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Zur Politik Deutschlands in den Vereinten Nationen | APuZ 36/1991 | bpb.de

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APuZ 36/1991 Die Aufgaben der Vereinten Nationen im Wandel Zur Politik Deutschlands in den Vereinten Nationen Die Vereinten Nationen und die Menschenrechte Die neue Welt der Supermächte

Zur Politik Deutschlands in den Vereinten Nationen

Volker Rittberger

/ 30 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Aufgrund der veränderten weltpolitischen Rahmenbedingungen haben sich neue Handlungsspielräume für die Vereinten Nationen (VN) und die Politik der Bundesrepublik in den VN herausgebildet. Die Vereinigung beider deutscher Staaten führte dazu, daß größere Anforderungen an Deutschland in der Welt und in den VN gerichtet werden. Dementsprechend und angesichts der verstärkten Aufmerksamkeit, die den VN gewidmet wird, müssen die politisch Verantwortlichen in Deutschland sich der Frage stellen, inwieweit eine Neubestimmung deutscher VN-Politik notwendig geworden ist und welche Herausforderungen und Optionen sich für die zukünftige deutsche VN-Politik ergeben. An ausgewählten Problembereichen der VN-Politik lassen sich Möglichkeiten aufzeigen, wie Deutschland mit einer interdependenzorientierten VN-Politik zu einer Stärkung der Handlungsfähigkeit der VN beitragen kann. Das Ziel der zukünftigen deutschen VN-Politik sollte es sein, diese Optionen in den Bereichen kollektive Sicherheit, „peacekeeping operations“, Entwicklungszusammenarbeit, sowie Umwelt-und Menschenrechtsschutz in die Realität umzusetzen.

I. Einleitung

Frau Gabriele Kittel, M. A., schulde ich Dank für ihre Hilfe bei der Herstellung des Manuskriptes. Viele Anregungen, die in diesen Aufsatz eingeflossen sind, verdankt der Verfasser den Diskussionen im VN-politischen Beirat des Auswärtigen Amtes; die Verantwortung für deren Verarbeitung trägt er freilich allein.

Seit den Veränderungen im Ost-West-Verhältnis und den Ereignissen im Zusammenhang mit dem jüngsten Golfkrieg scheint eine Renaissance der Vereinten Nationen (VN) in Sicht zu sein. Der amerikanische Präsident brachte die Idee einer „Neuen Weltordnung“ in die Diskussion in der die VN eine zentrale Rolle spielen sollen. Auch im Massenbewußtsein ist eine veränderte Wahrnehmung der VN festzustellen, die ihr zumindest mehr Aufmerksamkeit beschert. So waren die VN im Jahre 1989 immerhin 88 Prozent der Bürger der Europäischen Gemeinschaft und 86 Prozent der Bürger der Bundesrepublik Deutschland bekannt Die große Beachtung, die den VN vor und nach dem Golfkrieg zuteil wurde, führte jedoch auch zu Kontroversen. So wird in Deutschland die Frage diskutiert, inwieweit es eine größere Verantwortung für die Bearbeitung friedensgefährdender Konflikte in der Welt übernehmen soll. Zwar waren im Mai 1991 58 Prozent der befragten Deutschen dafür, daß Deutschland sich stärker am internationalen Konflikt-und Krisenmanagement beteiligen soll; freilich scheinen sich die Deutschen noch nicht im klaren darüber zu sein, worin die Übernahme dieser neuen Verantwortung bestehen soll. Eine Teilnahme der Bundeswehr am Golfkrieg hätte die Mehrheit der Bürger abgelehnt; auch soll das Grundgesetz nicht geändert werden, um sogenannte Out-of-area-Einsätze der Bundeswehr, also außerhalb des NATO-Gebiets, zu ermöglichen. Schwankend erweist sich die öffentliche Meinung im Hinblick auf die Beteiligung von Bundeswehreinheiten bei VN-Aktionen

Dank der veränderten weltpolitischen Rahmenbedingungen repräsentiert die Bundesrepublik heute einen einzigen deutschen Mitgliedstaat in den VN. Damit verbunden werden aber auch größere Anforderungen an Deutschland in der Welt und . in den VN gerichtet. Die politisch Verantwortlichen in Deutschland müssen dementsprechend und angesichts der verstärkten Aufmerksamkeit, die den VN gewidmet wird, eine Phase des Nachdenkens einlegen und siph der Frage stellen, inwieweit eine Neubestimmung deutscher VN-Politik notwendig geworden ist und welche Herausforderungen und Optionen sich für die zukünftige deutsche VN-Politik ergeben. Die Bewertung einer zukünftigen deutschen VN-Politik bedarf dabei eines Maßstabes, der nur in der Interdependenzorientierung einer aktiven VN-Mitgliedschaft liegen kann. Aufgrund der veränderten weltpolitischen Rahmenbedingungen haben sich neue Handlungsspielräume für die VN und die Politik Deutschlands in den VN herausgebildet. Die Zielsetzung dieses Artikels ist es, diese Handlungsspielräume und die darin eingelagerten Politikoptionen für die Bundesrepublik näher zu untersuchen.

Dazu muß in einem ersten Schritt geklärt werden, in welchen Bereichen und in welchem Umfang die VN einer Stärkung ihrer Organe, Kompetenzen und Ressourcen bedürfen, um eine zentrale Rolle in einer auf breitem Konsens beruhenden „Neuen Weltordnung“ zu übernehmen. Für die Bundesrepublik muß geklärt werden, wieweit die Interdependenzorientierung ihrer Außenpolitik reicht und welche Handlungsspielräume für sie bestehen, um eine Neubestimmung ihrer VN-Politik vorzunehmen. Nach dieser Bestimmung der Ausgangslage werden differenziert nach einzelnen Sachbereichen der VN-Politik die Perspektiven und Optionen einer zukünftigen deutschen VN-Politik diskutiert.

II. Die Politik in den Vereinten Nationen und die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland -Interdependenzorientierung?

Am Beginn dieses Abschnitts sollen zwei methodische Vorbemerkungen stehen, die die Kategorisierung der VN-Politik und die möglichen Funktionen internationaler Organisationen betreffen: Als Schema einer Klassifizierung von internationalen Organisationen bietet sich Clive Archers Typologie von Rollenbildem internationaler Organisationen als Instrumente, Foren oder Akteure an Als Instrumente dienen internationale Organisationen, wenn sie positiv zur Durchsetzung einzelstaatlicher Interessen oder negativ zur Verhinderung kollektiver Beschlüsse und Maßnahmen eingesetzt werden. Dienen internationale Organisationen zur Kommunikation über globale Probleme, wobei die Abgrenzung zur ideologischen Instrumentalisierung im Einzelfalle nicht immer einfach ist, wird von einer Forumsorientierung mitgliedstaatlichen Verhaltens ausgegangen. Die Interdepenzorientierung dagegen ist in der Erhöhung der relativen Autonomie internationaler Organisationen, in der Stärkung ihrer Kompetenzen und Ressourcen, d. h. ihrer Eigenständigkeit als Akteure in den internationalen Beziehungen und in der Bereitschaft der Mitgliedstaaten zu sehen, ihnen in zunehmendem Maße die Bearbeitung kollektiver Probleme zu übertragen und sich ihren Entscheidungen und Maßnahmen unterzuordnen.

Als Zweites soll die Unterscheidung zwischen den Politikfeldern „Sicherheit“, „Wohlfahrt“ und „Herrschaft“ eingeführt werden Von dieser Unterscheidung ausgehend, wird die deutsche VN-Politik daraufhin untersucht, welches der drei genannten Rollenbilder im jeweiligen Politikfeld vorherrschend ist.

