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Einheitsgewerkschaft und Sozialkatholizismus. Zur Enttraditionalisierung der politischen Kultur in den fünfziger Jahren | APuZ 45/1992 | bpb.de

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Einheitsgewerkschaft und Sozialkatholizismus. Zur Enttraditionalisierung der politischen Kultur in den fünfziger Jahren

Wolfgang Schroeder

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Zusammenfassung

In der Bundesrepublik der achtziger und neunziger Jahre scheint es selbstverständlich zu sein, daß sich die katholische Kirche und die DGB-Gewerkschaften wechselseitig akzeptieren. Dagegen war ihr Verhältnis in den Jahren 1945 bis 1960 durch höchst konfliktreiche Auseinandersetzungen geprägt, die zugleich zu den spannendsten und gesellschaftspolitisch aufschlußreichsten Kapiteln der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte zählen. Zu den Höhepunkten gehörten die Debatten um den DGB-Bundestagswahlaufruf zugunsten der SPD (1953), die Kontroversen zwischen Viktor Agartz und Oswald von Nell-Breuning SJ (1954/1955) sowie die Gründung der Christlichen Gewerkschaften. Es war aber nicht nur ein Streit zwischen Katholizismus und Einheitsgewerkschaft, sondern vielmehr noch ein innerkatholischer Gewerkschaftsstreit. Denn im Katholizismus waren die Reaktionen auf die Einheitsgewerkschaft derart uneinheitlich, daß sich ein Gewerkschafts-, ein CDU-und ein Kirchenflügel gegenüberstanden und miteinander über den richtigen Weg in der Gewerkschaftspolitik stritten. Die wichtigsten Gruppen waren die in der CDU wirkenden Sozialausschüsse, die der kirchlichen Hierarchie nahestehende Katholische Arbeiterbewegung, die aktiven katholischen Einheitsgewerkschafter und eine zwischen DGB und Kirche agierende Gruppe, die sich Christlich-soziale Kollegenschaft nannte. Die Konfliktdynamik läßt sich auf die konkurrierenden Ähnlichkeiten zwischen Katholizismus und Einheitsgewerkschaft, die Verschränkung von Sozialkatholizismus und Antikommunismus, die Hegemoniekämpfe der Gruppen und Führungspersonen im christlich-sozialen Lager und einen politikwirksamen Generationenkonflikt zurückführen. In den Konflikten mit dem DGB wurde der Sozialkatholizismus nachhaltig geschwächt. Zugleich führte der katholische Druck auf den DGB dazu, daß sich die Einheitsgewerkschaft von ihren weitgesteckten Neuordnungszielen löste. Mit dem Niedergang des traditionellen Sozialkatholizismus und mit dem Ende der „klassischen“ Arbeiterbewegung wurden wichtige Voraussetzungen für die politische Stabilität der Bundesrepublik Deutschland geschaffen.

In der Bundesrepublik der achtziger und neunziger Jahre scheint es selbstverständlich zu sein, daß sich die katholische Kirche und der Deutsche Gewerkschaftsbund wechselseitig akzeptieren. Viele Übereinstimmungen bestehen in gesellschaftspolitischen Fragen, die für die Zukunft der Bundesrepublik von besonderer Bedeutung sind, wie die rechtliche Stellung ausländischer Mitbürger, das Engagement für den erwerbsarbeitsfreien Sonntag und der Schutz des Sozial-und Rechtsstaates. Dieser Konsens findet auch in gemeinsamen Bündnissen und Aktionen von Gewerkschaftern und Kirchenvertretern seinen Niederschlag. An dieses Bündnis hat man sich gewöhnt, es ist aber für die Geschichte der Bundesrepublik neu. Bis weit in die sechziger Jahre hinein waren die Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Einheitsgewerkschaften durch Konkurrenz und Konflikt gekennzeichnet.

Während die DGB-Gewerkschaften heute als ein Garant für die politische und ökonomische Stabilität gewürdigt werden, der dazu beitrug, daß die Bundesrepublik Deutschland auch zu einem Modellfall für andere Länder wurde, standen sie in den fünfziger Jahren unter dem Verdacht, eine Gefahr für die politische und ökonomische Ordnung zu sein. Insbesondere Teile des Katholizismus bestritten die Legitimation der Einheitsgewerkschaft; aus dem Katholizismus kam 1955 sogar die Initiative zur Neugründung einer christlichen Richtungsgewerkschaft.

Die im folgenden dargestellten Kontroversen innerhalb des Katholizismus sowie zwischen Teilen des Katholizismus und den DGB-Gewerkschaften widerlegen gleich zwei vertraute Vorstellungen: Einerseits rufen sie in Erinnerung, daß die Einheitsgewerkschaft in der Adenauer-Ära keineswegs von allen politischen Flügeln der deutschen Arbeiterschaft unbestritten als Errungenschaft akzeptiert wurde. Andererseits zeigt der 15 Jahre dauernde innerkatholische Gewerkschaftsstreit, daß der Katholizismus der Adenauer-Ära nicht einfach als monolithischer Block bezeichnet werden kann, der von bischöflicher Willkür geleitet wurde

Ich gehe von der These aus, daß die zwischen den DGB-Gewerkschaften und dem Katholizismus ausgetragenen Konflikte maßgeblich dazu beigetragen haben, daß die Einheitsgewerkschaft zu einem konstitutiven Element der Bundesrepublik wurde. Durch diese Auseinandersetzungen -insbesondere sei hier erinnert an die Debatten um den DGB-Bundestagswahlaufruf zugunsten der SPD (1953), die Kontroversen zwischen Viktor Agartz und Os-wald von Nell-Breuning (1954/55), die Gründung der Christlichen Gewerkschaftsbewegung (1955) und deren offizielle Befürwortung durch die westdeutschen Bischöfe (1957) -kam es zu einer folgenreichen Schwächung traditionalistischer Politik in der Bundesrepublik.

In dramatischer Weise verdichteten sich in diesen Kontroversen die gesellschaftspolitischen Kräfteverhältnisse der Adenauer-Ära. Auf dem Spiel stand nicht nur die Ersetzung der Einheitsgewerkschaft durch Richtungsgewerkschaften mit weltanschaulicher Ausrichtung, sondern auch die republikanische Koalition der Bundesrepublik. Damit gehören die Auseinandersetzungen zwischen dem bundesdeutschen Katholizismus und den Einheitsgewerkschaften (1945 bis 1960) zu den spannendsten und gesellschaftspolitisch aufschlußreichsten Kapiteln im Streit um die politische und kulturelle Modernisierung der Bundesrepublik in den fünfziger Jahren.

I. Vorgeschichte

Die Gründung der Einheitsgewerkschaft führte nicht zum Ende aller politischen und ideologischen Konflikte in der Gewerkschaftspolitik. Statt dessen verlagerten sich die vor 1933 zwischen den Richtungsgewerkschaften ausgetragenen Kontroversen auf innerorganisatorische Fraktionskämpfe und auf außengesteuerte Einflußversuche durch Parteien Regierung und Kirchen. In den Auseinandersetzungen zwischen katholischer und sozialdemokratischer Richtung nach 1945 drückte sich die langfristig wirkende Spaltung der Arbeiterbewegung in verschiedene sozialmoralische Milieus aus, die weit ins 19. Jahrhundert zurückreicht.

Vor 1933 bildeten die sozialdemokratische Arbeiterbewegung mit ihren politischen und gewerkschaftlichen Zentren SPD und Freie Gewerkschaften auf der einen Seite sowie die katholische Arbeiterbewegung mit ihrem Bezug auf die katholische Zentrumspartei, den Verbandskatholizismus, den Volksverein für das katholische Deutschland und die Christlichen Gewerkschaften auf der anderen Seite die beiden stärksten Kräfte in der deutschen Arbeiterbewegung.

