Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Zur Entwicklung der sozialen Geschlechterverhältnisse in den neuen Bundesländern | APuZ 6/1993 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 6/1993 Die Männerfrage Alles unter Kontrolle? Emanzipation der Frauen versus Konservatismus der Männer Zur Entwicklung der sozialen Geschlechterverhältnisse in den neuen Bundesländern „Die Wiedervereinigung der deutschen Männer braucht keine Frauen ..." Frauen als Wendeverliererinnen?

Zur Entwicklung der sozialen Geschlechterverhältnisse in den neuen Bundesländern

Barbara Bertram

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Soziale Geschlechterverhältnisse treten als Ungleichheitsverhältnisse in Erscheinung, was sich in ungleichen Lebenslagen und -chancen ausdrückt. Die Stellung der Frauen und Männer im Berufsleben hat darauf einen entscheidenden Einfluß. Die gegenwärtige Umstrukturierung auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt geht stärker zu Lasten der Frauen, die Verdrängungsprozesse verschiedenster Art sind enorm. Im Gegensatz dazu werden Geschlechterunterschiede in den Einstellungen zu Arbeit und Beruf eher abgebaut. Die Teilnahme der Frauen an der Erwerbstätigkeit ist in Ostdeutschland ein ungebrochen hoher Wert, zu großen Teilen auch aus der Sicht der Männer; in Konkurrenzsituationen kommen allerdings ambivalente Haltungen zum Vorschein. Innerhalb und zwischen den Geschlechtergruppen wachsen gegenwärtig Differenzen in den realen Lebenslagen und -chancen, die sich vor allem an Arbeitsplätzen festmachen. Kurz-und mittelfristige Wege zur Lösung von Widersprüchen, die sich aus den Geschlechterverhältnissen ergeben, dürfen nicht an den Erwerbsansprüchen der Ost-Frauen und deren sozialen Hintergründen vorbeiführen. Es geht darum, weitere soziale Differenzen nach dem Geschlecht aufzuhalten.

I. Vorbemerkungen

Tabelle 1: Qualifikationsstruktur der Erwerbstätigen der DDR im Oktober 1989 (in Prozent) Quelle: Vgl. Gunnar Winkler (Hrsg.), Frauenreport 90, Berlin (Ost) 1990, S. 38.

Die sich seit der Wende im Herbst 1989 im Osten Deutschlands vollziehenden Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft treffen Frauen und Männer verschieden. Auch innerhalb der Geschlechtergruppen haben spezifische Frauen-bzw. Männergruppen unterschiedliche Möglichkeiten, diese Prozesse zu verarbeiten und mitzugestalten. Für die einen sind damit enorme biographische Brüche verbunden, für die anderen große Chancen. Das verändert die sozialen Beziehungen zwischen den Geschlechtern: Anstelle der gewünschten Reduzierung bestehender Geschlechterunterschiede ist eine Vertiefung zuungunsten der Frauen auszumachen. Es besteht die Gefahr der anhaltenden Benachteiligung oder Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsteile nach dem Geschlecht -im Osten mehr als im Westen, wobei es wechselseitige Einflüsse geben wird. Zu befürchten ist auch, daß dabei Ost-Spezifika im Westen nicht zur Kenntnis genommen, verdrängt werden oder zu Unverständnis und Spannungen führen Weil nicht klar ist, wie sich die Geschlechterverhältnisse in den neuen Bundesländern weiter verändern werden, kann der vorliegende Beitrag nur eine Art Momentaufnahme sein.

Geschlechterverhältnisse sind ein wichtiges Strukturelement der Gesellschaft. Sie kennzeichnen das Aufeinanderbezogen-und -angewiesensein von Frauen und Männern in ihrer Lebenstätigkeit, ihre Gemeinsamkeiten, Unterschiede und die Abgrenzung voneinander. Differenzierte Sachverhalte konstituieren und beeinflussen die sozialen Geschlechterverhältnisse; sehr wesentlich sind die folgenden: -Materiell-strukturelle Bedingungen vor allem die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau auf der allgemeingesellschaftlichen, beruflichen, familiären und personellen Ebene. Inbegriffen sind geschlechtstypische Dominanz-und Machtstrukturen in all diesen Bereichen sowie daraus hervorgehende Lebensbedingungen und Lebensmöglichkeiten, sozial-kulturelle Wertigkeiten -bis hin zu Diskriminierung, Mißbrauch, Druck oder Gewalt gegenüber dem anderen Geschlecht.

-Traditionelle und aktuelle Normen, Werte, Leitbilder, Legitimationsmuster für Frauen und Männer einschließlich Anpassungszwängen;

-Bewußtseinsstrukturen, insbesondere das Bewußtwerden der eigenen Geschlechterposition, geschlechtstypische Bedürfnisse, Einstellungen, Wertorientierungen und Ziele;

-Geschlechtstypische Verhaltensweisen und Aktivitäten (z. B. Sicherung von Positionen, Reglementierungen oder Anpassungsleistungen); -Die geschlechtstypische Sozialisation von Mädchen und Jungen in Kindheit und Jugend, eingeschlossen geschlechtstypisch entwickelte Fähigkeitsmuster sowie Erfahrungen als Frau oder als Mann bezüglich einer (Un-) Gleichstellung und (Un-) Gleichheit;

-Beziehungen innerhalb der bzw. zwischen den genannten materiellen und ideellen Strukturen, darunter Widersprüche und Konflikte. Wechselwirkungen zwischen den Geschlechterbeziehungen auf der gesellschaftlichen und familiären Ebene, ebensolche zwischen biotischen Strukturen, psychischen und sozialen Verhaltensweisen. Aktuelle gesellschaftliche Ereignisse nehmen nochmals einen besonderen Einfluß auf die Geschlechterverhältnisse. Diese sind historisch gewachsen und veränderlich, weil jeweils unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen entstanden. Erhaltung oder Veränderung von hierarchischen Geschlechterverhältnissen sind immer eine Frage von Macht, Einfluß, Inbesitznahme, von Verdrängen und Aushandeln (z. B. materieller Ressourcen wie Arbeitsplätze, Einkommen, Kinderbetreuungsmöglichkeiten) Natürlich spielen dabei auch gewachsene Erkenntnisse und Fähigkeiten, größere Anpassungsbereitschaften der einen oder anderen Geschlechtergruppe eine Rolle. Deshalb ist ihre Steuerung sehr schwierig.

Wir beschränken uns im folgenden auf die Untersuchung jener Merkmale von Geschlechterverhältnissen in den neuen Bundesländern, die Beruf und Erwerbsarbeit betreffen.

II. Geschlechtstypisch neu zu verteilender (Ost-) Arbeitsmarkt?

1. Die Bedeutung von Arbeit und Beruf für die Frauen der neuen Bundesländer Berufliche Ausbildung und Erwerbstätigkeit haben für die Gestaltung der Geschlechterverhältnisse zentrale Bedeutung. Der Beruf ist wesentliche Grundlage für die Befähigung zu qualifizierter und bezahlter Erwerbsarbeit und deren Realisierung auf dem Arbeitsmarkt, für die Erlangung bestimmter Positionen in der Gesellschaft und in der Familie. Er ist Voraussetzung für die Integration in der Gesellschaft, für Einfluß, Ansehen, für die materielle Existenz und die Verwirklichung eines bestimmten Lebensniveaus.

