I. Einleitung Gruppen ein: Alleinlebende, traditionelle Haushalts-typen und „neue“ Haushaltstypen. Den traditionellen Haushaltstypen wurden Familien mit Kindern und/oder anderen Familienmitgliedern sowie alle Ehepaare, sofern beide 45 Jahre und älter waren, auch wenn keine Kinder im Haushalt lebten, zugeordnet. Unter die „neuen“ Haushaltstypen subsumierten wir alle in der Bevölkerungsstatistik quantitativ wachsenden, also an Bedeutung für den Wohnungsmarkt zunehmenden Mehrpersonenhaushalte: (Ehe-) Paare ohne Kinder, mindestens eine(r) jünger als 45 Jahre; nichtverheiratete Paare; Alleinerziehende; Wohngemeinschaften. Um die Wirtschaftskraft der Haushalte erfassen zu können, wurde als Indikator für die Marktfähigkeit der Haushalte die Variable „ökonomisches Potential“ gebildet, die sich aus dem Haushaltsnettoeinkommen, gewichtet nach Haushaltsgröße und Altersgruppen der einzelnen Haushaltsmitglieder, zusammensetzt
Soweit Daten anderer Umfragen einschließlich der amtlichen Statistik zur Thematik vorliegen, werden sie ergänzend zu dieser lokalen Untersuchung angeführt, um Hinweise auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf großstädtische Ballungsräume in den alten Ländern zu erhalten. a) Eigentumsverhältnisse Wie viele andere Umfragen bestätigt die Nürnberg-Untersuchung den Wunsch nach Eigentum bei allen Mehrpersonenhaushalten, am stärksten bei den traditionellen Haushaltstypen. Angehörige traditioneller Haushalte, in denen meist Kinder leben, geben überdurchschnittlich häufig an, daß sie unbedingt Eigentümer sein möchten. Dahinter steht der -vor allem von Familien gehegte -Wunsch nach einem Haus im Grünen. Ihrer ausgeprägten Eigenheimpräferenz entspricht, daß die traditionellen Haushalte tatsächlich häufiger Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung sind Jüngere kinderlose Paare besitzen dagegen häufiger eine Eigentumswohnung. Insgesamt liegt bei den neuen Haushaltstypen der Wunsch, Eigentum zu erwerben, leicht über dem Durchschnitt. Für die Alleinlebenden stellt sich die Eigentumsfrage nur begrenzt daher ziehen es die meisten von ihnen vor, zur Miete zu wohnen. Die amtliche Statistik weist für Alleinlebende nur einen Eigentümeranteil von 19 Prozent aus
Den unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen entsprechend präferieren die Haushaltstypen auch verschiedene Wohnformen. Alleinlebende bevorzugen Etagenwohnungen in Mehrfamilienhäusern. Sowohl bei den traditionellen als auch bei den neuen Haushaltstypen dominiert hingegen der Wunsch nach einem freistehenden Ejn-oder Zweifamilienhaus. b) Wohnräume und Wohnfläche Die Alleinlebenden haben durchschnittlich zwei Räume zur Verfügung, die traditionellen Haushalts-typen 1, 2 und die neuen 1, 3 Räume. Bei den Mehrpersonenhaushalten besitzen die jüngeren Ehepaare ohne Kinder sowie die unverheiratet zusammenlebenden Paare die meisten Räume pro Person (im Durchschnitt: 1, 4). Die geringste durchschnittliche Raumanzahl ergibt sich bei den Wohngemeinschaften (1, 2) und unverheiratet zusammenlebenden Paaren mit Kindern (0, 89). Legt man die Bedarfsnorm des II. Wohnungsbaugesetzes zugrunde, nach der jeder Person mindestens ein Wohnraum zur Verfügung stehen sollte, bleibt etwa ein Fünftel der traditionellen Familien unter dieser Norm. Bei den neuen Haushaltstypen sind dagegen nur neun Prozent mit Räumen unterversorgt *Die Alleinlebenden äußern parallel zu ihrer guten Versorgung auch hohe Ansprüche an Raumanzahl und Wohnfläche. Ihre Wunschwohnung besteht im Durchschnitt aus drei Räumen, während die traditionellen Haushalte relativ bescheiden sind und sich mit 1, 4 Räumen pro Person zufriedengeben. Die in sich sehr heterogene Gruppe der neuen Haushaltstypen beansprucht mit 1, 7 Räumen eine etwas überdurch-schnittliche Raumanzahl, ein Effekt, der sich aus den Anspruchshaltungen der kinderlosen Paare ergibt. Vertreter der neuen Haushaltstypen äußern häufig, daß sie ein Arbeitszimmer in ihrer Wohnung eingerichtet haben, da sie mehr Wert auf „eigene Bereiche“ und „Ruhe-Zonen“ legen. Die Zimmer-wünsche spiegeln die tatsächliche Versorgung mit Räumen wider. Entsprechend ihren hohen Wohnraumansprüchen beanspruchen Alleinlebende fast genauso viele Räume wie andere Haushalte. Singles wünschen sich außerdem öfter große Räume bzw. eine Kombination oder Verbindung von Räumen. Von Angehörigen traditioneller Haushalte wird häufiger der Wunsch nach einem -möglichst geräumigen -Kinderzimmer geäußert. Der Konflikt zwischen Individualbereich und familiärem Zusammenleben kommt bei den Familien-haushalten in der häufigen Kritik an der ungünstigen Lage bestimmter Zimmer zueinander zum Ausdruck. Vielfach wird daher für eine stärkere Abgrenzung der einzelnen Bereiche durch einen zentralen Flur plädiert. Die neuen Haushaltstypen fordern eher Räume zu ihrer persönlichen Entfaltung und für ihre Hobbys. Bei ihnen läßt sich einerseits eine Tendenz zur Abgrenzung und Bewahrung von persönlichen Freiräumen erkennen, andererseits wünschen sich viele eine Raumvergrößerung und Öffnung der Räume. Der Wunsch nach einer stärkeren Abgrenzung wird vor allem von Befragten, die unverheiratet mit einem festen Partner Zusammenleben, geäußert. Diese legen besonderen Wert auf die Abgrenzung ihrer Individualbereiche Bei jüngeren verheirateten kinderlosen Paaren besteht dagegen eher der Wunsch nach einer Raumvergrößerung.
