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Die Bundeswehr der neunziger Jahre vor neuen Herausforderungen. Versuch einer Zwischenbilanz | APuZ 18/1991 | bpb.de

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APuZ 18/1991 Das Ende der Nachkriegsordnung Die Neugestaltung Europas. Perspektiven und Handlungsgebote Zur Neukonstellation der Mächte in Europa. Transformation der Bündnisse -Rüstungskontrolle -Sicherheit Die Bundeswehr der neunziger Jahre vor neuen Herausforderungen. Versuch einer Zwischenbilanz

Die Bundeswehr der neunziger Jahre vor neuen Herausforderungen. Versuch einer Zwischenbilanz

Hans-AdolfJacobsen

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Zusammenfassung

Das vereinigte Deutschland steht in den neunziger Jahren vor mannigfachen Herausforderungen angesichts grundlegend veränderter Rahmenbedingungen im internationalen Umfeld und in der Innenpolitik, vor allem in den fünf neuen Bundesländern. Von Deutschland wird von allen Seiten größere Verantwortung für den Weltfrieden erwartet; daher sind zahlreiche neue Aufgaben zu bewältigen. Dies trifft auch für die Bundeswehr zu, die sich in der zweiten Phase ihrer Bewährung und mitten im Umbruch befindet. In der vorliegenden Problemskizze wird versucht, die Rangfolge gegenwärtiger und künftiger Aufgaben deutlich zu machen und die damit möglicherweise verbundenen Konsequenzen aufzuzeigen. Zu den primären Aufgaben zählen jene, die sich aus den normativen Vorgaben ableiten lassen (z. B. kollektive Verteidigung, Politische Bildungsarbeit, Integration von Soldaten aus der ehemaligen NVA, Kollektive Sicherheit und Rüstungskontrolle). Sekundäre Aufgaben sind die, die sich aus bestimmten vereinbarten Verhaltenskodices (KSZE) und politischen Deklarationen (Charta von Paris) im Geiste gutnachbarlicher Beziehungen ergeben. Eine zusätzliche Rolle spielt dabei die Frage, ob es eine „Europäische Option“ für deutsche Streitkräfte im Rahmen eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems geben wird und ob diese verfassungskonform ist. Hinzu kommen subsidiäre Aufgaben, die z. T. so schon in der Vergangenheit wahrgenommen worden sind (Katastrophenhilfe, Tätigkeiten in der Politik und Kommunalpolitik, humanitäre Hilfe und technische Hilfe im Ausland). Einen viel größeren Stellenwert wird in Zukunft der Umweltschutz beanspruchen müssen, zumal die realen Bedrohungen für die Menschen weniger im Militärischen zu sehen sind als im Bereich sozialer Sicherheit und insbesondere der Ökologie. Alle skizzierten Aufgaben werden im Lichte von Kontinuität und Wandel zu sehen und zu bewerten sein. Allerdings können sie nur von Staat, Gesellschaft und dem Militär gemeinsam bewältigt werden, um Friedenssicherung und Friedensgestaltung als Imperativ deutscher Politik sichtbar zu machen.

Europa steht am Wendepunkt seiner Geschichte. Zum ersten Mal hat es eine Chance, stufenweise eine Friedensordnung gleichberechtigter Staaten auf dem Wege des Verhandelns, der Förderung kooperativer Strukturen und sinnvoller Kompromisse -d. h. ohne Gewalt und Hegemoniebestrebungen einzelner Mächte -zu errichten. Ungeachtet zahlreicher noch immer nicht gelöster und zum Teil wieder aufkeimender Konflikte, insbesondere ethnischer Art, besteht die Hoffnung, die verhängnisvolle Spaltung des Kontinents in antagonistische Blöcke und streng abgegrenzte Interessensphären zu überwinden.

Ein bedeutsamer Schritt hierzu war der 3. Oktober 1990. An diesem Tag haben die Deutschen im Einvernehmen mit ihren Partnern und Nachbarn ihre Einheit in Frieden und Freiheit vollendet. Wenige Wochen später haben die europäischen Staaten, die USA und Kanada die „Charta von Paris“ unterzeichnet, mit der ein neues „Zeitalter“ der Demokratie, der Toleranz und des Dialogs eingeleitet werden soll Ob sich die damit verbundenen Hoffnungen und Erwartungen der europäischen Völker allerdings erfüllen werden, wird die Zukunft lehren müssen. Angesichts der Kompli-ziertheit der Welt, wechselseitiger Abhängigkeiten und gefährlicher regionaler Krisenherde sind mögliche Rückschläge nicht ausgeschlossen, zumal auch Unwägbarkeiten in das Kalkül miteinbezogen werden müssen.

Auf jeden Fall haben sich die internationalen Rahmenbedingungen für das Zusammenleben der Menschen seit dem Ende des „Kalten Krieges“ grundlegend gewandelt. Dies ist in erster Linie der Entspannungspolitik (KSZE) und der daraus resultierenden systemöffnenden Kooperation auf der Grundlage gesicherter Verteidigung (Harmel-Bericht 1967) zu verdanken. Sie haben den Umbruch in Osteuropa mit ermöglicht. Entschieden hat diesen aber das „Neue Denken“ von M. Gorbatschow und die „sanfte Revolution“ der Bürgerinnen und Bürger in der ehemaligen DDR. Gleichzeitig haben sich verschiedene innenpolitische Bedingungsfaktoren der europäischen Staaten verändert. Zum Beispiel bleiben alle noch so aufrichtig gemeinten Deklarationen führender Politiker Stückwerk, solange nicht die allzu dominierenden sozio-ökonomischen Asymmetrien zwischen Ost und West abgebaut werden können. Dennoch bleibt ein vereintes und befriedetes Europa als Ziel Anspruch und Verpflichtung zugleich

I. Der Aufbau der Bundeswehr -Zeit der ersten Bewährung

Diese Entwicklung hat auch für die Streitkräfte des vereinten Deutschlands weitreichende Konsequenzen. Die Entstehungsgeschichte der Bundeswehr ist in den letzten Jahren sehr subtil untersucht worden. Bedingungsfaktoren, Initiativen, Verhandlungen und Gründe, die zur Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die NATO geführt haben (1955), sind weithin geklärt, ebenso die " Wehrgesetzgebung, mit deren Hilfe die neuen Streitkräfte organisch in die Verfassungswirklichkeit des demokratischen Staates eingebunden wurden. Primat der Politik, parlamentarische Kontrolle und personelle Auslese des höheren Offizierskorps im Interesse der Demokratie wurden auf diese Weise sichergestellt, ohne die angestrebte Effizienz des militärischen Instruments nennenswert zu schmälern. Mit der Verkündung des Gesetzes vom 21. Juli 1957 wurden die Grundsätze zur Allgemeinen Wehrpflicht der Männer zwischen 18 und 45 Jahren geregelt, die heute wieder -wie in den fünfziger Jahren -zwölf Monate beträgt. Durch das Grundgesetz (Art. 4, 3) wurde außerdem das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen gesichert, um alle diejenigen zu schützen, die den Wehrdienst mit der Waffe prinzipiell verweigern. Die bewaffnete Macht erhielt den Namen „Bundeswehr“ als Ausdruck dafür, daß sie die Schöpfung der Bundesrepublik Deutschland und nur zur Verteidigung (Verbot des Angriffskrieges) bestimmt ist. Die deutschen Führungskräfte haben bei allen Beratungen und Entscheidungen keinen Zweifel daran gelassen, daß sie fest entschlossen waren, Lehren aus der jüngsten Geschichte zu ziehen. Krieg darf nicht mehr als die Fortsetzung der Politik unter Einmischung anderer Mittel (Clausewitz) begriffen werden, was Selbstverteidigung jedoch nicht ausschließt (UN-Charta, Art. 51). Der Imperativ deutscher Politik mußte lauten: Verzicht auf Anwendung und Androhung von Gewalt, begleitet von dem Wunsch nach Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes und der Menschenrechte

Klar umrissen war daher auch der Auftrag der Bundeswehr. Unversehrtheit des Territoriums (äußerer Schutz) und Freiheit der Eigenentwicklung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des westlichen Bündnisses zu gewährleisten. In Zeiten relativer Ruhe sollte sie durch ihr effektives Sanktionspotential den Frieden in Europa (mittels glaubwürdiger Abschreckung) bewahren, in Spannungszeiten zur Krisenbeherrschung beitragen und im Falle einer feindlichen Aggression den Willen zur Selbstbehauptung durch militärische Verteidigung beweisen

Parallel zum organisatorischen Aufbau der Bundeswehr wurde innerhalb der Streitkräfte darum gerungen, das Konzept der Inneren Führung durchzusetzen, das die Grundlagen für eine Armee in der Demokratie schaffen sollte. Dieses wurde als Teil der militärischen Gesamtführung angesehen mit dem Ziel, den Soldaten zum „Staatsbürger in Uniform“ zu erziehen. Letzterer sollte sich von dem Soldaten der Reichswehr und der Wehrmacht vor allem durch seinen aktiven Einsatz für Frieden, Freiheit und Demokratie unterscheiden. Im Mittelpunkt der Inneren Führung standen von Anfang an alle erforderlichen Maßnahmen, die die Bereitschaft und die Fähigkeiten der Soldaten in der Bundeswehr zur Selbstbehauptung in Freiheit stärken (zeitgemäße Menschenführung, politische Bildung, denkende Mitverantwortung, Fürsorge und Betreuung

In der Rückschau kann festgestellt werden: Im Gegensatz zu ihren Vorgängern ist die Bundeswehr kein Machtinstrument im klassischen Sinn vergangener Epochen; ihr Auftrag war und ist rein defensiv. Seit ihrer Existenz hat sie ihren Beitrag zur gemeinsamen Wahrung des Friedens in Europa geleistet, aber auch in zahlreichen sozialen Einsätzen gezeigt, in welchem Umfang sich das Selbst-Verständnis deutscher Soldaten gewandelt hat. Die Militärmacht Deutschland ist Teil des NATO-(und des WEU-) Bündnisses. Fundament und Garantie der Sicherheit war und bleibt das Eingebundensein in die westliche Sicherheitsgemeinschaft. Nur als Mitglied derselben hat sie ihren Einfluß regional und weltweit ausdehnen können. In der Zeit des Ost-West-Konfliktes hat sie sich zu dem wohl wichtigsten europäischen Pfeiler amerikanischer Politik und einem der entscheidenden Bestimmungsfaktoren des konventionellen Gleichgewichts der Kräfte zwischen den Blöcken entwikkelt

