I. Die Wohnung: Wirtschaftsgut oder Sozialgut?
Vom „Wohnwert“ zu sprechen, hat doppelte Bedeutung: Einmal gehört die Möglichkeit, angemessen wohnen zu können, zu den elementaren Voraussetzungen eines freien und menschenwürdigen Daseins. Diesem Erfordernis tragen verfassungsrechtliche Normen Rechnung, die die Unverletzlichkeit der Wohnung garantieren (Artikel 13 Grundgesetz) oder die -wie jüngst in die neuen Landesverfassungen Ostdeutschlands mit aufgenommen -als Staatsziel die „Bereitstellung ausreichenden, menschenwürdigen Wohnraums zu angemessenen Bedingungen“ deklarieren Zum anderen ist unter marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Ware Wohnung ein geldwertes Tausch-und Anlageobjekt, das, zumal bei gegebener Wohnungsknappheit, am Markt zu vergleichsweise hohen Preisen gehandelt wird.
Weil der Daseinsgrundbedarf an Wohnraum nicht substituierbar ist, herrscht auf dem freien Wohnungsmarkt, außer in speziellen Teilmärkten (derzeit etwa bei Eigentumswohnungen mit gehobener Ausstattung), in der Regel ein Bedarfs-und Nachfrageüberhang, der den Wohnungsanbietern Marktvorteile verschafft. Auch temporäre Leer-stände, wie sie beispielsweise in der ersten Hälfte der achtziger Jahre selbst in Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus auftraten verdecken nicht, daß die Selbststeuerungskräfte des Wohnungsmarktes in der (alten) Bundesrepublik vor der öffentlichen Aufgabe versagen, preisgünstigen Wohnraum in ausreichender Zahl bereitzustellen bzw. zu erhalten. Zwar hat die Wohnungsversorgung einen auch international vergleichbar hohen Standard erreicht, welcher der ganz überwiegenden Mehrheit der Bundesbürger gute bis komfortable Wohnverhältnisse ermöglicht. Aber die hohen Kosten für Bauplanung, Bauerrichtung und Modernisierung, für Fremdfinanzierung und rasant verteuertes Wohnbauland, das im letzten Jahr in Ballungsräumen bis zu 50 Prozent im Preis gestiegen ist, erfordern einen enormen Einsatz von langfristig gebundenem Kapital. Aus Sicht der Investoren rechnet sich dies nur dann, wenn Verkaufspreise, Anfangsmietpreise und Mieterhöhungen entsprechend hoch angesetzt werden.
Hohe Grundmieten sind für einkommensschwache Haushalte kaum erschwinglich. Kommt es überdies zu einer Situation, in der etliche bedarfssteigemde Faktoren Zusammentreffen, entsteht gerade auf dem wichtigen Teilmarkt des preisgünstigen Mietwohnraums ein erhöhter Nachfrage-druck. Dies ist die Situation im Westen Deutschlands der späten achtziger und ersten neunziger Jahre. Einerseits sind hohe Zuwanderungsraten und ein weiter expandierendes Haushaltsgründungsverhalten zu registrieren (zwischen Mai 1987 und April 1990 stieg die Zahl der Haushalte von rd. 26, 2 Millionen auf ca. 28, 17 Millionen an andererseits fallen ältere Sozialmietwohnungsbestände infolge des planmäßigen oder vorzeitigen Auslaufens der Bindungsfrist aus der Mietpreis-bzw. Belegungsbindung sukzessive heraus (jährlich schätzungsweise rd. 150000). Erschwerend kommt hinzu, daß sich der Bund 1986 bis 1988 mit dem Argument, der Markt sei gesättigt, aus der Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus völlig zurückgezogen hatte
Die Folgen des Marktversagens, das zugleich ein Versagen der Wohnungspo/trifc signalisiert, bilanziert die Bundesregierung inzwischen selbst nüchtern: „Engpässe in der Wohnraumversorgung bestehen inzwischen in allen Regionen. Sie sind in Ballungsräumen besonders ausgeprägt. Besonders schwierig ist die Wohnungssuche für Alleinerziehende mit mehreren Kindern, kinderreiche Familien und Ausländer.“ Hinzuzufügen ist, daß, ebenfalls lt. Information der Bundesregierung, in den alten Bundesländern etwa 830000 Obdachlose leben. Für die neuen Länder wird die Zahl der potentiell obdachlosen Personen auf rd. 200000 geschätzt.
Angesichts der neuen Wohnungsnot, die sich in Ballungsräumen noch zuspitzen dürfte (so prognostiziert eine GEWOS-Studie zum Beispiel für die Region München bis zum Ende des Jahrtausends Mietpreise von 30 DM bis 50 DM pro Quadratmeter, bei jährlichen Steigerungsraten von sieben bis acht Prozent stellt sich auch unter marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Frage, ob „das Gut Wohnung entweder ein Wirtschafts-oder ein Sozialgut ist“
II. Unterschiedliche Optionen staatlicher Wohnbauförderung
Die unterschiedlichen Zielgrößen profitabler Verwertung und sozialgebundener Anbietung von Wohnraum miteinander auszubalancieren, fällt in den Aufgabenbereich staatlicher bzw. kommunaler Wohnungspolitik. Daß es auch unter marktwirtschaftlichen Vorzeichen im sozial sensiblen Wohnungssektor öffentlicher Förderung und Intervention bedarf, ist weithin unumstritten. Ordnungspolitisch kontrovers ist hingegen, inwieweit die öffentliche Hand eine eher eigentums-oder eher mietbedarfsorientierte Förderlinie verfolgen soll.
Eine eher der Eigentumsförderung verpflichtete Wohnungspolitik, wie sie vom Bund seit 1983 verstärkt praktiziert wird, setzt auf die Liberalisierung und Deregulierung des Wohnungsmarktes. Die zur Beseitigung der Wohnungsengpässe notwendigen Mengeneffekte im Wohnungsneubau sollen durch Mobilisierung von zusätzlichem privatem Anlagekapital erzielt werden. Die Anreizpalette reicht dabei von Steuervergünstigungen über Direktsubventionen für Bauwillige (z. B. bei Modernisierung im Altbaubestand oder eigengenutztem Neubau) bis hin zur Lockerung des Mietrechts, die den Wohnungseigentümem gewisse „Deregulierungsrenten“ verheißt. Dieser ordnungspolitischen Strategie unterliegt die Annahme, daß Engpässe am Wohnungsmarkt am ehesten beseitigt werden können, wenn privaten Investoren erhöhte Renditeaussichten eröffnet werden.
Der Vorteil gegenüber der direkten Objektförderung im Mietwohnungsbau (erster Förderweg) wird darin gesehen, daß der Förderaufwand für eine Wohneigentumsmaßnahme um ein Mehrfaches unter dem für sozialen Mietwohnungsbau erforderlichen Mitteleinsatz liege. Folglich erlaube die eigentumsbezogene Förderungsvariante (zweiter Förderweg) einen effizienteren und auch zielgenaueren Einsatz knapper öffentlicher Gelder. Jeder neue Eigentümer scheide außerdem als Mitbewerber auf dem Mietwohnungsmarkt aus und mache häufig eine preisgünstige Mietwohnung für einkommensschwächere Nachfrager frei Der sozialen Komponente sucht man durch einkommensabhängige Gestaltung der Förderkriterien Rechnung zu tragen (so z. B. bei der sog. vereinbarten Förderung im dritten Förderungsweg nach § 88d des II. Wohnungsbaugesetzes). Finanzielle Härten, die nachfrageseitig durch erhöhte Wohnkostenbelastungen einkommensschwächerer Haushalte entstehen, sollen durch die direkte Subjektförderung der Wohnungsbenutzer (Wohngeld) abgefedert werden.
