Die Zuordnung der arabischen Staaten, die Hauptölexporteure eingeschlossen, zur „Dritten Welt“ oder den „Entwicklungsländern“ löst gelegentlich Widerspruch aus. Insbesondere in den siebziger Jahren brauchte die arabische Welt und brauchten vor allem die arabischen Golfstaaten sich keine Sorgen um mangelndes Kapital zu machen, und das Pro-Kopf-Einkommen in der Golf-region bewegt sich immer noch in der Größenordnung einiger westeuropäischer Staaten. Allerdings zeigt der arabische Raum auch deutlich, wie wenig statistische Daten und bestimmte Wahrzeichen industriellen und infrastrukturellen Fortschritts allein über die Chancen sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung -im Sinne der Fähigkeit zur eigenständigen Entfaltung der Produktivkräfte und zur Versorgung der Bevölkerung mit materiellen und kulturellen Gütern -aussagen. Den vom UN-Entwicklungsprogramm erstellten Human Development Index zugrunde gelegt, der „Entwicklung“ nicht nur an Durchschnittseinkommen, sondern zudem an Faktoren wie Alphabetisierung, Lebenserwartung und Gesundheitsstandards mißt, erreicht kein arabischer Staat auch nur das Niveau von Mexiko Tatsächlich teilen die arabischen Staaten zahlreiche problematische Merkmale anderer Regionen der „Dritten Welt“. Fehlentwicklungen und regionale Widersprüche sind gerade auch durch die irakisch-kuwaitische Krise deutlich geworden. Der Krieg um Kuwait hat die Entwicklungsprobleme der Region verschärft, und die gegenwärtige Debatte um eine Neuordnung der nahöstlichen Verhältnisse wird die Problematik von Entwicklung, Fehlentwicklungen und Abhängigkeiten berücksichtigen müssen.
I. Fehlentwicklungen und Abhängigkeiten
Abhängigkeit soll hier im weitesten Sinne verstanden werden; gemeint sind strukturell verankerte politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Außenabhängigkeiten, die die Souveränität politischer Entscheidungen oder die Fähigkeit zu einer eigenständigen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung erheblich beeinträchtigen. Die Abhängigkeiten der arabischen Staaten verweisen auf ein Bündel verflochtener Ursachenkomplexe: auf die territoriale Zersplitterung der arabischen Welt und die gewaltigen ökonomischen Diskrepanzen in der Region genauso wie auf das Fehlen demokratischer Strukturen und auf wenig sinnvolle Entwicklungsstrategien.
Wenngleich der Kolonialismus nicht für alle arabischen Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht werden kann, ist sein Beitrag zur territorialen Zersplitterung der arabischen Welt und damit zu einem ihrer anhaltenden Entwicklungsprobleme erheblich. So sind die politischen Grenzen im arabischen Osten fast vollständig die Hinterlassenschäft kolonialer und halbkolonialer Herrschaft. Syrien, Libanon, Jordanien, Irak und das soge-nannte Mandatsgebiet Palästina wurden 1920 nach einer entsprechenden britisch-französischen Absprache durch einen Beschluß des Völkerbunds kreiert und unter französisches bzw. britisches Mandat gestellt. Die Kleinstaaten am Persischen Golf entstanden aus der Vertrags-und Protektoratspolitik Großbritanniens im 19. und 20. Jahrhundert. Die Grenzen Saudi-Arabiens und des Nordjemen, die nie unter europäische Herrschaft gerieten, wurden durch die britische Vorherrschaft an den Küsten der arabischen Halbinsel bestimmt.
