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Opfer des eigenen Erfolgs? Perspektiven der NATO nach dem Kalten Krieg | APuZ 13/1992 | bpb.de

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APuZ 13/1992 Opfer des eigenen Erfolgs? Perspektiven der NATO nach dem Kalten Krieg Die KSZE und die europäische Sicherheit. Kooperative Konfliktverhütung für Gesamteuropa Die USA, Europa und die transatlantischen Beziehungen Die Bundeswehr vor neuen Aufgaben und Herausforderungen

Opfer des eigenen Erfolgs? Perspektiven der NATO nach dem Kalten Krieg

Reinhard Wolf

/ 38 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die historische Erfahrung zeigt, daß Bündnisse im allgemeinen zerfallen, bald nachdem sie ihren Gegner besiegt haben. Droht dieses Schicksal nunmehr auch der NATO nach der erfolgreichen Beendigung des Kalten Krieges? Kann sie auch ohne die sowjetische Bedrohung als militärische Allianz bestehen bleiben? Dies wird letztlich davon abhängen, wie ihre Mitglieder in Zukunft das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen der Bündniszugehörigkeit einschätzen. Der Nutzen der NATO-Mitgliedschaft geht mit dem Nachlassen der östlichen Bedrohung stark zurück. Die Staaten Nordamerikas und Westeuropas sind kaum mehr auf wechselseitigen Beistand angewiesen, weil künftige militärische Gefährdungen nicht mehr einem ganzen Kontinent, sondern nur noch einzelnen Regionen gelten werden. Die Kosten der Bündniszugehörigkeit bleiben hingegen weitgehend bestehen, insbesondere die Einschränkungen der nationalen Autonomie. Die NATO beschränkt die Handlungsfreiheit ihrer Mitglieder auf zweifache Weise: Sie verpflichtet sie zu Beistand auch in Situationen, in denen nationale Interessen eine neutrale Position nahelegen, und sie erschwert durch ihre Konsultationsprozeduren unilaterale Initiativen in der Außen-und Verteidigungspolitik. Wenn die NATO langfristig erhalten werden soll, um sowohl eine Renationalisierung der europäischen Sicherheitspolitik als auch eine Abkopplung der USA zu verhindern, darf vor allem der Nutzen der Bündniszugehörigkeit nicht weiter zurückgehen. Dazu sollte die europäische Sicherheitsidentität nur vorsichtig institutionalisiert und die militärische Integration der NATO so weit wie möglich beibehalten werden. Gleichzeitig wären die Kosten der Mitgliedschaft zu senken, indem die politischen Konsultationen bewußt auf das Maß beschränkt werden, das zur Erhaltung eines strategischen Grundkonsenses erforderlich ist. Die Aufnahme neuer Mitglieder sollte ebenso vermieden werden wie die Abgabe von Sicherheitsgarantien.

Anfang der neunziger Jahre befindet sich die NATO augenscheinlich auf dem Höhepunkt ihres Erfolges. In den vier Jahrzehnten seit ihrer Gründung blieb Europa ein weiterer großer Krieg erspart. Diese Errungenschaft wurde zwar lange Zeit mit der Hinnahme der sowjetischen Hegemonie in Osteuropa erkauft. Inzwischen hat die NATO aber auch ihre Vorstellung einer europäischen Friedensordnung realisieren können: Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion und ihre ehemaligen Satelliten-staaten befinden sich größtenteils auf dem Weg zu demokratischen Gesellschaften. Der Warschauer Pakt hat sich aufgelöst. Die NATO gilt in Europa weithin als einzige funktionsfähige Sicherheitsorganisation. Die ehemaligen Verbündeten der Sowjetunion streben folgerichtig einen Beitritt zum nordatlantischen Bündnis an, und inzwischen hat sogar Boris Jelzin Rußlands Interesse an der NATO-Mitgliedschaft bekundet

Andererseits sind zur Zeit auch warnende Stimmen von Experten zu vernehmen, die gerade in dem großen Erfolg der NATO den Keim ihrer Auflösung zu erkennen glauben. So wird Henry Kissinger „das beunruhigende Gefühl nicht los, daß der grundlegende Zusammenhalt des Westens ausgehöhlt wird, noch während er seine Erfolge feiert“ Für John Mearsheimer stellt die sowjetische Bedrohung das Bindemittel dar, das die NATO bisher zusammengehalten hat. Ohne diese offensive Bedrohung, so Mearsheimer, würden die USA vermutlich aus Europa abziehen und die NATO der Auflösung entgegengehen Diese Erwartung wird durch die historische Erfahrung gestützt, daß in einem Hegemonialkonflikt siegreiche Bündnisse zunächst ihre Kooperation in einem Konzert der Mächte fortsetzen, um dann schließlieh doch nach einigen Jahren auseinanderzubrechen

Somit stellt sich die Frage nach der Dauerhaftigkeit der NATO. Kann sie auch dann als militärische Allianz fortbestehen, wenn die Streitkräfte der ehemaligen Sowjetunion 1994 hinter ihre Landesgrenzen zurückgezogen wurden und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion die Demokratisierung weiter voranschreitet? Oder ist in diesem Fall mittelfristig die schleichende Auflösung des westlichen Bündnisses zu erwarten, weil mehr und mehr Mitglieder durch ihre Politik zu erkennen geben, daß im Bündnisfall nicht länger mit ihrem Beistand gerechnet werden kann? Wird gegen Ende des Jahrzehnts die Sicherheitspolitik der Bündnismitglieder renationalisiert sein, oder ist zu erwarten, daß die Allianz sich in einen amerikanischen und einen europäischen Pfeiler spaltet? Werden die NATO-Gremien nur noch unverbindlichen politischen Konsultationen dienen und insofern lediglich die Funktionen der KSZE duplizieren? Welche Faktoren fördern langfristig den Zusammenhalt der Allianz, welche schwächen ihn? Wie ist in diesem Zusammenhang die auf dem Londoner Gipfel eingeleitete Reform der NATO zu beurteilen?

Bei der Erörterung dieser Fragen wird von den Prämissen ausgegangen, daß die Streitkräfte der ehemaligen Sowjetunion bis 1994 aus Deutschland und Mittelosteuropa abziehen, daß die sowjetischen Nachfolgestaaten ihre konventionellen Streitkräfte auf die Obergrenzen des VKSE-Vertrags reduzieren und daß sie später nicht versuchen werden, diese Veränderungen rückgängig zu machen.

Als theoretische Perspektive dient die realistische Schule der internationalen Beziehungen, derzufolge die internationale Politik von Staaten geprägt wird, die -wenn möglich -Abhängigkeiten von anderen Staaten vermeiden, weil sie in einem Selbsthilfe-System agieren, in dem das Überleben der Akteure von keiner übergeordneten Instanz gewährleistet wird Da Staaten Einschränkungen ihrer Handlungsfreiheit zu vermeiden suchen, haben nur die Institutionen Bestand, die einen konkreten Nutzen versprechen. Wenn die internationale Politik von den Entscheidungen einzelner Staaten bestimmt wird, so impliziert dies, daß für das Überleben einer Institution letztlich nicht ihr Nutzen für die Staatengemeinschaft insgesamt ausschlaggebend ist, sondern die Vorteile, die sie den einzelnen Staaten verschafft. Schließlich sind internationale Institutionen gerade in Fragen ihres eigenen Fortbestands selbst keine Akteure, sondern nur die sie konstituierenden Staaten. Daher wird im folgenden nicht die Frage im Mittelpunkt stehen, ob die NATO künftig in Europa noch sinnvolle Funktionen erfüllen könnte, sondern die Frage nach ihrem Nutzen aus Sicht der einzelnen Mitgliedstaaten

I. Entstehung und Auflösung von Bündnissen

1. Zur Entstehung von Bündnissen Warum gehen Staaten Bündnisverpflichtungen ein? In manchen Fällen treten sie Allianzen bei, um besser expandieren zu können. Da die NATO kein Offensivbündnis darstellt, ist dieser Zusammenhang hier nicht weiter zu verfolgen. Für die Entstehung von Bündnissen, die am territorialen Status quo orientiert sind, werden zumeist drei mögliche Erklärungen angeboten. Staaten verbünden sich, -weil ihre Gesellschaftsordnungen auf gemeinsamen Wertvorstellungen oder Ideologien basieren,

-weil sie das Gleichgewicht der Kräfte erhalten wollen oder -weil sie Bedrohungen ausbalancieren möchten.

Die erste Erklärung wäre aus Sicht der NATO-Befürworter zweifellos am beruhigendsten, da alle ihre Mitgliedstaaten weiterhin demokratischen Verfassungen und der Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet sein werden. Gemeinsame Wertvorstellungen beeinflussen die Wahl von Bündnispartnern jedoch nur geringfügig. Sie fördern lediglich das Vertrauen zwischen den Staaten und erleichtern dadurch ihre Zusammenarbeit, sofern strategische Interessen ein Bündnis nahelegen. Daß letztere entscheidend sind, belegen zahlreiche Fälle von Bündnissen zwischen Staaten mit unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen. So ist das zaristische Rußland vor dem Ersten Weltkrieg ein Bündnis mit der Republik Frankreich eingegangen anstatt mit Deutschland und Österreich-Ungarn, und China hat sich in den siebziger Jahren an die kapitalistischen USA angelehnt statt an die sozialistische Sowjetunion.