Im Politikfeld „Sicherheit“ (Kollektive Sicherheit, Peacekeeping, Abrüstung und Rüstungskontrolle) ist festzustellen, daß das in der Satzung der VN (SVN) verankerte System der kollektiven Sicherheit aufgrund des Ost-West-Konflikts und der daraus resultierenden Veto-Praxis der ständigen Sicherheitsratsmitglieder nicht in der vorgesehenen Weise zum Tragen kommen konnte. Militärische Sanktionen, wie sie nach Kap. VII SVN in den Art. 42ff. vorgesehen sind, wurden nie, wirtschaftliche Sanktionen gemäß Art. 41 bislang nur im Falle Rhodesiens, Südafrikas und des Iraks verhängt Als Reaktion darauf kam es in der Tätigkeit des VN-Sicherheitsrates (SR) zu einer Schwerpunktverlagerung von der kollektiven Sicherheit zu Aktionen der „kooperativen Friedenswahrung“ Ausdruck dieser Innovation sind die „peacekeeping operations“ (PKOs) der VN, die in den letzten 30 Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen haben, wobei sich in der Zwischenzeit verschiedene Kategorien von PKOs feststellen lassen. Der SR fungierte somit in vielen Fällen lediglich als ein Forum, in dem sich die Zerrissenheit der Weltöffentlichkeit und die mitunter diametral entgegengesetzten Interessenlagen von Staaten widerspiegelten. Mit der Entwicklung der PKOs und Aktivitäten im Bereich des „fact-finding“ wurden die Handlungsmöglichkeiten der VN als sicherheitspolitischer Akteur allerdings etwas ausgebaut. Demgegenüber dienen die VN auch im Bereich der Abrüstung und Rüstungskontrolle eher als Forum, das Kommunikationsmöglichkeiten bietet und als institutioneller Rahmen für die Anbahnung und Durchführung von Verhandlungen zur Verfügung steht.

Im Politikfeld „Wohlfahrt“ (Weltwirtschaftsordnung, Entwicklung und Umweltschutz) haben die Maßnahmen, die von den VN ergriffen wurden, um eine neue Weltwirtschaftsordnung, die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, die Steigerung und Verstetigung von Entwicklungshilfeleistungen u. ä. m. durchzusetzen, bisher zu keinen durchschlagenden Ergebnissen geführt. Die teils ideologisch, teils von kurzfristigen Interessenkalkülen bestimmten Staaten in Ost und West wußten es bisher zu verhindern, daß Organisationen des VN-Systems, sieht man von den soge-nannten Bretton-Woods-Institutionen (Weltwährungsfonds und Weltbank) einmal ab, weitgehende Kompetenzen und die Verfügung über substantielle Ressourcen in diesem Bereich erlangten.

Auch zur Problematik der fortschreitenden Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit fanden bisher mehrere globale und regionale Konferenzen im Rahmen der VN statt. Aufgrund eines trotz hohen Problemdrucks nach wie vor unterentwickelten Konsenses der Mitgliedstaaten sind bisher nur wenige Ansätze zur Her-ausbildung einer Akteursqualität der VN im Umweltbereich festzustellen, so z. B. im Zusammenhang mit der 1985 verabschiedeten Konvention für den Schutz der Ozonschicht und deren Folgevereinbarungen

Innerhalb des Politikfeldes „Herrschaft“ (Institutionell-organisatorische Entwicklung der VN, Internationale Menschenrechtskooperation) erlebte das VN-System seit seiner Errichtung ein starkes, freilich selektives institutionell-organisatorisches Wachstum. Die neu geschaffenen Programme und Institutionen bieten zwar v. a.den Entwicklungsländern Gelegenheiten zur Artikulation, seltener schon zur Aggregation ihrer Interessen im Rahmen des sogenannten Nord-Süd-Konflikts, tragen aber kaum zu einem Autonomiegewinn der VN bei.

Nicht zuletzt als Reaktion auf die Greuel der NS-Herrschaft haben die VN schon früh mit der Kodifizierung der Menschenrechte begonnen und sich bemüht, einerseits den Menschenrechtskatalog zu erweitern und verbindlicher zu machen und andererseits die Kontroll-und Sanktionsmechanismen zu stärken. In den letzten Jahren erfolgte eine intensive, kontroverse Diskussion über die soge-nannten „Menschenrechte der dritten Generation“, die allesamt Kollektivrechte sind (z. B. Recht auf Frieden, Recht auf Entwicklung) In jüngster Zeit haben sich darüber hinaus zwei menschenrechtlich weitreichende Problemstellungen in den Vordergrund geschoben: zum einen die Intervention zum Schutze der Menschenrechte in Staaten, deren Regierungen diese systematisch verletzen und zum anderen die Anerkennung der Sezession von Regionen oder Teilstaaten bzw. -republiken aus gesamtstaatlichen Verbänden als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Völker

Das Hauptcharakteristikum der VN ist somit ihre Rolle als Forum, in dem die verschiedensten Interessen und Wertvorstellungen formuliert und einander gegenübergestellt werden können, um das Ausmaß ihrer Kompatibilität auszuloten und die Möglichkeiten kollektiver Problembearbeitung zu identifizieren. Diese Funktion der VN wird von allen Staaten der Welt als unverzichtbare Leistung angesehen. In einzelnen Politikbereichen, wie z. B. dem der PKOs sowie dem des Menschenrechts-schutzes, können Ansätze für eine Interdependenzorientierung mitgliedstaatlicher VN-Politik festgestellt werden. Von einer überwiegenden Instrumentalisierung der VN durch einzelne Staaten oder Staatengruppen kann dagegen nicht ausgegangen werden. Freilich ermangeln die VN einer nennenswerten Autonomie in den verschiedensten Politikfeldern, so daß es in Zukunft noch zu einer wesentlich stärkeren Interdependenzorientierung der Mitgliedstaaten kommen muß, damit den VN tatsächlich eine zentrale Rolle in der zukünftigen internationalen Politik zukommen kann.

Einzelne Problembereiche, denen in der vorhersehbaren Zukunft eine Schlüsselstellung zukommt, und die daher näher betrachtet werden sollen, stellen im Politikfeld „Sicherheit“ die „enforcement“ -Maßnahmen der VN sowie die weitere Entwicklung der PKOs dar. Im Politikfeld „Wohlfahrt“ werden einerseits die Umweltprobleme und andererseits der Nord-Süd-Gegensatz im Vordergrund von Bestrebungen einer weiter auszubauenden internationalen Zusammenarbeit und Verantwortung stehen. Die Stärkung des Menschen-rechtsschutzes muß als einer der zentralen Problembereiche im Politikfeld „Herrschaft“ gelten. Inwieweit die Bundesrepublik im Rahmen einer zukünftigen VN-Politik zum konstruktiven Umgang mit diesen Menschheitsproblemen beitragen kann, wird zu prüfen sein. Zunächst aber bedarf es einer Vergewisserung über die Grundlagen deutscher Außenpolitik.

Zu diesen Grundlagen der Außenpolitik beider deutscher Staaten zählte bis 1990 die Offenheit der „Deutschen Frage“. Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 ist die „Deutsche Frage“ als Problem der internationalen Politik weitgehend gegenstandslos geworden. Darüber hinaus kann angesichts der Art und des Ablaufs des Einigungsprozesses (Beitritt der DDR nach Art. 23 GG und Namensgebung für das vereinte Deutschland: „Bundesrepublik Deutschland“) von einer weitgehenden Kontinuität zwischen der Außenpolitik des vereinten Deutschland und der alten Bundesrepublik ausgegangen werden Das Hauptmerkmal deutscher Außenpolitik ist darin zu sehen, daß die Bundesrepublik im Gegensatz zu den „Machtstaaten“ in denen das Streben nach Selbstgenügsamkeit im Rahmen militärisch-territorialer Machtprojektion und die Präferenz für Selbsthilfe vorherrscht, ein typischer „Handelsstaat“ ist, in dem die Orientierung an regionaler bzw. globaler Interdependenz und demzufolge die Bereitschaft zur Kooperation vorherrscht. Zwar konnte sich die Bundesrepublik angesichts der Ost-West-Konfrontation nicht den sicherheitspolitischen und militärischen Erfordernissen der Nachkriegszeit entziehen, sie entwickelte aber im Schatten der Schutzmacht USA andere Qualitäten, nicht zuletzt deswegen, weil ihr keine eigenständige sicherheitspolitische und militärische Rolle zugestanden wurde. Eigene (nicht geliehene) Stärke konnte sie also -wie Japan -in erster Linie auf wirtschaftlichem Gebiet gewinnen, und so nahm der Staat die Rolle eines Händlers oder Kaufmanns ein, der hauptsächlich an der Wohl-Standsmehrung seiner eigenen Gesellschaft interessiert ist und sich zu diesem Zweck bereitwillig den Erfordernissen des Weltmarktes anpaßt. Damit ist die Bundesrepublik vor allem daran interessiert, ein günstiges internationales Umfeld für die Umsetzung ihrer wirtschaftlichen und wohlfahrtspolitischen Zielsetzungen zu schaffen, bzw. zu erhalten. Dementsprechend kann von der Interdependenzorientierung der bundesrepublikanischen Außenpolitik ausgegangen werden. Allerdings werden heute auch die externen Kosten der Rolle als „Handelsstaat“ und die globalpolitischen Defizite einer an dieser Rolle orientierten Außenpolitik schärfer sichtbar. So wird Deutschland als Handelsstaat deutlicher als bisher mit seiner Mitverantwortung für Sozialkatastrophen wie Kriege und Flüchtlingsströme, für Hunger und Armut und für eigene Umweltverschmutzung bzw. Energieverschwendung konfrontiert werden. Es wird auch dieser Interdependenz durch eine kooperative Außenpolitik gerecht werden müssen, will es nicht die ordnungs-und sicherheitspolitischen Errungenschaften, die es ihm ermöglichen, daß sich seine Handelsstaatlichkeit entfalten kann, nachhaltig gefährden.