Zahlreiche in der DDR bzw. -später -in den neuen Bundesländern erstellte sozialwissenschaftliche Studien belegen, daß dies meist auch persönlich so gesehen wird -von Frauen kaum anders als von Männern Für ostdeutsche Frauen bedeuten Beruf und Erwerbstätigkeit weitaus mehr, als „nur“ Geld zu verdienen. In der DDR wurden 40 Prozent der Familieneinkommen Ende der achtziger Jahre von den Frauen erarbeitet. Das war ein hoher Anteil, obwohl Frauen aufgrund niedrigerer Positionen, anderer Berufe bzw.der Arbeit in schlechter bezahlten Branchen (wie z. B.der Textil-und Lebensmittelindustrie), kürzerer Arbeitszeiten usw. im Durchschnitt nur 75 Prozent der Männerlöhne erhielten. Heute spielt das Verdienstmotiv eine stärkere Rolle als vor der Wende; das Einkommen kann mehr als früher Grundlage für ein materiell und ideell reicheres Leben sein. Aber Berufsarbeit hat für die Frauen der neuen Bundesländer eine viel größere Bedeutung: Es geht ihnen darum, persönlich selbständig zu sein, über die Familie hinaus gebraucht zu werden, fachliche Selbstbestätigung und Anerkennung auf Grund der eigenen Leistung und nicht der des Partners zu erhalten, sich mit dem Beruf, der Aufgabe und/oder dem Unternehmen zu identifizieren, Selbstbewußtsein zu entwickeln, Kommunikationsmöglichkeiten und Kontakte zu haben, sich in das soziale Umfeld zu integrieren. Daß sich Frauen und Männer darin auch heute nur unwesentlich unterscheiden, zeigen unter anderem Längsschnittuntersuchungen bis zum Jahr 1992

Nicht nur im staatsoffiziellen DDR-Verständnis, sondern auch in den individuellen Einstellungen der Frauen und Männer stand der Beruf hoch im Kurs; daran hat sich nach der Wende nichts geändert. Zwischen 80 und 95 Prozent der Mädchen und Frauen, aber auch der Männer haben sich in verschiedenen Untersuchungen des ehemaligen Zentralinstituts für Jugendforschung Leipzig sowie der Außenstelle des Deutschen Jugendinstituts in Leipzig entsprechend geäußert. Die starke Orientierung auf Bildung (auch Weiterbildung) und Berufstätigkeit hat über die Jahre hinweg kaum abgenommen -obwohl Berufsethos und Arbeitsmotivation in den achtziger Jahren sanken. Seit Beginn der neunziger Jahre nimmt deren Bedeutung wieder zu. Vom Wunsch nach Karriere abgesehen, der bei Frauen geringer ausgeprägt ist, sind diese Orientierungen bei beiden Geschlechtergruppen etwa gleich hoch. 2. Die Ansprüche ostdeutscher Frauen und die neuen Bedingungen am ostdeutschen Arbeitsmarkt a) Ansprüche Nach der Wende haben sich einige geschlechtstypische Unterschiede, die die Ansprüche an die Ar-beit betreffen, tendenziell verringert: Frauen in den neuen Bundesländern wollen fast im gleichen Umfang erwerbstätig sein wie Männer. Nur drei Prozent würden entsprechend repräsentativen Umfragen jetzt lieber darauf verzichten. Wenn die Ehemänner genug verdienen, wären nach heutiger Vorstellung später im Durchschnitt etwa 20 Prozent gern längere Zeit Hausfrau. Noch geringer ist dieser Anteil unter den jüngeren Frauen. Darin stimmen verschiedene Untersuchungen in etwa überein Teilzeitarbeit, als Erleichterung von vielen jungen Eltern eigentlich gewünscht, ist derzeit auf Grund der ungünstigen Arbeitsmarktlage und der Furcht vor Arbeitslosigkeit kaum gefragt. Demgegenüber ist die Bereitschaft, sich nach männlichem Erwerbsmuster flexibel und mobil zu halten, intensiver und extensiver zu arbeiten, mehr Verantwortung zu über-und höhere Belastungen in Kauf zu nehmen, sich fortzubilden, umzuschulen, sich beruflich weiterzuentwickeln bei Frauen ähnlich wie bei den Männern enorm gestiegen. All das wird auf sich genommen, um einen Arbeitsplatz zu be-bzw. erhalten. Hier verringern sich seit 1989 die Geschlechterunterschiede. Dem steht eine starke Verschlechterung der Arbeitsmarkt-chancen gegenüber, was wiederum den Widerspruch zwischen Anspruch und Realität verschärft. b) Bedingungen Frauen sind heute auf dem Arbeitsmarkt stärker benachteiligt als Ende der achtziger Jahre und als Männer -ungeachtet dessen, daß es formal die Freiheit der Berufs-oder Arbeitsplatzwahl gibt, daß Individualisierung und Pluralismus in den Lebensstilen existieren und daß für einzelne Gruppen von Frauen die beruflichen Chancen gar nicht schlecht sind. Das trifft vor allem für jüngere, gut gebildete, leistungsstarke, „flexible“ Frauen ohne Familie zu.

Zwar gab es auch vor der Wende erhebliche geschlechtstypische Unterschiede im Bereich der Erwerbsarbeit, aber das Recht auf Arbeit garantierte jeder(m) -unabhängig vom Geschlecht -einen Arbeitsplatz. 91 Prozent der Frauen im arbeitsfähigen Alter standen in Erwerbsarbeit oder Ausbildung; 49 Prozent der Erwerbstätigen waren weiblich. Die Frauenanteile am leitenden Personal in Wirtschaft und Staat sowie an den Erwerbstätigen in technischen Berufen aller Bildungsebenen betrugen je ein Drittel. Mehr als ein Viertel der Frauen arbeitete in Teilzeit (häufig 30 Wochenstunden anstelle der 40-bis 43%-Stunden-Vollzeitwoche).

Das Qualifikationsniveau von Frauen und Männern war etwa Mitte des vierzigsten Lebensjahres gleich hoch. Wie sich die berufliche Qualifikation der Erwerbstätigen im Oktober 1989 verteilte, zeigt Tabelle 1.

Frauen und Männer hatten in der DDR seit den sechziger Jahren (1965: „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“) gleiche Bildungschancen. Allerdings wollten Jugendliche ihre berufliche Bildung vielfach in typischen „Frauen-“ oder „Männerberufen“ erwerben. Der Zugang zur Berufstätigkeit war sicher -was als selbstverständlich hingenommen wurde -, wenn auch zum Teil für unterschiedlich anspruchsvolle und bezahlte Arbeitsplätze. Ein ungünstiger Kreislauf in der DDR, der durch die Verdienstunterschiede zwischen den Geschlechtern, durch die in erster Linie an Frauen bzw. Mütter gerichteten sozialen Maß-nahmen sowie durch die berufliche und häusliche Arbeitsteilung in Gang gesetzt und gehalten wurde, brachte Frauen immer wieder an die zweite Stelle im Arbeitsprozeß. Er verhinderte zum Teil auch, daß-sich Männer mehr in die häuslich-familiäre Arbeit einschalteten.

Der Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern ist gegenwärtig alles andere als stabil und befindet sich noch im Entwicklungsstadium. Daraus ergeben sich für beide Geschlechtergruppen große Probleme: Heute ist faktisch jede(r) -sei es persönlich oder weil ein Familienmitglied seine Arbeit verloren hat -durch Arbeitslosigkeit oder durch die berechtigte Angst davor betroffen. Problemverschärfend wirken der immer härter werdende Konkurrenzkampf und die materielle Existenzbedrohung für viele. Hinzu kommt, daß in den neuen Bundesländern zur Bewältigung von Arbeitslosigkeit eine ausreichende Infrastruktur fehlt. Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Betätigung in nichtkommerziellen Bereichen müssen erst entwickelt werden. 3. Chancen und Verluste auf dem Arbeitsmarkt Die Chancen und Verluste verteilen sich unterschiedlich zwischen den und innerhalb der Geschlechtergruppen, vor allem nach Alter, Qualifikation und Familienstand: a) Zu den Arbeitsmarktchancen Jugendlicher Die noch vor einer Ausbildung und Familiengründung stehenden Jugendlichen sehen sich heute breit gefächerten Zukunftschancen hinsichtlich Bildung, Arbeit, Entwicklung und Karriere gegenüber. In unserer Längsschnittstudie äußerten sich 1992 65 Prozent der Lehrlinge und Abiturienten zuversichtlich bezüglich späterer Erwerbstätigkeit; 11 Prozent beurteilten ihre Aussichten als „düster“ und „teils-teils". Dabei wird von beiden Geschlechtern der westdeutsche Markt mit ins Kalkül gezogen. Über die Hälfte der Mädchen und Jungen ist bereit, eine Ausbildung in den alten Bundesländern zu absolvieren, allen voran die Abiturienten. Zur Arbeit würden 29 Prozent der Mädchen und 39 Prozent der Jungen dorthin pendeln, vor allem die männlichen Lehrlinge und Arbeitslosen Unter der Voraussetzung, im Osten nach der Ausbildung keine Arbeit zu erhalten, wäre über die Hälfte dieser Jugendlichen zum Umzug in die alten Länder bereit -junge Frauen wie Männer.