Die Wohnfläche beträgt bei den Alleinlebenden durchschnittlich 53 Quadratmeter. Den traditionellen Haushaltsformen steht hingegen pro Person nur eine Fläche von 29 Quadratmeter zur Verfügung, den neuen Haushaltstypen 33 Quadratmeter. Unter diesen verfügen wiederum die jüngeren kinderlosen Ehepaare über die größten Wohnflächen (37 Quadratmeter pro Person). Auch die gewünschte Wohnfläche unterstreicht die verhältnismäßig großen Wohnraumansprüche der Alleinlebenden: So wünschen sich diese durchschnittlich eine Wohnfläche von 74 Quadratmeter. Dagegen nehmen sich die Ansprüche der traditionellen Haushalte mit einer Wohnfläche von 34 Quadratmeter pro Person relativ bescheiden aus. Die neuen Haushaltstypen haben mit 43 Quadratmeter pro Kopf wieder etwas höhere Wohnflächenansprüche. Hierbei haben die jüngeren verheirateten kinderlosen Paare -einige wohl im Hinblick auf eine geplante Familiengründung aber auch die unverheiratet zusammenlebenden Paare die größten Ansprüche.
Diese Tendenzen belegen auch die Ergebnisse der amtlichen Statistik für die alten Länder: Sowohl die Anzahl der Räume als auch die Wohnfläche pro Person nehmen mit steigender Haushaltsgröße ab. So verfügten 1987 die alleinlebenden Eigentümer über eine Wohnfläche von 79 Quadratmeter, die Zweipersonenhaushalte aber nur über 44. Ähnliche Relationen gelten auch für die Mieterhaushalte (53 zu 32 Quadratmetern), die jedoch insgesamt eine höhere Belegungsdichte als die Eigentümer-haushalte aufweisen Die Einpersonenhaushalte verbrauchen mehr Wohnraum als der Bevölkerungsdurchschnitt, während große Haushalte mit fünf Personen und mehr deutlich häufiger unterversorgt sind 1, 1 Millionen der Einpersonenhaushalte lebten 1987 in sehr großen Wohnungen mit fünf und mehr Räumen (im Vergleich zu 1968 ist das eine Vervierfachung). Die Versorgung der Einpersonenhaushalte mit Wohnräumen und -fläche liegt -unabhängig von den Besitzverhältnissen -weit über dem Durchschnitt. c) Ausstattung Auch bei den Ausstattungsstandards bestätigt sich zunächst das Bild der eher bescheidenen traditionellen Haushaltstypen. Von ihnen ist die Mehrheit mit ihrer Ausstattung zufrieden, bei den neuen Haushaltsformen und den Alleinlebenden melden dagegen die meisten weitergehende Ausstattungswünsche an. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Wohnungen der Alleinlebenden zwar von der Wohnfläche und Anzahl der Räume her relativ großzügig, jedoch qualitativ am schlechtesten ausgestattet sind, z. B. fehlen oft Zentral-oder Etagenheizungen. Diese Ergebnisse werden auch durch die amtliche Statistik gestützt 13. Tatsächlich haben die traditionellen Haushalte die am besten ausgestatteten Wohnungen, da sie häufiger ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung besitzen. Doch auch viele der neuen Haushaltstypen leben in ähnlich gut ausgestatteten Wohnungen.d) Allgemeine Wohnzufriedenheit Dennoch liegt die generelle Zufriedenheit mit der Wohnung bei den neuen Haushaltstypen niedriger als bei anderen Haushaltsformen (Durchschnitt: 4, 97). So sind die Alleinlebenden trotz ihrer relativ schlechten Ausstattung am zufriedensten (5, 33). Dieser Effekt entsteht vorwiegend durch die ganz jungen Haushalte (unter 25 Jahren), vor allem aber durch die 65jährigen und Älteren (Zufriedenheit: 5, 42 bzw. 6, 1). Bei den anderen Haushaltstypen zeigt sich das Muster, daß mit steigendem Alter die Wohnzufriedenheit durch Anpassung an die gegebenen Verhältnisse ansteigt. Die davon abweichende größere Zufriedenheit der jüngeren Singles dürfte daraus resultieren, daß sie in ihrem ersten eigenen Haushalt noch geringere Ansprüche an das Niveau ihrer Wohnung stellen. e) Wohnstandortpräferenz und Mobilität Die Wohnstandortpräferenz hängt entscheidend davon ab, ob in den Haushalten Kinder leben oder nicht. So ist der gewünschte Wohnstandort der Alleinlebenden, vor allem der unter 25jährigen, vornehmlich die Innenstadt oder Innenstadtnähe. Traditionelle Haushalte (45 Prozent), aber auch viele der neuen (36 Prozent), bevorzugen