Im Gegensatz zur sozialistischen Arbeiterbewegung, die eine Klassenbewegung war, formierte sich die katholische Arbeiterbewegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Rahmen der klassen-und schichtenübergreifenden Bewegung des politischen Katholizismus Dieses heterogene Bündnis reichte vom aristokratisch-konservativen Flügel über das katholische Bürgertum, populistische Kräfte des traditionellen Mittelstandes bis hin zur katholischen Arbeiterschaft. Der ursprüngliche Charakter der katholischen Bewegung war zwar im wesentlichen defensiver Art, weil er sich gegen die Entmachtung und Benachteiligung der Kirche und der katholischen Bevölkerung wehrte, doch die Interessen der einzelnen Gruppen gingen deutlich über die Restaurierung kirchlicher Macht-und Souveränitätsansprüche hinaus. Ähnlich wie das Sozialistengesetz die Formierung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung be-schleunigte, so forcierte und festigte der Bismarcksche Kulturkampf gegbn die Katholiken die Bildung eines katholischen Sonderbewußtseins. Als Reaktion auf ein eigentümlich katholisches Unterlegenheitsgefühl gegenüber den Protestanten, einen starken Außendruck, der im sogenannten „Kulturkampf“ seinen Höhepunkt fand, zielten die Emanzipationsbestrebungen des Katholizismus jedoch weniger auf gesellschaftliche Integration als auf die Bildung einer katholischen Sonderwelt. Seinen spezifischen Ausdruck fand dies in normativen, rituellen, alltagsweltlichen und organisatorischen Grenzziehungen zu anderen gesellschaftlichen Gruppen auf konfessioneller Basis.

Die klassenübergreifende Milieukoalition des Katholizismus stützte sich auf eine eigene Gesellschaftslehre; deren wichtigste Dokumente waren die beiden Sozialenzykliken „Rerum novarum“ (1891) und „Quadragesimo anno“ Da die katholische Soziallehre sich als Gegenentwurf zu Sozialismus und liberalem Kapitalismus begriff, lehnte sie eine allein über Staat oder Markt regulierte Gesellschaft und Wirtschaft ab; statt dessen forderte sie -bei Anerkennung der gegebenen Eigentumsverhältnisse -einen umfassenden Ausgleich zwischen den verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Im Gegensatz zur sozialistischen Bewegung, die die Herstellung von sozialer Gerechtigkeit, als Ergebnis von kämpferischen Klassenauseinandersetzungen postulierte, präferierte die katholische Bewegung den Weg über partnerschaftliche Aushandlungsprozesse. Aber auch wenn man kämpferischen Konfliktformen -wie etwa dem Streit -skeptisch gegenüberstand so nahm er doch in der Praxis der Christlichen Gewerkschaften eine nicht unbedeutende Rolle ein. Da die normative Orientierung der katholischen Soziallehre keine konkrete Akzeptanz für den Status quo war, konnten sich darin sowohl marktkritische und kämpferische Positionen wiederfinden wie auch solche, die dem Status quo nur geringfügige Veränderungen abverlangen wollten.

Die sozialdemokratische wie auch die katholische Arbeiterbewegung besaßen ein eigenes Solidarnetz, eine eigene Arbeiterkultur, die nicht nur als Trennlinie zu anderen Klassen und Schichten wirkte, sondern auch als Demarkationslinie innerhalb der Arbeiterschaft. Antisozialismus und Antikatholizismus waren bis 1933 zwei Seiten einer Medaille. Es bedurfte erst der leidvollen Erfahrungen mit dem NS-Regime mit seinen zerstörerischen und zugleich modernisierenden Wirkungen sowie der flankierenden Unterstützung durch die Besatzungsmächte um die Barrieren zwischen beiden Richtungen zu senken und die organisatorische Einheit der Arbeiterschaft im gewerkschaftlichen Bereich zu stabilisieren.

II. Die Etappen des Konfliktes

Bis 1933 war es Kirche und Katholizismus gelungen, der sozialdemokratischen Bewegung einen entscheidenden „Einbruch“ in die katholische Arbeiterschaft zu verwehren. Mit der sozialdemokratischen Dominanz nach 1945 in der neuen Einheitsgewerkschaft befürchteten Teile des Katholizismus, daß die katholische Arbeiterschaft zur Sozialdemokratie abwandem und dem Einfluß von Kirche und Katholizismus entzogen würde. Vor diesem Hintergrund kam es in der Adenauer-Ära zu heftigen Kontroversen über die Akzeptanz der Einheitsgewerkschaft, die im folgenden in ihren Etappen dargestellt werden.

1. 1945-1948

Die Reaktionen auf die Einheitsgewerkschaft waren im christlich-sozialen Lager von Anfang an gegensätzlich. Hier gab es -grob unterteilt -einen Gewerkschafts-, einen CDU-und einen Kirchenflügel, ohne daß es allerdings zunächst zu größeren Konflikten gekommen wäre. Einerseits suchten jene, die sich primär in der CDU, den Katholischen Arbeitervereinen -vor allem in der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB und den Sozialausschüssen (CDA engagierten, die Möglichkeit der Wiedergründung Christlicher Gewerkschaften offenzuhalten: Entweder, um ihren Forderungen an die neue Gewerkschaft Nachdruck zu verleihen, oder weil sie grundsätzlich der Auffassung waren, daß sich eine Einheitsgewerkschaft nicht mit den eigenen Zielen vereinbaren lasse. Andererseits knüpften viele katholische Arbeiter an die Überwindung der gewerkschaftlichen Spaltung die Hoffnung, daß die Arbeiterschaft nunmehr einen starken wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einfluß ausüben könne. Trotz unterschiedlicher Positionen waren die Sozialausschüsse bis etwa 1947/48 -mit Ausnahme der KAB-Führung -als Plattform zur Koordinierung der christlich-sozialen Gewerkschaftspolitik anerkannt.

Die christlich-soziale Gewerkschaftspolitik stand gegenüber der Einheitsgewerkschaft vor dem Dilemma, daß sie weitreichende Forderungen an die Einheitsgewerkschaft richtete, aber selber nur über wenige aktive Gewerkschafter verfügte. Anlaß zur Kritik an den DGB-Gewerkschaften boten aus christlich-sozialer Sicht aktuelle programmatische und politische Differenzen, ferner auch ihre geringe Berücksichtigung in den gewerkschaftlichen Führungsgremien, die Rolle ihrer programmatischen Tradition in der Einheitsgewerkschaft sowie das Verhältnis der Gewerkschaft zu den Parteien.

2. 1948-1951

Der innerkatholische Streit über die Einheitsgewerkschaft erreichte nach der Aufhebung des alliierten Gründungsverbots für Richtungs-und Berufsgewerkschaften (1948) das Niveau einer öffentlichen Kontroverse. Die Differenzen im christlich-sozialen Lager spitzten sich zu, als die Gewerkschaften zu Protestaktionen gegen die Beschlüsse des Frankfurter Wirtschaftsrats aufriefen (1948), ferner nach dem Ausgang der 1. Bundestagswahl, wo sich statt der erhofften großen eine kleine Koalition bildete, sowie bei den Streikdrohungen zur Durchsetzung der paritätischen Mitbestimmung (1950/51).