Durch starke staatliche und kommunale Unterstützung ist es trotz größter Schwierigkeiten bei der Erschließung von Ausbildungskapazitäten in der zusammenbrechenden Ost-Wirtschaft gelungen, jedem(r) Schulabgänger(in) 1991 und 1992 einen Ausbildungs-/Studien-oder weiterführend allgemeinbildenden Platz anzubieten. Dadurch sind sich viele Schüler, die noch nicht vor der Berufswahlsituation standen, aber auch Lehrlinge, die vergleichsweise problemlos zu einem Ausbildungsplatz kamen, der schlechten Arbeitsmarktlage noch nicht bewußt. Dasselbe gilt für Lehrlinge aus den in Konkurs gegangenen Ausbildungsbetrieben. Inwieweit diese Jugendlichen an der zweiten Schwelle des Übergangs zur Erwerbstätigkeit Brüche in ihrer Berufsbiographie erleiden werden, wird wesentlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen, davon, ob und wann der viel beschworene „Aufschwung Ost“ kommt. Inwiefern das die Mädchen mehr trifft, hängt davon ab, ob die Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt aufzuhalten ist.

Bei der Berufswahl werden Mädchen und Jungen zum erstenmal direkt mit der Arbeitsmarktsituation konfrontiert. Aber das Berufswahlfeld der Mädchen ist seit 1990 eingeschränkt. In der DDR waren etwa zehn Prozent der Berufe aller Bildungsebenen aus medizinischen Gründen für Mädchen nicht zugelassen, die betrieblichen Angebote im technischen Bereich wurden Ende der achtziger Jahre allerdings geringer. Mit der Übernahme der Gesetze der Bundesrepublik nach der Vereinigung im Oktober 1990 sind die Zugangsmöglichkeiten für beide Geschlechter formal sehr vielfältig. Tatsächlich bieten viele Unternehmen aber nur Ausbildungsplätze für männliche Jugendliche an, das gilt sogar für einige der ehemaligen Frauen-Domänen (z. B. Handel, Banken, Bildung). Auch bei „Mischberufen“ (für beide Geschlechter geeignet und ausgeschrieben) werden männliche Jugendliche zur Ausbildung oft bevorzugt. Weil die Arbeitsämter bei der Vermittlung von Mädchen größere Probleme haben, münden diese häufiger als die jungen Männer nach der Schule in überbetriebliche Ausbildungsgänge ein, hinter denen kein Arbeitplatz steht. 1991 waren insgesamt ^Prozent aller Ausbildungsplätze in den neuen Bundesländern überbetrieblich angesiedelt. Die Ausbildungsvergütung in frauentypischen Berufen ist durchschnittlich geringer als in Männerberufen, ebenso der später zu erwartende Verdienst.

Junge Frauen mit kleineren Kindern sehen sich jetzt vor große berufliche Schwierigkeiten gestellt. Es ist die Gruppe, die vom DDR-Staat zur „Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft“ mit einer Vielzahl von Sozialmaßnahmen bedacht worden war, was das Dilemma der Doppelbelastung nicht löste, sondern eher noch verschärfte. Aber die jungen Mütter hatten keine Probleme, einen Arbeitsplatz zu er-und zu behalten. Heute können sie den weitgehend am männlichen Lebensmuster (mit einer Hausfrau im Hintergrund) ausgerichteten hohen Anforderungen nach „Flexibilität“, zeitlicher „Verfügbarkeit“, „Mobilität“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ nicht genügen: Bei Bewerbungen („Kind -nein, danke!“) sind junge Mütter in aller Regel benachteiligt, soweit fehlende oder mangelhafte Möglichkeiten der Kinderbetreuung (Plätze eingeschränkt, zu teuer geworden, durch Erzieherinnen-Entlassung an Qualität eingebüßt) diesen Schritt nicht von vornherein ausschließen. Sind sie in der glücklichen Lage, eine Arbeitsstelle zu haben, müssen sie bei häufiger Erkrankung ihrer Kinder -selbst im Rahmen der gesetzlichen Regelung -die Entlassung befürchten. b) Zu den Arbeitsmarktchancen von Frauen und Männern im mittleren Lebensalter Erwerbstätige im Alter ab etwa 45 Jahren bekommen heute vielfache Arbeitsplatzprobleme -Frauen mitunter schon fünf Jahre früher, Männer etwa fünf Jahre später. In der DDR hatte diese Altersgruppe (und jünger) „lediglich“ Aufstiegs-schwierigkeiten, weil entsprechende Positionen von älteren Beschäftigten besetzt blieben. Für Frauen bedeutete dies, daß sie zwei Hürden nehmen mußten -mithin ein „doppeltes Aufstiegsproblem“ hatten: Ihre berufliche Karriere war zwar zum Teil von frauenfördemden Maßnahmen begleitet, sie wurde aber dennoch durch Kinder gegenüber Männern oft um mehrere Jahre hinausgeschoben. Männer zählten mit 40 bis 55 Jahren und darüber zur verläßlichen, fachlich erfahrenen und befähigten „Kernbelegschaft“. Frauen in diesem Alter galten als diejenigen, die nach der harten Zeit der Doppelbelastung nun im Beruf voll einsatzfähig und eventuell bereit waren, noch eine berufliche Entwicklung zu starten. Fachlich gut gebildet, im Beruf „gestanden“, zuverlässig und hochmotiviert, wurden sie in den Betrieben besonders geschätzt und gebraucht.

Diese Frauen erfahren gegenwärtig, „zu alt“ für die Erwerbsarbeit zu sein. Eine Reihe der in der DDR erworbenen regulären Berufsabschlüsse -sowohl auf der Facharbeiter-als auch auf der Fachschul-oder Hochschulebene -sind unter den neuen Wirtschaftsbedingungen wertlos. Die von dieser Qualifikationsentwertung betroffenen Frauen und Männer stehen plötzlich „ohne Beruf“ da. Das alles erleben sie durchweg als Absturz, Entwertung ihrer Arbeitskraft, persönlichen Affront, Undank für jahrzehntelang geleistete gute Arbeit und als Sinnentleerung ihres Lebens -Frauen wie Männer. Aber Frauen sind davon häufiger und existenzieller betroffen als Männer. Sie hatten geringere Einkommen, was sich negativ auf die Höhe des Arbeitslosengeldes auswirkt. Sie konnten es sich in der DDR leisten, mit ihren Kindern allein zu leben, was sie heute in Existenznöte bringt. Sie verfügen aufgrund ihrer früheren enormen zeitlichen Beanspruchung durch Kinder, Haushalt und Beruf weniger über „Ersatzlösungen“ (Hobbys, Freizeitausgleiche, Engagement und Gebrauchtwerden im gesellschaftlichen Umfeld). Sie finden mitunter, daß sie des Lernens zu ungeübt sind für eine Umschulung. Obwohl die Zahl weiblicher Teilnehmer an Bildungsmaßnahmen im Durchschnitt größer ist, münden Männer öfter in die fachlich aussichtsreicheren ein