III. Herausforderungen und Optionen der zukünftigen deutschen VN-Politik

Bei der Beurteilung einer deutschen VN-Politik ist davon auszugehen, daß nicht die Vereinigung, sondern vor allem die veränderte weltpolitische Lage neue Perspektiven für die Politik in den VN und damit auch für die deutsche VN-Politik eröffnet hat. Es stellt sicher daher die Frage, wie sich das vereinte Deutschland für eine größere Zuständigkeit und materielle Handlungsfähigkeit der VN bei den heutigen Aufgabenstellungen einsetzen und eine „Politik des guten Beispiels“ betreiben könnte.

In den bereits genannten ausgesuchten Problembereichen heutiger VN-Politik soll nach einer kurzen Beschreibung der Problemsituation geprüft werden, welche Optionen einer deutschen VN-Politik zur Verfügung stehen. Lassen sich verschiedene Optionen einer zukünftigen VN-Politik identifizieren, so soll gefragt werden, inwieweit diese jeweils dem Maßstab der Interdependenzorientierung einer aktiven VN-Mitgliedschaft eher gerecht werden. 1. Politikfeld Sicherheit Zwei Problembereichen einer zukünftigen deutschen VN-Politik kommt innerhalb dieses Politik-feldes eine besondere Bedeutung zu: die Aktivierung der „enforcement“ -Bestimmungen des Kap. VII SVN und die Beteiligung an PKOs sowie deren Ausweitung.

Anläßlich des Golfkrieges ergab sich im Hinblick auf Kap. VII SVN zum ersten Mal eine Überein-stimmung der Sicherheitsratsmitglieder, die u. a. zur Verurteilung des Iraks als Aggressor, zur Verabschiedung von Wirtschaftssanktionen, zur Unterbrechung von Verkehrsverbindungen und zur Legitimation von Gewaltanwendung durch einzelne Mitgliedstaaten führte Auch wenn der Golfkrieg von den VN legitimiert wurde, war er kein Krieg der VN. Die Beendigung der irakischen Aggression gegen Kuwait mit militärischen Mitteln war zwar vom SR der VN gebilligt worden, aber diese Maßnahmen besaßen „nicht die spezifische Natur von Feindseligkeiten, die durch die VN geführt und kontrolliert wurden“ Angesichts der Form der Kriegführung und unter dem Eindruck der starken militärischen Präsenz westlicher Staaten -und hier vor allem der USA -entstand vor allem bei vielen Staaten der Dritten Welt der Eindruck, daß der SR von den USA instrumentalisiert worden sei

Ordnet man den Golfkrieg möglichen militärischen Maßnahmen nach Kap. VII SVN zu, so läßt er sich am ehesten als Fall einer ausdrücklich von den VN unterstützten kollektiven Verteidigung und Nothilfe beschreiben. Der militärische Einsatz wird somit aufgrund von Art. 51 SVN von einzelnen mit dem Opfer der Aggression kooperierenden Staaten durchgeführt Als genuine VN-Einsätze sind demgegenüber zwei Varianten von militärischen Zwangsmaßnahmen des SR nach Kap. VII SVN zu unterscheiden. Beiden Arten von Maßnahmen muß eine Feststellung des SR gemäß Art. 39 SVN vorausgehen, daß ein Bruch oder eine Bedrohung des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. In der ersten Variante ergreift der SR gemäß Art. 42 SVN militärische Zwangsmaßnahmen, die bis hin zur militärischen Offensive gegen einen Aggressor reichen können. Nach Art. 43 SVN sollen die Mitgliedstaaten dem SR aufgrund von Sonderabkommen Streitkräfte zur Verfügung stellen Der Generalstabsausschuß ist nach Art. 47 SVN für die strategische Leitung des Einsatzes verantwortlich. Davon zu unterscheiden ist die zweite Variante eines VN-Einsatzes nach Kap. VII SVN, bei der militärische Zwangsmaßnahmen unter strategischer Leitung einzelner Mitgliedstaaten der VN, aber unter Verantwortung des SR durchgeführt werden (Art. 48 Abs. 1 SVN).

Angesichts dieser Ausgangslage stellt sich die Frage nach den Optionen der zukünftigen VN-Politik des vereinten Deutschlands im Bereich der kollektiven Sicherheit. Einerseits könnte die Bundesrepublik wie bisher, so auch im Golfkrieg, von Einsätzen der Bundeswehr im Rahmen von Kap. VII SVN unter Berufung auf das Grundgesetz völlig absehen. Andererseits drängt sich in der Frage eines möglichen Bundeswehreinsatzes im Zusammenhang mit Kap. VII SVN auch eine positive Antwort auf, da es zugleich darum geht, die materielle Handlungsfähigkeit der VN im Politikfeld Sicherheit zu stärken. Innerhalb dieser Option wären demnach zwei Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr denkbar, entweder entsprechend Art. 42, 43 und 47 SVN oder gemäß Art. 48 SVN.

Die Zulässigkeit von Bundeswehreinsätzen im Rahmen der VN wird zur Zeit innerhalb aller politischen Lager kontrovers diskutiert wobei Einigkeit darüber zu bestehen scheint, daß unabhängig von der juristischen Beurteilung eine ausdrückliche Ermächtigung oder wenigstens Klarstellung im Grundgesetz erforderlich ist. Eine Reihe von Argumenten sprechen gegen eine Grundgesetzänderung, um Einsätze der Bundeswehr im Rahmen der VN zu ermöglichen: so z. B.der Verweis auf die über 40jährige Zurückhaltung der Bundesrepublik aus historischen Gründen, die sich innerhalb dieses Zeitraums bewährt habe. Auch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten habe noch einmal die durchaus noch vorhandenen Ressentiments gegenüber einem auch militärisch starken Deutschland verdeutlicht. Dagegen wird angeführt: Wenn die Bundesrepublik, die die SVN unterzeichnet hat, einer interdependenzorientierten VN-Politik entsprechen wolle, so müsse sie auch bereit sein, der VN als letzte Handlungsmöglichkeit die militärische zu eröffnen. Eine tatsächliche Stärkung der VN würde in diesem Zusammenhang allerdings bedeuten, den Einsatz von Streitkräften unter strategischer Leitung des SR bzw.des Generalstabsausschusses zu ermöglichen, d. h. das in Art. 43 SVN vorgesehene Sonderabkommen mit den VN zu schließen und in der Grundgesetzänderung einen entsprechenden Einsatz der Bundeswehr nach einer jeweils einzuholenden qualifizierten Zustimmung des Bundestages zu ermöglichen. Es wird hierbei mitnichten davon ausgegangen, daß eine zukünftige „Neue Weltordnung“ in erster Linie auf einer gleichsam veralltäglichten Praxis kollektiver militärischer Sicherheit beruht. Gleichwohl scheint die Notwendigkeit einer „Sicherheitspolizei“ im gegenwärtigen internationalen System unabweisbar zu sein, für deren Rolle die VN zweifellos geeigneter sind als regionale Organisationen wie die NATO oder die Westeuro- päische Union (WEU), da diese noch nicht einmal in Ansätzen die Gesamtheit'der internationalen Akteure repräsentieren.