Im Osten der arabischen Welt zerstörte koloniale Politik und zerrissen die neuen Grenzen existierende regionale Wirtschaftsstrukturen, etwa die Rolle des kuwaitischen Seehandels als Bindeglied zwischen den produktiven Zentren am Golf und damit auch die Bedeutung der kuwaitischen Schiffbauindustrie oder die engen Handelsverbindungen entlang des Euphrat zwischen Irak, Nord-Syrien und dem heute türkischen Mittelmeerhafen Iskanderun. Die willkürliche Grenzziehung im Nahen Osten gehört auch zu den Ursachen der enormen Einkommensdiskrepanzen in der arabischen Welt: Während das Durchschnittseinkommen in den wohlhabendsten der bevölkerungsarmen, erdölreichen Staaten, in Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), 1988 zwischen 13000 und 16000 US-Dollar lag, verfügten die ärmsten der vergleichsweise rohstoffarmen aber bevölkerungsreichen Länder wie Jemen und Sudan über ein durchschnittliches Einkommen von weniger als 600 US-Dollar
Arabische Entwicklungstheoretiker haben immer wieder betont, daß die arabische Welt an sich nicht arm ist, daß die Ressourcen -Menschen, Rohstoffe, Agrarland -aber ungleich verteilt sind und unkoordiniert genutzt werden. Die Einheit der arabischen Nation sei deshalb schon aus ökonomischen Gründen notwendig Gerade die ungleiche Ressourcenausstattung aber ließ unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche wirtschaftliche Interessen entstehen, führte nicht selten zu politischem Konflikt, und wurde damit selbst zum Hindernis ernsthafter Einheitsbemühungen oder auch nur einer gesamtarabischen Ressourcenplanung. Ein augenfälliges Ergebnis dieses Zustands ist das Mißverhältnis zwischen den Investitionen arabischen Überschußkapitals aus den Ölmonarchien im westlichen Ausland und der Auslandsverschuldung der ärmeren, nicht oder nur in geringfügigem Maße Öl exportierenden Staaten. Allein die 1990 noch auf mindestens 100-120 Mrd. US-Dollar geschätzten kuwaitischen Kapitalanlagen im Westen überstiegen die Gesamtverschuldung aller arabischen Nicht-OPEC-Staaten 1. Die Fehlentwicklungen der ärmeren Staaten Die meisten arabischen Staaten erlebten seit dem ersten Ölpreissprung von 1973 einen ungewohnt hohen Kapitalzufluß. Wenn dieser nicht aus eigenem Ölexport stammte, kam er aus den Zuschüssen der reichen arabischen Ölexporteure an die Frontstaaten im arabisch-israelischen Konflikt, aus der Entwicklungshilfe der arabischen OPEC-Staa-ten oder aus den Überweisungen von Gastarbeitern in den Ölstaaten. Zudem waren Kredite auf dem internationalen Kapitalmarkt leicht verfügbar.
Nahezu alle Staaten der Region verzeichneten in den siebziger Jahren hohe wirtschaftliche Wachstumsraten. Vor allem die Staaten, die ökonomischen Meßdaten nach eher im „Mittelfeld“ der arabischen Welt liegen, wie Ägypten, Syrien oder Jordanien und die bevölkerungsreichen Ölstaaten Algerien und Irak, galten aufgrund ihrer vergleichsweise günstigen Bedingungen (Bodenschätze, landwirtschaftlich nutzbare Gebiete, relativ hohes Bildungsniveau) als aussichtsreiche Kandidaten beschleunigter Entwicklung. Sie leiteten im einzelnen recht ähnliche, anspruchsvolle Entwicklungsprogramme ein, die vor allem auf eine moderne, an westliche Produktionsund Konsum-standards ausgerichtete rasche Industrialisierung setzten. Die Strategie erwies sich als äußerst problematisch. Die neuen, zumeist schlüsselfertig importierten Industrien waren überwiegend kapitalintensiv und verlangten zudem gut ausgebildete Fachkräfte, sie blieben in hohem Maße von ausländischen Rohstoffen und Material sowie von ausländischer Expertise abhängig, sie waren häufig überdimensioniert und regional in keiner Weise abgestimmt, womit die Option eines zukünftigen Exports auf Nachbarmärkte entfiel. Auch waren die neuen Industrien kaum mit anderen Wirtschaftsbereichen verflochten. Meist dienten sie entweder der unmittelbaren Aufarbeitung von Rohstoffen oder der Produktion für den Endverbrauch. Der Herstellung von Zwischenprodukten wurde nur geringe Aufmerksamkeit zuteil, der Aufbau einer Maschinenbau-und Ersatzteilindustrie und die Entwicklung eigener Technologien blieben fast völlig aus So überstiegen in den siebziger Jahren im Irak die Ausgaben für ausländische Consultants und den Service für importierte Technologien die Ausgaben für eigene Forschung und Entwicklung um mehr als das Zehnfache Entgegen den Hoffnungen der Planer wurden die neuen Industrien nicht zu Devisenbringern und zur Basis einer selbsttragenden Entwicklung, sondern zu einer der Ursachen wachsender Handelsbilanzdefizite und fortgesetzter technologischer Abhängigkeit.