Als solch ein strategisches Interesse kann das Ausbalancieren von militärischen Potentialen gelten. Gemäß der „Balance of Power“ -Theorie gehen Staaten Bündnisse ein, um das Entstehen einer ungleichen Machtverteilung zu verhindern, die es der stärkeren Seite ermöglichen würde, ihren Willen ungehindert durchzusetzen Wenn diese Erklärung der Allianzbildung stichhaltig wäre, dann könnte der langfristige Bestand der NATO ebenfalls als gesichert gelten, denn selbst nach der Implementierung des VKSE-und des START-Vertrags bliebe die russische Republik der bei weitem mächtigste Staat in Europa, dessen militärische Stärke bis auf weiteres nur durch ein transatlantisches Bündnis ausbalanciert werden könnte.

Geht man davon aus, daß Allianzen nicht akute Bedrohungen, sondern militärische Potentiale ausbalancieren, so spricht jedenfalls vorerst wenig gegen den Fortbestand der NATO Ihre Existenz wäre vielmehr erst dann bedroht, wenn die wirtschaftlichen und politischen Probleme Rußlands bereits zu einer gravierenden und dauerhaften Schwächung seines Militärpotentials geführt hätten. Indes kann auch die „Balance of Power“ -Theorie die Bildung bzw.den Fortbestand von Allianzen nicht befriedigend erklären. So verfügten die Bündnisse, die Deutschland in den beiden Weltkriegen besiegten, spätestens nach dem Kriegseintritt der USA, über deutlich mehr Macht als die von Deutschland geführten Koalitionen Zudem hatten diese Bündnisse bis zur völligen Niederlage Deutschlands Bestand, obwohl dessen kontinuierliche Schwächung im Verlauf der Kriege das Gleichgewicht der Kräfte grundlegend veränderte. Diese mit der „Balance of Power“ -Theorie unvereinbaren Fakten haben Stephen Walt zu einer Neuformulierung der „Balance of Power" -Theorie veranlaßt, derzufolge Staaten nicht Kräftepotentiale, sondern Bedrohung ausbalancieren. Letztere resultieren nach seiner Auffassung aus der Kombination der Faktoren „Gesamtstärke“ (Bevölkerung, wirtschaftliche, technologische und militärische Ressourcen), „geographische Nähe“, „militärische Offensivstärke“ und „aggressive Absichten“

Vor dem Hintergrund dieser Theorie erscheint die Zukunft der NATO wesentlich fragwürdiger, weil gemäß der Eingangsprämisse diese Bedrohungsfaktoren eine deutliche Abschwächung erfahren werden bzw. bereits erfahren haben: Der Einflußbereich Rußlands wird in Mitteleuropa von den Grenzen des NATO-Territoriums um 600 km nach Osten verschoben, wenn die ehemals sowjetischen Streitkräfte hinter die Grenzen der früheren Sowjetunion zurückgezogen wurden. Diese Puffer-zone zwischen der NATO und der östlichen Großmacht würde noch zusätzlich verbreitert, wenn die Ukraine und Weißrußland von Rußland militärisch unabhängig werden würden. Aggressive Absichten seitens Moskaus kann die NATO bereits heute nicht mehr erkennen. Schließlich ist auch bei den russischen Streitkräften ein deutlicher Rückgang der spezifisch offensiven Fähigkeiten zu verzeichnen. Durch die damit verbundene Schwächung der östlichen Bedrohung verliert also genau der Faktor an Gewicht, der zur Bildung der NATO geführt hat.

Diese Beobachtung allein erlaubt jedoch noch keine Prognosen über Fortbestand oder Auflösung der NATO. Hierzu ist vielmehr zu klären, wie der dramatische Rückgang der östlichen Bedrohung das Kosten/Nutzen-Kalkül der einzelnen Mitgliedstaaten verändert. Worin besteht für Staaten der Nutzen, wenn sie sich gegen Bedrohungen zusammenschließen, und welche Kosten nehmen sie dabei auf sich? Wie verändert sich die Kosten/Nutzen-Relation, wenn die Bedrohung nachläßt? 2. Der Nutzen von Bündnissen Der Nutzen eines Bündnisses besteht in der Regel darin, daß die Abschreckung und Verteidigung gegen eine Bedrohung ermöglicht oder vereinfacht wird. In vielen Fällen sieht sich ein Staat einer Bedrohung ausgesetzt, die so stark ist, daß er sie nicht allein durch die Mobilisierung interner Ressourcen ausbalancieren kann. In anderen Fällen wäre solch ein internes Ausbalancieren zwar möglich, jedoch mit extrem hohen Kosten verbunden. Unter diesen Bedingungen sichern Staaten ihren Fortbestand, indem sie sich mit anderen verbünden, die mit der gleichen Bedrohung konfrontiert sind. Durch den Abschluß eines Bündnisses versucht ein Staat, die Ressourcen eines anderen für seine eigenen außen-politischen Ziele nutzbar zu machen, und verwehrt gleichzeitig dem potentiellen Gegner die Nutzung dieser Ressourcen.

Der Begriff „Ressourcen“ ist dabei sehr weit zu verstehen. Er umfaßt sowohl die wirtschaftliche und militärische Stärke eines Staates als auch die strategischen Vorteile seiner geographischen Lage. So sind die USA ein Bündnis mit den westeuropäischen Staaten eingegangen, weil sie verhindern wollten, daß die Sowjetunion diese strategisch wichtige Gegenküste samt ihrem Wirtschaftspotential unter ihre Kontrolle brachte. Zwar hätten sich die USA auch dann noch gegen die Sowjetunion verteidigen können; diese Verteidigung wäre jedoch mit ungleich größeren finanziellen und psychologischen Kosten verbunden gewesen. Für die westeuropäischen Staaten war das Bündnis mit den USA noch wichtiger, denn ohne deren Beistand wäre kein Schutz möglich gewesen, weil in Westeuropa selbst nicht genügend Kräfte mobilisierbar waren, um ein ausreichendes Gegengewicht zur Sowjetunion zu bilden. Es bestand somit ein hohes Maß an sicherheitspolitischer Interdependenz zwischen den USA und den Staaten Westeuropas, weil keine Seite die Sicherheitskooperation einstellen konnte, ohne damit massive Kosten auf sich zu nehmen.

Die NATO hat ihren Mitgliedstaaten Abschrekkung und Verteidigung indes nicht nur durch das „Poolen" der nationalen Ressourcen erleichtert. Ihre in Friedenszeiten bisher einmalige Form der militärischen Integration hat zudem auch eine effektivere Nutzung dieser Ressourcen ermöglicht. Die permanente Integration von Oberkommandos nebst zugehörigen Stäben erlaubte in manchen Bereichen erhebliche Kosteneinsparungen, indem sie den Verzicht auf nationale Führungskapazitäten zuließ und eine wirksamere Arbeitsteilung zwischen den nationalen Streitkräften ermöglichte (so z. B. im Rahmen des „Wartime Host Nation Support“ -Programms und bei den „collocated operating bases“, die im Konfliktfall aus den USA zugeführte Kampfflugzeuge aufgenommen und versorgt hätten). In manchen Bereichen konnten Mitgliedstaaten auf die nationale Entwicklung bestimmter Kapazitäten verzichten, weil diese von anderen Bündnispartnern oder der NATO insgesamt bereitgestellt wurden (z. B. Fernaufklärung, Luftraum-Überwachung).

Die Integration förderte die Interoperabilität zwischen nationalen Streitkräften und erhöhte dadurch ihre Effektivität im Kriegsfall. Überdies festigte die Integration das wechselseitige Vertrauen in die Verläßlichkeit der Bündnispartner und machte deshalb kostspielige Vorkehrungen für den Eventualfall überflüssig, daß ein Partner seiner Beistandspflicht nicht nachgekommen wäre. All diese Faktoren trugen dazu bei, daß die aus der äußeren Bedrohung resultierende Interdependenz durch die interne Organisation der NATO noch verstärkt wurde.

Zu den Vorteilen, die aus der gemeinsamen Bedrohung resultieren und daher allen Bündnismitgliedern zuteil werden, können noch partikulare Vorteile einer Allianz treten, die nur einem Teil der Mitglieder zugute kommen. Ein Bündnis kann z. B. auch insofern nützlich sein, als es einem Staat die Kontrolle eines anderen erleichtert oder ihm bestimmte Stationierungsrechte einräumt. Solche partikularen Vorteile können den Zusammenhalt eines Bündnisses erhöhen, wenn eine gemeinsame Bedrohung besteht. Sie können aber wenig zu seinem Fortbestand beitragen, sobald der äußere Gegner verschwunden ist. Dies liegt zum einen daran, daß der partikulare Nutzen eines Bündnis-partners oft mit Kosten für andere Mitglieder verbunden ist. Zum anderen wird ein Bündnis, dessen Zusammenhalt auf unterschiedlichen partikularen Vorteilen basiert, auch von entsprechend vielen Einzelfaktoren abhängig. Insofern erhöht sich seine Empfindlichkeit gegenüber politischen Veränderungen. 3. Die Kosten von Bündnissen Die Kosten einer Bündnismitgliedschaft ergeben sich vor allem aus dem Verlust an Autonomie, den die Beistandsverpflichtung mit sich bringt. Während der Nutzen des Bündnisses aus der Erwartung resultiert, daß die Ressourcen anderer Staaten zur eigenen Verteidigung beitragen, basieren die Kosten auf der umgekehrten Erwartung, daß die eigenen Ressourcen zur Verteidigung fremder Interessen verwendet werden müssen Eine Allianz birgt insbesondere das Risiko, durch Bündnispartner in Konflikte hineingezogen zu werden, ohne daß eine akute Bedrohung der eigenen Interessen vorliegt („entrapment“). In solchen Fällen besteht zwar die Möglichkeit, die Beistandsverpflichtung zu ignorieren und den Bündnispartner im Stich zu lassen („abandonment“). Dadurch zerstört der betreffende Staat jedoch das Bündnis und schädigt seinen Ruf als verläßlicher Bündnispartner