Die begrenzte innerkatholische Offenheit gegenüber den wirtschafts-und sozialpolitischen Neuordnungszielen (paritätische Mitbestimmung, Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien etc.) der Einheitsgewerkschaft schlug in Gegnerschaft um, als der Katholizismus Anfang der fünfziger Jahre dazu überging, die Wirtschafts-und Sozialpolitik der Regierung massiv öffentlich zu unterstützen. Das innerkatholische Schlüsselereignis, in dem sich diese „Wende" kristallisierte, war die Diskussion im Anschluß an den Bochumer Katholikentag (1949). Gegen die dort verabschiedete Mitbestimmungsresolution, die die Mitbestimmung als „natürliches Recht in gottgewollter Ordnung“ bezeichnete, erfolgte eine kirchenamtlich gesteuerte Stigmatisierungskampagne, in deren Folge der bisherige sozialpolitische Pluralismus eingeschränkt, linkskatholische Positionen marginalisiert und der Brückenschlag zur Einheitsgewerkschaft in der Mitbestimmungsfrage zugunsten einer Präferenz für eigentumszentrierte Politikoptionen entwertet wurde

Daß es trotzdem nicht zu größeren Spannungen zwischen Einheitsgewerkschaften und Sozialkatholizismus kam, läßt sich auch auf die kluge und integrative Politik der DGB-Führung um Hans Böckler (1885-1951) zurückführen. Durch eine stärkere Berücksichtigung der Christlich-Sozialen im DGB-Bundesvorstand (Einführung des Proporzes), eine forcierte Ausgrenzung von Kommunisten und durch eine deutliche Unterstützung der Adenauerschen Außenpolitik gegen die SPD wurde deutlich, daß der DGB nicht einfach ein organischer Bündnispartner der SPD war, sondern auch ein zumindest partiell eigenständiger politischer Faktor.

In den Jahren 1948 bis 1951 verwandelten sich die bisher latenten Differenzen zwischen dem Parteiund dem Gewerkschaftsflügel der Christlich-Sozialen in manifeste. Zunehmend meldete sich nun auch die unmittelbar an kirchlichen Interessen orientierte KAB mit eigenen Positionen lautstark zu Wort. Die Folge war, daß es nun zu einem mehr oder weniger offenen Kampf des Gewerkschafts-, Partei-und Kirchenflügels um die Führungsrolle in der katholischen Gewerkschaftspolitik kam

3. 1952-1955

Da die Gewerkschaften am Ziel der demokratischen Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft festhielten und die Mehrheit des Sozialkatholizismus ebenso beharrlich auf der Ablehnung dieser Forderungen insistierte, bestand seit der Niederlage der Gewerkschaften im Streit um das Betriebsverfassungsgesetz (1952) bis zur Gründung Christlicher Gewerkschaften (1955) ein Dauerkonflikt zwischen den christlich-sozialen Gruppen und dem DGB

Die Gewerkschaften beharrten auf ihren Neuordnungspositionen und agierten der Tendenz nach als verbale Fundamentalopposition in der Innenund Außenpolitik, ohne auf die Entscheidungen dort jedoch einen Einfluß gewinnen zu können. Da sie zudem auch keine treffende Sprache fanden, um die veränderten Lebensbedingungen und Hoffnungen der Beschäftigten zwischen Trümmer-und Wohlstandsgesellschaft artikulieren zu können, standen sie in der Gefahr, ihre politische und moralische Kompetenz zu verspielen. Gleichzeitig wurden ihre politischen und ökonomischen Gestaltungsansprüche im Sozialkatholizismus zunehmend durch einen negativen Diskurs über Kollektivismus, Totalitarismus und Syndikalismus bestimmt

Die von den DGB-Gewerkschaften praktizierte politische Opposition gegen die Sozial-, Wirtschafts-und Remilitarisierungspolitik der Regierung forderte nicht nur den vehementen Widerstand der christlich-sozialen Gruppen, die außerhalb des DGB standen, heraus, sondern sie trug auch maßgeblich dazu bei, daß die in den DGB-Gewerkschaften aktiven Christlich-sozialen in zwei Gruppen zerfielen: Einerseits in die Gruppe der älteren Gewerkschaftsfunktionäre und andererseits in eine von einem Jesuitenpater geleitete Gruppe, die sich den Namen Christlich-soziale Kollegenschaft gab Diese mehrheitlich von jüngeren Ver-tretem der Christlich-Sozialen getragene Gruppe forderte von den älteren eine engagiertere Vertretung katholischer Positionen im DGB, war aber genau so entschieden gegen eine Christliche Gewerkschaft.

In den DGB-Gewerkschaften entwickelte sich ein Streit darüber, wie man auf den Druck der christlich-sozialen Gruppen reagieren solle. Die Kräfte um den DGB-Vorsitzenden Walter Freitag zeigten eine gewisse Offenheit für einen programmatischen Wandel im DGB und waren zugleich bereit, sich mit führenden Repräsentanten der Christlich-Sozialen an einen Tisch zu setzen. Dies war auch das erklärte Ziel der Sozialausschüsse unter ihrem Vorsitzenden Jakob Kaiser (1888-1961) Sie machten bei diesen Gesprächen, die in der Öffentlichkeit viel Beachtung fanden, keine inhaltlichen Zugeständnisse. Insofern hatten sie eher den Charakter symbolischer Integrationspolitik, und zugleich bewirkten sie eine Stabilisierung von Kräfteverhältnissen in der Einheitsgewerkschaft. Dagegen lehnten die linken Flügel unter Führung der IG Metall solche Verhandlungen grundsätzlich ab. Sie sahen darin einen illegitimen Eingriff in die Autonomie der Gewerkschaften. Ihre Abschottungsposition konnte zwar nicht die Gespräche verhindern, sie trug aber dazu bei, daß der Einfluß der Christlich-Sozialen meist auf einer nur symbolischen Ebene gehalten werden konnte.

Konsens bestand bei den opponierenden christlichsozialen Gruppen darüber, daß der DGB politisch neutralisiert werden müsse. Dieses Ziel versuchte der DGB aufzufangen, ohne substantielle Zugeständnisse machen zu müssen und ohne die Einheit selbst aufs Spiel zu setzen. Mit der Initiative der KAB für die Neugründung einer Christlichen Gewerkschaft konzentrierte sich die Debatte auf die Entscheidungssituation: Christliche Gewerkschaft oder Einheitsgewerkschaft. Durch diese Zuspitzung gerieten auch die anderen christlich-sozialen Gruppierungen unter Handlungsdruck. Während die KAB-Führung seit 1952 gezielt auf eine Neugründung Christlicher Gewerkschaften hinarbeitete, drohte die Führung der Sozialausschüsse jedoch lediglich mit einer solchen Option, strebte aber ansonsten beharrlich -über Verhandlungen -eine stärkere Berücksichtigung christlich-sozialer Interessen im DGB an.

Eine zusätzliche Dynamisierung der Kontroversen ergab sich dadurch, daß die bisher eher im Hintergrund agierenden Bezugsinstitutionen CDU und Katholische Kirche sich in dieser Phase selbst offen gegen den DGB stellten. Da viele Kleriker bzw. die kirchliche Hierarchie öffentlich als DGB-Kritiker in Erscheinung traten, entstand bei vielen Gewerkschaftern der Eindruck, daß die Kleriker und Bischöfe die eigentlichen Urheber der christlichsozialen Kritik seien. So fand auch der „Klerikalismusvorwurf“ eine Neuauflage: Kapital, Klerus und kirchenangehörige Arbeitergruppen hätten sich gegen die autonomen Ziele der organisierten Arbeiterschaft verbündet.

Die Polarisierung zwischen DGB und Teilen des Sozialkatholizismus hatte zur Folge, daß die Differenzierung im christlich-sozialen Lager größer, die internen Konflikte schärfer und somit ihre politische Bündelung immer schwieriger wurde. Die KAB war in dieser Phase die profilierteste und öffentlichkeitswirksamste Kraft. Sie beanspruchte die Führungsrolle im christlich-sozialen Lager, indem sie über die allgemeine Kritik am DGB hinausging und auch originär kirchenpolitische Themen (z. B. Schul-und allgemeine Kulturpolitik) zum Gegenstand des Konfliktes mit dem DGB erklärte. Vor diesem Hintergrund initiierte die KAB-Führung -nachdem die außenpolitische Integration der Bundesrepublik in ihren wichtigsten Teilen abgeschlossen und die finanzielle Unterstützung des Internationalen Bundes Christlicher Gewerkschaften zugesichert war -im Herbst 1955 die Gründung der Christlichen Gewerkschaftsbewegung Deutschlands (CGD).

