Das freie Mandat gehört zum Kernbestand des Staats-und Verfassungsverständnisses der Bundesrepublik Deutschland. Das Bonner Regierungssystem ist konzipiert als freiheitliche parlamentarische Demokratie. Können die Abgeordneten aber wirklich frei entscheiden? Oder liegt, wie immer wieder behauptet wurde und nach wie vor behauptet wird, die eigentliche Macht im „Parteienstaat“ bei den Parteien und Fraktionen?
In der bisherigen Diskussion der Lehre vom „Parteienstaat“ standen die Parteien im Vordergrund obgleich es sich in der Sache auch um eine Lehre vom -analog formuliert -„Fraktionenstaat“ handelt. Wenn die These von der Übermacht der Fraktionen zuträfe, dann wäre das freie Mandat eine Illusion. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich deshalb auf den Fraktionsteil der Parteienstaatslehre. Diese Eingrenzung ermöglicht es, den bisher weitgehend vernachlässigten, für die sachgerechte Analyse der Ohnmachtsthese jedoch unverzichtbaren Sachverhalt spezifisch politischer Führung mit einzubeziehen.
I. Die beiden Hauptvarianten der Ohnmachtsthese
1. Leibholz: Resignative Bejahung des „Parteienstaates“
Aus liberaler Sicht hat niemand die These von der Ohnmacht des einzelnen Abgeordneten gegenüber seiner Fraktion und Partei so wirksam und über einen so langen Zeitraum -bereits seit den fünfziger Jahren -vertreten wie der langjährige Bundesverfassungsrichter Gerhard Leibholz. Leibholz gilt gewöhnlich als Autor der sogenannten Parteienstaatstheorie. Diese „Theorie“ -ein Konglomerat unterschiedlicher Thesen -betrifft im Kern den Strukturwandel parlamentarischer Regierungssysteme vom 19. zum 20. Jahrhundert und die mit diesem Wandel verbundene radikale Änderung in der Stellung des einzelnen Abgeordneten. Insoweit kann Leibholz’ Parteienstaatslehre wie folgt zusammengefaßt werden.
Nach Leibholz gibt es zwei gegensätzliche „Struktur-Typen“ parlamentarischen Regierens: zum einen den „liberal-demokratischen, repräsentativen Parlamentarismus“, zum anderen den „Parteienstaat“. Der „repräsentative Parlamentarismus“ war im 19. Jahrhundert in denjenigen Ländern verwirklicht, in denen sich die „liberale Demokratie“ gegen die Monarchie durchsetzen konnte. Leib-holz spricht deshalb auch vom 19. Jahrhundert als dem „klassisch-liberalen Zeitalter“ Im 20. Jahrhundert dagegen wurde der „repräsentative Parlamentarismus“ in sein Gegenteil verkehrt: den „Parteienstaat“. Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Typen?
Allein im „repräsentativen Parlamentarismus“ ist der einzelne Abgeordnete wirklich Repräsentant (Volksvertreter). Nur hier kann er im Plenum „in Freiheit unter Einsatz seiner Persönlichkeit seine politischen Entscheidungen“ treffen also stets gemäß seiner persönlichen Auffassung votieren. Diese Möglichkeit der freien Entscheidung im Plenum -unabhängig von Parteien und Fraktionen -hat der Abgeordnete im „Parteienstaat“ verloren. Hier ist zunächst auf die doppelte Bedeutung des Parteienstaatsbegriffes hinzuweisen. Einige Unklarheiten in der neueren politik-und rechtswissenschaftlichen Diskussion ergeben sich daraus, daß nicht differenziert wird zwischen der landläufigen oder unspezifischen Bedeutung einerseits, der spezifisch Leibholz’schen Variante des Parteienstaatsbegriffes andererseits.
In der unspezifischen, heute vorherrschenden Bedeutung zielt der Begriff lediglich auf die faktische Schlüsselstellung der Parteien (und Fraktionen) im politischen Prozeß, also auf die Tatsache, daß sowohl Sach-als auch Personalentscheidungen im Bereich von Parlament und Regierung ausschließlich über Parteien und Fraktionen durchgesetzt werden können. In diesem Sinne sind die Parteien und Fraktionen in der Tat die Machtzentren. Leib-holz’ Parteienstaatsbegriff enthält zum einen diese heute vorherrschende Komponente, also die faktische Schlüsselstellung der Parteien (und Fraktionen). So definiert er „parteienstaatliche Demokratie“ als „Demokratie, die auf den Parteien als den politischen Handlungseinheiten aufgebaut ist und in ihnen die unentbehrlichen Bestandteile des politischen Integrationsprozesses erblickt“ Die Charakterisierung der Bundesrepublik als Parteien-staat in diesem unspezifischen Sinne wird heute -im Gegensatz zu den fünfziger Jahren -nicht mehr bestritten. Sie ist offensichtlich zutreffend.