die städtischen Außenbezirke. Differenziert man bei diesen Haushaltstypen zwischen Haushalten mit und ohne Kinder, wird deutlich, daß die traditionellen Haushalte in jedem Fall die Außenbezirke als bevorzugten Wohnstandort angeben -bei ihnen dominiert generell der Wunsch nach einem Haus im Grünen. Bei den neuen Haushaltstypen hängt dagegen die Wohnstandortpräferenz davon ab, ob in den Haushalten Kinder leben oder nicht: Die kinderlosen Haushalte präferieren die Innenstadt oder Innenstadtnähe. Die traditionellen Haushaltstypen verbinden ihren Eigenheimwunsch und ihre Präferenz für die städtischen Außenbezirke mit einer Vorliebe für baulich neue Viertel (35 Prozent). Auch bei einer von GEWOS in Hamburg durchgeführten Umfrage zeigte sich eine Präferenz von Neubauobjekten durch Familien mit kleineren Kindern, wobei der individuelle Gestaltungsbedarf (Zuschnitt, Gartennutzung etc.) eine wichtige Rolle spielt Hingegen bevorzugt die Hälfte der neuen Haushaltstypen, besonders Wohngemeinschaften, aber auch jüngere verheiratete und unverheiratet zusammenlebende Paare sowie die Mehrheit der Allein-lebenden das Leben in einem alten Viertel.
Auch bei der Mobilität bzw. Mobilitätsbereitschaft ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den Haushaltstypen. Während sich die neuen Haushaltstypen als eher mobile Haushalte erweisen, sind die traditionellen Haushalte aufgrund ihrer familiären Bindungen und durch ihren Besitz von Eigentum vergleichsweise immobil. So geben 76 Prozent der neuen Haushaltstypen an, daß sie für die Erfüllung ihrer Wohnwünsche einen Umzug in Kauf nehmen würden, wobei auch viele bereit sind, die Region zu verlassen. Bei diesen mobilen Haushalten handelt es sich überwiegend um 25-bis 34jährige. Unter den Alleinlebenden kalkulieren die jüngeren (25 bis 44 Jahre) am ehesten einen Orts-und Wohnungswechsel ein, oft in Verbindung mit einem Eigentumswunsch und einer geplanten Familiengründung. Die älteren Haushalte sind in ihrer überwiegenden Mehrheit hingegen nicht mehr zur räumlichen Mobilität bereit f) Mietbelastung und Zahlungsbereitschaft Analysiert man die Mietbelastung der unterschiedlichen Haushaltstypen, wird eine hohe Mietbelastung der Single-Haushalte deutlich, die sich durchschnittlich auf 23 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens beläuft. Die finanzschwachen Allein-lebenden sind besonders hoch mit Wohnkosten belastet: Sie müssen im Durchschnitt 34 Prozent ihres Nettoeinkommens für eine Wohnung aufbringen. Bei den traditionellen (19 Prozent) und neuen Haushaltstypen (21 Prozent) beträgt die durchschnittliche Mietbelastung jeweils ungefähr ein Fünftel. Auch die Zahlen der amtlichen Statistik weisen darauf hin, daß die beschriebenen Trends zumindest in den alten Ländern gültig sind: Zwar mußten 1988 die Einpersonenhaushalte im Schnitt die geringste Miete aufbringen (367 DM), aber die Mietbelastungsquote, der Anteil der Miete am Haushaltsnettoeinkommen, ist bei den Alleinlebenden relativ hoch Ähnlich verhält es sich bei Zweipersonenhaushalten mit niedrigem Einkommen. Das heißt, tendenziell sind kleinere Haushalte mit relativ höheren Wohnkosten belastet als größere.
Um die Marktfähigkeit der Haushalte auf dem Wohnungsmarkt zu erfassen, wurde die Frage nachder maximalen Zahlungsbereitschaft für Wohnkosten gestellt. Die Alleinlebenden weisen eine sehr hohe Ausgabenbereitschaft auf, die sich auf durchschnittlich 38 Prozent des Haushaltseinkommens beläuft (Befragte insgesamt: 30 Prozent). Über die Hälfte der Singles ist bereit, mehr als ein Drittel des Einkommens für Wohnkosten auszugeben. Vor allem sind es Alleinlebende im Alter von 25 bis 54 Jahren mit einem hohen ökonomischen Potential, die für Wohnkosten zu relativ hohen Opfern bereit sind. Die traditionellen Haushaltstypen sind am wenigsten gewillt, einen hohen Anteil ihres Einkommens für Wohnkosten zu investieren (Durchschnitt: 27 Prozent), vermutlich weil bei Familien die Kinder als hoher Kostenfaktor berücksichtigt werden müssen.