Mit dem Nachlassen der Bedrohung sinkt allerdings nicht nur der Nutzen der Bündnismitgliedschaft, sondern auch die Gefahr eines „entrapment“. Wenn auf Seiten des potentiellen Gegners die Bereitschaft und Fähigkeit zu aggressivem Vorgehen schwindet, dann verringert sich auch das Risiko, durch einen waghalsig oder unnachgiebig agierenden Bündnispartner in Konflikte verwickelt zu werden. Die Gefahr eines „entrapment“ fiele indes dann verstärkt ins Gewicht, wenn mit dem Nachlassen der allgemeinen Bedrohung, die ursprünglich zur Gründung des Bündnisses führte, lokale Bedrohungen in den Vordergrund treten würden, die die einzelnen Bündnispartner in sehr unterschiedlichem Maße betreffen. Lokale Bedrohungen, denen sich nur einzelne Bündnismitglieder ausgesetzt sehen, können entweder ganz neu entstehen oder aus einer regional unterschiedlichen Abschwächung der ursprünglichen Bedrohung resultieren. Solche lokalen Bedrohungen einzelner Mitglieder bergen für die übrigen Bündnis-partner die Gefahr, in eine Auseinandersetzung mit einem Staat gezogen zu werden, der nicht als Bedrohung der eigenen nationalen Sicherheit empfunden wird. Insofern fördern sie bei diesen das Bestreben, die Beistandsverpflichtung zu lockern, um so die Risiken der Bündnismitgliedschaft an ihren verringerten Nutzen anzugleichen.

Neben dem „entrapment“ -Risiko entstehen durch die Mitgliedschaft in einer Allianz aber auch indirekte Kosten aus den multilateralen Konsultationsund Planungsprozessen, die zum Management der sicherheitspolitischen Interdependenz erforderlich sind. Bündnisse -vor allem integrierte wie die NATO -sind auf Dauer nur funktionsfähig, wenn ihre Mitglieder ihre außen-und verteidigungspolitischen Strategien regelmäßig aufeinander abstimmen. Andernfalls würden die Unterschiede der nationalen Außenpolitiken das „entrapment“ -Risiko erhöhen und die Abschreckungswirkung verhindern, die von einem kohärenten Bündnis ausgeht. Ohne koordinierte Verteidigungspolitiken würde die Effektivität der Bündniskooperation leiden. Dieser Zwang zur internationalen Abstimmung begrenzt aber die nationale Autonomie, indem er die Mitgliedstaaten zur Offenlegung und Rechtfertigung ihrer nationalen Politik veranlaßt. Er zwingt zur präventiven Berücksichtigung von Bündnisinteressen und eröffnet womöglich sogar anderen Staaten die Chance, im Zuge der Konsultationen mit einem Appell an die „Bündnissolidarität“ eine Modifizierung der nationalen Politik herbeizuführen. Als Beispiel für derartige „Behinderungen“ können die NATO-Beratungen über die Ausgestaltung einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsidentität dienen.

Ein Nachlassen der Bedrohung bewirkt daher selbst für den Fall, daß es sich auf alle Bündnismitglieder in gleichem Maße auswirkt, eine relative Erhöhung der politischen Bündniskosten und fördert insofern die Auflösung einer Allianz. Die Bündnispartner können diese indirekten Kosten zwar senken, indem sie die Häufigkeit und den sachlichen Umfang ihrer Konsultations-und Planungsprozesse einschränken. Dadurch vergrößern sie jedoch die nationalen Handlungsspielräume auf Kosten der gemeinsamen Interessenwahrnehmung. Entsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit, daß sich die verschiedenen außen-und verteidigungspolitischen Strategien auseinanderentwikkeln und es zur Renationalisierung der Sicherheitspolitik kommt.

Ferner erwachsen den Bündnismitgliedern auch Kosten aus der bloßen Existenz und Aufrechterhaltung einer Bündnisorganisation. So muß ein finanzieller Beitrag zum Unterhalt gemeinsamer Apparate geleistet werden. Nicht zu unterschätzen sind auch die Arbeitsbelastungen für die nationalen Bürokratien. Ständig müssen qualifizierte Mitarbeiter die Vorgänge in der Organisation beobachten, die Initiativen der Bündnispartner bewerten und eigene Vorlagen ausarbeiten.

Schließlich können zu diesen allgemeinen Kosten noch partikulare kommen, die nur einzelne Bündnismitglieder betreffen. So kann ein Bündnis mit einem bestimmten Staat innenpolitische Kosten mit sich bringen, weil dieser Staat aus ideologischen, historischen oder aktuellen politischen Gründen bei der eigenen Bevölkerung wenig Ansehen genießt. Eine Allianz kann die Stationierung von Streitkräften auf fremdem Territorium erfordern und dadurch sowohl für das Stationierungsais auch für das Ursprungsland Kosten verursachen. Partikulare Kosten entstehen ferner, wenn ein Bündnispartner einseitige Leistungen für das gesamte Bündnis erbringen muß, etwa indem er Sicherheitsgarantien übernimmt.

II. Voraussichtliche Folgen für die NATO

Die Zukunft der NATO erscheint Vor diesem Hintergrund ungewiß. Das nordatlantische Bündnis wurde gegründet, weil die westeuropäischen und nordamerikanischen Staaten sich einer gemeinsamen Bedrohung seitens der Sowjetunion ausgesetzt sahen. Auf beiden Seiten des Atlantiks ging man davon aus, daß die Sowjetunion nur dann an der Unterwerfung ganz Europas gehindert werden könnte, wenn Westeuropa und die USA gemeinsame Verteidigungsanstrengungen unternähmen. Durch den Rückzug und die Reduzierung der ehemals sowjetischen Streitkräfte wird aus dieser vormals kontinentalen Bedrohung ein lokales Gefährdungspotential, das nurmehr einzelne Bündnispartner (Norwegen, evtl, die Türkei) betrifft. Gleichzeitig zeichnen sich an der NATO-Südflanke neue Bedrohungen ab, die ebenfalls nur wenigen Mitgliedstaaten gelten werden. Für die übrigen Staaten entsteht somit ein „entrapment“ -Risiko, während für sie der Bündnisnutzen aufgrund der nachlassenden allgemeinen Bedrohung zurückgeht. Zum „entrapment“ -Risiko hinzu kommen die unverändert fortbestehenden Kosten durch die Konsultationen und Abstimmungsprozesse im NATO-Rat, welche den Mitgliedsländern die Verfolgung nationaler oder spezifisch europäischer Sicherheitspolitiken erschweren. Diese Einschränkung der Autonomie wurde bisher hingenommen, weil das Bündnis für die Sicherheit der meisten Mitgliedstaaten unverzichtbar erschien und obendrein Einsparungen im Verteidigungshaushalt ermöglichte. Mit dem Nachlassen der sowjetischen Bedrohung werden die indirekten Kosten künftig deutlicher ins Gewicht fallen und bei einigen Mitgliedstaaten den Wunsch nach weniger intensiven Konsultations-und Abstimmungsverfahren wekken. Als eine Möglichkeit, den Anstieg der relativen Kosten der Bündnismitgliedschaft durch anderwei-tige Einsparungen wieder auszugleichen, erscheint die Verstärkung der militärischen Integration. Diese festigt bereits in ihrer heutigen Form den Zusammenhalt des Bündnisses, weil sie durch internationale Arbeitsteilung eine Senkung der Verteidigungskosten ermöglicht hat. Auf diese Weise besteht eine Kostenbarriere gegen die Renationalisierung der Verteidigung, da viele Staaten in diesem Fall Verteidigungsaufgaben, die bislang gemeinsam wahrgenommen wurden (vor allem Luftraum-Überwachung und Luftverteidigung) oder bestimmten Bündnispartnern ganz überlassen wurden (z. B. Fernaufklärung), in nationaler Regie nachkommen müßten. Umgekehrt könnten durch die Stärkung der Integration weitere Kosten eingespart werden, wenn dabei Standardisierung und Arbeitsteilung äusgebaut würden.

Man sollte annehmen, auf diese Weise könnte die Barriere gegen Renationalisierungstendenzen zusätzlich erhöht und die Kosten/Nutzen-Relation der Bündnismitgliedschaft wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Diese Vermutung trügt aber insofern, als die Intensivierung der Integration zugleich die nationale Autonomie hinsichtlich des Streitkräfteeinsatzes beeinträchtigt. Staaten akzeptieren diese Beschränkung, solange sie sich einer gemeinsamen Bedrohung gegenübersehen, die es wahrscheinlich macht, daß im Konfliktfall alle Bündnismitglieder gemeinsam handeln würden. Sie akzeptieren sie aber nicht in einer Phase, in der lokale Bedrohungen in den Vordergrund treten, die ein Vorgehen auf jeweils nationaler Basis erforderlich machen könnten. Somit spricht wenig dafür, daß der Rückgang an sicherheitspolitischer Interdependenz, der mit dem Nachlassen der äußeren Bedrohung verbunden ist, durch eine Reform der inneren Organisation des Bündnisses ausgeglichen werden kann.

