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Zur Aufarbeitung des Stasiproblems in den Kirchen | APuZ 21/1992 | bpb.de

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APuZ 21/1992 „Schild und Schwert der Partei“. Das Ministerium für Staatssicherheit -Herrschaftsinstrument der SED Zur Aufarbeitung des Stasiproblems in den Kirchen Das Ostbüro der SPD 1946-1981 Vom KGB zum MBRF: Das Ende des sowjetischen Komitees für Staatssicherheit und der neue russische Sicherheitsdienst

Zur Aufarbeitung des Stasiproblems in den Kirchen

Ehrhart Neubert

/ 36 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Aufarbeitung der MfS-Verstrickungen in den Kirchen steht mit der Rollenfindung der Kirchen im neuen deutschen Gesamtstaat im Zusammenhang und hat eine gesellschaftliche Bedeutung, weil ein rationaler Umgang mit dem Stasiphänomen noch nicht zu erkennen ist. Der Einfluß des MfS auf die Kirchen und die kirchenpolitische Willensbildung war begrenzt, da die protestantischen Kirchen ein pluralistisches Institutionengeflecht darstellen, das in sich eine Fülle von Öffentlichkeitsebenen enthält. Die innerkirchlichen Teilöffentlichkeiten garantierten ein hohes Maß an selbständigem Handeln, was eine partielle Interessengleichheit von Staat und Kirche in formaler Hinsicht nicht ausschloß. Von sozialethischer Relevanz ist aber die Tatsache, daß es dem MfS gelungen war, eine größere Anzahl von kirchlichen Mitarbeitern als IM zu gewinnen und an sich zu binden. Diese Bindung erklärt sich aus der Verinnerlichung der Repression. Unter diesen Bedingungen bedeutete eine Stasimitarbeit als Teilhabe an Macht eine Entlastung um den Preis einer Selbstunterdrückung. Betroffene rechtfertigen die Stasimitarbeit mit moralischen Motiven. Die Schuldfrage muß darum an der Konspiration erörtert werden, die nachhaltig die Zerstörung sozialer Beziehungen bewirkte. Die Überprüfung und auferlegte Aufklärung von Stasibeziehungen ermöglicht Resozialisierung und ist Teil einer ethischen Aufarbeitung, die zur Stärkung individueller Selbstbestimmung und sozialer Verantwortung beiträgt. Die rechtliche Aufarbeitung von Stasiverstrickungen kann auf der Grundlage kirchlichen Verfassungsrechtes und Disziplinarrechtes erfolgen. In den ostdeutschen Landeskirchen werden bisher nur zögernd diese Mittel eingesetzt. Schwierigkeiten ergeben sich u. a. aus einer primär theologisch geleiteten Wahrnehmung der Kirche, die deren soziale und rechtliche Realität nur ungenügend zur Kenntnis nimmt. In der theologischen Diskussion über die Stasiverstrickungen wird nach den „Einfallstoren“ der Stasi gefragt, die -wie etwa die simplifizierte neulutherische Zweireichelehre -die Schwelle zur Kontaktaufnahme zum MfS niedrig gehalten haben. Von gesellschaftlicher Bedeutung sind die praktischen Versuche in den Kirchen, Versöhnung auf der Grundlage des Rechtes in integrativen Modellen sozial zu gestalten.

I. Zur Aufgabe der Aufarbeitung

Wir sind Zeugen und Akteure des erregenden und einmaligen Vorganges der Aufarbeitung einer historischen Periode mit weitreichenden politischen, sozialen und kulturellen Folgen. Für den Osten geht es um die Fortführung der politischen Wende und eine erste Bewährung von Demokratie und rechtsstaatlichen Prinzipien. Für den Westen geht es um die Akzeptanz der Lasten, die die Vereinigung mit sich brachte. Für beide aber geht es um die Gestaltung einer politischen Kultur, die solche Orientierungen kräftigt, die in zukünftigen Herausforderungen Fundament rationaler Politik sein können.

Im Aufarbeitungsprozeß ist die Stasifrage nur ein Segment totalitärer und autoritärer Herrschaft, aber in ihrer Konkretheit steht sie für vieles, was noch nicht zugänglich ist. So muß jetzt eine Eng-führung der Vergangenheitsaufarbeitung in Kauf genommen werden, wie der gesamte Prozeß eine Fülle von Nebenwirkungen hat, die ihn stören, aber deswegen nicht erübrigen. Wenn die Boulevardpresse die Stasi neben Sex als trivialen Anmacher vermarktet, andere die Stasi als Blitzableiter für soziale Ängste benutzen und wenn die Stasiverstrickung schließlich auch noch politisch instrumentalisiert wird, zeigt sich die Dringlichkeit einer Aufarbeitung. Würde diese durch eine Rücknahme der Möglichkeit zur Einsicht in die Stasiakten oder andere Hindernisse erschwert, verkäme das Ganze zur schlechten Unterhaltung und zur Spekulation. Die hochgradige Emotionalisierung und das Entstehen von Legenden können aber schon jetzt die Aufarbeitung und ihre positiven Wirkungen nicht mehr gefährden.

Ein besonderes öffentliches Interesse wird den Stasiverstrickungen in den Kirchen entgegengebracht. Fast wie zu DDR-Zeiten scheinen die Kirchen hier wieder eine Stellvertreterrolle in der Gesellschaft übernommen zu haben. Im kirchlichen Raum formierte sich der wesentliche Widerstand gegen die SED. Nun wird bekannt, daß in den Kirchen die Stasi zahlreiche Agenten plazieren konnte. Das löst Enttäuschung aus, was wiederum zu berechtigter Verunsicherung führen muß, da die maßgebliche Instanz einer ethischen Normenkontrolle sich als interessenabhängige Großinstitution zu erweisen scheint. Neben Trauer über jede Enttarnung von Stasimitarbeitern in den Kirchen provoziert dieser Vorgang auch entlastende Verteidigungsund Entschuldigungsäußerungen. Der Schmerz verzerrt die Wahrnehmung ebenso wie die alten nicht aufgearbeiteten Ängste. Und selbst Westdeutsche sind ratlos, wollen sie doch weder durch schnelle Urteile noch durch Besserwisserei Anlaß zum Vorwurf der Einmischung in Angelegenheiten bieten, die sie selbst in der Regel nur mittelbar betrafen. Aber auch Westdeutsche müssen in diesen Fragen an Sicherheit gewinnen, denn bis in den kirchlichen Bereich hinein hat sich gezeigt, daß die Vergangenheitsaufarbeitung im Osten die gesamtdeutschen Altlasten gemeinsamer Schuldverstrikkungen nicht ausklammern kann. Urplötzlich flak-kern in der Stasifrage wieder die Irrlichter auf, die Unbewältigtes signalisieren. Stasitäter werden zu Opfern hochstilisiert und mit den Juden zur Nazi-zeit verglichen

Um das Durcheinander von Interessen und Zielen einer Vergangenheitsaufarbeitung zugänglich machen zu können, müssen die verschiedenen Ebenen auseinandergehalten werden. So wird es zunächst einer genauen Klärung bedürfen, ob es den Kirchen gelungen ist, ihre Selbständigkeit gegenüber dem totalitären Staat zu bewahren. Eine andere Ebene betrifft die moralische und sozial-ethische Dimension. Hier muß nach ethischen Kriterien der Bewertung von Stasiverstrickung und nach der sozialethischen Verantwortung der Kirchen bei der Aufarbeitung gefragt werden. Drittens müssen die rechtlichen Aspekte betrachtet werden, die einerseits schon zu DDR-Zeiten von Bedeutung waren und nun Handhaben zur praktischen Umsetzung bieten. Schließlich tangiert die Stasiproblematik auch theologische Fragen, weil im kirchlichen Bereich ein großer Erfahrungsschatz im Umgang mit Schuld erwartet werden kann. Hier wäre zu überprüfen, ob die Kirchen einen Beitrag leisten können, eine nachhaltige „Entfeindung“ der deutschen Gesellschaft zu fördern, die über ihre internen Interessen hinaus auch eine gesellschaftliche Bedeutung haben kann.

II. Ziele und Grenzen der Staatssicherheit

Die Enthüllungen seit dem Winter 1989/90 haben viele Details von Stasiaktivitäten ans Licht gebracht, aber die ostdeutschen Bürger nicht mit einem unbekannten Phänomen konfrontiert. Zu den spontanen und schon in den ersten Massendemonstrationen 1989 skandierten Losungen gehörte: Stasi in die Produktion! Auch die Bürgerbewegungen haben in dieser Zeit die Auflösung der Stasi gefordert. Die DDR-Bürger und die Kirchen lebten mit der unheimlichen Macht der Stasi und mußten angesichts ihrer Machtlosigkeit lernen, das Problem zu verkraften. Oppositionelle und Kirchenleute haben in besonderer Weise von diesem Apparat gewußt und informell wie offiziell gewarnt, sich mit der Stasi einzulassen. Der spätere Bischof von Berlin-Brandenburg, Gottfried Forck, hat schon 1958 als Studentenpfarrer auf großen Studentenkonferenzen erklärt, daß Stasimitarbeit für einen Christen nicht möglich sei Immer wieder wurden Fälle von Anwerbungsversuchen zur Spitzeltätigkeit auch von kirchlichen Angestellten und Pfarrern bekannt, die angeworben worden waren und nach einiger Zeit dies offenbarten. Ebenso wußte man, daß das MfS mit perfiden Mitteln sowohl auf Einzelpersonen wie auch auf Institutionen Druck ausübte. Eine jetzt oft zur Schau gestellte überraschte Entrüstung über die Stasiaktivitäten dokumentiert mehr eine Verdrängung schon zu DDR-Zeiten als einen Wissensstand, der in Gesellschaft und Kirche selbstverständlich war.