Bei dieser vorwiegend industriellen Orientierung wurde die Entwicklung der Landwirtschaft und vor allem der Ausbau der Nahrungsmittelproduktion vernachlässigt. Im Ergebnis hielt die Produktion von Nahrungsmitteln mit dem Wachstum der Bevölkerung nicht mit, und die arabische Welt im Ganzen ist zu Beginn der neunziger Jahre in geringerem Maße in der Lage, ihre eigene Bevölkerung selbst zu ernähren als noch 20 Jahre zuvor Die Abhängigkeit von Lebensmitteleinfuhren kann zu politischer Erpreßbarkeit führen und wird deshalb von arabischen Autoren häufig als ernste Bedrohung der „arabischen nationalen Sicherheit“ betrachtet Davon abgesehen belasten wachsende Lebensmittelimporte die Handelsbilanzen fast aller arabischen Staaten in zunehmendem Maße. Wachsender Importbedarf, ein Zurückbleiben der industriellen Leistungen hinter den Erwartungen, eine kaum nennenswerte Steigerung der Ausfuhr aus eigener Industrieproduktion und sinkende Einnahmen aus eigener Rohölförderung bzw. aus den Zuschüssen der arabischen Ölexporteure während der achtziger Jahre -sowie im irakischen Fall der achtjährige Krieg mit Iran -verursachten Stagnation und zum Teil negative Wachstumsraten. Auslandsschulen, die mit der Erwartung auf die künftigen Früchte der Industrialisierung gemacht worden waren, und permanenter Devisenmangel wurden seit Mitte der achtziger Jahre mehr und mehr zum Problem. Algerien etwa war Ende der achtziger Jahre gezwungen, 77 Prozent seiner Exporterlöse für den Schuldendienst aufzuwenden Länder wie Jordanien, Marokko und jüngst Ägypten haben, entsprechenden Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) nachkommend, harte Strukturanpassungsprogramme durchführen müssen und damit nicht selten heftigen sozialen Protest ausgelöst. Andere Staaten wie Syrien haben sich ohne entsprechende Abkommen mit dem IWF gezwungen gesehen, vergleichbare Maßnahmen einzuleiten Der irakische Überfall auf Ku-wait war nicht zuletzt ein untauglicher Versuch der irakischen Führung, die eigenen Wirtschaftsprobleme zu mindern und den Streit um Iraks Verschuldung bei seinen Nachbarn zu entscheiden 2. Die Abhängigkeit der Ölmonarchien Abhängigkeit ist allerdings nicht allein ein Problem der ärmeren arabischen Staaten, des „Mittelfelds“ und der ganz armen, zudem oft dürre-, hunger-und kriegs-oder bürgerkriegsgeplagten Staaten wie Somalia oder Sudan. Gerade die sechs seit 1981 zum Golfkooperationsrat (GCC) zusammengeschlossenen arabischen Erdölmonarchien am Golf repräsentieren, obwohl es sich bei ihnen um Kapitalüberflußgesellschaften handelt oder zumindest bis vor kurzem noch handelte, in erstaunlicher Weise eine Reihe struktureller Merkmale, die die Dependenztheorie zur Beschreibung des sogenannten peripheren Kapitalismus in -in der Regel armen -Ländern der Dritten Welt aufgelistet hat: Diese Staaten haben als Produzenten eines einzigen Rohstoffs, eben des Erdöls, eine eng spezialisierte Rolle in der internationalen Arbeitsteilung, und sie sind in erheblichem Maße von schwankenden Weltmarktpreisen abhängig. Ihnen fehlt eine Unternehmerschicht, die die Entwicklung der produktiven Fähigkeiten des Landes vorantreiben würde. Die herrschende Schicht dieser Staaten zieht ihre soziale Macht aus der Kontrolle über die Erdöleinkommen, ist weitestgehend in die Strukturen der kapitalistischen Zentren integriert und sorgt dafür, daß die Gewinne der Rohstoffausbeutung über den Import von Anlagen, Rüstung und Konsumgütem, die Investition von Über-schüssen im Westen und andere Formen des soge-nannten „Recycling“ der Petrodollars in die Industrieländer transferiert und dort produktiv genutzt werden
Abhängigkeiten werden aber auch bei einer weniger abstrakten Betrachtung deutlich: Die erdöl-und devisenreichen arabischen Golfmonarchien haben bereits seit den fünfziger Jahren, als ein Teil dieser Staaten erstmals zu Überflußgesellschaften wurde und vor allem seit dem Ölpreissprung von 1973, auf eine Entwicklungsstrategie gesetzt, die mehr oder weniger der Vorstellung folgte, daß „Entwicklung“ im wesentlichen eine Funktion ausreichenden Kapitaleinsatzes sei, sich also „kaufen“ ließe. Die Regierungen importierten eine zum Teil aufsehenerregende wirtschaftliche und soziale Infrastruktur und ließen modernste industrielle Fertigungsanlagen errichten, vornehmlich Raffinerien und Anlagen der petrochemischen Grundstoffindustrie. Seit Mitte der achtziger Jahre versuchten sie, auch in anderen kapital-und energieaufwendigen Produktionsbereichen wie der Aluminiumherstellung Fuß zu fassen. Inländisches Privatkapital investierte zudem in Baustoff-und leichte Konsumgüterindustrien. Diese „gekaufte Industrialisierung“ zeitigte zum Teil beachtlichen technischen Erfolg, wenngleich auch hier Kapazitäten häufig den Bedarf überstiegen und die regionale Koordination begrenzt blieb Wirtschaftlich konkurrenzfähig wurde der GCC bei der Produktion einiger petrochemischer Grundprodukte; Chancen, einen Teil des Produkts zu exportieren, behinderte jedoch eine protektionistische Politik der EG Die meisten der neuen Industrien der GCC-Staaten sind bislang allerdings in hohem Maße von staatlichen Subventionen abhängig. Von einer diversifizierten Industrialisierung, die diesen Staaten eine gewisse Unabhängigkeit vom Ölexport und den schwankenden Ölpreisen geben würde, läßt sich noch in keiner Weise sprechen
