Zum Altersdiskurs aus historisch-struktureller Perspektive
I. „Alte“ vs. „Junge“ -die Entdifferenzierungsfalle
Die zentralen Elemente der Altersproblematik wie Finanzierbarkeit der Rente, Sinndefizit oder Nichtgebrauchtwerden im Alter, Pflegebedarf und Familienverhältnisse sind so oft diskutiert worden daß weitere Diskussionsbeiträge mangels Neuigkeitswert entmutigt sein könnten. Im Folgenden werde ich allerdings weniger versuchen, das Bekannte neu zusammenzustellen, als Fragen nach dem Sinn und nach einigen Strukturlogiken des Diskurses selbst zu stellen. Die übliche Verwendung der drei Begriffe Alter, Ruhestand, Generationsvertrag wird kritisch befragt und alternative Betrachtungen angeboten.
Die These des Beitrages ist, daß die Konjunkturen der Themenkomplexe des hohen Alters, oder der alternden Gesellschaft, nicht nur aus einer Sachlogik, etwa der zahlenmäßigen Zunahme der Bevölkerungsanteile über 60 Jahren oder dem Kostenanstieg in den Rentensystemen, denn das sind nur Anlässe, sondern auch aus der Eigenlogik der Denk-und Thematisierungsformen heraus resultieren. Die Altersthematisierungen tendieren immer zu einer zunächst schwer erklärbaren Entdifferenzierung und dichotomischen Stereotypisierung, vor allem zu Alt-Jung-Antagonismen und Positiv-Negativ-Wertungen. So gehört es zwar seit geraumer Zeit zum gerontologischen Allgemeingut, daß Alter nicht gleich Alter ist, also etwa 70jährige „Senioren“ keine homogene soziale oder physiologische Kategorie darstellen. Es ist also naheliegend, darauf hinzuweisen, daß die Gemeinsamkeiten einer solchen Gruppe, wie z. B. Rentenbezug oder, im Verhältnis zu jüngeren Altersgruppen, höhere Krankheitsanfälligkeit und Pflegebedarf, in der Regel geringer sind als ihre individuellen, biographischen oder schichtspezifischen Unterschiede. Dennoch wird bei jeder Gelegenheit von „dem hohen Alter“ geredet. Die Altersthemen zeigen eine Art eingebauten Entdifferenzierungsmechanismus, der nicht nur bei Interessenvertretern abläuft.
In historisch-vergleichender Sicht fällt etwa auf, daß heute -anders als z. B. um 1800 -„Alter“ wesentlich in Bedarfskonzepten gedacht wird Diese Auffälligkeit ist erklärungsbedürftig in Anbetracht des, im Vergleich zu älteren Verhältnissen, immensen Reichtums der heutigen Gesellschaft, in der Lebensbedarf keine derart zentrale Rolle spielen brauchte. Wenn es aber heute schwer zu sein scheint, „Alter“ nicht in Bedarfskonzepten zu denken, kann das nicht an der Anzahl der über 60jährigen und den möglichen Defiziten ihrer Lebensverhältnisse liegen. Alle entsprechenden Studien zeigen das Gegenteil von Beschränktheit und Mangel Bis in die siebziger Jahre war es ausdrücklich üblich, „Alter“ insgesamt unter dem Titel Armutsprobleme zu diskutieren. Obgleich sich das seit den achtziger Jahren geändert hat -heute ist nurmehr auf eine marginale Altersarmut zu verweisen, die zu Recht neben den reichlich ausgestatteten, meist jüngeren Rentner-und Pensionärs-kohorten nicht vergessen werden darf -, wird trotzdem der Altersdiskurs bei jeder Gelegenheit mit Mangelvermutungen verbunden.
Das gleiche gilt auch für den ideellen Bereich. Seit den fünfziger Jahren leitet das Argument, daß der Arbeitsbereich die wesentliche, Lebenssinn und Sozialintegration bietende Ebene ist, die dann durch den Übertritt in den Ruhestand verlassen wird, mit bedenklichen Folgen. Inzwischen ist es, nicht sehr überraschend, klar genug, daß die Lebensrhythmen des Ruhestandes zunächst zwar gewöhnungsbedürftig sind, die Ruheständler aber in der Regel schnell lernen, die gewonnene Zeit und vielleicht entstandenen Sinndefizite zu füllen Gerade dieser Bereich hat in den letzten Jahren zu umfangreichen Diskussionen geführt, in denen die Themen von „nachberuflicher Tätigkeit“ bis zum Wahlrecht auf Arbeit auch für Ältere, von der Vorbereitung auf den Ruhestand bis zur Weiterbildung im Alter ihre Plausibilität aus der Vermutung ziehen, daß den Älteren, um soziale Desintegration zu vermeiden, sinnstiftende Angebote gemacht werden müssen
Diese Fürsorglichkeit der „Seniorenpolitik“ steht damit immer noch in der Tradition der alten protektionistischen Altenhilfe. Ein Gegensatz zu der orginär gerontologischen Entdeckung einer Generation „neues Alter“, die Kompetenz, Gesundheit und Lebenslust auszeichne und insgesamt für veränderte gesellschaftliche Altersbilder sorge, ist kaum zu übersehen Dieser Personenkreis müßte ein Beleg dafür sein, daß gerontologische Hilfe viel weniger notwendig ist als angenommen. So ist zu resümieren: Wenn Alter Beschränkung und Mangel bedeutet, dann gibt es Alter heute in Deutschland kaum noch.