Die politische Aufgabe der Stasi, ihre Geschichte und ihre Methoden, die jetzt gut erforscht werden können, waren schon vor 1989 überschaubar. Die Stasi war ein relativ selbständiger Teil des bürokratischen Herrschaftsapparates neben dem Staatsapparat der Partei, der Justiz und anderen. Dabei hatte die Herrschaft der SED zu keiner Zeit Konkurrenz Die Stasi diente innenpolitisch der konspirativen Durchdringung der Gesellschaft und zielte auf die absolute Verfügbarkeit der Individuen. Dabei hatte sie Anteil an den allgemeinen Staatszielen und sollte die Umsetzung der Politik „sichern“. Das konnte auch bedeuten, daß sich die Stasi um soziale Belange kümmerte. Die Anteil-nähmeder Stasi an positiven Ordnungsfunktionen muß aber im Zusammenhang mit dem konspirativen Charakter dieses Organs gesehen werden. Im monolithischen Organisationsgefüge durfte es keine kontrollierende und regulierende Öffentlichkeit geben. Öffentlichkeit mußte darum so inszeniert werden, daß sie mit dem Gesellschaftsverständnis der SED nicht kollidierte, denn die Partei allein hatte das Monopol auf Öffentlichkeit. Die Aufbereitung dieser Scheinöffentlichkeit organisierte das MfS. Die Beschaffung von Informationen über das gesellschaftliche Leben war nur die Voraussetzung der eigentlichen operativen Funktionen, des Ausschaltens aller öffentlichen Interessen, die der Repräsentation der Gesellschaft durch die SED zuwiderliefen. Dies konnte nur konspirativ geleistet werden.

Einerseits war die Stasi neben SED und Staatsapparat eine dritte Bürokratie, die erfolgreicher als die beiden anderen Herrschaft in Verwaltungsakte -und umgekehrt! -transformierte. Sie erreichte dies durch eine strikte innere Informationsverknappung (jeder darf nur soviel wissen, wie er zur Lösung seiner Aufgaben unbedingt wissen muß), was eine „Versachlichung“ aller Vorgänge ermöglichte. Außerdem hatte die Stasi mit ihrem Tschekistenkult neben dem Glauben an die Partei und an den Sozialismus ein zusätzliches Legitimationsarsenal, das die innere Hierarchisierung absicherte. Andererseits war aber die Stasi auf Grund der konspirativen Arbeitsweise noch nicht einmal an solche Regeln gebunden, die für SED und Staatsapparat in der Öffentlichkeit gelten mußten. Das sollte sie in die Lage versetzen, das schier unmögliche Ziel zu erreichen, die Gesellschaft so zurechtzubiegen, daß nur noch solche Probleme in Erscheinung traten, die die SED lösen konnte.

Diese Aufgaben hat das MfS letztlich nicht erfüllen können. Mit den wachsenden sozialen, kulturellen und ökonomischen Krisen hat sie zwar ihren Apparat gewaltig aufgebläht, konnte aber den Kontrollverlust seit Mitte der achtziger Jahre nicht mehr aufhalten. Dies zeigte sich auch an der Kirchen-und Religionspolitik, in der die Stasi eine zentrale Funktion gewann weil die Kirchen einen Öffentlichkeitsbereich darstellten, der in das monolithische Gesellschaftssystem nicht einzupassen war.

Das weitreichendste strategische Ziel des MfS war, entsprechend der ideologischen Vorgabe von der Aufhebung der Religion, die Kirchen zu „zersetzen“ und gesellschaftlich auszugrenzen. So hat die Stasi einzelne Arbeitszweige und Institutionen der Kirchen lahmlegen wollen, Personen und Gruppen mit verdeckten Methoden paralysiert und sich an Strategien zur Religionsbekämpfung aktiv beteiligt. Selbst in Perioden der offiziellen Entspannung des Staat-Kirche-Verhältnisses hat die Stasi intern ihr Feindbild Kirche gepflegt. Die gesellschaftliche Ausgrenzungspolitik traf besonders die Protestanten. Sie waren auf Grund ihrer theologisch-historischen Voraussetzungen und ihrer Prägung auf gesellschaftliche Handlungsfelder angewiesen. Nach reformatorischem Selbstverständnis konnten sich die Evangelischen Kirchen nicht auf innerkirchliche Bereiche, auf ihren „Kult“ zurückziehen. Die „frommen“ Erwartungen der SED, daß Kirche Kirche sein müßte, die strategischen Pläne von Mielke, daß die kirchlichen Aktivitäten „theologisiert“ und „verkirchlicht“ werden sollten, waren darum ein schwerer Angriff auf die kirchliche Identität. Die Evangelischen Kirchen haben immer wieder versucht, sich gesellschaftliche Handlungsfelder zu bewahren oder neu zu erschließen. Die Formeln „Kirche für andere“, „Kirche im Sozialismus“ oder „kritische Solidarität“ drücken diesen Versuch aus. Wenn SED und Stasi diese Ansprüche nicht zurückweisen konnten, sollten die Aktivitäten der Kirchen wenigstens kanalisiert werden.

Zur Instrumentalisierung und Beeinflussung der Kirchen wurden von Staat und Stasi verschiedene Strategien entwickelt. Die wichtigsten waren die institutionalisierten Kommunikationsstrukturen zwischen Staatsorganen und Kirchenvertretern und der verdeckte Einsatz von Offizieren der Stasi im besonderen Einsatz (OibE) sowie inoffiziellen Mitarbeitern (IM). Im ersten Fall nutzte die Staatsmacht die defizitäre Rechtslage der Kirchen gegenüber dem Staat und ihre unklare gesellschaftliche Rolle aus. Die Kirchen waren auf diese Weise trotz einiger Restbestände verläßlicheren Rechts auf dauernde Verhandlungen angewiesen, die zu Abmachungen und Vereinbarungen führen sollten, die aber jederzeit von staatlicher Seite wieder in Frage gestellt werden konnten. So war es für die Kirchen nahezu unumgänglich, die vom Staat gebotenen Gesprächsebenen zu nutzen. Hier aber lagen die Fallstricke. Alle Gespräche wurden auf Verwaltungsebenen geführt, die etwa den kirchlichen Strukturen entsprachen. Dabei nahm die Entscheidungskompetenz von oben nach unten stark ab, so daß auf den unteren Ebenen nur noch nachvollzogen werden konnte, was die übergeordneten Stellen vereinbart hatten. Damit wurde versucht, die kirchlichen Strukturen in die vertikalen Machtstrukturen einzubinden, es sollte „durchgestellt“ werden. Somit waren auch die unteren kirchlichen Dienststellen immer von den Verhandlungen auf höherer Ebene abhängig. Zudem saßen in den staatlichen Verwaltungen zahlreiche OibE und IM, so daß alle Vorgänge direkt mit dem MfS verbunden waren. So konnte immer wieder die Situation eintreten, daß Konflikte, die von der Stasi organisiert waren, von Beschwerde führenden Kirchenleuten mit jenen verhandelt wurden, die selbst hinter den Schwierigkeiten steckten. In diesem System der organisierten Abhängigkeiten war die Stasi stets im Vorteil, der für die „Zurückdrängung“ kirchlicher Aktivitäten genutzt wurde.

Steuerung und Beeinflussung der Kirchen sollte weiterhin durch den Einsatz der IM in den Kirchen erfolgen. Diese waren spezialisiert und für ihre Aufgaben „qualifiziert“ worden. Sie sollten Entscheidungsprozesse stören oder inhaltlich beeinflussen, nahmen an der kirchlichen Personalpolitik teil und sollten systemkonforme Personen fördern und begünstigen. Sie sollten die ökumenischen Beziehungen zur Verbesserung der internationalen Reputation der DDR nutzen, die innenpolitischen Konflikte aber als staatliche Angelegenheiten deklarieren, in die die Kirchen sich nicht einzumischen hätten. Mit Hilfe der IM sollte in den Kirchen „differenziert“ und „polarisiert“ werden, Privilegien erteilt und Aufmüpfige „diszipliniert“ werden. Stets wurden auch innerkirchliche Konflikte benutzt und nach Möglichkeit verstärkt. Voraussetzung dieser Strategien war eine umfassende Informationsbeschaffung.

Für die historische Aufarbeitung ist die Einschätzung des tatsächlichen Einflusses des MfS wichtig. Der ungeheure personelle und sachliche Aufwand und die in vielen Dokumenten belegten Erfolgsmeldungen legen zunächst nahe, diesen Einfluß als ziemlich bedeutend zu betrachten. Es macht keinen Sinn, die Akten der Stasi als gefälscht oder als unglaubwürdig einzustufen. Die Akten präsentieren die Ergebnisse der Arbeit der Stasi und der Kirchenpolitik der SED einigermaßen zutreffend. Aber diese Ergebnisse müssen an den Zielen von MfS und SED gemessen werden. Daran gemessen hat die Stasi trotz erheblicher Einflußnahme weder die Eigenständigkeit kirchlichen Handelns ernsthaft gefährdet, noch eine gesellschaftliche Ausgrenzung der Evangelischen Kirchen erreicht. Es ist Reinhard Henkys zuzustimmen, wenn er über die Dokumente der Kirchenpolitik der Stasi urteilt, daß sie „die Geschichte eines Mißerfolges“ anzeigen. „Trotz immer intensiverer Bemühungen und eines riesigen konspirativen Aufwandes gelang es der Staatssicherheit nie, das Steuer der Kirche in die Hand zu kriegen.“

Die protestantischen Kirchen sind keine zentralistischen Organisationen, sondern ein pluralistisches Institutionengeflecht, das in sich eine Fülle von kontrollierenden Öffentlichkeitsebenen besitzt. Die autoritäre und hierarische Staatsorganisation fand in den Evangelischean Kirchen keine Entsprechung. Dies verhinderte, daß politische Meinungen und Interessen „durchgestellt“ werden konnten. Dafür sorgten die parlamentarischen Ebenen, Synoden und Gemeindevertretungen sowie die kirchliche Rechtsordnung. Zum anderen schloß der Kirchenkörper eine Vielzahl von durchaus nicht einheitlichen Interessen ein. Gemeinden, die Theologenschaft, unterschiedlichste Gruppen, Werke und andere Gliederungen besaßen eine rechtlich gesicherte Unabhängigkeit in der Gesamtkirche und wurden zu eigenständigen Trägern politischer und kirchlich-politischer Willensbildung. Wenn einzelne Personen oder gar Gremien die Loyalität zum Staat überzogen, löste das eher innerkirchliche Widerständigkeit und Konflikte aus, als daß dadurch Staatsinteressen wahrgenommen werden konnten. In vielen Fällen fühlten sich die Kirchenmitglieder, die Theologen oder kirchliche Gruppen nicht mehr repräsentiert, was sich in den Synoden und in der kirchlichen Öffentlichkeit auch artikulieren konnte.