Im übrigen wurden in den arabischen Golfmonarchien, stärker als in den nur mittelbar oder in geringem Maße von Öleinkommen profitierenden arabischen Staaten, traditionelle Konsummuster fast vollständig durch westliche Verbrauchsmuster abgelöst. Dies und die Orientierung von Industrie und Infrastruktur an westlichen Standards ließen diese Staaten von einem ständigen, ununterbrochenen Fluß von Waren und Dienstleistungen aus den Ölimportländern abhängig werden -von Konsumwaren, Ersatzteilen und Zwischenprodukten, von Serviceleistungen, Technikern und Daten und es machte sie auch verletzlich: Jeder Gedanke an einen möglichen erneuten Einsatz der „Ölwaffe“ in politischen Auseinandersetzungen mit dem Westen wurde angesichts der Importabhängigkeit dieser Staaten illusorisch
Im Ganzen fand trotz der technisch erfolgreichen Teilindustrialisierung eine eigenständige wirtschaftliche und technologische Entwicklung in den Golfstaaten in noch geringerem Umfang statt als in den weniger begüterten arabischen Ländern. Die hohen Öleinkommen, die wie eine externe Rente wirken, wie ein Einkommen also, das nicht aus produktiver Aktivität im Lande stammt, förderten eine solche Entwicklung auch nicht. Staatliches Einkommen entsteht, anders als in Staaten, die auf Steuereinnahmen angewiesen sind, weitgehend unabhängig von der Entwicklung der Volkswirtschaft in den Nicht-Öl-Sektoren. Wesentliche Aufgabe des Staates ist deshalb nicht, einen bestimmten Teil der aus wirtschaftlicher Aktivität stammenden Einkommen zu extrahieren, um sie umzuverteilen bzw.seine eigenen Aufgaben zu finanzieren, sondern vielmehr einen Teil der Ölrente in die Gesellschaft hinein zu verteilen. Die wirtschaftliche Rolle der Bevölkerung ist in erster Linie die eines Konsumenten, nicht eines Produzenten. Die Verteilung der Rente auf die Gesellschaft erfolgt über Löhne und Gehälter, Subventionen und andere Maßnahmen. Auch die Privatwirtschaft lebt eher von staatlichen Zuteilungen als von echter unternehmerischer Tätigkeit. Nicht Effektivität des Mitteleinsatzes ist Maßstab des Erfolgs, sondern eine politischen Kriterien entsprechende Verteilung des Wohlstands Dies impliziert eine Privilegierung der Staatsbürger und verschiedene Formen der institutionalisierten Diskriminierung des ausländischen Bevölkerungsteils, welcher -jedenfalls bis 1990 -in allen Ländern des GCC mit Ausnahme Omans weit über 50 Prozent der Erwerbstätigen, in den VAE, in Kuwait und Qatar auch mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung ausmachte Bei den Staatsbürgern wuchs damit eine Anspruchshaltung auf staatliche Ali-mentierung und eine oft beklagte Verachtung für produktive Tätigkeiten, die Bemühungen, ausländische Arbeitskräfte durch Golfstaatenstaatsbürger zu ersetzen, im wesentlichen scheitern ließ Die Investitionen staatlichen Überschußkapitals im Ausland verstärken den beschriebenen Trend: der Staat wird zum Couponschneider ausländischer Aktienpakete. Dies stärkt die Unabhängigkeit der Herrscher von der eigenen Gesellschaft und ihrer wirtschaftlichen Leistung, macht diese Gesellschaften aber im ganzen abhängiger von der Produktionsdynamik der Industrieländer
Wie wenig die Ölmonarchien am Golf trotz ihres Ölreichtums tatsächlich eine Wirtschaftsmacht darstellen, zeigten die achtziger Jahre: Seit 1982 verfielen die Rohölpreise, der Anteil der OPEC am Welterdölmarkt und die Exportmengen der Golfstaaten rapide. Der Wert der GCC-Ölexporte sank von 1980 bis 1986 um etwa 75 Prozent, die GCC-Staaten erlebten eine anhaltende Rezession und waren in ihrer Mehrzahl gezwungen, Investitionen zurückzustellen und laufende Staatsausgaben aus Reserven oder Anleihen zu finanzieren Eine Stabilisierung der Ölpreise wäre nur durch eine spürbare Verringerung der Produktion zu erreichen gewesen. In dieser Hinsicht den Marktführer zu spielen, hätten sich am ehesten noch Kuwait und die VAE leisten können. Gerade diese beiden Staaten aber hatten aufgrund ihrer engen Verflechtung mit den Zentren der westlichen Wirtschaft daran das geringste Interesse