Tatsächlich ist es kaum übertrieben, den größten Teil der Diskussionen als paradoxe Konstellationen zusammenzufassen: Verteidigt werden „arme Alte“ mit historisch einmalig breiter ökonomischer Privilegierung und weiten Lebensstilchancen in einer Gesellschaftssituation ökonomischer Spannungen und deutlicher Probleme in den jüngeren Altersgruppen. Etwa wenn die Verlängerung der Lebensarbeitszeit bzw. das Recht der über öSjährigen auf Arbeit gefordert wird, obgleich weit jüngere und Jugendliche am Arbeitsmarkt keine Chance haben. Oder wenn ein wesentlicher Teil der neuen Seniorenpolitik um die Frage des Gebrauchtwerdens zentriert ist, obgleich so sichtlich, und nicht nur in den neuen Bundesländern, eine zunehmende Anzahl Jugendlicher und jüngerer Erwachsener in der Gesellschaft nicht „gebraucht“ wird. Auch die Sorge über die schleichende Reduzierung den Rentenniveaus kann paradox erscheinen in Anbetracht dieser Personengruppe, deren Gegenwartssicherung schon prekär ist, weil sie überhaupt keine stabile Arbeitsbiographie aufbauen können.
Am Ende laufen solche Kontroversen auf das Deutungsmuster Kampf der Generationen hinaus, nämlich auf den Nachweis, daß die Älteren über einen überproportionalen Anteil am gesellschaftlichen Reichtum verfügen, die Jüngeren vergleichsweise überproportional „arm“ sind, und daß sich dieses Verhältnis in den nächsten Jahren eher noch verschärfen wird. Die Älteren ziehen hemmungslos Ressourcen an sich, verbrauchen bedenkenlos und werden verarmte Generationen und einen geplünderten Planeten hinterlassen Eine solche Sicht ist eine falsche rhetorische Zuspitzung, obgleich dem ein richtiges makroökonomisches Szenarium zugrunde liegt: Nicht nur aller Sozialaufwand, die Konsummittel allgemein, müssen aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode entnommen werden. Im Volksmund verkürzt: Eine Mark kann nur einmal ausgegeben werden. Allerdings zeigt sich ein solches makroökonomisches Nullsummenspiel nur in Krisen deutlich genug, wenn sich Investitionen nicht „desinvestieren" lassen, sondern verloren sind, Wenn Kanonen sich nicht in Butter, Gebäude nicht in Kleidungsstücke umwandeln lassen, wie Oswald von Nell-Breuning ironisch sagt
Mein Argument, das im folgenden weiter paraphrasiert werden wird, ist, daß makroökonomische Verhältnisse, die Lebensbedingungen und Sicherungsformen von Altersgruppen, ganz dominierend in mikrosoziologischen Mustern, in unmittelbaren Generationenbeziehungen, gedeutet werden.
Nun ist es zwar weitgehend anerkannt, daß z. B. die Formel, die Rentensysteme realisieren einen „Generationsvertrag“, nur rein metaphorische Bedeutung hat. Es handelt sich um Altersgruppen,nicht um Generationen, und es existiert kein Vertrag. Aber das, wie mir scheint, entscheidende Problem ist die immer verwandte Metapher, die problematische Assoziationen nach sich zieht. Denn was hat in den üblichen Gegenüberstellungen „Alt“ mit „Jung“ zu tun, was erhellt eine solche Gegenüberstellung? Nicht viel, und sie ist falsch, wenn etwa Altersgruppen und Sozialschichten vermischt werden. Denn die Personen in den oberen Einkommens-und Besitzschichten werden nie „alt“ im Sinne des Alterns der unteren Sozialschichten. Genauso wenig hilfreich ist es, einen „Generationswechsel“ in Berufs-und Statusrollen zu unterstellen. Die moderne Gesellschaft ist ein sich laufend wandelndes Milieu unentwegt sozial auf-und absteigender Karrieren, die nicht unabhängig sind von dem jeweiligen familialen Hintergrund, dem familialen „Kapital“, in denen sich aber kaum mehr „Generationen“ verknüpfen dürften. Stellen und Funktionen werden nur noch in wenigen Gesellschaftsbereichen im traditionellen Sinne „übergeben“.