Dementsprechend müßten die VN eigenständige „sicherheitspolizeiliche“ Kompetenzen entwikkeln, gerade um einer einseitigen Inanspruchnahme „sicherheitspolizeilicher“ Funktionen durch einzelne Staaten entgegenzuwirken. Eine derartige interdependenzorientierte Verfassungsrevision in Deutschland birgt allerdings die Gefahr in sich, daß aufgrund einer Kombination von äußerem Druck und innerem Selbstbestätigungsverlangen ganz allgemein die Schleusen für sogenannte Out-of-area-Verwendungen der Bundeswehr geöffnet werden und somit das bisher gültige Prinzip militärischer Zurückhaltung gegenüber räumlich entfernt auftretenden Konflikten und Krisen aufgeweicht oder ganz aufgegeben wird. Damit könnte das vereinte Deutschland -zunächst wohl eher unmerklich und auch nicht in einem nationalen Alleingang -auf die brisante Bahn traditioneller Machtstaatlichkeit geraten, wenn die Öffnung zur Beteiligung an Systemen kollektiver Sicherheit nicht mit Bedacht und Behutsamkeit erfolgt. 2. Peacekeeping Operations Ein weiterer Problembereich zukünftiger VN-Politik betrifft die Frage der Beteiligung Deutschlands an PKOs. Im Bereich der PKOs wurden bisher friedenssichernde Maßnahmen mit Hilfe militärischer Verbände durchgeführt, die den Zweck hatten, die öffentliche Ordnung und Sicherheit innerhalb eines bestimmten Territoriums zu gewährleisten oder die Aufrechterhaltung eines vereinbarten Waffenstillstandes zu sichern (z. B. UNO-Streitkräfte [UNEF] I u. II im Nahen Osten, UNFICYP auf Zypern). Andererseits werden aber gerade in den letzten Jahren vermehrt friedensfördende Maßnahmen mit Hilfe von sowohl zivilem als auch militärischem Personal durchgeführt, die dazu bestimmt sind, einen friedlichen politischen Wandel in einem bestimmten Territorium zu ermöglichen oder zu erleichtern. Als Einsatzorte dieser Kategorie von PKOs kommen insbesondere Gebiete in Frage, die von einem gewaltsam ausgetragenen Herrschafts-Konflikt über die legitime Regierung geprägt sind. Die Aufgabe der PKOs besteht dann darin, die Durchführung und Überwachung von freien Wahlen zu gewährleisten (z. B. UNTAG in Namibia, ONUVEN in Nikaragua).

Als Weiterentwicklung dieser Form von friedens-fördernden Maßnahmen werden PKOs in El Salvador und in Kambodscha, also in formal souveränen Staaten angestrebt, die als integriertes Ganzes durchgeführt werden und die drei Komponenten der Menschenrechtsgewährleistung, der Waffenstillstandsüberwachung und der Wahlbeobachtung einschließen sollen. Als Besonderheit ist festzuhalten, daß diese geplanten PKOs in El Salvador, in Kambodscha ebenso wie in der West-Sahara mit der zeitweiligen Übernahme von Regierungsfunktionen in den jeweiligen Ländern und Territorien verbunden wären, was bisher in der Geschichte der VN lediglich im Falle von West Guinea/West Irian (1962-1963) vorkam. Mögliche Erweiterungen des Einsatzbereiches von PKÖs werden in letzter Zeit im Zusammenhang mit einer „internationalen Drogenpolizei“ mit der Schaffung einer internationalen Öko-Einsatztruppe („Grünhelme“) sowie mit Katastrophenhilfeeinsätzen diskutiert.

Bezüglich der Verfassungsmäßigkeit eines Einsatzes von Bundeswehrsoldaten im Rahmen von PKOs wird heute überwiegend eine Grundgesetzänderung befürwortet Den ersten deutschen Beitrag, der über die finanzielle oder logistische Unterstützung einer PKO hinausging, stellte die Entsendung eines Kontingents von Bundesgrenzschutzbeamten zur Überwachung des Wahlprozesses in Namibia 1989 dar

Für die zukünftige VN-Politik der Bundesrepublik in diesem Bereich sind mehrere Möglichkeiten vorstellbar. Zum einen könnte Deutschland sich strikt nach jetzigem Stand auf verfassungsrechtlich unbedenkliche Maßnahmen beschränken. Demge- maß wäre die Beteiligung deutscher Staatsbürger an VN-Friedenstruppen nur insoweit möglich, als es sich nicht um Soldaten oder Einheiten der Bundeswehr handelt. Denkbar wäre, daß die Angehörigen solcher VN-Friedenstruppen von den VN direkt angestellt und ausgerüstet würden. Oder es würden lediglich Zivilpersonen, wie z. B. Angehörige oder Gruppen des Technischen Hilfswerkes, als deutscher Beitrag bei einer PKO zugelassen. Zum anderen bestünde eine Option der deutschen VN-Politik darin, wie bisher unter verfassungsrechtlich ungeklärten Umständen, je nach Einschätzung der politischen Situation im Einzelfall, logistische Unterstützung zu leisten bzw. darüber hinausgehend Bundesgrenzschutzbeamte oder auch Polizeibeamte der Länder (mit deren Zustimmung) einzusetzen. In vielen Situationen, die jeweils einzeln einer juristischen und politischen Bewertung unterzogen werden müßten, wäre dementsprechend die Beteiligung der Bundesrepublik an einer PKO nicht möglich. Schließlich läge eine dritte Option der zukünftigen deutschen VN-Politik darin, eine verfassungsrechtliche Klärung anzustreben, die generell eine deutsche Beteiligung an PKOs in welcher Form auch immer ermöglicht. Damit wäre auch ein Bundeswehreinsatz im Rahmen von PKOs zulässig.

Den PKOs kam in den letzten Jahrzehnten eine große politische Bedeutung zu, nicht zuletzt weil sie eine Stufe vor der direkten militärischen Konfrontation ansetzen. Eine interdependenzorientierte VN-Politik der Bundesrepublik, die insbesondere auch der Verhütung oder Vorbeugung des militärischen Konfliktaustrags dienen will, muß eine Unterstützung der PKOs anstreben. Würden die Angehörigen von VN-Friedenstruppen direkt von den VN angestellt, so müßte befürchtet werden, daß solche PKOs zum Anziehungspunkt eines bestimmten Typs von Freiwilligen würden („VNSöldner“) Auch bliebe hier die Beteiligung Deutschlands an PKOs nicht mehr im Entscheidungsbereich der zuständigen nationalen Verfassungsorgane und erscheint damit als nicht wünschenswert. Würde die Bundesrepublik lediglich ziviles Personal und/oder Polizeikräfte als deutschen Beitrag zulassen, wäre die Beteiligung der Bundesrepublik an PKOs auf bestimmte Komponenten von PKOs bzw. auf PKOs zur Katastrophenhilfe eingeschränkt.