Skizziert sind hiermit wesentliche Zielgrößen einer vorrangig eigentums-bzw. vermögenspolitisch ausgelegten „Politik der Angebotsausweitung“, die allerdings keine Neuerfindung der konservativliberalen Bundesregierung ist. Steuerpolitische Anreizprogramme, die auf die Belebung des freifinanzierten Wohnhaus abzielen, datieren vielmehr bereits aus der Zeit der sozialliberalen Koalition. So wurde etwa zum 1. Januar 1977 der Kauf eigengenutzter Altbauwohnungen von der Grundsteuer befreit sowie der Steuerbonus nach § 7b (heute § 10e) Einkommensteuergesetz auf den Altbaubestand übertragen. Um der Angebotsausweitung zusätzliche Impulse zu geben, lockerte die neue Bonner Koalition 1983 die geltenden Mietrechtsbestimmungen durch Einführung von Staffelmieten, zeitlich befristeten Mietverträgen und Änderung der Vergleichsmietenvorschriften. Des weiteren wurde die indirekte Förderung, die im Kern steuerliche Abschreibungserleichterungen vorsieht, ausgeweitet. Die objektbezogene Direktför-derung, bei welcher die öffentlichen Mittel zur (Mit) Finanzierung von Neubauten, für laufende Aufwendungen in der Nutzungsphase und für Modemisierungsmaßnahmen eingesetzt werden, wurde hingegen im Volumen zurückgefahren und auf Eigentümervorhaben umgeschichtet
III. Zweimaliges Umsteuern der Wohnbauförderung
1. 1986: Bund stellt Subventionen für den sozialen Mietwohnungsbau ein
Kennzeichnend für das nach dem Regierungswechsel von 1982 eingeleitete Umsteuem in der Wohnungspolitik war insbesondere der vorübergehende völlige Rückzug des Bundes aus der Objektförderung im Mietwohnungsbau. 1986 hatte der Bund die Subventionen für den sozialen Mietwohnungsbau eingestellt. Dies hatte zur Folge, daß auch die Länder ihre Komplementärförderung vermehrt auf eigentumsbildende Bauvorhaben hin ausrichteten. Die Haushaltspläne des Bundes enthielten für die Jahre 1985 bis 1988 die Maßgabe, die Finanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau ausschließlich für Eigentumsmaßnahmen (Familienheime, selbstgenutzte Eigentumswohnungen) einzusetzen. Unter dem Eindruck des wachsenden Nachfrageüberhangs wurden 1989 die Förderziele neuerlich korrigiert. Der Bund sah sich genötigt, ein Wohnungsbau-Sofortprogramm aufzulegen. Die direkte Förderung des Mietwohnungsneubaus (erster Förderweg) wurde 1989 wiederaufgenommen.
2. 1989: Bund nimmt Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus wieder auf
a) Erster und zweiter versus neu geschaffener dritter Förderweg Allerdings werden die aufgestockten Finanzhilfen seither größtenteils für den neugeschaffenen dritten Förderungsweg bereitgestellt. Im Unterschied zum ersten Förderungsweg mit seinen langfristigen Mietpreis-und Belegungsbindungen sind hierbei die Bindungsfristen deutlich kürzer, je nach Bundesland zehn, zwölf, teilweise auch 25 Jahre. Zudem können im Zuge der vereinbarten Förderung die Sozialmietsätze flexibler, d. h. nach Einkommen differenziert, festgelegt und stärker an den Marktmieten ausgerichtet werden. Mit Einrichtung des dritten Weges waren drei Erwartungen verknüpft: Erstens sollten auch Haushalte, deren Einkommen die Berechtigungsgrenzen des ersten Förderweges überschreiten, Zugang zu Sozialmietwohnungen erhalten. Auf diese Weise hoffte man, das Problem der Fehlbelegungen (die schätzungsweise 30 Prozent im Sozialwohnungsbestand ausmachen) zu reduzieren und Tendenzen sozialer „Entmischung“ in Sozialwohnungsbereichen abzuschwächen. Zweitens sollte zusätzliches Privatkapital für den sozialen Wohnungsbau erschlossen werden, denn: „Ein Teil der in Frage kommenden Investoren ist nicht bereit, die für Sozialwohnungen im 1. Förderungsweg üblichen Bindungsfristen von mehr als 30Jahren zu übernehmen.“ Drittens wurde eine breitere Streuung der Fördereffekte kalkuliert, da das Finanzvolumen des dritten Weges (derzeit rd. 60000 DM Grundförderung pro Wohneinheit) sich theoretisch auf eine größere Zahl von Förderobjekten verteilen läßt
Von der Regierungskoalition als eine Art Königsweg zur Belebung des freifinanzierten und dennoch sozialgebundenen Wohnungsbaus propagiert, hat sich der dritte Förderungsweg bislang für den angespannten Teilmarkt preisgünstiger Mietwohnungen nicht wirklich entlastend ausgewirkt. Die Bundesregierung reklamiert als Erfolg, daß infolge der aufgestockten Finanzhilfen die Zahl der 1991 geförderten Sozialwohnungen mit knapp 94000 (darunter über zwei Drittel Mietwohnungen) die Vergleichsrate des Jahres 1988 um das Zweieinhalbfache übersteigt. Demgegenüber belegen kommunale Erfahrungsberichte, daß die im dritten Förderungsweg bereitgestellten Mittel in Ballungsräumen nur zögerlich abgerufen werden, weil sich aufgrund der hier hohen Baukosten die pro Wohneinheit durchschnittlich zugeteilten 840 DM pro Quadratmeter für private Investoren nicht rechnen Im April dieses Jahres hat der Deutsche Städtetag bemängelt, daß die im dritten Weg geförderten Bestände Mietsprünge verursachten und hohe Nachsubventionen erforderten, wolle man diesen Wöhnraum dem Teilmarkt preiswerter Angebote erhalten. Die in der Städtetagsentschließung formulierte Forderung, den ersten Förderungsweg des sozialen Mietwohnungsbaus mit seinen langfristigen Mietpreis-und Sozialbindungen, trotz höherer Objektsubventionierung, wieder vorrangig zu bedienen, wird in der Praxis offenbar zumindest teilweise schon realisiert. Die Bundesländer setzen nämlich die vom Bund für den dritten Weg bereitgestellten Zuschüsse partiell zu den Bedingungen des ersten und zweiten Förderungsweges ein
