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Der soziale Wohnungsbau. Sein Beitrag und seine Grenzen für eine soziale Wohnungspolitik | APuZ 8-9/1993 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 8-9/1993 Wohnungspolitik im geeinten Deutschland. Problemlagen und Entwicklungsperspektiven Wohnungsversorgung in der Bundesrepublik Deutschland Der soziale Wohnungsbau. Sein Beitrag und seine Grenzen für eine soziale Wohnungspolitik Wohnzufriedenheit, Wohnpräferenzen und ihre Umsetzung in kommunale Wohnungspolitik Wohnzufriedenheit, Wohnpräferenzen und ihre Umsetzung in kommunale Wohnungspolitik

Der soziale Wohnungsbau. Sein Beitrag und seine Grenzen für eine soziale Wohnungspolitik

Mario Riege

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der soziale Wohnungsbau scheint vor dem Hintergrund akuter Wohnungsnot eine Renaissance zu erfahren. Dies läßt die Würdigung seiner Erfolge, aber auch die Analyse seiner Defizite wichtig werden. Der Beitrag stellt zunächst Ziele, Instrumente und Wirkungen des sozialen Wohnungsbaus der fünfziger Jahre dar. In einem zweiten Teil werden die aus der ordnungspolitischen Grundorientierung des sozialen Wohnungsbaus resultierenden Veränderungen in den Förderungsinstrumentarien beschrieben wie auch die zunehmenden Verschiebungen in den Objekten: Eigenheimbau zu Lasten des sozialen Mietwohnungsbaus. Die aus diesen Entwicklungen folgenden Probleme sowie die ungenügende Anpassung an veränderte Lebensformen und Wohnbedürfnisse haben den sozialen Wohnungsbau vor allem seit Ende der siebziger Jahre zunehmend in Mißkredit gebracht. Im abschließenden Teil wird kurz auf das Verhältnis zwischen sozialem Wohnungsbau und anderen Formen der Wohnungsbauförderung eingegangen: Die Verlagerung der öffentlichen Mittel auf Steuervergünstigungen haben den sozialen Wohnungsbau wie aber auch eine an sozialen Zielsetzungen orientierte Wohnungspolitik insgesamt entscheidend geschwächt.

I. Vorbemerkungen

Abbildung 1: Bewilligte Sozialwohnungen nach dem 1. Förderungsweg 1950-1987 Abbildung 1: Bewilligte Sozialwohnungen nach dem 1. Förderungsweg 1950 -1987 Quelle: Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg (Anm. 1), S. 305.

Als Ende der achtziger Jahre Wohnungsknappheit und Wohnungsnot wachsender Teile der Bevölkerung von der Politik endlich zur Kenntnis genommen wurden, erfuhr auch der soziale Wohnungsbau eine Renaissance. Nun bildete sein Rückgang zweifellos einen Grund für die Wohnungsnot und insofern war stärkeres staatliches Engagement im Wohnungssektor eine folgerichtige Reaktion auf die entstandene Mangelsituation. Jedoch lagen und liegen die Probleme tiefer; sie bestehen nicht nur im zu geringen Umfang des sozialen Wohnungsbaus, sondern in Strukturproblemen, die ihn selbst, aber auch sein Umfeld -d. h. die staatliche Wohnungsbauförderung insgesamt -kennzeichnen. Diese Strukturprobleme sind nicht neu, und sie waren seit langem thematisiert worden: Finanzielle und soziale Verzerrungen, Unzufriedenheit mit der Qualität und Gestaltung, Kritik an bürokratischer Verwaltung hatten den sozialen Wohnungsbau in Mißkredit gebracht. Jedoch bestanden diese Probleme nicht von Anfang an -zumindest nicht manifest. Offensichtlich sind also Veränderungen erfolgt, durch die das einstmals erfolgreichste Instrument zur Beseitigung der enormen Wohnungsnot der Nachkriegszeit sukzessive geschwächt und in seinen Zielsetzungen sogar konterkariert worden war.

Im folgenden sollen daher erstens Ziele, Instrumente und Wirkungen des sozialen Wohnungsbaus vor allem der „ersten Generation“ (fünfziger Jahre) dargestellt werden. In einem zweiten Schritt werden die Probleme aufgezeigt, die sich aus der ordnungspolitischen Grundorientierung des sozialen Wohnungsbaus und den damit verbundenen Veränderungen in den Instrumentarien einerseits, aus der ungenügenden Anpassung an veränderte gesellschaftliche Bedingungen andererseits ergeben haben Schließlich wird im abschließenden dritten Teil das Verhältnis zwischen sozialem Wohnungsbau und anderen Instrumenten staatlicher Wohnungsbauförderung einer kritischen Betrachtung unterzogen.

II. Der soziale Wohnungsbau -zentraler Pfeiler des deutschen Wohnungswunders

1. Sozialer Wohnungsbau als öffentliche Aufgabe

Die Bewältigung der enormen Wohnungsnot der Nachkriegszeit (mehr als sechs Millionen Wohnungen Fehlbestand) war nur möglich unter der Bedingung rascher und umfassender staatlicher Eingriffe in den Wohnungssektor. Diese betrafen zum einen die Wohnraumbewirtschaftung der noch vorhandenen rund neun Millionen Altbauwohnungen, d. h. die Kontrolle der Wohnungsbelegungen und der Mieten durch kommunale Wohnungsämter. Sie betrafen zum anderen die schnelle und nachhaltige Ankurbelung des Wohnungsneubaus. Als Kernstück der Wohnungsneubaupolitik galt der soziale Wohnungsbau, d. h.der mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungsbau, der in der Tat wesentlichen Anteil an der Neubautätigkeit in der ersten Nachkriegsperiode gehabt hat. Das erste Wohnungsbaugesetz von 1950 macht die Förderung des Wohnungsbaus -im Gesetz selbst als in-haltliches und zeitliches Programm konkretisiert -zur gesetzlichen Pflicht. „Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände haben den Wohnungsbau unter besonderer Bevorzugung des Baues von Wohnungen, die nach Größe, Ausstattung und Miete (Lasten) für die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet sind (sozialer Wohnungsbau), als vordringliche Aufgabe zu fördern mit dem Ziel, daß innerhalb von 6 Jahren möglichst 1, 8 Mio. Wohnungen dieser Art geschaffen werden...“, heißt es in Paragraph 1 des ersten Wohnungsbaugesetzes. Vor allem in den ersten Jahren wurde ein Teil dieser Wohnungen bevorzugt an Vertriebene und Kriegssachgeschädigte vergeben, daneben gab es den Bergarbeiterwohnungsbau als Sonderform des sozialen Wohnungsbaus

Entsprechend der marktwirtschaftlichen Grundorientierung der damaligen Regierung war der soziale Wohnungsbau nicht als Wohnungsbau unter direkter öffentlicher Regie, d. h. als direkt vom Staat, von den Kommunen betriebener Wohnungsbau, konzipiert. Vielmehr bestand er aus einem System von öffentlichen Zuwendungen, mit denen die jeweiligen Bauherren (private Haushalte, gemeinnützige und freie Wohnungsunternehmen) subventioniert wurden und die gebunden waren an Richtlinien über die Belegung von Wohnungen (im wesentlichen Einkommensbegrenzungen), an Mietobergrenzen (Richtsatzmiete nach dem ersten und Kostenmiete nach dem zweiten Wohnungsbaugesetz) sowie an bestimmte Ausstattungsstandards Die staatlichen Maßnahmen im Wohnungssektor sollten somit die private Bautätigkeit unterstützen bzw. anreizen und die soziale Tragbarkeit sicherstellen. Sie sollten jedoch nicht -zumindest nicht auf Dauer -den Markt als zentrale Regulierungsinstanz außer Kraft setzen.