2. Wohnformen und Wohnwünsche nach der Wirtschaftskraft der Haushalte
a) Eigentumsverhältnisse Bei einer Differenzierung nach der Wirtschaftskraft der Haushalte lassen sich einige allgemeine Tendenzen erkennen: Die Eigentumsquote ist um so höher, die Wohnung um so größer und die Ausstattung um so besser, je höher die Finanzkraft des Haushaltes ist. Parallel dazu steigen die Ansprüche und Wünsche mit dem ökonomischen Potential an. Auch die Daten der amtlichen Statistik belegen, daß einkommensschwächere Haushalte in älteren, kleineren und schlechter ausgestatteten Wohnungen leben als Besserverdienende. Im Zeitverlauf hat sich vor allem die Eigentumsbildung einkommensschwacher Haushalte verschlechtert, die seit 1978 kaum noch Eigentum bilden konnten. Für sie hat sich auch die Wohnflächenversorgung weniger stark verbessert als für die Haushalte mit einem höheren Einkommen Unter den Haushalten mit einer hohen Wirtschaftskraft sind erwartungsgemäß die meisten Eigentümer zu finden (insgesamt 30 Prozent). Entgegen den Erwartungen unterscheiden sich die gewünschten Eigentumsverhältnisse nicht signifikant nach dem ökonomischen Potential. Sehr unterschiedlich sind allerdings die gewünschten Wohnformen. Erstaunlicherweise präferieren gerade die finanzstarken Haushalte, bei denen die größten Realisierungschancen bestehen würden, weniger stark freistehende Ein-und Zweifamilienhäuser. Sie bevorzugen häufiger Etagenwohnungen in Mehrfamilienhäusern, überwiegend Eigentumswohnungen in der Nähe der Innenstadt. Das dürfte damit Zusammenhängen, daß es sich bei diesen Haushalten seltener um Familien mit Kindern handelt. Die finanzschwachen Haushalte he gen häufig den Wunsch nach einem freistehenden Haus oder einem Reihenhaus, das sie aber in dei Regel nicht finanzieren können. b) Wohnräume und Wohnfläche Auch die Wohnungsgröße nimmt mit steigendei Wirtschaftskraft der Haushalte zu. So besitzen Befragte mit einem hohen ökonomischen Potential mit 1, 8 Räumen pro Person durchschnittlich die meisten Räume, diejenigen mit einem niedrigen die wenigsten mit 1, 1 Räumen. Betrachtet man die Wohnraumwünsche, werden hohe Ansprüche der finanzkräftigen Haushalte ersichtlich: Diese halten im Durchschnitt 2, 2 Räume pro Person für ihren Haushalt für angemessen, diejenigen mit einem mittleren ökonomischen Potential 1, 8 und die mit einem geringen 1, 5 Räume pro Person (Befragte insgesamt: 1, 8 Räume). Bei den vorhandenen Zimmern läßt sich eine Tendenz zur Individualisierung mit steigendem Einkommen festhalten: Je höher das ökonomische Potential des Haushaltes ist, desto häufiger sind Räume zur persönlichen Entfaltung wie Arbeitszimmer, Hobbyräume sowie Eßund Gästezimmer vorhanden und werden gewünscht.
Noch deutlicher zeigt sich das Gefälle zwischen den einzelnen ökonomisch-sozialen Gruppen, wenn man die Wohnfläche betrachtet, die mit 48 Quadratmetern pro Person bei finanzkräftigen Haushalten mit Abstand am höchsten ist. Ihre bereits vorhandene Wohnfläche liegt somit sogar über den Wünschen von finanzschwächeren Haushalten. Die Wohnung der Befragten mit einem geringen ökonomischen Potential umfaßt im Vergleich durchschnittlich nur 28 Quadratmeter pro Person. Die Wohnflächenwünsche entsprechen der tatsächlichen Versorgung und den Realisierungsmöglichkeiten: Befragte mit einem hohen ökonomischen Potential beanspruchen im Durchschnitt 61 Quadratmeter pro Person, während sich diejenigen mit einem geringen ökonomischen Potential mit 37 und diejenigen mit einer mittleren Wirtschaftskraft mit 46 Quadratmetern pro Person begnügen. Die Wohnraum-und Wohnflächenwünsche der Befragten mit einem geringen ökonomischen Potential sind somit relativ bescheiden, hingegen liegen die der finanzkräftigen Haushalte deutlich über dem Durchschnitt der Befragten insgesamt. Daß die Wohnflächenansprüche der Haushalte mit wachsendem Einkommen ansteigen, bestätigen auch andere Umfragen c) Ausstattung Die Zufriedenheit mit der Ausstattung unterscheidet sich zwar nicht signifikant, doch sind die finanzkräftigen Haushalte zufriedener mit ihrer Wohnsituation. Diese hohe Zufriedenheit resultiert aus ihrer guten Wohnsituation und aus der Tatsache, daß sie öfter Eigentum besitzen. Die meisten Ausstattungswünsche werden von Haushalten mit einer geringen Wirtschaftskraft geäußert, da sie tatsächlich seltener eine Zentral-bzw. Etagenheizung, Isolierglasfenster und einen Balkon besitzen. d) Allgemeine Wohnzufriedenheit Entgegen der hohen Zufriedenheit der finanzkräftigen Haushalte mit ihrer Wohnungsausstattung stufen sie sich