Gemessen an der Akzeptanz des dritten Förderwegs bei Immobilien-Anlegem, hat die Einführung des Instruments der vereinbarten Förderung institutioneile und private Investoren nicht dazu bewegen können, ihre Zurückhaltung im Mietwohnungsbau aufzugeben. Hierzu tragen gestiegene Baukosten, das bis vor kurzem hohe Zinsniveau bei Hypotheken und das knappe Angebot an Bauland sowie dessen exorbitante Verteuerung in Ballungsräumen mit bei. Gleichzeitig wird der preisgünstige Mietwohnungsbestand weiter ausgedünnt: Ältere Sozialwohnungen fallen aus der Bindung, weil viele Eigentümer die ihnen 1983 vom Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit nutzen, öffentliche Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen. Zum anderen hat die 1977 eingeführte Ausweitung der Steuerförderung auf den Erwerb von Altbestand (§ 7b EStG) zwar die Aufwertung und Sanierung von Innenstadt-Wohnlagen vorangebracht, zugleich aber eine Tendenz zur Umwandlung von Miet-in Eigentumswohnungen freigesetzt, die Altmieter aus gewachsenen Wohnstrukturen verdrängt und zur Vernichtung von Mietwohnungsbeständen führt (dazu ausführlich unten). Dem Teilmarkt für preiswerte Mietwohnungen gehen durch Umwandlung jährlich schätzungsweise ca. 100000 Wohneinheiten verloren. Schließlich sind auch die durch Förderung von Wohneigentum erhofften Sickereffekte im Mietwohnungsbestand hinter den Erwartungen zurückgeblieben, denn bei der Wiedervermietung von Altbauwohnungen treten überdurchschnittliche Mietsprünge ein, die 1989 und 1990 in Großstädten bei 12 bzw. 13 Prozent lagen b) Korrektur wohnungspolitischer Versäumnisse Angebotsorientierte Wohnungspolitik kann sich ersichtlich nicht auf den Ausbau des dritten Förde-rungsweges beschränken. Sie muß vielmehr die zum Teil von ihr selbst induzierten Versäumnisse und Fehlentwicklungen in dreifacher Richtung korrigieren: erstens durch neuerliche Aufstockung der direkten Mietbausubventionen im ersten Förderungsweg, zweitens durch gesetzliche Bestandssicherung im Mietwohnungsaltbau und drittens durch die Erschließung zusätzlicher Baulandreserven, die derzeit z. T. in spekulativer Absicht gehortet werden. Doch scheint die Bundesregierung für entsprechende Gesetzesvofschläge nach wie vor nur bedingt aufgeschlossen zu sein. Im Entwurf zum Wohnbaulandgesetz, das vom Bauministerium erarbeitet wird, ist das zunächst vorgesehene „zonierte gemeindliche Satzungsrecht“ weggefallen (Stand: Januar 1993). Dieses soll Gemeinden eine rechtliche Handhabe geben, baureife, unbebaute Grundstücke mit einer erhöhten Grundsteuer zu belegen Denn es fehlt an verfügbarem Bauland, nicht aber nur, wie häufig behauptet wird, an Baulandausweisungen (in Bayern könnten den Erhebungen der Obersten Baubehörde in München zufolge auf der Basis rechtskräftiger Bebauungspläne 240000 Wohneinheiten sofort gebaut werden).
Immerhin soll der in den neuen Bundesländern praktizierte „Vorhaben-und Erschließungsplan“, der Investitionsplanungen beschleunigt, auch im Westen eingeführt werden. Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme soll Dauerrecht werden. Darüber hinaus beabsichtigt die Koalition offenbar, wie auch von der Mehrheit des Bundesrates gefordert, durch Ergänzung des Baugesetzbuches die Umwandlung von Miet-in Eigentumswohnungen von einem kommunalen Genehmigungsvorbehalt abhängig zu machen
IV. Kein Bekenntnisstreit „Markt gegen Staat“
Der inzwischen erreichte Stand im Gesetzgebungsprozeß zeigt beispielhaft, daß die wohnungspolitische Auseinandersetzung nicht auf der Ebene eines holzschnittartig ideologisierten Schlagabtausches „Markt gegen Staat“ geführt wird. Wie für Anhänger einer liberalisierten Wohnungspolitik der weitere Einsatz öffentlicher Fördermittel grundsätzlich nicht in Frage steht, so gehen umgekehrt Befürworter verschärfter regulativer Maßnahmen davon aus, daß der Nachfragestau bei preisgünstigen Mietwohnungen nur durch die Kombination öffentlicher Förderung und freier Finanzierung abgebaut werden kann.
Unterhalb des marktwirtschaftlichen Minimalkonsenses ist indes eine doppelte Konfliktlinie erkennbar: Wohnungspolitik wird einerseits primär als Vermögens-, andererseits als Versorgimgspolitik definiert. Je nach Nähe zur einen oder anderen dieser Zielvorgaben fallen die Vorstellungen über Ausmaß, Intensität und Richtung öffentlicher Förderung und rechtlicher Eingriffe unterschiedlich aus. Vermögensorientierte Wohnungspolitik soll vor allem günstige Rahmenbedingungen für private Investoren schaffen. Favorisiert werden folglich staatliche bzw. kommunale Anreizprogramme, beispielsweise auch der gezielte Einsatz von öffentlichen Finanzhilfen für bauwillige Mieterhaushalte, die „an der Schwelle zur Eigentumsbildung stehen“, aber über den förderungsfähigen Einkommensgrenzen liegen Versorgungsorientierte Wohnungspolitik setzt bei Fördermodellen den Schwerpunkt bei langfristigen Sozialbindungen und räumt beispielsweise der Mieterschutzgesetzgebung (etwa durch Minderung der Kappungsgrenze) Priorität ein.
Wohnungspolitische Positionen sind weder immer durch Parteigrenzen markiert, noch folgen sie auf Bundesebene durchgehend der klassischen Frontstellung zwischen Regierung(smajorität) und parlamentarischer Opposition. Statt dessen sind wiederum zwei Muster politischer Bündnis-und Konfliktkonstellationen erkennbar: Auf der Ebene des für die Wohnungsgesetzgebung zuständigen Bundes verläuft die horizontale Konfliktlinie zwischen Regierungsmehrheit und Oppositionsfraktionen, aber auch koalitionsintern zwischen CDU/CSU und FDP. Vertikal, d. h. durch Abstimmung unterschiedlicher Politikebenen, formiert sich bedarfs-weise eine parteiübergreifende Große Fachkoalition, die eine Mehrheit der für die Wohnbauförderungsbestimmungen zuständigen Länder, CDU/CSU-und SPD-regierte Städte sowie wohnungspolitische Experten der großen Parteien umfaßt. Diese Allianz versucht derzeit zum Beispiel, die gesetzliche Beschränkung der Umwandlungsspekulation durchzusetzen.
V. Die besondere Betroffenheit der Kommunalpolitik
Gerade die Kommunen, und hier speziell große Städte, fordern eine deutliche Belebung des sozialen Mietwohnungsbaus und zusätzliche baurechtliche Instrumente zur Baubelebung und Bestandssicherung. Dieses ausgeprägte kommunale Regelungsinteresse erklärt sich aus der besonderen Betroffenheit und Zuständigkeit der lokalen Ebene im Politikfeld Wohnen: a) Den Gemeinden ist innerhalb ihrer Gemarkungsgrenzen die Planungshoheit übertragen.