II. Generationsbeziehungendamals und heute
Der Altersdiskurs, das ist deutlich geworden, ist durch eine stereotype Denkform gesellschaftlicher Verhältnisse geprägt, das Denken in antagonistischenGenerationsbeziehungen. Was die Alten haben, fehlt den Jungen, was die Jungen brauchen, ist durch die Alten blockiert usw. Diese Denkform geht auf ältere, unmittelbare Generationsbeziehungen zurück.
Der Typus dieser Beziehungen ist am deutlichsten ausgedrückt in bäuerlichen Verhältnissen bis um 1900 und in Einrichtung des Altenteils. Der alte Bauer übergibt die Verfügungsgewalt über seinen Hof an einen Nachfolger zum Preis einer genau durch Vertrag geregelten, lebenslangen, materielle und Dienste umfassenden Unterhaltsleistungen. Diese konnte den Hof je nach Umständen sehr stark belasten, nicht zuletzt, weil die Altenteilansprüche oft unproportional hoch und über alle anderen Ansprüche gestellt waren. Es findet sich daher eine lange literarische Tradition, in der dieses Thema paraphrasiert wird: Die Notwendigkeit harter Abgaben, weil die Jungen die Alten sonst hungern lassen oder wie auch immer vernachlässigen würden, und die Klage. über das Ruinieren der Höfe durch die Altenteillasten
Die Verhältnisse im besitzenden Bürgertum waren weniger formalisiert, aber deswegen nicht weniger konflikthaft. Es wurden Teile von Geschäften, meist kommissarisch übergeben oder Geschäfte für die Söhne eingerichtet, offenbar nur im hohen Alter gegen Rentenzahlungen verkauft, sonst aber das Besitztum erst mit dem Tod vererbt. Auch hierzu hat sich, insbesondere in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, eine breite Literatur entwickelt, die diesen „privaten“, nur durch Sitte und Konvention geregelten Bereich wiederum normativ-moralisierend bearbeitet hat. Ich komme darauf zurück. Die Beziehungen könnten hier mit steigendem Wohlstand weniger antagonistisch werden. Als Ideal kann der erfolgreiche Hamburger Kaufmann und Reeder Jens Jacob Eschels (1757-1842) gelten, der in seinem langen Leben seinen Söhnen jeweils selbständige Wirtschaftsexistenzen aufgebaut hat. Bis zu seinem 75. Lebensjahr führt er zusammen mit seinem jüngsten Sohn den letzten Betriebszweig, zieht sich dann aus diesem zurück und gibt, nachdem seine Frau gestorben ist, auch seinen Haushalt auf und zieht zu seinem jüngsten Sohn. Hier leitet ein bürgerlich-dynastisches Denken, das für das Ende des Lebens ein nachfolgefreundliches Verhalten fordert.
Idealtypisch zugespitzte, antagonistische Generationsbeziehungen finden sich noch bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts bei protestantischen Pfarrern und den Dorfschullehrern. Hier muß traditionell der alte Stelleninhaber, wenn seine Arbeitsfähigkeit nachläßt, seine Einkünfte mit seinem späteren Amtsnachfolger teilen, der als Gehilfe beigestellt wird. Oder aber ein Amtsnachfolger übernimmt die Stelle und ist dann verpflichtet, einen Teil seiner Einkünfte an seinen Vorgänger abzugeben. Da auch in der Regel die Gehälter sehr niedrig sind, muß es aus heutiger Sicht erstaunen, wie die Lasten von den Jungen hingenommen wurden. Ein Beispiel aus der autobiographischen Literatur ist der langsam erblindende Pastor in einer nordwestdeutschen ländlichen Pfarrei, der 1869 seinen jüngsten Sohn, der ebenfalls Theologe ist, dazu zwingt, bis zu seinem Tod, acht Jahre, sein „Adjunkt“ zu werden und damit seine eigenen Lebenspläne zurückzustellen Unter älteren Verhältnissen sind die Generationen, mehr oder weniger konfliktreich, unmittelbar miteinander verknüpft. Daß diese Konflikte ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Lebensansprüchen der Generationen bedeuteten, ist so gewiß, daß es auch vom Volksmund aufgenommen worden ist. Das alte Sprichwort: „Eher ernähren Eltern 10 Kinder als 10 Kinder ihre Eltern“ drückt aus, daß die Lebensansprüche der Alten immer als Zumutung, als schwere Last galten, und umgekehrt eine solche Sicht als ein Skandal angesehen wurde. Heute werden die Generationsbeziehungen bzw.der Generationswechsel über die großen staatlichen und kommunalen Sicherungs-, Bildungs-und Infrastruktursysteme vermittelt Die unmittelbaren Generationskonflikte sind auf den Adoleszenzkomplex und vielleicht eine Erbschaftserwartung reduziert. Erbschaft ist sicherlich ggf. ein sehr wichtiges Datum, das aber biographisch spät, im späteren Erwachsenenalter eintreten mag.