In der Zeit der Aufrüstung war die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in der Frage eines Wehrbeitrages tief gespalten. Erst unter dem Eindruck wirtschaftlicher Aufbauleistungen, erfolgreicher Westpolitik und subjektiv wahrgenommener Bedrohungen aus dem kommunistischen Machtbereich vollzog sich langsam ein Prozeß der Einstellungsveränderung. Die Tolerierung einer militärischen Sicherheitspolitik setzte sich durch, zu der es unter den gegebenen Umständen keine realistische Alternative gegeben zu haben schien. Wohl nahm die partielle Zustimmung zu, aber insgesamt blieb die Haltung der Westdeutschen jahrelang ambivalent

Die Bundeswehr ist stets ein Spiegel der Gesellschaft geblieben. Zwar haben Umfrageergebnisse bezeugt, daß schließlich 70 bis 80 Prozent der Bürger die Bundeswehr als sehr wichtig oder wichtig eingestuft haben, aber unter den Jugendlichen war diese Zustimmung weniger ausgeprägt. Zudem haben die wachsende Zahl der Kriegsdienstverweigerer (von 2500 im Jahr 1958 bis zu den 70-80000 Ende der achtziger Jahre) und das Verhalten verschiedener sozialer Bewegungen erkennen lassen, daß der Selbstbehauptungswille in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere unter den Wehrpflichtigen, nachgelassen hat. Sinn, Möglichkeit und Grenzen der Verteidigung sind vor dem Hintergrund der denkbaren Wirkungen moderner Massenvemichtungswaffen vielfach kontrovers beurteilt worden. Das hängt nicht zuletzt mit den Schwierigkeiten zusammen, trotz verkündeter Friedensparolen den Abrüstungs-und Rüstungskontrollprozeß zu beschleunigen, um das Niveau der gigantischen Rüstungen ebenso zu senken, wie die kaum mehr aufzubringenden Kosten für neue Waffensysteme Hinzu kam die wachsende Einsicht, daß Frieden nicht nur ein Zustand ist, in dem Waffen schweigen, sondern ein solcher, der ergänzender Maßnahmen im völkerrechtlichen, sozialen, wirtschaftlichen und zunehmend im ökologischen Bereich bedarf, um das dauerhafte Überleben der Menschheit zu sichern und humanere Lebensbedingungen, vor allem auch in der Dritten Welt, zu schaffen.

Wie jedoch ein positiver Frieden gestaltet werden kann, ja, was darunter im einzelnen zu verstehen ist, wird kontrovers bleiben. Dies haben in jüngster Zeit auch die Ereignisse am Golf und deren Nachwirkungen offenbart

II. Streitkräfte im Umbruch

Die Bundeswehr der neunziger Jahre steht vor neuen Bewährungsproben. Wie kann und wird sie sich den ungewöhnlichen Herausforderungen unserer Zeit stellen? Welche Antworten wird ihre Führung finden, um den künftigen Aufgaben im Rahmen des Bündnisses, des gesamteuropäischen Prozesses, der atlantischen Partnerschaft und größerer Verantwortung des vereinten Deutschlands für die Sicherung des Weltfriedens gerecht zu werden, zumal unter steter Berücksichtigung der sich dynamisch weiterentwickelnden internationalen Bedingungsfaktoren und gesellschaftlicher Wandlungen? Die Meinungen in wichtigen Grundfragen sind geteilt, wenngleich der Minimalkonsens, was die Bündnis-und Verteidigungsfähigkeit mittels Allgemeiner Wehrpflicht angeht, gegenwärtig nach wie vor gewährleistet sein dürfte

Extrempositionen, so wie sie u. a. in den Forderungen nach Abschaffung der Bundeswehr von Grünen und Vertretern von Friedensbewegungen (zuletzt noch bei den Ostermärschen 1991) propagiert worden sind, bleiben Ausnahmeerscheinungen. Sie verdeutlichen allerdings, daß angesichts des partiell sichtbar gewordenen modernen Kriegs-bildes -von dessen Charakter im Golfkrieg durch die Verwendung von Hochtechnologien erschrekkende Einsichten gewonnen worden sind -die Sinnfrage, nämlich der Einsatz militärischer Mittel zur Regelung politischer Fragen, bei vielen umstritten ist oder in Frage gestellt wird

Unter jenen -und das ist die überwältigende Mehrheit der Deutschen, die von der Kontinuität der Verteidigung oder der Anwendung von Gewalt als ultima ratio ausgehen sind die Ansichten über die erforderlichen, wünschenswerten oder denkbaren Aufgaben der Bundeswehr, mittel-und langfristig gesehen, entweder geteilt oder unklar. Das mag einmal daran liegen, daß bestimmte, liebgewonnene alte Denkweisen inzwischen überholt sind, ohne daß die Konturen für ein der jetzigen Situation angepaßtes „Neues Denken“ mit all seinen Facetten deutlich geworden sind; zum anderen daran, daß gegenwärtig bei dem Koordinatensystem militärischer Sicherheitspolitik -im Gegensatz zu früher -von vielen Unbekannten und Unsicherheiten auszugehen sein wird. Instabilitäten, regionale Krisenherde, schleppende Demokratisierungsprozesse, wirtschaftliche wie ökologische Gefahren überschatten die Gegenwart. Bei der Einschätzung vorrangiger Werte durch unsere Gesellschaft hat sich ergeben, daß weniger die militärische Vorsorge den ersten Rang beanspruchen kann -an welchem „Feind“ sollte sich das Bündnis orientieren? -, sondern vielmehr die sozio-ökonomische und ökologische Sicherheit. Was aber bedeutet dies für die Bundeswehr der Zukunft?

In dem nachfolgenden Überblick soll versucht werden, die wichtigsten Aufgaben der Bundeswehr in einer angemessenen Rangordnung auf der Grundlage von Rechtsnormen, Verbindlichkeiten und Absichtserklärungen aufzulisten und kurz unter dem Gesichtspunkt von Kontinuität und Wandel zu kommentieren. Es wird den politisch Verantwortlichen und der militärischen Führung überlassen bleiben müssen, abzuwägen und im Interesse der Friedenssicherung und -gestaltung zu entscheiden, welche Konsequenzen daraus für die Mitte der neunziger Jahre oder das Ende des Jahrhunderts zu ziehen sein werden und in welcher Form -sowie von wem -weitergedacht, vorausgeplant und einzelne Weichen gestellt werden müssen. Einige der angedeuteten wichtigsten Aufgaben werden (wahrscheinlich noch in diesem Jahr) festzuschreiben sein. Wesentlich dabei bleibt, sich rechtzeitig mit allen vordringlichen Problemkreisen auseinanderzusetzen.

III. Zur Rangfolge der Aufgaben

Je größer der Handlungsspielraum deutscher Politik und das zu sichernde territoriale Umfeld wird, desto notwendiger wird die Frage nach der Rangfolge von Zielen und Aufgaben zu stellen und für die Zukunft zu beantworten sein. Dabei dürfen die Sozial-und Verfassungsverträglichkeit nicht außer acht gelassen werden. Bei der Qualifizierung von Aufgaben der Bundeswehr läßt sich eine Dreiteilung vornehmen. Dadurch könnte deutlich werden, wo die Schwerpunkte liegen (und dementsprechend der materielle Aufwand), und welche zusätzlichen Funktionen eine Rolle spielen, mit denen u. a. zugleich die innergesellschaftliche Akzeptanz der Streitkräfte gefördert werden könnten.

Als primäre Aufgaben könnten jene begriffen werden, die sich aus den normativen Vorgaben entsprechend der Präambel des Grundgesetzes (Satz 1) ..dem Frieden der Welt zu dienen..

und dem Art. 87a ableiten lassen. Sie werden durch die Verfassung, das (Soldaten-) Gesetz und das Völkerrecht bestimmt. Sie sind Konsequenzen von Mehrheitsentscheidungen im demokratischen Rechtsstaat und dadurch legitimiert. In und durch sie werden Pflichten und Rechte der Soldaten geregelt, der Sinn des Dienens erläutert und die Bedingungen festgeschrieben, wann der Verteidigungsfall -bzw.der Bündnisfall -gegeben ist und welche staatlichen Organe über die daraus abzuleitenden Maßnahmen zu entscheiden haben

Zu den sekundären Aufgaben, von denen je nach Lage und rechtlicher Neubestimmung einige künftig den primären Aufgaben zugeordnet werden könnten, wären möglicherweise jene zu zählen, die einerseits durch politisch geforderte Verhaltensweisen (z. B. Kodex der KSZE) oder Deklarationen (Charta von Paris) als wünschenswert oder notwendig im Geiste gutnachbarlicher Beziehungen bezeichnet werden können. Hierbei handelt es sich um den auch von der Bundeswehr erwarteten Beitrag zur Friedensgestaltung. Andererseits wären dies Fragen zum Einsatz deutscher Streitkräfte jenseits des NATO-Gebietes.

Hinzu kommen subsidiäreAufgaben, die z. T. in der Vergangenheit (mit beachtlichem Erfolg) übernommen worden sind oder aber die nunmehr vor dem Hintergrund neuer technologischer, insbesondere ökologischer Herausforderungen in stärkerem Umfange berücksichtigt werden müßten. Dabei kann und darf es sich nicht um bewußt gesuchte Ersatzaufgaben handeln, weil eine militärische Bedrohung gegenwärtig nicht zu befürchten ist.

Alle erwähnten Aufgaben müßten stets im Lichte neuer Erkenntnisse überprüft und gegebenenfalls ergänzt bzw. unter dem Aspekt mittel-bzw. langfristiger Entwicklungstendenzen verändert werden, vorausgesetzt, daß es -sofern erforderlich -hierfür die entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten gibt.