In Ausführung dieser Befugnis entscheiden sie durch Aufstellung von Flächennutzungs-und Bebauungsplänen über Zuwächse bzw. Veränderungen im Wohnflächenbestand (Ausweisung und Erschließung von Bauland, Nachverdichtung). b) Es ist Sache kommunaler Organe, die vorhandenen rechtlichen Instrumente zur Neubauförderung, Sicherung des Wohnungsbestandes und Erhaltung preisgünstigen Wohnraums kraft eigener Satzung bzw. im örtlichen Verwaltungsvollzug praktisch umzusetzen. Dabei werden Mängel und Lücken dieses Instrumentariums unmittelbar spürbar. So weist z. B.der Münchner Armutsbericht 1991 auf ungleiche Verteilungschancen als Folge der bestehenden Förderungskriterien hin: „ 45 Prozent der direkten und indirekten Wohnungsbausubventionen fließen dem obersten Fünftel der Einkommensbereiche zu, dem unteren Fünftel aber nur fünf Prozent.“ c)
Die kommunal anwendbaren Instrumente zur Wohnbauförderung und -Sicherung sind vielfältig. Sie umfassen u. a. die Anwendung gesetzlicher Vorkaufsrechte (§§ 24ff. Baugesetzbuch/BauGB), die Erhaltungssatzung (§ 172 Bundesbaugesetz/BBauG) und das Zweckentfremdungsverbot, ferner Maßnahmen kommunaler Liegenschaftspolitik (Bodenbevorratung, Abschöpfung von Bodenwertsteigerungen durch Anwendung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach § 165 BBauG), außerdem die Wohnungsaufsicht (Mietpreisüberwachung, Belegungskontrolle, Erhebung der Fehlbelegungsabgabe) sowie die Verbesserung der Bestandsnutzung (kommunale Sozialwohnungs-Vermittlung, Umzugsprämien, Belegrechte und Mietzuschüsse). Auch das Wohngeld wird in Ausübung staatlicher Auftragsverwaltung von kommunalen Stellen ausgezahlt. d) In den Kommunen sind die Auswirkungen und sozialen Folgewirkungen der neuen Wohnungsnot auch stadträumlich direkt fühlbar. Die eingetretene Spaltung des Wohnungsmarktes in innerstädtische „Wohlstandszonen“ des gehobenen Bedarfs, in suburbane Eigenheimsiedlungen und in einen kritischen Teilmarkt für erschwingliche Mietwohnungen hat für die Stadtbevölkerung sozialkulturell bedenkliche Folgen: In Innenstadtquartieren, die im Zuge der Luxusmodernisierung von Altbaubeständen aufgewertet werden, kommt es infolge der Vertreibung alteingesessener Bewohner zur „Entmischung“ gewachsener Sozialstrukturen. Zudem sehen sich sog. Problemgruppen des Wohnungsmarktes, zu denen in wachsendem Ausmaß auch Angehörige der unteren Mittelschicht stoßen, zunehmend auf Großwohnsiedlungen am Stadtrand verwiesen, die mit Sozialbindungen bzw. kommunalen Belegrechten ausgestattet und gerade noch bezahlbar sind. Hier entstehen im Gefolge der sozial-räumlichen Marginalisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen neue „Armutsinseln“, wo sich das Betroffensein durch Arbeitslosigkeit oder niedriges Einkommen, durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten (bei Alleinerziehenden) und Wohnungsnot gleichsam kumuliert e) In urbanen Ballungsräumen sind nicht allein sozial und finanziell schwache Schichten auf den Mietwohnungsmarkt angewiesen. Vielmehr wohnt die Großstadtbevölkerung insgesamt ganz überwiegend zur Miete. Die Eigentumsquoten -z. B. in Berlin 19Prozent, in Frankfurt am Main 12, 3 Prozent, in München 17, 8 Prozent -liegen beträchtlich unter dem westdeutschen Durchschnittswert von etwa 40 Prozent Auch dies erklärt, daß städtische Wohnungspolitik traditionell auf den Mietwohnungsbau hin ausgerichtet ist. f) Der Druck auf die kommunalen Akteure in Rat und Verwaltung ist auch deshalb besonders nachhaltig, weil Wohnungssuchende gewöhnlich zuerst die Kommunalpolitik als Verursacherin des Mangels ausmachen und verantwortlich machen Bedenkt man, daß etwa allein in Nürnberg zur Jahreswende 1991/92 knapp 27000 Wohnungssuchende mit Anspruch auf eine Sozialwohnung vorgemerkt waren, so wird deutlich, daß das Mengenproblem der Wohnungsnot durchaus auch eine wahlpolitische Dimension hat. Unsicherheit und Unzufriedenheit, die sich infolge der Unterversorgung mit Wohnraum örtlich aufstauen, bergen für die gewählten Kommunalvertreter das Risiko politischen Vertrauensentzugs, was sich bei Wahlen in Stimmverlusten niederschlagen und sich zur Legitimationsschwäche des kommunalen Parteiensystems ausweiten kann. Für die Bremer Bürgerschaftswahlen 1987 und 1991 zeigt eine eben erschienene Studie statistische Zusammenhänge auf zwischen der Lebens-und Wohnsituation in Unterschicht-Sozialwohnungsquartieren, die von sozialer „Entmischung“ betroffen sind, und überdurchschnittlichen Wahlpräferenzen für rechtsextreme Parteien Auch aus vitalem politischen Eigeninteresse formieren sich also großstädtische Kommunalpolitiker aus CDU/CSU und SPD wiederholt zu wohnungspolitischen Frühwam-Allianzen gegenüber Bund und Ländern. Und umgekehrt ist es nicht nur das wirtschaftsliberale Credo der FDP, sondern auch deren relativ geringe kommunale Verankerung, die dieser Partei den hinhaltenden Widerstand gegen eine strengere Regulierung des Wohnungsmarktes erleichtern. g) Kommunale Wohnungsunternehmen erfüllen seit jeher bei der Versorgung der Bevölkerung mit preisgünstigen Mietwohnungen eine erstrangige Funktion. Im Jahr 1987 hielten Gemeinden und Gemeindeverbände über ihre 310 gemeinnützigen Unternehmen etwa eine Million Wohnungen. Weil diese Bauträger einen großen Bestand an Sozialwohnungen Vorhalten, bilden sie, wie zu Recht betont wird, gegenüber anderen Anbietergruppen ein auch sozialpolitisch wichtiges Korrektiv. „Insbesondere bei der Bereitstellung von Wohnraum für Bürger mit geringem Einkommen, für alte Menschen oder kinderreiche Familien etc. kommt der kommunalen gemeinnützigen Wohnungswirtschaft eine Schlüsselstellung zu." Im folgenden wird zunächst anhand der Umwandlungsproblematik der Handlungsspielraum der Kommunen exemplarisch dargestellt. Der danach folgende Abschnitt befaßt sich mit der speziellen Situation der Wohnungspolitik in den neuen Bundesländern.
VI. Die Problematik der Umwandlung von Altbaumietwohnungen in Eigentumswohnungen
Am 30. Juni 1992 hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes eine Entscheidung gefällt, mit der die Umwandlung von Altbaumietwohnungen wieder erleichtert wurde. Bis dahin hatten die Kommunen, auf der Suche nach Möglichkeiten gegen die Umwandlung von Mietin Eigentumswohnungen, mit der bautechnisch begründeten Verweigerung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen eine Hilfskonstruktion entdeckt, wodurch sich seit 1988 die Zahl dieser Vorgänge auf ein Drittel und weniger im Vergleich zu den Vorjahren reduziert hatte.