Auch das hohe Maß an Institutionalisierung, das die NATO kennzeichnet, wird ihre Kohäsion nicht entscheidend erhöhen können Zwar haben die Bürokratien in Brüssel und die Stabsoffiziere in Mons ein sehr starkes Interesse an der Erhaltung und Funktionsfähigkeit ihrer Organisation entwikkelt. Letztlich werden die Beschlüsse, die über den Bestand der NATO entscheiden, aber nicht in Brüssel, sondern in den nationalen Hauptstädten gefaßt. Nicht die NATO-Bürokratien und integrierten Stäbe kontrollieren die Ressourcen der Allianzpartner, sondern die Regierungen in Washington, London und Bonn. Wenn diese zu der Auffassung gelangen, daß die Kosten der Bündnismitgliedschaft nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen, dann können sie auch nicht von den Brüsseler Bürokratien am Austritt oder einer Einschränkung der Zusammenarbeit gehindert werden

Indem mit der sowjetischen Bedrohung auch der gemeinsame Nutzen der Allianz zurückgeht, steigt die Bedeutung partikularer Vorteile für den Fortbestand der NATO. Folgende einseitige Vorteile waren dabei in der Vergangenheit besonders wichtig: a) die nukleare Garantie der USA (für die nicht-nuklearen NATO-Mitglieder); b) der Zugang zu amerikanischen Technologien und Aufklärungsdaten (für die europäischen NATO-Mitglieder); c) die starke Einbindung Deutschlands (für seine europäischen Nachbarstaaten); d) der Zugang zu europäischen Häfen, Luftwaffenbasen und einer Vielzahl anderer Einrichtungen (für die USA); e) Washingtons führende Position in der NATO und der damit verbundene Einfluß in Europa (für die USA).

Zwei dieser Vorteile sind mit dem Rückgang der sowjetischen Bedrohung praktisch hinfällig geworden: Der Nutzen der amerikanischen Nuklear-Garantie schwindet in dem Maße, in dem nukleare Bedrohungen Europas an Plausibilität verlieren. Umgekehrt geht der amerikanische Einfluß in Europa stark zurück, weil die amerikanische Führungsposition auf Westeuropas Abhängigkeit von Amerikas Schutz basierte. Ob die Europäer unter diesen Umständen weiter Zugang zu amerikanischen Technologien und Aufklärungsdaten haben werden, ist zumindest fraglich. Außerdem unternehmen sie Anstrengungen, diese Abhängigkeiten zu verringern.

Der Nutzen, den die USA aus ihren militärischen Basen in Europa ziehen, geht ebenfalls merklich zurück, da diese Einrichtungen vor allem dazu dienten, das nukleare und konventionelle Gleichgewicht gegenüber der Sowjetunion zu erhalten. Allerdings hat der Golfkrieg unlängst wieder ge-zeigt, daß die USA nach wie vor von der relativ geringen Entfernung zwischen diesen Basen und den Krisenregionen im Nahen Osten profitieren. In diesem Zusammenhang sind auch die Hafennutzungsrechte der 6. Flotte bedeutsam. Diese Vorteile sollten indes nicht überbewertet werden. Zum einen sind die USA dabei, die Abhängigkeit von Basen in Übersee zu verringern. Des weiteren können sie sich verstärkt um Stationierungs-und Nutzungsrechte in Ländern der Region bemühen. Schließlich ist zu beachten, daß die USA keineswegs sicher sein können, ihre europäischen Basen im Krisenfall nach Belieben nutzen zu dürfen. Diese Abhängigkeit von der Zustimmung des Gastlandes verringert merklich den Nutzen der Stationierungsrechte

Die Einbindung Deutschlands ist hingegen mit der deutschen Vereinigung für die europäischen NATO-Partner eher noch wichtiger geworden als bisher. Sie entspricht momentan auch dem Interesse Deutschlands, seine internationale Berechenbarkeit unter Beweis zu stellen, um antideutschen Koalitionen von vornherein die Grundlage zu entziehen. Daß dieses wechselseitige Interesse dauerhaft den Zusammenhalt der NATO fördern kann, muß jedoch bezweifelt werden. Erstens ist die Einbindung Deutschlands primär ein europäisches und weniger ein amerikanisches Anliegen. Zweitens gelten die Sorgen der übrigen Europäer in erster Linie Deutschlands wirtschaftlichem Potential, das nicht in der NATO, sondern in der EG integriert werden kann. Vor allem aber ist es sehr fraglich, ob Deutschland auf lange Sicht Einschränkungen seiner sicherheitspolitischen Handlungsfreiheit akzeptieren wird -insbesondere, wenn diese als diskriminierend empfunden werden, weil sie nicht in gleicher Weise für seine europäischen Partner gelten.

Aber selbst wenn Deutschlands Partner symmetrischen Einbindungen zustimmen sollten, könnten wechselseitige Handlungsbeschränkungen für Deutschland ein schwerwiegendes Problem darstellen. Da die Herausforderungen in Mittelosteuropa Deutschland stärker berühren als seine NATO-und EG-Partner, sind zunehmend politische Divergenzen zu erwarten, die Deutschland vor die Wahl stellen könnten, entweder seine Interessen nicht durchzusetzen oder eine Lockerung'der Integration in Kauf zu nehmen. Wie die anderen partikularen Nutzenfaktoren wird somit auch das Interesse an der Einbindung Deutschlands kaum zum Fortbestand der NATO beitragen, wenn es nicht durch sicherheitspolitische Interessen ergänzt wird, die allen NATO-Partnern gemeinsam sind.

III. Die jüngste Entwicklung

Innerhalb der NATO zweifelt niemand daran, daß sich die politischen Rahmenbedingungen, die bisher den Bestand des Bündnisses gewährleisteten, grundlegend gewandelt haben. Deshalb unternehmen die NATO-Staaten gegenwärtig den Versuch, ihr Bündnis an die Veränderungen in Europa so anzupassen, daß es auch künftig funktionsfähig ist. Auf dem Londoner Gipfel vom Juli 1990 haben die Staats-und Regierungschefs eine grundlegende Reform angekündigt, die Bündnispolitik, Militär-strategie und Streitkräftestrukturen erneuern soll. Wie sind diese Anpassungsversuche zu bewerten? Sind in den letzten beiden Jahren wirksame Schritte zur Erhaltung der NATO unternommen worden oder lassen sich trotz der Reformanstrengungen im Bündnis schon erste Erosionstendenzen erkennen? 1. Politische Reformen Die ersten Ergebnisse des Reformprozesses geben aus Sicht der NATO nur bedingt Anlaß zu Hoffnung. Die Arbeiten am neuen politischen Konzept der Allianz kamen nur langsam voran. Schwierigkeiten bereiteten vor allem die Definition künftiger Herausforderungen und Risiken, die Frage einer Ausweitung des NATO-Vertragsgebiets sowie die Rolle einer künftigen „europäischen Verteidigungsidentität“ 16. Besser vorangekommen sind die Überlegungen zum strategischen Konzept der Allianz. Die raschesten Fortschritte wurden in den Bereichen Militärstrategie und Streitkräfteplanung gemacht. Damit wurde die Logik des Reformprozesses jedoch auf den Kopf gestellt. Statt, ausgehend von einem politischen Konzept, das strategische Konzept und die für seine Umsetzung erforderlichen Streitkräfte festzulegen, schritt die Allianz von den sicherheitspolitischen Instrumenten zu den übergeordneten Zielsetzungen voran. Sie setzt sich damit der zweifachen Gefahr aus, daß die strategischen Planungen den Allianzzielen nicht gerecht werden bzw. die Allianzziele durch die strategischen Planungen so eingegrenzt werden, daß sie mit den Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten schwerer zu vereinbaren sind. Inzwischen sind zwar die „Politische Erklärung“ und das „Strategische Konzept“ verabschiedet worden Dies wurde jedoch erst möglich, nachdem sich Deutschland, Frankreich und Großbritannien darauf geeinigt hatten, ihre Meinungsverschiedenheiten mit Formelkompromissen zu überdecken

Ursachen dieser Umkehrung der Logik waren neben der unübersichtlichen politisch-strategischen Lage vor allem partikulare Interessen und Entscheidungen einzelner Bündnispartner, die auf der Ebene des politischen Konzepts die Einigung erschwerten und bei der Streitkräfteplanung die Struktur weitgehend vorherbestimmt haben. Die Reduzierungen der nationalen Streitkräfte wurden im vergangenen Jahr kaum von der NATO koordiniert, sondern von den jeweiligen Regierungen in eigener Regie vorgenommen. In einigen Fällen wurden die Bündnispartner erst konsultiert, nachdem die Reduzierungsentscheidung bereits gefallen war. Den NATO-Planem blieb daher nurmehr die Aufgabe, auf der Grundlage der einzelnen nationalen Reduzierungsbeschlüsse ein neues Planungskonzept zu erstellen Wenn sich die ehemals sowjetischen Streitkräfte weiter zurückziehen und die russische Außenpolitik ihren konstruktiven Charakter beibehält, ist mit weiteren unilateralen Reduzierungsbeschlüssen innerhalb der Allianz zu rechnen. Die Folge wäre eine verstärkte Renationalisierung der Verteidigungsplanung zu Lasten des NATO-Planungsapparats. 2. Militärische Integration Anlaß zu Skepsis bietet auch die halbherzige Umsetzung des Beschlusses von London, in Zukunft die nationalen Kontingente in multinationale Korps zu integrieren und nicht, wie bisher, nur in Armeegruppen. Integrierte Korps hätten eine Vielzahl von politischen Vorteilen, wenn wesentliche Korpsfunktionen wie Führung, Kampfunter

Stützung und Versorgung arbeitsteilig von den beteiligten Nationen übernommen würden In diesem Fall würde die Integration nicht nur innenpolitische Akzeptanzprobleme mindern, sondern auch den Zusammenhalt des Bündnisses stärken. Um ein hohes Maß an internationaler Arbeitsteilung später zu revidieren und die nationale Einsetzbarkeit der einzelnen Divisionen wiederzuerlangen, müßte der betreffende Staat bislang integrierte Stäbe und Korpsverbände neu aufstellen und ausstatten. Entsprechend hoch wären die Barrieren gegen eine Renationalisierung der Verteidigungspolitik.

