten, hängt -wie bemerkt -mit der instrumentellen Änderung der Agrarpolitik in der EG zusammen. Damit wird diese Politik gegenüber externer Kritik anfälliger, da mit direkten Einkommenstransfers die Kosten einer Paritätspolitik transparenter werden.

Für den Bergbau haben sich Ziele und Instrumente nicht geändert. Sein Anteil blieb relativ gleich (ca. 11 Prozent), allerdings im Zeitablauf schwankend, da die Kokskohlebeihilfe sich der internationalen Preis-und Dollarkursentwicklung anzupassen hat.

Zum Subventionstyp II, der als „Subventionen ohne erkennbare Zielstruktur“ bezeichnet wurde, ist nichts zu vermerken. Die hier zu subsumierenden Subventionen -zumeist Steuervergünstigungen -sind gering; sie entgehen daher in der Regel der Aufmerksamkeit der Finanzpolitik.

Die einzelfallorientierte Großbetriebsförderung (Subventionstyp III) hat sich zwischen 1987 und 1990 auf die Bereiche Schiffbau und Luftfahrt konzentriert. In der Tat ist der Weltschiffbaumarkt durch große Anpassungsprobleme unterschiedlicher Art geprägt; nicht zuletzt der Hinweis auf bis­ her fehlende internationale Subventionsbegrenzungen diente bisher zur Begründung von Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Schiffbauuntemehmen zu erhalten. Die Höhe dieser „Erhaltungshilfen“ hat sich von 1987 bis 1990 nahezu verdreifacht. Einen ähnlich starken Anstieg verzeichnete die Förderung von Großprojekten im zivilen Flugzeug-und Triebwerksbau. Schwerpunkt war das Airbus-Programm. Gerade dieses Beispiel verdeutlicht die für diesen Subventionstyp dargelegte Problematik.

Im Subventionstyp IV hat sich in den Jahren vor der Vereinigung viel bewegt. Die Mittelstandsprogramme sind gekürzt worden, die Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur hat sich zum größten Subventionsposten überhaupt entwickelt. Ihr Gesamtanteil stieg von 20, 6 Prozent (1987) auf 23, 7 Prozent (1990). Über 90 Prozent davon waren Steuervergünstigungen, die Arbeitsplätze in benachteiligten Regionen schaffen sollten. Ein weiterer Schwerpunkt war die Berlinförderung. 2. Die Rahmenbedingungen für die künftige Subventionspolitik haben sich infolge der deutschen Vereinigung geändert. Der Umfang ist für die neuen Länder erheblich vergrößert worden. Es ist zu vermuten, daß sich die Kriterien rationaler Vergabe nicht gebessert haben, zumal sie vorher ohnehin geringe Bedeutung besaßen. Die Zunahme verteilt sich auf die Subventionstypen I, III und IV. So wurden im Beitrittsgebiet im Jahre 1991 für die Landwirtschaft „Anpassungs-und Überbrückungshilfen“ in Höhe von 1, 2 Mrd. DM veranschlagt; für Flächenstillegungen wurden 440 Mio. DM bereitgestellt. Maßnahmen zur Marktstrukturverbesserung in Höhe von 103 Mio. DM und für Erstattungen bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus dem Beitrittsgebiet in Höhe von 587, 3 Mio. DM kamen hinzu. Insgesamt ergibt sich das Bild des Versuchs einer fall-weisen und insgesamt wohl fehlgeschlagenen Stabilisierung desorganisierter Märkte.

Bei den Subventionen für Großprojekte waren bisher die Werfthilfen führend; das Gemeinschaftswerk „Aufschwung Ost“ enthält hierfür 830 Mio. DM. Die Mittel sind für die Abwicklung alter Aufträge sowie zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen bei Neuakquisitionen bestimmt.