Es gibt jedoch auch andere Trends: Vorausgesetzt, sie erhalten Bankkredite, wagen nicht nur Männer, sondern auch Frauen dieses Alters nicht selten einen Start in die Selbständigkeit. Frauen tun das vor allem in den Bereichen Handel, Dienstleistungen und Gesundheitswesen. Die Erfolgsaussichten dafür sind zur Zeit noch wenig kalkulierbar, aber mehr markt-als geschlechtsabhängig. 4. Arbeitslosigkeit Als Folge der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstrukturierung zählen die neuen Bundesländer heute mehr als eine Million Erwerbslose (Arbeitslosenquote 13, 9 Prozent), davon sind 65 Prozent weiblich. Verdeckte Arbeitslosigkeit (Kurzarbeit, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, vorzeitiger Ruhestand) eingerechnet, liegt das tatsächliche Beschäftigungsdefizit in Ostdeutschland derzeit bei 38, 5 Prozent. Knapp zwei Millionen Arbeitslose werden durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aufgefangen, die aber meist 1993 auslaufen Trotz gegenteiliger Bemühungen der ostdeutschen Arbeitsämter ist eine Entlassungs-und Wiedereinstellungsdiskriminierung von Frauen unverkennbar. In der Stadt Leipzig beispielsweise ist die Erwerbslosigkeit von Frauen gegenwärtig mehr als doppelt so hoch als die der Männer

Ländliche Gebiete sind noch stärker von der Arbeitslosigkeit betroffen, denn mit der Schließung von landwirtschaftlichen Großbetrieben ist meist auch die Infrastruktur des Gebietes zusam-' leben, haben kaum mehr Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten; ebenso schlecht sind ihre Aussichten auf Umschulung Obwohl die Bereitschaft zum Pendeln oder Wohnortwechsel bei Jugendlichen nicht gering ist, verbessern sich dadurch die Arbeitsplatzchancen älterer Altersgruppen kaum. Ältere Frauen können zudem infolge ihrer Familien-und Heimatbindungen nicht'ohne weiteres pendeln oder umziehen. Erschwerend kommt hinzu, daß auf Grund geringer Nominallöhne in der Landwirtschaft auch die Arbeitslosengelder niedriger liegen.

Es ist charakteristisch für moderne westliche Industriegesellschaften, daß in Zeiten akuten Arbeitsplatzmangels die Frauenarbeitslosigkeit besonders hoch ist Je enger der Arbeitsmarkt ist, desto stärker wird er geschlechtstypisch segmentiert. Gleichzeitig zeigen die Wirtschaftsaufschwünge der letzten Jahre in westlichen Industrieländern, daß erstens Produktionserweiterungen nicht in gleichem Maße zu einer Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze führten und daß zweitens Frauen von einem Zuwachs an Arbeitsplätzen oft nicht in gleicher Weise wie Männer profitieren. Hier sind die Politiker, die Gewerkschaften und die Tarifpartner gefordert, aber auch die Frauen selbst.

In allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft läuft heute ein enormer Verdrängungswettbewerb der Ost-Frauen durch Männer aus Ost-und Westdeutschland, teils auch durch Frauen aus den alten Bundesländern Frauen sind -um überhaupt Arbeit zu haben -daher vielfach zur Übernahme de-qualifizierender oder ungeschützter Jobs gezwungen. Das betrifft Angehörige aller Qualifikationsgruppen. Ob sich diese Prozesse noch verschärfen werden, wird nicht nur von der bereits manifesten geschlechtstypischen Arbeitsteilung, also von den unterschiedlichen Positionen, Einfluß-und Machtstrukturen sowie den sich daraus entwickelnden Befähigungen von Frauen und Männern bestimmt. Es hängt auch davon ab, ob vorhandene geschlechtstypische Benachteiligungen von den politisch Verantwortlichen in der Gesellschaft gesehen und aufgegriffen werden. „Frauen ins Manage-

DDR als offizielle Forderungen ein Dauerbrenner -sind seit den ersten Entlassungswellen im Osten Deutschlands keine öffentlichen Themen mehr. Entscheidend werden künftig wohl auch die Durchsetzungsfähigkeit oder Anpassungsbereitschaft der Frauen sein. Fragen, wie sie von Frauen 1991 noch gestellt wurden -„Wir können doch unseren Männern nicht die Arbeitsplätze wegnehmen?“ -, sind zumindest inzwischen nicht mehr zu hören.

III. Berufsansprüche und familiäre Wertorientierungen

Bereits die zweite Generation von Frauen der DDR bzw.der neuen Bundesländer hat es lernen müssen, Familien-und Erwerbsarbeit zu vereinbaren. Das bedeutet, daß die Töchter und Söhne (und schon wieder deren größere Kinder) ihre auf neue und alte Rollen bezogenen Lebensziele und -werte auch aus den entsprechenden Erfahrungen der Eltemgeneration gewonnen haben und gewinnen.

Untersuchungen vor und nach der Wende haben gezeigt, daß die meisten jungen Männer Beruf und Familie etwa gleiche Bedeutung zumessen, mitunter der Familie eine geringere. Bei Frauen rangiert die Familie generell vor dem Beruf. Früher versuchten Frauen, ihre Berufstätigkeit den familiären Bedingungen anzupassen. Das betraf besonders die große Gruppe der Facharbeiterinnen, aber auch nicht wenige Akademikerinnen mit beruflichen Entwicklungsplänen. Auf der Basis individueller Lösungen durchliefen diese Frauen meist mehrere berufliche Entwicklungsphasen, in denen sie sich mehr oder weniger intensiv dem Beruf oder der Familie widmeten -oft im Wechsel mit dem Mann. Die Entscheidung „Beruf oder Famihe?“ mußte von den Frauen der DDR aufgrund der oben bereits angesprochenen günstigen Rahmenbedingungen im allgemeinen nicht getroffen werden. Daß berufstätige Frauen eine Familie, also auch Kinder hatten, war die Regel. 1989 hatten im Durchschnitt 68 Prozent der berufstätigen Frauen der DDR Kinder unter 18 Jahren. 70 Prozent bekamen ihre Kinder vor dem 25. Lebensjahr -in einer Zeit also, in der auch der Einstieg in das Berufsleben erfolgte. Das Durchschnittsalter der Frauen bei Erstheirat betrug 1988 23 Jahre, das der Männer 25 Jahre

Auch nach der Wende ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf das meist gewünschte Lebens-modell junger Frauen und Männer. Ein bis zwei Kinder werden besonders von Mädchen erträumt. Allerdings haben die Jugendlichen die neuen Zwänge begriffen und entscheiden sehr sachlich: erst einmal Fuß fassen im Beruf, Kinder später, notfalls weniger oder gar keine In den Lebens-plänen 18/19jähriger aus Leipzig kommt das Modell „ohne Berufsarbeit“ faktisch nicht vor. Die beschriebene rationale Haltung der Jugendlichen wird aber nicht nur durch die katastrophale Situation des ostdeutschen Arbeitsmarktes verursacht. Eine große Rolle spielen dabei auch die Chancen, die diese Generation gerade für sich im Erwerbsleben sieht. Anders als die Generation ihrer Mütter ordnen die jungen Frauen heute (vorläufig?) ihre durchaus vorhandenen Familienpläne dem Beruf unter. Längerfristig wollen sie das wieder ändern, ohne jedoch auf Erwerbstätigkeit zu verzichten. Familiäre Wertorientierungen dominieren weiter oder sind mit dem Beruf gleichbedeutend, werden jedoch aktuell zurückgestellt.