1. Zur Vorgeschichte
Im Gefolge der Umorientierung von der Neubauauf die Bestandspolitik hatte sich seit Mitte der siebziger Jahre ein Gebrauchtwohnungsmarkt entwickelt. Diese Entwicklung wurde durch die Öffnung des Bauherrenparagraphen (§ 7b, heute § 10e Einkommensteuergesetz) begünstigt und führte innerhalb kurzer Zeit zu einer Aufwertung (Gentrification) des Altbaubestandes, verbunden mit einem Verdrängungsprozeß der alten Mieter. So wurden in München in den achtziger Jahren über 50000 preisgünstige Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt, in Nürnberg waren es über 10000. Daß diese Regelung vor allem zu Lasten der Neubautätigkeit ging, belegen die Zahlen für Wuppertal. Dort entstanden drei von vier Eigentumswohnungen 1980 bis 1989 durch Umwandlungen
2. „Münchner Linie“ gegen mieterverdrängenden Umwandlungsprozeß
Um die mietpreistreibenden und mieterverdrängenden Umwandlungen wenigstens abzubremsen, änderte die Landeshauptstadt München Mitte der achtziger Jahre ihre Entscheidungspraxis bei der Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung, die für die Aufteilung des Wohnungsbestandes erforderlich ist. Erteilt wurde sie nur noch dann, wenn der Antragsteller belegen konnte, daß die Wohnungen den heute gültigen Bauvorschriften hinsichtlich Brand-, Wärme-und Schallschutz entsprechen
Nachdem diese Rechtsauffassung der sog. „Münchner Linie“ u. a. vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden war, besaßen die Kommunen ein wirksames Instrument „im Kampf gegen die Umwandlungsspekulation“. Da die meisten Altbauten den heute gültigen baurechtlichen Normen nicht entsprechen, wurden Umwandlungen wegen der erforderlichen kostenaufwendigen bautechnischen Nachrüstung wirtschaftlich unattraktiv. Dank der Münchner Linie kamen die Umwandlungen bundesweit fast zum Erliegen. In München, einem Brennpunkt des Umwandlungsgeschehens, waren zwischen 1981 und 1988 41734 Abgeschlossenheitsbescheinigungen erteilt worden, im Jahresdurchschnitt also mehr als 5 000, im Jahr 1991 dagegen nur noch 991. Ähnlich stark war der Rückgang in den anderen Großstädten; in Stuttgart z. B. verringerte sich die Zahl der Umwandlungen von 1478 im Jahr 1989 auf 270 bzw. 207 Wohneinheiten in den Jahren 1990 und 1991
3. Erneute Erleichterung von Umwandlungen durch Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes verwarf jedoch 1992 die strenge Verwaltungspraxis der Münchner Linie aus rechtssystematischen Gründen. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Beschlusses erhob sich auf kommunaler Ebene ein heftiger Proteststurm. Die Städte forderten den Gesetzgeber auf, umgehend mit einer Mietrechtsnovelle zu reagieren. Sie befürchten eine beispiellose \yelle der Umwandlungsspekulation. Tatsächlich ist die Zahl der Anträge auf Erteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen in den großen Städten stark angestiegen. In Hamburg wurden im dritten Quartal 1992 2612 Anträge gestellt gegenüber 674 Bescheinigungen im gesamten Jahr 1991. Noch steiler ist der Anstieg in Mannheim (1375 zu 118) und Nürnberg (2741 zu 332). München registrierte von Juli bis Ende Okto ber 5115 Anträge gegenüber nur 991 (Neubauten eingeschlossen) im Jahr 1991
Im Gegensatz zum Bauministerium, das diesen Anstieg auch auf den Umwandlungsstau, bedingt durch die jahrelange restriktive Verwaltungspraxis, zurückführt, rechnet der Berliner Bausenator für die nächsten zwei Jahre mit 20000 Umwandlungen; in München werden insgesamt 200000 Wohnungen als umwandlungsgefährdet angesehen. Für die alten Bundesländer schätzt der Deutsche Mieterbund eine Zahl von über einer Million Wohnungen. Die sozialen Probleme eines neuen Umwandlungsbooms wären heute sehr viel gravierender als noch in den achtziger Jahren. Die inzwischen herrschende Wohnungsnot wird zusätzlich verschärft auf dem preisgünstigen Marktsegment durch das gehäufte Auslaufen von Sozialbindungen im älteren, preisgünstigeren Wohnungsbestand. Ohne gesetzlichen Bestandsschutz werden gerade diese Bestände Objekt künftiger Luxusmodernisierung durch Umwandlung sein.
Der Bundesrat hat am 27. November 1992 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches (Mietsicherungsgesetz) vorgelegt, der die Münchner Linie faktisch absichern soll. Danach soll die Umwandlung in Zukunft einem Genehmigungsvorbehalt unterliegen, allerdings nur für Wohnungen, die vor dem 1. Januar 1992 errichtet wurden, und nur in Gemeinden mit erhöhtem Wohnbedarf.
Im Gegensatz zu den Kommunen und den wohnungspolitischen Sprechern der großen Parteien sehen die der FDP angehörenden Justiz-und Bauministerinnen des Bundes, Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger und Irmgard Schwaetzer, keinen Handlungsbedarf. Sie verweisen auf die bereits von drei auf fünf Jahre verlängerte Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen. Diese Auffassung steht in krassem Gegensatz zur kommunalen Wirklichkeit. Allein in der Stadt Nürnberg wurden im Jahr 1986 1568 meist preiswerte Mietwohnungen umgewandelt Von den umwandlungsbetroffenen Haushalten haben nur 11 Prozent der (meist einkommensstärkeren) Haushalte die Wohnung gekauft. Dagegen wurden 35 Prozent aller Haushalte bereits innerhalb von zwölf Monaten nach der Umwandlung eigenen Angaben zufolge aus ihrer Woh nung verdrängt; im Laufe eines weiteren Jahres erhöhte sich dieser Anteil auf 49 Prozent. Schwerpunkte der Umwandlungen waren die innenstadtnah gelegenen Altbauwohnungen und die Bestände der Wiederaufbauphase mit einem hohen Anteil von Sozialwohnungen. Allgemein ist zu beobachten: Je älter der Wohnungsbestand, desto höher die Verdrängungsrate. Verdrängungsgründe waren vor allem ungerechtfertigte Kündigungen, Mieterhöhungen oder aufwendige Modernisierungen, aber auch bloße Ankündigungen solcher Maßnahmen, bisweilen verbunden mit massivem Druck seitens der Umwandler.
4. Die Folgen: Verdrängung der Mieter durch Umwandlung und Verknappung preiswerten Wohnraums
Umwandlungsverdrängt wurden vor allem sozialund einkommensschwache, insbesondere ältere Haushalte. Etwa die Hälfte von ihnen hat die mit dem Umzug verbundenen, z. T. erheblich höheren Mietkosten der neuen Wohnung durch eine kleinere Wohnungsgröße kompensieren müssen; etwa ein Drittel der einkommensschwachen Haushalte wurde in sog. Armutsinseln verdrängt. Im Mittel erhöhte sich die Nettomietbelastung der verdrängten Haushalte von 19 auf 30 Prozent. Aber auch die verbliebenen Altmieter waren von Mieterhöhungen betroffen (im Schnitt um 32 Prozent). Bei den als Mieter oder als selbstnutzende Eigentümer neu zugezogenen Haushalten handelt es sich dagegen fast ausschließlich um ausgesprochen zahlungskräftige Haushalte mit einem hohen Anteil kinderloser jüngerer und mittlerer Altersgruppen. Gemessen an der sozialen Schichtzugehörigkeit, dem ökonomischen Potential und den Lebenszyklusphasen bewirken die Umwandlungen innerhalb kürzester Zeit eine völlige Umschichtung der Haushalts-und Sozialstruktur.