Die insgesamt größten Zuwächse verzeichnet die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ mit jeweils 1, 125 Mrd. DM in den Jahren 1991 und 1992, ergänzt durch ein Sonderprogramm im Rahmen des Gemeinschaftswerks „Aufschwung Ost“ in Höhe von jährlich 500 Mio. DM. Neben diese Zuschüsse treten Mittel zur Zinsverbilligung in vergleichbaren Größenordnungen. Die offenen Subventionen werden von den Steuervergünstigungen weit übertroffen. Der 13. Subventionsbericht beziffert ihre Größenordnung für das Jahr 1992 mit Subventionsbericht beziffert ihre Größenordnung für das Jahr 1992 mit ca. 9 Mrd. DM 12, eine höchst ungenaue Schätzung, weil mehrere einheitswertabhängige Steuern in den neuen Bundesländern nicht erhoben werden und daher die Steuerbemessungsgrundlagen nicht bekannt sind. 3. Die Grundlinien der Subventionspolitik in den alten Bundesländern sind derzeit schwer zu erkennen. So hat die Bundesregierung unter dem Eindruck der wachsenden Finanzierungslasten für den Wiederaufbau in den neuen Ländern am 10. Juli 1991 Beschlüsse zum Abbau von Finanzhilfen und Steuervergünstigungen gefaßt, die ein jährliches Volumen von 5, 8 Mrd. DM (Abbau von Finanzhilfen) bzw. 5, 5 Mrd. DM (Wegfall von Steuervergünstigungen im Entstehungsjahr) erreichen sollen.

Es läßt sich nicht absehen, ob diese Beschlüsse (abgesehen von den im Steueränderungsgesetz 1992 bereits berücksichtigten Streichungen von Steuervergünstigungen) wirklich umgesetzt werden. In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, daß Abbaumaßnahmen durch eine negative wirtschaftliche Entwicklung blockiert wurden. Auch das Föderale Konsolidierungsprogramm enthält Positionen, die zu Subventionskürzungen führen sollen. So sollen die Ausgaben für die Landwirtschaft durch stärkere Rückführung des Einkommensausgleichs gekürzt werden (je 360 Mio. DM in den Jahren 1993/94 und 1995). Eine Begründung für diese Größenordnung wird mit Ausnahme eines unklaren Hinweises auf die GATT-Verhandlungen nicht gegeben.

Für die Kokskohlebeihilfe „muß ein dem Landwirtschaftsbereich vergleichbares Einsparvolumen erbracht werden“ 13. Auch hier wird eine Erklärung dieser „paritätischen“ Kürzungsmaßnahme nicht geliefert. Darüber hinaus ist vorgesehen, das Anpassungsgeld im Steinkohlenbergbau für neu hinzutretende Anspruchsberechtigte zu kürzen, ein Vorhaben, das mit weiteren Zechenstillegungen kollidieren dürfte. Auch die Rücknahme der (mehrfach) verlängerten Wettbewerbshilfen für die Werften läßt keine längerfristige Planung deutlich werden; eine Änderung der Programmstruktur bei den großen Subventionsblöcken ist nach wie vor nicht erkennbar.

IV. Vom Subventionsabbau zur systematischen Subventionskontrolle

Die nach der Vereinigung begonnene „Spar“ -Diskussion, die vorläufig im Föderalen Konsolidierungsprogramm mündet, hat wiederum bestätigt: Subventionsabbau ist keine Aufgabe für eine einmalige Generalbereinigung, Subventionsabbau kann nur das Ergebnis eines längerfristig angelegten Verfahrens ziel-und ergebnisorientierter Planung, Aufgabenkritik und Erfolgskontrolle sein. Diese Erkenntnis ist nicht neu; sie gerät allerdings immer wieder in Vergessenheit. Vergessen sind auch alle jene Versuche der „planungseuphorischen“ Phase in den sechziger Jahren und zu Beginn der siebziger Jahre, die die Haushaltsreform auf eine breitere Basis stellen und die Budgetplanung als Ressourcenplanung mit der Aufgaben-und Programmplanung verzahnen wollten. Die damaligen Erwartungen waren sicherlich überzogen; die Vorstellung, derartige Systeme „aus einem Guß“ verwirklichen zu können, war unrealistisch.

Gerade zur besseren Beherrschbarkeit von Subventionen und zur dauerhaften Überprüfung ihrer Notwendigkeit gibt es brauchbare prozedurale Ansätze, deren Anwendung seit langem gefordert wird; auf sie sei abschließend noch einmal hingewiesen.