Schon im ersten Wohnungsbaugesetz war eine Vielzahl öffentlicher Förderungsarten vorgesehen, und diese bezogen sich auch nicht nur auf den sozialen Wohnungsbau. In der Anwendung lassen sich drei größere Etappen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in Art und Umfang der Förderung unterscheiden: die Förderung durch zinslose Darlehen, durch Aufwandsdarlehen und die Förderung über den sogenannten zweiten Förderungsweg (s. u.). Diese unterschiedlichen For-men der öffentlichen Mittelvergabe beinhalten zu-gleich unterschiedliche Grade der öffentlichen Kontrolle im Wohnungsangebot, setzen also bereits erste Vorbedingungen für die Herausbildung von Teilmärkten und unterschiedlichen Begünstigungen innerhalb der öffentlichen Förderung. In den fünfziger Jahren bildete die Vergabe unmittelbar staatlicher, zinsloser bzw. zinsverbilligter Darlehen für den sozialen Wohnungsbau das wichtigste Förderungsinstrument. Diese Form der finanziellen Unterstützung des Wohnungsneubaus war allerdings von vornherein nur als Übergangslösung für den Zeitraum geplant, in dem privates Kapital noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stand. Mit dem zweiten Wohnungsbaugesetz des Jahres 1956 wurde dieser Zielsetzung entsprechend ein schrittweise immer größerer Anteil der Sozialwohnungen mit Aufwandssubventionen -d. h. durch Subventionierung der am Kapitalmarkt entstandenen Zins-und Tilgungskosten -gefördert; außerdem gewann der -steuerbegünstigte Wohnungsbau an Gewicht. Dieser wird seit 1966 als sogenannter zweiter Förderungsweg zum sozialen Wohnungsbau gezählt; zeitweilig liegt die Anzahl der hierüber bezuschußten Wohnungen über derjenigen des ersten, „klassischen“ Förderungswegs

2. Das deutsche Wohnungswunder: rascher Abbau der Wohnungsnot in der Nachkriegszeit

Trotz dieser frühzeitigen „Aufweichungen“ des ursprünglichen Förderungssystems des sozialen Wohnungsbaus existierte ein beachtlicher gesellschaftlicher Fonds für die Wohnungsversorgung. In den fünfziger Jahren wurden im Schnitt jährlich zwischen 500000 und 600000 Wohnungen erstellt, mehrheitlich im sozialen Wohnungsbau (vgl. Abbildung!).

Das Niveau von jährlich 500 000 bis 600 000 Neubauwohnungen wurde auch in den sechziger Jahren aufrechterhalten, bei allerdings sukzessive abnehmendem Anteil des sozialen Wohnungsbaus und bei allmählich zunehmendem „Wohnungsabgang“ durch Abriß und Umwidmung. Auch wenn Ende der sechziger Jahre immer noch ein rechnerisches Defizit von mindestens zwei Millionen bestand war die Wohnungsversorgung als massen-haftes Problem erledigt. Der unmittelbare Problemdruck der Nachkriegszeit, überhaupt eine Wohnung zu haben bzw. aus den extrem beengten, oft mit anderen Familien oder Personen geteilten Wohnverhältnissen in eine eigene Wohnung zu kommen, war schnell und erfolgreich abgebaut worden, und hieran hatte der soziale Wohnungsbau einen wesentlichen Anteil.

3. Verbesserung der Wohnqualität für breite Bevölkerungsschichten

Die Behebung der Wohnungsnot in der Bundesrepublik Deutschland ist von einer kontinuierlichen#Verbesserung der Wohnqualität begleitet gewesen, bezogen auf Wohnungsgröße und Wohnungsausstattung. 1950 standen im Bundesdurchschnitt pro Person 15 Quadratmeter Wohnfläche und 0, Räume zur Verfügung. Die Entwicklung der Neubautätigkeit und die Möglichkeit für viele Haushalte, eine eigene Wohnung zu beziehen, führte bis 1968 zur Erhöhung dieser Durchschnittswerte auf 24 Quadratmeter Wohnfläche und 1, 0 Wohnräume pro Person. Gleichzeitig wurden die Ausstattungsmerkmale der Wohnungen verbessert. Hatten 1950 noch 80 Prozent der damals überwiegenden Altbauwohnungen kein Bad, so waren es 1968 nur noch knapp 30 Prozent, umgekehrt waren zu diesem Zeitpunkt bereits 30 Prozent mit WC, Bad und Sammelheizung ausgestattet 6.

Diese Durchschnittswerte setzten sich allerdings aus sozial unterschiedlich ausgeprägten Wohnqualitäten zusammen. Dennoch gilt festzuhalten, daß gerade in den fünfziger und sechziger Jahren Wohnstandards verallgemeinert wurden, die in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg noch das Privileg der höheren Einkommensschichten gewesen waren. Hieran hatte der soziale Wohnungsbau mit seinen vorgeschriebenen Ausstattungsmerkmalen einen erheblichen Anteil. Die heute so überaus deutliche Polarisierung in der Wohnqualität hat sich nachhaltig vor allem seit Ende der siebziger Jahre entwickelt, nicht zufällig also in einem Zeitraum, in dem der soziale Wohnungsbau seinen prägenden Einfluß auf die Wohnungsbauentwicklung weitgehend eingebüßt hatte.

Zusammenfassend kann der soziale Wohnungsbau in seiner Bedeutung für die Beseitigung des dramatischen Wohnungsmangels nach dem Zweiten Weltkrieg als sehr erfolgreich eingeschätzt werden. Seine gesetzliche Verankerung als öffentliche Aufgabe mit eigenem Förderungssystem hat zu enormen quantitativen Neubauleistungen geführt, und mit seinen Richtlinien ist eine Wohnqualität durchgesetzt und verallgemeinert worden, die für viele Haushalte deutlich spürbare Verbesserungen der Wohn-und Lebensbedingungen bedeutet hat. Entsprechend hoch war die allgemeine Zustimmung. Jedoch sind in allen drei angesprochenen Dimensionen bereits „Sprengsätze“ für die zukünftig abgeschwächte Wirkung des sozialen Wohnungsbaus, für seine zunehmenden Defizite und Widersprüche enthalten.

III. Sozialer Wohnungsbau -Defizite und Grenzen

1. Das Förderungssystem -Strukturmerkmale und spätere Folgen

Der soziale Wohnungsbau bundesrepublikanischer Prägung bedeutete von Anfang an nicht Wohnungsproduktion unter staatlicher Regie. Im Unterschied zu anderen Ländern ist der Anteil des unmittelbar in öffentlicher Hand befindlichen Wohnungsbaus -vor allem in Gestalt eines kommunalen Wohnungsbaus -in der BRD immer sehr niedrig gewesen Der soziale Wohnungsbau bestand vielmehr aus einem System von öffentlichen Zuwendungen, mit denen die jeweiligen Bauherren subventioniert wurden und die an die beschriebenen Auflagen geknüpft waren. Das bedeutet, daß in die Wohnungsproduktion und deren Preisbildung, wie sie sich über die drei beteiligten Wirtschaftsbereiche (Grundeigentum, Bauwirt-Schaft, Kapitalmarkt) vollzieht, selbst nicht eingegriffen worden ist -jedenfalls nicht nachhaltig. Die beiden einzigen Formen, mit denen die Kostenstruktur der Neubautätigkeit beeinflußt und d. h. effektiv gesenkt werden konnte -die zinsverbilligten oder zinslosen Darlehen sowie die Bereitstellung von Bauland -, waren in nennenswertem Umfang nur in den fünfziger Jahren praktiziert worden. Sie wurden sukzessive durch andere, die Marktkosten subventionierende Förderformen abgelöst. In diesem Verzicht auf eine direkte und nachhaltige Kontrolle der Kostenbildung des Wohnungsbaus waren die Bedingungen für die später aufbrechenden Probleme von Anfang an angelegt: Preis-und Mietsteigerungen, Ungleichheiten zwischen dem sozialen Wohnungsbau unterschiedlicher Jahrgänge.