Die bisherige Praxis ging aber bereits darüber hinaus. Eine unverändert weitergeführte Praxis der deutschen Beteiligung an PKOs ließe die bereits heute bestehenden verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten weiterbestehen. Damit könnte jeder Einzelfall zu einem innenpolitischen Streitfall werden; eine generelle Unterstützung von PKOs durch die Bundesrepublik wäre damit in Frage gestellt. Dementsprechend kann eine verfassungsrechtliche Klärung als interdependenzorientiert bezeichnet werden, da diese eine Beteiligung der Bundesrepublik an PKOs generell zuließe und die VN auch in diesem Bereich stärken würde Bei der Verwirklichung dieser Option sollte Deutschland aber schwerpunktmäßig seinen Beitrag zur Weiterentwicklung der neuen eher zivilen Kategorie von PKOs leisten. Gerade mit diesen Maßnahmen kann einer Entstehung oder Verschärfung von Konflikten vorgebeugt werden. 3. Politikfeld Wohlfahrt:

Entwicklungszusammenarbeit 40 Jahre Entwicklungspolitik haben keinen nennenswerten Erfolg gezeitigt, unabhängig davon, welche Strategie verfolgt wurde: Wachstumsstrategie, Grundbedürfnisorientierung oder Neue Welt-wirtschaftsordnung. Die Kluft zwischen Nord und Süd wird ungeachtet aller internen Ausdifferenzierungen immer größer. Angesichts der Unwirksamkeit alter Entwicklungskonzepte und der improvisierten internationalen Katastrophenmaßnahmen erscheint die Fortführung der bisherigen Politik der Bundesrepublik im Rahmen der VN gegenüber den Entwicklungsländern als nicht mehr zeitgemäß. Eine zukünftige VN-Politik Deutschlands muß daran mitwirken, neue Konzeptionen der Entwicklungspolitik zu entwerfen. Vorstellbar wäre die Konzeption einer Sozialpolitik der reichen Länder des Nordens gegenüber den armen Ländern des Südens als Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit. Die in vielen Staaten schon selbstverständliche Praxis, an oder unter die Armutsgrenze geratenen Teilen der Bevölkerung mit sozialpolitischen Maßnahmen wenigstens ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, müßte auf die internationale Ebene übertragen werden. Aufgrund der heutigen Notsituation in den Ländern des Südens wären dementsprechend zuerst die Voraussetzungen mit unmittelbarer Hilfe zu schaffen, damit die Grundbedürfnisse der Menschen gesichert sind. Länder, die besonders von Sozial-und Naturkatastrophen betroffen sind, könnten einer Treuhandschaft neuer Art der VN unterstellt werden. Die Länder des Nordens müßten die Finanzierung und Bereitstellung der Hilfe über- nehmen, während den VN die Koordination und Verantwortung für deren Durchführung zufiele. Die entscheidende Differenz zur traditionellen Hilfe läge darin, daß sie an den Staatsklassen der Entwicklungsländer vorbei direkt den Bedürftigen zuteil wird. Erst nachdem diese Basishilfe gesichert wäre, dürften langfristige Entwicklungsstrategien verfolgt werden, die eine Beteiligung des Staates vorsehen, aber diese von der Erfüllung von Auflagen abhängig macht, die der Neigung von Staatsklassen zur Selbstprivilegierung entgegenwirken.

Gerade bei dieser Betrachtungsweise des Nord-Süd-Problems wäre es für eine interdependenz-orientierte VN-Politik der Bundesrepublik nur folgerichtig, wenn sie ihren Solidarbeitrag zumindest dadurch leistete, daß sie eines der Hauptziele der Entwicklungszusammenarbeit erfüllt. So hat sich die Bundesrepublik zwar immer wieder der Forderung der VN angeschlossen, 0, 7 Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP) als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) zu vergeben, dieser Vorgabe bisher aber noch immer nicht entsprochen. Im letzten Jahrzehnt reichte die ODA teilweise knapp an die 0, 5 Prozent des BSP heran, ist aber seit Mitte der achtziger Jahre wieder rückläufig und lag 1989 bei nur 0, 41 Prozent des BSP. Auch bei den am wenigsten entwickelten Ländern verfehlte Deutschland bisher das von den VN gesteckte Ziel (0, 15 Prozent des BSP) Eine nachhaltige Verbesserung dieser Praxis eines unter der selbst mit-beschlossenen Meßlatte liegenden finanziellen Ressourcentransfers dürfte freilich nur dann eintreten, wenn sich die Bundesrepublik dazu durch-ränge, das Konzept der „Automatisierung“ der (öffentlichen) Entwicklungshilfe sich zu eigen zu machen Dies könnte auch die Erhebung von-internationalen Steuern, wie z. B. die von der Brandt-Kommission vorgeschlagene Handelssteuer einschließen. Auf jeden Fall entspräche das Eintreten für eine „Automatisierung“ der Entwicklungshilfe am weitestgehenden einer interdependenzorientierten VN-Politik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. 4. Umweltschutz Im Bereich der Umweltproblematik regte der so-genannte Brundtland-Bericht die Diskussion über eine „dauerhafte Entwicklung“ an. Angesichts der immer enger werdenden Verflechtung von Wirtschaft und Umwelt sind einerseits die wohlhabenden Industriestaaten aufgefordert, einen Lebensstil anzunehmen, der die ökologischen Grenzen unseres Planeten berücksichtigt. Andererseits besteht für die Entwicklungsländer das Problem, die angestrebte ökonomische Entwicklung mit der Nutzung ihrer natürlichen Ressourcen und der Belastung ihrer natürlichen Umwelt in Einklang zu bringen. Globale Umwelt-probleme, die in diesem Zusammenhang einer Regelung bedürfen, gibt es in der Zwischenzeit schon in großer Zahl. So befaßten sich mit dem Schutz des globalen Klimas und der damit verbundenen drastischen Verminderung der klimawirksamen Emissionen die beiden Weltklimakonferenzen (1979, 1990), deren Bemühungen in den Verhandlungen über eine Weltklimakonvention fortgesetzt werden.

Im Bereich des Schutzes der stratosphärischen Ozonschicht wurde mit der Wiener Konvention (1985), dem Montrealer Ozonprotokoll (1987) und der Übereinkunft von London (1990) bereits eine globale Verminderung der Produktion und des Verbrauchs jener Substanzen beschlossen, welche die Ozonschicht zerstören. Der „Aktionsplan für Tropenforstwirtschaft“ von 1985 hat den Schutz der tropischen Regenwälder zum Ziel. Auch die Möglichkeiten des . Schuldennachlasses für Umweltinvestitionen spielt im Zusammenhang mit dem Schutz der Tropenwälder eine nicht zu unterschätzende Rolle Im Bereich des Schutzes der Meere wurden durch die Regionalmeerpläne im Verantwortungsbereich der United Nations Environment Programme (UNEP) ebenso wie im Bereich der Luftreinhaltung durch das europäische Luftreinhaltungsregime im Rahmen der Economic Commission for Europe (ECE) bereits weitergehende Initiativen entwickelt Mit der Baseler Giftmüll-Konvention von 1989 wurde das Problem der gefährlichen Abfälle thematisiert, die Umsetzung des Abkommens müßte allerdings effektiver gestaltet werden. Formen des Technologie-Transfers und Fondslösungen werden empfohlen, um veraltete Technologien gerade in den Entwicklungsländern zu ersetzen. Ein weiteres Problem besteht in der dramatischen weltweiten Verschlechterung der Wasserqualität, der nur durch gezielte und international koordinierte Reduzierungen des Wasserverbrauchs in Industrie und Privathaushalten begegnet werden kann.

Optionen einer interdependenzorientierten VN-Politik der Bundesrepublik, die zur Verbesserung der ökologischen Situation beitragen, sind zumindest in drei Bereichen zu sehen. Zum einen könnte das vereinte Deutschland durch finanzielle Leistungen zur Unterstützung umweltpolitisch wirksamer Maßnahmen im Ausland (Beispiele: Beteiligung an Fonds, Bereitschaft zu „grün konditioniertem" Schuldenerlaß, staatliche Förderung von Technologietransfer) beitragen. Zum anderen müßten weitere nationale Reduzierungen von Umweltbelastungen, insbesondere die Verminderung von Schadstoffemissionen erfolgen. Darüber hinaus wäre ein Ausbau der Institutionen der VN im Umweltbereich anzustreben.