Das Hauptproblem der Budgetpraxis und speziell der Subventionspraxis besteht darin, daß sie durch die sogenannte Fortschreibungsmentalität geprägt sind; im jeweiligen Vorjahresbudget bereits enthaltene und daher „bewährte“ Mittelzuweisungen werden nicht mehr kritisch betrachtet, sondern prinzipiell in den neuen Haushalt übernommen. Die Diskussion verlagert sich auf die Höhe und Verteilung der Budgetzuwächse. De facto werden bestehende Programme nicht mehr zur Disposition gestellt. Diesen Schwächen versuchen u. a. zwei Ansätze entgegenzuwirken, die als Zero-Base Budgeting und als Sunset Legislation bekanntgeworden sind und in den Vereinigten Staaten von Amerika vereinzelt Anwendung erfahren haben Aufgrund der amerikanischen Erfahrungen und der anderen Ausgangsbedingungen im Verhältnis von Parlament, Regierung und Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland erscheint eine Übertra-gung der amerikanischen Modelle wenig praktikabel. Gleichwohl können einzelne Aspekte aufgegriffen werden, um über eine Verbesserung der „methodischen Rationalität“ Budgetspielräume zurückzugewinnen.

Zero-Base Budgeting ist ein Verfahren, das Regierung und Verwaltung bei der Haushaltsplanaufstellung zwingen soll, ihre Mittelanforderungen -und zwar auch die bereits in Vorjahren bewilligten Mittelanforderungen -mit Belegen darüber auszustatten, ob die mit ihnen geplanten Maßnahmen ziel-adäquat und effizient sind. Dadurch soll jährlich eine neue Diskussion über Rangfolge, Notwendigkeit und finanzielle Ausstattung von Maßnahmen bzw. Programmen ermöglicht werden. Zero-Base Budgeting möchte auf diese Weise die Legitimationsanforderungen zur Aufrechterhaltung „alter“ Haushaltsansätze und zur Durchsetzung der jährlichen Mehrbedarfsforderungen erhöhen.

Das Sunset-Verfahren bezweckt eine stärkere parlamentarische Kontrolle. Um eine regelmäßige Evaluierung sicherzustellen, werden dabei die einzelnen staatlichen Aktivitäten mit einer Höchst-laufzeit versehen; sie dürfen nur fortgesetzt werden, wenn sie nach Erfolgskontrolle vom Parlament erneut beschlossen werden. Sunset Legislation sieht einen exakten Zeitplan für das Auslaufen von Programmen vor, sofern deren Weiterführung nicht ausdrücklich vom Parlament beschlossen wird. Einen konzeptionellen Rahmen, der eine Anwendbarkeit auch in Deutschland ermöglichen könnte, hat P. Langner unterbreitet Das Verfahren scheint so flexibel zu sein, daß es im Einzelfall gezielt auf das Interesse und das Informations-sowie Kontrollbedürfnis des Parlaments abgestellt werden kann. Es bietet sich beispielsweise zur mitschreitenden Kontrolle und Bewertung von Subventionsprogrammen an und könnte zumindest stufenweise für neue Subventionen eingeführt werden.

Eine die gesamten öffentlichen Aktivitäten umfassende Anwendung von Zero-Base und Sunset dürfte wegen des hohen Aufwandes Politik und Verwaltung mit Sicherheit überfordem. Beispiele aus amerikanischen Sunset-Gesetzen zeigen jedoch, wie hilfreich zumindest ihre partielle Anwendung auf Subventionsregelungen sein könnte.

So verpflichtet z. B. ein bei Langner zitiertes Gesetz das Parlament und seine Ausschüsse, bei der Entscheidung über die Weiterführung eines Ausgabenprogramms folgende Informationen zu berücksichtigen 1. Identifizierung der ursprünglich beabsichtigten Ziele.

2. Bewertung des Zielerreichungsgrades bzw.der Programmwirkungen.

3. Stellungnahme zu den Nutznießern und Betroffenen des Programms.

4. Feststellung der dem Programm direkt zurechenbaren Kosten.

5. Bewertung der Instrumente der Programm-durchführung und ihrer Alternativen.

Die häufig mit der Betonung zeitlicher Befristung verknüpfte Forderung nach degressiver Subventionsgestaltung läßt sich in dieser allgemeinen Form nicht begründen. Ihr liegt offenbar die Vorstellung von einem bestimmten Typ der Anpassungshilfe zugrunde. Die beschriebene Typologie hat deutlich gemacht, daß diese Vorstellung nur wenige Subventionsfälle und -typen abdeckt. Subventionstechnische Ausgestaltungsmerkmale müssen sich im Einzelfall am Ziel und am Tatbestand orientieren.