4. 1955-1957

Die Gründung der CGD war nur mit einem sehr geringen Mitgliederschwund in den DGB-Gewerkschaften verbunden; die überwältigende Mehrheit der anfänglich auf einige tausend Mitglieder geschätzten Organisation rekrutierte sich aus bisherigen Nichtgewerkschaftem Da die DGB-Gewerkschaften aber nicht sicher sein konnten, daß die CGD nicht doch vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt als Auffangbecken für eine Abwanderungsbewegung vom DGB wirken könnte, reagierten sie zunächst mit kontinuierlicher Beobachtung der neuen Organisation, während sie -taktisch klug -offizielle Stellungnahmen möglichst vermieden. Zugleich versuchte die DGB-Führung mit dem Hinweis auf die potentielle Gefahr einer stärker werdenden konservativen Gewerkschaftspolitik die weitgehenden Forderungen des linken Flügels zu neutralisieren.

Während die CGD für den DGB keine aktuelle Bedrohung darstellte und für das Konfliktfeld zwischen Sozialkatholizismus und Einheitsgewerkschaft sogar eine gewisse Entspannung bedeutete, verstärkten sich zugleich die innerkirchlichen Konflikte über den richtigen Weg in der Gewerkschaftspolitik. Die Kontroversen spitzten sich auf die Entscheidung zu, ob die auf eine Veränderung des DGB setzende Christlich-soziale Kollegenschaft oder ob die von der KAB initiierte CGD die Unterstützung des Verbandskatholizismus, des Klerus und der kirchlichen Hierarchie erhalten werde.

Die Initiatoren, Befürworter und Sympathisanten der Christlichen Gewerkschaft hatten sich durch die Neugründung unter starken Erfolgsdruck gesetzt. Während die Initiatoren selbst mit Hinweis auf die Politik des DGB nachzuweisen suchten, daß die Gründung notwendig gewesen sei, um die Beschäftigten vor dem „machtpolitischen und intoleranten“ Zugriff der „sozialistischen DGB-Bürokratien“ zu bewahren, sahen sich die katholischen Befürworter und Sympathisanten herausgefordert, jene Organisation auch wirklich tatkräftig zu unterstützen, die sich ausdrücklich als Mittler christlich-sozialen Gedankengutes im Bereich der industriellen Beziehungen zu etablieren begann.

Der lautstarken Minderheit, die für eine deutliche Parteinahme der Amtskirche zugunsten der CGD kämpfte, gelang es, eine autoritative Stellungnahme der Bischöfe zugunsten der CGD (Frühjahr 1957) zu erwirken. Damit erreichte die offiziell markierte Distanz zwischen dem deutschen Katholizismus und der Einheitsgewerkschaft ihren Höhepunkt. Im Ergebnis führte diese Erklärung allerdings weniger zu einer Polarisierung zwischen DGB und Sozialkatholizismus als vielmehr zu einer neuerlichen Verschärfung der innerkatholischen Konflikte. Denn weder waren die Bischöfe in ihrem Urteil gegen den DGB einer Meinung, noch war die Mehrheit der katholischen Arbeiter bereit, sich durch die Option ihrer Oberhirten in ihrem Urteil über den DGB orientieren zu lassen.

Damit stellt sich die Frage: Warum konnte die CGD trotz ihrer geringen Mitgliederzahl eine so große Bedeutung für die innerkatholische Diskussion entfalten? Thesenartig seien hier einige Antworten genannt: 1. Ein großer Teil der katholischen Eliten sympathisierte mit einer christlichen Konkurrenzorganisation zum DGB. 2. Die CGD-Befürworter konnten darauf verweisen, daß mit der neuen Organisation nun endlich auch im Bereich der industriellen Beziehungen eine Vermittlungsebene bestehe, die im Sinne der „Rechristianisierung der Gesellschaft“ wirken könne. 3. Die Eigendynamikder christlich-sozialen DGB-Kritik machte es auch den katholischen DGB-Befürwortem in Klerus und Episkopat -die zwar große Teile dieser Kritik teilten, aber aus taktischen und machtpolitischen Gründen für den DGB plädierten -sehr schwer, eine wirkungsvolle Abwehr gegen den CGD zu mobilisieren. Sie kämpften zwar nicht gegen die bischöfliche Stellungnahme zugunsten der CGD, waren aber auch nicht bereit, sie mitzutragen. 5. 1958-1960

Auch dem entschiedensten CGD-Befürworter in der kirchlichen Hierarchie oder in der CDU war in den Debatten um die Bischofserklärung bewußt geworden, daß eine Unterstützung für die CGD nicht von oben angeordnet werden konnte. Aus dieser Einsicht erfolgte ein Strategiewechsel: Um die katholischen Interessen auf einer breiteren Ebene wirkungsvoll durchsetzen zu können, sollte sowohl auf die CGD als auch auf den DGB Einfluß genommen werden. Die damit einhergehende innerkirchliche Entspannung bot der Christlichsozialen Kollegenschaft -eine Gruppierung christ-licher Gewerkschafter im DGB -die Möglichkeit, wieder entschiedener gegen die Politik der DGB-Gewerkschaften zu opponieren, ohne damit gleich die eigene Existenz in Frage zu stellen. Ob sich der DGB in der Bewegung gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr engagierte oder für die Wiedervereinigung in sozialdemokratischer Perspektive -die Kollegenschaft war immer als öffentlicher Kritiker zur Stelle.

Obwohl nicht wenige führende Gewerkschafter dazu neigten, die Kollegenschaft offiziell zu verbieten, scheute man die damit verbundenen Folgen und setzte auf Neutralisierung bei gleichzeitiger Ablehnung aller Forderungen, die von der Kollegenschaft vorgebracht wurden. Da die Kollegenschaft zudem von der CDA aufgefordert wurde, sich ihrer Politik unterzuordnen, sah sie sich nun neuerlich von zwei Seiten bedrängt. Schließlich beendete die Kollegenschaft im Oktober 1960 ihre Existenz „im DGB“.Im gewerkschaftspolitischen Bereich führte die gestiegene Bereitschaft des DGB und einzelner Industriegewerkschaften, sich auf Elemente christlich-sozialer Reformpolitik einzulassen, zum Bedeutungsverlust der christlich-sozialen Gewerkschaftskritik. Nach der wenig erfolgreichen Gründung der Christlichen Gewerkschaftsbewegung und dem Ausscheiden der Christlich-sozialen Kollegenschaft aus dem DGB fand der innerkatholische Gewerkschaftsstreit zwar kein Ende, aber immerhin bestanden nun günstigere Voraussetzungen für eine Depolarisierung zwischen DGB und christlich-sozialem Lager.

Die Zäsur des Jahres 1960 bedeutete einerseits, daß kirchlich-konfessionell geprägte Politikvorstellungen im gewerkschaftspolitischen Raum nun keine politisch relevanten Vermittlungsmöglichkeiten mehr besaßen, denn die KAB hatte sich bereits 1955 mit der Option für die CGD aus dieser Arena verabschiedet und die Kollegenschaft folgte diesem Beispiel 1960. Übrig blieben -überspitzt formuliert -einzelne Kleriker, die als Katholiken weiterhin mit dem DGB zusammenarbeiteten und auf dieser Basis von Fall zu Fall Kritik formulierten. Andererseits drückte sich die Zäsur des Jahres 1960 darin aus, daß der seit 1948 manifeste Bruch zwischen dem Gewerkschafts-und dem Parteiflügel der Christlich-Sozialen, der die Konfliktdynamik der fünfziger Jahre entscheidend mitverursacht hatte, durch die Schaffung der Arbeitsgemeinschaft christlich-demokratischer DGB-Gewerkschafter erheblich relativiert werden konnte.