Katalog der Aufgaben Primär:

Kollektive Verteidigung Integration (Ost)

Politische Bildung (Innere Führung)

Kollektive Sicherheit Rüstungskontrolle Sekundär:

„Europäische Option“

Partnerschaft mit Osteuropa Innerer Notstand Subsidiär:

Katastrophenhilfe Umweltschutz Politik/Kommunalpolitik Technische und humanitäre Hilfen (usw.) im Ausland 1. Kollektive Verteidigung Unbestritten steht die Verteidigung an der Spitze aller Aufgaben der Bundeswehr. Sie ist der Primärauftrag schlechthin zur Abwehr eines bewaffneten Angriffes auf das Bundesgebiet. Das Grundgesetz läßt daran keinen Zweifel (Art. 87a). Es bestimmt zugleich, welche Ausnahmen möglich sind (Innerer Notstand Art. 87a, Abs. 4), wer den Verteidigungsfall feststellt (der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats auf Antrag der Bundesregierung [Art. 115a]), und daß sich der Bund zur Wahrung des Friedens „einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ (Art. 42, 2) anschließen kann

Das Soldatengesetz normiert die Grundpflicht des Soldaten, der „Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“ (Art. 7). Es fordert von dem Waffenträger ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und durch Eid bzw. Gelöbnis ein wertegerechtes Verhalten im Sinne des Grundgesetzes und des Soldatengesetzes (Art. 9).

Es stand fest, daß sich die Bundesrepublik Deutschland nicht aus eigener Kraft gegenüber einem potentiellen Aggressor aus dem Osten behaupten konnte. Daher schloß sie sich dem kollektiven Bündnis der NATO (1955) an, nachdem sie bereits 1954 der Westeuropäischen Union (WEU) beigetreten war Während in der WEU eine automatische Beistandsverpflichtung im Falle eines bewaffneten Angriffes auf einen Mitgliedsstaat vereinbart wurde, hieß es in Art. 5 des NATO-Vertrages: Die Bündnispartner vereinbaren, daß ein feindlicher Angriff gegen einen oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika „als Angriff gegen sie alle gesehen wird“; sie müssen unverzüglich einzeln und im Zusammenwirken mit den anderen Vertragsparteien diejenigen Maßnahmen ergreifen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, die jeder einzelne für erforderlich hält. Es steht damit jedem Mitglied frei, wie er aufgrund der eigenen Interessenlage verfährt, um die Sicherheit des Nordatlantik-Gebietes wiederherzustellen. In Art. 6 wird sodann das Gebiet definiert, innerhalb dessen der Art. 5 gilt (Bündnisgebiet). Diese beiden Verträge wurden in Übereinstimmung (Selbstvertei mit den Prinzipien des Art. 51 -digung) der UN-Charta abgeschlossen. Diese Form des Bündnisses ist eine andere als die der Kollektiven Sicherheit. Das System kollektiver Verteidigung richtete sich (wenn auch nicht ausgesprochen, so doch de facto) gegen eine als Bedrohung empfundene Weltmacht Sowjetunion mit ihren (ab es Verbündeten 1955 Warschauer hatte also einen erklärten Feind, dessen mögliche aggressiven Schritte es abzuwehren galt. Es kennt jedoch keine Sanktionen gegen einen „inneren Friedensbrecher“.

In der militärpolitischen Praxis der letzten Jahrzehnte entwickelte sich auf deutscher Seite die Vorstellung, daß vor allem die Bundesrepublik Deutschland geschützt werden müsse, da sie angesichts ihrer exponierten Lage an der Ost-West-Scheidelinie am meisten gefährdet sei. Wie es scheint, hat dabei die Schutzgarantie für die anderen Bündnispartner eine zweitrangige Rolle gespielt. Im übrigen durften nach deutschem Selbstverständnis deutsche Truppen nur eingesetzt werden, wenn ein bewaffneter Angriff eines Dritten auf einen Bündnispartner wie ein drohender Angriff auf das Bundesgebiet zu interpretieren war

Nach der Vereinigung Deutschlands und dem Umbruch in Osteuropa entstand jedoch eine veränderte Situation, die zum Überdenken alter Positionen Anlaß gibt. Nicht mehr allein der eigene Schutz Deutschlands darf im Mittelpunkt stehen, sondern ebenso derjenige der jetzt möglicherweise bedrohteren Partner und der westlichen Wertegemeinschaft. Hier werden also in Zukunft neue Akzente in Ausbildung und Bildung zu setzen sein, ohne die Grundprämissen zu verändern. Was aber die gegenwärtige Sicherheitslage Deutschlands betrifft, so läßt sich diese in Umrissen wie folgt skizzieren:

Zunächst ist der Sicherheitsbegriff sehr viel weiter zu fassen und anders zu gewichten als in der Vergangenheit, weil er in Konkurrenz mit den übrigen Staatsaufgaben, z. B. in Wirtschaft und Umwelt, stehen wird. Das Bedrohungsszenario ist weniger durch eine militärische Dimension geprägt

Die NATO betrachtet die Sowjetunion und den -formell aufgelösten -Warschauer Pakt nicht länger als Bedrohung. Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft wollen eine politische Union schaffen -mit gemeinsamer Außen-und Sicherheitspolitik. Der stufenweise Aufbau einer auf Dauer angelegten europäischen Friedensordnung unter Einbeziehung der Sowjetunion und der osteuropäischen Staaten zeichnet sich ab. Über Europa wird vielleicht ein breites Netz von Verträgen, Absprachen und enger Kooperation gespannt, das durch die KSZE noch verstärkt werden kann. Die vereinbarten Rüstungskontrollmaßnahmen müssen und überwacht Welt durchgeführt werden. Die -macht Sowjetunion befindet sich in einer eklatanten Krise. Noch kann niemand vorhersagen, ob und wie die Nationalitätenkonflikte und die regionalen Autonomiebestrebungen sowie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes gemeistert werden können. Alles in allem ist der Erfolg der demokratischen Umgestaltung (Perestroika) in der Sowjetunion weniger denn je sichergestellt

Auch nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation und dem Beginn einer Phase umfassender Zusammenarbeit ist Europa nicht frei von Risiken und Gefährdungen. Neue potentielle Konfliktherde, darunter Minderheitenprobleme und Neo-Nationalismus, sind nicht auszuschließen. Zwar bleibt es das vorrangige Ziel, Konflikte und Spannungen vornehmlich mit politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Mitteln zu regeln, aber die Gefahr militärischer Gewaltanwendung ist nicht für alle Zeit abgewendet. Wenn das vereinte Deutschland seine nationale Integrität und die gerade erst gewonnene volle Souveränität wahren, politisch handlungsfähig bleiben und zur Krisenbewältigung imstande sein will, dann wird es auch in Zukunft über Streitkräfte verfügen müssen, deren Umfang im Einvernehmen mit den Bündnispartnern oder im Rahmen einvernehmlicher Rüstungskontrollvereinbarungen festzulegen sein wird. Neben dem festen Willen zu Abrüstung und internationaler Stabilität gibt es nach wie vor die Pflicht, die Freiheit der Eigenentwicklung durch hinlängliche Verteidigungsbereitschaft zu sichern Zudem sind die Staaten Europas hochgradig abhängig vom ungehinderten Zugang zu den Rohstoffressourcen und Weltmärkten, und die südöstlichen NATO-Staaten befinden sich unmittelbar in der nah-mittelöstlichen Konfliktzone. Von beidem sind deutsche Interessen vital berührt

Neben den Entscheidungen über eine moderne NATO-Strategie, über die Eckdaten für die deutschen Streitkräfte in den neunziger Jahren, den personellen Aspekten der Bundeswehrplanung und der Reduzierungsmaßnahmen (so. z. B. Heeresstruktur 5), verbunden mit Auflösungen und Einsparungen -auf die hier nicht näher eingegangen werden kann -hat die Gemüter vor allem die Grundfrage nach der Wehrform des vereinten Deutschlands bewegt, die politisch mehrheitsfähig, gesellschaftlich verträglich, zudem bündnis-und integrationsfähig ist. Die Alternativen sind bekannt; das Für und Wider wird diskutiert. Dabei handelt es sich im wesentlichen um drei Varianten: 1. im Sinne der Kontinuität um die Wehrpflicht-armee: 2. um eine denkbare Berufsarmee (aus Berufs-und Zeitsoldaten) und 3. um eine Mischform zur Wahrnehmung unterschiedlicher Aufgaben: Wehrpflichtige in eingeschränkter Form für die Landesverteidigung sowie um mobile Einsatzverbände im Rahmen kollektiver Sicherheit, die sich aus Berufssoldaten rekrutieren. Darüber hinaus gibt es noch andere Varianten (Milizsystem usw.), die hier außer Betracht bleiben

Historische Erfahrungen und eine Reihe guter Gründe sprechen für die Allgemeine Wehrpflicht im vereinten Deutschland. Sie war bisher ein wesentlicher Garant für die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft, wie auch umgekehrt über die Wehrpflichtigen und ihre Familien ein Stück sozialer Kontrolle über die Streitkräfte ausgeübt worden ist. Die Allgemeine Wehrpflicht symbolisierte, daß Sicherheit eine Gemeinschaftsaufgabe aller Bürger ist und nicht auf eine Art „Versicherungsagentur“ abgeschoben werden soll. Durch sie ist das Vertrauen in die junge deutsche Demokratie im In-und Ausland gewachsen. Im übrigen hat sie die Deutschen vor einer Wiederholung demokratiegefährdender Entwicklungen von Streitkräften bewahrt (kein „Staat im Staat“). Die Allgemeine Wehrpflicht ist als das „legitime Kind der Demokratie“ begriffen worden.

Inzwischen haben sich die innen-und außenpolitischen Bedingungsfaktoren gewandelt. Die Bundeswehr wird Mitte der neunziger Jahre nur noch 370000 Soldaten umfassen. Mit diesem Umfang ist das Prinzip der Allgemeinen-Wehrpflicht unter Gewährleistung eines Mindestmaßes an Wehrgerechtigkeit aufrechtzuerhalten. Allerdings ist auch eine andere Entwicklung denkbar, auf die es sich rechtzeitig einzustellen gilt. Weitere einschneidende Abrüstungs-und Rüstungskontrollvereinbarungen, knapper werdende Finanzmittel und eine dramatische Erosion der allgemeinen Dienstbereitschaft in der Gesellschaft könnten zu zusätzlicher Reduzierung der Streitkräfte führen. Unterhalb der 300 000-Mann-Stärke dürfte die Allgemeine Wehrpflicht bereits an die Grenze ihrer Machbarkeit stoßen. Die Experten müßten entscheiden, wo diese de facto liegen würde.

Außerdem hat die „Staat-im-Staat“ -These angesichts der erfolgreichen Demokratieentwicklung und der funktionierenden politischen Kontrolle über die Streitkräfte an Bedeutung verloren, zumal die Berufsarmeen der USA und Großbritanniens bewiesen haben, daß sich Wehrform und politisches System schlimmstenfalls indifferent zueinander verhalten und die Effizienz der Streitkräfte darunter keineswegs zu leiden braucht

Wie immer der Gesetzgeber entscheidet, er sollte dies zügig und gut begründet tun, dabei aber weder alternative Modelle für die Planungen aus den Augen verlieren noch eine Neuregelung des Zivil-dienstes.