Insgesamt bestätigt das Nürnberger Fallbeispiel, daß Umwandlungen -zusammen mit anderen Faktoren (Mietrechtsänderungen, Rückführung der direkten Wohnungsbauförderung, Auslaufen der Sozialbindungen etc.) -ganz wesentlich zur Verknappung preiswerten Wohnraums und damit zur Verschärfung der Wohnungsnot einkommensschwächerer Haushalte beitragen.
Auch eine nochmalige Verlängerung der Sperrfrist wäre kein wirksamer Schutz der Mieter gegen Verdrängung durch Umwandlung. Wirksam wären letztlich nur die Erschwerung der Wohnungsaufteilung oder ein generelles Umwandlungsverbot in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf. Berücksichtigt man, daß insbesondere Haushalte mit sehr ho hen zu versteuernden Einkommen als Käufer dieses Wohnungsbestandes auftreten, scheint eine Abschaffung bzw.deutliche Reduzierung der Möglichkeit, den Erwerb von Wohnungen aus dem Bestand steuerlich abzusetzen, im Sinne einer nachfrageseitig flankierenden Maßnahme sinnvoll. Dies wäre auch im Sinne der dringend notwendigen Neubauförderung, da mehr als zwei Drittel der Erwerber sich auch den Kauf von teureren Neubauwohnungen leisten könnten
VII. Die städtebauliche Erhaltungssatzung zum Schutz der Sozialstruktur
Die Umwandlungsproblematik macht deutlich, wie schwer es für die Kommunen ist, den Fehlentwicklungen staatlicher Wohnungspolitik im Sinne einer sozial verantwortlichen Kontrolle gegenzusteuem. Dabei müssen sie sich jedoch meist auf „eine Reihe punktuell einsetzbarer und befristet wirksamer Instrumente mit Feuerwehrfunktion“ stützen Dazu zählen u. a. die Ausübung von Vorkaufsrechten (§ 24 BauGB), die Nachsubventionierung im Sozialwohnungsbestand oder der Erwerb von Belegungsrechten. Zur Eindämmung der Umwandlungsfolgen gewinnt mit der Milieuschutzsatzung (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) ein bauplanungsrechtliches Instrument an Bedeutung, das bisher von wenigen Städten angewendet wird Dieses dient der Erhaltung der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung aus städtebaulichen und sozialpolitischen Gründen.
In Erhaltungsgebieten bedürfen Abbruch, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen der Genehmigung. Bei konsequenter Handhabung ermöglichen Milieuschutzsatzungen eine sinnvolle und angemessene Kontrolle der Modernisierungstätigkeit: Einerseits können überzogene und für die gebietstypischen Haushalte nicht zu verkraftende Modernisierungen unterbunden, andererseits können städtebauliche Umstrukturierungen, die zu Lasten der angestammten Bewohnerschaft gehen, gebremst werden. Schließlich kann drittens mietpreisgünstiger Altwohnraumbestand gesichert werden
Die Aufstellung einer Erhaltungssatzung setzt besondere städtebauliche Gründe voraus Anerkannte Gründe sind u. a. eine drohende Verdrängung der Bevölkerung, welche zur Folge hätte, daß an anderer Stelle ersatzweise Sozialwohnungen errichtet werden müßten, sowie der Verlust einer speziell auf die Bevölkerungsstruktur ausgelegten Infrastruktur
Nicht eingesetzt werden kann das Instrument zum ausschließlichen Schutz individueller Mieterinteressen. Gleichwohl erhoffen sich die Kommunen davon insbesondere eine abschreckende Wirkung auf Umwandlungs-und Aufwertungsspekulanten. In dieser Funktion wird das Instrument z. B. in großem Stil in München eingesetzt: Dort hat es dazu geführt, daß reine Verwertungsgesellschaften in Erhaltungsgebieten kaum noch aktiv sind. Eine Vorreiterrolle bei der Ausweisung von Erhaltungssatzungsgebieten kommt der Stadt Nürnberg zu, in der sie seit 1981 zielgerichtet und erfolgreich zur Erhaltung preisgünstigen Wohnraums eingesetzt wird. Für die ostdeutschen Kommunen ist die Erhaltungssatzung insofern bedeutsam, als das Instrument auch eingesetzt werden kann, um sozialorientierte Sanierungen auch nach Abschluß der Maßnahmen sicherzustellen.
VIII. Wohnungspolitik in den neuen Bundesländern
1. Kostenfragen und Konversionsprobleme
Die Lage auf dem Wohnungssektor in den neuen Bundesländern bedeutet für die Wohnungspolitik eine enorme zusätzliche Herausforderung. Sollen in einem überschaubaren Zeitrahmen von etwa 15 Jahren die Lebensverhältnisse in Ostdeutschland westdeutsches Niveau erreichen, müssen riesige Finanzsummen aufgebracht bzw. transferiertwerden. Berechnungen des Ifo-Instituts zufolge ist für Neubau, Instandsetzung und Modernisierung im Wohnbereich ein Gesamtbedarf von fast einer Billion DM (in Preisen von 1990), oder bis zum Jahr 2005 von 65 Milliarden DM jährlich, erforderlich Große Probleme entstehen überdies im Zuge des bereits laufenden Prozesses, die ehedem zentralistischer Staatsbewirtschaftung unterliegenden Realien der DDR-Wohnungswirtschaft in eine regulierte Marktwirtschaftsordnung zu überführen. Blockiert und behindert wird die ordnungspolitische Konversion insbesondere durch ungeklärte Eigentumsverhältnisse und schleppende Privatisierung, durch überlastete Verwaltungen, nicht kostendeckende Mieten und die zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Wohnungsunternehmen strittige Altschuldenlast. Schließlich stellt sich hier der erwähnte Zielkonflikt zwischen Wohnung als Wirtschafts-und Sozialgut eher noch krasser dar: Einerseits sind Sozialbindungen im Mietwohnungsbestand angesichts der vergleichsweise niedrigen ostdeutschen Haushaltseinkommen unverzichtbar, andererseits ist ein vom freifinanzierten Wohnungsbau getragener Anschubeffekt aufgrund der notwendigen Neubau-und Ersatzinvestitionen besonders dringlich. Entsprechend müssen die wohnungspolitischen Programme und Instrumente der ostdeutschen Sondersituation angepaßt werden.