Diese Einschränkung ihrer nationalen Autonomie wollten einige NATO-Mitglieder indes nicht zulassen. So waren z. B. die USA besorgt, daß eine echte Integration auf Korpsebene sie daran hindern könnte, ihre in Europa stationierten Divisionen in nationaler Regie außerhalb des NATO-Gebiets einzusetzen. Zudem befürchteten sie, ihre Air-Land-Battle-Doktrin an die operativen Doktrinen angleichen zu müssen, nach denen andere NATO-Korps kämpfen sollen. Zur Skepsis gegenüber multinationalen Korps hat sicher auch der Faktor beigetragen, daß integrierte Korps nur dann Kosteneinsparungen ermöglichen, wenn gleichzeitig die Standardisierung stark verbessert wird. Geschieht dies nicht, sind sogar Mehrkosten zu erwarten

Inzwischen wird in Brüssel nicht mehr damit gerechnet, daß die multinationalen Korps wirklich integriert sein werden. Lediglich das Rapid Reaction Corps wird einen multinationalen Stab erhalten. Bei den Main Defense Forces soll der Korps-stab jeweils von einer Nation gebildet werden, während die anderen beteiligten Nationen nur einen Verbindungsstab entsenden Dies würde es den beteiligten Nationen erlauben, ihre auf verschiedene Korps verteilten Divisionen ohne größere Mühe wieder unter einem nationalen Korps-stab zusammenzufassen. Damit könnte die nationale Verwendbarkeit der Divisionen in kurzer Zeit wiederhergestellt werden. Unter diesen Umständen besteht für die beteiligten Staaten in Krisen weniger Notwendigkeit, sich mit ihren Bündnispartnern auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen

Dieser Mißerfolg bei der Stärkung der militärischen Integration wäre für sich genommen noch kein Warnsignal, ist die NATO doch vier Jahrzehnte gut ohne multinationale Korps ausgekommen (sieht man einmal von einem dänisch-deutschen Korps ab). In der gegenwärtigen Phase nachlassender Bedrohung wiegt dieses Versäumnis jedoch schwer, weil die zusätzliche Kohäsionswirkung wirklich integrierter Korps geeignet gewesen wäre, die zunehmenden politischen Divergenzen unter den Bündnispartnern auszugleichen.

Im vergangenen Jahr waren zwei politische Divergenzen zu beobachten, die für die Zukunft Auflösungserscheinungen befürchten lassen: die eine betraf die Diskussion über den europäischen Pfeiler der NATO, die andere die Entsendung der deutschen und belgischen AMF-Kontingente in die Türkei. In beiden Fällen haben europäische Staaten versucht, ihren Handlungsspielraum gegenüber der NATO auszubauen. 3. Die europäische Sicherheitsidentität Die Schaffung einer „europäischen Sicherheitsidentität“ wurde in der Londoner NATO-Erklärung ausdrücklich von allen Bündnismitgliedern begrüßt. Umstritten blieb jedoch die Ausformung dieser „Identität“, vor allem die Frage, ob unabhängig von der NATO Schritte in Richtung auf eine rein europäische Militärorganisation unternommen werden sollten und ob diese Organisation Weisungen von der EG entgegennehmen müßte. In diesem Fall befürchten die USA die Bildung eines europäischen Blocks innerhalb der NATO, der ihren Einfluß in Europa mindern würde und sie sogar gegen ihren Willen in Konflikte verwikkeln könnte Die meisten europäischen Bündnispartner -allen voran Frankreich und Deutschland -versprechen sich von der Institutionalisierung einer europäischen Verteidigungsidentität, neben der Förderung der europäischen Integration als solcher, eine Erweiterung des europäischen Handlungsspielraums, die ihnen der innerhalb NATO größeres Gewicht gegenüber den USA und notfalls die Option zur eigenständigen Durchsetzung europäischer Interessen verschaffen soll. Der Zweck dieser Institution bestünde aus Sicht der Europäer mithin auch darin, größere Unabhängigkeit und mehr Einfluß zu erlangen, d. h. letztlich weniger Rücksicht auf den amerikanischen Bündnispartner nehmen zu müssen

Wenn die Institution ihren Zweck erfüllen soll, muß sie daher zwangsläufig den transatlantischen Zusammenhalt schwächen. Die europäische Autonomie kann deshalb nur auf Kosten der transatlantischen Interdependenz gestärkt werden. Größerer europäischer Einfluß im Bündnis müßte zu Lasten des amerikanischen gehen und würde insofern Washingtons Interesse am Fortbestand der NATO mindern. Der Umstand, daß eine Reihe europäische Staaten dennoch dieses Projekt vorantrieben, unterstreicht mithin, daß sie der NATO weniger Bedeutung beimessen als noch vor wenigen Jahren. Dieser Rückgang an transatlantischer Interdependenz würde auch nicht durch den vermeintlichen Umstand ausgeglichen, daß die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Außen-und Sicherheitspolitik Entscheidungsprozesse innerhalb der NATO erleichtern würde, weil zwei Akteure sich leichter einigen können als sechzehn. Viel wahrscheinlicher ist das Gegenteil, weil die Europäer auf absehbare Zeit einen sehr unflexiblen Bündnispartner abgeben würden. Die meisten Positionen der Europäischen Politischen Union (EPU) würden nämlich Kompromisse zwischen den einzelnen Staaten darstellen. Als aktuelles Beispiel hierfür sei nur auf das diplomatische Tauziehen um die Anerkennung von Slowenien und Kroatien verwiesen. Je schwerer den Europäern die Aushandlung solcher Kompromißpositionen fiele, desto weniger wären sie bereit, ihre gemeinsame Haltung im Zuge transatlantischer Konsultationen zu revidieren, weil dies erneut komplizierte Verhandlungen innerhalb der EPU erfordern würde. Die unnachgiebige Position der EG bei der laufenden GATT-Runde macht diese Art der Blockierung überdeutlich Sollte die europäische Integration jedoch später einmal zu einer wahrhaft gemeinschaftlichen Außen-und Sicherheitspolitik führen, die nicht mehr auf einem Kompromiß zwischen nationalen Interessen basiert, würde dies die Frage aufwerfen, wozu die EPU überhaupt noch in der NATO verbleiben sollte. Schließlich würde eine supranationale EPU eine regionale Supermacht darstellen, die kaum noch auf transatlantische Zusammenarbeit angewiesen wäre. Heute noch bestehende Defizite in militärischen Teilbereichen (z. B. Fernaufklärung und Lufttransport) könnten von ihr in einigen Jahren beseitigt werden. Dies würde im Sicherheitsbereich die transatlantische Interdependenz endgültig aufheben. Vermutlich sähen sich die USA unter diesen Bedingungen veranlaßt, gegen die europäische Vormachtstellung in der östlichen Hemisphäre Stellung zu beziehen.

In jüngster Zeit ist allerdings deutlich geworden, daß die Verwirklichung einer rein europäischen Verteidigungsorganisation nur langsam voranschreitet. Zwar haben die WEU-Staaten in Maastricht eine Verstärkung der operativen Rolle ihrer Organisation abgekündigt und dafür u. a. die Errichtung eines militärischen Planungsstabs, der WEU assignierte Einheiten und regelmäßige Treffen der nationalen Stabschefs in Aussicht genommen Auch wurde mit der deutsch-französischen Brigade eine „Keimzelle“ für künftige europäische Streitkräfte geschaffen Andererseits konnten in Maastricht die stärker an der NATO orientierten Briten und Niederländer durchsetzen, daß in das WEU-Dokument eine zuvor in NATO-Kommuniques enthaltene Formulierung aufgenommen wurde, derzufolge die Atlantische Allianz in Sicherheitsangelegenheiten das wichtigste Konsultations-und Entscheidungsforum bleibe

Die Frage der europäischen Sicherheitsidentität wird jedoch auf der Tagesordnung bleiben und in dem Maße an Brisanz gewinnen, in dem die östliche Bedrohung weiter nachläßt und die europäische Integration voranschreitet. Die nächste transatlantische Auseinandersetzung über die Rolle des europäischen NATO-Pfeilers ist daher nur eine Frage der Zeit. 4. Zögerliche Unterstützung der Türkei im Golfkrieg Ein noch beunruhigenderes Anzeichen für die nachlassende Kohäsion der NATO war die in Belgien und Deutschland geführte Debatte darüber, ob der Türkei im Falle eines irakischen Angriffs Beistand zu leisten sei. Beide Staaten stimmten erst nach einigem Zögern dem türkischen Ersuchen zu, nationale Kontingente im Rahmen der „Allied Mobile Force“ (AMF) in die Türkei zu entsenden Auch nach dieser Entscheidung wurde in beiden Ländern die Debatte fortgesetzt, ob ein irakischer Angriff auf die Türkei den Bündnisfall auslösen würde

Diese Diskussion mußte den Eindruck erwecken, daß deutsche und belgische Politiker die Beistandspflicht nach Artikel 5 des NATO-Vertrags in diesem Fall nicht als bindend betrachteten. Begründet wurde diese Haltung mit der Nutzung türkischer Basen durch die Streitkräfte der gegen den Irak kämpfenden Koalition. Dabei wurde ignoriert, daß die Einsätze der Alliierten durch einen UN-Beschluß sanktioniert waren und insofern nach dem Völkerrecht keine aggressiven Akte darstellten. Diese mangelnde Solidarität ist mithin nicht so sehr auf völkerrechtliche Bedenken zurückzuführen, als auf die realpolitische Einsicht, daß ein irakischer Angriff auf die Türkei keine Bedrohung der deutschen oder belgischen Sicherheit mehr darstellt, seitdem die Türkei nicht mehr zur Eindämmung der Sowjetunion benötigt wird. Außerdem ist mit der sowjetischen Bedrohung auch das Interesse der NATO-Partner geschwunden, durch solidarisches Verhalten die eigene Zuverlässigkeit zu demonstrieren. Aus diesen Gründen war es nur konsequent, daß nach juristischen Ausflüchten gesucht wurde, um nicht in einen türkisch-irakischen Konflikt hineingezogen zu werden („entrapment“).