Nach wie vor beziehen Frauen in den neuen Bundesländern ihre Identität aus Familie und Beruf. Darauf verweisen neben entsprechenden Untersuchungsergebnissen nicht zuletzt die zu beobachtenden Alltagsprobleme von Frauen und Männern, die sich aus Arbeitslosigkeit und nicht gewünschten Altersübergangsregelungen bei realer Perspektivlosigkeit oder Ängsten davor ergeben. Das Thema „Arbeit haben“ ist allgegenwärtig. Es steht vor dem „Wie geht’s?“ bei Begegnungen, am Anfang von Glückwünschen und im Zentrum aller Pläne und Hoffnungen. Das gilt für Angehörige beider Geschlechter, wobei die Frauen härter betroffen sind: Ihre Identität ist in Gefahr geraten, Ängste, Hoffnungs-und Orientierungslosigkeit nehmen zu. Weibliche Berufstätigkeit, die Rolle der Frauen im Arbeitsleben, wird in Frage gestellt -die der Männer trotz hoher Arbeitslosenquoten nicht. Die keineswegs abgelehnte Mutterrolle ist an Verzichtleistungen bezüglich eigener Berufsarbeit gebunden, die Vaterrolle nicht oder viel weniger. Die reine Hausfrauenrolle läßt sich in Ostdeutschland wegen der niedrigen Einkommen derzeit meist nur schwer realisieren. Sie wird gegenwärtig auch dann kaum gewünscht, wenn der Beruf nicht befriedigt. Das betrifft alle Bevölkerungsschichten. Vor allem aber ist die Umsetzung des meistgewünschten Lebens-modells -eine Familie mit Kindern zu haben und einen Beruf auszuüben -in Frage gestellt.

IV. Der Einfluß von Geschlechterstereotypen auf die Geschlechterbeziehungen

Jahrhundertelang haben Geschlechterstereotype -verfestigte Einstellungen einer Gruppe gegenüber der anderen -das individuelle Verhalten über Alltagsbewußtsein, Fremd-und Selbstwahrnehmung beeinflußt. Basierend auf realen oder vermeintlichen Geschlechterunterschieden prägten vor allem die Urteile über psychische/physische Besonderheiten und Rollenverhalten von Frauen und Männern die Geschlechterverhältnisse mit. Im Zeitalter der Moderne wurden große soziale Geschlechterrollenstereotype aufgebrochen, hat sich auch die enge Bindung des Verhaltens an Stereotype gelockert. Untersuchungen in Ost wie in West belegen ein Abnehmen sowohl von Stereotypen als auch von daran gebundenen Orientierungen. Pluralismus in den Lebensstilen, Individualisierungsprozesse, Selbsterkennungsstreben und Handlungsfreiheit sind damit kaum noch vereinbar, ein nichttraditionelles Verständnis der Geschlechterverhältnisse« und Gleichstellung schon gar nicht.

Dennoch wirken Geschlechterstereotype weiter. Gegenwärtig wird sogar versucht, alte Muster -„Frauen an den Herd!“ -wieder aufzufrischen. Sie haben eine sehr lange Tradition, sind zählebig in der öffentlichen Meinung. Vor allem sind sie funktional: Sie erfüllen ihren Zweck im System der Konkurrenzwirtschaft und können daher nicht schlechthin als Überreste aus versunkenen Zeiten abgetan werden.

Untersuchungen Ende der achtziger Jahre bei 20-bis 37jährigen Facharbeiterinnen, die am ehemaligen Zentralinstitut für Jugendforschung durchgeführt wurden, sind noch immer aufschlußreich für das Zusammenwirken von alten und neuen Rollen-bzw. „Soll“ -Bildem. Auf die Frage: „Wie/was sollten Frauen und Männer sein?“ ergab sich eine unerwartet hohe Meinungsübereinstimmung der Geschlechter und der Gruppen verschiedener Regionen: Die inhaltliche Grundaussage war, daß Frauen und Männer in den verschiedenen Lebensbereichen, z. B. Beruf, Familie, Partnerschaft, gleichgestellt sein, etwa gleiche Möglichkeiten zur Entfaltung und gleiche Belastung haben und dafür entsprechende schulische Fähigkeiten, Persönlichkeits-sowie Partnerschaftseigenschaften entwikkeln sollten. Wo Differenzen zwischen den Aussagen der Geschlechtergruppen auftraten, betrafen sie stärker die traditionellen Frauen-und Männer-bilder als die neuen. Den traditionellen konnten sich Frauen seltener anschließen als Männer.

Es wurden aber auch große Widersprüche zwischen alten und neuen „Soll“ -Bildem bei einem beachtlichen Teil der männlichen und weiblichen Untersuchungsgruppe deutlich: etwa zwischen a) dem Verlangen nach gleichen beruflichen Chancen für Frauen bis in Spitzenpositionen und der ihnen weiterhin als „Soll“ -Bild zugesprochenen Hauptverantwortung für Haushalt und Familie oder b) dem Streben der Frauen nach völliger Gleichstellung und der Anerkennung des Mannes als „Oberhaupt“ der Familie.

Auch bei „Karrierefrauen“ wurde neben hohem Selbstbewußtscin, Fachkönnen und Selbständigkeitsstreben ein verbreiteter Hang nach Geborgenheit in einer gleichberechtigten Partnerschaft festgestellt (der Mann sollte schon ein bißchen „stärker“ sein).

Wie vielfältig auch immer die Ursachen für solche Widersprüche sein mögen -sie reichen von realer Erfahrung über Lebensbewältigungsstrategien bis zum Emanzipationsverständnis ein genereller Mangel an „Frauenbewußtsein“ ist daraus m. E. nicht ohne weiteres abzuleiten, wohl aber Ambivalenzen. Die in der DDR sozialisierten Frauen besitzen ein historisch anders gewachsenes und inhaltlich anders definiertes Selbstbewußtsein bzw. Frauen-und Männerrollenverständnis, als es der westliche Feminismus beschreibt und von den Ost-Frauen erwartet. Es wuchs durch die Aufgaben, Schwierigkeiten, Niederlagen und Gewinne der gelebten Verbindung von Erwerbstätigkeit und Familie, in der Frauen und Männer stark aufeinander angewiesen waren. Aber dieses Selbstbewußtsein entwickelte sich weitgehend ohne theoretischen Hintergrund. So sind die eigenen Geschlechter-gruppeninteressen nicht in genügendem Umfang definiert und nicht in ausreichendem Maße von der anderen Geschlechtergruppe abgegrenzt worden. Hier dürfte noch eine Menge aufzuarbeiten und zu beschreiben sein. So viel läßt sich jedoch derzeit schon festhalten: Ost-Frauen definieren ihr auch heute noch direkt mit Berufsarbeit verknüpftes Selbständigkeitsbestreben in der Regel nicht gegen und nicht ohne den Mann, den sie als Partner begreifen.

V. Haltungen der Männer zur Erwerbstätigkeit der Frauen

Die geschlechtstypische Arbeitsteilung funktioniert dann gut, wenn sich Frauen und Männer in ihrer Arbeits-und Lebenstätigkeit wechselseitig ergänzen. Engagement und Erfolg im Beruf setzen nach heutigen marktwirtschaftlichen Maßstäben in der Regel voraus, daß ein(e) Partner(in) für Familien-und Reproduktionstätigkeiten zur Verfügung steht. Da diese Aufgaben traditionell der Frau obliegen, gerät sie zwangsläufig in einen Rollenkonflikt, wenn sie als Ehefrau und Mutter einen Beruf ausübt. In der DDR wurde dieser Konflikt durch eine Fülle sozialpolitischer Maßnahmen partiell etwas entschärft, aber nicht gelöst. Im Gegenteil -die Zuschreibung häuslich-familiärer Aufgaben an die Frauen wurde manifestiert und damit das Dilemma zwischen Berufsanspruch und Familie sowie zwischen formaler Gleichberechtigung und realer Ungleichheit verschärft.

Unter den neuen Bedingungen stehen die Frauen „ungeschützt“ unter Druck, sich mehr oder nur noch den Familienaufgaben zu widmen: Wie oben schon angeführt wurde, haben sie deutlich geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als ihre männlichen Konkurrenten. Und es sind vor allem Männer, die über das Schicksal von Frauen befinden. Die mit Entscheidungskompetenz ausgestatteten Positionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind in der Bundesrepublik Deutschland mehrheitlich von Männern besetzt.