III. Ursachen der Konfliktdynamik zwischen Sozialkatholizismus und DGB

1. Konkurrenz der Ziele und die Einbindung in gegnerische politische Blöcke

Durch die NS-Zeit sahen sich Katholizismus und Einheitsgewerkschaft in ihren moralischen und politischen Grundhaltungen derart bestärkt, daß sie daraus für sich jeweils den Anspruch auf einen umfassenden gesellschaftspolitischen Einfluß ableiteten. Beide engagierten sich mit weitreichenden und zugleich konkurrierenden gesellschafts-und sozialökonomischen Zielen (Rechristianisierung der Gesellschaft contra Wirtschaftsdemokratie) für eine Neuordnung der gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Sie konkurrierten mit ihren Deutungsangeboten und Gestaltungskonzepten um die Gunst der katholischen Arbeiterschaft sowie um die Gestaltung der politischen, kulturellen und ökonomischen Gesellschaftsbereiche.

Verschärft wurde die Konkurrenz zwischen der Einheitsgewerkschaft und dem Sozialkatholizismus durch die Verbindung mit konkurrierenden Parteien. So wie der DGB die SPD unterstützte, so lehnte sich der Katholizismus eng an die CDU an. Die programmatischen Eckpfeiler von Unionsparteien und Katholizismus lauteten: marktwirtschaftliche Wirtschaftsverfassung mit sozialpolitischer Kompensation, militärische und politische Westintegration sowie konfessionelle Schul-und Kulturpolitik. Dagegen forderten SPD und DGB eine stärkere Mischung von Markt-und Planelementen, kritisierten die militärische Westintegration und plädierten eher für eine laizistische Schul-und Kulturpolitik.

Viele aktive Gewerkschafter stellten die neue politische Qualität der Bundesrepublik gegenüber der Weimarer Republik in Frage. Sie deuteten das aktuelle Geschehen als restaurativ und reagierten häufig verbalradikal auf die herrschende Politik. Dagegen begriff die Mehrheit des Sozialkatholizismus die Bundesrepublik -bei allen Abstrichen -als ihre Republik; schließlich stand mit Konrad Adenauer einer der Ihrigen an der Spitze.

Die Unvereinbarkeit der programmatischen Ziele und das Beharren auf der eigenen Position führten dazu, daß sich die nach den Erfahrungen der NS-Diktatur als überwunden geglaubte Polarisierung zwischen sozialdemokratischer Arbeiterbewegung und Katholizismus in den fünfziger Jahren revitalisierte. Die jeweiligen Einheitsbestrebungen der DGB-Gewerkschaften und des Katholizismus waren politisch, ideologisch und emotional so stark besetzt, daß die Forderungen der anderen Seite jeweils als unzulässige Einmischungsversuche im eigenen Lager wahrgenommen wurden. Obwohl die Einheitsgewerkschaft nicht nur die traditionellen Lager und Richtungen der Arbeiterbewegung, sondern auch den Katholizismus durchmischte, vermittelten die Konflikte der fünfziger Jahre den Eindruck, als stünden sich mit dem Katholizismus und der Einheitsgewerkschaft zwei nahezu abgeschottete politische Teilkulturen gegenüber.

2. Schuldzuweisungen

Während der Sozialkatholizismus den DGB in den Bereich des Sozialismus einordnete, stand der Sozialkatholizismus für viele Gewerkschafter in der Nähe der Unternehmerschaft und war zudem ein Transmissionsriemen für klerikale Politik. In dieser wechselseitigen Schuldzuweisung kam die spezifische innenpolitische Freund-Feind-Konstellation der fünfziger Jahre besonders zum Ausdruck.

Viele aktive DGB-Gewerkschafter erlebten die christlich-soziale Gewerkschaftskritik als versuchte Gleichschaltung mit regierungsamtlichen und unternehmerischen Interessen. In dieser Einschätzung sahen sie sich bestätigt, da in einigen Konflikten die Untemehmerpositionen teilweise deckungsgleich waren mit denen des Sozialkatholizismus. Beispielsweise war die aus der KAB kommende Ablehnung der gewerkschaftlichen Forderungen zum Betriebsverfassungsgesetz nahezu identisch mit der Kritik aus den Unternehmerverbänden Dies trug lange Zeit dazu bei, daß die Politikangebote der Christlich-Sozialen (z. B. Situationseinschätzungen, Investivlohnpolitik, Vermögenspolitik) in den meisten DGB-Gewerkschaften nicht ernsthaft diskutiert wurden bzw. erst dann, wenn sie von sozialdemokratischer Seite vorgetragen wurden, wie im Falle des Investivlohnes durch Georg Leber.

Viele Katholiken sahen die Gewerkschaften wiederum in der Gefahr, sozialistische Tendenzen in Westdeutschland zu unterstützen. Bestätigt sahen sie sich dabei durch die konzeptionellen Vorstellungen der Gewerkschaften, durch deren kritische Vorbehalte gegen die Regierungspolitik sowie insbesondere das gewerkschaftliche Engagement im Kampf gegen die Remilitarisierung.

Der Sozialkatholizismus war seinem eigenen Verständnis nach strikt antisozialistisch eingestellt. Vor dem Hintergrund des „Kalten Krieges“ entstanden im Sozialkatholizismus der fünfziger Jahre eine Fülle von Initiativen und Gruppen, die sich primär im Kampf gegen die kommunistisch/sozialistische Politik in der Bundesrepublik engagierten. Die Finanzierung ihrer Aktionen -speziell ihr öffentlichkeitswirksames • Engagement gegen die Politik der DGB-Gewerkschaften -basierte zu großen Teilen auf Zuwendungen, die sie vom Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen (Mini­ ster Jakob Kaiser) und anderen privaten oder öffentlichen Geldgebern erhielten Ohne diese Zuwendungen wären weder die Vielfalt der Aktionen und Offensiven gegen den DGB noch die innerkatholischen Gruppenkämpfe auf diesem Niveau durchführbar gewesen.

3. Die Schwäche der Christlich-Sozialen und das Integrationsdefizit der Einheitsgewerkschaft

Daß sich der Konflikt zwischen Sozialkatholizismus und Einheitsgewerkschaft derart dynamisieren konnte, läßt sich nicht nur auf die unterschiedlichen programmatischen und strategischen Orientierungen zurückführen. Berücksichtigt werden muß dabei auch die politische Schwäche der Christlich-Sozialen im DGB und die Integrationsdefizite der sozialdemokratischen Mehrheitsrichtung gegenüber denjenigen, die sich dem christlich-sozialen Lager zugehörig fühlten. Die Schwäche der Christlich-Sozialen drückte sich in ihrer quantitativen Minderheitsposition aus, die sie im Katholizismus, der CDU und dem DGB innehatten. Damit einher ging ein häufig beklagtes politisches Unterlegenheitsgefühl sowie ein durchsetzungsschwaches Politikprofil.

Die sozialdemokratische Mehrheitsrichtung wiederum war -insgesamt betrachtet -nicht in der Lage gewesen, angemessene Strategien zu entwikkeln, um die Kluft zwischen der politischen und kulturellen Realität der Einheitsgewerkschaft sowie dem Denken und Fühlen in der christlichsozialen Arbeiterschaft zu überbrücken. Verstöße gegen die parteipolitische Neutralität, eine einseitige gewerkschaftliche Schulungsarbeit und Geschichtsschreibung wurden häufig vergeblich beklagt. Zudem mangelte es der Einheitsgewerkschaft auch an Symbolen, durch die die Integration der katholischen Arbeiterschaft hätte erleichert werden können: Dies kritisierte beispielsweise der christlich-soziale Matthias Föcher, der später stellvertretender DGB-Vorsitzender (1949-1956) war, bereits 1947: „Auch sollte in der Gewerkschaftsbewegung das kindliche Spiel mit sogenannten Parteifarben unterbleiben, das bei Umzügen, Kundgebungen und bei Tagungen immer wieder beliebt ist. Es gibt nun eben Hunderttausende von Mit-gliedern, die nicht für die rote Farbe schwärmen und eine rote Gewerkschaftsbewegung ablehnen.“

4. Versuch, durch eine Anti-DGB-Politik den gesellschaftlichen Machtverlust des Katholizismus zu kompensieren

Den Katholizismus der fünfziger Jahre charakterisierte einerseits eine habituelle, geistige und konzeptionelle Hinordnung auf eine vormodeme Gesellschaft mit einer starken Stellung der Kirche und einem geringen Grad an gesellschaftlicher Differenzierung, Individualisierung und Demokratisierung. Andererseits unterstützte er jene politischen und ökonomischen Projekte, die maßgeblich zur Modernisierung der Bundesrepublik beitrugen und damit auch den katholischen Zielen den Boden un-ter den Füßen wegzogen.