Die vom Staat benutzten Einflußorganisationen, wie die CDU (Ost) oder die Christliche Friedenskonferenz (CFK), wurden schon gar nicht ernst genommen. Durch das gesellschaftliche Engagement der Protestanten wurden die sozialen und politischen Konflikte der Gesellschaft immer auch in den Kirchen ausgetragen. Die Kirchen waren geradezu das einzige Feld öffentlicher Konfliktbearbeitung. Wer auch immer -staatsergebene Theologen oder die Staatsorgane selbst -die Kirchen beeinflussen wollte, mußte den Verhältnissen hinterher-laufen. Weil die Evangelischen Kirchen keine einheitliche soziale Größe darstellten, erschöpfte sich die Reichweite der konspirativen Taktiken auf Einzelpersonen und deren Politik und -schon abgeschwächter -auf die mögliche Gestaltung von Gremienbeschlüssen. Diese verloren regelmäßig an Kraft, wenn sie die Interessen anderer in den Kirchen tangierten. Festzuhalten wäre also, daß das Herstellen von Öffentlichkeit oder von Teilöffentlichkeit das adäquate und wirksamste Mittel war, den Einfluß des MfS auf Gremien und Personen zurückzuweisen. Nur wenn sich kirchliche Einrichtungen, Gremien und Personen auf Vertraulichkeit, d. h. auf konspirative Kontakte einließen, hatte das MfS eine Chance, seine Interessen durchzusetzen. Die Öffentlichkeit scheute dieses Organ.

Ein weiterer Grund der Minderung des Stasieinflusses liegt in den eingesetzten Mitteln selbst. Mit konspirativen Zersetzungsmaßnahmen konnten zwar kirchliche Planungen gestört, ein geordnetes kirchliches Leben erschwert, Vorgänge und Handlungsabläufe behindert oder auch verhindert, jedoch kaum konstruktiv und zielgerichtet kirchliches Handeln gelenkt werden. Sicher war die Destruktionsarbeit der Stasi in dem Sinne effektiv, daß sie ihre Blockierungsmacht einsetzen konnte und den Kirchen, Gemeinden und Einzelpersonen auch empfindlich geschadet hat. Aber dies konnte nicht dazu beitragen, daß sich die Betroffenen staatskonform verhielten. Im Gegenteil, das MfS hat dadurch nur Widerstände provoziert. In Kirche und Gesellschaft wurde die Verbundenheit mit dem politischen System durch die Stasi selbst gestört und gesellschaftliche Prozesse auf Grund allgemeiner Frustration blockiert. Dies gehört zu den irrationalen Folgen eines nahezu perfekten und in seiner Konstruktion auch rationalen bürokratischen Herrschaftsapparates. Dafür gibt es anschauliche Belege. Berliner Bürgerrechtler fanden in ihren Akten geradezu phantastische Produkte eines absurden Theaters. So bestand eine Untergruppe einer Menschenrechtsgruppe nur aus IM, die voneinander natürlich nichts wußten. Sie haben ihr Arbeitsprogramm erfüllt und anschließend alle ihrem Führungsoffizier darüber berichtet, indem sie das feindliche Treiben der anderen denunzierten. Hier war die Stasi das Opfer ihrer eigenen Taktik geworden. Aus dieser sich verstärkenden Disfunktionalität, die nur noch mühsam durch den Legitimationsglauben der Apparatschiks überbrückt werden konnte, rührten die Flexibilitäts-und Kontrollverluste in den letzten Jahren und das unrühmliche Zusammenbrechen des MfS in den Revolutionsmonaten. Die Stasi hatte die Probleme, die sie schuf -auch im kirchlichen Bereich -, nicht mehr in der Hand.

Die Feststellung der beschränkten Reichweite der Stasiaktivitäten wird bisweilen erschwert, weil es im Verhältnis zwischen Staat und Kirche durchaus auch Interessenübereinstimmungen gab, die aber auf unterschiedliche oder gar gegenläufige Motive zurückgingen. So wollten die Kirchenleitungen innerkirchliche Konflikte eindämmen. Das stand mit staatlichen Interessen bisweilen formal in Überein-stimmung. Während aber kirchlicherseits das Bemühen zum Ausdruck kam, Staat und Stasi möglichst wenige Angriffsflächen zu bieten, wollte der Staat mit seinen Konfliktminimierungsstrategien die gesellschaftliche Auseinandersetzung verhindern. In den scharfen Auseinandersetzungen um die kritischen und politisch engagierten Theologen und Gruppen in den achtziger Jahren hatte das Folgen.

Der Staat wollte diese Gruppen mit Hilfe des MfS vollständig eliminieren oder sie wenigstens durch „Theologisierung" politisch neutralisieren. Von Kirchen und Gemeindeleitungen wurden die Gruppen als ein ständiger Unruheherd erlebt, der die kirchliche Arbeit gefährdete. Tatsächlich war mit diesen Theologen und Gruppen in den Kirchen ein sozialer Konflikt entstanden, der auch unabhängig vom Staat ausgetragen werden mußte. Der Dissens lag in dem unterschiedlichen Politikver-ständnis in den Kirchen, den emanzipativen und partizipativen Ideen und Praktiken der kritischen Gruppen und in deren Konfliktbereitschaft. Heino Falcke hat diesen Dissens als den Konflikt zwischen zwei verschiedenen „Veränderungsstrategien“ beschrieben. Dieser Konflikt ist zu DDR-Zeiten nicht lösbar gewesen und findet in der gegenwärtigen Aufarbeitung seine Fortsetzung. Hierhier gehört der Vorwurf, daß die Kirchenleitungen, oder einige ihrer Vertreter, einen Beitrag zur Verhinderung einer starken Opposition in der DDR geleistet hätten Eine sachgerechte Aufarbeitung muß zwischen dem innerkirchlichen Interessenkonflikt und dem Interesse der Stasi unterscheiden.

Ein anderes und oft genanntes Beispiel für eine Interessengleichheit von Staat und DDR-Kirchen ist die Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen im Jahre 1969 und die gleichzeitige Lösung von der EKD Auch hier waren die Motive auf beiden Seiten verschieden. Die Machthaber wollten in ihre Abgrenzungspolitik auch die Kirchen einbeziehen und setzten alles daran, die Ostkirchen von der EKD zu trennen. Für die Kirchen kam es unter den gegebenen Umständen darauf an, in den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen wieder handlungsfähig zu werden. Die Ost-kirchen haben auch in diesem Falle eigenständig gehandelt, die „besondere Gemeinschaft“ mit den westlichen Schwesterkirchen bewahrt und entgegen den Erwartungen der SED und ihrer konspirativ und offen agierenden Hilfswilligen sich nicht vereinzeln lassen.

Andere Fragen warten noch auf eine gründliche geschichtliche Aufarbeitung. Dabei wird es sehr darauf ankommen, unter welchen Aspekten und mit welchen Interessen diese Aufarbeitung vonstatten geht. Schon jetzt ist es so, daß die Aufarbeitung der DDR-Kirchengeschichte äußerst kontrovers verläuft und die unterschiedlichsten Gesichtspunkte deutlich werden. Diese Spannungen enthalten einen produktiven Faktor, der die Wahrheitssuche befördert. Nicht akzeptabel ist es, wenn die Täter von einst, die Verantwortlichen für die SED-Kirchenpolitik und die Stasibetreuer der Kirchen, in dieser Diskussion als seriöse Interpreten und Zeitzeugen auftreten Auf Kosten ihrer früheren Opfer werden sie sich entlasten wollen, und sie werden in die Lage versetzt, zum zweiten Mal als Schicksals-und Geschichtsmacher aufzutreten. Der umstrittene Vorwurf der „Kumpanei“ zwischen SED-Regime und Kirche würde noch nachträglich bestätigt, wenn der nötige Abstand nicht eingehalten würde.

Wenn auch festzustellen ist, daß die Kirchen insgesamt ihre Eigenständigkeit bewahren konnten und die Stasiaktivitäten oft kontraproduktiv waren, sind die Schäden für Gesellschaft, Kultur und Kirche beträchtlich. An diesen Schädigungen haben jene ihren Anteil, die als Mitarbeiter der Stasi inoffiziell und konspirativ in den Kirchen arbeiteten. Das ist ein vorwiegend individuelles Problem dieser Menschen. In der Aufarbeitung kann aber nicht davon abgesehen werden, daß es in den Kirchen offenbar begünstigende Faktoren gab und daraus auch eine gesamtkirchliche Verantwortung abzuleiten ist.