Deutschland sollte entsprechend diesen Optionen der 1992 stattfindenden „Konferenz für Umwelt und Entwicklung“ das Ziel setzen, zuerst eine Bestandsaufnahme über den Stand der Umweltschäden sowie der bereits eingeleiteten Gegenmaßnahmen zu erarbeiten. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sollten dann konkrete Maßnahmen und Aktionen beschlossen werden, um gemeinsam zu einer Verbesserung der gegenwärtigen Umweltsituation zu gelangen. Acht Bereiche werden dabei konkret zu bedenken sein: Maßnahmen gegen die Zerstörung der Ozonschicht, den Treibhauseffekt, die grenzüberschreitende Luftverschmutzung und die Waldschäden; der Schutz der Qualität von Frischwasser, der Ozeane und Küstenregionen sowie der genetischen Ressourcen; die Entsorgung von gefährlichen Abfällen und giftigen Chemikalien. Das wichtigste Ergebnis dieser Konferenz sollte in dem Abschluß einer Klima-Rahmenkonvention bestehen. Diese müßte u. a. für folgende Bereiche Regelungen treffen: Informationsaustausch; Berichterstattung; Technologieentwicklung und -Verbreitung; Finanzierungsanreize (z. B. Klimafonds) und Umsetzung der Maßnahmen, z. B. durch die Überprüfung der Einhaltung von Umweltverpflichtungen, um einen politisch wirksamen Druck auf die Staaten auszuüben. Zu dieser Konvention sollten in rascher Folge Protokolle ausgehandelt werden, die konkrete Zielvorgaben und Maßnahmen zur Emissionsreduzierung, zum Schutz der Tropenwälder und zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen, etc. enthalten. Diese Vorgaben wären durch genaue Zeitpläne für die von den Staaten übernommenen Verpflichtungen zu ergänzen. Ein weiteres zentrales Thema liegt in der Umweltverträglichkeitsprüfung für Entwicklungshilfeprojekte und in der Stärkung von UNEP, die z. B. dadurch erreicht werden könnte, daß unter dem Dach von UNEP eine weitere Sekretariatseinheit etabliert wird, welche regelmäßige Vertragsstaatenkonferenzen zur Überprüfung der erreichten Maßnahmen auf dem Gebiete des Klimaschutzes durchführt. 5. Politikfeld Herrschaft:

Menschenrechte und Nord-Süd-Gegensatz Im Bereich des Menschenrechtsschutzes zeichnen sich mehrere Problemkonstellationen ab. Aufgrund der Erweiterung der Menschenrechtskommission (MRK) wird sich die Konsensbildung dort schwieriger gestalten; die Folgen des Golfkrieges rücken die Frage der Intervention zugunsten der Gewährleistung menschenrechtlicher Mindeststandards in den Vordergrund, und mit der Weltkonferenz für Menschenrechte, die 1993 in Berlin stattfinden soll, steht die allgemeine Weiterentwicklung des Schutzes und der Förderung der Menschenrechte ganz oben auf der Tagesordnung der VN.

Während im Rahmen der VN eine große Anzahl von Normen für die Gewährleistung von Menschenrechten aufgestellt wurden, mangelt es bisher noch an effektiven Überwachungs-, Kontroll-und Durchsetzungsverfahren Bisher konnte das Berichterstattersystem der Menschenrechtskommission (MRK), bestehend aus Länder-Sonder-berichterstattern (SBE) und thematischen SBE, als vergleichsweise funktionstüchtig bezeichnet werden. Beide SBE sammeln Informationen über die jeweils interessierende Menschenrechtspraxis eines bestimmten Landes oder in bezug auf einen bestimmten Teilbereich des Menschenrechtsschutzes. Zwei Veränderungen könnten jedoch die genannte Praxis gefährden. Aufgrund der Erweiterung der MRK 1992 um zehn neue Mitglieder, die alle Entwicklungsländer sind, auf 53 Mitgliederwerden Beschlüsse, die sich mit Mißständen in Dritte-Welt-Ländern befassen, kaum noch Zustandekommen. Die Auflösung des Ost-West-Gegensatzes hat zur Folge, daß sich ein zunehmend harmonisiertes Stimmverhalten des „Nordblocks“ in der MRK abzeichnet, und damit der Nord-Süd-Gegensatz in Zukunft in der MRK stärker in den Vordergrund treten dürfte. Viele Entwicklungsländer zeigen verhärtete Positionen in der Frage der Überprüfung von Menschenrechtsverletzungen, da sie dadurch eine Destabilisierung der Herrschaftsverhältnisse befürchten. Dementsprechend kam es bereits zu Angriffen auf die Institution des SBE, wobei in Zukunft vor allem Rückschläge im Bereich der Länder-SBE zu erwarten sind

Eine Option für die deutsche VN-Politik kann zum einen darin bestehen, die weitere Entwicklung erst einmal abzuwarten und eventuell langfristig eine Modifikation des Mandats der Länder-SBE zu akzeptieren oder den Schwerpunkt der Arbeit ganz auf die thematischen SBE zu legen. Angesichts der noch nicht genau absehbaren weiteren Entwicklung sowie der Zielsetzung, die Kompetenzen der VN auch im Politikfeld Herrschaft zu stärken, empfiehlt es sich für die Bundesrepublik, sich dafür einzusetzen, das Instrument des thematischen SBE auszubauen. Dabei müßten z. B. Konzepte entwickelt werden, wie die Verantwortlichkeit einer einzelnen Regierung für Menschenrechtsverletzungen innerhalb des jeweiligen Themenkomplexes, der vom thematischen SBE bearbeitet wird, kenntlich gemacht werden kann.

Insgesamt stellt sich jedoch für die westlichen Staaten, darunter auch Deutschland, die Aufgabe, einen kooperativen Ansatz für die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern im Politikfeld Herrschaft zu entwickeln und dabei auch bisher eingenommene Positionen, z. B. im Zusammenhang mit dem von den Entwicklungsländern geforderten „Recht auf Entwicklung“, zu überdenken. Eine zukünftige VN-Politik der Bundesrepublik könnte zum Inhalt haben, das bisher noch von einigen westlichen Industriestaaten abgelehnte „Recht auf Entwicklung“ aufzuspalten in ein Individualrecht auf persönliche Entwicklung und eine Solidarpflicht. Entsprechend der Ausgestaltung des „Rechts auf Entwicklung“ als Individualrecht und Solidarpflicht würde einerseits den Einwänden der genannten Staaten gegen kollektive Menschenrechte und andererseits der Forderung der Entwicklungsländer nach ausreichender materieller Unterstützung ihrer Entwicklungsanstrengungen Rechnung getragen.

Die bisherige unbefriedigende Praxis des Ressourcentransfers in die Entwicklungsländer könnte verbessert werden, indem die Zahlungen teils direkt an Bedürftige in Entwicklungsländern geleistet würden, teils an bestimmte Konditionen gebunden würden, wie z. B. das Einhalten der Menschenrechte, die Weiterentwicklung rechtsstaatlich-demokratischer Verhältnisse, eine umweltverträgliche Lebens-und Produktionsweise u. ä. m. Dieses Vorgehen könnte einen Versuch darstellen, der falschen Solidarität der Entwicklungsländer untereinander in bezug auf Menschenrechtsverletzungen zu begegnen. 6. Weiterentwicklung des Menschenrechtsschutzes Fragen nach der Weiterentwicklung des Menschenrechtsschutzes ergaben sich besonders im Zusammenhang mit den Folgen des Golfkrieges. Angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen des Iraks gegenüber den Kurden und den Schiiten im eigenen Lande wurde die Frage von Interventions-und/oder Sanktionsmaßnahmen der VN gegenüber einem Mitgliedstaat, der an Genozid grenzende Gewalt nach innen ausübt, aktuell. In der Geschichte der VN kam es nur in sehr seltenen Fällen, so z. B. im Falle des Massakers im südafrikanischen Sharpeville, zu einer Einschränkung des Nichteinmischungsgebots nach Art. 2 Abs. 7 SVN Mit der Resolution 688 vom 5. April 1991 stellte der SR der VN eine Bedrohung des Weltfriedens und der Sicherheit in der Region fest und eröffnete Möglichkeiten der Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iraks. Auch wenn die VN in diesem Falle keine humanitäre Hilfsaktion gegen den Willen eines Staates durchgeführt haben, stellt sich doch auch für die Zukunft die Frage der Einschränkung des Nichteinmischungsgebots.