Generationsbeziehungen sind für die absolute Mehrheit der Bürger in den zentralen Dimensionen sehr abstrakt geworden. Richtiger, die biologische, direkte Generationsbeziehung ist durch die wichtigere, weil die Transferleistungen im Alter gewährleistende Beziehung zwischen anonymen Altersgruppen überlagert: durch die abstrakten Beziehungen zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehem und, noch abstrakter, den Steuerzahlern und Pensionsbeziehem. In dieser abstrakten Beziehung sind die Beitragszahler bis zur Verrentung die „Jungen“, mit dem Beginn des Ruhestandessind sie die „Alten“. Diese finanzielle Abhängigkeit der einen „Gruppe“ von der anderen produziert eine Schein-Homogenität der „Gruppen“ und ermöglicht die Kontinuität der Denkform der alten antagonistischen Alt-Jung-Stereotype.
Die Alters-„Gruppen“ -Bildung durch die Alters-Transferzahlungen produziert nicht nur die Schein-kategorie Ruheständler, für Personenkreise, die nichts mehr gemeinsam haben als ihren Rentenbezug. Sie produziert auch die Schein-Beziehung zwischen den „Gruppen“, indem sie die alte Platzmachen-und Rücktritt-für-die-Jungen-Assoziation erhält. Tatsächlich gibt es hier nur die gesellschaftliche Konvention, daß Personen über einer bestimmten Alters-oder unter einer bestimmten Leistungsgrenze aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden sollen. Dieser Zusammenhang von Platzmachen und Unterhaltsleistung geht ebenfalls zurück auf das alte Denken in Generationsbeziehungen, nämlich der Sichtweise, daß diese Konkurrenzhaftigkeit dennoch einer fairen Reziprozität folgen müsse. Diese Reziprozität wird in „positiv“ -„negativ“ -Dichotomie gedacht.
III. Alterserwartungscode, oder: Was ist ein „würdiges“ Alter?
Es ist auffallend, daß der Altersdiskurs auch heute nicht auszukommen scheint ohne die Wertungskoordinaten auf der Gut-Schlecht-Achse. Ein Beispiel ist die Debatte um die Wandlung von Alters-bildern und die Feststellung, es habe sich ein so sehr viel „positiveres“ Altersbild durchgesetzt. Es kommt aber nicht auf die Wertung an, sondern auf die Funktion dieser Bilder als Orientierungsmuster für die Altersgruppe z. B.der 60-70jährigen selbst und die hier immer mitthematisierten Generationsbeziehungen. So hat z. B. das sehr exponierte Medienbild der „neuen Alten“ ein „junges“, lust-und konsumbezogenes Alter gezeichnet, das sich weitgehend aus den alten Generationsverpflichtungen befreit hat Dieses Bild der unvergrämten, nicht grauen „Alten“ war vermutlich von vielen Beiträgem sehr positiv gemeint. Tatsächlich ist in diesem Bild sofort der Generationsegoismus kritisiert worden. Mehr noch, auf einer eher symbolischen Ebene, mit dem Verweis auf das benachteiligte Alter, das verdrängt werde, ist den „lustigen Alten“ sofort ein folgender Alters-Zustand der möglichen Gebrechlichkeit, Verwirrung und Pflegebedürftigkeit entgegengehalten worden: Daß die „lustigen Alten“ sich aus den Generationsverpflichtungen stehlen könnten, sei nicht zu glauben, spätestens in ihrer Pflegebedürftigkeit seien sie wieder von Generationssolidarität abhängig. Das ist ein Reflex des Memento-mori-Topos, der den Alten immer vorgehalten wurde.
Die daraus folgende These ist, daß alte Muster der Pflichtenverhältnisse zwischen den Generationen auf unpassende Beziehungen angewandt werden. Die alten Topoi sind kaum mehr anwendbar; falls neue Muster der Pflichtenverhältnisse sinnvoll diskutiert werden sollen, müssen die alten in Erinnerung gebracht werden.Der noch in Resten angewandte Alterserwartungscode geht auf die relative Neuformulierung der Generationsbeziehungen in der Aufklärung zurück Hier werden die „Würdigkeit“ des Alters und die Bemessungskriterien breiter diskutiert. Es geht um die Formulierung des Gegenseitigkeitsverhältnisses, aufgrund dessen Alter Autorität haben soll und umgekehrt alte Leute auch ihre formale Autorität übergeben können.