Dieses Verhalten wird voraussichtlich Schule machen, wenn künftig lokale Bedrohungen in den Vordergrund treten. Dann werden auch andere NATO-Staaten einen wachsenden Widerspruch zwischen der juristischen Bindewirkung der Beistandsklausel und ihren nationalen Sicherheitsin-teressen feststellen. Sie werden sich mit dem Dilemma konfrontiert sehen, entweder vertragskonform -aber entgegen ihren eigenen Interessen -Beistand zu leisten oder -was wahrscheinlicher ist -ihre Beistandspflichten zu ignorieren und damit die politische Relevanz des NATO-Vertrags zu unterminieren. Daß die NATO-Staaten sich dieser Problematik bewußt sind, verdeutlicht nicht zuletzt die Tatsache, daß sie sich unlängst zu der ausdrücklichen Erklärung bemüßigt fühlten, die im Washingtoner Vertrag vereinbarten Rechte und Pflichten bestünden unverändert fort

IV. Politische Schlußfolgerungen

Mit dem weiteren Nachlassen der östlichen Bedrohung wird die NATO zunehmend an Bedeutung und Zusammenhalt verlieren. Dieser Prozeß könnte innerhalb des nächsten Jahrzehnts durchaus die schleichende Auflösung des Bündnisses herbeiführen -falls nicht vorher eine neue Bedrohung entsteht, die nur durch gemeinsame Anstrengungen der USA und Westeuropas eingedämmt werden kann. Die NATO droht somit in der Tat ein Opfer ihres eigenen Erfolges zu werden. Da sie als Defensivbündnis gegen die sowjetische Bedrohung gegründet wurde, mag es allerdings nur folgerichtig erscheinen, daß sie mit deren Verschwinden ihre Tätigkeit einstellt. So gesehen wirken besorgte Äußerungen über Auflösungserscheinungen anachronistisch.

Diese Auffassung greift indes zu kurz, weil die NATO auch nach dem Ende des Kalten Krieges in mehrfacher Hinsicht zur Erhaltung der europäischen Sicherheit beitragen könnte. Zunächst kann die NATO als Vorkehrung für den Fall dienen, daß Rußland erneut Westeuropas Sicherheit bedroht. Der Fortbestand des Bündnisses würde in dieser Situation eine bessere Koordinierung von Gegenmaßnahmen ermöglichen, als es eine erst neu zu schaffende Allianz könnte. Vor allem aber würden die Wiederaufwuchs-und Krisenmanagementpläne der NATO eine künftige russische Führung von expansiven Vorhaben abschrecken und somit das Risiko mindern, daß es überhaupt zu solchen Eventualfällen kommt.

Darüber hinaus erfüllt die NATO im nordatlantischen Raum auch wichtige „Binnenfunktionen“.

Sie trägt wesentlich dazu bei, daß die wirtschaftliche Rivalität zwischen den USA und Westeuropa nicht zu einer geopolitischen wird, und sie legitimiert die Präsenz amerikanischer Truppen in Europa, die die traditionellen machtpolitischen Rivalitäten zwischen den westeuropäischen Staaten gedämpft hat Ob diese schwer greifbaren, der operativen Politik entrückten Vorteile der NATO ausreichen, um ihren Fortbestand zu sichern, ist allerdings zweifelhaft. Kooperative Sicherheitssysteme, die nicht der Abwehr äußerer Gegner, sondern der friedlichen Regelung interner Angelegenheiten dienen, haben erfahrungsgemäß nur eine kurze Lebensdauer. Jedes Mitglied ist geneigt zu glauben, daß es selber die größten Selbstbeschränkungen auf sich nimmt, um die Harmonie unter den Mitgliedern zu erhalten; denn jedes Mitglied wird sich überwiegend an die Fälle erinnern, in denen es selber auf nationale Vorteile verzichtete. Hingegen wird es die Opfer anderer Staaten verdrängen oder fälschlich als interesseorientierte Handlungen perzipieren

Wie aber können die NATO-Staaten der drohenden Auflösung ihres Bündnisses entgegenwirken? Prinzipiell stehen ihnen hierfür zwei Möglichkeiten offen: Sie können den Nutzen erhöhen bzw. erhalten, den die einzelnen Mitglieder aus dem Bündnis ziehen, oder sie können die Kosten der Mitgliedschaft senken. 1. Erhaltung des Nutzens Auf das Ausmaß der östlichen Bedrohung, aus deren Abwendung bisher der Hauptnutzen der NATO resultierte, haben deren Mitglieder wenig Einfluß, und obendrein wären westliche Versuche, diese gleichsam künstlich zu verlängern, offenkundig unsinnig. Da dieser äußere Interdependenz-faktor nicht zu beeinflussen ist, ließe sich die transatlantische Interdependenz nur durch Reformen innerhalb der NATO verstärken. In diesem Zusammenhang wäre insbesondere die Intensivierung der militärischen Integration von Vorteil. Wie gesehen, sind derartige Vorhaben momentan jedoch wenig aussichtsreich, weil manche Mitgliedstaaten Einschränkungen ihrer nationalen Autonomie nicht hinnehmen wollen. Dies sollte die übrigen Bündnispartner allerdings nicht davon abhalten, erneut auf die Sicherheits-und eventuellen Kostenvorteile militärischer Integration hinzuweisen, wenn weitere Beschlüsse über die Struktur der NATO-Streitkräfte anstehen. Zumindest müssen bei einer weiteren Lockerung der Integration die Folgen für den Zusammenhalt des Bündnisses berücksichtigt werden.

Augenblicklich geht die Entwicklung in der NATO jedoch eher in die Richtung, den Nutzen des Bündnisses durch die Übernahme einer gesamteuropäischen Stabilisierungsfunktion zu erhöhen. Mit der Bildung des Nordatlantischen Kooperationsrats und dem Angebot, KSZE-Mandate zu übernehmen, sucht die Allianz das sicherheitspolitische Vakuum östlich der Oder zu füllen Zweifellos würde Europa davon profitieren, wenn Sicherheit und Stabilität des nordatlantischen Raumes auf ganz Europa ausgedehnt würden. Ob diese neue Funktion langfristig die Lebensfähigkeit der NATO fördern wird, kann an dieser Stelle nicht erschöpfend untersucht werden. Die Indizien sprechen indes eher dagegen.

Zum einen werden sich die heutigen NATO-Mitglieder nicht so leicht auf eine gemeinsame Stabilisierungspolitik für Osteuropa einigen können wie bisher auf eine gemeinsame Eindämmungspolitik gegenüber der Sowjetunion. Wie schwierig solch eine Übereinstimmung zu erzielen ist, demonstrieren die EG-Debatten über die Zukunft Jugoslawiens. Hinzu kommt, daß die einzelnen NATOMitglieder in sehr unterschiedlichem Maße von Problemen in Osteuropa betroffen werden. Besonders augenfällig ist hier die Diskrepanz zwischen Deutschland und den USA. Infolgedessen sind die Kosten stabilisierender Maßnahmen schwieriger aufzuteilen. Wenn die NATO eine direkte Verantwortung für die Sicherheit Mitteleuropas übernimmt, läuft sie mithin Gefahr, durch interne Auseinandersetzungen über Fragen der politischen Strategie und der Übernahme von Kosten paralysiert zu werden.

Vor allem aber basiert der NATO-Kooperationsrat auf einer asymmetrischen Verteilung von Entscheidungskompetenzen, Interessen und Risiken. Die Staaten, um deren Sicherheit es letztlich geht, sind nur an den Beratungen des Kooperationsrats, nicht aber an den eigentlichen Entscheidungen im NATO-Rat beteiligt. Umgekehrt müssen bei etwaigen Aktionen die NATO-Mitglieder Kosten und Risiken auf sich nehmen, obwohl ihre nationale Sicherheit nicht unmittelbar gefährdet wäre. Als logischer Ausweg aus diesem Dilemma bietet sich an, die osteuropäischen Staaten an den Bündnisentscheidungen und ihren Folgekosten voll zu beteiligen, letztlich also in die NATO aufzunehmen. Indes würde die Aufnahme neuer Mitglieder für die alten das „entrapment“ -Risiko und damit die Kosten ihrer Allianzzugehörigkeit erhöhen. Die NATO-Staaten waren daher gut beraten, als sie unlängst von Sicherheitsgarantien für die neuen europäischen Demokratien Abstand nahmen und klarstellten, daß das Prinzip der gleichen Sicherheit nur für die Mitgliedstaaten gilt Damit blieben sie zwar hinter den Hoffnungen der osteuropäischen Staaten zurück; letztlich ist der Verzicht auf weitere Bündnisverpflichtungen aber auch in deren Interesse, weil er die Chancen für den Fortbestand der NATO erhöht und insofern langfristig zur Stabilität in Europa beiträgt.