Optionen einer zukünftigen VN-Politik Deutschlands könnten einerseits darin bestehen, eine Einschränkung des Nichteinmischungsgebots nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten generell abzulehnen. Andererseits könnte die Bundesrepublik einer Einschränkung unter bestimmten Bedingungen zustimmen. Angesichts verschiedentlich diskutierter Pläne, auch in Deutschland nationale Eingreifverbände für humanitäre Hilfsaktionen aufzustellen, erscheint einedeutsche Außenpolitik interdependenzorientierter, wenn sie derartige Bemühungen im Rahmen der VN stärkt und nicht oder nicht allein auf die Karte europäischer Institutionen setzt. Allerdings dürften die VN lediglich in eigener Verantwortung unter (erweiterter) Anwendung des Kap. VII SVN solche Eingriffe in die inneren Angelegenheiten eines Staates durchführen, um dem Eindruck einer Instrumentalisierung der VN entgegenzuwirken. Als Friedensbedrohungen, die eine solche Einschränkung der Souveränität vertretbar erscheinen lassen, könnten die systematische Verletzung der Menschenrechte, Verbrechen gegen die Menschheit und die brutale Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten gelten.

Die Bewertung der Legitimität eines Eingreifens der VN in die inneren Angelegenheiten eines Staates wird davon abhängig gemacht werden müssen, ob und inwieweit dieser Staat aufgrund seiner bisherigen Verhaltensmuster die Vermutung einer weiteren Mißachtung des Völkerrechts gegen sich hat. Allerdings besteht die Gefahr, daß bei einer solchen Ausgangsvoraussetzung die schwächeren Staaten eher unter einer Einschränkung ihrer Souveränität zu leiden hätten als politisch, wirtschaftlich und/oder militärisch starke Staaten. Ein Zurückgreifen der VN auf Gewaltanwendung auch zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen darf freilich nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden. Eine interdependenzorientierte VN-Politik der Bundesrepublik sollte den Möglichkeiten der Politik diesseits militärischer Zwangsmaßnahmen selbstverständlich höchste Priorität einräumen.

Dies könnte im Rahmen der Debatte über die generelle Weiterentwicklung des Menschenrechts-schutzes durch die VN auf der 1993 in Berlin stattfindenden Weltkonferenz für Menschenrechte geschehen. Auch wenn bereits eine Vielzahl von Standards im Menschenrechtsbereich aufgestellt wurden, so daß angesichts der Defizite bei der Umsetzung dieser Normen schon beinahe von einem Übermaß an Normierung gesprochen werden kann, sind doch einige Problembereiche mit dringlichem Regelungsbedarf festzuhalten. Eine Voraussetzung, zukünftigen Konfliktsituationen aufgrund rassischer, ethnischer, religiöser oder sprachlicher Unterschiede vorzubeugen, bestünde in dem Ausbau des Minderheitenschutzes über das individualrechtliche Diskriminierungsverbot hinaus, d. h. in der Gewährleistung von Kollektivrechten für Minderheiten. Spezieller Bedarf besteht bezüglich der Rechte der Ureinwohner, deren Schutz über lange Zeiträume hinweg vernachlässigt wurde. Probleme, über deren Regelungsbedarf intensiv nachgedacht werden muß, sind ferner die Anerkennung eines „föderalen Selbstbestimmungsrechtes“ (Tomuschat), die Verbindung von wirtschaftlicher Entwicklung und Menschenrechten und die Übertragung des Grundsatzmanifestes für die freiheitliche Demokratie, wie im Abschlußdokument des Kopenhagener KSZE-Folgetreffens vom 29. Juli 1990 enthalten, auf die Ebene der VN Angesichts der Vielzahl von nebeneinanderbestehenden Verfahren zur Durchsetzung des vorhandenen menschenrechtlichen Normenbestandes wäre es notwendig, die Koordinierungskapazitäten der VN auszubauen. Daneben bedarf es jedoch auch Maßnahmen, die zur effektiveren Ausübung der Kompetenzen im Menschenrechts-bereich der VN beitragen, wie z. B. einer institutionalisierten Bestandsaufnahme aller derzeit in Arbeit oder Planung befindlichen Textentwürfen, um zu einer kohärenteren Planung bei der Aufstellung von Normen zu gelangen Ländern, in denen sich Menschenrechtsverletzungen ereignen, müßten Beratungs-und Unterstützungsdienste der VN angeboten werden, um auf die Meinungsbildung in diesen Ländern einzuwirken. Zur Effektivierung würde ebenfalls die Errichtung eines umfassenden Überwachungssystems im Menschenrechtsbereich beitragen, welches die bisherige Vielzahl von Kontrollmechanismen ablösen sollte.

IV. Schlußfolgerungen

Mit den bisherigen Kompetenzen und Ressourcen der VN ist eine „Neue Weltordnung“, in deren Zentrum die VN stehen sollen, nicht zu verwirklichen. Unabhängig davon, ob die „Neue Weltordnung“ je verwirklicht wird, erscheinen die VN als internationale Organisation mit universeller Mitgliedschaft besonders geeignet, globale Menschheitsprobleme zu bearbeiten. Dementsprechend muß eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der VN angestrebt werden. An ausgewählten Problembereichen der VN-Politik konnten Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Deutschland die bisherigen Mängel seiner VN-Politik, gemessen am Maßstab der Interdependenzorientierung, beheben und damit zu einer generellen Stärkung der VN beitragen kann. Diese Optionen in die Realität umzusetzen, sollte das Ziel der zukünftigen deutschen VN-Politik sein.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl.seine Rede zur Lage der Nation am 29. Januar 1991, in: amerika dienst, Nr. 4 vom 30. Januar 1991, S. 1-7.

  2. Vgl. Public Opinion, hrsg. vom Department of Public Information, United Nations, New York, Issue No. 4, April

  3. Vgl. INTER/ESSE, (1991) 5, S. 2f.

  4. Vgl. Clive Archer, International Organisations, London u a. 1983, Kap. 4.

  5. Grundlegend hierfür Emst-Otto Czempiel, Internationale Politik, Paderborn 1981. Vgl. auch die Weiterentwicklung dieses Ansatzes bei Volker Rittberger, Die Bundesrepublik Deutschland -eine Weltmacht? Außenpolitik nach vierzig saen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B‘ 4-5/90,

  6. Vgl. Carl-August Fleischhauer, Wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen in Recht und Praxis der Weltorganisation, in: Vereinte Nationen, 39 (1991) 2, S. 41-44.

  7. Gundolf Fahl. Der UNO-Sicherheitsrat, Analyse und Dokumentation nach dreißigjährigem Bestehen (Völkerrecht und Politik, Bd. 10), Berlin 1978.

  8. Vgl. T. Gehring, Das internationale Regime zum Schutz der Ozonschicht, in: Europa-Archiv, 45 (1990) 23, S. 703-712.

  9. Vgl. Wolfgang S. Heinz, Menschenrechte und Nord-Süd-Konflikt, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 25-26/91, S. 29-38.

  10. Vgl. dazu den Beitrag von Lloyd N. Cutler, Toward World Recognition of a Right to Secede?, in: International Herald Tribune vom 24. Juli 1991, S. 4.

  11. Vgl. Volker Rittberger, Das Vereinte Deutschland und seine Außenpolitik: In der Kontinuität der Bundesrepublik, in: Jürgen Moltmann (Hrsg.), Christliche Existenz im Demokratischen Aufbruch Europas, München 1991; ders., Deutschland -Weltmacht oder Handelsstaat? Zur Außenpolitik des Vereinten Deutschlands, in: Paul Mog/Hans Joachim Althaus (Hrsg.), Die Deutschen in ihrer Welt. Tübinger Modell einer integrativen Deutschlandkunde, München 1991.

  12. Vgl. zu den Begriffen v. a. Richard Rosecrance, Der neue Handelsstaat, Herausforderungen für Politik und Wirtschaft, Frankfurt-New York 1987.

  13. So das Versprechen von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher vor der 45. Generalversammlung der VN am 26. September 1990 in: Presse-und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Bulletin, Nr. 115 vom 27. September 1990, S. 1202.