Die Grundkonstruktion ist die Forderung, daß das zu würdigende Alter der Würde wert sein muß. Das hier entwickelte Gegenseitigkeitsverhältnis fordert von den Alten die Biographie eines tätigen Lebens und christlicher Fürsorge, eine lebenslange Investition in ihre Kinder und in ihre soziale Umgebung. Gefordert wird, ein soziales und moralisches Kapital anzulegen, daß am Ende des Lebens in „Ansprüche“ auf die Jenseitigkeit konvertierbar ist. D. h., der Eintritt des hohen Alters, der mit Gebrechlichkeit und Hilfebedarf assoziiert wird, ist zwar auch schon ein Zeitpunkt der Rückzahlung des lebenslang in die moralische Ökonomie der sozialen Beziehungen investierten Kapitals. Zuerst entdeckt sich tatsächlich im Alter die Wahrheit eines gut gelebten oder verfehlten Lebens, nämlich in der Zuwendungsbereitschaft des sozialen Umfeldes. Aber der eigentliche Termin der „Vergeltung“ ist der Tod, der die Frage nach dem ewigen Leben stellt.
Diese Gedankenwelt mag ein Lehrgedicht von 1782 illustrieren, das ein ideales Alter, einen „Greis Arist“ besingt: „... Zwar hat ihm lange schon des steifen Alters Hand Der Kräfte Munterkeit, der Mienen Reiz entwandt: Ihm wankt der schwache Fuß und sein entnervter Rücken Muß sich bey jedem Schritt am Stabe niederbücken. (...) Er, der den Seinen stets die Tugend eingeprägt, Sieht, daß man nun Geduld mit seiner Schwachheit trägt. (...) Wie Wohlthun, Freundlichkeit und Nachsicht immerdar Sein seligstes Geschäft und andrer Wonne war; So sucht nun jeder auch mit dankerfüllten Blicken Den redlichen Arist im Alter zu erquicken.
Noch dient er jedermann mit einsichtsvollem Rath: Nie wurde der beschämt, der ihn um Beystand bat. (...)"
Ein solches Bild darf aber nicht mißverstanden werden. Es geht hier nicht darum, ein sozial schwaches Alter ideologisch zu stützen, sondern darum, ein von Besitz-und Anspruchstiteln her eher starkes Alter an die reziproken Generationsverpflichtungen zu erinnern. Der Alterscode bietet die pflichtgemäße Achtung des Alters, Beistand, Hilfeleistung, Gehorsam als Bestandteile der Kinderrolle. Und er fordert nachfolgedienliches Verhalten,vor allem die Bereitschaft zurückzutreten, der Nachfolgegeneration Platz zu machen, sich in den Anforderungen an materielle Güter und Sozialstatus zurückzunehmen, sich mit zunehmendem Alter oder Gebrechlichkeit auf das Sterben vorzubereiten. Dieses sich selbst Überflüssigmachen, den Jungen nicht lästig fallen wollen, diese Neugewichtung von materiellem und ideellem Besitz auf der Schwelle zur Ewigkeit, ist die ideale Selbstüberwindung, die Weisheit des Alters, die die höchste Würde und Hochachtung beanspruchen kann.
Diesen Komplex der Altersdeutung als Vorbereitung auf den Tod mag folgendes „Altersgelübde“ eines alten Pfarrers von 1838 illustrieren: „Ist gleich mein Tagewerk bald vollendet und vielleicht die Nacht nicht mehr fern, wo ich nicht mehr wirken kann, so will ich doch bis dahin, daß mein Auge bricht, mit angestrengter Kraft fortfahren, die Gnade meines Gottes... zu verkündigen ... Als Freund, als treugebliebener Freund will ich alle meine Freunde mit verstärkter Liebe umfassen: Alle Menschen als meine Brüder, wo sie mir auf dem noch kurzen Lebensweg begegnen, nach Kräften beglücken: als Familienvater mein Haus bestellen und im Glauben an meinen Heiland mich vorbereiten auf mein Ende, damit wenn einst die Scheidungsstunde von diesem mir schön gewesenen Erdenleben kommen wird, ich meinen Geist mit Freude und Zuversicht in die Hände meines himmlischen Vaters empfehlen kann, und nicht fürchten darf, daß einst ein Fluch meine Asche beunruhigen, oder eine Verwünschung meinen Grabhügel schände.“
Die milde Altersweisheit und die selbstverständliche Alterswürdigung sind komplementäre Kon-zepte der Organisation des nur durch Sitte und Herkommen strukturierten, direkten Generationswechsels unter älteren, ganz oft um Ressourcen konkurrierenden Lebensverhältnissen. Die Dynamik dieses Codes eines richtigen Alters basiert auf den scharf geschnittenen moralischen Standards.