Um den Nutzen der Atlantischen Allianz zu erhalten, bedarf es aber insbesondere einer umsichtigen Politik beim Aufbau der europäischen Sicherheitsidentität. Die Europäer müssen sich darüber im klaren sein, daß die Institutionalisierung ihrer gemeinsamen Sicherheitspolitik nicht nur ihre Abhängigkeit von den USA verringert, sondern damit gleichzeitig den transatlantischen Zusammenhalt. Das gleiche gilt für Rüstungsprogramme, welche die militärische Abhängigkeit von den USA verringern (z. B. Aufklärungs-Satelliten und Lufttransport-Kapazitäten). Insofern birgt die Schaffung eines europäischen „Bündnisses im Bündnis“ die Gefahr, daß innerhalb der NATO gleichsam eine „atlantische Sollbruchstelle“, geschaffen wird, an der die Allianz entzweibricht, sobald die Europäer von ihrem größeren Handlungsspielraum Gebrauch machen. Im ungünstigsten Fall könnte dies zu einer unbeabsichtigten Renationalisierung der europäischen Sicherheitspolitik führen, wenn nämlich die Institutionalisierung des europäischen Pfeilers zunächst weit genug vorankäme, um den USA das Interesse an der NATO-Mitgliedschaft zu nehmen, aber letztlich doch nicht weit genug, um die Option auf nationalstaatliche Sicherheitspolitik in Westeuropa dauerhaft auszuschließen.

Diese Bedenken implizieren keineswegs, daß die Europäer auf die Vertiefung der Integration verzichten und ihre militärische Abhängigkeit von den USA gleichsam kultivieren sollten. Sie würden jedoch gut daran tun, den Nutzen solcher Maßnahmen mit ihren Kosten zu vergleichen. Solange die Erhaltung der NATO hohe Priorität genießt, spricht vieles dafür, die weiteren Integrationsbemühungen auf die Demokratisierung der EG und den Aufbau der Wirtschafts-und Währungsunion zu konzentrieren. Im Sicherheitsbereich wäre demnach die transatlantische Zusammenarbeit zumindest solange zu pflegen, wie die USA an der Erhaltung der europäischen Sicherheit Interesse zeigen. Die Institutionalisierung der europäischen Sicherheitsidentität heute schon unter Verweis auf amerikanische Abzugspläne zu forcieren, hieße dagegen für die NATO, „Selbstmord aus Angst vor dem Tode“ zu begehen. 2. Senkung der Kosten Wenn aber der Nutzen der Bündnismitgliedschaft zurückgeht, weil die sowjetische Bedrohung der Vergangenheit angehört und neue Funktionen wenig Kohäsionswirkung versprechen, muß zur Erhaltung der NATO vor allem bei den Kosten der Mitgliedschaft angesetzt werden. Andernfalls kann das Gleichgewicht zwischen Kosten und Nutzen nicht aufrechterhalten werden. Die NATO hat bereits diesbezügliche Schritte eingeleitet. Sie ist dabei, in ihrer Brüsseler Bürokratie Stellen abzubauen, und hat eine Straffung der multinationalen Kommandostruktur in Angriff genommen.

Diese finanziellen Kosten belasten die Bündnis-mitglieder jedoch relativ wenig. Wichtiger wären daher die Senkung der „entrapment“ -Risiken und der Abbau von Autonomieeinschränkungen. Der Spielraum für derartige Maßnahmen ist jedoch nicht sehr groß. Vorstellbar wären Einschränkungen gemeinsamer Konsultations-und Planungsprozesse, welche die Kemfunktion des Bündnisses (d. h. die Vorsorge für den Fall einer neuen russischen Bedrohung) nicht unmittelbar berühren und dennoch die Autonomie der Bündnismitglieder beeinträchtigen. Beispielsweise sollten nationale Verteidigungsbeiträge weniger im Detail diskutiert werden, sondern primär als Gesamtbeitrag. Die Planungen zur Bewältigung lokaler Bedrohungen sollten so flexibel gestaltet werden, daß nichtbetroffene Bündnismitglieder nicht über Gebühr beansprucht und in ihrer Reaktion festgelegt werden. Bei Krisen außerhalb des NATO-Gebiets sollten Konsultationen weiterhin nur auf die Koordination nationaler Maßnahmen abzielen, nicht aber auf die Festlegung einer verbindlichen Bündnisposition.

Wie sehr einige Staaten an der Ausweitung ihres Handlungsspielraums interessiert sind, verdeutlichten erst vor kurzem wichtige außenpolitische Initiativen, die ohne vorhergehende Konsultationen der Bündnispartner angekündigt wurden. So regte der britische Premierminister Major ein UNO-Gipfeltreffen an, ohne zuvor die deutsche Regierung zu informieren, und der amerikanische Außenminister Baker lud überraschend zu einer Konferenz über Hilfsprogramme für die ehemalige Sowjetunion ein, ohne seine europäischen Bündnispartner konsultiert zu haben Diese Tendenz zu unilateralen Initiativen ist keineswegs alarmierend, sondern die logische Konsequenz der geschwundenen Bedrohung. Die Ausweitung nationaler Handlungsspielräume kann allerdings nur dann zur Erhaltung des Bündnisses beitragen, wenn sich die NATO-Mitglieder untereinander darauf verständigen, in welchen Problembereichen auch künftig Konsultationen notwendig sind. Bei einer unkoordinierten Tendenz zu unilateralen Initiativen bestünde die Gefahr, daß die Mitgliedstaaten zwar ihre eigenen Initiativen als legitim, das einseitige Vorgehen anderer aber als eine Mißachtung von Bündnisverfahren betrachten würden. Dies hätte zur Folge, daß die Bündnismitglieder immer weniger Rücksicht auf die Interessen ihrer Partner nehmen würden, bis schließlich der strategische Grundkonsens der Allianz bedroht wäre. 3. Ausblick Hat die NATO angesichts dieser Probleme noch eine Perspektive? Zumindest mittelfristig erscheint ihre Auflösung vermeidbar. Solange die politische Instabilität in den Republiken der ehemaligen Sowjetunion anhält und nukleare Gefährdungen aus dieser Richtung denkbar bleiben, werden mindestens die europäischen NATO-Mitglieder daran interessiert sein, das Bündnis als eine „Versicherungsgemeinschaft gegen Instabilität“ zu bewahren Allerdings wird der Wert dieser „Versicherung“ dadurch beschränkt, daß der „Schadensfall“ sehr unwahrscheinlich geworden ist. Infolgedessen wird sie nur dann langfristig für ihre Klienten attraktiv bleiben, wenn sie ihnen lediglich geringe Kosten und wenig Handlungsvorschriften zumutet. Konkret heißt dies, daß das Bündnis nicht „politischer“ werden muß, sondern sich auf die Erhaltung militärischer Integrations-und Kooperationsformen konzentrieren sollte Gemäß diesem Rollenverständnis würde die NATO zwar das „wichtigste Forum“ für Konsultationen und Entscheidungen über all jene Fragen bleiben, die unmittelbar die Sicherheit und Verteidigung des nordatlantischen Gebiets betreffen; über Sicherheitsprobleme, die unmittelbar nur die mittel-und osteuropäischen Staaten angehen, würde hingegen im Rahmen der KSZE beraten.

Diese Konstruktion würde es keineswegs ausschließen, daß die NATO zur Durchsetzung von KSZE-Beschlüssen Streitkräfte und militärische Infrastruktur zur Verfügung stellte, so wie die Europäische Gemeinschaft wirtschaftliche Unterstützungs-oder Sanktionsmaßnahmen koordinieren könnte. Derartige Hilfsmaßnahmen wären bei dieser Konstellation aber nicht durch eine Beistandsklausel oder Sicherheitsgarantie vorgeschrieben; vielmehr wären sie das Ergebnis autonomer Entscheidungen im Rahmen der KSZE (wobei deren institutioneile Struktur hierfür allerdings noch zu straffen wäre).

Solch eine Arbeitsteilung hätte eine Reihe von Vorteilen: Die nicht der NATO angehörenden Staaten wären an den Entscheidungen über ihre eigene Sicherheit als gleichberechtigte Mitglieder beteiligt; da die NATO nicht die Verantwortung für Osteuropas Sicherheit auf sich nehmen würde, entstünden für ihre Mitglieder weder neue „entrapment“ -Risiken noch zusätzliche Einschränkungen ihrer außenpolitischen Handlungsfreiheit; die NATO liefe weniger Gefahr, daß tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über diese Fragen ihren Zusammenhalt und ihr internationales Prestige schwächen würden; schließlich stünde für den Fall, daß der KSZE die Verhinderung oder Unterbindung von bewaffneten Auseinandersetzungen mißlänge, mit der NATO eine zusätzliche Sicherheitsorganisation -gleichsam als zweite Auffanglinie -bereit. Bei dieser Rollenverteilung könnte die NATO ihre militärische Integration weitestgehend beibehalten. Im politischen Bereich würde sie sich zunehmend auf die Rolle einer „alliance in being“ beschränken, die durch ihre bloße Existenz und ihre Reaktivierbarkeit auf lange Sicht die Sicherheit ihrer Mitglieder erhalten und die gesamteuropäische Stabilität fördern könnte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Robert Mauthner, Russian Republic wants to join NATO alliance, in: Financial Times vom 21. /22. 12. 1991.

  2. Henry A. Kissinger, Beginn des Niedergangs der westlichen Allianz?, in: Welt am Sonntag vom 22. 7. 1990, S. 14.

  3. Vgl. John J. Mearsheimer, Back to the Future: Instability in Europe After the Cold War, in: International Security, XV (1990) 1, S. 5-56; ähnlich Hugh De Santis, The Graying of NATO, in: The Washington Quarterly, (1991) 3, S. 51-65; Pierre Hässner, Europe Beyond Partition and Unity: Disintegration or Reconstitution?, in: International Affairs, LXVI (1990) 3, S. 461-475 (S. 465f.).