  14. Abdruck der Resolutionen 665 (1990) bis 678 (1990) in: Vereinte Nationen, 38 (1990) 6, S. 215-219.

  15. Generalsekretär Javier Perez de Cuellar am 16. April 1991 vor dem Europaparlament in Straßburg; in: UNO Woche, 7 (1991) 17, 24. April 1991, S. 2.

  16. Vgl. Arthur Heinrich, Mutmaßungen über die Neue Weltordnung; in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 36 (1991) 5, S. 551f., und die Befürchtungen von Hans Arnold, Die Golf-Krise und die Vereinten Nationen, in: Außenpolitik, 42 (1991) 1, S. 69-78; Gunther Hellmann, Der Krieg um Kuwait: Katalysator einer „neuen Weltordnung“ oder Vorbote neuer Konflikte?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7-8/91, S. 12-26.

  17. Vgl. auch die Kategorisierung von Eingriffsmaßnahmen des SR nach Kap. VII SVN in: Beteiligung deutscher Streitkräfte an Friedenstruppen der Vereinten Nationen -Hintergründe, Optionen, Probleme -, hrsg. von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, (Zur Diskussion gestellt, Nr. 38), Bonn, April 1991, S. 11.

  18. Die Bereitstellung von Streitkräften gemäß Art. 43 SVN ist bisher allerdings noch nicht erfolgt.

  19. Die vorherrschende juristische Lehre geht davon aus, daß ein Einsatz der Bundeswehr bei Eingriffsmaßnahmen nach Kap. VII SVN nach dem GG zulässig ist (Art. 24 u. Art. 87a GG), wohingegen von verschiedenen Seiten argumentiert wird, dieser Einsatz sei gerade wegen des Art. 87 a GG nicht zulässig. Vgl. dazu z. B. N. K. Riedel, Der Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland -Verfassungs-und völkerrechtliche Schranken, Frankfurt/M. 1989.

  20. Auf einer Sondersitzung der VN zum Problem des Drogenhandels im Februar 1990 schlug Bundesinnenminister Schäuble die Aufstellung einer internationalen Drogenpolizei vor, fand dafür jedoch keinerlei Echo; vgl. Vereinte Nationen, 38 (1990) 2, S. 67f.

  21. So z. B. die Forderung der SPD-Umweltexpertin Harten-stein; Vgl. E + Z, 32 (1991) 7-8, S. 48f.

  22. Als Beispiel vgl. Richard Reeves, Without Borders: A Humanitarian Rapid Deployment Force, in: International Herald Tribune vom 25. Juli 1991, S. 7.

  23. Nach Art. 87 a Abs. 2 GG unterliegen nur solche Verwendungen der Streitkräfte einer Beschränkung, die Einsatzqualität haben. Die Frage, ab wann einer PKO Einsatzqualität zukommt, ist nur für den Einzelfall zu klären. Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von PKOs wird durch Art. 87 a Abs. 2 und Art. 24 Abs. 2 GG nicht legitimiert. Daher ist der Einsatz der Bundeswehr (wenn auch nur zu logistischen Zwecken) in manchen Fällen verfassungsrechtlich unbedenklich, in anderen dagegen nicht. Die Bundesregierung vertrat bisher die Auffassung, ein Bundeswehreinsatz sei möglich, wenn er sich auf logistische Operationen beschränke. In der Praxis kam es mehrfach zu solchen Beteiligungen der Bundeswehr. Vgl. dazu Jochen Frowein/Torsten Stein (Hrsg.), Rechtliche Aspekte einer Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an Friedenstruppen der Vereinten Nationen, Berlin u. a. 1990; N. K. Riedel (Anm. 19), S. 211; Dieter Deiseroth, Was die Juristen zu den .. Blauhelmen“ sagen; in: Frankfurter Rundschau vom 24. Juni 1991, Dokumentation, S. 14.

  24. Vgl. zur bundesdeutschen Namibia-Politik Gabriele Brenke, Die Rolle der Bundesrepublik Deutschland im Namibia-Konflikt, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8/90, S. 24-32.

  25. Vgl. D. Deiseroth (Anm. 23).

  26. Vgl. Vorschläge zur diesbezüglichen Verfassungsänderung in: Beteiligung deutscher Streitkräfte an Friedenstruppen der Vereinten Nationen (Anm. 17), S. 14.

  27. Vgl. Ulrich Menzel, Die Hilfe hilft nicht, Treuhandschaft wäre ein Weg; in: Frankfurter Rundschau vom 3. Juni 1991, S. 9.

  28. Vgl. Joumalisten-Handbuch Entwicklungspolitik 1990/91, hrsg. vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Bonn 1990, S. 62.

  29. Siehe dazu im einzelnen Heinz-Michael Hauser, Reform der Entwicklungsfinanzierung durch „Automatisierung"? Begründung, Ausgestaltung und Umsetzung eines internationalen Reformkonzepts, Baden-Baden 1986.

  30. Vgl. Das Überleben sichern. Bericht der Nord-Süd-Kommission, mit einer Einleitung des Vorsitzenden Willy Brandt, Köln 1980, insbes. Kap. 15.

  31. Vgl. Volker Hauff (Hrsg.), Unsere Gemeinsame Zukunft. Der Brundtlandt-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, Greven 1987.

  32. Vgl. Dieter Oberndorfer, Schutz der tropischen Regenwälder durch Entschuldung, Perspektiven und Orientierungen, München 1989.

  33. Vgl. Harald Hohmann, Meeresumweltschutz als globale und regionale Aufgabe. Die Anstrengungen von UNEP, IMO und ECE, in: Vereinte Nationen, 37 (1989) 2, S. 53-61.

  34. Vgl. Gudrun Schwarzer, Weiträumige grenzüberschreitende Luftverschmutzung, Konfliktanalyse eines internationalen Umweltproblems, Tübinger Arbeitspapiere zur internationalen Politik und Friedensforschung, Nr. 15, Tübingen 1990.

  35. Vgl. Berit Bartram/Bruno Engel, Ende des , Giftmüllkolonialismus"? Zur Baseler Konvention und ihrem Hintergrund, in: Vereinte Nationen, 37 (1989) 4, S. 115-121.

  36. Vgl. Christian Tomuschat, Bewahrung, Stärkung, Ausgestaltung, Zur künftigen Menschenrechtspolitik Deutschlands in der Weltorganisation, in: Vereinte Nationen, 39 (1991) 1, S. 6-10.

  37. weitere Beispiele bei W. S. Heinz (Anm. 9),

  38. Die VN können nach Art. 2 Abs. 7 SVN dann in innere Angelegenheiten eines Staates eingreifen, wenn dies im Rahmen von Sanktionsmaßnahmen nach Kap. VII SVN geschieht. Die Voraussetzung dafür ist die Feststellung eines Friedensbruchs bzw. einer Bedrohung des Friedens oder eines Aggressionsaktes nach Art. 39 SVN.

  39. Abdruck der Resolution in: Vereinte Nationen, 39 (1991) 2, S. 77.

  40. Vgl. Chr. Tomuschat (Anm. 36), S. 8f.

  41. Vgl. auch Theodor C. Van Boven, Die überfrachtete Agenda, Aufgaben der Vereinten Nationen bei Schutz und Förderung der Menschenrechte, in: Vereinte Nationen, 37 (1989) 6, S. 185-191.

Weitere Inhalte

Volker Rittberger, Ph. D., M. A., geb. 1941; Studium der Rechts-und Politikwissenschaften an den Universitäten Freiburg i. Br., Genf und Stanford (USA); o. Professor für Politikwissenschaft an der Universität Tübingen. Veröffentlichungen u. a.: Evolution and International Organization, Den Haag 1973; (Hrsg.) Science and , Technology in a Changing International Order, Boulder 1982; (mit M. Efinger und M. Zürn) Internationale Regime in den Ost-West-Beziehungen, Frankfurt/M. 1988; (Hrsg.) Theorien der Internationalen Beziehungen, Opladen 1990; zahlreiche Aufsätze zu Fragen der Außenpolitik, internationalen Beziehungen und internationalen Organisationen.