Ganz anders dagegen die spezifisch Leibholz'sche Bedeutung. Hier meint „Parteienstaat“ nicht nur die faktische Schlüsselstellung der Parteien und Fraktionen, sondern zusätzlich und vor allem die Ohnmacht des einzelnen Abgeordneten gegenüber Fraktion und Partei. „Parteienstaat“ ist bei Leib-holz der gedanklich ins Extrem gesteigerte Gegen-typ zum „repräsentativen Parlamentarismus“. In dieser Leibholz’schen Variante des „Parteienstaates“ hat der einzelne Abgeordnete seine Repräsentantenqualität verloren; er ist „grundsätzlich fremdem Willen unterworfen“, nur noch „organisatorisch-technisches Zwischenglied“ zwischen „Parteien und Fraktionen“ einerseits und den Parlamentsbeschlüssen andererseits: „Gesehen unter dem Blickpunkt einer logisch zu Ende gedachten parteienstaatlichen Demokratie können nämlich tatsächlich die Parteien den Anspruch erheben, sich auch gegenüber ihren eigenen Mitgliedern durchzusetzen. In einer solchen Demokratie erscheint nämlich der Abgeordnete als grundsätzlich fremdem Willen unterworfen und kann er nicht mehr als Repräsentant, der in Freiheit unter Einsatz seiner Persönlichkeit seine politischen Entscheidungen fällt, angesprochen werden. In dieser Demokratie fehlt dem Abgeordneten im Grunde genommen die letzte Legitimität, eine von den Parteien und Fraktionen abweichende Linie in Fragen von politischer Wichtigkeit zu verfolgen. In ihr sind nicht die Abgeordneten, sondern die Parteien in ihren Entschließungen frei und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Letztlich wird so der Abgeordnete in dem modernen Parteien-staat zu einem organisatorisch-technischen Zwischenglied.“
Bei Leibholz gibt es kein Rezept gegen die von ihm behauptete Entmündigung des einzelnen Abgeordneten durch Partei und Fraktion. Mit dem Wandel zum modernen „Parteienstaat“ haben wir uns offenbar abzufinden, er ist unausweichlich. Während dieser Autor den Niedergang des „repräsentativen Parlamentarismus“ von Anfang an in einer Art Resignation akzeptiert -so schon in dem 1952 veröffentlichten Vortrag „Der Strukturwandel der modernen Demokratie“ -, stemmt sich Hildegard Hamm-Brücher vehement gegen diese Entwicklung. 2. Zurück zum Parlamentarischen Rat Während Leibholz für den „repräsentativen Parlamentarismus“ keine Realisierungsmöglichkeit mehr sieht, will Hildegard Hamm-Brücher zu ihm zurückkehren, genauer: zur entsprechenden Intention des Parlamentarischen Rates. Mit diesem Bestreben ist sie keineswegs die erste gewesen. Zahllose Politiker und Wissenschaftler aus allen politischen Lagern verfolgten und verfolgen diese Absicht Aber niemand hat sich seit den achtziger Jahren so engagiert und in so zahlreichen Veröffentlichungen dafür eingesetzt wie Frau Hamm-Brücher.
Die Vorgeschichte der Hamm-Brücher-Initiative reicht zurück bis zur Bonner „Wende“ von 1982. Im Zusammenhang mit dem Wechsel von der sozialliberalen zur christliberalen Koalition hatte Hamm-Brücher ihr Ministeramt verloren. Im Bundestag widmete sie sich intensiv dem Thema Bundestagsreform. 1984 gründete sie die überfraktio-nelle „Initiative Parlamentsreform“ Die Forderungen dieser Initiative können zu zwei Schwerpunkten zusammengefaßt werden. Erstens: Stärkung der Stellung des einzelnen Abgeordneten gegenüber Fraktion und Partei im Sinne des „repräsentativen Parlamentarismus“. Zweitens: Stär-» kung der Stellung des Bundestages gegenüber der Bundesregierung. Auch wenn beide Punkte eng Zusammenhängen, so kann doch im Rahmen dieses Beitrages allein die Problematik des einzelnen Abgeordneten erörtert werden. Ähnlich wie Leibholz entwickelt auch Hamm-Brücher ihre These von der Ohnmacht des einzelnen Abgeordneten gegenüber Fraktion und Partei in historischer Perspektive; die Ohnmacht sei die Folge des radikalen Wandels in der Stellung des Volksvertreters, der sich im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert vollzogen habe. „In dem Maße, in dem im Laufe der Jahrzehnte die Stellung der Fraktionen als Schaltstellen und damit als Machtzentren des parlamentarischen Geschehens gestärkt“ wurde, hätten die „Wirkungsmöglichkeiten des einzelnen Abgeordneten und seine persönliche Mitverantwortung abgenommen“
In einem Grundsatzartikel zum Verhältnis von Abgeordnetem und Fraktion spricht Hamm-Brücher vom „Verlust der Eigenständigkeit der Abgeordneten“. Als „Fazit“ stellt sie fest, „daß das alltägliche parlamentarische Geschehen fast ausschließlich von den Fraktionen geprägt wird und dieser Umstand überwiegend abträgliche Folgen bewirkt. So konstitutiv und vielfältig die Rechte des Abgeordneten nach dem Grundgesetz sein mögen..., so deutlich manifestiert sich seine tatsächliche Ohnmacht -verglichen mit der Macht der Fraktionen und ihrer Apparate sowie den diese letztlich prägenden politischen Parteien.“
Die Ohnmacht des Abgeordneten, die von den Fraktionen bewirkte „Ent-Persönlichung des Mandats des einzelnen“, zeigt sich nach Hamm-Brücher in den Plenarsitzungen des Bundestages. Die Macht der Fraktionen und Parteien habe zur „Minimalisierung" der „parlamentarischen Wirkungsmöglichkeiten“ des Abgeordneten geführt In der Sache ist dasselbe gemeint, was Leibholz als die Beseitigung der Repräsentantenqualität des Abgeordneten beschreibt. Dies ergibt sich aus der Kritik an der von den Fraktionen geprägten Plenarpraxis.