  4. Vgl. Robert Jervis, Front Balance to Concert, in: World Politics XXXVIII (1985) 1, S. 58-79.

  5. Vgl. Kenneth N. Waltz, Theory of International Politics, Reading, Mass. 1979, S. 104-107. Im Prinzip könnte die Zukunft der NATO auch mit einem institutionalistischen Ansatz analysiert werden, da die Vertreter dieser Schule auch Allianzen als Institutionen begreifen. Bisher haben sie jedoch Allianzen als Untersuchungsgegenstand ausgeklammert. Zudem lassen sich aus der Theorie des Institutionalismus nur schwer konkrete Prognosen über die Auflösung von Institutionen ableiten (vgl. Robert O. Keohane, International Institutions and State Power, Boulder, Col., 1989, S. 15 u. 167). In diesem Zusammenhang fällt auch auf, daß Keohane in seiner Kritik an Mearsheimer (Anm. 3) nicht auf dessen Prämisse eingeht, wonach die USA aus Europa abziehen und die NATO zerfallen werde (Correspondence, in: International Security, XV [1990] 2, S. 192-194).

  6. Die unzureichend reflektierte Gleichsetzung von denkbaren positiven Funktionen der Allianz insgesamt mit ihrem Fortbestand durchzieht die gesamte Diskussion über die Zukunft der NATO. Dies geht z. T. soweit, daß mögliche Funktionen von Bündnissen mit denen von Staaten gleichgesetzt werden; vgl. z. B. die ansonsten sehr instruktive Studie von Jan Willem Honig, NATO: An Institution Under Threat?, Institute for East-West Security Studies, Occasional Paper No. 22, Boulder, Col., 1991, besonders S. 54.

  7. Als systematischste Darstellung dieser Auffassung vgl. K. N. Waltz (Anm. 5), S. 116-128.

  8. So z. B. Josef Joffe, NATO and the Dilemmas of a Nuclear Alliance, in: Journal of International Affairs, Summer/Fall 1989, S. 29-45. Joffes Argument bezieht sich allerdings noch auf die Sowjetunion des Jahres 1989.

  9. Vgl. Stephen M. Walt, The Origins of Alliances, Ithaca, N. Y., 1987, S. 22.

  10. Vgl.ders. (Anm. 9), S. 22ff.

  11. Vgl. J. Joffe (Anm. 8), S. 29.

  12. Vgl. Glenn H. Snyder, The Security Dilemma in Alliance Politics, in: World Politics, XXXVI (1984) 4, S. 461-495 (S. 466f.); ders., Alliance Theory: A Neorealist First Cut, in: Journal of International Affairs, XLIV (1991) 1, S. 103-123 (S. 113).

  13. So aber Stephen M. Walt, Alliances in Theory and Practice: What Lies Ahead?, in: Journal of International Affairs, Summer/Fall 1989, S. 1-17 (S. 11).

  14. Allerdings hat der personelle Austausch zwischen den Brüsseler und den nationalen Behörden bei vielen Bürokraten eine Sozialisierung bewirkt, die nationale Interessen weitgehend mit Bündnisinteressen gleichsetzt. Dieser Effekt wird aber künftig an Bedeutung verlieren, wenn die Bedrohung weiter nachläßt, weil dann Positionen bei der NATO nicht mehr den Stellenwert haben wie bisher.

  15. Vgl. Robert E. Harkavy, The United States Coping Without Bases in Europe, in: Jane Sharp (Ed.), Europe After an American Withdrawal: Economic and Military Issues, Oxford 1990, S. 456-485.

  16. Vgl. „Rome Declaration on Peace and Cooperation“ (Europe Documents No. 1744, 13. 11. 1991); „The Alliance’s New Strategie Concept" (Europe Documents No. 1742, 9. 11. 1991).

  17. Vgl. Hella Pick, Nato Debates its new role and future, in: The Guardian vom 6. 11. 1991; vgl. auch Otfried Nassauer/Daniel Plesch, NATO Strategy Review: Out of Step with Events, in: Anned Forces Journal International, October 1991, S. 50-52.

  18. Vgl. Richard Mottram, Options for Change: Process and Prospects, in: RUSI Journal, Spring 1991, S. 22-26; Erklärung von Verteidigungsminister Cheney, in: U. S. Senate, Department of Defense Authorization for Appropriations for Fiscal Year 1991, Part 1, S. 168.

  19. Vgl. Karl Lowe/Thomas-Durell Young, Multinational corps in NATO, in: Survival, XXXIII (1991) 1, S. 66-77; David Miller, Multinationality: implications of NATO’s evolving strategy, in: International Defense Review, (1991) 3, S. 211-13; Frederick M. Franks Jr. /Alan T. Carver, Building a NATO Corps, in: Military Review, July 1991, S. 26-38.

  20. Vgl. Henry van Loon, Multinational Forces Carry Hefty Price Tag, in: Armed Forces Journal International, November 1991, S. 27.

  21. Vgl. Karl Feldmeyer, Friedenssicherung und Krisenmanagement als neue Aufgaben, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. 5. 1991, S. 5; Punkt 9 des „Final Communiqu of the Defence Planning Committee“ vom 30. 5. 1991 (Atlantic News, No. 2326 [Annex]).

  22. Vgl. J. W. Honig (Anm. 6), S. 56.

  23. „Amerika befürchtet seine Ausgrenzung“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 4. 1991, S. 5.

  24. „Independence of the European Union“ wird in Artikel A (2) der Maastrichter „Provisions on a Common Foreign and Security Policy“ (Europe Documents, No. 1750/1751, 13. 12. 1991) ausdrücklich als Ziel genannt.

  25. Zu den Komplikationen von Verhandlungen auf zwei Akteursebenen vgl. Robert D. Putnam, Diplomacy and domestic politics: the logic of two-level games, in: International Organization, XVII (1988) 3, S. 427-460. Daß die Institutionalisierung europäischer Zusammenarbeit im außen-politischen Bereich leicht zu Abgrenzungen und Verhärtungen gegenüber den USA führen kann, zeigt auch die Erfahrung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ); vgl. William C. Cromwell, The United States and the European Pillar: The Strained Alliance, Basingstoke 1992, S. 189 f.

  26. Vgl. Artikel 5 der „Declaration of the Member States of Western European Union which are also members of the European Union“ (Europe Documents, No. 1750/1751, Annex V, 13. 12. 1991).

  27. „Hochspannung in der NATO, weil Deutschland die europäische Karte spielt“, in: Welt am Sonntag vom 27. 10. 1991.

  28. Vgl. Artikel 4 der WEU-Erklärung (Anm. 27).

  29. „Die NATO entscheidet im Januar über Entsendung dreier Staffeln in die Türkei“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. 12. 1991; David Buchan, Turkey to get 50 NATO aircrafts, in: Financial Times vom 3. 1. 1991.

  30. Vgl. David Fairhall, Belgium rejects UK plea for Gulf ammunition, in: The Guardian vom 3. 1. 1991; „L’OTAN va envoyer des avions allemands, beiges et Italiens en Turquie“, in: Le Monde vom 4. 1. 1991; „Bonn nicht im Einklang mit dem NATO-Generalsekretär“, in: Süddeutsche Zeitung vom 21. 1. 1991, S. l.

  31. Vgl. Punkt 8 des Kommuniques über „NATO’s Core Security Functions in the New Europe“, in: Atlantic News, No. 2329 (Annex), 8. 6. 1991.

  32. Vgl. Josef Joffe, The Limited Partnership: Europe, the United States, and the Burdens of Alliance, Cambridge, Mass., 1987, S. 178ff.

  33. Vgl. R. Jervis (Anm. 4), S. 61.

  34. Vgl. Punkt 11 u. 14 der „Rome Declaration on Peace and Cooperation“ (Europe Documents, No. 1744, 13. 11. 1991); zu den Hintergründen s. Marc Rogers, Former foes may enter NATO fold, in: Jane’s Defence Weekly, 28. 9. 1991, S. 545.

  35. Vgl. Punkt 1, 3 und 4 des Kommuniques über „NATO’s Core Security Functions in the New Europe“ (Anm. 32).

  36. „London vertritt Position der EG beim UNO-Gipfel", in: Süddeutsche Zeitung vom 17. 1. 1992, S. 2; Ian Brodle, Resentment lingers at aid talks, in: Daily Telegraph vom 22. 1. 1992, S. 10.

  37. Vgl. Manfred Wörner, Die Atlantische Allianz und die europäische Sicherheit, in: Europa-Archiv, (1992) 1, S. 1-6 (S. 3).

  38. Zu dieser Schlußfolgerung gelangt auch J. W. Honig (Anm. 6), S. 53ff., allerdings mit einer anderen Begründung. Seiner Ansicht nach sollte die NATO sich auf militärische Fragen konzentrieren, weil sie hier gegenüber konkurrierenden Institutionen einen komparativen Vorteil hat und bisher auch die größten Erfolge aufweisen konnte.

Weitere Inhalte

Reinhard Wolf, Dr. phil., geb. 1960; wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik; z. Zt. Visiting Fellow am Royal Institute of International Affairs, Chatham House, London. Veröffentlichungen u. a.: Strategische Stabilität und Rüstungskontrollpolitik. Die praktische Relevanz eines theoretischen Konzepts, Berlin 1989; Abschreckungstheorie und strategische Rüstungspolitik. Die Dislozierung der amerikanischen Interkontinental-Raketen in der Reagan-Administration, Baden-Baden 1992.