Die vor allem in den siebziger Jahren aufgekommene Kritik am teuren und schlecht funktionierenden sozialen Wohnungsbau trifft somit einen sehr richtigen Punkt Jedoch scheint mir eher ein Zuwenig als ein Zuviel an staatlicher Kontrolle die Ursache für diese Entwicklungen gewesen zu sein. Dies gilt auch für die Fehlbelegungsproblematik, für den Tatbestand also, daß vor allem in den älteren Sozialwohnungen Mieter und Mieterinnen wohnen, die nach Einkommen und Haushaltsgröße oft nicht mehr den Bestimmungen des sozialen Wohnungsbaus entsprechen. Die Forderung nach einer einkommensbezogenen Miete hätte diese Ungerechtigkeiten erheblich mildem können, ist jedoch immer als „dirigistische Maßnahme“ abgelehnt worden. Die mittlerweile erhobenen Fehlbelegungsabgaben (einkommensabhängige Mietzuschläge) sind für spürbare Umschichtungen in der Regel zu niedrig, und sie beschränken sich auf die Sozialmietwohnungen, lassen die im sozialen Eigenheimbau ja ebenfalls stattgefundenen Einkommensanstiege also unberührt.

In das Förderungssystem des sozialen Wohnungsbaus ist seine spätere „Privatisierung“ in Form des sogenannten Bindungsauslaufs von Anfang an eingeschlossen gewesen: In dem Maße, wie die öffentlichen Zuwendungen zurückgezahlt werden, entfallen (innerhalb bestimmter Fristen) auch die daran gekoppelten Einschränkungen und Verpflichtungen, also in erster Linie die Vergabe an Wohnungsberechtigte und die Mietobergrenzen Dies betrifft zur Zeit die starken Baujahrgänge der fünfziger und sechziger Jahre und stellt eine wesentliche Ursache dar für den aktuellen und zukünftigen Mangel an preiswerten Mietwohnungen. Weitgehend übereinstimmend wird davon ausgegangen, daß von den rd. drei Millionen Mietwohnungen des sozialen Wohnungsbaus, die 1988 noch existierten, bis 1995 etwa die Hälfte und bis zum Jahr 2000 ca. zwei Drittel aus der Bindung herausfallen und damit privat vermietbar und verkaufbar sein werden Übrig bleiben dann vor allem diejenigen Bestände mit den höchsten Mieten und den teuersten Nachsubventionen sowie in teilweise wenig akzeptierten Siedlungsformen (Großsiedlungen).

Vor diesem Hintergrund wird die ganze Dramatik der Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit zum 1. Januar 1990 deutlich. Denn hiermit sind auch die für diesen Sektor geltenden Mietpreisbegrenzungen nach dem Kostenmietenprinzip entfallen; und zwar sowohl für die 2, 4 Millionen Sozialwohnungen der (ehemaligen) gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, die ja auch hier nach und nach aus den Bindungen herausfallen, als auch für die knapp eine Million freifinanzierter Wohnungen

2. Verlagerung der Förderung: Marktkompatibilität und Eigenheimbau

Ein Teil der Vorgänge, die in den achtziger Jahren als Deregulierung bezeichnet wurden, ist somit die Folge des im Charakter des sozialen Wohnungsbaus angelegten Automatismus. Damit ist die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus jedoch nicht hinreichend beschrieben -vielmehr erfolgten bereits in den fünfziger und verstärkt in den sechziger Jahren Veränderungen vor allem in zwei Richtungen: Zu nennen sind zum einen der relative Rückgang des sozialen Wohnungsbauvolumens und die zunehmende Marktkompatibilität der Förderungsinstrumentarien, zum anderen Strukturverschiebungen im sozialen Wohnungsbau selbst -in Form wachsender Eigenheimanteile und damit verknüpft die Öffnung der Förderung für mittlere Einkommensschichten.

Obwohl die Lage auf dem Wohnungsmarkt Mitte der fünfziger Jahre immer noch angespannt war, erschienen weitere rasche Verbesserungen in Reichweite Diese Erwartungen stützten sich auf die hohen Neubauraten während der Wirkungsperiode des ersten Wohnungsbaugesetzes und waren darüber hinaus eingebettet in den allgemein verbreiteten Optimismus des beginnenden „deutschen Wirtschaftswunders“ mit seinen hohen Wachstumsraten, der allmählichen Herstellung von Vollbeschäftigung und der kontinuierlichen Verbesserung des Lebensstandards. Vor diesem Hintergrund wird der breite Konsens für die weitere „Überführung der Wohnungswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft“ verständlich -trotz parlamentarischer Auseinandersetzungen um das zweite Wohnungsbaugesetz von 1956 (und später, 1960, um das sogenannte Abbaugesetz) und der Opposition von Deutschem Mieterbund und Gewerkschaften gegen die Schwächung öffentlicher Kontrolle über den Wohnungsbau. Ökonomisch war diese Orientierung durchsetzbar, weil inzwischen ein wachsender privater Kapitalmarkt bereitstand -sowohl die Sparkassen, Hypothekenbanken und Versicherungen als auch die privaten Bauherren konnten Teile der Wohnungsbaufinanzierung übernehmen. Entsprechend ging der Anteil öffentlicher Mittel an den gesamten Wohnungsbauinvestitionen von knapp der Hälfte 1950 aufgut ein Viertel 1956 zurück

Dieser Rückgang erfolgte im wesentlichen über die genannte Umstrukturierung der Förderung: Die zinslosen bzw. zinsverbilligten Darlehen wurden abgebaut zugunsten von staatlichen Zuschüssen für die Zins-und Tilgungslasten von Krediten, die auf dem privaten Kapitalmarkt aufgenommen wurden. „Mit weniger öffentlichen Mitteln weiterhin hohe Neubauzahlen fördern“, war die Devise, und in der Tat wurde auch in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre ein Jahresdurchschnitt von noch über 300000 geförderten Wohnungen erreicht. Diese Form der direkten Förderung als Subventionierung von Zinsund Tilgungskosten wurde auch in den folgenden Jahrzehnten beibehalten -in unterschiedlichen Varianten und in unterschiedlicher Gewichtung in den jeweiligen Länderprogrammen und bei insgesamt zurückgehendem Umfang der Sozialwohnungen

Mittelfristig erwies sich diese Subventionsform gerade unter Kostenaspekten als Bumerang: Zum einen waren Einsatz bzw. Wirksamkeit der öffentlichen Mittel den Bewegungen und Zinsentwicklungen des Kapitalmarktes untergeordnet -anstatt diesem, wie bei den direkten öffentlichen Baudarlehen, einen eigenen Fonds gegenüberzustellen; zum anderen waren mit den Rückzahlungen der Subventionen automatische Mietsprünge in die Kostenmieten eingebaut worden, die von den Haushalten immer weniger getragen werden konnten, sondern durch -oft mehrfache -Nachsubventionierungen wieder gedämpft werden mußten. (Dies betrifft noch nicht das Wohngeld). Diese Entwicklung bildete einen wichtigen Hintergrund für die Kritik am zu teuren sozialen Wohnungsbau und für seine zunehmend sinkende Akzeptanz Rückgang und Veränderungen in der direkten Förderung des sozialen Wohnungsbaus wurden in den kommenden Jahrzehnten begleitet bzw. „kompensiert“ von einer kontinuierlichen Zunahme der so-genannten indirekten Förderung von Wohnungsbaumaßnahmen in Form von Steuervergünstigungen (vgl. hierzu Gliederungspunkt IV.).