In diesem Zusammenhang muß ein weithin vernachlässigter Aspekt erwähnt werden. In Zirkeln, auf Tagungen, bei Konferenzen, in Arbeitspapieren, Studien und Büchern aller Art sind die zahlreichen Fachleute nicht müde geworden, über sicherheitspolitische Strukturen, Strategien und Waffensysteme usw. zu reflektieren und Anregungen zu geben. Dies ist legitim und notwendig. Wie aber steht es mit der Vermittlung gewonnener Einsichten und sicherheitspolitischer Entscheidungen (soweit es sich um die militärische Komponente derselben handelt) denjenigen gegenüber, die qua Gesetz gezwungen werden, die gestellten Aufgaben in der Alltagspraxis zu erfüllen? Betroffen hiervon sind in erster Linie die Wehrpflichtigen. Solange der Gesetzgeber an der Allgemeinen Wehrpflicht als unabdingbarer Voraussetzung für die Verteidigungs-, Bündnis-und Solidaritätsfähigkeit Deutschlands festhält, müßte er sich in viel höherem Maße als in der Vergangenheit in die Pflicht nehmen, darüber in der Gesellschaft kontinuierlich und sachgemäß informieren zu lassen. Jedoch nicht allein mittels einer entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr sondern ebenso durch geeignete und überzeugende Maßnahmen in den deutschen Bildungseinrichtungen, darunter vor allem in den Schulen. Um Mißverständnisse auszuschließen: hier wird keinem soge-nannten „Wehrkundeerlaß“ das Wort geredet oder einer einseitigen Propagierung offizieller Standpunkte. Vielmehr sollten die jungen Bürger, bevor sie in die Kasernen einziehen, über das Für und Wider militärischer Sicherheitsvorsorge, über den Sinn staatlicher Selbstbehauptung und das Prinzip kollektiver Sicherheit rechtzeitig aufgeklärt werden, so daß sie sich eine eigene Meinung bilden können

In den siebziger Jahren sind diesbezügliche Bemühungen bekanntlich gescheitert. Die Gründe dafür (Kulturhoheit der Länder, parteipolitisch unterschiedlich regierte Länder usw.) sind bekannt. Politiker neigen dazu, dieses „heiße Eisen“ auch heute lieber nicht anzufassen. Aber diese Einstellung ist in einer Zeit um so weniger akzeptabel, in der eine größere Verantwortung Deutschlands für die Friedenssicherung, zumal im globalen Maßstab, gefordert wird, und damit zu rechnen ist, daß sich der Aktionsrahmen für den Einsatz deutscher Truppen erweitern wird. Die Arbeitskreise für Außen-und Sicherheitspolitik der Parteien im Deutschen Bundestag wären gut beraten -trotz der abschreckenden Erfahrungen aus der Vergangenheit -, die Initiative zu ergreifen, indem sie gemeinsame Leitsätze ausarbeiten (die in bestimmten Zeitabschnitten fortgeschrieben werden müßten). In diesen sollten sie Konsens und Dissens ihrer Positionen klarmachen (pluralistischer Ansatz), dann könnten diese als eine der Grundlagen für den Unterricht in Bildungseinrichtungen sinnvoll genutzt werden. Das setzt voraus, daß sich die Kultusministerien zu der Einsicht durchringen, hierzu entsprechende Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Ein solches, schon längst überfälliges Verfahren würde dem Prinzip der Allgemeinen Wehrpflicht entsprechen. 2. Integration von Soldaten aus den neuen Bundesländern Es handelt sich hier um einen in der Wehrgeschichte beispiellosen Vorgang. Die Bundeswehr hat eine Armee, die sich als ihr „Klassenfeind“ bezeichnet hat, friedlich übernommen und aufgelöst. Gleichzeitig wird sie Teile derselben reorganisieren, reformieren und integrieren. Welche außergewöhnlichen Schwierigkeiten mit dieser einmaligen Aufgabe verbunden sind, ist in den letzten Monaten (Oktober 1990 bis März 1991) immer deutlicher geworden. Das erhoffte Zusammenwachsen zu einer Armee im vereinten Deutschland wird ein ebenso langwieriger wie komplizierter Prozeß sein, der nur dann erfolgreich verlaufen kann, wenn die Gleichbehandlung durch den Dienstherrn (keine „Zwei-Klassen-Armee“) gewährleistet wird, die sozio-ökonomische Lage sich in den neuen Bundesländern grundlegend verbessert hat und damit den jungen Wehrpflichtigen erfreulichere berufliche Perspektiven geboten werden. Zudem muß es den über 2 000 Offizieren und Unteroffizieren der alten Bundeswehr, die derzeit ihren Dienst im Osten leisten, gelingen, durch Vorbild, Dialog und Fürsorge den Soldaten der ehemaligen NVA von den Prinzipien der Inneren Führung, d. h. von der künftigen Rolle als „Staatsbürger in Uniform“, zu überzeugen

Jedoch sollte sich die Bundeswehr nicht täuschen. Die Übernahme von Tausenden ehemaliger selbst-erklärter „Gegner“, die sich über Nacht eine fremde Uniform anziehen mußten und jahrelang im Geiste einer „überlegenen Gesellschaftsformation“ indoktriniert worden sind, ist kein leichtes Unterfangen. Was in ihren Köpfen wirklich gedacht wird, mit welchen Gefühlen sie die veränderte, vor kurzem noch völlig undenkbare Lage durchlebt haben, und wie sich ihre Erwartungshaltung entwickeln wird, können erst die kommenden Monate erweisen. In privaten Gesprächen zögern viele Wehrpflichtige nicht, ihrer Enttäuschung freien Lauf zu lassen und ihre soziale Lage mit der in der früheren DDR (Stichwort: „soziale Sicherheit“) zu vergleichen. Diese Art von Freiheit und Demokratie hätten sie sich nicht gewünscht. Es wird Kärrnerarbeit der Ausbilder und Vorgesetzten aus dem Westen bedürfen, um durch geeignete Maßnahmen den jungen Menschen schrittweise zu befähigen, -falls notwendig -„Recht und Freiheit des Deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Unter den gegebenen Umständen ist allerdings kaum davon auszugehen, daß dieses Ziel schon in Kürze erreicht werden wird

Fraglos zählt die Integration der Soldaten vom Heereskommando Potsdam (vorher: Bundeswehr-kommando Ost) 1991/92 zu den vorrangigsten Aufgaben der Bundeswehr. Hierbei muß äußerst sensibel vorgegangen werden: Geduld, Hilfestellungen bei den mannigfachen sozialen Belangen, staatsbürgerlicher Unterricht einschließlich der Vermittlung historischer Zusammenhänge, Angebote für Berufsfortbildung (als Startbedingungen) und der Aufbau eines leistungsfähigen Unteroffizierskorps werden als erstes erforderlich sein. Außerdem muß die Kameradschaft gepflegt werden. Bekanntlich verpflichtet das Soldatengesetz (§ 12) alle Waffenträger, die „Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen“. Das schließt „gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Ansichten“ ein.

Desgleichen wird zu beachten sein, daß bei dem Ausleseverfahren (bis Ende 1992) alle Soldaten (ehemals NVA) von ihren Kommandeuren unter gleichen Bedingungen beurteilt werden, d. h. von Offizieren, die aufgrund ihrer längeren Tätigkeit in den neuen Bundesländern befähigter sein dürften, bei ihren späteren Empfehlungen zur Übernahme (oder Ablehnung) objektivere Maßstäbe anzulegen. Diese könnten als eine der Grundlagen für die abschließend zu treffenden Entscheidungen durch eine noch einzusetzende Auswahlkommission des Bundesministeriums der Verteidigung genutzt werden.

Und schließlich kommt noch eine weitere unerläßliche Aufgabe hinzu: Zusammen mit dem Integrationsprozeß wird in den Einheiten des Heereskommandos Potsdam und in der Bevölkerung der neuen Bundesländer mit allen nur erdenklichen und rechtlich zulässigen Mitteln klarzustellen sein, daß sich die Bundeswehr in ihren Grundlagen fundamental von denen der früheren NVA unterscheidet. Sie betreibt keine Abschottungspolitik wie ihre Vorgängerin, sondern bleibt bestrebt, durch Öffnung und Zusammenarbeit bis etwa in den kommunalpolitischen Bereich hinein den neuen Geist und das Wesen demokratischer politischer Kultur lebendig werden zu lassen. Hierbei muß sie von allen Parteien und politisch relevanten Kräften mit Rat und Tat unterstützt werden. 3. Politische Bildung (Innere Führung)

Das Konzept der Inneren Führung -darunter die Anforderungen an die politische Bildung der Soldaten -, so wie dieses in den fünfziger Jahren von den Reformern entwickelt worden ist, war in der deutschen Wehrgeschichte der dritte große Versuch -nach 1807/1815 und 1918 -, eine Antwort auf Niederlage, Versagen und Schuld deutscher Soldaten zu finden und daraus Lehren zu ziehen, die mit den Verfassungsgeboten in Einklang standen. Ungeachtet mancher Friktionen und interner Widerstände hat sich diese Reform im Prinzip durchgesetzt. Die historische kritische Standortbestimmung, insbesondere die Auseinandersetzung mit der verhängnisvollen Rolle des deutschen Militarismus, haben hierbei ebenso mitgewirkt wie die Westbindung und die Wertorientierung des politischen Systems sowie die äußere Bedrohungslage. Im übrigen war den meisten Soldaten der Bundeswehr in Anbetracht des denkbaren modernen Kriegsbildes die Paradoxie bewußt, sich auf den Verteidigungsfall und damit auf den Kampf vorbereiten zu müssen, ohne seine wirkliche Erprobung zu wünschen