Neben die technischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten dieser Staaten tritt eine weitere Form der Abhängigkeit: die militärische. Alle Golfmonarchien haben in den siebziger Jahren mit Einbruch des Ölreichtums ihre Militärausgaben entsprechend ihren Öleinnahmen gesteigert und erheblich aufgerüstet, sowohl nach außen wie nach innen. So lagen die saudischen Militärausgaben konstant bei 35 bis 43 Prozent der Staatseinnahmen: In laufenden Preisen wuchs damit das saudische Militärbudget in den acht Jahren von 1971/72 bis 1979/80 um das Zehnfache
Dabei ließen die Golfmonarchien ihre Streitkräfte durchweg mit modernstem Gerät ausstatten und wurden damit in erheblichem Maße von den Herstellern und den Herkunftsländern dieser Waffen abhängig. Meist blieben sie auf amerikanische und andere Experten angewiesen, um mit den importierten Waffensystemen umzugehen US-amerikanische Quellen berichteten, daß die hochmodernen AWACS-Flugzeuge, die Saudi-Arabien 1981 als Kernstück seines Luftverteidigungssystems gekauft hatte, ohne amerikanische Technikerunterstützung nur wenige Tage funktionsfähig seien Die Zahl der Berater aus den USA, Großbritannien und Frankreich in der saudischen Armee soll in den achtziger Jahren mehr als 10000 betragen haben -dies entspricht einem westlichen Berater für je sieben bis acht saudische Militärangehörige Nicht zuletzt die Golfkrise hat deutlich gemacht, daß die GCC-Staaten trotz ihrer enormen Aufrüstung militärische Sicherheit nicht erreichten und auch kaum werden erreichen können. Nicht von ungefähr hatte gerade die saudische Führung, obwohl sie eine permanente Stationierung von US-Truppen auf saudischem Boden stets abgelehnt hatte, ihre Krisenplanung darauf abgestellt, daß ihr nötigenfalls US-amerikanische Hilfe zur Verfügung stehen werde: Bereits in den siebziger Jahren waren Militärflughäfen mit überzähligen Rollbahnen und andere Einrichtungen zur Aufnahme ausländischer Truppen errichtet worden So erklärt sich, daß 1990 die kurzfristige Verlagerung einer halben Million amerikanischer Truppen nach Saudi-Arabien kaum auf infrastruktureile Probleme stieß.
Die enge militärische Kooperation der GCC-Staaten mit dem Westen kann möglicherweise noch auf geraume Zeit deren Bestand und innere Ordnung sichern. Die militärische Abhängigkeit von ihren Hauptrüstungslieferanten schränkt allerdings ihre politische und wirtschaftliche Handlungsfreiheit ein. So standen Entscheidungen der saudischen Regierung über Ölmengen und Ölpreise mehrfach in unmittelbarem Zusammenhang mit laufenden saudisch-amerikanischen Verhandlungen über Rüstungslieferungen Zudem ist die Logik militärischer Sicherheit ohnehin zweifelhaft: Nicht neue militärische Strukturen, schreibt der kuwaitische Soziologe Khaldun al-Naqib, sondern nur eine umfassende und vom Westen relativ unabhängige Entwicklung könne langfristig Sicherheit und Stabilität der Region garantieren 3. Rüstung und Unterentwicklung Rüstung und Aufrüstung können nicht nur politische Abhängigkeiten schaffen, sie hemmen auch allein durch ihr Ausmaß wirtschaftliche und soziale Entwicklungsbemühungen. Der Nahe Osten ist weltweit die am stärksten durch Rüstungsausgaben belastete Region: Während die NATO-Staaten zwei bis sechs Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Militär und Rüstung ausgeben, liegt der entsprechende Anteil in den meisten nahöstlichen Staaten erheblich höher: Jordanien und Syrien wandten in den achtziger Jahren zwischen 13 und 17 Prozent, Israel und Saudi-Arabien um 20 Prozent, der Irak seit 1983 über 24 Prozent -Schätzungen gehen bis zu 50 Prozent -ihres BIP für Militärausgaben auf Angesichts des irakisch-iranischen Krieges und innerer Probleme haben die arabischen Golfstaaten während der Rezession der achtziger Jahre, als sie es sich also am wenigsten leisten konnten, ihre Militärausgaben weiter gesteigert und zudem die irakischen Kriegsaufwendungen finanziell unterstützt Für die weniger wohlhabenden Frontstaaten im arabisch-israelischen Konflikt -Ägypten, Jordanien, Syrien und Israel -bedeuten ihre hohen Militäraufwendungen schon seit langem eine schwere ökonomische Bürde, die notwendige Entwicklungsinvestitionen verhindert und Humanressourcen verschleudert, indem gut ausgebildete Kräfte aus zivilen Sektoren in besser bezahlte Positionen beim Militär abgezogen werden. In kriegs-und bürgerkriegsbelasteten Staaten wie Sudan oder Somalia ist der direkte Zusammenhang von Rüstung und der Zerstörung menschlicher Lebensgrundlagen offensichtlich. Frieden in der Region, bei lokalen Konflikten wie im Sudan, in der Westsahara oder in Kurdistan, vor allem aber im beherrschenden, Hochrüstung und militärische Einflußnahme in der gesamten Region legitimierenden arabisch-israelischen Konflikt, wäre deshalb auch eine entwicklungspolitische Notwendigkeit.