Die Autorin konstatiert eine Verschlechterung des „Erscheinungsbildes der repräsentativen Demokratie, wie es sich im Debattenstil offenbart“, und fährt dann fort: „Der rüder werdende Redestil und der Schau-Charakter der Auseinandersetzungen tun ein übriges. Dies alles wird dann noch -via Fernsehen -samt der gähnenden Leere des Plenarsaales in den Wohnstuben der Nation vorgeführt. Der Bürger weiß: An vorgefaßten Entscheidungen ändert keine noch so heftige Debatte etwas. So degeneriert diese zur Proklamation und zum Schlagabtausch.“
Hamm-Brücher strebt im wesentlichen das an, was Leibholz als „repräsentativen Parlamentarismus“ im „klassisch-liberalen Zeitalter“ verabschiedet hat: eben jenen „repräsentativen Parlamentarismus“ als vermeintlich allein ein freies Mandat ermöglichenden Grundtyp parlamentarischer Demokratie.
Aus der Kritik an den „vorgefaßten Entscheidungen“ ergibt sich, daß die Entscheidungen nach Hamm-Brücher nicht schon vor den Plenarsitzungen getroffen werden sollen (in der Praxis ist dies bekanntlich der Regelfall), sondern erst im Plenum, und zwar aufgrund der jeweils vorangegangenen Debatte. Die Diskussion soll nicht zu bloßer „Proklamation“, zum bloßen „Schlagabtausch“ „degenerieren“, sondern wirkliche Beratung sein. Dieser Begriff wird hier im klassischen, im allgemeinen Sprachgebrauch bis heute üblichen Sinne verwendet, wie er zum Beispiel in der Redewendung „Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück“ zum Ausdruck kommt. In diesem Sinne bedeutet „Beratung“: Alle Gesprächsteilnehmer bemühen sich gemeinsam um die jeweils zweckmäßigste, beste und gerechteste Problemlösung, unabhängig von ihrer Fraktions-und Parteizugehörigkeit. Wenn eine Plenardebatte wirklich Beratung wäre, dann würden die Abgeordneten nicht „zum Fen- ster hinaus“ reden, wie ein weiterer, aus klassisch-altliberaler Sicht gerechtfertigter Kritikpunkt lautet; vielmehr würde jeder Abgeordnete individuell versuchen, seine Kollegen von der eigenen Auffassung zu überzeugen, wobei er zugleich uneingeschränkt bereit wäre, seine eigene Auffassung zu ändern, wenn andere Abgeordnete überzeugendere Argumente vortragen.
Daß die Praxis nicht dieser klassisch-altliberalen Vorstellung entspricht, ist offenkundig. Plenarsitzungen des Bundestages sind nicht Versammlungen miteinander beratender einzelner, die sich endgültig erst am Ende einer Debatte entscheiden, unter dem Eindruck der ausgetauschten Argumente. Im Plenarsaal findet in der Regel nicht Beratung statt, sondern politischer Kampf, und zwar ein „Mannschaftskampf“: Faktisch ist der Plenarsaal die Arena der Fraktionen bzw. Parteien. Zwar steht immer nur ein Abgeordneter am Rednerpult. Aber meistens -insbesondere beim üblichen „Schlagabtausch“ -sprechen die Abgeordneten in erster Linie nicht für sich selbst, sondern für ihre Fraktion und Partei; sie treten als Sprecher ihrer Gruppe auf, die nach außen eine gemeinsame Linie vertritt (Phänomen der Geschlossenheit, Fraktionsdisziplin).