Mit den oben beschriebenen Verdrängungsstrategien -Frauen werden sukzessive aus dem Arbeitsprozeß herausgedrängt -folgen Männer ihren eigenen Geschlechterinteressen in mehrfacher Weise, indem sie erstens Arbeitsplätze freimachen, zweitens Konkurrentinnen ausschalten und drittens der männlichen Geschlechtergruppe das notwendige reproduktive bzw. familiäre Umfeld sichern. So können sie wirtschaftliche Kriterien als alleinigen Maßstab für Leistungsanforderungen durchsetzen, was den Gesetzen der Marktwirtschaft entspricht. Es sei jedoch hervorgehoben, daß ostdeutsche Männer, die jahrzehntelang an eine allgemeine Akzeptanz der Forderungen nach Gleichberechtigung gewöhnt waren, zumindest Verständnis für die Frauen äußern. In entsprechenden Untersuchungen wird auch von vielen Männern gefordert, Arbeitsplätze qualifikationsund leistungsgerecht zu vergeben -unabhängig vom Geschlecht

In der Familie sind die Ansichten über die Berufs-tätigkeit der Frau ambivalent: Möglichst zwei Arbeitsplätze, zumindest aber einen, in der Familie zu sichern, ist derzeit das Wichtigste. Da Männer durchschnittlich mehr verdienen und zudem stärker unter einer vermeintlichen Prestigeeinbuße leiden, wird häufiger der Arbeitsplatzerhalt für den Mann gewünscht, auch von Frauen. Aber der Verdienst des Mannes reicht oft nicht zur Sicherung des gewünschten Lebensniveaus, schon gar nicht vor dem Hintergrund der gestiegenen Ansprüche. Arbeitslosigkeit der Partnerin trifft also die Familie unmittelbar.

Bei Vollzeitarbeit beider Eltern ergeben sich für die Familie häufig enorme Belastungsprobleme. Für die Organisation der familiären Lebenswelt fehlt es heute vielfach an kommunalen Angeboten zur Unterstützung im sozialen Bereich. Die Unternehmen haben unter den Bedingungen eines äußerst harten Konkurrenzkampfes kaum noch Verständnis für die Schwierigkeiten der Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Für viele Alleinerziehende (vornehmlich Frauen) bedeutet dies das berufliche Aus.

Partner von vollerwerbstätigen Frauen mit Kindern können es meist nicht umgehen, bestimmte häuslich-familiäre Aufgaben zu übernehmen, was insbesondere von jungen Männern keineswegs nur negativ beurteilt wird. Untersuchungen am ehemaligen Zentralinstitut für Jugendforschung haben ergeben, daß Männer in der Beteiligung an familiären Aufgaben auch Gewinne sahen: Nähe zu den Kindern, Verständnis für die Situation der Frau, Selbständigkeit im Alltag, gemeinsame freie Zeit.

Vor der Wende mußte viel Zeit für Hausarbeit und Einkäufe aufgebracht werden -nicht zuletzt deshalb, weil es viele Dinge des täglichen Bedarfs oft einfach nicht zu kaufen gab. Heute stellen nach hinten verlegte Arbeits-bzw. Verfügbarkeitszeiten oder längere Arbeitswege für die Familien eine nicht minder große Belastung dar. Ohne Zutun der Väter sind die Berufs-und Familienaufgaben nur schwer zu bewältigen. Wenn beide Partner Arbeitsplätze haben, wird häufig familiäre Aufgabenteilung praktiziert. Für einen beachtlichen Teil der ostdeutschen Familien mit kleineren Kindern gilt in etwa: Väter kümmern sich um Haushalt und Kinder, während Mütter Schichtdienst leisten, sie nehmen Urlaub zur Betreuung kranker Kinder, um den Arbeitsplatz der Frau nicht zu gefährden. Junge Männer, die noch vor der Familiengründung stehen, finden es „o. k., daß meine künftige Frau als Mutter arbeitet, wenn sie will“, erklären sich bereit, dabei ihren Part zu übernehmen. Bleibt abzuwarten, wie sie in der männlich-dominierten Marktwirtschaft gefordert werden und ob die jungen Frauen trotz aller Vorsätze nicht doch das Nachsehen haben werden. Tendenzen einer rückläufigen häuslichen Arbeitsteilung infolge Arbeitslosigkeit oder einseitig starker Berufsanforderungen bei einem(r) Partner(in) sind schon auszumachen. Neu ist auch, daß die Kinder stärker in die Hausarbeit einbezogen werden „Die Wäsche waschen jetzt bei uns die Kinder, da mein Mann und ich beruflich so lange unterwegs sind“, sagt beispielsweise eine Verkäuferin mit langen Geschäfts-und Wegezeiten.

Norm der Partnerbeziehungen ist mehr die Partnerschaftlichkeit als die Hierarchie. Das ergaben Untersuchungen in West und Ost bereits in den achtziger Jahren Die Berechtigung von Gleichstellungsforderungen kann nicht mehr übersehen werden, weder privat, noch öffentlich. Die Frauen in den neuen Bundesländern befinden sich durchaus in Einklang mit den auf sie bezogenen Rollen-erwartungen der meisten Ost-Männer, wenn sie jetzt ihre Erwerbsrechte beanspruchen. Darauf verweisen unsere Untersuchungen von 1991 und 1992 übereinstimmend (Gruppendiskussionen und schriftliche Befragungen von Lehrlingen ebenso wie Interviews bei Erwerbstätigen und Arbeitslosen vor und nach eingetretener Elternschaft). Väter von kleineren Kindern nennen beispielsweise folgende Gründe dafür, daß Frauen keine längeren Arbeitsunterbrechungen über das Erziehungsjahr hinaus vornehmen sollten (in der Reihenfolge ihrer Bedeutung): die Gefahr, den Arbeitsplatz oder den Anschluß an den Beruf einzubüßen, es sich finanziell nicht leisten zu können, keine attraktive Lebensperspektive im Hausfrauendasein zu haben, die Selbständigkeit als Frau zu verlieren. 1990 betonten ostdeutsche Männer quer durch alle sozialen Schichten, daß sie für gleiche Chancen der Frauen im Beruf seien. Durchschnittlich 93 Prozent der Männer und 97 Prozent der Frauen äußerten sich in einer repräsentativen Umfrage Ende 1990 entsprechend. Weitere seitdem durchgeführte Studien bestätigen diesen Befund Interessant ist, daß in den neuen Bundesländern viele Männer den gesunkenen Einfluß der Frauen auf Beruf und Arbeit negativ bewerten; er sollte sich wieder erhöhen. Lehrlinge äußern diese Ansicht, aber auch Ältere. „Gespaltene“ Haltungen der Männer offenbaren sich, wenn es darum geht, die reale Arbeitsteilung im Beruf auszuhandeln. Nicht wenige junge Männer sehen für sich persönlich starke bis sehr starke Schwierigkeiten bei der Vorstellung, selbst arbeitslos zu sein, wenn die Ehefrau arbeitet. Die Furcht davor, daß die Partnerin arbeitslos werden könnte, ist in der Regel trotzdem sehr groß. Interessant ist, daß sich heute offenbar weniger Frauen als noch vor ein, zwei Jahren mit einem schlechten Gewissen plagen, wenn der Ehemann arbeitslos ist und sie selbst Arbeit haben.

Das in den vergangenen vier Jahrzehnten gewachsene wechselseitige Verständnis der Geschlechter-gruppen nimmt ab, wenn es mit den eigenen Interessen kollidiert. Frauen, die ihren durchaus anerkannten Nachholbedarf bezüglich Gleichstellung aufholen wollen, können daher nur begrenzt auf Unterstützung der Männer rechnen. Indem sie ihre Interessen durchsetzen, beanspruchen sie nach Lage der Arbeitsteilung Ressourcen, über die Männer bereits verfügen oder über die sie verfügen wollen Das ist unter den gegenwärtigen Arbeitsmarktbedingungen im Osten ganz besonders prekär.