bei der generellen Beurteilung ihrer Wohnzufriedenheit auf einer siebenstufigen Skala unzufriedener (5, 03) als die Befragten insgesamt (5, 26) ein -wohl eine Folge des höheren Anspruchsdenkens. Haushalte mit mittlerer Wirtschaftskraft sind mit ihrer Wohnung am zufriedensten (5, 30). e) Wohnstandortpräferenz undMobilität Die finanzkräftigen Haushalte zeigen eine Vorliebe für alte Bausubstanz: Mehr als die Hälfte von ihnen will lieber in alten Vierteln leben. Dies bestätigt auch die Präferenz dieser Bevölkerungsschicht für attraktive Innenstadtlagen und ihre Neigung zu renovierten Altbauwohnungen. Hingegen möchten Befragte mit einem niedrigen ökonomischen Potential -entsprechend ihren auf die peripheren Stadtteile ausgerichteten Wohnstandortwünschen -eher in neuen Vierteln wohnen. Die Umzugsbereitschaft unterscheidet sich nur unwesentlich nach der Wirtschaftskraft der Haushalte, wobei allerdings eine größere Mobilität zahlungskräftiger Haushalte erkennbar ist. f) Mietbelastung und Zahlungsbereitschaft Die Mietbelastung sinkt mit steigendem ökonomischem Potential der Haushalte entsprechend dem „Schwabeschen Gesetz“ Sie ist bei Befragten mit einer geringen Wirtschaftskraft mit durchschnittlich 27 Prozent am höchsten und liegt damit deutlich über der Wohnkostenbelastung der Befragten insgesamt (21 Prozent): Befragte mit einem mittleren ökonomischen Potential sind durchschnittlich mit 18 Prozent, diejenigen mit einem hohen mit nur 13 Prozent belastet. Zwar nimmt die Ausgabefreude in absoluten Zahlen gesehen mit steigendem Potential der Haushalte zu. Umgekehrt ist es jedoch bei der Betrachtung in Prozent des Einkommens: Hier steigt die Zahlungsbereitschaft mit niedrigerem ökonomischen Potential an, d. h., Befragte mit einer geringen wirtschaftlichen Kraft sind eher willens, einen hohen Anteil ihres Einkommens für Wohnkosten zu investieren; die Hälfte wäre hier bereit, ein Drittel und mehr dafür auszugeben (Durchschnitt: 37 Prozent); hingegen wollen Personen mit einem hohen ökonomischen Potential durchschnittlich nur 23 Prozent des Haushaltseinkommens investieren, diejenigen mit einer mittleren Wirtschaftskraft 28 Prozent (Befragte insgesamt: 30 Prozent).
Die Ergebnisse der Nürnberg-Studie belegen eindrucksvoll eine auch durch andere Untersuchungen erhärtete Vermutung, nämlich daß es vorwiegend die einkommensstarken Gruppen sind, die sehr hohe Ansprüche an den Standard und vor allem an die Größe der Wohnung anmelden. Besonders kleine Haushalte -Alleinlebende und kinderlose Paare mit hoher Wirtschaftskraft -scheinen eine weitere Steigerung ihres Wohnflächenkonsums für wünschenswert zu halten.
III. Konsequenzen für den Wohnungsmarkt
Insgesamt zeigen die Daten über Wohnstandards und -Präferenzen ein weiter steigendes Anspruchsniveau trotz scheinbar ausreichender Versorgung mit Wohnraum und -fläche sowie hoher Qualitätsstandards. Beunruhigen muß die Planer vor allem die Nachfrage nach großzügig dimensionierten Wohnungen für Einpersonenhaushalte, einer Haushaltsform, die wegen ihres überdurchschnittlich hohen Pro-Kopf-Flächenverbrauchs zu einem hohen Wohnungs-und Wohnflächenbedarf beiträgt. Welche Mengeneffekte von der Nachfrage dieser Haushalte ausgehen, verdeutlicht die Tatsache, daß in manchen Großstädten bereits über die Hälfte aller Wohnungen von Alleinlebenden belegt sind. Es liegt der Schluß nahe, durch eine Regulierung über den Preis die Ansprüche an Wohnflächenkonsum und -Standards zu dämpfen. Tatsächlich werden ähnliche Forderungen von Politik, Wohnungswirtschaft und dem organisierten Haus und Grundbesitz immer wieder erhoben. Sie scheinen um so berechtigter, als die Kosten des Wohnens in der Bundesrepublik und die Gestehungskosten eines Neubaus in keinem realen Verhältnis zueinander stehen. Die folgende Analyse wird jedoch zeigen, daß man sich vor voreiligen Schlüssen hüten muß.
Um aus den ermittelten Präferenzen Aussagen über die Bedarfe machen zu können, muß zunächst die finanzielle Belastbarkeit der Haushalte betrachtet werden. Die finanzkräftigen Haushalte werden mit geringen Abstrichen ihre Wünsche auf dem Wohnungsmarkt auch bei steigenden Preisen realisieren können. Daraus ergeben sich wiederum Implikationen für andere Nachfragergruppen, die mit sinkender Wirtschaftskraft immer mehr von staatlicher Intervention abhängig werden, die ihnen eine ausreichende Wohnungsversorgung sichern muß. Wir wollen im folgenden die Konsequenzen des Nachfrageverhaltens unter den gegenwärtigen Knappheitsbedingungen für die verschiedenen Teilmärkte betrachten.