Diese, dem „repräsentativen Parlamentarismus“ diametral zuwiderlaufende Plenarpraxis kann -wenn man allein hierauf fixiert ist -durchaus zu dem Eindruck führen, daß „die Fraktionen“ bzw. „die Parteien“ die Szene beherrschen, zu Lasten der einzelnen Abgeordneten. So tritt Hamm-Brücher engagiert für die „Erfüllung“ des „Verfassungsauftrages [gemäß Art. 38 I GG] im parlamentarischen Geschehen“ ein, und zwar durch Rückkehr zur Intention des Parlamentarischen Rates.
In ihrer zuerst 1983 erschienenen „Streitschrift für mehr Freiheit“ hatte Hamm-Brücher die Entstehung des Art. 38 I 1 GG analysiert Wie sich sowohl aus den Protokollen des Parlamentarischen Rates als auch den verschiedenen Formulierungsentwürfen des heutigen Art. 38 GG ergibt, hatte mindestens ein erheblicher Teil der Ratsmitglieder diese Grundgesetznorm im klassisch-altliberalen Sinne intendiert Am deutlichsten kommt dies in der sogenannten Langfassung des Art. 38 GG von 1948 zum Ausdruck: „Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes. Jeder Abgeordnete folgt bei Reden, Handlungen, Abstimmungen und Wahlen seiner Überzeugung und seinem Gewissen.“ Im Zuge der Überarbeitung wurde hieraus die kürzere Fassung von 1949, die bis heute gilt: Die Abgeordneten „sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. In der Sache war 1949 dasselbe gemeint wie 1948. Hierauf beruft sich Hamm-Brücher. Wenn sie die Erfüllung des „Verfassungsauftrages“ des Grundgesetzes fordert, für „mehr Freiheit“ und „gewissenhafte“ Politik eintritt, dann ist damit gemeint, daß die Abgeordneten im Plenum als einzelne beraten und entscheiden sollten, ohne Rücksicht auf eine „Fraktions-und Parteiraison“ Verfassungspolitisch besteht deshalb die folgende Alternative. Entweder: Der Abgeordnete erfüllt seinen „Verfassungsauftrag“, d. h. er ist „Vertreter des ganzen Volkes“ und handelt im Plenum „eigenverantwortlich“ -Oder: Der Abgeordnete ist „Vertreter seiner Partei“, lediglich „auftrags-und weisungsgebundener Mandatsträger“, also bloßer Befehls-empfänger von Fraktion und Partei. Da die Bonner Praxis in der Sichtweise von Hamm-Brücher weitgehend der zweiten Alternative entspricht, der „Verfassungsauftrag“ des Abgeordneten durch die „Fraktionsdisziplin bereits im Ansatz unterdrückt wird und verkümmert“, komme es folglich darauf an, jenen ursprünglichen „Verfassungauftrag“ endlich zu verwirklichen.
Diese Zielvorstellung kann hier nicht diskutiert werden. Hier geht es allein um ihre faktische Grundlage: die behauptete Ohnmacht des einzelnen Abgeordneten gegenüber seiner Fraktion. Trifft es zu, daß -in den Worten von Leibholz -die Bundestagsabgeordneten „grundsätzlich fremdem Willen unterworfen“ sind, daß sie ihre „Eigenständigkeit“ verloren haben, nur noch ein „organisatorisch-technisches Zwischenglied“ zwischen Fraktion bzw. Partei einerseits und den Parlamentsbeschlüssen andererseits darstellen? Ist es -in den Worten von Hamm-Brücher -adäquat, von einer „Ent-Persönlichung“ des freien Mandates durch die Fraktionen, der „tatsächlichen Ohnmacht“ der Abgeordneten zu sprechen?
II. Macht der Fraktionen, Ohnmacht der Abgeordneten?
1. Macht der Fraktionen?
Zweifellos haben die Fraktionen sehr viel Macht, mehr noch: sie haben ein Machtmonopol. Wenn man dies feststellt, dann muß aber auch -um Mißverständnisse zu vermeiden -genauer gesagt werden, was mit „Macht“ gemeint ist.
Das Machtmonopol der Fraktionen bezieht sich auf die Parlamentsbeschlüsse, und zwar sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht. Ursprünglich und grundsätzlich ist es faktischer, nicht rechtlicher Natur. (Es ist deshalb konsequent, daß die Fraktionen nicht im Grundgesetz erwähnt werden.) Rechtlich beruhen die Bundestagsbeschlüsse auf den Entscheidungen der einzelnen Abgeordneten; dies kann und darf auch gar nicht anders sein. Die Frage der Beschlußfähigkeit des Bundestages zum Beispiel orientiert sich nicht an der Zahl der anwesenden Fraktionen, sondern an der Zahl der anwesenden Abgeordneten. Faktisch ist es für den einzelnen Abgeordneten praktisch unmöglich, einen Parlamentsbeschluß gemäß seinen eigenen politischen Zielen zu erreichen, wenn es ihm nicht gelingt, die Zustimmung einer oder mehrerer Fraktionen zu gewinnen. In diesem Sinne „beherrschen“ die Fraktionen die Willensbildung des Bundestages. Versteht man den Machtbegriff im Sinne von Beschlußmacht, dann haben die Fraktionen -genauer: die jeweilige(n) Mehrheitsfraktion(en) -in der Tat ein Machtmonopol.