2. DDR-Wohnungspolitik bis zur Wende
Die Verfassung der DDR hatte ihren Bürgern das Recht auf Wohnraum „entsprechend den volkswirtschaftlichen Möglichkeiten und örtlichen Bedingungen“ garantiert. Zugleich wurde die staatliche Lenkung des gesamten Wohnraums gesetzlich festgelegt. Zur Einlösung dieses Verfassungspostulats waren die wohnungswirtschaftlichen und demographischen Bedingungen im Vergleich zu Westdeutschland in manchem günstiger. Die geringere Kriegszerstörung, die im nachmaligen Gebiet der DDR bereits vor 1939 niedrigere Wohndichte sowie der nach 1948 kontinuierliche Rückgang der Bevölkerung (ca. 2 Millionen von 1949 bis 1989 der heute noch anhält, ermöglichten eine Wohnraum-Versorgungsquote, die bis Ende der sechziger Jahre quantitativ besser war als in der Bundesrepublik Ähnlich der gesellschaftlichen Entwicklung im Westen Deutschlands nahm die Zahl der Einpersonenhaushalte und der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in den siebziger und achtziger Jahren in der DDR zu. Dies sowie die Überalterung und mangelhafte Pflege des z. T. noch mit Kriegsschäden versehenen Wohnungsaltbestands, mit der Folge vom Verfall, Abriß und Unbewohnbarkeit, erhöhte den Nachfragedruck, der durch den forcierten Aufbau industriell gefertigter Plattenbau-Großsiedlungen in städtischen Ballungsräumen allenfalls zahlenmäßig, nicht aber der Ausstattungs-und Wöhnumfeldqualität nach ausgeglichen werden konnte. Die in Großplattenbauweise errichteten Neubauten wurden in der Regel „zu hoch, zu uniform und in den zentralen attraktiven Bereichen der Städte ohne gesellschaftliche Funktionen im Erdgeschoß gebaut“
Die Massierung der Baukapazitäten für Großwohnanlagen hatte erhebliche bauliche Mängel und Fehlentwicklungen zur Folge. Hohe Produktionsziffern im Wohnungsbau, resümiert Wilhelm Hinrichs, wurden „durch Einschränkung in der Qualität und durch Vernachlässigung städtebaulicher Erfordernisse erkauft“: durch gleichförmige und monotone Neubauten, mangelhafte Infrastruktur, fehlende Zentraleinrichtungen, unzureichende Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, geringeres Ausstattungsniveau, verfallende Altbausubstanz. Insgesamt gesehen war der „Bonus günstigerer Startbedingungen“ im Wohnungssektor der DDR gegen Ende des zweiten Nachkriegsjahrzehnts aufgebraucht
3. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt nach der Wende
Im Jahr 1989 war das quantitative Wohnversorgungsniveau im innerdeutschen Ost-West-Vergleich in etwa ausgeglichen. Allerdings liegt die qualitative Ausstattung im ostdeutschen Wohnungsbestand insgesamt niedriger. So standen den Bürgern im Westen 1990 durchschnittlich 36, 5, im Osten 28, 1 Quadratmeter pro Kopf zur Verfü-gung Außerdem sind von ca. sieben Millionen vorhandenen Wohnungen etwa 1, 5 Millionen dringend instandsetzungsbedürftig; die Leerstände summieren sich nach Schätzungen auf etwa eine halbe Million. Ebenso hoch beziffert sich der dringende Wohnungsfehlbedarf. Bis Ende des Jahrtausends wird nach heutiger Berechnung ein Ersatzbedarf im Neubau-und Altbaubestand von rund einer Million anfallen. Berechnungen der Wohnungswirtschaft zufolge werden allein für die Sanierung des Wohnungsbestands rd. 550 Milliarden DM (im Schnitt knapp 80000 DM je Wohnung) aufzuwenden sein
Schlechter Zustand und fortschreitender Substanz-zerfall des ostdeutschen Wohnungsbestands gründen wesentlich in den zu DDR-Zeiten nicht kostendeckenden Mieten. Die (Grund) Mieten waren in volkseigenen Neubauwohnungen bei Quadratmeterpreisen zwischen 0, 80 und 1, 25 Mark (der DDR) eingefroren, mit der Folge, daß der Staat für Neubau, Bauunterhalt und Betriebskosten laufend beträchtliche Mittel zuweisen mußte. Die Politik subventionierter Mieten verbesserte die Lebensbedingungen der DDR-Bevölkerung nur scheinbar. Denn einmal wurde der Mietkostenvorteil durch geringere Realeinkommen indirekt aufgewogen. Zum anderen war die Wohnsituation keineswegs für alle Bürger gleich: „Die Arbeiterschaft bewohnte zu über 60 Prozent die schlechtesten, maroden Altbauquartiere. Die Angestellten belegten überdurchschnittlich hoch die nach DDR-Standard relativ gut ausgestatteten Neubauwohnungen.“ Ähnlich wie im Westen Deutschlands werden auch in den neuen Bundesländern künftig vornehmlich Rentner, kinderreiche Familien, Alleinerziehende und andere sozial schwache Bevölkerungsgruppen auf den sozialen Mietwohnungsbau angewiesen sein
Wohnungspolitischer Handlungsbedarf für Bund, Länder und Gemeinden besteht derzeit und in naher Zukunft vorrangig in folgenden Bereichen: Mietenanpassung, Regelung der sog. Altschulden der vormals volkseigenen Wohnungsbestände, Klärung der Eigentümer-und Nutzungsrechte bei „restitutionsbehafteten“ Häusern und Grundstükken, Stimulierung von Neubau-und Erhaltungsin vestitionen (u. a. auch durch beschleunigte Privatisierung). Die genannten Problemfelder ergänzen sich bei der gegenwärtigen Blockade von Wohnungsbaumaßnahmen wechselseitig. So stockt der freifinanzierte Wohnungsbau (1992 wurden lediglich rd. 25 000 neue Wohnungen fertig, für 1993 werden rd. 40000 erwartet weil Eigentumsverhältnisse häufig ungeklärt sind, weil nicht kostendeckende Mieten keinen Spielraum für Instandsetzungs-und Modemisierungsinvestitionen lassen oder weil aufgrund von Altschulden keine Kredite gewährt werden. Folglich bedarf es einer wohnungspolitischen Gesamtlösung, in welche die Anpassung bau-, boden-und mietrechtlicher Bestimmungen an die besondere Bedarfslage in den neuen Ländern sowie die Änderung und Ergänzung des Instrumentariums und Förderaufkommens der Wohnungspolitik einbezogen sind. Im folgenden werden diese Problemzusammenhänge exemplarisch dargestellt. a) Ungeklärte Eigentumsfragen Im Einigungsvertrag ist 1990 der Rechtsgrundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“ festgeschrieben worden. Bis zum Jahresende 1992, dem Zeitpunkt des gesetzlich festgelegten Beginns der Ausschlußwirkung danach angemeldeter Vermögensrückforderungen, wurden ca. 1, 7 Millionen private Einzel-ansprüche auf Rückübertragung von Gebäude-und Grundstückseigentum angemeldet. Diese Rückgabeansprüche betrafen schon im September 1992 etwa drei von vier Altbaumietwohnungen in den neuen Bundesländern. Im gleichen Monat waren erst elf Prozent aller offenen Eigentumsfälle entschieden Für diesen Rückstand sind, neben verwaltungsbedingten Verzögerungen (Personal-mangel, fehlende bzw. unleserliche Grundbuchkataster), die komplizierten eigentumsrechtlichen Verhältnisse (unbekannte oder konkurrierende Alteigentümer, die nach DDR-Recht übliche Unterscheidung von Nutzungsrechten am staatseigenen Boden und privateigenen Baubestand versäumte Grundbucheinträge selbst bei volks-eigenen Neubauten) verantwortlich.