VI. Die Haltungen der Frauen zur Gleichberechtigung

In der DDR galten Frauen als gleichberechtigt, aber sozial den Männern nicht gleichgestellt. Wichtige Merkmale der Gleichberechtigung, die zu den allgemeinen Menschenrechten zählen, waren trotz aller Probleme durchgesetzt, beispielsweise die Rechte auf Arbeit, Bildung, Wohnen, Leben, Gesundheit, Entscheidung über den eigenen Körper, Wählen, Gewähltwerden sowie Beanspruchung sozialer Leistungen durch den Staat. Eine spezifische „Frauenfrage“ gab es offiziell nicht. Begriffe wie „Emanzipation“, „Geschlechterrollen", „Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft“ tauchten im offiziellen Sprachgebrauch nicht auf. Für die jüngere Generation wurde der Anspruch auf gleiche Rechte und Chancen immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Aber viele Frauen ab mittlerem Alter fühlten sich Ende der achtziger Jahre „um die Gleichberechtigung betrogen“, weil ihre Lebensbedingungen zu ungleichen Chancen geführt hatten, die Familien zu sehr belastet waren und sich für sie nichts mehr vorwärts bewegte.

Die in der hohen Frauenarbeitslosigkeit der neuen Bundesländer zum Ausdruck kommende Diskriminierung von Frauen im Wettbewerb um Arbeitsplätze geht zum Teil in den allgemeinen Alltags-und Krisenerscheinungen unter. Manches spricht auch dafür, daß Frauen ihre Benachteiligungen erkennen, aber hinnehmen, sich schließlich „zufriedengeben“ und die größer werdenden Geschlechterunterschiede zulassen werden Brüche im Sozialverhalten vieler ostdeutscher Frauen sind offensichtlich: Waren sie früher selbstbewußt, forsch und durchsetzungsfähig, so sind sie heute öffentlich fast verstummt durch Belastungen, Ängste, Desorientierungen oder auch Hoffnungen. Ihre beruflichen Enttäuschungen äußern sich eher in Zukunftsängsten als in Frustration (wie bei Männern) oder in Wut. Das belegen unsere Untersuchungen Andererseits ist aber der Berufsanspruch zu vehement, sind die mit dem Abschieben ins Hausfrauendasein entstehenden Schwierigkeiten zu groß, als daß Frauen keine Auswege finden müßten. Gegenwärtig suchen sie solche vor allem gemeinsam mit dem Mann, nicht gegen ihn.

Diese Haltung hat neben individuellen (Bequemlichkeit, „Urvertrauen“: „Die können uns doch nicht einfach , hängen 4 lassen“ usw.) auch allgemein historische Ursachen, solche, die mit der vierzigjährigen Sozialisation in der Gesellschaft DDR zu tun haben. Beispiele dafür sind: -der Mythos von der erreichten Gleichberechtigung in der DDR, die Negierung und Tabuisie-rung von Problemlagen, deren Verschleierung durch beständige gesamtgesellschaftliche Erfolgsbilanzen -was kritische Sichtweisen der Frauen (wie auch der Männer) erschwerte, viele Menschen entmutigte und Gegenbewegungen hemmte -die Gleichheits-und Kollektivideologien der Gesellschaft, die nicht immer und nicht nur negativ empfunden und bewertet wurden, sondern auch mit positiven Erfahrungen verbunden waren; -die Notwendigkeit (und die Erfahrung), Lebensprobleme verschiedenster Art besser gemeinsam mit dem Partner zu lösen; -die Tatsache, daß der Arbeitsprozeß weitgehend frei von Konkurrenz war, daß es genügend Arbeitsplätze gab, die Arbeitskraft also nicht zu Markte getragen werden mußte; -die geschlechtstypischen Sozialisationsbedingungen, unter denen Frauen -noch weniger als Männer -Wettbewerb und Konfliktaustragung üben konnten; -die fehlende Erfahrung mit Demokratie und das daraus resultierende Ohnmachtsgefühl, nichts an den Verhältnissen ändern zu können; -eine im Vergleich zu westlichen Ländern geringere und spät einsetzende Forschung zur sozialen Geschlechtstypik sowie eine sehr begrenzte öffentliche Diskussion über Geschlechterunterschiede oder eine „Frauen-“ und eine „Männerfrage“; -erschwerte Kontakte und kaum innerer Zugang zu feministischen Sichtweisen in der Vergangenheit.

Wenn Frauen (und Männer) die Widersprüche nicht lösen können, die im Zusammenhang mit den Veränderungen der Geschlechterverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt auftreten, dann wird mit negativen Folgen zu rechnen sein: Frust, Gewalt, Spannungen in Familien bis hin zu innerem Zerfall, Hoffnungslosigkeit, Krankheiten mit verschiedensten Folgen, Absturz in Isolierung oder Armut, gärende Unzufriedenheit, die sich Auswege sucht. Veränderungen der Sozialstruktur innerhalb Ostdeutschlands sind zu erwarten. Frauen werden stärker als bisher und als Männer in untere Qualifikationsgruppen geraten, was sich negativ auf ihr Sozialprestige auswirkt. Familiengründungen erfolgen später oder auch in geringerem Maße.

Eine Angleichung der „weiblichen“ Erwerbsquote Ost (ehemals 91 Prozent) an die Erwerbsquote West (54 Prozent) dürfte keine Lösung sein, da sowohl die historischen Erfahrungen und daraus gewachsenen Ansprüche als auch die gegenwärtige Lebenslage der Frauen und Männer in beiden Landesteilen sehr unterschiedlich sind.

VII. Tendenzen und mögliche Ansätze

Geschlechterverhältnisse existieren auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene als soziale Ungleichheitsverhältnisse. Gegenwärtig wachsen in den neuen Bundesländern die sozialen Unterschiede zwischen den Geschlechtergruppen. Das wird nach den vorliegenden empirischen Belegen von einer Mehrheit der Bürger Ostdeutschlands nicht akzeptiert. Zunehmend öffnet sich eine Schere zwischen dem Anspruch an und der Wirklichkeit von beruflicher Gleichberechtigung im Bewußtsein von Frauen aber auch Männern.

Aktuelle Möglichkeiten für Vertreterinnen von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft liegen m. E. darin, die Verhältnisse, wie sie nun einmal in den neuen Bundesländern vorzufinden sind, zur Kenntnis zu nehmen und dementsprechend nach adäquaten, d. h. neuartigen Lösungen zu suchen. Das ist gegenwärtig zweifellos sehr schwierig, weil sich alles an Arbeitsplätzen festmacht und kurzfristig eine Wirtschaftsentwicklung mit Vollbeschäftigung für Frauen und Männer nicht in Aussicht ist. Dessenungeachtet könnten und müßten Politiker Weichen stellen. Es geht m. E. mittelfristig um zwei grundsätzliche parallele Lösungswege: erstens die weitere soziale Differenzierung nach dem Geschlecht aufzuhalten und im Osten eine echte Wirtschaftsentwicklung, vor allem im produktiven Bereich und mit Arbeitsplätzen, zu fördern, zweitens die Folgen von Arbeitslosigkeit zu mindern.