II. Entwicklungspolitische Erfordernisse
Der Krieg um Kuwait hat keines der drängenden nahöstlichen Probleme gelöst. Er hat die Region ärmer gemacht, und er hat ihr eine Reihe neuer Probleme hinterlassen. Dazu gehören die materiellen Zerstörungen und das menschliche Elend im Irak und in Kuwait, neue Flüchtlingsströme und die Belastung von Ländern wie Jordanien und Jemen durch zu Hunderttausenden aus den Golfstaaten zurückkehrende Arbeitsmigranten. Gleichzeitig ist eine Debatte über die Neugestaltung der nahöstlichen Verhältnisse in Gang gekommen, in deren Rahmen zwar vor allem über neue Sicherheitsstrukturen, an zweiter Stelle aber auch über die politische, soziale und ökonomische Entwicklung der Region gesprochen wird. Aus einer Entwicklungsperspektive sind dabei zwei Aspekte von besonderer Bedeutung: die Frage der Ressourcenverteilung und der regionalen Kooperation sowie die politischen Strukturen der arabischen Staaten. 1. Ressourcenverteilung und Kooperation Die ungleiche Ressourcenverteilung in der arabischen Welt wird zu Recht und seit langem als Entwicklungshindernis gesehen. In der einen oder anderen Form ist hier von vielen Stimmen immer wieder verlangt worden, häufig unter gleichzeitiger Kritik an den Investitionen arabischer Petrodollars im Westen, daß die arabischen Öleinkommen zugunsten arabischer Entwicklungsbemühungen und zugunsten der politischen Sache der Araber eingesetzt werden sollten Im Verlauf der Golfkrise und nach dem Ende des Krieges haben auch westliche Politiker -im wesentlichen unter dem Aspekt zukünftiger Stabilität -einen gewissen Ressourcenausgleich zwischen armen und reichen arabischen Staaten verlangt und erklärt, daß Wiederaufbau und zukünftige Entwicklung der Region vor allem aus regionalen Mitteln finanziert werden müßten Von den Golfmonarchien sind Forderungen nach einer Umverteilung innerhalb des arabischen Staatensystems allerdings stets zurückgewiesen worden. Leistungen an andere arabische Staaten waren und sind ihrem Verständnis nach freiwillige Maßnahmen der Entwicklungshilfe oder der politischen Unterstützung In den siebziger Jahren war die Entwicklungshilfe der Golfstaaten im internationalen Vergleich tatsächlich beachtlich; mit der Rezession der achtziger schrumpfte sie jedoch spürbar Die Auswirkungen von Golf-krise und -krieg ließen die Bereitschaft der GCC-Staaten, sich auf irgendeine Form des Ressourcen-ausgleichs verpflichten zu lassen, eher noch abnehmen. Erstens ist die verfügbare Masse geringer geworden: Nicht nur der Wiederaufbau Kuwaits wird zu einem großen Teil aus den Reserven dieses Staates oder aus Anleihen finanziert werden müssen, sondern auch die laufenden Ausgaben der meisten GCC-Staaten. Das gilt auch für Saudi-Arabien, dessen Belastung durch den Golfkrieg seinen Gewinn aus gestiegenen Ölpreisen klar übersteigt Die GCC-Staaten sind nicht verarmt, aber sie sind auch nicht mehr die phantastisch reichen Länder, als die sie häufig erscheinen
Zweitens neigen die Golfstaaten derzeit noch stärker als vor dem Golfkrieg dazu, ihre Zuschüsse nach politischen Kriterien zu verteilen. So beschlossen die GCC-Mitglieder im April 1991, einen zunächst mit fünf Mrd., im Laufe von zehn Jahren mit insgesamt zehn bis 15 Mrd. US-Dollar ausgestatteten Fonds zur Unterstützung der von der Golfkrise geschädigten arabischen Staaten einzurichten. Die Mittel aus diesem Fonds sollen, wie erklärt wurde, vor allem Ägypten und Syrien, die während des Kriegs auf saudisch-kuwaitischer Seite gekämpft haben, zufließen, auf keinen Fall aber Staaten wie Jordanien und Jemen, die der antiirakischen Allianz ihre Unterstützung versagten Syrien und Ägypten werden somit voraussichtlich stärker als früher von finanzieller Hilfe aus den Golfstaaten profitieren Wahrscheinlich werden auch syrische und vor allem ägyptische Arbeitskräfte einen Teil der jordanischen und palästinensischen Arbeitsmigranten am Golf ersetzen Letztlich bedeutet dies eher eine regionale Neuverteilung des begrenzten Zugangs der mittleren und ärmeren Staaten zu den Ressourcen der ölreichen Staaten als eine Umverteilung zwischen Reich und Arm.