Das „Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet-und Wohnrecht“ von 1960, das „Abbaugesetz“ oder der sogenannte „Lückeplan“ (nach dem damaligen Wohnungsbauminister), betraf den sozialen Wohnungsbau nicht unmittelbar, jedoch seine Rahmenbedingungen. Ansatzpunkt des Abbaugesetzes waren die Verzerrungen, die sich im Verlauf der fünfziger Jahre auf dem Wohnungsmarkt herausgebildet hatten, denn dieser bestand inzwischen faktisch aus drei Teilmärkten: dem Markt der Altbauten, deren Mieten immer noch festgeschrieben und daher sehr niedrig waren, der neugebauten Sozial-wohnungen mit ebenfalls festgeschriebenen Mieten (Richtwert-bzw. Kostenmiete) und dem wachsenden Markt der freifinanzierten Neubauwohnungen mit den in dieser Periode höchsten Mieten. Neben den sozialen Ungerechtigkeiten, die es vor allem zwischen den billig wohnenden „Alteingesessenen“ und den Mietern im privaten Neubau gab (der Umfang des sozialen Wohnungsbaus reichte längst nicht für alle Wohnberechtigten aus), bestand die Gefahr, daß erhebliche Teile des Altbaubestandes durch unterlassene Reparaturen und Modernisierungen verfallen würden, da die geringen Mieten hohe Investitionen nicht zuließen bzw. nicht dazu anreizten.

Der beschrittene Weg, diesen Problemen entgegenzuwirken, folgte der dominierenden ordnungspolitischen Orientierung: Rücknahme staatlicher Regulierungen. Das Mitwirkungsrecht der Wohnungsämter bei der Neuvergabe freigewordener Altbauwohnungen sollte abgeschafft, der Kündigungsschutz für diesen Sektor gelockert werden, und es sollten schrittweise (nach festgelegten Bedingungen und Zeiteinheiten) die Mieten frei vereinbart werden können. Obwohl die allgemeine Durchsetzung des Abbaugesetzes sehr viel länger dauerte als ursprünglich vorgesehen -besonders die Großstädte waren weit entfernt von ausgeglichenen Wohnungsmärkten („Weiße Kreise“) -, führte es bereits in den sechziger Jahren zu hohen Mietsteigerungen. Die durchschnittliche Mietbelastung stieg von 9, 5 Prozent am Haushaltseinkommen Anfang der sechziger auf knapp 14 Prozent Ende der sechziger Jahre, mit erheblichen Streuungen zwischen den verschiedenen Haushaltstypen: Kleine und einkommensschwache Haushalte haben -damals wie heute -überdurchschnittliche Mietbelastungen zu tragen Das Abbaugesetz schuf ferner eine wichtige Grundlage für die ab Ende der siebziger Jahre in großem Maßstab einsetzenden Modernisierungen im Altbau mit z. T. extremen Mieterhöhungen und mit den beginnenden Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen als Folgen.

Bezogen auf die Struktur des sozialen Wohnungsbaus selbst wurden mit dem zweiten Wohnungsbaugesetz ebenfalls entscheidende Weichen gestellt. Sein Untertitel „Wohnungs-und Familienheimgesetz“ weist bereits darauf hin, daß neben der nach wie vor dringlichen Aufgabe der allgemeinen Wohnbauförderung weitere Ziele an Bedeutung gewannen. Diese betrafen die Förderung von Eigenheimen im Rahmen der Familienpolitik, die verstärkte Betonung von Qualitätsstandards sowie den Einsatz von Förderformen, die nicht mehr allein auf die Unterstützung privater Bauinvestitio-nen gerichtet, sondern auch an der allmählich einsetzenden Vermögenspolitik orientiert waren

Die unmittelbaren Effekte der expliziten Eigenheimförderung waren während der ersten Geltungsperiode des zweiten Wohnungsbaugesetzes eher gering. Mit dieser Orientierung und vor allem mit der damit einhergehenden Differenzierung der Förderungsformen sind jedoch Weichen gestellt worden, die in der Folge den Eigenheimbau (später auch Eigentumswohnungen) zum immer gewichtigeren Bestandteil des sozialen Wohnungsbaus werden ließen, in den achtziger Jahren zum dominierenden Teil. Machten Ende der fünfziger Jahre Eigenheime und Eigentumswohnungen rund ein Viertel des öffentlich geförderten Wohnungsbaus aus, so erhöhte sich ihr Anteil bis Mitte der siebziger Jahre auf knapp die Hälfte und in den achtziger Jahren teilweise auf zwei Drittel; erst seit 1989 werden wieder überwiegend Mietwohnungen gefördert Neben der zunehmenden Verlagerung der direkten Wohnungsbauförderung auf Aufwandssubventionen öffnete der Eigenheimbau den Weg für indirekte Förderungen in Form von Steuervergünstigungen -zunächst vorwiegend als grundsteuerbegünstigter Wohnungsbau, dann immer stärker durch Steuervergünstigungen auf der Basis des Einkommensteuerrechts. Dies bedeutete zugleich eine erhebliche Verschiebung der Begünstigten in Rich-tung mittlerer und höherer Einkommensschichten.

3. Wohnstandards -bürokratische Normierung statt Anpassung an neue Wohnbedürfnisse

Nicht zufällig war die Hinwendung zu verstärkter Eigenheimförderung -mit ihrer Veränderung der Förderinstrumentarien und der Ausweitung des Kreises der Begünstigten -die Phase, in der (wesentlich stärker noch als während des ersten Wohnungsbaugesetzes) bestimmte Mindeststandards an Wohnqualität durchgesetzt und die Qualitätsanforderungen selbst angehoben wurden. Diese betrafen die Wohnungsgröße und die für unterschiedliche Haushaltstypen vorgesehenen Raumzahlen sowie Ausstattungsstandards, in erster Linie WC, Bad, Sammelheizung und zunehmend Baikone.

Es gilt vor allem für die Wirkungsperiode des zweiten Wohnungsbaugesetzes, daß der soziale Wohnungsbau oft Vorreiter bei der Durchsetzung und Verallgemeinerung von Wohnstandards gewesen ist, an die sich der freifinanzierte Wohnungsneubau gewissermaßen anschloß -eine wohnungspolitische Leistung, die nicht hoch genug einzuschätzen ist. 1962 hatten bereits 97 Prozent aller neu erbauten Wohnungen Bad oder Dusche innerhalb der Wohnung; solchermaßen ausgestattete Wohnungen machten zu diesem Zeitpunkt knapp 55 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes aus. Sammelheizungen gehörten noch nicht zum allgemeinen Mindeststandard (1962 erst bei 43 Prozent der Neubauwohnungen), 1968 waren jedoch schon 30 Prozent aller Wohnungen mit Bad/WC und Sammelheizung ausgestattet, und Anfang der achtziger Jahre gut 90 Prozent aller Wohnungen mit Bad und WC und 73 Prozent mit einer Sammelheizung

Mit diesen Qualitätsentwicklungen im sozialen und freifinanzierten Wohnungsbau wurde die Kluft zu den Wohnstandards im Altbaubestand immer größer und auch der Unterschied zu den Sozialwohnungen der ersten Förderjahre. Es war absehbar, daß dieser Zustand nicht auf Dauer bestehen bleiben konnte; die ersten Abrißwellen begannen, erreichten jedoch beileibe noch nicht das Ausmaß der Sanierungs-und Modernisierungsprozesse der siebziger und achtziger Jahre. Da es sich hierbei um allgemeine Wohnstandards handelte, kamen immer breitere Bevölkerungsschichten in den Genuß dieser verbesserten Wohnqualität. Gleichwohl blieben schichtspezifische, d. h. im wesentlichen vom Einkommen und damit von der Mietbelastung abhängige Unterschiede bestehen. Dies betraf zum einen Unterschiede zwischen den Eigenheimbewohnern und den Mietern, zum anderen Unterschiede innerhalb des Mietwohnungsbaus.