Im einzelnen wäre wichtig, -die massenhafte Verdrängung von Frauen aus dem Arbeitsprozeß zu stoppen und neu zu besetzende Arbeitsplätze ohne Diskriminierung der Frauen zu vergeben (denkbar wäre, dies durch gesetzliche Regelungen, Sanktionen, Fördermaßnahmen usw. zu beeinflussen); -ein Umfeld zu erhalten bzw. neu zu gestalten, das Familien -Müttern und Vätern -die Erwerbstätigkeit erlaubt, und zwar nicht auf Kosten der Kinder (hierzu gehören neue Dienstleistungsangebote, das Recht auf bezahlbare und brauchbare Kindereinrichtungen, flexible Arbeitszeiten und weitere Erleichterungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf); -eine Infrastruktur für die Gestaltung der Freizeit und die Lebensbewältigung ohne Erwerbs-arbeit zu schaffen, für Kontakte und soziale Netze innerhalb sowie zwischen unterschiedlichen Frauen-und Männergruppen -die Ansprechmöglichkeiten bietet, das Gefühl von Gebrauchtwerden vermittelt, bei der Entwicklung neuer Orientierungen hilft.. -eine größere Öffentlichkeit für differenzierte Frauen-und Männerinteressen herzustellen sowie -in den Ländern und Kommunen mehr rechtliche Möglichkeiten zur Realisierung von Gleichstellung zu eröffnen.

Längerfristig können Veränderungen in der Bewertung und Aufteilung von Erwerbs-und „Lebensarbeit“ sowie von produktiver und reproduktiver Tätigkeit, unter Wahrung gleicher Rechte für Männer und Frauen, die Geschlechterverhältnisse weiterentwickeln.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Christine Kulke/Heidi Kopp-Degethoff/Ulrike Ram-ming (Hrsg.), Wider das schlichte Vergessen, Berlin 1992, S. 12.

  2. Vgl. Regina Becker-Schmidt, Geschlechterverhältnis als Herrschaftsgefüge, in: Chr. Kulke u. a. (Anm. 1), S. 216; Helga Bilden, Geschlechtsspezifische Sozialisation, in: Klaus Hurrelmann/Dieter Ulich, Neues Handbuch der Sozialisationsforschung, Weinheim -Basel 1991, S. 280f.

  3. Vgl. H. Bilden (Anm. 2), S. 290-292; Elisabeth Beck-Gemsheim, Der geschlechtsspezifische Arbeitsmarkt, Frankfurt am Main-New York 1981, S. 10.

  4. Vgl. Lebensweise und Leistung junger Frauen, Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, Leipzig 1985/86; Frauenleben in Leipzig, Zentralinstitut für Jugendforschung und alma-Frauen in der Wissenschaft e. V., Leipzig 1990/91; Zur Situation von Frauen im Süden der neuen Bundesländer unter den Bedingungen von Massenarbeitslosigkeit -Gotha, Forschungsstelle Frauenforschung in der Gesellschaft für Jugend-und Sozialforschung e. V. /alma-Frauen in der Wissenschaft e. V. /Deutsches Jugendinstitut, Außenstelle Leipzig, Leipzig 1992; Frauen über 40, Forschungsgemeinschaft für Konflikt-und Sozialstudien e. V., Halle 1992; Studien zur Situation von Frauen und zur Frauenarbeitslosigkeit in den neuen Ländern, in: betr.: Frauen, Land Brandenburg, Potsdam, (1992) 2/3, S. 23/24.

  5. Vgl. Zugang zum Beruf und Verlauf der Berufsbiographie von Jugendlichen im Osten, Deutsches Jugendinstitut, Außenstelle Leipzig (die Längsschnittstudie wurde von 1985 bis 1990 am Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig durchgeführt). Das Panel umfaßte 1992 knapp 700 18-bis 19jährige Jugendliche.

  6. Vgl. Frauen in den neuen Bundesländern im Prozeß der deutschen Einigung, Institut für angewandte Sozialwissenschaft (INFAS), Bad Godesberg 1991, S. 35.

  7. Vgl. DDR-repräsentative Meinungsumfrage M 4 vom Mai 1990, Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, Leipzig 1990; vgl. auch Europäische Vergleichsstudie von Gisela Erler/Monika Jaeckel/Jürgen Sass (Arbeitsgruppe Familienpolitik), Zur Einschätzung familienpolitischer Maßnahmen, Deutsches Jugendinstitut München, München 1991/92.

  8. Vgl. Zugang zum... (Anm. 5).

  9. Vgl. Arbeitsmarkt, in: Arbeitsmarktbericht des Arbeitsamtes Leipzig, Oktober 1992, S. 4.

  10. Vgl. Beschäftigungsdefizit im Osten bei 40 Prozent, in: Leipziger Volkszeitung vom 31. 10. /1. 11. 1992, S. 25.

  11. Vgl. Immer mehr Frauen in Leipzig arbeitslos, in: ebd. vom 4. 9. 1992, S. 5.

  12. Vgl. Erwerbschancen für Frauen aus landwirtschaftlichen Berufen/ländlichen Regionen der neuen Bundesländer, Ländliche Erwachsenenbildung in Niedersachsen e. V., Hannover/Agrarsoziologische Gesellschaft e. V., Göttingen/Deutsches Jugendinstitut, Außenstelle Leipzig, in: Dokumentation des Bundesministeriums für Frauen und Jugend, Bonn 1992.

  13. Vgl. E. Beck-Gemsheim (Anm. 3), S. 3.

  14. Vgl. „Frauenförderung ja. Aber nicht auf Kosten der Männer in der Wissenschaft“, 4. Bundeskonferenz der Frauenbeauftragten an Hochschulen, in: betr.: (Anm. 4), S. 15.

  15. Vgl. Barbara Bertram, Frauen und technische Berufe, in: Werner Henning/Walter Friedrich (Hrsg.), Jugend in der DDR, Weinheim -München 1991.

  16. Vgl. Die Frau in der Deutschen Demokratischen Republik, Statistische Kennziffemsammlung, Staatliche Zentralverwaltung für Statistik, Berlin (Ost) 1989, S. 32; Gunnar Winkler (Hrsg.), Frauenreport ‘ 90, Berlin (Ost) 1990, S. 27, 80, 107f.

  17. Vgl. Längsschnittstudie (Anm. 5); Uta Starke u. a., Jugend in der Stadt Leipzig, Gesellschaft für Jugend-und Sozialforschung der Universität Leipzig, Leipzig 1991.

  18. Vgl. Frauenhandlexikon, Johanna Beyer u. a. (Hrsg.), München 1983, S. 286.

  19. Vgl. Sigrid Metz-Göckel/Ursula Müller, Der Mann, Weinheim -Basel 1986, S. 38.

  20. Vgl. Europäische Vergleichsstudie (Anm. 7).

  21. Vgl. Moritz. Jähnig, Gespaltene Geschlechter?, in: Junge Welt vom 14. November 1992, S. 26.

  22. Vgl. S. Metz-Göckel/U. MüUer (Anm. 19), S. 22-39; dazu auch Lebensweise ... (Anm. 4).

  23. Vgl. Europäische Vergleichsstudie (Anm. 7).

  24. Vgl. DDR-repräsentative Meinungsumfrage M 2 vom Januar 1990, Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, Leipzig 1990; vgl. auch Angaben in Anm. 4, 5, 7.

  25. Vgl. Irene Dölling, Der aktuelle Geschlechterdiskurs und die Macht der Wissenschaft, in: K. F. Wessel/H. A. G. Bosinski (Hrsg.), Interdisziplinäre Aspekte der Geschlechterverhältnisse in einer sich wandelnden Zeit, Bielefeld 1992, S. 174.

  26. Vgl. Hildegard Maria Nickel, Soziologische Aspekte männlicher und weiblicher Identität, in: K. F. Wessel/H. A. G. Bosinski (Anm. 25), S. 224.

  27. Vgl. Zugang zum... (Anm. 5).

  28. Vgl. Hildegard Maria Nickel, Frauen in der DDR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 16-17/90, S. 39ff.

Weitere Inhalte

Barbara Bertram, Dr. sc., geb. 1938; Professorin am Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig bis Dezember 1990, seit Januar 1991 Mitarbeiterin am Deutschen Jugendinstitut e. V. München, Außenstelle Leipzig. Zahlreiche Veröffentlichungen auf den Gebieten der Berufssoziologie, Jugend-und Frauenforschung, besonders zu Berufswahl, -bildung, -arbeit und Geschlechtstypik.