III. Moralische und sozialethische Aspekte der Stasiverstrickung

Die Stasiverstrickungen im kirchlichen Raum können nicht wertfrei behandelt werden. Noch leidet aber eine ethische Urteilsfindung an den Affekten, die der politische Wandel provoziert. Enttäuschungen, Selbstmitleid, idealistische Posen von Betroffenen samt zahlreicher Entrüstungsattitüden von denjenigen, die mit der Stasi nicht in Konflikt geraten waren, mischen sich fast zwangsläufig in die berechtigten Anklagen und die verständlichen Verteidigungsideologien. Das kann dazu beitragen, daß es zu einer unangemessenen Überhöhung des politischen Widerstandes einer Minderheit kommt, daß die Faszination des Bösen und seiner Methoden politisch wirkt oder jede individuelle und kollektive Verantwortlichkeit geleugnet werden könnte, weil das Verhalten mit den Umständen verrechnet wird. Es ist zu hoffen, daß die breite öffentliche und innerkirchliche Debatte, die jetzt in Gang gekommen ist, jene Distanz schafft, die zur Formulierung ethischer Kriterien führen kann. Solche ethischen Kriterien müssen individuelle moralische Motive und sozialethisch begründetes Handeln verbinden, wie sie auch die Zeit-schranke der Wende überwinden sollten.

Einen Anhalt bietet die Erfahrung mit Charakter und Funktionsweise von Herrschaft in der DDR. Diese Herrschaft beruhte nicht nur auf äußeren Machtmitteln, der Verteilung von Gratifikationen und der Verhängung von Sanktionen, die die Individuen in die Paßform des Organisationsstaates zwängten. Nicht nur die für autoritäre und totalitäre Systeme typische technische und physische Gewalt mittels einer perfekten zentralistischen Organisation, der militärischen Ordnung und geheimdienstlichen Durchdringung der Gesellschaft, hat die Macht weniger über viele gesichert und die Selbstverleugnung der Individualität ermöglicht. Vielmehr hat die Organisation des Denkens und Fühlens das System erhalten. Das konnte gelingen, weil auch der Kommunismus als geistesgeschichtliche Bewegung der noch nicht verkrafteten Aufklärung und Säkularisierung und deren industriegesellschaftlich bedingten Enttraditionalisierung und Entsolidarisierung ein neues Remythisierungsprogramm entgegenstellte. Wie der Faschismus die Natur verklärte, so verzauberte der Kommunismus die Geschichte. Dieses Programm besaß eine hohe Plausibilität. Einerseits knüpfte es an die verdrängten und nicht aufgearbeiteten Denkmuster an und funktionalisierte andererseits -trotz der tendenziellen Wissenschaftsfeindlichkeit -auch Sektoren des technisch-wissenschaftlichen Denkens. Vermittelt wurde das Programm durch quasireligiöse Rituale und Symbole, die sich fast aller sozialpsychologischer Muster bedienten. Zwar wurde die Individualität unterdrückt, aber zugleich fand das verunsicherte Individuum in Natur und Geschichte wieder einen Platz. Das entlastete das geknebelte Individuum, denn die Repression ließ sich positiv wenden. Aus der Unterdrückung wurde eine Selbstunterdrückung im Namen unverfügbarer Gegebenheiten. Fanatismus auf Abruf und massenweise „Überzeugung“ konnten nur in dieser Atmosphäre gedeihen. Die verinnerlichte Repression ließ die triste Realität des Sozialismus als unausweichliches Schicksal erleben.

Diese Abhängigkeiten und Bindungen kamen zum Vorschein, wenn die Unterdrücker sich von Zehntausenden anläßlich befohlener Aufmärsche umjubeln ließen, wenn Millionen in der SED und anderen Massenorganisationen sich in Überzeugungen einübten, und sie wurden vor allem auch von der Stasi genutzt. Die individuell zugeschnittenen Anwerbungsstrategien der Stasi zielten in der Regel auf eine Mitarbeit aus Überzeugung. Hier erklärt sich auch das Phänomen, daß selbst in kirchlichen und oppositionellen Kreisen Menschen von der Stasi angeworben werden konnten. Die Stasi war gerade für diese Personengruppen ein angstbesetztes Macht-und Unterdrückungsinstrument. Eine Mitarbeit, zunächst auch nur das Gespräch mit Stasioffizieren, entlastete, weil es an der Macht -wenn auch um den Preis der Selbstunterdrückung -teilhaben ließ. Doch das erzeugte eben Bindungen und Abhängigkeiten, auf die die Stasi abzielte und die sie nutzte. In den einschlägigen Anleitungen zur Kontaktierung und Werbung von IM wird darauf hingewiesen, daß über den Führungsoffizier eine persönliche Bindung hergestellt werden soll: „Vertrauliche Beziehungen des IM-Kandidaten zum MfS werden vielfach über persönliche Bindungen, durch Zuneigung und Sympathie zum operativen Mitarbeiter eingeleitet.“

Bei den IM und auch bei den Stasioffizieren findet sich daher kein Sonderverhalten, das sie für ihre konspirative Arbeit prädestinieren oder disponieren würde. Sie sind weder irgendwelche Monster, noch entsprechen sie den Helden oder Bösewichtern, der in der Unterhaltungsindustrie vermarkteten Agenten. Es sind „normale“ Menschen mit zumeist sehr durchschnittlichen Biographien

Die Stasi hat allerdings „vor der Kontaktierung ein Bild von der Persönlichkeit des IM-Kandidaten“ erarbeitet, „um so treffsicherer... dann die einzelnen Maßnahmen vorbereiten“ zu können. Dabei war es für die Werbung günstig, wenn sie auf Menschen stieß, die Bindungsprobleme hatten: Waisenkinder, Außenseiter, Menschen mit Partnerproblemen. In diesen Fällen ließ sich eine intensive Beziehung zu den Führungsoffizieren relativ leicht aufbauen. Auch das als „Schizophrenie“ beschriebene Phänomen der offensichtlichen Doppelbindungen von IM gehört hierher. So gibt es oft bei der Auswertung von IM-Berichten und dem Vergleich mit Verhalten und Lebensführung ihrer Verfasser große Schwierigkeiten, „eine“ Identität festzustellen, bzw. zu ermitteln, in welchem Interesse diese Menschen gearbeitet haben. Sie hatten eine doppelte Identität: Ganz Kirchenmann und ganz Stasimann, ganz Freund und ganz Feind, sie liebten Frau und Kinder und fühlten sich zugleich bei ihrem Führungsoffizier geborgen, der Berichte über die Familie verlangte. Solche Doppelbindungen sind eine Alltagserscheinung, da soziale Beziehungen nie vollständig homogen und widerspruchslos sind. Diese Wi-dersprüche werden subjektiv auch kaum als moralisch verwerflich empfunden, lassen sie sich doch in größeren Zusammenhängen, Zwecken und Absichten positiv verrechnen.

Viele IM verfügen sogar über ein ausgesprochen festes moralisches Korsett. Die Stasi setzte auf Moral, weil nur diese eine stabile Bindung gewährleisten konnte: „Die aus der Aufklärung und Überprüfung des Kandidaten bekanntgewordenen Moralauffassungen und seine Vorstellungen über , Wahrhaftigkeit, Verläßlichkeit, Ehrlichkeit und , Vertrauen sind für die Erarbeitung der notwendigen Argumente (zur Werbung, E. N.) eine wichtige Grundlage.

So geben IM auch immer wieder in ihren Begründungen moralische und ehrenwerte Motive an, die sie zur Mitarbeit bewogen hätten. Gerade auch Theologen und Personen aus den Kirchen wollten dem Dialog dienen, Menschen helfen, zur Entspannung und Entkrampfung beitragen. Und stereotyp sind auch ihre , moralischen Äußerungen, wenn sie jetzt der Zusammenarbeit beschuldigt werden: Sie hätten niemandem geschadet, und sie hätten keine Vorteile angenommen.

In der nachträglichen Bewertung ist es wenig sinnvoll, Stasimitarbeitern diese Motive abzusprechen. Freilich sind auch zahlreiche IM schon in DDR-Zeiten in Gewissensnöte gekommen, und mancher hat dekonspiriert -was ihn nicht selten zum Opfer der Stasi machte. Die meisten haben aber -bis heute -den ethischen Konflikt kaum wahrgenommen, der sich aus der Bindung unter moralischen Gesichtspunkten an die Stasi ergab und zu einem Vertrauensmißbrauch gegenüber ihrer Umgebung oder gar zu Aktionen zum Nachteil ihrer Mitmenschen führte. Aus einer abwägenden, den Schaden und den Nutzen verrechnenden Bewertung ist kaum ein Schuldgefühl zu entwickeln. Zumeist überwiegt dann immer noch der Anspruch, doch das Beste gewollt zu haben.

Zur ethischen Bewertung, die auch von IM nachvollzogen werden kann, muß vorrangig der konspirative Charakter der Stasimitarbeit geltend gemacht werden. Die Einhaltung der Konspiration war für die Stasi entscheidend: „Die wichtigste Forderung“ an den IM war „die ausdrückliche Bereitschaft zu ständiger, konspirativer Zusammenarbeit mit dem MfS...“ Schriftliche Verpflichtungserklärungen, das Benutzen konspirativer Wohnungen und Decknamen, die Verwendung von geheimen Telefonnummern zur Kontaktaufnahme oder die Form der mündlichen oder schriftlichen Berichte waren dagegen sekundär und der grundsätzlich zu wahrenden Geheimhaltung untergeordnet.