Gegen die These von der Macht der Fraktionen wird öfters auf die „Macht der Nebenmächte“ hingewiesen, insbesondere die Macht der Interessenverbände und der Massenmedien. Dieser Einwand ist lediglich insoweit zutreffend, als er auf den Einfluß oder jedenfalls die Einflußmöglichkeiten der Medien und Verbände zielt. Er ist unzutreffend, wenn Macht im Sinne von Beschlußmacht gemeint ist. Tatsache ist, daß -abgesehen von der Mitwirkungsmöglichkeit des Bundesrates gemäß Art. 50 GG -die oberste Beschlußkompetenz hinsichtlich der Gesetzgebung sowie der Besetzung des obersten Regierungsamtes beim Bundestag liegt, also faktisch bei den Fraktionen Verbände oder Medien mögen einen bestimmten Gesetzentwurf oder die für das Amt des Bundes-kanzlers vorgesehene Person noch so sehr ablehnen und bekämpfen -verhindern können ihn oder sie allein die jeweiligen Mehrheitsfraktionen. In diesem Sinne verfügen sie faktisch über eine Schlüsselstellung im politischen Prozeß. 2. Wer ist „die Fraktion“?
Glaubt man den Vertretern der Ohnmachtsthese, dann haben die Abgeordneten im Zusammenhang mit dem Strukturwandel parlamentarischer Regierungssysteme im 19. und 20. Jahrhundert ihre Macht an „die Fraktionen“ verloren. Autoren wie Leibholz oder Hamm-Brücher erwecken den Eindruck einer Alternative: die Macht liege entweder bei den Abgeordneten oder bei den Fraktionen. Ist diese Alternative aber wirklich sachgerecht? Ist die Macht „der Fraktion“ -ihre faktische Schlüsselstellung im politischen Prozeß -quasi automatisch gleichbedeutend mit der Ohnmacht der Abgeordneten?
Wer oder was ist „die Fraktion“? Für die Vertreter der Ohnmachtsthese stellen die Fraktionen eine Art Black Box dar, deren Inhalt nicht interessiert -obgleich hier der Schlüssel zur Analyse des Machtverhältnisses zwischen Abgeordnetem und Fraktion liegt. Was also ist eine Fraktion?
Wenn behauptet wird, daß der einzelne Abgeordnete „grundsätzlich fremdem Willen unterworfen“ sei, dann wird damit der Eindruck erweckt, daß die Fraktion dem Abgeordneten als etwas prinzipiell anderes gegenüberstehe. Tatsächlich jedoch ist der Abgeordnete selbst Teil der Fraktion; sie besteht aus diesem Abgeordneten selbst und seinen Fraktionskollegen. Grundsätzlich ist eine Fraktion nichts anderes als eine Aktionsgemeinschaft derjenigen Abgeordneten, die derselben Partei angehören, also ein Zusammenschluß von grundsätzlich Gleichberechtigten und Gleichverpflichteten. Die kritische Analyse der Ohnmachtsthese führt deshalb zu der Frage: Ist es wirklich zutreffend, daß der einzelne Abgeordnete der Aktionsgemeinschaft, der er selbst angehört, ohnmächtig gegenübersteht?