In der Zeit des „Kalten Krieges“ war es in mancher Hinsicht leichter, staatsbürgerlichen Unterricht zu erteilen und dabei das „Wogegen“ als Motivation für den Wehrdienst stärker in den Mittelpunkt zu stellen. In der Phase der Entspannungspolitik sollte sodann mehr das „Wofür wir dienen“ betont werden -ein Ziel, das nicht überall und in gleichem Maße erreicht worden ist. Inzwischen ist erkannt worden, in welchem Maße Bildung als Ergänzung zur Ausbildung dem Soldaten Wege und Möglichkeiten aufzeigen kann, über das Wissen zum Handeln zu finden. Hierzu muß der einzelne die Welt mit ihren Wandlungen und technologischen Prozessen stets von neuem erkunden. Erst dann gewinnt er die erforderliche geistige Freiheit. Diese Bildung muß sich an den Werten des Grundgesetzes und des Soldatengesetzes orientieren. Eine solche Bildung ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für die gewissenhafte, effiziente Erfüllung des Auftrages und damit für die Autorität des Vorgesetzten, also keineswegs Selbstzweck

Heute steht die Politische Bildung in der Bundeswehr ebenso wie die in allen anderen gesellschaftlichen Bildungseinrichtungen der Notwendigkeit einer Neuorientierung gegenüber. Für das deutsche Militärwesen beginnt praktisch ein zweiter Abschnitt seiner Geschichte. Dieser wird nicht zuletzt von sicherheitspolitischen Reformen, notwendigen Strukturveränderungen und Forderungen nach verstärkter Weiterbildung der Soldaten sowie einem zeitgemäßen Führungsstil gekennzeichnet sein, der den Einstellungen und Erwartungen junger Menschen angemessen sein muß. Hinzu kommen spezifische Probleme, darunter die der modernen Technologie und der Ökologie. Allerdings ist die Frage schwer zu beantworten, wie durch staatsbürgerlichen Unterricht der Zugang zur Politik effizienter vermittelt und die politische Beteiligung gefördert werden kann. Außerdem werden die von der Politik als Konsequenzen des radikalen Umbruchs in Osteuropa, vereinbarter Abrüstungsschritte und der deutschen Einheit getroffenen oder zu erwartenden Entscheidungen erst in einem längeren Lehr-und Lernprozeß umgesetzt werden können

Vor allem wird sich vor diesem Hintergrund die politische Bildungsarbeit -noch konsequenter und intensiver als in der Vergangenheit -mit der SinnFrage soldatischen Dienens auseinandersetzen müssen. Dabei ist davon auszugehen, daß heute in Europa das Führen von Kriegen unwahrscheinlich und ein ausgeprägtes Dienstverständnis -begriffen als Mitgestaltung einer friedlichen politischen Kultur -erforderlich sein dürfte, desgleichen die Solidarität zwischen Bürgern und Soldaten. Letztere zählt zu einer der wesentlichen Voraussetzungen, den primären militärischen Defensivauftrag zu erfüllen, Unrecht und Gewalt abzuwenden. Dies alles kontinuierlich einsichtiger zu machen, wird allerdings nicht den Vorgesetzten in der Bundeswehr allein überlassen bleiben dürfen, sondern muß als gesamtgesellschaftliches Erfordernis ernster genommen werden

Das gleiche gilt für das folgende Problem: Der Nordatlantikrat hat am 6. Juli 1990 feierlich seine Absicht bekundet, die Warschauer Vertragsorganisation nicht mehr als „Gegner“ zu betrachten und alles tun zu wollen, um die „Hinterlassenschaft von Jahrzehnten des Mißtrauens“ zu überwinden. Dies war zweifellos eine bemerkenswerte Deklaration, die das Ende des „Kalten Krieges“ signalisiert hat Was aber heißt das u. a. konkret für die Bildungsarbeit, für den Umgang mit sowjetischen Soldaten auf deutschem Boden oder etwa für die künftige Zusammenarbeit mit Angehörigen von Streitkräften, die bis in die achtziger Jahre im Geiste des „Klassenfeind“ -Denkens indoktriniert worden sind und denen jetzt -auch im Rahmen des deutsch-sowjetischen Vertrages über gute Nachbarschaft und Partnerschaft -die Hand zur Verständigung und Versöhnung gereicht werden soll? Darüber muß nachgedacht und eine entsprechende Weisung erlassen werden. 4. Kollektive Sicherheit Vieles spricht dafür, daß militärische Einsätze der Bundeswehr, wenn überhaupt, eher im überregionalen Bereich („out of area“) im Rahmen der Vereinten Nationen erforderlich sein werden, als im NATO-Bereich Das vereinte Deutschland ist nunmehr ein souveräner Staat. Er wird nicht zuletzt aufgrund seiner eingegangenen Verpflichtungen und seiner ökonomischen Stärke mehr weltpolitische Verantwortung übernehmen müssen. Dabei sollten jedoch die historischen Erfahrungen nicht vergessen werden. Es geht hier nicht um eine Strategie „The Germans to the front“, sondern um eine Politik internationaler Solidarität, der Glaubwürdigkeit und zum Schutze demokratischer Werte.

Die Diskussion über die rechtlichen Voraussetzungen, Bedingungen, Formen und Möglichkeiten hierfür ist in der Bundesrepublik inzwischen voll entbrannt. Diese kann hier nicht im einzelnen nachgezeichnet werden. Vielmehr scheint es un-umgänglich zu sein, auf einige damit verbundenen grundsätzlichen Fragen einzugehen und Zusammenhänge aufzuzeigen. Erst, wenn die sich wechselseitig bedingenden Faktoren klarer umrissen worden sind, können die gegenwärtig so kontroversen Fragen aus politischer, militärischer und psychologischer Sicht besser beantwortet werden.

Das setzt voraus, zunächst unmißverständlich zu definieren, was unter „Kollektiver Sicherheit“ zu verstehen ist. Immer noch herrscht eine weithin ausgeprägte Unsicherheit bei der Verwendung dieses Begriffes in der Öffentlichkeit. Viele Autoren, aber ebenso Politiker, verwechseln häufig Kollektive Sicherheit mit kollektiver Verteidigung und umgekehrt Im Gegensatz zur kollektiven Verteidigung handelt es sich bei der Kollektiven Sicherheit um ein im Anspruch allumfassendes System der Staatengemeinschaft, in dem jedes Mitglied gegen jedes andere gesichert sein soll. Es richtet sich nicht gegen irgendwelche Koalitionen oder einzelne Staaten oder Blocksysteme, zumal es durch die Anonymität des Aggressors gekennzeichnet ist. Die Universalität dient der Abschrekkung eines potentiellen Aggressors. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, daß diese keineswegs immer die gewünschten Wirkungen erzielt hat, aus Gründen, die hier nicht näher beleuchtet werden können

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (des zweiten Systems Kollektiver Sicherheit nach dem Völkerbund) stellt fest, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung (eines somit identifizierten und benannten Aggressors) vorliegt (Art. 39). Dieses globale System zur Wahrung der internationalen Sicherheit kann nur effektiv handeln, wenn alle Mitglieder die mit dem Eintritt in die Gemeinschaft verbundenen, in der Charta festgelegten Prinzipien und Verpflichtungen strikt beachten und die daraus abzuleitenden Verfahrens-und Vorgehensweisen verbindlich akzeptieren.

Für den konkreten Fall des Einsatzes von nationa-len Streitkräften (oder multinationaler Kontingente) im Rahmen der Vereinten Nationen bedarf es jedoch eines förmlichen Ersuchens des Sicherheitsrates und eines Sonderabkommens. Letzteres ist aber in der Geschichte der Vereinten Nationen noch niemals abgeschlossen worden (vgl. die Artikel 41-43). Zu unterscheiden sind drei Optionen:

Einmal die sogenannten Peace-keeping operations (Blauhelme -mit Einwilligung der betroffenen Staaten: Bildung von Pufferzonen, Überwachung von Waffenstillstandsvereinbarungen usw.). Diese sind zwar nicht durch die UN-Charta gedeckt, sie haben sich aber im Laufe der Zeit als eine Art (improvisiertes) „Gewohnheitsrecht“ durchgesetzt. Der Einsatz deutscher Streitkräfte in diesem Fall dürfte politisch am wenigsten strittig sein. Zweitens gibt es militärische Zwangsmaßnahmen (Art. 43) zur Wahrung des Weltfriedens, für die ein Generalstabsausschuß (Stabschefs der ständigen Ratsmitglieder oder deren Vertreter) unter der „Autorität des Sicherheitsrates“ die strategische Leitung zu übernehmen hat (Art. 46). Aber nicht einmal im Koreakrieg, der unter der UN-Flagge und dem Oberkommando von General MacArthur geführt wurde (der Rat hatte empfohlen, alle zur Verfügung gestellten Streitkräfte dem amerikanischen Oberkommando zu unterstellen), ist diese Norm verwirklicht worden Und drittens sind militärische Sanktionen zu nennen, die vom Sicherheitsrat einstimmig beschlossen worden sind, deren Ausführung aber, je nach Lage, Streitkräften überlassen bleibt, die sich im Rahmen der Verpflichtungen zur Verfügung gestellt haben (Golf-Konflikt 1990/91). Nur die beiden letztgenannten Optionen dürften das eigentliche politische Problem für die deutschen Entscheidungsträger sein. Zur Zeit ist zu klären, ob ein Einsatz deutscher Soldaten auf der Grundlage von Art. 87a in Verbindung mit Art. 24, 2 GG im Rahmen der Vereinten Nationen zulässig ist, wie es einige Völkerrechtler konstatieren, und ob für diesen die Zustimmung der Legislative (mit welchem Quorum?) notwendig ist oder ob eine einfache Klarstellung (durch Gesetz o. ä.) des Gesetzgebers in diesem Zusammenhang ausreicht. Daß hierbei auch der psychologische Aspekt, nämlich die Einschätzung der deutschen Haltung im Ausland, eine Rolle spielt, haben die Ereignisse um den Golfkrieg gelehrt

Schließlich dürfen in diesem Zusammenhang zwei zusätzliche Gesichtspunkte nicht vernachlässigt werden: Kommen im Bedarfsfälle hierfür nur Freiwillige (eventuell in geschlossenen Verbänden, entsprechend ausgerüstet und ausgebildet -möglicherweise in multinationalen europäischen Verbänden zusammengefaßt) oder (um eine „ZweiKlassen-Armee" zu vermeiden) auch Wehrpflichtige (evtl, wenn sie zustimmen) in Betracht? Und wie sieht es mit der Motivation der Soldaten für einen solchen Einsatz, aus, desgleichen mit der Akzeptanz in der Gesellschaft?