Gemessen an den (damals) üblichen Qualitätskriterien war die Ausstattung und hier insbesondere Wohnfläche und Raumzahl bei den geförderten Eigenheimen im Durchschnitt besser als bei den Mietwohnungen. Hierin drücken sich die unterschiedlichen Förderkonditionen aus (der steuerbegünstigte Wohnungsbau -und dies ist in erster Linie Eigenheimbau -sieht Wohnflächen vor, die 20 Prozent über denen des sozialen Wohnungsbaus nach dem ersten Förderweg hegen), aber auch die ökonomische Situation derjenigen, die diese Förderung in Anspruch nahmen bzw. nehmen konnten. Trotz der oben betonten allgemeinen Anhebung der Wohnstandards blieb die konkrete Inanspruchnahme durch Schicht-und einkommensspezifische Unterschiede geprägt. Dies galt für die Verteilung von Mietwohnungen und Eigenheimen wie auch für die Unterschiede innerhalb der Mietwohnungen. Diese Entwicklungen verliefen nicht kontinuierlich: Nachdem vor allem in den sechziger Jahren der Abstand zwischen den Schichten geringer geworden war, wird er seit den siebziger und verstärkt in den achtziger Jahren wieder größer Die zunehmende Wohnungsversorgung über den Wohnungsmarkt, in dem der soziale Wohnungsbau nur noch einen -schwächer werdenden -Teil bildet, drückt sich somit in einkommenspezifischen Versorgungsdisparitäten aus, die für Marktabhängigkeiten immer charakteristisch sind.

Dies bedeutet allerdings nicht, daß innerhalb des sozialen Wohnungsbaus die Versorgung der schwächsten Marktteilnehmer problemlos erfolgt wäre. Im Gegenteil -aufgrund der hohen Neubau-kosten und der begrenzten öffentlichen Fördermittel waren selbst in den fünfziger Jahren die Sozial-mieten oft so hoch, daß sie von Wohnungssuchenden mit geringem Einkommen (d. h. in der Mittel-oder Unterlage der Berechtigungsgrenzen) nicht aufgebracht werden konnten. Als Reaktion darauf waren in das zweite Wohnungsbaugesetz „Wohnungssuchende mit geringen Einkommen“ (definiert als 20 Prozent unter der allgemeinen Einkommensgrenze der Wohnberechtigung) als besondere Zielgruppe aufgenommen worden, ohne daß allerdings gesonderte Mittel für die Förderung dieses Personenkreises ausgewiesen wurden.

Das Problem, daß selbst im sozialen Wohnungsbau die am stärksten Bedürftigen der Konkurrenz der „Normalberechtigten“ oft unterlagen, ist damit nicht gelöst worden. Es zieht sich durch die kommenden Jahrzehnte hindurch und führt vor allem seit den siebziger Jahren zur „begrifflichen“ Unterscheidung zwischen den „Problemgruppen des Wohnungsmarktes“ und der „Normalbevölkerung“. Dies ist im wesentlichen eine semantische Ummäntelung des Versagens einer sozialen Wohnungspolitik, der es nicht gelungen war -und immer weniger gelang -, die Minderbemittelten unter den breiten Schichten des Volkes ausreichend mit Wohnungen zu versorgen. Sozial-und gesellschaftspolitisch hat diese Entwicklung nicht unwesentlich zu den Segmentierungs-und Ausgrenzungsprozessen der achtziger und neunziger Jahre beigetragen und zur Verlagerung von Wohnungsproblemen auf soziale Einrichtungen und Institutionen der sozialen Arbeit.

Allmählich begannen sich jedoch auch Fehlentwicklungen anderer Art abzuzeichnen. So wichtig die Funktion verbindlicher Standards in den fünfziger und sechziger Jahren bezogen auf eine allgemeine Verbesserung der Wohnqualität gewesen ist, so hat doch ihre ungenügende Weiterentwicklung und ihre meist unflexible Handhabung verhindert, daß auf die geänderten Lebensformen und auf damit veränderte Wohn-und Wohnumfeldbedürfnisse entsprechend reagiert werden konnte. Dies betrifft vor allem den Rückgang der Kleinfamilie und die Zunahme von Ein-und Zweipersonenhaushalten, aber auch Veränderungen in der Lebensführung, die aus gestiegenen Einkommen, der erreichten sozialen Absicherung, der Zunahme an Freizeit sowie dem höheren Bildungs-und Qualifikationsniveau resultierten und die sich in veränderten Einstellungen zum Wohnen niederschlugen Gestiegen ist auch die Bedeutung der Wohnung als Raum, in dem frei verfügbare Zeit selbstbestimmt verbracht wird. Gestiegen ist ferner die Bedeutung der Wohnung als Arbeitsort bzw. die Wahrnehmung dieser Bedeutung. Dies umfaßt Hobbyarbeiten (nicht zuletzt an der Wohnung selbst), Bildungs-und Weiterbildungsaktivitäten und die Verrichtung beruflicher Tätigkeiten in der Wohnung. Es umfaßt vor allem die -verspätete -„Entdekkung“ der Wohnung als zentraler Arbeitsort für die Frauen: als ausschließlicher bei den Nicht-Berufstätigen und als wesentliche -erleichternde oder erschwerende -Rahmenbedingung berufstätiger Frauen, vor allem berufstätiger Mütter Gestiegen ist aber auch die Bedeutung des Wohnumfeldes, der Bedarf an kultureller und sozialer Infrastruktur. Zuzunehmen scheint inzwischen das Bedürfnis nach neuen Formen von Nachbarschaft und Gemeinschaftlichkeit -nicht bei allen, aber als unübersehbare Tendenz, in der sich die Defizite eines offensichtlich zu einseitigen Individualisierungsprozesses widerspiegeln. Und schließlich nehmen Forderungen nach wohngebietsnahen Arbeitsplätzen zu, in erster Linie bei den Frauen und hier insbesondere bei den (alleinerziehenden) Müttern. Dies alles sind Ansprüche, die das lange Zeit verfolgte Leitbild der strikten Funktionstrennung städtischen Lebens (Arbeit -Wohnen -Verkehr -Freizeit) und die vorrangige Orientierung der Wohnung an der Kernfamilie in Frage stellen.

An diesen einschneidenden Veränderungen in den Haushalts-und Lebensformen der bundesrepublikanischen Bevölkerung ist lange Zeit vorbeigebaut worden -auch und gerade im sozialen Wohnungsbau, und hier am krassesten in den Großsiedlungen an den Stadträndern. Mit den in Eigeninitiative organisierten Wohnprojekten und den Maßnahmen im experimentellen Wohnungs-und Städtebau sind inzwischen erste Schneisen in die durch DIN-Vorgaben, Verwaltungs-und Finanzierungsvorschriften und langjährige Gewohnheiten entstandenen Erstarrungen geschlagen worden Indem solche Projekte nicht nur die Bedeutung veränderter und anpaßbarer Wohnungsgrundrisse, der Mischung unterschiedlicher Wohnungsytypen, der Mitsprache der zukünftigen Nutzer und Nutzerinnen begründeten, sondern auch die Realisierbarkeit praktisch demonstrierten, haben sie wahre Pionierarbeit geleistet. Diese schließt auch die Erfahrung ein, daß derartiger Wohnungsbau keineswegs teurer sein muß, im Gegenteil, unter Berücksichtigung baulicher (Nachbesserung von Großsiedlungen!) und sozialer Folgekosten sogar billiger sein kann. Das ist z. B.der Fall, wenn alleinerziehende Mütter im Rahmen einer entsprechenden Infrastruktur oder gemeinschaftlicher Wohnformen arbeiten gehen können, anstatt Sozialhilfe beziehen zu müssen, oder wenn ältere oder behinderte Menschen in bedarfsgerechteren oder anpassungsfähigen Wohnungen länger in der alten Nachbarschaft bleiben können, anstatt auf institutionalisierte Hilfen angewiesen zu sein oder vorzeitig in Heime ziehen zu müssen.