Der Rat, den Entscheidungsprozeß in der genannten Richtung zu verbessern, ist gewiß sehr allgemein. Wenn man sich vor Augen führt, was aus der mehljährigen Finanzplanung geworden ist, mit der sich ebenfalls Rationalisierungshoffnungen verbunden hatten, wird man solche Vorschläge skeptisch beurteilen. Dennoch sollten sie wiederholt werden, weil es ohne ihre Verwirklichung keine grundlegende Änderung in der Subventionsentwicklung und -handhabung geben kann. Zu wiederholen sind auch die zahlreichen Vorschläge zur besseren Subventionserfassung und zur Erhöhung der Subventionstransparenz. Zur Informationsverbesserung könnte auch ein ebenfalls häufig gefordertes unabhängiges Gremium in der Art eines Beirates oder Sachverständigenrates dienen. Es könnte allerdings nur analytische Aufgaben der entscheidungsvorbereitenden Wirkungsüberprüfung von Subventionen übernehmen. Die Vorstellung, ein Gutachtergremium als neutrale Instanz könne Subventionsabbaulisten erarbeiten und somit den Subventionsabbau selbst vorantreiben, geht in die Irre. Subventionsabbau ist ein Teil permanenter Aufgabenkritik und bleibt daher eine zentrale politische Aufgabe.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zu den Definitionsproblemen und -versuchen siehe Karl-Heinrich Hansmeyer, Transferzahlungen an Unternehmen, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 1, Tübingen 19773, S. 960ff.

  2. Vgl. Norbert Andel, Subventionen, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Bd. 7, Stuttgart u. a. 1977, S. 491 ff.

  3. Besonders instruktiv Zoltän Jäkli, Vom Marshallplan zum Kohlepfennig. Grundrisse der Subventionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1948-1982, Opladen 1990.

  4. Als jüngstens Beispiel siehe Subventions-Abbauplan des Bundesverbandes Junger Unternehmer, Bonn o. J. (1992).

  5. Bundestags(BT) -Drucksache 12/1525 vom 11. 11. 1991.

  6. Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Ein Schritt voran, Jahresgutachten 1983/84, Stuttgart-Mainz, Ziffer 535 ff.

  7. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. August 1987.

  8. Vgl. Dreizehnter Subventionsbericht, BT-Drucksache 10/3821, S. 102.

  9. Vgl. BT-Drucksache 11/1338.

  10. Siehe dazu im einzelnen: K. -H. Hansmeyer/C. Willeke, Die Finanzpolitik der Bundesrepublik Deutschland von 1987-1990, in: Finanz-Archiv (i. E.).

  11. Föderales Konsolidierungsprogramm vom 20. Januar

  12. Eine der letzten einschlägigen Arbeiten dazu war Peter Langner, Zero-Base Budgeting und Sunset Legislation. Instrumente zur Rückgewinnung öffentlicher Handlungsspielräume?, Baden-Baden 1983.

  13. In die gleiche Richtung weisen betriebswirtschaftliche Überlegungen zur Übertragung des Controlling auf öffentliche Institutionen. Vgl. Jürgen Weber, Controlling -Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit eines erwerbswirtschaftlichen Führungsinstruments auf öffentliche Institutionen, in: Die Betriebswirtschaft, 48 (1988), S. 1, 71 ff.

  14. Vgl. P. Langner (Anm. 14).

  15. Vgl. ebd., S. 264.

Weitere Inhalte

Karl-Heinrich Hansmeyer, Dr. rer. pol., geb. 1930; Universitätsprofessor; Direktor des Seminars für Finanzwissenschaft und des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln. Veröffentlichen u. a.: Finanzielle Staatshilfen für die Landwirtschaft, Tübingen 1963; Subventionen in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1963; Bemerkungen zum Subventionsbericht, in: Finanzarchiv, 30 (1971/72), S. 103-117; Abbau von Subventionen: ein finanzpolitischer Evergreen, in: Wirtschaftsdienst, 53 (1973), S. 125-130; Transferzahlungen an Unternehmen, in: Fritz Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 1, Tübingen 19773, S. 959-996; zahlreiche Veröffentlichungen zu finanzwissenschaftlichen, regionalwissenschaftlichen, geldpolitischen und umweltpolitischen Fragen.