Die politisch-militärische Führung sollte diese Aspekte nicht unterschätzen. Sie hat Anfang 1991 für die Vernachlässigung dieser so gravierenden Frage eine unliebsame Quittung erhalten, als auf einmal die Zahl der Wehrdienstverweigerer überproportional anschwoll. Innerhalb von wenigen Wochen stieg die Zahl der Kriegsdienstverweigerungs-Anträge (Januar bis Februar 1991) von 22000 auf 31000 an. Ein Grund dafür dürfte in der Tatsache liegen, daß die jungen „Staatsbürger in Uniform“ auf einen solchen unerwarteten Auftrag gar nicht innerlich vorbereitet waren und ihnen die Notwendigkeit des Einsatzes in der Kürze der Zeit nicht einsichtig gemacht werden konnte, zumal die meisten von ihnen mit Eid oder Gelöbnis wohl eher den Schutz des eigenen Landes als Verpflichtung verbinden.

Im übrigen aber ist Uwe Nerlich zuzustimmen, daß es ratsam wäre, die politischen Entscheidungen über einen Einsatz „out of area“ vorerst zurückzustellen, bis eine fundierte sicherheitspolitische Bestandsaufnahme abgeschlossen ist, auf deren Grundlage sodann die künftig notwendigen Optionen deutscher Streitkräfte unter Einbeziehung der oben angedeuteten Faktoren zu bestimmen wären 5. Rüstungskontrolle Im Zuge der Entspannungspolitik hat die Rüstungskontrolle -jahrelang auf verschiedenen Ebenen verhandelt -mit Recht einen immer höheren Stellenwert erhalten ). Die Bündnisse in Ost und West haben im Laufe der Zeit langsam, aber umso nachhaltiger begriffen, daß sie voneinander abhängig sind und alles getan werden muß, den Gebrauch militärischer Macht zu verhindern sowie Stabilität und Transparenz zu fördern. Zugleich wurden Konzepte „gemeinsamer Sicherheit“ erörtert. Nur völlig veränderte Militärdoktrinen, defensive Strukturen und vertrauensbildende Maßnahmen können auf die Dauer aus der Sackgasse antiquierter und z. T. bedrohlicher Vorstellungen und Strategien herausführen.

Entscheidend bleibt, daß reale Abrüstungsschritte vereinbart wurden. Auf dem nuklearen Sektor wurde mit dem INF-Abkommen (1987) und START II (1990) ein bedeutsames Signal gesetzt. Dieses hat andere Vereinbarungen erleichtert, so z. B. jene zur Reduzierung der konventionellen Streitkräfte mit festgelegten Obergrenzen (personell und materiell) und der Einteilung in geographische Zonen. Dies geschah in dem Bestreben, eine Welt mit immer weniger Waffen zu schaffen und damit den Worten Taten folgen zu lassen. Die beiden wichtigsten Verträge hierzu wurden im November 1990 unterzeichnet.

Mit ihnen wurde nicht nur ein beachtlicher Durchbruch erzielt, sondern auch die europäischen Staaten -darunter die Bundesrepublik Deutschland -in die Pflicht genommen. Ziel derselben ist es, regional differenziert abzurüsten (asymmetrisch, um ein annäherndes Gleichgewicht zu erreichen), für Offensivzwecke wesentliche Waffensysteme zu begrenzen und deren Nutzung einzuschränken. Der Gesamtbestand der Waffensysteme soll redu-ziert und deren Konzentration in bestimmten Räumen verhindert werden. Darüber hinaus wurde Einigung erzielt, die Daten offenzulegen, die Vorwarnzeiten um Wochen bzw. Monate zu verlängern sowie die Durchführung der Rüstungskontrollmaßnahmen durch Informationsaustausch und Verifikation zu kontrollieren. Die Bundesrepublik Deutschland wird in Ausführung des Vertrages über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) 16 Prozent der Kampfflugzeuge, 42 Prozent der Artillerie, 64 Prozent der gepanzerten Kampffahrzeuge und 42 Prozent der Kampfpanzer (einschließlich derjenigen aus Beständen der NVA) reduzieren. Zugleich hat sie sich einseitig verpflichtet, ihre Streitkräfte bis Ende 1994 auf 370000 Mann zu verringern.

Parallel dazu wurde im Abkommen über Vertrauens-und Sicherheitsbildende Maßnahmen (VSBM) festgelegt, Informationen über Streitkräfte auszutauschen, diese Angaben stichprobenartig überprüfen zu lassen sowie ein Netz von Konsultationen und Kooperationen zu errichten. Diese hier nur skizzierten vertraglichen Regelungen stellen an die Bundeswehr (Umstrukturierungen) hohe Anforderungen. Erwartet wird eine zuverlässige Erfüllung aller eingegangenen Verpflichtungen. 6. „Europäische Option“

Nichts kennzeichnet die Schwierigkeiten mehr, mit den neuen sicherheitspolitischen Parametern fertig zu werden, als die gegenwärtige ebenso verwirrende wie kontroverse Debatte über Möglichkeiten und Ziele eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems. Mit welchen Instrumentarien, auf welchen Wegen und in welchen Etappen sollte das allseits angestrebte neue System verwirklicht werden? Ein System, zu dessen bleibenden Voraussetzungen Stabilität und feste Einbindung der USA und Kanadas sowie der osteuropäischen Staaten und der Sowjetunion gehören müßten. Das Kaleidoskop der Modelle ist beängstigend, weil es teils eine gewisse Ratlosigkeit, teils eine große Widersprüchlichkeit widerspiegelt. Vorerst halten die Partner im Westen an der NATO als Zentrum und Fixpunkt aller weiteren Bestrebungen fest. Im Gespräch für die Sicherheits-Architektur der Zukunft sind darüber hinaus die westeuropäischen Institutionen wie EG, WEU, die künftige Europäische Union und natürlich die KSZE, unter deren Dach sich möglicherweise die neuen Strukturen einschließlich der Rüstungskontrollmaßnahmen entwickeln könnten. Die Forderung, die Sicherheit aller nicht gegeneinander, sondern nur noch miteinander, müsse verbürgt werden, dürfte weithin Zustimmung finden (mit anderen Worten: das Konzept eines regionalen Subsystems kollektiver Sicherheit)

Nicht zuletzt alte Denkmuster, der Zwang zum Konsens auf nationaler und multinationaler Ebene sowie die immer wieder eruptiven Erschütterungen im staatlichen Gefüge verschiedener europäischer Staaten erschweren jedoch das Tempo des Prozesses und das Einhalten der von den meisten gewünschten Richtung.

Wie immer das Endergebnis aussehen mag, in unserem Zusammenhang stellt sich die grundsätzliche Frage, ob bei einer gesamteuropäischen Lösung der Einsatz deutscher Verbände z. B. als Teil einer multinationalen Schnellen Einsatztruppe zur Krisenbewältigung auf dem Kontinent oder in anderen Regionalbereichen (falls der Sicherheitsrat zu keiner Entscheidung kommt, aber die Bereinigung des Konfliktes im vitalen Interesse Europas liegt) als eine zusätzliche Aufgabe in Rechnung gestellt werden muß. Wenn das der Fall sein würde, müßte das Problem „out of area“ im Hinblick auf eine „europäische Option“ (zugleich ihre Verfassungsmäßigkeit) sorgfältig und rechtzeitig geprüft werden. Gegenwärtig dürfte es schwer fallen, ein solches Szenario zu konstruieren, zumal eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates nicht zu den Aufgaben solcher Eingreifverbände gehören dürfte. Immerhin wäre es sinnvoll, eine solche Option offen zu halten als Rückversicherung für alle Fälle 7. Partnerschaft mit Osteuropa Unter den neuen mittelfristigen Aufgaben der Bundeswehr, über die eingehender nachgedacht und für die Perspektiven aufgezeigt werden müßten, dürften die politischen Forderungen nach Partnerschaft mit den Soldaten der osteuropäischen Demokratien und den Streitkräften der Sowjetunion wohl zu den schwierigsten zählen. Zwischen Soll und Ist liegt allerdings noch ein tiefer Graben. Was Politiker vordenken und im Geiste des friedlichen Wandels vereinbaren, ist zwar begrüßenswert und zukunftsträchtig, aber vieles davon stößt sich mit den Realitäten altgewohnter Denkkategorien und des militärischen Dienstes. Hier wird es eines längeren Anpassungsprozesses bedürfen, des Sammelns von Erfahrungen im Umgang miteinander und des Verständnisses für die Besonderheiten des Gegenüber, um Fortschritte zu erzielen. Vor allem braucht es Zeit und Geduld, Veränderungen in den Köpfen zu bewirken. Der Anfang ist mit der Kontaktaufnahme auf höchster Ebene und ersten Stabsbesprechungen gemacht. Der Meinungsaustausch zwischen deutschen, polnischen und tschechoslowakischen Offizieren am Zentrum Innere Führung in Koblenz diente z. B. nicht nur der Vermittlung von Grundsätzen der Inneren Führung, sondern ließ auch erkennen, von welchen Reformansätzen die Gesprächspartner ausgehen, und in welcher Weise sie nach Antworten suchen, die im gemeinsamen Interesse von Staaten mit gleichen Wertvorstellungen liegen. Wie künftig ein „dauerhaftes System“ von Zusammenarbeit und Informationsaustausch -so wie es der tschechoslowakische Präsident V. Havel vorgeschlagen hat -errichtet werden kann, müßte durch bilaterale Kontakte eingehender geklärt werden; freilich unter Berücksichtigung der spezifischen geostrategischen Lage und des Verhältnisses zur Sowjetunion

Vielleicht könnten hierfür im Laufe des Jahres 1991/92 vertragliche Grundlagen geschaffen werden, in denen Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation im Geiste vertrauensbildender Maßnahmen zusammengefaßt sind, und zwar unter Berücksichtigung des Prinzips der Gegenseitigkeit. Anzustreben ist einerseits der Abbau von Berührungsängsten, andererseits ist auf die besonderen Beziehungen Deutschlands zu den westlichen Partnern Rücksicht zu nehmen. Der Eindruck muß unter allen Umständen vermieden werden, daß die deutsche Seite eine „Gewichtsverlagerung“ beabsichtigt. Nach wie vor besitzt die Partnerschaft mit den Angehörigen des westlichen Bündnisses absolute Prioriät. Die Deutschen könnten hier in Absprache mit ihren Verbündeten jedoch eine wichtige Brückenfunktion übernehmen. Die neuen Demokratien in Osteuropa dürfen auch auf militärischem Gebiet nicht alleine gelassen werden, zumal sie -wie es scheint -langfristig gesehen die Einbindung in ein europäisches Sicherheitssystem anstreben.