Die von den IM eingehaltene Konspiration hat sowohl eine individuell moralische wie eine sozial-ethische Dimension, deren Konsequenzen er überschauen konnte. Bereits in der Werbung gab die Stasi zu erkennen, daß die vom IM „geforderte Zusammenarbeit keine Augenblickssache ist, sondern daß sie seine künftige Lebensgestaltung stark berührt“. Und die Stasi wußte, daß er „sich also mit den daraus für ihn ergebenden Auswirkungen und Folgen beschäftigen“ würde. Der IM wußte, daß die Mitarbeit ihn aus seinen sozialen Bezügen lösen würde. Es wurde zum „Einzelkämpfer“. Er sprengte die Solidarität der Gemeinschaft, in der er lebte, und ersetzte sie durch eine Abhängigkeit vom MfS, ohne damit eine neue soziale Identität aufbauen zu können. Die eingegangene Bindung an seinen Führungsoffizier und das MfS machte ihn nicht zum gleichberechtigten Partner, sondern zum Befehlsempfänger. Das konnte er kompensieren, indem er seiner ahnungslosen Umgebung gegenüber eine Machtposition einnahm. Für seine Handlungen mußte er sich weder privat noch öffentlich rechtfertigen. Er hatte nur noch Sorge zu tragen, daß er seine Aufgaben gegenüber dem MfS erfüllte. Mit der Konspiration war er in einen Teufelskreis geraten. Die Teilhabe an der Macht wurde zur selbstverschulden Unmündigkeit. Die durch Mitarbeit positiv gewendete Angst vor der Stasi stellte seine Identität in Frage und zerstörte sein soziales Umfeld. Nur eine Dekonspiration hätte ihn aus dem Dilemma befreien können. Doch dazu fehlte die Kraft, hatte er sich doch von denen gelöst, denen gegenüber er sich hätte offenbaren müssen.

Die Abhängigkeit bzw. Bindung an das MfS hat die Wende zumeist überdauert, weniger, weil Führungsoffiziere noch direkt ihre IM an der Leine halten, als vielmehr durch die langanhaltende Störung des sozialen Bezuges der IM. Eine auferlegte und abverlangte Überprüfung der Stasiverstrikkung ist darum ein Beitrag, die Bindungen an das MfS zu lösen, die Möglichkeit der individuellen Selbstbestimmung wieder zu schaffen, und die Chance, soziale Beziehungen wieder zu rekonstruieren. Wenn immer wieder das Phänomen auftritt, daß sich IM bis zur letzten Minute, auch angesichts sicherer Überführung, auf Leugnungen festlegen und unsinnigste Verteidigungsstrategien entwikkeln, ist das nicht nur einer die Verdrängung fördernden Angst vor dem sozialen Abstieg zuzurechnen, sondern rührt vornehmlich aus der Zerrüttung sozialer Bezüge und Bindungen. Die Aufhel-lung von Stasiverstrickungen hat also auch einen therapeutischen und resozialisierenden Effekt.

Was für die Stasiverstrickung des einzelnen gilt, ist auch für den gesellschaftlichen Umgang mit der Stasi insgesamt nötig. Die Stasi als Angstmacher über die politische Wende hinaus ist ein Phantom, ein Mythos. Zweifellos gibt es in Politik und Wirtschaft noch zahlreiche informelle und möglicherweise auch einige organisatorisch verfestigte Beziehungsgeflechte, Seilschaften und Interessengemeinschaften. Für das Vertrauen der Menschen in Institutionen und Personen aber noch gefährlicher sind jene irrationalen und schwer zu kontrollierenden Ängste vor einer mythologisierten Krake Stasi. Die Aufdeckung, Abklärung und Ermittlung tatsächlicher krimineller Aktivitäten von Stasi-strukturen ist eine nötige Aufgabe. Sie bliebe aber für das gesellschaftliche Leben unbedeutend, wenn nicht gleichzeitig die Aufklärung über die Mechanismen der durch die Stasi induzierten fortgesetzten Selbstunterdrückung erfolgte. Die Anonymisierung und Abstrahierung der Stasi fördert irrationale Ängste, die zu politischer Passivität führen können und das Verlangen nach Schutzkräften stärken, die wieder stellvertretend für die Bürger handeln. Aber auch einer unangemessenen Ideologisierung des Aufarbeitungsprozesses wäre dringend gegenzusteuern. '

Um zu sozialer und politischer Mündigkeit im Osten zu gelangen, die Entscheidungswilligkeit und -freiheit des einzelnen zu stärken, muß eine aufklärerische Aufarbeitung als sozialethische Aufgabe begriffen werden. Dazu bieten die protestantischen Kirchen im Osten Voraussetzungen. Deren sozialethisches Engagement hat in DDR-Zeiten dazu beigetragen, die SED-Herrschaft aufzuklären, weil es die metaphysische Legitimation der Macht in Frage stellte. Nicht anders kann auch die Entmythologisierung und Entmachtung des Stasimythos vollzogen werden.

Für eine ethische und aufklärerische Aufarbeitung der Vergangenheit gibt es in den Kirchen und aus ihnen heraus bereits zahlreiche Ansätze. Öffentlich bekanntgeworden ist vor allem die Initiative des Pfarrers und politischen Moralisten Friedrich Schorlemmer, der die Idee des moralischen Tribunals verbreitete, um Formen politischer Hexenjagd oder ideologischem Exorzismus zu begegnen. Die Tribunalsidee ist zugunsten eines öffentlichen Forums modifiziert und damit auch praktikabler geworden. Im Grunde ist die ethische Aufarbeitung auch eine öffentliche Angelegenheit und kann sich nicht auf den kirchlichen Binnenraum beschränken. Nur haben die Kirchen in diesen Fragen eine besondere Verantwortung, die sich sowohl aus ihrem eigenen Anspruch ergibt, eine der Ethik besonders verpflichtete Institution zu sein, wie ihr auch immer noch in der Gesellschaft eine wesentliche Kompetenz in ethischen Fragen zugebilligt wird. Allerdings kann eine ethische und sozialethische Aufarbeitung keinen Ersatz dafür bieten, daß die Gesellschaft innerhalb festgelegter und für alle gültiger Regeln Handlungen bewertet.

IV. Rechtliche Aspekte

Recht allein kann nicht vollkommene Gerechtigkeit schaffen, aber der Verzicht auf eine rechtliche Aufarbeitung oder auch nur deren Behinderung hätte fatale Folgen für die öffentliche Moral und das Rechtsempfinden. Die Bedingungen für eine rechtliche Aufarbeitung von Stasiverstrickungen sind im kirchlichen Bereich im Vergleich zu den staatlichen Möglichkeiten nahezu optimal. Da das staatliche Recht ohnehin nicht für die Bedingungen eines politischen Systemwechsels zugeschnitten und von daher auch überfordert ist, wirkt sich das positive Rechtsverständnis, wie es im Grundgesetz festgeschrieben und durch den Einigungsvertrag bestätigt wurde, als Hemmnis für eine zügige Verfolgung bestimmter Tätergruppen aus. Das hat zu schweren Enttäuschungen geführt. Das ostdeutsche Rechtsempfinden hat ein starkes moralisches Element, da sich die Menschen über Jahrzehnte von einer „sozialistischen Legalität“ beansprucht sahen, die als nicht legitim erlebt wurde. Die gegen die DDR-staatliche Legalität gerichtete zweite Öffentlichkeit, die Zone einer grauen privaten Ökonomie, jugendliche und intellektuelle Subkulturen, religiöse und inoffizielle Solidaritäten rechtfertigten sich aus einer Moral, die sich außerhalb des staatlichen Rechts reproduzieren mußte. Auch war politische Opposition und schließlich der Aufstand des Volkes nur möglich, wenn illegales Handeln als legitim verstanden werden konnte. Das hat zu einem tendenziellen moralischen Fundamentalismus beigetragen, mit dem das jetzt strikt geltende Legalitätsprinzip nur schwer vereinbar ist und einen sich fortsetzenden „Gefühlsstau“ bewirkt. Um hier Abhilfe zu schaffen, müßten mit Hilfe des Rechts in der Logik der friedlichen Revolution der politische Systemwechsel, Elitenaustausch, Wiedergutmachung etc. durchgesetzt werden. Im kirchlichen Bereich ist das möglich und könnte auch gesellschaftliche Bedeutung erlangen. Das Kirchenrecht war nie in das DDR-Recht integriert. Die Kirchen hatten ein unabhängiges und intaktes Rechtssystem, das jetzt auch in der Stasifrage zum Zuge kommen kann. So ist die Rechtslage für die Fälle der inoffiziellen Mitarbeit von Pfarrern und anderen kirchlichen Mitarbeitern eindeutig, unabhängig von der moralischen Frage des Vertrauensmißbrauches. Die kirchlichen Verfassungen sollen die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Kirchen sichern. So heißt es etwa in der Grundordnung der Berlin-Brandenburgischen Kirche im Artikel 1 (2): „Allein an diesen Auftrag gebunden urteilt die Kirche frei über ihre Lehre und bestimmt selbständig ihre Ordnung. In dieser Bindung und Freiheit erfüllt sie ihre Aufgaben, überträgt Dienste und gestaltet sie ihre Einrichtungen.“ In Artikel 1 (3) heißt es, die Kirche „leitet sich selbst“.

Da IM zur Informationsbeschaffung, zur Beeinflussung von Entscheidungen, zur Steuerung von Stellenbesetzungen, zu sogenannten „Zersetzungsmaßnahmen“ u. a. im Interesse von SED, Stasi und Staat eingesetzt waren, haben sie die in den Verfassungen definierten Grundsätze der Selbständigkeit der Kirche gebrochen. Überdies sind diese Verfassungsgrundsätze im Pfarrerdienstrecht, in den Lebensordnungen und anderen Rechtssetzungen bekräftigt. So ist eine exekutive politische Tätigkeit eines Pfarrers ausgeschlossen. Schon die Mitarbeit in einem legislativen Organ bedarf der Anmeldung und Genehmigung kirchlicherseits.