1. Mietwohnungsmarkt
In den alten Ländern leben über 60 Prozent der Haushalte zur Miete (Angaben der Volkszählung 1987). Noch weit mehr sind es in den Großstädten und in den neuen Ländern. Gerade dieser für die Versorgung der Einkommensschwächeren wichtigste Teilmarkt wird durch die Einpersonenhaushalte besonders beansprucht, da für Klein-haushalte eine Eigentumsbildung wenig attraktiv ist. Es sind vor allem jüngere und von diesen wiederum besonders einkommensstarke Alleinlebende, die hohe Flächenansprüche anmelden. Sie werden auch bei steigenden Preisen ihre Ansprüche durchsetzen können, wenn auch angesichts des beschränkten Angebots auf Kosten anderer, finanziell weniger leistungsfähiger Haushalte. Dies sind die Haushaltsformen, die bereits jetzt überdurchschnittlich hohe Mietbelastungen aufweisen: zum einen jüngere Haushalte mit niedrigem ökonomischem Polenfial, vor allem traditionelle Familien; zum anderen kleinere Haushalte, z. B. einkommensschwächere Einpersonenhaushalte oder Alleinerziehende. Diese Haushaltstypen sind zwar in der Regel auch bereit, einen hohen Anteil ihres Einkommens für Miete aufzuwenden (mit Ausnahme der Älteren mit langer Wohndauer in ihrer jetzigen Wohnung), aber ihr Spielraum für weitere Mietpreissteigerungen ist eng begrenzt.
Insgesamt ist die Mietbelastungsquote in der Bundesrepublik auch für einkommensschwächere Gruppen noch erträglich. Allerdings ergeben sich dramatische Mietpreissteigerungen bei Wohnungswechseln, so daß die mobilen Haushalte und die neu zu gründenden die großen Verlierer der allgemeinen Wohnkostenverteuerung sind. Dies kann für ökonomisch schwächere mobile Haushalte -das sind vorwiegend die jüngeren Single-und Familienhaushalte -in Ballungsgebieten zu ernsten Versorgungsproblemen führen.
2. Eigenheimmarkt
Der Wunsch nach Eigentum steht in der alten Bundesrepublik im krassen Mißverhältnis zur tatsächlichen Eigentumsquote. Das gilt im besonderen Maß für die Bewohner der Großstädte Dennoch äußern die meisten Befragten auch in den Kemstädten der Ballungszentren den Wunsch nach einem freistehenden Eigenheim. Am stärksten ausgeprägt ist er bei größeren Haushalten mit Kindern. Die Realisierung dieser Wohnpräferenz dürfte aber auch in Zukunft -trotz der Bereitschaft dieser Haushalte, sich finanziell einzuschränken -nur einer Minderheit von Haushalten möglich sein und von diesen wird der weitaus größte Teil ins Umland der Städte ausweichen müssen. Verantwortlich für diese Entwicklung sind neben den gestiegenen Baukosten und Kapitalmarktzinsen vor allem die enormen Bodenpreise. Sie sind Ausdruck einer akuten Flächenknappheit in den Großstädten. Obwohl die Abwanderung steuerzahlungskräftiger Einwohner für die Kernstädte ebenso unerwünscht ist wie für die Region die anwachsenden Mobilitätsströme, können die Städte angesichts der Konkurrenz von Gewerbe-, Wohnbauflächenbedarf und ökologischen Erfordernissen die Ausweisung ausgedehnter Gebiete für die flächenbeanspruchende Wohnform des Einfamilienhauses kaum mehr verantworten Eine Entlastung würde nur eine völlig neue Raumordnungspolitik bringen Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen muß aber damit gerechnet werden, daß eine große Zahl von Haushalten, die ein Eigenheim in einem großstädtischen Ballungsraum präferieren, auf andere Teil-märkte auszuweichen sucht.
3. Eigentumswohnungsmarkt
Dafür bietet sich in erster Linie der Markt für Eigentumswohnungen an. Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen speist sich nur zum geringeren Teil aus Haushalten, die diese Wohnform als ihr „Ideal“ ansehen, vielmehr besteht die Mehrheit aus verhinderten Hausbesitzern. Die Eigentümer von Eigentumswohnungen äußern ähnliche Präferenzen wie die von Eigenheimen, die Haushalte sind aber in der Regel jünger und im Durchschnitt kleiner und sogar etwas finanzkräftiger. Finanzstarke Kleinhaushalte (Alleinlebende oder kinderlose Paare) geben als Präferenz dagegen oft Eigentumswohnungen an. Konnten Eigentumswohnungen vor einigen Jahren noch preisgünstig erworben werden, ist heute auch auf diesem Markt ein Verdrängungswettbewerb zwischen verschiedenen Haushaltsformen zu beobachten, der die finanz-schwächeren Haushalte zu einer weiteren Einschränkung ihrer Ansprüche zwingt. Eine Erweiterung des Angebots durch umgewandelte Eigentumswohnungen aus dem Mietwohnungsbestand würde bei einem gleichbleibenden Angebot zwangsläufig zu Verdrängungsprozessen bei sozial noch schwächeren Gruppen führen und kann daher nicht als Ausweg empfohlen werden.