Unabhängig von der Frage der Ressourcenverteilung bleiben wirtschaftliche Kooperation und Integration für die arabischen Staaten aktuell. Auch die von der arabischen Entwicklungstheorie immer wieder geforderte gesamtarabische Option, die bei der Koordination innerarabischer Entwicklungshilfe und nationalstaatlicher Entwicklungspläne ansetzt, schrittweise auf einen gemeinsamen Markt und langfristig auf eine vollständige ökonomische und politische Einheit zusteuert bleibt prinzipiell sinnvoll, wenngleich sie die Außenabhängigkeiten der arabischen Staaten allenfalls reduzieren, nicht beseitigen könnte. Die Praxis der vergangenen Jahre zeigte eher ein Abrücken vom Ziel des großen, gesamtarabischen Wurfs und eine pragmatische Tendenz zur Schaffung subregionaler Gemeinschaften innerhalb der arabischen Welt. 1981 wurde der GCC gegründet, 1989 schufen Irak, Ägypten, Jordanien und Nord-Jemen den Arabischen Kooperationsrat (ACC), und Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen bildeten die Arabische Maghreb-Union. Bereits vor der Golfkrise schien dabei die Maghreb-Union am ehesten von ernsthaftem Willen zu echten politischen und wirtschaftlichen Integrationsschritten getragen zu sein Der ältere GCC war trotz seiner wirtschaftspolitischen Dimension in erster Linie ein Sicherheitsbündnis der ACC vor allem ein politisches Instrument, das Irak und Ägypten im Spiel um regionalen Einfluß zu nutzen suchten So hat auch die Maghreb-Union Golf-krise und -krieg relativ unbeschadet überstanden, der ACC zerbrach praktisch mit der irakischen Invasion. Die Mitglieder des GCC sind militärisch enger zusammengerückt und dürften in Zukunft ihrer Umwelt gegenüber auch noch stärker als wirtschaftlicher Block auftreten. Dies muß allerdings nicht heißen, daß die im Innenverhältnis fortbestehenden Spannungen der einzelnen GCC-Führer, die eine engere Koordination bislang behindert haben, in Zukunft keine Rolle mehr spielen werden.
Wie erwähnt, dürften die Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem GCC einerseits und Syrien und Ägypten andererseits sich verstärken. Syrien und Ägypten werden voraussichtlich in begrenztem Umfang private Investitionen aus den Golfstaaten anziehen und verstärkt Agrarprodukte und industriell gefertigte Konsumwaren in den GCC exportieren können. Dies alles bedeutet viel weniger als eine Koordination der Entwicklungsplanung oder gar eine wirtschaftliche Integration. So zeigten die GCC-Staaten, die sich im März 1991 mit Ägypten und Syrien zu einem sicherheits-und wirtschaftspolitischen Bündnis zusammengeschlossen hatten, ihren neuen Partnern sehr bald, wo die Grenzen der vereinbarten wirtschaftlichen Kooperation liegen. Nicht nur gingen ägyptische Bauunternehmen bei der Verteilung der Aufträge zum Wiederaufbau Kuwaits weitgehend leer aus, die GCC-Außenministermachten auch deutlich, daß sie eine Beteiligung des IWF und der Weltbank an der Verwaltung ihres neuen, vor allem zur Unterstützung Ägyptens und Syriens eingerichteten Entwicklungsfonds wünschen. Dies wurde damit begründet, daß man sich von der Mitwirkung internationaler Finanzorganisationen eine bessere Zahlungsmoral der „arabischen Brüder“ verspreche -sehr zum Ärger in Ägypten, das sich zu jener Zeit in der Schlußphase harter Verhandlungen mit dem IWF befand 2. Politische Struktur und Entwicklungschancen Letztlich, gerade nach dem Golfkrieg und angesichts des notwendigen Wiederaufbaus Kuwaits und Iraks, ist eine mehr als nur symbolische regionale Kooperation für die Entwicklung der arabischen Welt unverzichtbar und zwar auf gesamt-arabischer wie auf subregionaler Ebene und auch mit Randstaaten der Region wie der Türkei, Iran und auf lange Sicht Israel. Ob und wann die arabischen Staaten in dieser Hinsicht Fortschritte machen, hängt eng mit ihrer politischen Struktur zusammen. Das gilt ebenso für andere entwicklungsrelevante Fragen: ob etwa in den einzelstaatlichen Entwicklungsstrategien die Fehler der siebziger und achtziger Jahre vermieden werden, ob die Lasten der in fast allen Staaten notwendigen Strukturanpassung gerecht verteilt oder nur den gesellschaftlich Schwachen aufgebürdet werden, und welche Rolle die Privatwirtschaft, deren Bedeutung im Zuge wirtschaftlicher Liberalisierung in allen arabischen Staaten wächst, spielen wird -eine produktive, entwicklungsfördemde oder die einer geschützten und alimentierten Klientel der politischen Führungen.