Wie keine andere gesellschaftliche Gruppe setzte sich der Katholizismus aktiv für die CDU, die Westintegration, die soziale Marktwirtschaft und die Wiederbewaffnung ein. Als nicht beabsichtigtes Ergebnis unterstützte man damit zugleich auch gerade jene beschleunigte gesellschaftliche Pluralisierung und Enttraditionalisierung, die die Bedingungen für ein geschlossenes Auftreten des Katholizismus ebenso untergruben wie die Realisierungschancen der eigenen politischen Ziele. Das zeigte sich besonders nachdrücklich im Falle der CDU: Dort gab es zwar viele Funktionseliten, die der kirchlichen Hierarchie nahestanden, trotzdem gelang es dem Katholizismus nicht einmal auf dem für ihn so wichtigen kulturpolitischen Gebiet, die CDU auf den katholischen Kurs zu bringen.

Deshalb suchten profilierte Vertreter eines politischen Katholizismus nach Möglichkeiten, um den Prozeß der gesellschaftlichen Modernisierung durch nachträgliche Gegenprojekte zu konterkarieren. Besonders notwendig erschien ihnen diese gesellschaftliche Restauration im Hinblick auf die Einheitsgewerkschaft, in der man sowohl einen politischen Kontrahenten wie auch einen Katalysator für die beschleunigte Erosion des sozial-katholischen Milieus sah. In diesem Sinne besaß das antimodernistische Engagement großer Teile des Verbandskatholizismus in der Gewerkschaftspolitik kompensatorischen Charakter und glich einem vergeblichen Kampf gegen die Windmühlen.

IV. Ursachen der innerkatholischen Konfliktdynamik

1. Konkurrierende gewerkschaftspolitische Strategien

Das in der Weimarer Republik noch bestehende Beziehungsgeflecht zwischen Zentrumspartei, Christlicher Gewerkschaft und Katholizismus konnte 1945 nicht wiederhergestellt werden. Statt dessen wurde durch die Gründung von CDU und DGB der bereits vor 1933 begonnene Differenzierungsprozeß im sozialen Katholizismus forciert.

Der Antikommunismus und der kulturelle Antimodernismus waren die entscheidenden, vom Katholizismus präferierten Gliederungspunkte des politischen Raumes. Zwar gab es im Katholizismus über diese Polarisierung ein hohes Maß an Konsens, doch differierten die Auffassungen darüber, wie diesen Zielen am wirksamsten entsprochen werden könne, gerade in der Gewerkschaftsfrage erheblich.

Aufgrund der Offenheit der Situation, die sich im Fehlen eines stabilen Konsenses zwischen Sozialkatholizismus und DGB ausdrückte, wurden nach dem Prinzip von „Versuch und Irrtum“ die unterschiedlichsten Beziehungs-und Interventionsformen probiert: Die KAB proklamierte die Unvereinbarkeit zwischen Katholizismus und DGB; konsequenterweise forderte sie deshalb eine eigene Christliche Gewerkschaft. Die Christlich-Sozialen im DGB betrachteten hingegen den DGB als eine große Chance für den sozialen Katholizismus (bessere Interessenvertretung als über Richtungsgewerkschaften, Abbau der ideologischen Spannungen zwischen Kirche und Arbeiterbewegung). Diese Chance könne aber nur durch aktive Mitarbeit der Katholiken genutzt werden und nicht durch Einflußnahmen von außen. Die Sozialausschüsse suchten durch öffentliche Interventionen die DGB-Gewerkschaften von außen zu beeinflussen. Während die Sozialausschüsse zwischen CDU und DGB zu vermitteln suchten, zielte die Christlich-soziale Kollegenschaft primär auf einen Ausgleich zwischen Katholizismus und Einheitsgewerkschaft. Im Gegensatz zu den Sozialausschüssen akzeptierten sie im allgemeinen die DGB-Position. Ihre innergewerkschaftliche Oppositionsarbeit besaß jedoch eher den Charakter einer fraktionellen Unterwanderung des DGB.

Diese unterschiedlichen Strategien lassen sich zurückführen auf unterschiedliche -Erfahrungen und Verarbeitungen des Nationalsozialismus; -Deutungen des Verhältnisses zwischen Einheitsgewerkschaft und sozialistischer Politik sowie auf ein unterschiedliches -Gesellschafts-, Gewerkschafts-und Kirchenverständnis, insbesondere im Hinblick auf die demokratische Dimension.

2. Das Interesse der Gruppen an sich selbst

Neben der unterschiedlichen Verarbeitung gesellschaftlicher Entwicklungen ist das Interesse der Gruppen an sich selbst der zweite entscheidende Grund für die divergierenden gewerkschaftspolitischen Strategien im Sozialkatholizismus. Auch wenn es in Grundsatzfragen häufig eine weitgehende Übereinstimmung gab und in einzelnen Aspekten auch eine konkrete Interessenidentität bestand, so war doch immer die Angst vorhanden, durch eine der anderen Gruppen dominiert oder gar überflüssig zu werden. Um sich angesichts der nur geringen Zahl von Aktivisten und der Überorganisation im christlich-sozialen Lager durch schnelle Reaktionen auf die Politik des DGB behaupten zu können, mußte sich daher jede Gruppe um eine möglichst effektive und eigensinnige Vertretung der christlich-sozialen Interessen bemühen. Die aus diesem Erfolgszwang resultierende Dynamik der christlich-sozialen Gewerkschaftspolitik korrespondierte jedoch nicht notwendig mit der Politik des DGB, sondern sie war häufig dem Interesse der Gruppen an sich selbst geschuldet oder dem Kampf um Positionen in Regierung, CDU und Katholizismus.

3. Generationenunterschiede

Auffallend ist, daß sich unter den gewerkschaftspolitisch Aktiven im christlich-sozialen Lager zwei Altersgruppen gegenüberstanden, die durch unterschiedliche generationenspezifische Erfahrungen geprägt waren. Die ältere Generation, die 1945 am Aufbau der Einheitsgewerkschaft teilnahm, war geprägt durch einen relativ autonomen Laienkatholizismus, die Konkurrenz der Richtungsgewerkschaften in der Weimarer Republik sowie durch deren Zusammenbruch und ihre eher distanzierte Haltung zum Nationalsozialismus. Mit der Gründung der Einheitsgewerkschaft erfüllte sich für sie ein lange gehegter Wunsch: Die Einheit erschien ihnen als eine unverbrüchliche Zukunftsorientierung, mit der sich soziale Gerechtigkeit realisierte und der Kampf zwischen den Weltanschauungen zugunsten einer starken Interessenvertretung der Beschäftigten vermieden oder zumindest entschärft werden sollte. In den fünfziger Jahren verteidigten sie deshalb die Einheitsgewerkschaft gegen die Angriffe aus dem Katholizismus und der CDU.

Die jüngere Generation kannte dagegen die Richtungsgewerkschaften nicht aus eigener Erfahrung. Ihre entscheidende Prägung erhielt sie erst während des Nationalsozialismus durch Hitler-Jugend und Kriegsteilnahme sowie durch ihr Engagement im Katholizismus der NS-Zeit. Über die katholische Jugendarbeit und ihr betriebliches Engagement sind viele von ihnen in der Nachkriegszeit zu aktiven Gewerkschaftern geworden. Lehnten die älteren jedwede Form des Klerikalismus und des politischen Katholizismus ab, so waren die jüngeren -aufgrund ihrer zuweilen rigiden Bindung an die Kirche von der Notwendigkeit einer Rechristianisierung überzeugt -in den fünfziger Jahren die aktiven Träger einer Revitalisierung katholischer Politik.