Insgesamt läßt sich auf dem Wohnungsmarkt ein Verdrängungswettbewerb beobachten, der durch die hohen Flächenansprüche der Haushalte mit hohem ökonomischen Potential -insbesondere der finanzstarken Kleinhaushalte -ausgelöst wird. Da nur ein begrenztes und zunehmend teureres Angebot für diese Nachfrage zur Verfügung steht, tendieren die Haushalte dazu, auf preiswertere Teil-märkte auszuweichen. Die allgemeine Verknappung berührt in zweifacher Hinsicht die Versorgung sozial schwächerer Nachfragergruppen, für die wir relativ bescheidene Wohnpräferenzen ermittelt hatten. Einerseits kann das Angebot im sozialen Wohnungsbau die steigende Nachfrage nach preiswerten Wohnungen nicht decken. Andererseits versucht eine finanziell stärkere Konkurrenz ihre Flächenansprüche durch ein Ausweichen auf den Teilmarkt des Altbaubestandes zu befriedigen -der zudem wegen seiner ästhetischen Qualität von einigen einkommensstarken Gruppen bevorzugt wird. Pointiert formuliert heißt dies, daß bei einer Regulierung des Wohnungsmarktes über den Preis die finanziell weniger Leistungsfähigen für die hohen Ansprüche der Gutverdienenden bezahlen. Da Mietverteuerungen überproportional bei Wohnungswechseln spürbar werden, sind die mobilen Haushalte die Hauptleidtragenden der Entwicklung.
IV. Kommunale Steuerungspotentiale
Die unzureichende Deckung des Bedarfs an Wohnungen und Wohnfläche müssen die Kommunen „vor Ort“ zu steuern versuchen. Die den Städten dazu zur Verfügung stehenden Instrumente und Ressourcen sollen zunächst knapp skizziert werden, um anschließend Aussagen über ihre Reichweite und Zielgenauigkeit machen zu können.
1. Bestandspolitik
Sieht man die Hauptaufgabe von Politik und Verwaltung angesichts der beschriebenen Verdrängungsspirale in der Versorgung von sozial schwächeren Haushalten kommt der Bestandssicherung eine zentrale Funktion zu. Der billige Althausbestand muß erhalten werden. Das erfordert eine Eindämmung von Aufwertungen und Umwandlungen. Ein Instrument hierzu ist der Einsatz von Erhaltungssatzungen zum Schutz der sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung In den achtziger Jahren sind einige Städte (darunter München, Nürnberg, Hannover) dazu übergegangen, Gebiete mit einer sozial schwachen, aber stabilen Bevölkerungsstruktur als Erhaltungssatzungsgebiete auszuweisen. Dadurch werden Modernisierungen und Umwandlungen genehmigungspflichtig. Die effektive Nutzung dieses Instruments ist allerdings nur in Verbindung mit der Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts möglich, das jedoch angesichts der Finanznot der Gemeinden nur in Ausnahmefällen angewendet werden kann. Zur Kontrolle des Bestandes können die Gemeinden auf eine Reihe von rechtlichen Instrumentarien zurückgreifen, welche eine angemessene Nutzung der vorhandenen Wohnungen sichern sollen (Mietpreisüberwachung, Wohnungssicherung, Zweckentfremdungsverordnung). Eine flächendeckende Überwachung des Bestandes und ihre rechtliche Durchsetzung ist jedoch sehr personalintensiv und übersteigt die Finanzkraft der meisten Städte
Eine besondere Gefahr für den preiswerten Wohnungsteilmarkt geht von dem sich Jahr für Jahr verringernden Bestand an belegungsgebundenen Sozialwohnungen aus. In nur drei Jahren, von 1987 bis 1989, reduzierte sich der Sozialwohnungsbestand in den Städten (über 50 000 Einwohner) der alten Länder deutlich von 27, 5 auf 24, 8 Prozent. Dieser Prozeß wird sich in den nächsten Jahren durch Ablauf von Nachwirkungsfristen und planmäßige Tilgungen noch erheblich beschleunigen Die Entwicklung wäre nur durch den Erwerb von Belegungsrechten im großen Stil zu bremsen -dazu fehlen den Kommunen aber die finanziellen Mittel So müssen sich die Hoffnungen auf eine Kompensation der verlorengehenden Sozialwohnungen durch eine Ankurbelung des Neubaus konzentrieren.
2. Neubauförderung
Der soziale Wohnungsbau (vgl. dazu den Beitrag von Mario Riege in diesem Heft) ist vorrangig Aufgabe des Bundes und der Länder. Städtische Baudarlehen werden zwar zur Spitzenfinanzierung zusätzlich zu den Mitteln des Bundes und des Landes eingesetzt. Der Anteil der Kommunen bei den Fördermitteln liegt aber unter 20 Prozent so daß den Gemeinden keine entscheidende Rolle beim Umfang des Fördervolumens zukommt. Aufgabe der Kommunen ist die Verteilung der Fördermittel, deren Vergabe sie an bestimmte Bedingungen knüpfen können.