Die Öffnung der Förderrichtlinien bzw.deren Anwendung in der Praxis für derartige Erkenntnisse und Entwicklungen ist gerade bei den gegenwärtig wieder erhöhten Wohnungsbauprogrammen drin-gend notwendig -werden damit doch Wohnungen gebaut, die die Lebensverhältnisse weit über das Jahr 2000 hinaus beeinflussen werden.

IV. Staatliche Wohnungsbaupolitik -vom sozialen Wohnungsbau zum Subventionsdschungel

Entwicklung und Probleme des sozialen Wohnungsbaus lassen sich nicht isoliert vom Verlauf der staatlichen" Wohnungsbauförderung insgesamt diskutieren. Die beschriebenen Verschiebungen in Förderformen und Wohnungsbautypen sind Ausdruck einer Wohnungsbaupolitik gewesen, die sich immer stärker als Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft verstanden wissen wollte Keineswegs bedeutete diese Entwicklung jedoch einen entsprechenden Rückgang der öffentlichen Mittel für den Wohnungsbausektor (jedenfalls nicht als kontinuierliche Tendenz), vielmehr eine Verlagerung öffentlicher Gelder in andere Formen der Subventionierung von Baumaßnahmen einerseits und der Absicherung der sozialen Tragbarkeit andererseits. Entfielen in den fünfziger Jahren noch über die Hälfte und in den sechziger Jahren noch fast die Hälfte der öffentlichen Wohnungsbaumittel auf den sozialen Wohnungsbau (einschließlich der Eigentumsmaßnahmen im sozialen Wohnungsbau), so verschieben sich in den siebziger und achtziger Jahren die Proportionen immer stärker in Richtung Steuervergünstigungen für die Eigentumsbildung, für Modernisierungsmaßnahmen sowie zum Wohngeld.

Das Wohngeld wird als sogenannte Subjektförderung von vielen als die beste, weil treffsicherste und ordnungspolitisch verträglichste Form öffentlicher Leistungen im Wohnungssektor betrachtet. Es war 1965 eingeführt worden zur Abmilderung der damals einsetzenden hohen Mietsteigerungen für untere Einkommensschichten und verzeichnete zunächst eine relativ langsame, seit den siebziger Jahren dann eine immer raschere Aufwärtsentwicklung. 1990 gab es in der alten BRD rd. 1, 8 Millionen Wohngeldempfänger, und die Wohngeldzahlungen lagen bei etwa vier Milliarden (Bund und Länder). Für die „Umstellung“ des Wohnungsmarktes in den neuen Bundesländern sind Sonderregelungen verabschiedet worden, die für 1992 einen Anstieg auf insgesamt 6 bis 8 Milliarden DM bedeuten werden Momentan kann auf das Wohngeld als Unterstützung zur Miete, als sozialpolitische Transferleistung also, natürlich auf keinen Fall verzichtet werden. Als wohnungspolitisches Förderungsmittel ist das Wohngeld jedoch auf Dauer perspektivlos, denn damit werden keinerlei Wohnungen neu geschaffen, sondern faktisch hohe Mieten stabilisiert. Für die öffentlichen Mittel, die hierfür eingesetzt werden -schon jetzt weit mehr als für den sozialen Wohnungsbau auf Bundesebene behält die öffentliche Hand keinen realen Gegenwert, es sind reine (verlorene) Zuschüsse.

Hinsichtlich der finanziellen Größenordnungen wie auch der wohnungspolitischen Effekte bilden die verschiedenen Formen der Steuervergünstigungen den inzwischen wichtigsten Teil der mit öffentlichen Mitteln betriebenen Wohnungsbauförderung. Vor diesem Hintergrund ist die Unterscheidung zwischen öffentlich gefördertem und freifinanziertem Wohnungsbau im Grunde genommen hinfällig; denn das, was jährlich an Steuervergünstigungen in den sogenannten freifinanzierten Wohnungsbau fließt, macht inzwischen ein Mehrfaches dessen aus, was als öffentliche Wohnungsbauförderung offiziell ausgewiesen wird

Steuervergünstigungen sind die sozial ungerechteste, ineffektivste und in vieler Hinsicht sogar eine kontraproduktive Förm der Förderung des Wohnungsbaus -jedenfalls dann, wenn diese der Wohnungsversorgung der breiten Schichten des Volkes zugute kommen soll: -Sie sind die sozial ungerechteste Form der Wohnungsbauförderung,'da die Effekte mit steigenden Einkommen und hohen Bau-oder Modernisierungskosten zunehmen und damit weit überproportional den höheren Einkommensschichten zugute kommen. -Sie sind am wenigsten mit Gestaltungsvorgaben zu verbinden. Steuerlich begünstigt werden Investitionen im Mietwohnungsbau, aber eben auch in Eigentümsmaßnahmen, in Komfort-wohnungen, überhaupt Kapitalanlagen in Im­ mobilien, bei denen die Nutzung sogar zweitrangig sein kann, und schließlich -und besonders fatal -auch Käufe und Modernisierungen von Wohnungen aus dem Bestand. Diese steuerlichen Anreize haben ganz entscheidend zu den Umwandlungen von (preiswerten) Mietwohnungen aus dem Altbaubestand in Eigentumswohnungen beigetragen. -Steuerlich angereizte Baumaßnahmen sind auch regional nicht beeinflußbar. Der am dringendsten benötigte preiswerte Mietwohnungsbau in den Ballungsräumen wird mit diesem „Förderweg“ am allerwenigsten sichergestellt. -Und sie sind am wenigsten kalkulierbar (obwohl es natürlich Erfahrungswerte gibt): Wer wofür Steuervergünstigungen beansprucht -oft im übrigen als reiner Mitnahmeeffekt -, ist letztlich immer erst hinterher feststellbar.

Zusammengefaßt heißt das: Mit der Verschiebung der öffentlichen Mittel im Wohnungsbau in Richtung Steuervergünstigungen wird vom Staat immer mehr Geld in den Wohnungsbausektor gesteckt, dies jedoch mit immer geringeren Einflußmöglichkeiten. Es wären somit gar nicht unbedingt höhere Summen notwendig, um eine soziale Wohnungspolitik im notwendigen Umfang betreiben zu können, sie müßten allerdings auf andere Weise eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund des Vereinigungsprozesses der BRD mit der DDR gewinnt diese Einschätzung zusätzliche Schärfe, kommen doch zu den Fehlbeständen in den alten Bundesländern die enormen Sanierungs-und Ersatzinvestitionen hinzu, die in den Wohnungsbeständen der neuen Bundesländer dringend notwendig sind. Wie in anderen Bereichen ist auch im Wohnungssektor das „Modell BRD“ auf die neuen Bundesländer „übertragen“ worden, ohne deren spezifische Strukturen und Traditionen (hier vor allem die noch anders gelagerten Besitzverhältnisse) zu berücksichtigen, was ein differenziertes Vorgehen erforderlich gemacht hätte.