IV. Zurücktreten -„Ruhestand“?
Der wesentliche Teil des Alterscodes besteht in der Erinnerung der Pflichten des Alters, daß auch das gebrechliche Alter nicht etwa aus den Leistungs-/Gegenleistungsbeziehungen ausscheidet, mögen auch die Leistungen auf der Seite der „Greise“ symbolische sein, Raten, Beten, Segnen. Schon früh findet sich in der Literatur der Gedanke, daß das gebrechliche Alter, das nichts mehr leisten kann, aus seinen „Ämtern“ zurücktreten soll, um Zeit zu haben, sich auf den nahen Tod vorzubereiten. Ein solcher Zustand des „Ruhens“ wird in der deutschen Moral-Literatur aber nie im Deutungskreis von Genuß, zielfreier Muße oder Untätigkeit gesehen. Auch in der Autobiographie-Literatur findet sich diese wesentliche Disposition: die lebenslange Tätigkeit ist eine Zierde, nicht nur des Bürgertums. Der Medizinprofessor und Struwwelpeter-Autor Heinrich Hoffmann mag angeführt werden, der 1889 in seinem 80. Lebensjahr um Pensionierung bittet, weil er zur Durchführung seiner Dienstobliegenheiten unfähig geworden ist. Seine Pläne und Tätigkeitsbeschreibungen machen deutlich, daß er eine neue Lebensphase beginnt, aber er kann auch seinen „Lebensabend“ nur leistungsethisch denken.
Dieser Maxime einer lebenslangen Tätigkeitsverpflichtung folgen in ihrer Frühzeit auch die Renten-und Pensionssysteme. Personen werden nie anders als in Sicherungsensembles gedacht, also in langjährig aufgebauten, „investierten“ Beziehungsnetzen, in denen jede Person moralisch zu Leistungen verpflichtet ist, die in irgendeiner Weise auch zur Subsistenz beitragen. Das wirkliche Drama des Alters besteht darin, aus diesen Gegenseitigkeitsbeziehungen herauszufallen, wie etwa bei alten Dienstboten oder später Arbeitern der Fall, wenn sie entlassen werden, oder etwa wenn durch Unglücksfälle o. ä.der Wohnsitz verlorengeht.
Renten und Pensionen sind prinzipiell als Zuschüsse gedacht, die die reduzierte Arbeitsfähigkeit kompensieren und die wie auch immer gearteten Eigenleistungen der Betroffenen ergänzen sollen. Der Rentenbezug ist kein „Ruhestand“, sondern eine Ergänzung zu den Marginalerwerbstätigkeiten, den selbstverständlichen Subsistenzarbeiten oder sonstigen Einkommensquellen. In Deutschland wird erst in der Weimarer Republik die Möglichkeit eines arbeitsfreien Alters durchdacht -und in der Regel abgelehnt.
Hier ist der Kontext demographischer Veränderungen durch Geburtenrückgang und Kriegsverluste in den jüngeren Jahrgängen und ökonomischer Kriegsfolgen wie Wirtschaftskrisen und Zerstörung von Spar-und Kapitalguthaben, die auch zur Verarmung breiter Mittelstandsschichten führte, gegeben. Schon früher war diskutiert worden, wie unsicher, manchmal auch eher, wie undurchschaubar die Sicherungsensembles der industriellen Arbeiter waren. Jetzt wird fast panikartig das Ende der familialen -bürgerlichen -Sicherungsensembles beschworen.
Die Krise der Familie, die für alte Leute keinen Raum, und die Krise der Arbeitsmärkte, die für alte Leute keine Erwerbschancen mehr zu bieten scheinen, führen zu einem Diskurs über Generationen-solidarität.Erstmals wird systematisch in Drei-Generationen-Beziehungen gedacht und vermutet, daß diese Beziehungen nur noch durch gesellschaftliche Instanzen verknüpft werden können. Erstmals erscheint es so, als würde sich Gesellschaft nicht mehr von selbst reproduzieren, als müsse Reproduktion staatlich organisiert werden. So wird eine „Altershilfesteuer“ gefordert, mit der die „Kindespflicht sozialisiert“ werden müsse, denn: „Diese schöne Kette, in der jeweils die arbeitsfähigen Männer und Frauen den Alten das Werkzeug aus der Hand nehmen und für die Erhaltung von Alten und Jungen aufkommen, besteht nicht mehr in der alten Festigkeit.“ Hier finden sich Denkmuster der heutigen Diskussion vorgeprägt: „Eine Vergreisung der Nation“ wird befürchtet und eine Zukunft 1930 so skizziert: „Stadt und Land sind übersät mit Altersheimen, die Schulen sind entvölkert, und über die leergewordenen Straßen schleichen müde Greise und Greisinnen. Die paar noch lebenden jungen Menschen müssen die schwere Bürde der Ernährung jener nutzlosen Alten tragen.“
Kinder und Alte werden erstmals systematisch in Zusammenhang gebracht über gesellschaftliches bzw. nationales Interesse. Auf der einen Seite wird Geburtenförderung diskutiert: z. B. eine „Elternversicherung“ die eine Kinderversicherung ist, auf der anderen Seite eine Alten-Beschäftigungspolitik, die noch als die einzige ernsthaft moralische Politik erscheint. „Selbst eine hohe Rente wäre nur eine geldmäßige Abfindung des Altersrechts... ein Recht, mitzuschaffen und mitzuraten... Sind wir dazu aber nicht bereit, wollen wir dem Alter diese Ehrfurcht nicht erweisen, dann freilich müssen wir Altersrenten und dergleichen haben, schon damit wir die Verbrauchten, die uns im Wege stehen, mit , gutem Gewissen beiseiteschieben können.“
Daß das „rüstige Alter“ arbeitet, ist die zentrale Prämisse, unter der zu Beginn der Weimarer Republik versucht wird, die „Not des Alters“ als Kriegs-folge anzugehen. Die im Herbst 1921 von den freien Wohlfahrtsverbänden gegründete „Altershilfe des Deutschen Volkes“ z. B. sah ihre wesentliche Unterstützung darin, die über 65jährigen „zur Ausnutzung ihrer Arbeitskraft“ anzuleiten Gegen Ende der Weimarer Republik sind unübersehbar die älteren Erwerbstätigen Opfer der Wirtschaftskrise geworden. Zwischen 1925 und 1933 sinkt die Erwerbs-beteiligung der über 65jährigen Männer auf fast die Hälfte, gleichzeitig steigt der Anteil der Selbständigen in dieser Altersgruppe stark an Damit wird für ältere, abhängig Beschäftigte über den geschlossenen Arbeitsmarkt der Sachbestand des „Ruhestandes“ durchgesetzt, der aber keineswegs finanziell abgesichert war und so zumindest ein Teil der Betroffenen in die wie immer geartete Selbständigkeit gedrängt wurde.