In diesem Zusammenhang ist ein besonders aktuelles Thema anzusprechen: Bis 1994 sollen über 500000 sowjetische Soldaten, Zivilbeschäftigte und Familienangehörige von Deutschland in die Sowjetunion abgezogen werden, davon knapp 30 Prozent bereits 1991. Das deutsche Verbindungskommando zu den sowjetischen Streitkräften in Deutschland koordiniert hierzu auf deutscher Seite den „planmäßigen, konfliktfreien und vertragskonformen“ Abzug Zur Regelung strittiger Fragen gibt es außerdem eine gemischte deutsch-sowjetische Kommission. Nicht zuletzt von der Arbeit dieser beiden Institutionen wird es abhängen, ob künftig ein gutnachbarliches Verhältnis zwischen deutschen und sowjetischen Soldaten als Ausgangspunkt für eine schrittweise Annäherung und ein späteres gesamteuropäisches Sicherheitssystem entwickelt werden kann.

Alles in allem müßten die sowjetischen Truppen auf deutschem Boden durch das Verhalten der Deutschen spüren, daß sie ihren Abzug würdevoll und geregelt vollziehen können. Dann besteht vielleicht berechtigtere Hoffnung, daß sie in ihrer Heimat Deutschland in guter Erinnerung behalten 8. Katastrophenhilfe Im übrigen sollte Bewährtes fortgesetzt werden, darunter die Katastrophenhilfe, die nach Artikel 35 (Absätze 2 und 3) GG als Rechts-und Amtshilfe zu verstehen, aber auch auf das Treueverhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zurückzuführen ist. Seit der großen Flutkatastrophe in Hamburg 1962, bei der Soldaten vorwiegend technische Aufgaben übernommen hatten, wurden Angehörige der Bundeswehr wiederholt zu Hilfsaktionen herangezogen, so etwa 1975 bei der Heide-und Waldbrandkatastrophe in Niedersachsen und 1978/79 bei der Schnee-und Hochwasserkatastrophe in Schleswig-Holstein. Dabei hat das „einvernehmliche Zusammenwirken“ von Landes-und Bundesbehörden, vor allem aber das Engagement der Bundeswehr, zur Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft einen beachtlichen Beitrag geleistet. Hinzu kommen die dringende Nothilfe zur Rettung von Menschenleben und andere, hier nicht im einzelnen aufzuführende Hilfe-leistungen aus humanitären und sozialen Gründen. Sie alle fallen unter die Kategorie subsidiäre Aufgaben, was ihre Bedeutung allerdings nicht schmälern sollte, weil mit ihnen und durch sie die Verbundenheit von Gesellschaft und Militär eindrucksvoll bewiesen und die zusätzliche Schutz-und Hilfsfunktion der Soldaten im Interesse des Gemeinwohls demonstriert wird 9. Umweltschutz Während sich die militärischen Bedrohungen für Deutschland und Europa aus den geschilderten Gründen wesentlich verringert haben, wachsen gleichzeitig nichtmilitärische Bedrohungen. So entstehen z. B. durch regionale und überregionale Umweltzerstörungen und -Schäden erhebliche Gefährdungen für die Lebensqualität und die Zukunftssicherung der Staaten. Die Aufgabe, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, wird zu einer generellen Frage des Überlebens der hoch-entwickelten Industriegesellschaften. Der Umweltschutz erhält damit eine herausragende Qualität menschlicher Daseinsvorsorge und Fürsorge, also zugleich eine neue politisch-soziale Dimension. Angesichts dieser Erkenntnisse wird -wie schon angedeutet -der Sicherheitsbegriff weiter gefaßt werden müssen: Äußere und innere Sicherheit sind in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit und Bedingtheit zu sehen. Für die Bundeswehr bedeutet dies, daß sie sich in erhöhtem Maße der Zukunfts- aufgabe Umweltschutz annehmen muß. Militärisches Handeln muß sich mit ökologischer Verantwortung verbinden. Werden die Erhaltung des Friedens und die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen als verteidigungspolitische und ökologische Sicherheitsvorsorge verstanden, würde die Bundeswehr nicht nur einen aktiven Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten können, sondern sehr wahrscheinlich auch die Akzeptanz der Streitkräfte in der Gesellschaft fördern.

Ohne auf Einzelheiten einzugehen, die u. a. in der „Fachkonzeption Umweltschutz der Bundeswehr“ vom 4. Oktober 1990 des Bundesministeriums der Verteidigung zusammengefaßt worden sind wird es sich bei den künftigen Grundsätzen und Richtlinien darum handeln müssen, die Bundeswehrliegenschaften unter Wahrung ökologischer Gesichtspunkte zu modernisieren, und bei den Dienstbetrieben der Streitkräfte die Umweltverträglichkeit zu berücksichtigen. Das gleiche gilt für alle künftigen Planungen der Bundeswehr. Außerdem werden die Grundsätze der Inneren Führung diesbezüglich zu erweitern sein Die Bundeswehr hat nicht nur technisch-funktionale Leistungen zu erbringen, sondern sie wird sich in der Gesellschaft auch ökologisch „verträglich“ verhalten müssen. 10. Politik/Kommunalpolitik Die Akzeptanz von Streitkräften in einer demokratisch verfaßten Gesellschaft hängt nicht allein von dem Auftrag, dem Bild der Soldaten in der Alltagspraxis, den Erfahrungen von Wehrpflichtigen während ihrer Dienstzeit und dem Ansehen der Bundeswehr im Bündnis ab, sondern auch von dem Engagement von Offizieren bzw. Unteroffizieren in der Politik/Kommunalpolitik, in gesellschaftlichen Organisationen oder karitativen Verbänden. Seit dem Aufbau der Bundeswehr hat die zusätzliche Übernahme von Pflichten außerhalb der Kaserne den gewünschten Integrationsprozeß gefördert, zumal die Soldaten durch ihr Verhalten der Rolle vom „Staatsbürger in Uniform“ entsprochen haben. So hatten 1985 rund 1400 Soldaten als gewählte Vertreter in Kommunen und Parlamenten politische Mandate inne

Auch in Zukunft wird eine solche Tätigkeit zu einer der subsidiären Aufgaben deutscher Soldaten gehören. Im ganz besonderen Maße gilt dies für die Vorgesetzten aller Dienstgrade, die vom Westen in die neuen fünf Bundesländer abkommandiert worden sind. Die jüngsten Erfahrungen im Osten Deutschlands haben gelehrt, daß es dort einen großen Nachholbedarf zumal auf dem Sektor der Kommunalpolitik gibt. Ob es um die allgemeine Verwaltung, die Verwaltung im Rechts-, Sicherheits-und Ordnungsbereich oder im Sozial-und Gesundheitswesen in Kreisen, Städten oder Gemeinden geht, überall fehlt es an qualifizierten Fachleuten. Hier wäre also ein bedeutsames zusätzliches Betätigungsfeld zu sehen, auf dem die Soldaten gesamtgesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen und gute Dienste für das Zusammenwachsen leisten könnten. Daß dies unter den gegebenen sozialen Bedingungen für die Betreffenden ein besonderes Opfer darstellt, ist nicht zu leugnen. Aber außergewöhnliche Zeiten verlangen einen außergewöhnlichen Einsatz

Zu möglichen Folge-Aufgaben Der hier nur knapp erläuterte Katalog von Aufgaben für die Bundeswehr kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Ob es sich um Fragen der Reservisten, um eine zu verbessernde Öffentlichkeitsarbeit oder aber um die vielschichtigen sozialen Belange der Soldaten handelt -um nur einige Beispiele anzuführen -, sie alle sind von z. T. erheblicher Bedeutung, können aber in diesem Überblick nicht weiter problematisiert werden. In einer wünschenswerten umfassenderen Gesamtschau müßten sie allerdings angemessen berücksichtigt werden.

Abschließend soll jedoch noch ein bedeutsamer Teilbereich gestreift werden, in dem sich aus dem oben Skizzierten gewisse Folge-Aufgaben als Konsequenz der Neuorientierungen ergeben können. Es sollte sorgfältig geprüft werden, ob die zentralen militärischen Dienststellen, die dem Stellvertretenden Generalinspekteur unterstellt sind und in der Vergangenheit die Bundeswehr bei der Bewältigung ihrer Aufgaben verdienstvoll unterstützt haben, ihre Programme, Methoden oder ihr Publikationswesen nicht erweitern oder verändern müssen (Die leidige Standortfrage im vereinten Deutschland bleibt hierbei unberücksichtigt.) Außerdem fragt sich, ob nicht durch eine stärkere Konzentration und Strukturveränderungen wichtigster Einrichtungen eine höhere Effizienz erzielt werden kann. Dabei dürfen jedoch die jeweiligen besonderen Arbeitsbedingungen ebensowenig außer acht gelassen werden wie der Sachverstand der Experten bzw.der Wissenschaftler bei der Entscheidungsfindung.

Zu diesen Institutionen gehören vor allem das Zentrum Innere Führung (Koblenz), das Militär-geschichtliche Forschungsamt (Freiburg), das So-zialwissenschaftliche Institut (München), die Führungsakademie (Hamburg) und die beiden Universitäten der Bundeswehr (Hamburg/München). Im Hinblick auf künftige Erfordernisse könnten u. a. kontinuierliche systematische Umfragen über die Risiko-, Gefährdungs-und Bedrohungslage detaillierter in Auftrag gegeben werden, ebenso solche, in denen über die Akzeptanz der Streitkräfte bei Jugendlichen Auskunft gegeben werden kann, zudem über den Wandel des Berufsverständnisses der Soldaten von morgen. Wünschenswert wären ferner wissenschaftliche Untersuchungen zur Geschichte der Nationalen Volksarmee, zur Sicherheitspolitik der DDR oder Studien zur Militärgeschichte des deutschen Nationalstaates im europäischen Vergleich.

Bei der Auswahl von Projekten sollten überdies den Zukunftsperspektiven deutscher Streitkräfte in einem Vereinten Europa größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Und in den Fachbereichen Geschichte und Politikwissenschaft an den Universitäten der Bundeswehr wären die Studienordnungen an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Dies sind nur einige Beispiele von vielen, bei denen sich Folge-Aufgaben ergeben könnten, über die nicht nur intensiv nachgedacht, sondern auch bald Beschlüsse gefaßt werden sollten.