Die Entwicklung von Wohnungsbauförderung und Wohnungsmarkt in der BRD wie auch die aktuelle Wohnungspolitik in den neuen Bundesländern verweisen auf eine grundsätzliche Problematik. Soziale Wohnungspolitik in einer Marktwirtschaft bewegt sich zwischen zwei im Grundsatz widersprüchlichen Orientierungen: Wohnung als Ware und Wohnung als soziales Gut. Alle Formen der Vermittlung zwischen diesen beiden Orientierungen sind kompliziert und in der Regel für die Gesellschaft auch teuer. Ein Großteil der Fehlentwicklungen gerade im sozialen Wohnungsbau ist Ausdruck solcher Vermittlungsversuche, die offensichtlichimmer weniger gelungen sind. Dieses grundsätzliche Problem stellt sich auch für perspektivische Überlegungen: Wie kann Wohnungspolitik als Sozialpolitik, d. h. in ihren öffentlich kontrollierten Gestaltungs-und Schutzfunktionen, wirksam werden, wenn zugleich die Grundsätze marktorientierten Investitionsverhaltens gelten sollen, Wohnungsbau also Wirtschafts-und Anlagebereich mit marktüblichen Gewinnspannen sein soll? Formulierungen wie „Wohnungspolitik als Wirtschaftsund Sozialpolitik“, „Sozialer Wohnungsbau in einer sozialen Marktwirtschaft“ klingen auf den ersten Blick überzeugend, verdecken aber dieses widersprüchliche Verhältnis.

Soziale Wohnungspolitik, d. h. Wohnungspolitik als sozialpolitische Daueraufgabe, muß danach beurteilt werden, wie effektiv und wie kostengünstig die eingesetzten Instrumentarien sind, um unter den gegebenen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Wohnungssektor dennoch die angestrebten Gestaltungs-und Schutzfunktionen wahrnehmen und langfristig sicherstellen zu können. Hier könnte und müßte auf die früheren Formen des sozialen Wohnungsbaus zurückgegriffen werden (wie dies in den Länder-und Kommunalprogrammen z. T. bereits geschieht), der mit seinen damaligen Förderinstrumenten tatsächlich einen langfristigen und kontrollierbaren Effekt der eingesetzten Gelder bewirkte und zugleich Dämme gegen privatwirtschaftliche Preismechanismen setzte. Wie wichtig eine derartige Umorientierung ist, zeigt der gegenwärtige Zustand, in dem die vermehrten wohnungspolitischen Anstrengungen der öffentlichen Hand zunehmend durch die immer rascher steigenden Bodenpreise und durch die hohen Kapitalmarktzinsen konterkariert werden. „Rückkehr“ zum klassischen sozialen Wohnungsbau muß natürlich Veränderungen in Gestaltung und Verfahren einschließen. Die Vorgabe von Mindeststandards wird gerade in Zeiten der Wohnungsnot und des vermehrten Rufs nach Schlichtwohnungen notwendig bleiben, diese müssen aber den neuen Lebens-und Wohnformen entsprechend angepaßt, generell flexibler gestaltet und in Richtung Bewohnermitbestimmung einerseits, Wohnumfeldstandards (soziale Infrastruktur, Ökologie) andererseits erweitert werden.

Weder Wohnqualität noch Belegungs-und Bindungskriterien müssen zwangsläufig so bürokratisch bestimmt und gehandhabt werden, wie dies in weiten Teilen des sozialen Wohnungsbaus der Fall gewesen ist. Das alte Prinzip der Wohnungsgemeinnützigkeit: je mehr Bindung, desto bereitwilliger und desto mehr öffentliche Leistungen, hat früher hervorragend funktioniert und könnte entsprechend reaktiviert werden. Es muß jedoch Untergrenzen geben, unterhalb derer sich der Einsatz öffentlicher Mittel nicht mehr lohnt.

Das seit Ende 1989 wieder verstärkte wohnungspolitische Engagement der Bundesregierung läßt eine Umorientierung gegenüber den bisherigen Leitlinien nicht erkennen -Angesichts des Bedarfs ist das bisher zur Verfügung und zukünftig in Aussicht gestellte Fördervolumen für den sozialen Wohnungsbau viel zu gering (rd. 2Mrd. DM pro Jahr). -Der von der Bundesregierung favorisierte und mit Druck auf die Länder durchgesetzte sog. „dritte Förderweg“ (vereinbarte Förderung mit relativ kurzen Bindungen) schreibt die negativen Erfahrungen mit dem Bindungsauslauf bereits jetzt für die Zukunft fest. Er ist im wesentlichen eine -kostspielige -zeitliche Verschiebung, die die nächste Runde wohnungspolitischer (Not-) Maßnahmen bereits vorprogrammiert. -Umgekehrt sind weder rechtliche noch finanzielle Maßnahmen erkennbar, die den nach wie vor fortschreitenden Bindungsauslauf in den Beständen zum Stoppen bringen könnten. Die Verlängerung der Nachwirkungsfrist verlangsamt diesen Prozeß etwas, kehrt ihn aber nicht um, so daß selbst bei zukünftig stärkerem Engagement im sozialen Wohnungsbau der Gesamtbestand weiter schrumpfen wird.

Es ist nicht Nostalgie, die angesichts dieser Perspektiven auf den „alten“ sozialen Wohnungsbau verweisen läßt; an kritischen Kommentierungen ist in der vorangegangenen Darstellung ja nicht gespart worden. Es ist vielmehr die Überzeugung, daß eine soziale Wohnungspolitik -soll sie auf Dauer gestellt und auf Dauer finanzierbar sein -um Eingriffe in den Markt nicht herumkommt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. In der hier gebotenen Kürze kann sich die Darstellung selbstverständlich nur auf Grundzüge beziehen. Ausführlichere Darstellungen finden sich etwa bei Friedrich O. Blütners/Axel Werner, Sozialer Wohnungsbau in der Krise -Sozialer Wohnungsbau in der Zukunft?, Stuttgart 1979; Renate Petzinger/Marlo Riege, Die neue Wohnungsnot. Wohnungswunder Bundesrepublik, Hamburg 1981; Karl-Heinz Peters, Wohnungspolitik am Scheideweg. Wohnungswesen, Wohnungswirtschaft, Wohnungspolitik, Berlin 1984; Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Im Auftrag des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, bearbeitet vom GEWOS Institut für Stadt-, Regional-und Wohnforschung GmbH Hamburg, Bonn 1990. Vgl. auch die Debatte des Deutschen Bundestages am 15. Januar 1993 über ein neues Wohnungsstatistikgesetz und über aktuelle Fragen in der Wohnungsbaupolitik, in: Das Parlament vom 29. Januar 1993, S. 8/9.

  2. Vgl. Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg (Anm. 1), S. 44f.

  3. Vgl. zur Problematik des Gleichheitsgrundsatzes in der Wohnungsbauförderung K. -H. Peters (Anm. 1), S. 167ff.

  4. Vgl. Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.), Haus und Wohnung im Spiegel der Statistik, Bonn 1991, S. 64; zur Entwicklung und Problematik der Förderungsentwicklung vgl. R. Petzinger/M. Riege (Anm. 1), S. 87ff.; K. -H. Peters (Anm. 1), S. 178ff.; Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg (Anm. 1), S. 35ff., 301 ff.

  5. 21, 8 Mio. Haushalte gegenüber 19, 8 Mio. Wohnungen; vgl. F. O. Blumers/A. Werner (Anm. 1), S. 18.

  6. Vgl. Ingrid Herlyn/Ulfert Herlyn, Wohnverhältnisse in der BRD, Frankfurt am Main-New York 1976, S. 46ff.; Wolfgang Glatzer, Wohnungsversorgung im Wohlfahrtstaat, Frankfurt am Main-New York 1980, S. 89, 95; F. Blumers/A. Werner (Anm. 1), S. 22; zur weiteren Entwicklung s. Gliederungspunkt III. 3

  7. Vgl. Walter Prigge/Wilfried Kalb, Sozialer Wohnungsbau im internationalen Vergleich, Frankfurt am Main, 1988.

  8. Vgl. z. B. Kurt H. Biedenkopf/Meinhard/Miegel, Wohnungsbau am Wendepunkt -Wohnungspolitik in der sozialen Marktwirtschaft, Bonn 1978; F. O. Blumers/A. Werner (Anm. 1), S. 9ff.; Roland Stimpel, Der verbaute Markt. Villenglück und Wohnungsnot, Frankfurt am Main 1990.