Fast alle nahöstlichen Regime sind autoritär regiert, die meisten stützen sich, mehr oder weniger, auf Armee und Polizei, die Menschenrechtssituation in der Mehrheit der Staaten ist beunruhigend. Dies gilt für Monarchien vom Schlage Saudi-Arabiens oder Marokkos nicht anders als für republikanische Systeme wie das syrische, das libysche oder -ganz offensichtlich -das irakische. Diese autoritäre, repressive Herrschaft begünstigt Korruption, schafft Rechtsunsicherheit, schränkt grenzüberschreitende Kontakte ein, treibt kritische Geister außer Landes und erleichtert die Ein-flußnahme potenter inländischer oder ausländischer Interessen auf politische Entscheidungen. Die starke Stellung des Militärs und der Sicherheitskräfte sichert diesen politische und ökonomische Privilegien und behindert -in der Regel -die Suche nach friedlichen Lösungen für innere und äußere Konflikte. Der Ausschluß der Bevölkerung von Entscheidungsprozessen determiniert Inhalte und Erfolg von Entwicklungsstrategien; er begünstigt politische Entscheidungen, die den engen Interessen der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Eliten entsprechen, und er behindert die Entfaltung von Initiative und Verantwortungsbewußtsein.
In der arabischen akademischen Debatte ist seit einigen Jahren, nicht zuletzt mit den osteuropäischen Veränderungen, aber auch im Zusammenhang einer der eigenen Erfahrung entstammenden Kritik des Nasserismus und Baathismus, mehr und mehr betont worden, daß Entwicklung Demokratie und den Abbau autoritärer Herrschaft verlangt. Gleichzeitig sind in einer Reihe arabischer Staaten Basisbewegungen entstanden, die -den jeweiligen Bedingungen entsprechend -unter mehr oder weniger lautem Protest Demokratie und Menschenrechte eingefordert haben. Zum Teil geschah dies erfolgreich. Sowohl der jordanische König wie das seinem Anspruch nach sozialistische Einparteienregime in Algerien wurden 1989 bzw. 1990 gezwungen, freie Wahlen durchführen zu lassen und den Spielraum oppositioneller Bewegungen spürbar zu erweitern. Daß bei den jordanischen Parlamentswahlen und den algerischen Kommunalwahlen, die für Jordanien seit 1956 und für Algerien überhaupt die ersten freien Wahlen darstellten, religiös-konservative Elemente den größten Erfolg erzielten löste bei vielen westlichen Beobachtern Besorgnisse aus, entsprach aber tendenziell den Erscheinungen in Osteuropa bei den ersten Wahlen nach dem Zusammenbruch der dortigen Einparteienregime. Auch in anderen Staaten der arabischen Welt zeigten sich vorsichtige Anzeichen einer Demokratisierung. So hat die Vereinigung der beiden Jemen im Mai 1990 offensichtlich eine erhebliche Erweiterung politischer Freiheitsrechte bewirkt Ägypten weist eine zunehmend selbstbewußte Opposition, eine politisch unabhängige Justiz und eine vergleichsweise pluralistische Presselandschaft auf und auch die palästinensische Intifada ist eine tendenziell demokratische Angelegenheit, weil sie Selbstvertrauen und Selbstorganisation der Menschen an die Stelle blinden Vertrauens in die Kraft arabischer Armeen oder Führer setzt
Golfkrise und -krieg bedeuteten einen Rückschlag für die arabische Demokratiebewegung. Während des Krieges wurde die politische Debatte zum Teil um Jahre zurückgeworfen die meisten Regime gingen im Schatten der Krise gegen ihre innere Opposition vor, das irakische Regime überlebte und das im Innern weitgehend diskreditierte kuwaitische konnte sich mit internationaler Hilfe erneut etablieren. Ob die Chancen für Frieden, Demokratie und Entwicklung nach Ende des jüngsten Golfkriegs besser stehen als vorher, ist zweifelhaft. Die vorrangige Diskussion um Sicherheitsstrukturen zur Stabilisierung delegitimierter Regime und die Planung gewaltiger neuer Aufrüstungsprogramme für die Region dient diesen Zielen nicht. Andererseits hat die Katastrophe des Golfkriegs der arabischen Öffentlichkeit in aller Deutlichkeit bewiesen, wie unfähig zu einer eigenständigen Lösung, wie abhängig also die gegenwärtigen arabischen Führer sind, und sie hat eine neue Demokratiedebatte ausgelöst, der sich auch die herrschenden Regime nicht völlig entziehen können. Beides mag dazu beitragen, notwendige politische Strukturveränderungen zu beschleunigen.