An dieser Stelle ist es nicht möglich, auf die innerfraktionelle Willensbildung näher einzugehen. Ich befasse mich deshalb sofort mit dem wichtigsten Punkt: Oberstes Beschlußgremium einer Fraktion ist ihre Vollversammlung, also die Versammlung aller Abgeordneten, die der Fraktion angehören. In der Fraktionsversammlung hat jeder Abgeord-nete grundsätzlich -abgesehen von marginalen Sonderrechten vor allem des Vorsitzenden, auf die gleich zurückzukommen sein wird -die gleichen Rechte. Besonders wichtig ist dies im Blick auf Abstimmungen über die Politik der Fraktion sowie bei Wahlen, insbesondere des Fraktionsvorstandes. Bei Abstimmungen und Wahlen hat jeder Abgeordnete eine Stimme, der Vorsitzende ebenso wie die sogenannten „Hinterbänkler“. Grundsätzlich kann deshalb überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß die Willensbildung einer Fraktion egalitär ist, also mit prinzipiell gleichen Rechten für alle. Der einzelne Abgeordnete steht nicht „der Fraktion“ gegenüber, im Sinne einer anonymen Black Box, sondern seinen Fraktionskollegen. Andererseits ist aber auch klar, daß es hinsichtlich der Machtstellung erhebliche Unterschiede gibt. Man kennt „Wortführer“ und „Hinterbänkler“; einige Abgeordnete sind einflußreicher als andere. Worauf beruhen diese Unterschiede? Was ergibt sich aus ihnen für die Beurteilung der Ohnmachtsthese? 3. Spezialisierung -Unterschiede in der politischen Konstitution Verständlich ist es, wenn Abgeordnete über die relative Ohnmacht klagen, die auf Spezialisierung und Arbeitsteilung in der Fraktion beruht. Gleichwohl gibt es keine praktikable Alternative. Nicht nur Politiker kennen die Frustrationen, die sich daraus ergeben, daß Spezialisierung auf einem Gebiet mit Inkompetenz auf fast allen anderen verbunden ist. Spezialisierung als Sachzwang resultiert aus der Fülle der gleichzeitig zu bewältigenden Probleme einerseits, der Begrenztheit von Leistungsfähigkeit und Ressourcen andererseits. Fraktionen sind deshalb in Spezialistenteams organisiert (Arbeitskreise, Arbeitsgruppen), die die Entscheidungen der Gesamtfraktion vorbereiten. Dies hat zur Folge, daß der relativen Einflußlosigkeit jedes Spezialisten auf den meisten Fachgebieten vergleichsweise sehr große Einflußmöglichkeiten auf dem eigenen Gebiet gegenüberstehen, da die Anzahl der Beteiligten in den jeweiligen Teams nur einen Bruchteil der Gesamtfraktion ausmacht. In dieser Perspektive stellt eine Fraktion eine Aktionsgemeinschaft von Spezialisten dar, sozusagen einen Spezialistenverein auf Gegenseitigkeit.
Demokratietheoretisch problematischer sind die Modifikationen egalitärer Willensbildung, die sich aus den persönlichen Unterschieden der Abgeordneten ergeben. Als Faktum der unterschiedlichen politischen Konstitution bezeichne ich den Sachverhalt, daß die politischen Akteure sowohl in körperlicher als auch in geistiger und seelischer Hinsicht unterschiedlich leistungsfähig sind. Die Abgeordneten sind unterschiedlich begabt, unterschiedlich erzogen, unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Der eine ist rhetorisch brillant, dem anderen fällt es schwer, frei zu sprechen; dem einen gelingt es, die wesentlichen Fakten und Probleme einer umfangreichen Akte in einer halben Stunde zu erfassen, während ein anderer hierfür drei Stunden benötigt: All dies und einiges mehr trägt zur Modifikation der grundsätzlich gleichen Willensbildung bei. 4. Vorstände -Politische Führung Die Vertreter der Ohnmachtsthese sprechen gelegentlich nicht von der Übermacht „der Fraktionen“, sondern von der Übermacht der Fraktionsvorstände. Wird die grundsätzlich egalitäre Willensbildung in den Fraktionen zunichte gemacht durch die Vorstände?
Der Fraktionsvorstand hat in der Tat Vorrechte gegenüber den übrigen Mitgliedern. Ein einfaches Beispiel: Der Vorstand entscheidet über die Tagesordnung, die der Fraktionsversammlung vorgelegt wird. Für die Behandlung einer Sachfrage kann es durchaus von Bedeutung sein, ob sie am Anfang oder am Ende der Tagesordnung steht oder zunächst überhaupt nicht auf die Tagesordnung gesetzt wird. Aber, und dies gilt grundsätzlich für alle derartigen Vorrechte des Vorstandes: Die Fraktionsversammlung muß die vorgeschlagene Tagesordnung keineswegs akzeptieren. In jeder demokratischen Versammlung steht vor Eintritt in die Tagesordnung diese selbst zur Abstimmung. Auch hier gilt: Die oberste Beschlußkompetenz liegt nicht beim Fraktionsvorstand, sondern bei der Fraktionsversammlung. Diese kann die Tagesordnung nach ihren Wünschen umstellen, erweitern oder kürzen. Auch wenn derartige Änderungen dem Fraktionsvorsitzenden als Versammlungsleiter nicht passen mögen: Es wäre unvorstellbar, daß er die Umsetzung der von der Fraktionsversammlung beschlossenen Änderungen verweigern würde.
Wie steht es nun mit der Macht des Vorstandes in Sachfragen? Zeigt sie sich nicht darin, daß die Versammlung meistens den Vorschlägen des Vorstandes zustimmt? Eine derartige Schlußfolgerung beruht auf einem Irrtum, einer optischen Täuschung. Ich begründe dies im folgenden allein im Blick auf die Person des oder der Vorsitzenden der Fraktion. Der Gesamtvorstand setzt sich in der Regel aus Vertretern der unterschiedlichen, fraktionsintern miteinander konkurrierenden „Flügel“ oder Strömungen zusammen. Diese gemischte Zusammensetzung des Vorstandes -praktisch eine Art personell institutionalisierter Kompromiß -zu berücksichtigen würde eine sehr viel ausführlichere Analyse erfordern, ohne daß sich dadurch das Ergebnis wesentlich ändern würde.