  9. Durch Zinsanhebungen und beschleunigte Tilgungen sind diese Bindungsfristen teilweise noch erheblich verkürzt worden -auch nach warnenden Hinweisen auf die Folgepro-bleme. Vgl. Jürgen Veser, Das Abschmelzen des Sozialwoh-nungsbestandes, in: Informationen zur Raumentwicklung, (1991) 5/6, S. 359-387.

  10. Vgl. Wohnungswirtschaftliche Informationen, (1990) 3, S. 11.

  11. Vgl. Mario Riege, Aufhebung der Wohnungsgemein- Die Deregulierung des Wohnungsmarktes schrei-tet voran, in: WSI-Mitteilungen, (1989) 9, S. 525-537.

  12. Im statistischen Durchschnitt kamen 1, 3 Haushalte auf eine Wohnung; 20 Prozent aller Haushalte wohnten noch zur Untermiete. Vgl. Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg (Anm. 1), S. 74.

  13. Bis Mitte der sechziger Jahre sank dieser Anteil auf 15 Prozent, in den 70er und 80er Jahren lag er zwischen 3, 5 und 6, 5 Prozent. Vgl. Hans Jörg Duvigneau/Ludwig Schöne-S. Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft in der Bun-11 Deutschland. Materialien Nr. 23 des Gesamtvernützigkeit. Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen, Köln 1989, S. 12.

  14. Wurden zwischen 1951 und 1955 jährlich noch rd. 340000 Wohnungen bewilligt, 65 Wohnungen pro 10000 Einwohner, so waren es zwischen 1961 und 1965 im Durchschnitt noch knapp 260000 Sozialwohnungen, zwischen 1966 und 1970 noch rd. 180000, zwischen 1971 und 1975 noch rd. 160000 und zwischen 1981 und 1985 nur noch rd. 90 000, 15 pro 10000 Einwohner. Bis 1988 ging die Zahl der bewilligten Sozialwohnungen auf rd. 40000 Wohnungen zurück -hieran war seit 1986 der Bund nicht mehr beteiligt. Vgl. Bundesministerium (Anm. 4), S. 64.

  15. Vgl. F. O. Blumers/A. Werner (Anm. 1), S. 11 ff., 23ff.; Rudi Ulbrich, Sozialer Wohnungsbau, Probleme und Lösungsvorschläge, in: Institut Wohnen und Umwelt (Hrsg.), Wohnungspolitik am Ende?, Opladen 1981, S. 60-73.

  16. Vgl. W. Glatzer (Anm. 6), S. 105f.; K. -H. Peters

  17. Der Bau von Ein-und Zweifamilienhäusern war auch schon im 1. Wohnungsbaugesetz vorgesehen, faktisch waren jedoch weit überwiegend Mietwohnungen durch große Wohnungsuntemehmen gebaut worden.

  18. Vgl. Bundesministerium (Anm. 4), S. 67.

  19. Vgl. Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg (Anm. 1), S. 121, 173, 255f.; vgl. auch den Beitrag von Rudi Ulbrich in diesem Heft.

  20. Vgl. W. Glatzer (Anm. 6), S. 86ff., 113 f.; I. Herlyn/U. Herlyn (Anm. 6), S. 46ff., 55; R. Petzinger/M. Riege (Anm. 1), S. 48ff.; Rudi Ulbrich, Entwicklung und Stand der Wohnungsversorgung, in: W. Prigge/W. Kaib (Anm. 7), S. 80-93; vgl. außerdem den Beitrag von Rudi Ulbrich in diesem Heft.

  21. Vgl. Walter Siebei, Wandlungen im Wohnverhalten, in: Joachim Brech (Hrsg.), Neue Wohnformen in Europa. Berichte des vierten internationalen Wohnbund-Kongresses in Hamburg, Bd. 1, Darmstadt 1989, S. 13-40; Erika Spiegel, Wohnungsneubau für wen? Neue Wohnbedarfe, neue Haushaltstypen und Veränderungen der Wohnungsnachfrage in den 90er Jahren, in: Beate Huke-Schubert (Hrsg.), Wohnen morgen -Wohnungsbau in den 90er Jahren, Darmstadt 1990, S. 173-195.

  22. Vgl. Kerstin Dörhöfer (Hrsg.), Stadt-Land-Frau. Soziologische Analysen -Feministische Planungsansätze, Freiburg i. Br. 1990; Barbara Martwich (Hrsg.), Frauenpläne. Stadtumbau, sozialer Wandel und Fraueninteressen, Darmstadt 1991.

  23. Zur Kritik vgl. z. B. Michael Wilkens, Stand der Technik -Stillstand der Technik. Über den „Zwangskonsum“ im sozialen Wohnungsbau, in: Wohnbund (Hrsg.), Wohnpolitische Innovationen ’ 92, Darmstadt 1992, S. 91-98; Mario Riege, Förderung bedarfsorientierten Wohnungsbaus, in: Wohnbund (Hrsg.), Wohnpolitische Innovationen '90, Darmstadt 1990; S. 59-69. In der Unterstützung, Vernetzung und Propagierung neuer Wohnformen engagiert sich in der BRD vor allem der WOHNBUND (Verein zur Förderung wohnungspolitischer Initiativen e. V). Vgl. J. Brech (Hrsg.) (Anm. 21); Wohnbund (Hrsg.), Wohnpolitische Innovationen '90, '91, '92, jeweils Darmstadt; Joachim Brech/Klaus Novy/Mario Riege, Gruppenbezogene Wohneigentumsformen. Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministers für Raum-ordnung, Bauwesen und Städtebau, Bonn 1990.

  24. Vgl. Bundesminister (Anm. 4), S. 80ff. M. Riege (Anm. 11).

  25. Vgl. ausführlicher R. Petzinger/M. Riege (Anm. 1);

  26. Verläßliche Angaben über die Gesamthöhe der jährlichen Steuervergünstigungen sind schwierig auszumachen. Nach den Subventionsberichten der Bundesregierung stieg die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus von 1, 2 Mrd. DM Mitte der sechziger Jahre über 2, 7 Mrd. DM Mitte der siebziger Jahre auf über 7 Mrd. DM 1992 (bei unterschiedlicher Gewichtung der Vergünstigungsarten); -im Vergleich: 1992 gibt der Bund rd. 2 Mrd. DM für den sozialen Wohnungsbau aus. Vgl. Bundesminister (Anm. 4), S. 77; anderen Untersuchungen zufolge -etwa denjenigen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung -liegen die Steuervergünstigungen wesentlich höher; z. B. DIW-Wochenberichte, (1985) 21 und (1991) 45.

  27. Dies betrifft die gesamte Wohnungsförderungspolitik, vor allem also die -trotz leichter Modifikationen -beibehaltene Schwerpunktsetzung auf den Steuervergünstigungen.

Weitere Inhalte

Mario Riege, Dr. rer. pol., geb. 1946; Professorin für Soziologie an der Fachhochschule Niederrhein, Krefeld/Mönchengladbach. Veröffentlichungen u. a.: (zus. mit Renate Petzinger) Die neue Wohnungsnot, Hamburg 1981; Wohnungspolitische Rahmenbedingungen der 90er Jahre, in: Wohnbund (Hrsg ), Wohnungspolitische Innovationen '90, Darmstadt 1990; Förderung bedarfsorientierten Wohnungsbaus, in: ebd.; (zus. mit Joachim Brech und Klaus Novy) Gruppenbezogene Wohneigentumsformen, Bonn 1990; Dimensionen und Perspektiven einer sozialen Wohnungspolitik, in: Franz Koch/Claus Reis (Hrsg.), Wohnungspolitik als Sozialpolitik, Frankfurt am Main 1993.