Der Erledigungsstau bei Restitutionsansprüchen erweist sich als ein entscheidendes Investitions-Hemmnis für Neubauten, Wohnungserwerb und Wohnungsmodernisierung. Grundsätzlich dürfte schwerlich jemand in ein Objekt investieren, des-sen Besitzverhältnis unklar ist. Zudem ist der Erwerb des Objekts vonnöten, um als Eigentümer gegenüber Banken die bei Krediten verlangten Sicherheiten stellen zu können. Ohne Kredite stocken jedoch Neubau und Bestandssanierung. Für die betroffenen Mieter bedeutet dies wiederum, daß „kommissarisch“ verwaltete Wohnungen zwischenzeitlich nicht instandgesetzt und erneuert werden. Infolge schwebender Rückführungsansprüche kommt auch die Privatisierung von Teilen des sanierungsbedürftigen Mietwohnungsbestands nur schleppend voran. Denn die Klärung der Eigentumsfrage ist Voraussetzung für den Erwerb von Wohneigentum, an das auch bestimmte staatliche Förderrichtlinien und Subventionen geknüpft sind
Mit der Novelle zum Vermögensgesetz (VermG) und dem Investitionsvorranggesetz (InvVG), die zum 22. Juli 1992 in Kraft traten, hat der Bund wohnungspolitisch reagiert. Die Maßregel „Rückgabe vor Entschädigung“ wurde insoweit modifiziert, als nunmehr die Investition vor der Rückgabe Vorrang hat. Demnach kann auch bei restitutionsbelasteten Vermögenswerten der z. Z. Verfügungsberechtigte (etwa eine Kommune) die Investitionsbereitschaft des Alteigentümers klären: Ist dieser investitioriswillig, hat er einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Investitionsvorrangbescheides. Andernfalls kann das fragliche Objekt an Investoren, die ein tragfähiges Investitionskonzept vorlegen, verkauft werden. Der Verkaufserlös ist an den Alteigentümer weiterzuleiten. Ist ein solcher unauffindbar, kann ein Kaufinteressent die Kommune bitten, einen „Vertreter“ des Eigentümers einzusetzen, der die Transaktion stellvertretend vornimmt b) Der Streit um die Altschulden Laut Artikel 22, Absatz 4 Einigungsvertrag ist der vormals volkseigene Wohnungsbestand „mit gleichzeitiger Übernahme der anteiligen Schulden“ in kommunales Eigentum übergegangen. Die rd. 1100 kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, die nun etwa 60 Prozent des ostdeutschen Wohnungsbestands bewirtschaften, haben damit eine buchstäblich schwere Hypothek übernommen: Aus DDR-Zeiten lasten auf den Wohnungen Schulden von 36 Milliarden DM, die nach Ablauf des bis Ende 1993 befristeten Zinsmoratoriums um weitere 15 Milliarden DM angewachsen sein werden. Die durchschnittliche Altschuld pro Wohnung liegt bei 23000 DM, bei jüngeren Neubauwohnungen bis zu 50000 DM, anderen Angaben zufolge bei bis zu 87 000 DM
Die enorme Altschuldenlast wirkt sich in hohem Maße investitionshemmend aus. Obwohl den ursprünglich DDR-staatlichen Wohnungs(bau) zuschüssen, die mit dem Einigungsvertrag im Verhältnis 2: 1 umgestellte, rechtsgültige Kreditverbindlichkeiten geworden sind, ein beträchtliches Anlagevermögen gegenübersteht, scheitert die Bewilligung neuer, für die Wohnungssanierung benötigter Kredite durch die Banken an die Wohnungsträger daran, daß die sog. erstrangigen Beleihungsspielräume durch die Altschulden belegt sind und oft eine Überschuldung die Folge wäre Über die rechtliche Behandlung und künftige finanzielle Bedienung der Altschulden sind Bund, Länder und Kommunen uneins. Während der Bund auf die Verpflichtungen des Einigungsvertrags pocht, vertreten die ostdeutschen Länderbauminister, unterstützt von den Kommunen, den Rechtsstandpunkt, daß es sich bei den Altverbindlichkeiten nicht um Darlehen im Sinne des bundesdeutschen Kreditrechts handele, jene folglich auf den Bund zurückfallen müßten. Eine Einigung ist derzeit nicht in Sicht. Während ein zwischen Bundesfinanz-und Bundesbauministerium erzielter Kompromiß vorsieht, die Mieten ab Mitte 1995 für den Kapitaldienst der Altverpflichtungen mit heranzuziehen, lehnen die ostdeutschen Bauminister eine so terminierte Mehrbelastung der Mieter ab, In ihren „Magdeburger Beschlüssen“ fordern sie, die der Wohnungswirtschaft übertragenen Verbindlichkeiten erst ab 1997 mit je 1 Prozent Zins und Tilgung abzutragen c) Sanierung durch Anpassung der Mieten?
Auch nach Auffassung der Wohnungsuntemehmen ist eine spürbare Teilentschuldung der ost-deutschen Wohnungswirtschaft zu Lasten der öffentlichen Etats unumgänglich. In den kommenden Jahren seien die Mieterlöse wie auch mögliche Mehreinnahmen durch Mietanhebungen für Investitionen zur Bestandserneuerung zu verwenden; für den Abbau der Altschulden bleibe da kein Spielraum Werde das Zinsmoratorium nicht über 1994 hinaus verlängert, würden die mit dem fälligen Schuldendienst verbundenen Mehrbelastungen von zwei bzw. drei DM pro Quadratmeter 50 bis 75 Prozent der dann im sozial gebundenen Mietwohnungsbestand voraussichtlich auf vier DM pro Quadratmeter angehobenen Durchschnittsmieten betragen.
Eine noch höhere Mietsteigerung dürfte angesichts der Einkommenssituation sozialpolitisch kaum vertretbar sein. Die verfehlte Mietenpolitik der DDR hat der heutigen und künftigen Wohnungspolitik ein Dilemma vererbt. Einerseits haben die Mieten zu Zeiten der zentral gelenkten Wohnungswirtschaft lediglich ein Fünftel der realen Kosten gedeckt. Eine schrittweise Mietanpassung, wie sie mit den Grundmietenverordnungen zum l. Okto-ber 1991 und zum 1. Januar 1993 vorgenommen worden ist, war deshalb unvermeidlich. Andererseits ist die durchschnittliche Wohnkostenbelastung in den neuen Bundesländern von 1989 bis heute von etwa vier auf über 18 Prozent gestiegen. Diese Belastung der Haushaltseinkommen wird über Zahlung von Wohngeld, das im 3. Quartal 1991 rund 30 Prozent der ostdeutschen Mieter bezogen, teilweise gemindert
Somit erscheint ein Mieterhöhungstempo, das Mittel für Instandsetzung, Modernisierung und Schuldendienst bereits ab Mitte der neunziger Jahre abschöpft, weder sozialverträglich noch wohnungswirtschaftlich realistisch. Hier, und insbesondere im Sektor sozialer Wohnungsbau, werden Bund und Länder die Mittel für Wohnbauförderung eher noch steigern müssen. In der Tat dürfte die Zahl privater Investoren, die steuerliche Förderinstrumente nutzen können, auf mittlere Sicht sehr begrenzt bleiben Auch im Osten Deutschlands geht es darum, den Teilmarkt preisgünstiger Mietwohnungen zu erhalten.