Im Nationalsozialismus ist die Koppelung von Alt und Jung über die Konstrukte „Volkskörper“ und „Volksgemeinschaft“ weitergeführt worden. Für die Alterspolitik bedeutete das, daß in Deutschland historisch erstmals der „Lebensfeierabend“ als eine akzeptierbare Lebensform, als eine eigenständige Altenkultur propagiert wurde. Ideologisch leiten bevölkerungspolitische Motive, Raum für die Jungen zu schaffen, wobei die Alterssicherung, wesentlich improvisiert über die Winterhilfswerke, als „Ehrenpflicht“ apostrophiert wurde. Praktisch verlor aber der NS-Lebensfeierabend spätestens 1938 seine Bedeutung aufgrund des seither dauerhaften Arbeitskräftemangels.
V. „Generationsvertrag“ -eine politische Formel?
Die Vorgeschichte des Ruhestandes endet mit der großen Rentenreform 1957, die zu Recht als „Epochenzäsur“ bezeichnet wird (Hockerts). Erst jetzt, also z. B. 68 Jahre nach dem Inkrafttreten der sozialen Rentenversicherung, wird in der Reformgesetzgebung die Rente als Lohnersatz konzipiert. Sie soll alleine in etwa den erreichten Lebensstandard dekken Erst jetzt wird von Rentnern ausdrücklich erwartet, daß sie in den „verdienten Ruhestand“ gehen und damit endgültig aus der Arbeitsgesellschaft austreten. Dieser erwartete Ruhestand wird konzeptionell in Generationsbeziehungen gedacht, wesentlich aufgrund des Umlagesystems der Rentenfinanzierung. Rentenzahlungen müssen allerdings fraglos aus dem aktuell erwirtschafteten Sozialprodukt entnommen werden und unterscheiden sich damit nicht prinzipiell von anderen Positionen des „Sozialaufwands“ wie etwa der Sozialhilfe, die auch nicht in Generationsbeziehungen gedacht wird.
Die Idee des „Generationsvertrags“ verweist auf bevölkerungspolitische Konzepte, wie sie seit der Weimarer Republik diskutiert wurden. Der soge-nannte Schreiber-Plan von 1955, der den Gesetzgebungsprozeß wesentlich beeinflußt hat, enthält denn auch gleichgewichtig neben dem Plan zur Sicherung des „Alterseinkommens“, der wesentlich realisiert wurde, den regelmäßig vergessenen zur Sicherung des Einkommens von Kindern und Jugendlichen bis zum 20. Lebensjahr. Diese „Kindheitsrente“ 29 sollte die durch Kinder entstehenden Kosten decken und damit helfen, auch langfristig ein volkswirtschaftlich „ausgewogenes“ Verhältnis produktiver und unproduktiver Bevölkerungsteile zu sichern. Nur durch diese beiden Teilpläne, war für Schreiber und die Kreise, für die er sprach, auf das zu reagieren, was er in den frühen fünfziger Jahren für vollkommen berechtigt hielt: „Das inbrünstige Verlangen des heutigen Menschen nach Existenzsicherheit (negativ ausgedrückt: seine Lebensangst).“ Die Existenzsicherheit erschien durch die industrielle Gesellschaft und ihre Indivi-dualisierungstrends so dauerhaft beeinträchtigt, daß auch das bürgerliche Modell der Besitzbildung nicht mehr als verläßlich galt. Da es kein traditionelles „Familieneinkommen“ mehr geben könne (Schreiber unterstellt eine Drei-Generationen-Familie als Regel), von dem alle Mitglieder leben könnten -denn die „freiheitliche Wirtschaftsordnung“ kenne „nur Individualeinkommen“ -, muß die Sicherheit der zur gleichen Zeit Lebenden über gesellschaftliche Vermittlungsinstanzen gewährleistet werden. Die Solidarität der gleichzeitig lebenden natürlichen Generationen erscheint unmöglich und soll durch einen „Generationsvertrag“ zwischen abstrakten „Generationen“ ersetzt werden, eine „soziale Ordnungspolitik“, das ist das Konzept. Von dieser bevölkerungspolitischen Generations-Fiktion ist nur die ruhestandspolitische übrig geblieben. Alle Leistungsverbesserungen haben seit 1957 den