Ein weiterer Verfassungsbruch bei IM-Tätigkeit betrifft das Beichtgeheimnis und die Dienstverschwiegenheit. In der Grundordnung der Berlin-Brandenburgischen Kirche heißt es in Artikel 3: „Das Beichtgeheimnis ist unverbrüchlich. Beichtgeheimnis und seelsorgerliche Schweigepflicht werden von der Kirche geschützt. Zur Dienstverschwiegenheit verpflichtet sind alle kirchlichen Mitarbeiter und Mitglieder aller kirchlichen Gremien über Angelegenheiten, die ihnen in Ausübung ihres Dienstes zur Kenntnis gelangen..." IM der niedrigsten Kategorie, die der Informationsgewinnung dienten, haben durch ihre Berichte und Aussagen über Vorgänge und Personen, durch ihre mündliche oder schriftliche Verpflichtung gegenüber der Stasi, durch verdeckte und konspirative Vorgehensweise, durch die Entgegennahme von Gratifikationen und Auszeichnungen usw. einen ganz zentralen Bereich von Rechtssätzen gebrochen. Für Pfarrer kommt hinzu, daß sie ihr Ordinationsgelübde verletzt haben, für dessen Einhaltung notfalls zu leiden sie sich einst verpflichtet hatten. Diese Tatbestände erfordern zwingend ein disziplinarisches Vorgehen, das in der Regel die Entfernung aus dem Dienst zur Folge haben müßte.

Selbstverständlich müssen Beschuldigte Anspruch auf ein ordentliches Verfahren haben. Da es in einigen Fällen schwer sein wird, den Tatbestand einer IM-Tätigkeit genau zu erfassen, weil Akten vernichtet wurden und einige wenige keine Verpflichtungen gegenüber der Stasi eingegangen sind und trotzdem als IM geführt wurden, muß bei Zweifel und unzureichender Beweislage zugunsten des Angeschuldigten entschieden werden. Notwendige Differenzierungen können immer im Verfahren vorgenommen werden. So wird eine geringfügige Informationstätigkeit disziplinarisch anders bewertet werden als Fälle, in denen junge Offiziere der Stasi sich taufen ließen und Theologie studierten, um dann über eine geschickte Personalpolitik in der Kirche auch noch Schlüsselpositionen zu bekleiden. Die Kirchen haben in DDR-Zeiten vom Disziplinarrecht Gebrauch gemacht, wenn Pfarrer und Mitarbeiter sich Verfehlungen zuschulden kommen ließen. Das betraf häufig die private Lebensführung und das betraf auch solche, die einen Ausreiseantrag nach Westdeutschland stellten. Ihnen wurde in der Regel befristet wegen Verletzung der Treuepflicht die Rechte der Ordination aberkannt, so daß sie auch in Westdeutschland ihren Beruf nicht ausüben konnten. Darunter befanden sich auch solche, die durch ihre Haltungen mit der Stasi in Konflikt geraten waren und in der Auswanderung eine Möglichkeit der Entlastung sahen Der Gleichheitsgrundsatz, der auch im Kirchenrecht gilt, erfordert eine Rehabilitation dieser Opfer und eine Sanktionierung der IM.

In der Rechtspraxis der Kirchen hat die eindeutige Rechtslage bisher nur bedingt Niederschlag gefunden. In allen östlichen Landeskirchen sind schon befristete und unbefristete Entlassungen ausgesprochen oder andere Formen der Sanktionierung gewählt worden. Dennoch wird noch sehr zögerlich vorgegangen. Hier mag sich auswirken, daß noch immer eine Reihe ehemaliger IM diesen Prozeß behindern. Außerdem sind die Verfahren recht kompliziert, wenn nicht eindeutiges Material aus den Stasiarchiven vorliegt. Das wichtigste Hemmnis rührt aber aus einem Kirchenverständnis, das aus theologischen Gründen die Kirche als einen rechtlichen Sonderraum betrachtet bzw. in einer theologisch geleiteten Wahrnehmung von Kirche deren soziale und rechtliche Realität ausblendet. So schrieb Propst Furian in Berlin an die kirchlichen Mitarbeiter: „Hinter dieser Forderung (der Überprüfung, E. N.) steht meines Erachtens ein grundsätzliches Mißtrauen... Dieses Mißtrauen widerspricht dem Bekenntnis (Barmen IV) und der Erfahrung... Wer... Überprüfung ... fordert, führt objektiv Stasi-Methoden in die Kir-ehe ein.“ Eine solche Äußerung, deren es zahlreiche gibt, stellt die Verhältnisse auf den Kopf. Von Vertrauen kann in den Kirchen überhaupt keine Rede sein, wenn ehemalige IM nicht dekonspirieren und wenn nicht versucht wird, das Vertrauen wiederherzustellen. Dabei kommt wohl immer noch eine traditionelle Rechtskritik des Protestantismus, wie das aus der DDR-Erfahrung weitergetragene Mißtrauen gegenüber dem politisierten Recht, zum Ausdruck. Diese Unsicherheiten sind vor allem in der Frage sichtbar geworden, ob auch im kirchlichen Bereich eine Regelüberprüfung für alle kirchlichen Mitarbeiter in der Gauckbehörde angestrebt werden solle.

Energisch hat zuerst die Mecklenburger Landes-kirche eine Regelüberprüfung ihrer Mitarbeiter beschlossen Die Mehrheit der Kirchen sind aber dieser generellen Vorgehensweise nicht gefolgt. Die Synode der Berlin-Brandenburgischen Kirche setzte einen Seelsorgeausschuß ein, an den sich Betroffene wenden können. Außerdem wurde ein Überprüfungsausschuß installiert, der eine Befragung aller kirchlichen Mitarbeiter durchführt und in Fällen des Verdachts, bei privater und öffentlicher Anschuldigung sowie zum Zwecke der Rehabilitation ermittelt und diese Ergebnisse für eventuell zu führende Disziplinarverfahren zur Verfügung stellt. Dieses Verfahren, so wird von Kritikern eingewendet, ermöglicht es einer Reihe von IM, die nicht durch zufällige Aktenfunde bekannt werden, einer Überprüfung zu entgehen. Solche Inkonsequenzen, die sich zwangsläufig aus der Einschränkung von Regelüberprüfungen ergeben, werden im kirchlichen Raum damit gerechtfertigt, daß die Kirche kein „öffentlicher Dienst“ sei. Ulrich von Saß sieht in der Regelüberprüfung „eher eine geistliche Bankrotterklärung, denn die Synode (Mecklenburgs, E. N.) gesteht so doch öffentlich ein, daß ihr im Umgang mit Schuld kein besseres oder auch nur anderes Instrumentarium zur Verfügung steht, als jedem Kreistag“ Hier zeigt sich, daß oft ostdeutsche Kirchenleute nicht verstanden haben, was es bedeutet, daß die Kirche Körperschaft öffentlichen Rechtes ist, die Kirche über das Subsidiaritätsprinzip öffentliche Aufgaben übernimmt und der Gesetzgeber die Kirchen und ihr Recht so bevorteilt, daß ihre internen Regelungen im materiellen Sinne Gesetzesqualität haben. Außerdem nehmen die Kirchen mit Selbstverständlichkeit staatskirchenrechtlichen Schutz und Sicherung zahlreicher ihrer Aufgaben in Anspruch und können ebenso darauf vertrauen, daß Gewohnheitsrecht und Sitte eine Einschränkung des kirchlichen Dienstes ausschließen und Behinderungen rechtlich sanktionieren. Die Kirchen müssen sich darum ihrerseits in öffentlichen Bereichen so verhalten, daß sie nicht ihre Legitimität verspielen und ihre legalen Ansprüche selbst untergraben. Dies läßt sich am rechtlichen Status des Seelsorgers demonstrieren.

Das Beichtgeheimnis und die Vertraulichkeitsund Verschwiegenheitsverpflichtung, die durch Stasimitarbeit verletzt wurden, sind nicht nur im Kirchenrecht abverlangt, sondern auch staatskirchenrechtlich geschützt (z. B. Zeugnisverweigerungsrecht). Auch in der DDR wurde dies respektiert. Der Seelsorger, Pfarrer und Priester soll in der Öffentlichkeit, vergleichbar den Berufsständen der Richter, Ärzte etc., unabhängig bleiben können. Bei dienstrechtlichen Vergehen werden entsprechende Sanktionen verhängt, die die Kirchen hoheitlich selbst vollziehen. Diese innerkirchlichen Regelungen erlauben aber nicht, das öffentliche Interesse zu ignorieren. Es muß auch daran erinnert werden, daß besonders in der DDR die Seelsorger über die Kirchen und Gemeindegrenzen hinaus eine zentrale Rolle für bedrängte Menschen spielten. Eine laxe Handhabung oder gar der Verzicht auf eine Sanktionierung von IM würde darum nicht nur die Berufsehre des Pfarrerstandes schädigen, sondern mindestens gegen Recht und Sitte verstoßen. Dazu gehört es auch, daß die Kirchen etwa die Möglichkeit des Stasiunterlagengesetzes ausschöpfen, in dem die Kirchen vom Gesetzgeber mit anderen öffentlichen Institutionen gleichgestellt wurden. Solange die Kirchen sich nicht in den privatrechtlichen Bereich zurückziehen, als informelle Gruppe auf Rechtsansprüche verzichten, müssen sie sich innerhalb eines Rechtsgefüges bewegen, das auch sie beansprucht. Die Unterlassung der Regelüberprüfung ist darum eine fragwürdige Angelegenheit.