4. Mangel an profilierten Führungspersönlichkeiten

Im Gegensatz zur Weimarer Zeit gab es in der Rekonstruktionsperiode der Bundesrepublik lediglich einige erfahrene Gewerkschafter ohne profilierte parteipolitische Ambitionen (z. B. Matthias Föcher und Bernhard Tacke [geb. 1907]), und nur wenige Intellektuelle bemühten sich darum, zwischen Katholizismus und DGB-Gewerkschaften zu vermitteln (z. B. Eberhard Welty OP [1902-1965], Oswald von Nell-Breuning SJ [1890-1991] Das Fehlen akzeptierter gesellschaftlicher Repräsentanten hatte letztlich auch ein Machtvakuum zur Folge.

Die zahlenmäßig kleine und zugleich schwache christlich-soziale Führungsschicht im DGB sah sich fortwährend dem Angriff ausgesetzt, die christlichsozialen Interessen nicht effektiv zu vertreten oder sie sogar zu verraten. In dieser Konstellation erhoben verbandspolitische (Bernhard Winkelheide [1908-1988], Johannes Even [1903-1964] und parteipolitische Repräsentanten (Jakob Kaiser bis hin zum Bundeskanzler) sowie sozialpolitisch ambitionierte Kleriker (von Herbert Reichel SJ [1913— 1983] bis hin zu Bischöfen) für sich den Anspruch, die „echten“ christlich-sozialen Interessen zu vertreten, und sahen sich deshalb legitimiert, die christlich-soziale Arbeiterschaft zu führen. Diese Wortführer brachten aber nicht nur die vorhandenen Habitusmuster und Interessen der katholischen Arbeiterschaft zur Sprache, sondern sie versuchten damit, auch ihre eigenen Interessen in der CDU oder im Katholizismus zu stärken.

In dem Maße, wie sich die christlich-soziale Arbeiterschaft auf immer mehr Gruppen verteilte und damit zugleich an Bedeutung verlor, wurde auch die Kritik an ihren Wortführern lauter. Diese traf insbesondere jene, die sich -wie Jakob Kaiser -nicht für ein Amt in der Gewerkschaft, sondern für Funktionen in CDU und Regierung zur Verfügung stellten. Über eine Personalisierung der Konflikte suchten bereits viele Zeitgenossen die Ursache für die Schwäche des Sozialkatholizismus in der Gewerkschaftspolitik zu erklären; repräsentativ war die Aussage eines KAB-Funktionärs: „Zerschlagen aber sind wir von den führenden Persönlichkeiten selber. Durch ihren Eigennutz, ihre mangelnden Führerqualitäten haben sie uns schwersten Schaden zugefügt. Ihre Ämterhäufung, ihr persönlicher Materialismus machte sie unfähig, weiter zu sehen, idealistisch zu denken und zu handeln.“

V. Zur Bedeutung dieser Konflikte für die Einheitsgewerkschaft und den Katholizismus

1. Katholizismus

Mit der Gründung der Christlichen Gewerkschaften erreichte das Projekt eines politischen Katholizismus für die Bundesrepublik sowohl seinen letzten relevanten Höhe-wie auch seinen Endpunkt. Obwohl sich die Bischöfe mehrfach für die Christ-lichen Gewerkschaften ausgesprochen hatten, votierte die überwältigende Mehrheit der katholischen Arbeiterschaft gegen die neugegründeten Christlichen Gewerkschaften. Darin drückte sich ebenso die Absage an einen politischen Katholizismus aus wie eine relative politische Unabhängigkeit der Laien.

Der innerkatholische Gewerkschaftsstreit bewirkte eine Selbstneutralisierung des traditionellen Sozialkatholizismus: Erstens verlor der kirchlich gebundene Sozialkatholizismus damit seine Be­ deutung als Bezugspunkt für die christlich-soziale Gewerkschaftspolitik. Statt dessen wurde die sich in der christlich-sozialen Tradition veraltende Gewerkschaftspolitik seit 1960 von den Sozialausschüssen der CDU getragen. Zweitens verlor der Sozialkatholizismus einen großen Teil seines Einflusses auf die CDU und wurde als Mobilisierungsfaktor und als politisches Rekrutierungslager für die CDU allmählich unbedeutender. In diesem Sinne steht die parteipolitische Umorientierung der katholischen Arbeiterschaft in Nordrhein-Westfalen mit der Gewerkschaftsdebatte in Verbindung. Denn in den fünfziger Jahren wurde aus der ehemaligen Hochburg der katholischen Arbeiterbewegung, deren politische Orientierung dem Zentrum und später der CDU galt, das bundesdeutsche Stammland der Sozialdemokratie.

Nach der Option für die CDU und dem Aufgeben originärer katholischer Gestaltungskonzepte machte die wenig erfolgreiche Gründung der Christlichen Gewerkschaften den Weg frei für eine weitere Enttraditionalisierung des Sozialkatholizismus und für seine Integration in eine sich modernisierende Bundesrepublik.

2. Einheitsgewerkschaft

So zerstritten die christlich-sozialen Gruppen auch waren, ihre Gewerkschaftskritik bewirkte -wenn auch unterschiedlich motiviert und orientiert -eine öffentlichkeitswirksame Front gegen die Politik der DGB-Gewerkschaften. Der damit verbundene permanente Außendruck gegen die DGB-Gewerkschaften beeinflußte nachhaltig das innergewerkschaftliche Kräfteverhältnis zwischen den verschiedenen sozialdemokratischen Strömungen: Gestärkt wurden die pragmatisch orientierten Kräfte, während dagegen sozialistische Tendenzen mit weitreichenden Neuordnungsvorstellungen geschwächt wurden. Vor dem Hintergrund der Spaltung Deutschlands forcierte die christlich-soziale Gewerkschaftskritik die Ausgrenzung bzw. Marginalisierung des kommunistischen und linkssozialistischen Flügels aus der Einheitsgewerkschaft.

Somit hatte die christlich-soziale Gewerkschaftspolitik auch einen Anteil daran, daß sich die Einheitsgewerkschaft und mit ihr auch die Sozialdemokratie von zentralen Traditionshypotheken und Veränderungsvorstellungen verabschiedete und dadurch schließlich die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedingungen der sechziger Jahre stärker beeinflussen und gestalten konnte als andere gesellschaftspolitische Kräfte. In diesem Sinne wirkte der permanente Außendruck der Christlich-Sozialen als Modernisierungsfaktor auf DGB und SPD, indem er im DGB eine ähnlich nachhaltige Wirkung erzielte wie die Wahlniederlagen bei den Bundestagswahlen bei der SPD. Damit war die katholische Gewerkschaftsdebatte ein entscheidender Beitrag zum Ende der klassischen Arbeiterbewegung.

Der katholische Gewerkschaftsstreit führte im Ergebnis zu einer Annäherung zwischen sozialkatholischen und sozialdemokratischen Mehrheitspositionen. Gleichzeitig verbesserte sich die Integrationsfähigkeit der Einheitsgewerkschaft gegenüber der katholischen Arbeiterschaft, wenn auch deren Integration weiterhin nicht ganz unproblematisch sein sollte. Auf diese Weise wurde die Einheitsgewerkschaft gestärkt. Trotz dieser Annäherung blieb die sozialdemokratische Hegemonie in der Einheitsgewerkschaft gewahrt, denn die Spaltung des Sozialkatholizismus schwächte den eigenen Druck derart, daß er eher einen diffusen Charakter bekam und damit kaum noch einen an den eigenen konkreten Gestaltungszielen orientierten Einfluß hatte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. zu diesem Thema: Helene Thiesen, Christlichsoziale Arbeitnehmerschaft und Gewerkschaftsfrage 1945-1953, Diss., Bonn 1988; Wolfgang Schroeder, Gewerkschaftspolitik zwischen DGB, Katholizismus und CDU 1945-1960. Katholische Arbeiterführer als Zeitzeugen in Interviews, Köln 1990; ders., Katholizismus und Einheitsgewerkschaft. Der Streit um den DGB und der Niedergang des Sozialkatholizismus in der Bundesrepublik bis 1960, Bonn 1992.