Warum stimmt eine Fraktionsversammlung meistens den Vorschlägen des Vorsitzenden zu? Dieser Sachverhalt beruht im wesentlichen auf zwei Gründen: (1) persönliches Ansehen des Vorsitzenden; (2) politische Führung. Der Vorsitzende kann erstens über ein besonderes Ansehen verfügen. Abgeordnete, die sich zu der jeweiligen Sachfrage noch nicht entschieden haben -vielleicht einfach deshalb, weil sie keine Zeit hatten, sich in die Materie einzuarbeiten -, stimmen im Zweifel eher der Auffassung ihres Vorsitzenden zu, wenn dieser über eine besondere, auf Erfahrung und Sachkenntnis beruhende Autorität verfügt.
Hinsichtlich des Phänomens der Führung sind zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einem geht es um die sogenannte geistige Führung. In den siebziger Jahren warf die Opposition dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt Mangel an „geistiger Führung“ vor, in den achtziger Jahren revanchierte sich die inzwischen zur Opposition gewordene SPD mit demselben Vorwurf gegenüber dem 1982 zum Bundeskanzler gewählten Helmut Kohl In diesen Fällen ging und geht es um Führen im Sinne von „beispielhaft vorangehen“, „den Weg zeigen“. Geistige oder sittliche Führung in diesem Sinne ist nicht auf den Bereich der Politik beschränkt.
Der Begriff der politischen Führung dagegen zielt auf die technisch-handwerkliche Seite dessen, was Fraktionsführer (und im wesentlichen ebenso Parteiführer) faktisch tun. Ein Fraktionsvorsitzender, der nicht nur die Geschäfte seiner Fraktion verwaltet, sondern zugleich auch politischer Führer ist, sorgt dafür, daß es zu jedem politischen Problem, mindestens zu den in der allgemeinen Öffentlichkeit umkämpften Streitfragen, in angemessener Zeit zu einer von einer möglichst breiten Mehrheit in der Fraktion getragenen Auffassung kommt. Diese Mehrheitsmeinung, die abschließend in der Vollversammlung der Fraktion festgestellt wird, gilt dann bekanntlich als die Meinung „der“ Fraktion (ebenso wie Mehrheitsbeschlüsse des Bundestages als Beschlüsse „des“ Parlaments, Mehrheitsbeschlüsse eines Parteitages als Beschlüsse „der“ Partei gelten). Voraussetzung hierfür pflegt zu sein, daß es sich um Kompromisse handelt. Nur über Kompromißbildung ist es möglich, eine gemeinsame Auffassung mindestens einer Mehrheit der Fraktion zu erreichen. Konsensbildung via Kompromiß: Das ist aus der Sicht unseres Themas der Kem dessen, was ein Fraktionsvorsitzender als politischer Führer tut. „Ein Fraktionsvorsitzender muß“, so sinngemäß Johannes Rau (damals selbst Fraktionsführer) in einem Vortrag Anfang der siebziger Jahre, „über dreierlei Qualitäten zugleich verfügen: die eines Rechtsanwaltes, eines Dompteurs und eines Psychotherapeuten“
Durch politische Führung wird ein Vorsitzender fraktionsintern zum Repräsentanten der ihn jeweils unterstützenden Mehrheit. Nach außen dagegen repräsentiert er „die“ Fraktion. Wenn es also scheinbar so aussieht, als ob der Vorsitzende in der Fraktionsversammlung über besondere Macht, über eine unangreifbare Vormachtstellung verfügt, so handelt es sich tatsächlich um das Ergebnis politischer Führung. Der -wenn der Vorsitzende erfolgreich war -Mehrheitsbeschluß in der Versammlung gemäß seinem Vorschlag dokumentiert fraktionsöffentlich das Ergebnis seiner Gespräche und Verhandlungen, die er in den Tagen oder Wochen vor der Versammlung vertraulich mit einzelnen Kollegen oder Gruppen von Kollegen geführt hat
Die spezifisch politische Macht des Vorsitzenden kann verstärkt werden durch eine Art Mitläufereffekt. Der Abgeordnete, dem es um die Verwirklichung seiner Sachziele geht, muß daran interessiert sein, eher zur Mehrheit als zur Minderheit seiner Fraktion zu gehören, da dies bessere Einflußmöglichkeiten bedeutet. Die Abgeordneten sehen durchaus, ob ihr Vorsitzender sein Handwerk versteht. Ist dies der Fall, dann ist das ein zusätzlicher Grund, für die jeweilige Mehrheitsmeinung zu votieren und dadurch anzuzeigen, daß man dazugehört. Dieser Mitläufereffekt steigert zwar die Macht des Vorsitzenden, aber eben nur so lange, wie er erfolgreich als Repräsentant der Mehrheit handelt. Der Grundtatbestand bleibt: Oberstes Beschlußgremium ist die Fraktionsversammlung, in der gleiches Stimmrecht für alle besteht.