Ein rechtliches Sonderproblem ergibt sich in der Bewertung der DDR-Kirchen-und Religionspolitik. Bisher wurde kaum über die Tätergruppe diskutiert, die die kommunistische Kirchenpolitik konzipiert, umgesetzt und vorrangig zu verantworten hatte: bestimmte hochgestellte SED-Funktionäre, die Staatssekretäre für Kirchenfragen und die hohen Offiziere der Stasi in den Kirchenabteilungen. Mit ihren Eingriffen in die kirchliche Hoheit und ihren aktiven Handlungen gegen die individuelle religiöse Selbstbestimmung haben sie gegen Verfassungsgrundsätze verstoßen. Die Verfassung der DDR von 1968 sicherte im Artikel 39 (1) und (2) diese Rechte ausdrücklich zu. Zudem können die Inhalte der Artikel 42 und 43 der Verfassung der DDR von 1949 als Auslegungshilfe herangezogen werden, weil staatlicherseits die Trennung von Staat und Kirche und die Regelung rechtlicher Beziehungen, soweit sie noch praktiziert wurden, im Sinne der ersten Verfassung der DDR interpretiert und gehandhabt wurden. Diese Verfassungsgrundsätze sind auch strafrechtlich unterlegt. Im Strafgesetzbuch der DDR wurde im Artikel 5 (Gewährleistung der Gleichheit vor dem Gesetz) und in § 133 (Straftaten gegen die Glaubens-und Gewissensfreiheit und die Freiheit der Religionsausübung) eine Handhabe gegen die Verletzung des ohnehin minimalen Staatskirchenrechtes gegeben. Hier müßte eine Prüfung erfolgen, ob die Bestimmungen des Einigungsvertrages eine auf der Grundlage der DDR-Gesetzgebung mögliche Strafverfolgung gewährleisten.

Da die Kirchen jetzt dem Vorwurf der „Kumpanei“ mit der SED ausgesetzt sind, sollten sie auch in rechtlicher Hinsicht ihre Distanz deutlich markieren und nach Möglichkeiten suchen, ihre einstigen Peiniger zur Verantwortung zu ziehen. Schon das Bemühen würde in Kirche und Gesellschaft als Beitrag verstanden werden, die Hauptverantwortlichen nicht unbillig zu schonen.

V. Theologische Aspekte

Wenn auch die Stasiverstrickungen kirchlicher Mitarbeiter bis in die Leitungsebenen als individuelle Grenzüberschreitungen zu bewerten sind, muß bei der relativ großen Anzahl von Betroffenen nach begünstigenden Faktoren gefragt werden, die neben strukturellen Bedingungen in den theologischen Orientierungen zu suchen sind. Insofern „handelt es sich nicht mehr um persönliche Probleme einzelner, sondern um einen tiefer in Theologie und Kirchenverständnis sitzenden Schaden“ Der schnelle Hinweis auf Intention und Konzeption der „Kirche im Sozialismus“, die die Bereitschaft zur Kollaboration gefördert hätte, muß schon aus historischen Gründen abgewiesen werden. Hier spielen theologische Muster eine Rolle, die wesentlich älter sind und die von jeher zur Verhältnisbestimmung zwischen religiösen und gesellschaftlichen Institutionen benutzt wurden. Auch kann nicht von einer einheitlichen Theologie der protestantischen Kirchen in der DDR-Zeit die Rede sein. Vielmehr wirken sich unterschiedlichste Traditionen, Ungleichzeitigkeiten, Niveauunterschiede, Mentalitäten und individuelle Profile aus.

„Einfallstore“ der Stasi in „theologischen Einstellungen und kirchlichen Verhaltensweisen“ sind jüngst von Götz Planer-Friedrich und Heino Falcke herausgearbeitet worden. Planer-Friedrich hat am Fall der Thüringischen Landeskirche nachgezeichnet, daß eine -auch im Habitus antiquierte -patriarchalische Ordnungstheologie, gespeist aus einem simplifizierten neulutherischen Verständnis der Zweireichelehre, allzusehr darauf bedacht war, jeglichem Konflikt mit den Mächtigen auszuweichen, und auch im SED-Staat und dessen Organen eine gottgewollte Ordnungsmacht sah, die solange nicht zu kritisieren war, wie sie die geistlichen innerkirchlichen Vollzüge nicht berührte. Diese Art Trennung von „geistlich“ und „weltlich“ war der Stasi gerade recht und von ihr gewollt, half dies doch die gesellschaftliche Neutralisation der Kirchen zu fördern. Gerechterweise muß ergänzt werden, daß nicht nur in der Thüringer Provinz so gedacht wurde, sondern daß sich ebenso in der preußisch-protestantischen Tradition ein positivistisches Staatsverständnis gehalten hatte, das bis heute in der Stasi, ungeachtet deren konspirativen Charakters, noch ein Wirken für das „Wohl“ der Menschen erkennen kann So haben Theologen, in ihren Traditionen befangen, dem SED-Staat und dem MfS auch überschüssige Legitimationen verschaffen können, was bei einigen die Schwelle für die Kontaktaufnahme mit der Stasi wesentlich herabgesetzt haben mag.

Falcke hat darüber hinaus daran erinnert, daß auch andere theologische Figuren für die gleichen Aufgaben benutzt werden konnten. Beispielsweise hat Hanfried Müller und der von ihm beeinflußte Kreis nicht davor zurückgescheut, Bonhoeffers theologischen Ansatz, seinen Weg „von der Kirche zur Welt“, derart zu interpretieren, daß der reale Kommunismus als die Erfüllung christlicher Verheißung gelten konnte. Kein Wunder, daß diese Theologen das Ende des SED-und Stasisystems jetzt noch als Niederlage der Wahrheit beklagen. Für ein Aufsatteln der Stasi waren aber auch eine funktionale Religionstheorie, eine auch in der katholischen Kirche verbreitete, theologisch begründete „Wagenburgmentalität“ und eine pragmatische Kirchenpolitik, die am Überleben der Kirche als Wert an sich orientiert war, geeignet. Alle in diesem Zusammenhang zu nennenden theologischen Muster und Traditionen haben nun nicht zwingend Staatsnähe oder Stasiverstrickung determiniert. Die theologischen Denk-und Sprachgebäude hatten viele Türen, immer auch Notausgänge, die gangbare Wege eröffneten. In der Aufarbeitung käme es darauf an zu untersuchen, inwieweit die Theologie als eine Ideologie gebraucht und mißbraucht werden konnte. Und es muß geklärt werden, welche theologischen Denkweisen Unabhängigkeit und Eigenständigkeit unterstützten, damit in den Kirchen eine gesellschafts-und staatskritische Sozialethik konzipiert und praktiziert werden konnte. Dieser theologische Diskurs muß schon deswegen geführt werden, weil auch jetzt nach der Wende der gesellschaftliche Ort der Kirchen gesucht und theologisch begründet werden muß. Für diese Zukunftsaufgabe kann die auf theologischer Ebene geführte Debatte zur Vergangenheitsaufarbeitung helfen.

In der ostdeutschen Gesellschaft gibt es ein elementares Orientierungsbedürfnis, auf das die Kirchen reagieren müssen. Sie können über ihren eigenen politischen, ethischen und juristischen Beitrag hinaus auch die „metaphysische Dimension der Schuld“ aufnehmen.

Da in der ostdeutschen Gesellschaft der Wandel noch keineswegs verkraftet ist und vorerst die Orientierungsdefizite von unkontrolliertem Pragmatismus und Hedonismus besetzt werden, entstehen für das soziale Handeln zahlreiche Bezugsprobleme. Die Formulierung eines gesellschaftlichen Konsenses, in dessen Rahmen die gesellschaftlichen Konflikte ausgetragen werden, verlangt nach einer Transzendierung der Erfahrungen. Eine der theologischen Chiffren für den gesellschaftlichen Konsens wäre der Begriff „Versöhnung“, der inhaltlich gefüllt ist, dem Prozeßcharakter Rechnung trägt und in der theologischen Logik auch nicht mehr begründet werden muß. Daß es um Versöhnung gehen muß, wird in der theologischen und kirchlichen Diskussion auch nicht hinterfragt. Streitig ist vielmehr, wie dahin zu gelangen ist. Entsprechend wird über „billige“, „zuvorkommende“ oder „teure Gnade“ disputiert und daraus Anleitung zum Handeln abgeleitet. Ob dieser theologische Diskurs auch einen sozialen Effekt hat und „Vergebung von Schuld“ oder Versöhnung auch zu Verhalten bestimmender Realität wird, hängt wahrscheinlich von einer kirchlichen Praxis ab, die innerhalb der Kirchen und über deren Grenzen hinweg normierend wirkt. Dafür gibt es erste Anzeichen. Zahlreiche Gemeinden, Akademien, Bildungseinrichtungen sowie Jugendarbeit und andere Arbeitszweige beschäftigen sich intensiv mit der Problematik und entwickeln partizipative und integrative Modelle. Außerdem haben sich an verschiedenen Orten in Ostdeutschland informelle Gruppen und Zusammenschlüsse gebildet, die Betroffene aller Art zusammenführen Diese Versuche sind aber nur dann sinnvoll, wenn sie den politischen Konflikt nicht scheuen, die ethisch begründete Anklage nicht vermeiden und die soziale Integration nicht als Alternative zum Recht sehen. Die Zusammengehörigkeit dieser vordergründig als widersprüchlich erscheinenden Dimensionen der Vergangenheitsaufarbeitung der Stasiverstrickungen macht alle entsprechenden Aktivitäten zu Unternehmungen, deren Ausgang offenbleiben muß. Hier können viele Fehler gemacht werden, aber gar nichts zu tun schadet in jedem Falle.