  2. Vgl. Wolfgang Schroeder, Christliche Sozialpolitik oder Sozialismus. Oswald von Nell-Breuning, Viktor Agartz und der Frankfurter DGB-Kongreß 1954, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, (1991) 2, S. 179-220.

  3. Vgl. Horst-Dieter Scholl, Die Neugründung Christlicher Gewerkschaften in Westdeutschland. Ihre Vorgeschichte und Ursachen, Problematik und Entwicklung, Diss., Marburg 1960.

  4. Vgl. Christoph Kleßmann, Betriebsgruppen und Einheitsgewerkschaft. Zur betrieblichen Arbeit der politischen Parteien in der Frühphase der westdeutschen Arbeiterbewegung 1945-1952, in: Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte, (1983), S. 272-307.

  5. Vgl. Wilfried Loth, Katholiken im Kaiserreich. Der politische Katholizismus in der Krise des wilhelminischen Deutschlands (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 75), Düsseldorf 1984.

  6. Vgl. Texte zur katholischen Soziallehre I. Die sozialen Rundschreiben der Päpste und andere kirchliche Dokumente, hrsg. vom Bundesverband der KAB, Kevelaer 1976.

  7. Vgl. Michael Schneider, Die Christlichen Gewerkschaften 1894-1933, Bonn 1982.

  8. Vgl. J. K. Detlef Peukert, Die Lage der Arbeiter und der Widerstand im Dritten Reich, in: Ulrich Borsdorf (Hrsg.), Geschichte der deutschen Gewerkschaften von den Anfängen bis 1945, Köln 1987, S. 447ff.

  9. Vgl. Ralf Dahrendorf, Gesellschaft und Demokratie, München 1971, S. 415ff.; Michael Prinz/Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, Darmstadt 1991.

  10. Bis 1948 lehnten die Besatzungsmächte die Gründung von Konkurrenzgewerkschaften kategorisch ab. Vgl. Michael Richter, Besatzungsmacht und Gewerkschaften. Zur Entwicklung und Anwendung der US-Gewerkschaftspolitik in Deutschland 1944-1948, Opladen 1982.

  11. Die Tradition der katholischen Arbeitervereine reicht bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts zurück. Vgl. Texte zur katholischen Soziallehre II. Dokumente zur Geschichte des Verhältnisses von Kirche und Arbeiterschaft am Beispiel der KAB, Kevelaer 1976.

  12. Die Sozialausschüsse sind 1945 gegründet worden. Vgl. Herlind Gundelach, Die Sozialausschüsse zwischen CDU und DGB. Selbstverständnis und Rolle 1949-1966, Diss., Bonn 1983.

  13. Vgl. W. Schroetter, Katholizismus und Einheitsgewerkschaft (Anm. 1), S. 112ff.

  14. Die Linkskatholiken waren keine feste Gruppe, sondern einzelne Personen. Ihre bekanntesten Vertreter waren Intellektuelle wie Eugen Kogon und Walter Dirks. Den Katholiken im DGB haben sie unterstützend zur Seite gestanden, jedoch gab es jenseits der gewerkschaftlichen Unterstützung nur wenige politische Gemeinsamkeiten; vgl. Wolfgang Schroeder, Linkskatholische Partisanen, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, (1990) 2, S. 164-172.

  15. Vgl. Paul Botta, Bürger oder Arbeiter? Um den Rheinischen Merkur, in: Michael, 19. 2. 1950.

  16. Der erste DGB-Vorsitzende, Hans Böckler, bekannte sich vor dem DGB-Kongreß freimütig zu dieser Politik: „Ich verfolge den Zweck -ich kann es dem Kongreß ruhig sagen -, der christlichen Richtung eine etwas stärkere Position im künftigen Bundesvorstand einzuräumen, als sie bis jetzt innehatte.“ (Protokoll des Gründungskongresses des DGB, 1950, S. 238).

  17. Die protestantische Seite war in diesen Streit auch involviert; auch bei ihr gab es Befürworter und Gegner der Einheitsgewerkschaft. Sie hatte aber sowohl quantitativ wie auch qualitativ keinen entscheidenden Einfluß auf die Konfliktdynamik.

  18. Vgl. Werner Müller, Die Gründung des DGB, der Kampf um die Mitbestimmung, programmatisches Scheitern und der Übergang zum gewerkschaftlichen Pragmatismus, in: Hans-Otto Hemmer/Kurt-Thomas Schmitz (Hrsg.), Geschichte der Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland von den Anfängen bis heute, Köln 1990, S. 85-147.

  19. Vgl. Goetz Briefs, Zwischen Kapitalismus und Syndikalismus. Die Gewerkschaften am Scheideweg, München 1952.

  20. Vgl. W. Schroeder, Katholizismus und Einheitsgewerkschaft (Anm. 1), S. 318-334.

  21. Walter Freitag (1889-1958), IG Metall-Vorstandsmitglied (1950-1952), DGB-Vorsitzender (1952-1956).

  22. Jacob Kaiser war in den zwanziger Jahren bereits führender Vertreter der Christlichen Gewerkschaften, dann Vorsitzender der CDA (1949-1958) und Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen (1949-1957).

  23. Vgl. Thomas Ellwein, Klerikalismus in der deutschen Politik (Heiße Eisen. Eine Schriftenreihe zu umstrittenen Problemen der Gegenwart, Bd. 1), München 1955.

  24. Die Schätzungen schwankten zwischen 5 000 und 20 000; die CGD selbst schwieg zu diesem Thema; vgl. W. Schroeder, Katholizismus und Einheitsgewerkschaft (Anm. 1), S. 188f.

  25. Vgl. Dorothee Buchhaas, Gesetzgebung im Wiederaufbau. Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen und Betriebsverfassungsgesetz 1945-1952, Bonn 1985, S. 178ff.; Anzeige der Arbeitgeberverbände gegen den Druckerstreik: An Alle!, in: Michael, Nr. 22, 1952.

  26. Vgl. W. Schroeder, Katholizismus und Einheitsgewerkschaft

  27. Matthias Föcher, in: Erste Reichstagung der gesamtdeutschen Sozialausschüsse der CDU/CSU in Herne vom 28. -30. November 1947, hrsg. vom Landessozialausschuß der CDU, Heidelberg 1948, S. 10.

  28. Sekretär der Christlichen Gewerkschaften (1928-1933), stellv. Vorsitzender der IG Textil (1949-1956) und des DGB (1956-1972).

  29. Welty war einer der führenden Theoretiker der Dominikaner und Nell-Breuning der Jesuiten.

  30. Even und Winkelheide waren die beiden führenden Repräsentanten der KAB, die auch die Gründung der Christ-lichen Gewerkschaften initiiert hatten.

  31. Reichel war der führende Kopf der Christlich-sozialen Kollegenschaft; auf sein Votum geht auch das Ende dieser Gruppe im Herbst 1960 zurück.

  32. M. Heix an J. Bock, 6. 2. 1951, Material von Herrn Bundesminister a. D. Hans Katzer erhalten.

Weitere Inhalte

Wolfgang Schroeder, Dr. rer. soc., geb. 1960; 1987-1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt; Mitarbeiter der Abteilung für Grundsatzfragen beim Vorstand der IG Metall in Frankfurt. Veröffentlichungen u. a.: Gewerkschaftspolitik zwischen DGB, Katholizismus und CDU 1945-1960. Katholische Arbeiterführer als Zeitzeugen in Interviews, Köln 1990; Katholizismus und Einheitsgewerkschaft. Der Streit um den DGB und der Niedergang des Sozialkatholizismus in der Bundesrepublik bis 1960, Bonn 1992.