Ruhestand konsequent als eine eigenständige Lebensphase gedeutet und zu einem grundlegenden Kulturbestandteil verallgemeinert Dabei ist man nie ohne Rückgriff auf die Idee des Generationsvertrags ausgekommen, entweder um Leistungsverbesserungen und vorgezogenen Renteneintritt, aber vor allem um, etwa aufgrund des sogenannten demographischen Wandels, Leistungssenkungen zu begründen. Und so zeigt sich immer wieder, daß die stark emotionalisierbare Frage der Generationsbeziehungen eine wesentliche politische Handlungsressource ist, die mobilisiert wird, und das ist vielleicht unumgänglich, um die interessenpolitisch institutionalisierten Rentenmechanismen zu bewegen.
Auf der einen Seite variieren also die Argumente zwischen der alten Armuts-und Defizit-Assoziation und der Rentenerwartung als einem grundgesetzlich geschützten Eigentumsrecht. Auf der anderen Seite wurden Rentnerberge, Altenluxus und um die Zukunft betrogene Jugend bemüht, vor dem Hintergrund, Kürzungen durchzusetzen. Beide Seiten berufen sich bei Gelegenheit auf Gerechtigkeitsnormen, die aber keine Orientierung geben können. Es sind eben nicht die Interessen identifizierbarer, direkter Generationen zu vergleichen, sondern Geldströme an abstrakte, sozial unhomogene Personengruppen zu verteilen. Die Bedarfsfrage z. B., eine mögliche Vergleichsgröße bei Gerechtigkeit oder Gegenseitigkeit, ist bekanntlich absichtlich aus dem Renteninstrumentarium ausgeklammert worden. Zugleich müssen alle Ansprüche im politischen Raum als dringender Bedarf thematisiert werden -Rentenbezieher werden so die „armen Alten“.
Aber es geht bei diesem obskuren Denken in Generationsmustern nicht nur um Transferleistungen, sondern auch um den Ruhestand selbst, um die Frage eines bezahlten, lebensphasenbezogenen Müßiggangs in einer Arbeitsgesellschaft. Allerdings ist dieses Problem so offen nur in den fünfziger Jahren gesehen worden. Die massenhafte Freistellung der Personen von ökonomischen Sorgen und Bemühungen beim Eintritt einer Altersgrenze erschien als ein die Gesellschaft destabilisierendes Moment. Der Soziologe Friedrich Pollock formulierte 1958 z. B., daß der „materielle Schutz“ der Alten durch die gesellschaftliche „Solidarhaft“ eine Schutzlosigkeit der Gesellschaft gegen diese produziere: Daß die alten Leute „keine nützliche Funktion mehr ausüben, auf ein bloßes Rentner-dasein reduziert werden und in einer auf dem Leistungsprinzip beruhenden Gesellschaft in Gefahr geraten, zu einer bloßen parasitären , pressure group‘ herabzusinken“
Diese so formulierte Sicht, daß Rentner durch ihre materielle Sicherstellung auch befreit worden sind von Verpflichtungen, also nicht mehr in gesellschaftliche Reziprozitätsbeziehungen eingebunden seien, zeigt, wie kulturell riskant der Ruhestand bei seiner Einführung erschien. Hier hat aber auch die Frage nach dem Sinn des Alters noch heute ihren verborgenen Hintergrund. Auch die heutige Sinnverlust-Unterstellung geht zurück auf diese Befürchtung einer gesellschaftlichen Desintegrationswirkung beim Austritt aus den Verpflichtungen der Arbeitsgesellschaft und die leitet die Vermutung, daß durch gezielte, vorbereitende und nachberufliche Sozialisation diese gesellschaftliche Loyalität wiederhergestellt werden müsse. Integration durch Partizipation. Eine diffuse Angst ist zu erkennen, vor der Dominanz einer Ruhestandsbevölkerung, die im Gegenzug für die geleisteten Transferzahlungen keine Gegenleistungen mehr erbringt, und sei es nur die symbolische der Systemloyalität. Eine Angst jedenfalls, die in alten Generationsbeziehungsmustern gedacht ist.