Nach dem Kriege haben die Evangelischen Kirchen einen Neuanfang mit einem öffentlichen Schuldbekenntnis gesucht. Inzwischen wird auch diese Frage in den östlichen Landeskirchen erörtert. Der Anlaß und der Zweck eines neuerlichen Schuldbekenntnisses wäre mit der Stuttgarter Erklärung von 1945 sicherlich nicht vergleichbar. Aber ein solches Bekenntnis erübrigt sich nicht und ein diesbezüglicher Rat trifft nicht das, was im Osten jetzt gebraucht wird. Ein solches Schuld-bekenntnis würde nicht die Kirche diffamieren. Es würde eine neue Solidarität mit der von Unsicherheit und sozialen Krisen betroffenen Gesellschaft herstellen. Im Osten wird keine „Kirche von Weiß-wäschern“ gebraucht, die zusammen mit allerlei Wendehälsen ihre Geschichte verleugnet, sondern vielmehr eine Kirche, die mit und unter schuldig Gewordenen wieder Selbstbewußtsein entwickelt, damit die gewonnene Freiheit auch ausgefüllt werden kann.

Fussnoten

Fußnoten

  1. In diesem Sinne äußerte sich die Pastorin Renate Schön-feld auf der Synode der Berlin-Brandenburgischen Kirche (13. -17. 11. 1991).

  2. Dieses berichtet ein Spitzelbericht über ein Treffen der Evangelischen Studentengemeinden, der an die FDJ-Leitung gegangen war. Kopie aus einer Akte des Archivs des ehemaligen Zentralvorstandes der FDJ, eigenes Archiv, erarbeitet von Rudi Pahnke.

  3. Zur politischen Funktion und Stellung des MfS vgl. Karl Wilhelm Fricke, Die DDR-Staatssicherheit, Köln 19893; David Gill/Ullrich Schröter, Das Ministerium für Staatssicherheit, Anatomie des Mielke-Imperiums, Berlin 1991; Ulrich von Saß/Harriet von Suchodoletz, „feindlich-negativ“. Zur politischen Arbeit einer Stasi-Zentrale, Berlin 1990.

  4. Zur Funktion des MfS in der Kirchenpolitik vgl. Gerhard Besier/Stephan Wolf, „Pfarrer, Christen und Katholiken“. Das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR und die Kirchen, Neukirchen-Vluyn 1991, S. 2.

  5. Reinhard Henkys, In wortreiches Schweigen gehüllt. Die Stasi hat das Steuer der Kirche nicht in die Hand bekommen, in: Evangelische Kommentare, 25 (1992) 2, S. 74.

  6. Nach Auskunft von Ulrike Poppe, Berlin.

  7. Heino Falcke, Vor allem ist Selbstkritik unserer Kirchen angebracht, in: epd, Interview, Landesdienst Ost, (1992) 1.

  8. Diesen Vorwurf hat zuerst Bärbel Bohley öffentlich, erhoben. Dem haben sich inzwischen viele Bürgerrechtler angeschlossen, und er wird vor allem in Berlin in öffentlichen kirchlichen Veranstaltungen diskutiert.

  9. Vgl. G. Besier/S. Wolf (Anm. 4), S. 19ff. und in Auseinandersetzung mit den Urteilen von Besier/Wolf: Werner Krusche, Nun wissen wir endlich, wer wir waren, in: Informations-und Dokumentationsstelle der EKD, Recht und Versöhnung II. Texte aus den Kirchen zum Stand der Aufarbeitung der Vergangenheit, Staatssicherheitsproblematik, Informationen und Texte Nr. 6, Berlin 1992, S. 74ff.

  10. Bedauerlicherweise haben auch Besier und Wolf in ihrem Buch (Anm. 4) den Mitarbeiter des Staatssekretariats für Kirchenfragen Horst Dohle und den Chef der Kirchenabteilung des MfS Joachim Wiegand als Quelle gelten lassen. Diese und andere Funktionäre und MfS-Offiziere treten in der Öffentlichkeit immer häufiger als Ent-und Belastungszeugen auf.

  11. Der Begriff „Kumpanei“ ist von Besier und Wolf (Anm. 4) verwendet worden und hat zahlreiche heftige Reaktionen ausgelöst. Es ist jedoch empfehlenswert, das Zitat im Zusammenhang zu lesen. Dort erklären die Autoren, daß es zu keiner „vollständigen Vereinnahmung der Kirchenleitungen durch den SED-Staat“ gekommen sei.

  12. Die Kontaktierung des IM-Kandidaten, Schulungsmaterial des MfS, VVS-0001 JHS Nr. 1/1985, Kopie, S. 47.

  13. Vgl. Michael Beleites, Untergrund. Ein Konflikt mit der Stasi in der Uranprovinz, Berlin 1991, S. llf.

  14. Die Kontaktierung des IM-Kandidaten (Anm. 12), S. 4.

  15. Vgl. Sabine Brandt, Die geheime Verführung, in: Deutschland Archiv, 25 (1992) 2, S. 115 ff.

  16. Die Vorbereitung und Durchführung der Werbung von IM-Kandidaten und die 1. Phase der Zusammenarbeit mit neugeworbenen IM, Schulungsmaterial des MfS, WS 0001 JHS Nr. 2/1985, Kopie, S. 12.

  17. Ebd., S. 11. Zur Konspiration vgl. die Studie des Bürgerrechtlers und evangelischen Pfarrers Walter Schilling, Inoffizielle Mitarbeiter des MfS. Versuch einer differenzierten Erläuterung, 26. 11. 1991, Typoskript.

  18. Ebd., S. 13.

  19. Zitate aus der Grundordnung der Berlin-Brandenburgischen Kirche (Region Ost) vom 15. 12. 1948 in der Fassung vom 20. 11. 1978.

  20. Als Beispiel mag der oppositionelle Thüringer Pfarrer Reinhard Weidner gelten, der mit Hilfe kirchlicher IM verfolgt und diszipliniert wurde und auch seine Ordinationsrechte verlor. Vgl. Berliner Zeitung vom 31. 1. 1992, S. 3: Ein diabolisches Spiel mit christlichen Hirten; zur rechtlichen Situation von Pfarrern, die als IM angeworben wurden, vgl. Richard Schröder, Nischen im Zwielicht, Stasi und Kirche in der DDR, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. 12. 1991.

  21. Heinz-Otto Furian, Rundbrief des Propstes der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg vom 6. 1. 1992, in: Informations-und Dokumentationsstelle der EKD, Recht und Versöhnung II (Anm. 9), S. 63 ff.

  22. Zu den Entscheidungen von Kirchenleitungen und Synoden der ostdeutschen Landeskirchen und der EKD vgl. Theologische Studienabteilung beim Bund der Evangelischen Kirchen, Recht und Versöhnung. Texte aus den Kirchen zum Stand der Aufarbeitung der Vergangenheit, Staatssicherheitsproblematik, Information und Texte 1991/5; Informations-und Dokumentationsstelle der EKD, Recht und Versöhnung II (Anm. 9).

  23. Vgl. Friedrich Winter, Staatssicherheitsdienst und Kirche, in: Die Zeichen der Welt, 46 (1992) 1, S. 29.

  24. Ulrich von Saß, Geistliche Bankrotterklärung, in: Die Kirche vom 21. 7. 1991.

  25. Vgl. Strafgesetzbuch der DDR vom 12. 1. 1968 in der Neufassung vom 19. 12. 1974, veröffentlicht im Gesetzblatt »der DDR I, 1975/3, S. 14ff.

  26. Götz Planer-Friedrich, Einfallstore für die Stasi. Der Thüringer Weg systemkonformer Kirchenpolitik, in: Evangelische Kommentare, 25 (1992) 2, S. 76.

  27. Vgl. ebd., S. 75ff.

  28. Vgl. Heino Falcke, Verdrängen, vergelten oder versöhnen. Uber den Umgang mit der Wahrheit, Vortrag in der Evangelischen Akademie Berlin am 22. 2. 1992, Typoskript.

  29. Vgl. Ulrich Schröter, Wie wurde man IM?, in: Die Zeit vom 6. 3. 1992; F. Winter (Anm. 23).

  30. Ludwig Mehlhorn hat in seinem Vortrag „Kontinuität von Täterverhalten“ in der Evangelischen Akademie Berlin am 22. 2. 1992 in Anlehnung an Karl Jaspers auf die metaphysische Dimension der Schuld hingewiesen.

  31. Vgl. Ehrhart Neubert, Recht, Verantwortung und Versöhnung. Zum Stasiproblem der Kirchen, in: Die Kirche vom 25. 8., 1. 9., 8. 9. 1991; Christoph Demke, Billige Gnade, in: Die Kirche vom 16. 2. 1992 (Ausgabe für die Kirchenprovinz Sachsen); H. Falcke (Anm. 28).

  32. Solche Gruppen existieren in Berlin, Leipzig, Dresden und Jena. Außerdem bildete sich das Netzwerk „Beirat“ von Gruppen und Einzelpersonen, das sowohl Bürgerkomitees, Einrichtungen der Bürgerbewegungen, kirchliche Initiativen u. a. erfaßt. Eine der Gruppen ist die „Initiative Recht und Versöhnung“, dokumentiert in: Informations-und Dokumentationsstelle der EKD, Recht und Versöhnung II (Anm. 9).

  33. Gegen ein Schuldbekenntnis hat sich der SPD-Politiker und Präses der EKD-Synode, Jürgen Schmude, ausgesprochen. Vgl. Jürgen Schmude, Interview, in: Neue Osnabrükker Zeitung vom 2. 1. 1992.

  34. H. Falcke (Anm. 28).

Weitere Inhalte

Ehrhart Neubert, geb. 1940; Studienreferent in der Studien-und Begegnungsstätte der EKD in Berlin (Ost). Veröffentlichungen u. a.: Zwischen Angst und Zuwendung. Sozialethische und theologische Aspekte des AIDS-Komplexes, Berlin 1989; Eine protestantische Revolution, Berlin 1990; Aufsätze zu sozialethischen und politischen Fragen des DDR-Protestantismus.