Den Gemeinden obliegt auch die Abwicklung der Baugenehmigungsverfahren. Die Verbesserung der Verwaltungseffizienz kann zu einer beschleunigten Bebauung beitragen, soweit die Strukturen der öffentlichen Verwaltung dies zulassen. Erste Schritte zur Verbesserung der rechtlichen Voraussetzungen wurden bereits durch das Wohnungsbauerleichterungsgesetz geschaffen. Es muß abgewartet werden, ob die konsequente Anwendung dieses Instrumentariums zu einer effektiven Beschleunigung der Verfahren beitragen kann Die entscheidenden Impulse müssen unabhängig davon von einer Straffung der Verwaltungsarbeit und einer verbesserten Koordination sowohl zwischen den Ämtern als auch zwischen Verwaltung und Bauträgern (bzw.den Akteuren des Wohnungsmarktes) ausgehen.
3. Baulandausweisung und -mobilisierung
Die wichtigste kommunale Kompetenz liegt in der Planungshoheit. Die Ausweisung von Bauland ist eine originäre Aufgabe der Gemeinden. Dennoch schränkt die Flächenknappheit vor allem in den großstädtischen Kommunen auch diese Kompetenz de facto ein (wobei der Boden in den meisten süddeutschen Großstädten noch knapper ist als in den norddeutschen). Auch sind die ausgewiesenen Flächen keineswegs vollständig verfügbar (Planer rechnen mit einer Mobilisierungsrate von 60 bis 65 Prozent) und die angebotenen Grundstücke für ein kostengünstiges Bauen zu teuer. Eine Bodenvorratspolitik der Gemeinden findet wegen der fehlenden finanziellen Mittel kaum noch statt, so daß sich die Flächenressourcen der Liegenschaftsämter ständig verringern. Eine Chance zum Erwerb preisgünstiger Bauflächen durch die Kommunen besteht im neugefaßten gesetzlichen Instrumentarium der städtebaulichen Entwicklungssatzung, die eine Abschöpfung der Bodenwertsteigerung während einer Planungsphase erlaubt. Auch wenn hierzu bislang noch wenig Erfahrungen vorliegen, weist das Instrument doch in die richtige Richtung.
V. Neue Instrumente für die Kommunen?
Alle beschriebenen Instrumente ermöglichen nur eine Grobsteuerung des Wohnungsmarkts. Investitionen können erleichtert, das Abschmelzen des billigen Wohnungsbestandes kann verlangsamt werden. Bebauungspläne erlauben eine begrenzte Einflußnahme auf Wohnformen (Eigenheim-oder Mehrfamilienhausbau, Maß der Verdichtung). Verantwortlich für das Wohnungsangebot sind die Bauträger; hier können die Gemeinden nur indirekt über ihre kommunalen Wohnungsbaugesellschaften eingreifen, die jedoch als formal selbständige Unternehmen nur einer Kontrolle des Trägers, aber keiner unmittelbaren Einflußnahme unterliegen.
Sollen die Kommunen in Zukunft in die Lage versetzt werden, ein ausreichendes Angebot für die verschiedenen Bedarfe zur Verfügung zu stellen, müßte vor allem ihre finanzielle Situation verbessert werden -in Verbindung mit mehr Kompetenzen, die ihnen im Gegenzug eine stärkere Verpflichtung zur Steuerung des Wohnungsmarkts auferlegen. Eine Ausweitung der vorhandenen Regulierungsinstrumentarien muß im Bereich des Bodenrechts gefordert werden, um die noch vorhandenen Flächen wieder für einen preiswerten Wohnungsbau für die „breiten Schichten des Volkes“ (II. Wohnungsbaugesetz § 1, Abs. 1) verfügbar zu machen.
Entscheidend für eine nachhaltige Entspannung auf dem Wohnungsmarkt ist eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Wohnungsbaus, da nur über den Neubau eine Entlastung des Nachfragedrucks erreicht werden kann. Neben dem sozialen Wohnungsbau muß auch der freifinanzierte Wohnungsbau angekurbelt werden, um die Ansprüche der einkommensstarken Bevölkerungsschichten zu befriedigen und deren Ausweichen auf den für den preiswerten Wohnungsmarkt essentiellen Althausbestand zu vermeiden.
VI. Die Situation in den neuen Ländern
Die neuen Länder stehen im Augenblick noch vor völlig anderen Problemlagen, da hier, anders als im Westen, fast die gesamte Bevölkerung von Versorgungsdefiziten betroffen ist. Das Versorgungsniveau ist sowohl hinsichtlich der Ausstattung als auch der Wohnfläche pro Person nicht mit dem in den alten Ländern vergleichbar Dennoch haben sich auch in der ehemaligen DDR die Formen des Zusammenlebens verändert, die Haushalte sind kleiner geworden, die Haushaltsformen haben sich ausdifferenziert Diesem gesellschaftlichen Wandel muß bei zukünftigen Planungen Rechnung getragen werden.
Für die nächste Zukunft wird die Ankurbelung des Neubaus (für alle Wohnformen) und die Sanierung des Bestandes auf ein angemessenes, aber -um Preissprünge zu vermeiden -nicht zu hohes Niveau erforderlich sein Auch wenn das bisherige Mietniveau sicher nicht zu halten sein wird, sollten die in den alten Ländern gemachten Fehler vermieden werden: den preiswerten Wohnungsbestand durch die Zielvorgabe eines sehr hohen Ausstattungsniveaus zu gefährden. Allerdings werden erhebliche Investitionen nötig sein, um auch für einkommensstarke Gruppen ein Angebot zu schaffen, das in den neuen Ländern bislang fast völlig fehlt. Insofern muß eine differenzierte Anwendung des Bestandsschutzes gefordert werden.