Scheinbar paradox formuliert: Ein Vorsitzender hat Macht, aber nur so lange, wie er Macht hat. So lange, wie er faktisch als Repräsentant der Mehrheit der Fraktion handelt oder handeln kann, hat er die Willensbildung „der“ Fraktion in der Hand; denn die Fraktionsmehrheit kann über die Beschlüsse der Gesamtfraktion entscheiden. Aber: So, wie eine Fraktionsmehrheit dem Vorsitzenden seine politische, auf Führung und Repräsentation beruhende Macht verliehen hat (formal bei der Wahl des Vorstandes), so kann sie -oder eine anders zusammengesetzte innerfraktionelle „Koalition“ -ihm diese Macht auch jederzeit wieder entziehen. Die Macht eines Vorsitzenden reicht nur so weit wie die Zustimmung „seiner“ Mehrheit. Ein Vorsitzender mag noch so mächtig erscheinen -sein Glanz schwindet schnell, wenn sich die Mehrheitsmeinung der Fraktion gegen ihn wendet.
Wenn also ein Abgeordneter über die Macht oder Übermacht „der Fraktion“ oder des Fraktionsvorsitzenden klagt so ist das eine Darstellungsweise, die zwar geeignet ist, Mitleid mit dem einzelnen zu wecken, die aber den zentralen Sachverhalt verfehlt: daß es dem Abgeordneten nicht gelungen ist, eine Mehrheit seiner Kollegen von der eigenen Auffassung zu überzeugen. Abgeordneter zu sein bedeutet nicht automatisch, sich durchsetzen zu können. Die Wahl in den Bundestag ist keine Garantie für politischen Erfolg. Mißt man den Erfolg daran, inwieweit es einem Abgeordneten gelungen ist, eine Mehrheit für die von ihm vertretenen Ziele zu gewinnen, dann bedeutet die Klage über die Übermacht „der Fraktion“ oder des Fraktionsvorstandes in der Sache das Eingeständnis des eigenen Mißerfolges.
III. Freies Mandat und Mehrheitsprinzip
Der Grundsatz des freien Mandates wird gelegentlich mißverstanden -so als ob behauptet oder gefordert würde, der Abgeordnete könne beliebig schalten und walten Selbstverständlich unterliegt ein Abgeordneter einer ganzen Reihe von Sachzwängen und praktisch unvermeidbaren Bindungen und Regeln. Die hinsichtlich der Freiheit des Abgeordneten im „Parteienstaat“ bedeutendste und auch einschneidendste Regel stellt das Mehrheitsprinzip dar. (Daß dieses Prinzip auch im „repräsentativen Parlamentarismus“ gilt, der Abgeordnete deshalb auch dort „grundsätzlich fremdem Willen unterworfen“ sein kann, wird von Leibholz übersehen.) Die kritische Analyse der Ohnmachtsthese mündet in die grundsätzliche Problematik von Minderheit und Mehrheit in der Demokratie.
So brutal die Auswirkungen des Mehrheitsprinzips aus der Sicht des einzelnen Abgeordneten auch sein mögen -eine vernünftige Alternative ist nicht in Sicht Freiheitliche Demokratie zu bejahen sollte daher konsequenterweise auch bedeuten, daß man die Möglichkeit akzeptiert, keine Mehrheit für die eigene Auffassung gewinnen zu können.
Inwieweit kann sich der einzelne Abgeordnete in der Praxis durchsetzen? Hinsichtlich der Fakten wissen wir nicht viel über das Verhältnis von inner-fraktioneller Minderheit und Mehrheit. Drei Tatsachen jedoch stehen fest. Erstens: Oberstes Beschlußgremium ist die Fraktionsversammlung. Zweitens: Jedes Mitglied der Versammlung hat grundsätzlich die gleichen Rechte. Drittens: Mitglied des Vorstandes zu sein beruht nicht auf unabänderlichen Privilegien, sondern auf freier und geheimer Wahl durch die Fraktionsversammlung.
So kann eigentlich nicht überraschen, was ein Insider mit besonders langer Erfahrung im Bonner Betrieb berichtet: „Fraktionssitzungen sind die freiesten Aussprachen, die es gibt. Wer sich nicht zu Wort meldet oder wer seinen Standpunkt nicht mit Geschick und Hartnäckigkeit vertritt, der wird unterliegen.“