Eine ins Einzelne gehende, tiefschürfende Analyse der angesprochenen Aufgaben konnte in diesem Beitrag nicht geboten werden. Dies muß an anderer Stelle geschehen. Diese Problemskizze ist als Versuch einer Zwischenbilanz bezeichnet worden. Sie sollte zugleich unterstreichen, daß die verschiedenartigen Herausforderungen der Bundeswehr in unserer Zeit nur von Staat, Gesellschaft und Militär gemeinsam bewältigt werden können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. allgemein L. Rühl, Zeitenwende in Europa. Der Wandel der Staatenwelt und der Bündnisse, Stuttgart 1990; Europa im Aufbruch. Auf dem Wege zu einer neuen Friedensordnung. Bergedorfer Gesprächskreis, Protokoll-Nr. 91, Hamburg 1990.

  2. Vgl. Rede des Bundesministers des Auswärtigen in Davos vom 3. Februar 1991, in: Bulletin vom 6. Februar 1991; H. Adomeit u. a. (Hrsg.), Die Sowjetunion unter Gorbatschow. Stand, Probleme und Perspektiven der Perestrojka, Stuttgart-Berlin-Köln 1990.

  3. Vgl. Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.), Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, Bd. 1: Von der Kapitulation bis zum Pleven-Plan, München-Wien 1982; Bd. 2: Die EVG-Phase, München 1990.

  4. Vgl. H. -A. Jacobsen/U. Heuer/H. -J. Rautenberg (Hrsg.), Friedenssicherung durch Verteidigungsbereitschaft. Deutsche Sicherheitspolitik 1949-1989, Mainz 1990.

  5. Vgl. D. Abenheim, Bundeswehr und Tradition. Die Suche nach dem gültigen Erbe des deutschen Soldaten, München 1989; D. Walz (Hrsg.), Drei Jahrzehnte Innere Führung. Grundlagen, Entwicklungen, Perspektiven, Baden-Baden 1987.

  6. Aus der Fülle der Literatur vgl.: D. Wellershoff (Hrsg.), Frieden ohne Macht? Sicherheitspolitik und Streitkräfte im Wandel, Bonn 1991; P. Barth, Die Bundeswehrin Staat und Gesellschaft, München 1982.

  7. Vgl. H. -A. Jacobsen, Zur Rolle der öffentlichen Meinung bei der Debatte um die Wiederbewaffnung 1950-1955, in: Militärisches Forschungsamt (Hrsg.), Aspekte der deutschen Wiederbewaffnung bis 1955, Boppard 1975; Anm. 3 (Beitrag von H. -E. Volkmann, S. 235 ff.).

  8. Vgl. u. a. M. Schleker, Ernstfall Friede. Sicherheitspolitik und Funktion der Bundeswehr in der Diskussion, Baden-Baden 1984; J. Raschke, Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Grundriß, Frankfurt-New York 1987; J. Janning u. a. (Hrsg.), Friedensbewegungen. Entwicklung und Folgen in der Bundesrepublik Deutschland, Europa und den USA, Köln 1987.

  9. Vgl. aus der kaum noch überschaubaren Literatur: G. Krell/E. Bahr/J. Schwerdtfeger (Hrsg.), Friedensgutachten 1990, Hamburg 1990; J. Bringmann/H. Brühl (Hrsg.), Christen für den Frieden. Zur Legitimation soldatischen Dienens, Herford-Bonn 1990.

  10. Vgl. Anm. 6; Denkschrift über die Entwicklung künftiger Streitkräfte im Bündnis sowie die Bedeutung und Integration von Reservisten in der Bundeswehr, hrsg. vom Beirat Freiwilliger Reservistenarbeit, verantwortlich H. Kasch, Bonn o. J. (1991).

  11. Vgl. die gedankenreichen, aber sicherlich z. T. auch provokativen Thesen in: H. -E. Bahr (Hrsg.), Von der Armee zur europäischen Friedenstruppe, München 1990.

  12. Vgl. ebd. (vor allem die Beiträge von D. Senghaas und E. Eppler).

  13. Vgl.den ausgezeichneten Überblick von W. Speth, Rechtsfragen des Einsatzes der Bundeswehr unter besonderer Berücksichtigung sekundärer Verwendungen, München 1985.

  14. Vgl. ebd.

  15. Vgl. Anm. 3; O. Buchbender/H. Bühl/H. Quaden, Sicherheit und Frieden. Handbuch, Herford 19873, S. 17ff.

  16. Vgl. Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.), Verteidigung im Bündnis. Planung, Aufbau und Bewährung der Bundeswehr, 1950-1972, München 1975.

  17. Vgl. W. Heisenberg/D. Lutz (Hrsg.), Sicherheitspolitik kontrovers. Bd. 1-3 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 291, 1-III), Bonn 1990; R. Väyrynen (Hrsg.), The Quest for Peace, London 1987; Deutsches Strategie-Forum (Hrsg.), Strategie Handbuch, Bd. 1 und 2, Herford-Bonn 1990; W. Stützle, Politik und Kräfteverhältnis, Herford 1983; F. -X. Kaufmann, Sicherheit als soziologisches und sozialpolitisches Problem, Stuttgart 19722.

  18. Vgl. Anm. 1, 6 und 9.

  19. Vgl. ebd.

  20. Vgl. Anm. 6.

  21. Das Thema war Gegenstand der 32. Kommandeurstagung in Bonn (11. -13. März 1991).

  22. Vgl. Anm. 6 (Wellershoff, Beitrag U.de Maiziere, S. 274ff.); J. Kuhlmann/E. Lippert, Wehrpflicht Ade? Argumente Wider und Für die Wehrpflicht in Friedenszeiten, München 1991 (Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr); F. Gerster/A. Steinkamm (Hrsg.), Armee 2000. Wehrpflicht und Reservistenkonzeption, Baden-Baden 1990.

  23. Vgl. A. Clesse/L. Rühl (Hrsg.), Beyond East-West Confrontation. Searching for a New Security Structure in Europe, Baden-Baden 1990, S. 302ff., S. 459ff., S. 492ff.

  24. Vielleicht wäre es in Zukunft zweckmäßig, die Verantwortung für die Informationsarbeit nach innen (Truppeninformation und Bundeswehrverwaltung) und nach außen (Medien-und Öffentlichkeitsarbeit) im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) in eine Hand zu legen. Zu denken wäre hier an eine zu bildende Abteilung „Information“, die die Gesamtverantwortung tragen müßte (ohne Sprecheraufgaben). Die nachgeordneten Dienststellen (darunter die Akademie für Information und Kommunikation) könnten einer solchen Abteilung fachlich unterstellt werden. Auf diese Weise könnte die gewachsene Bedeutung der Informationsarbeit zur Sicherheitspolitik verdeutlicht werden.

  25. Vgl. die zahlreichen Empfehlungen des Beirats für Fragen der Inneren Führung des BMVg 1969 bis 1989 (z. T. abgedruckt in: Informationen für die Truppe).

  26. Vgl. Vortrag des Befehlshabers des Bundeswehrkommandos Ost, Generalleutnant J. Schönbohm, vom 11. März 1991 auf der Kommandeurstagung; W. v. Scheven, Bundeswehr im Umbruch. Perspektiven für die neunziger Jahre, in: K. D. Bracher/M. Funke/H. -P. Schwarz (Hrsg.), Deutschland zwischen Krieg und Frieden. Beiträge zur Politik und Kultur im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1990, S. 304ff., 316ff. Vgl. zudem Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten. Jahresbericht 1990, Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, Drucksache 12/230, S. 22ff.

  27. So das Ergebnis von Gesprächen des Verf. mit Soldaten aller Dienstgrade in Strausberg und Neubrandenburg im März 1991.

  28. Vgl. Anm. 5, Anm. 8; W. von Bredow, Staatsbürger in Uniform, in: K. D. Bracher u. a. (Anm. 26), S. 319ff.

  29. Vgl. ebd.

  30. Vgl. W. Graf von Baudissin, Anmerkungen zu aktuellen Fragen der Sicherheitspolitik, in: Deutschland zwischen Krieg und Frieden (Anm. 26), S. 291 ff.

  31. Vgl. ebd., sowie Anm. 8.

  32. Vgl. hierzu auch den Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion vom 9. November 1990, in: Europa-Archiv, 46 (1991) 3, S. D 85 ff.

  33. Vgl. Anm. 16

  34. Vgl. R. Wolfrum u. a. (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, München 1977, S. 250.

  35. Vgl. R. Hiscocks, Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wachstum und Wirkung, Stuttgart 1975.

  36. Vgl. ebd.

  37. Vgl. Anm. 13, Anm. 6 (Beitrag von J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr und Friedenstruppe, S. 210ff.).

  38. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. April 1991. 38a) Zur Rüstungskontrolle vgl. Anm. 9 (Friedensgutachten) und Anm. 23.

  39. Zur Vielzahl der Positionen und Vorstellungen vgl. u. a. Anm. 23; fernerFM. Wörner, Die Atlantische Allianz in den neunziger Jahren, in: Europa-Archiv, 46 (1991) 3, S. 61ff.; U. Nerlich, Das Atlantische Bündnis am Scheideweg, Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen 7/1990; E. Bahr, Sicherheit für und vor Deutschland, München-Wien 1991; K. D. Voigt (Anm. 11), S. 207ff.

  40. Vgl. Anm. 23.

  41. Vgl. Aus der Arbeit des Zentrums Innere Führung, Jahresbericht 1990, Koblenz 1991, S. 9ff. Zur Haltung Polens vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. April 1991 (Äußerungen des Präsidenten Walesa).

  42. Vgl. Schönbohm (Anm. 26).

  43. Gespräch des Verf. mit Generalleutnant Foertsch am 26. März 1991 in Strausberg.

  44. Vgl. W. Speth (Anm. 13).

  45. Vgl. BMVg, SIV 3-Az 63-25-00/20 vom 4. Oktober 1990; GKaldrack, Das deutsche Heer: Verteidigung und Umwelt-wehr, in: Europäische Wehrkunde, (1990) 12, S. 708ff.

  46. Vgl. Anm. 26 (Bericht des Wehrbeauftragten, hier S. 20: Umweltschutz).

  47. Vgl. BMVg (Hrsg.), Weißbuch 1985. Zur Lage und Entwicklung der Bundeswehr, Bonn 1985, S. 144ff.

  48. Vgl. Anm. 43, Anm. 26.

  49. Vgl.den Katalog in: Wie funktioniert das? Die Bundeswehr, bearbeitet von W. v. Scheven u. a., Mannheim-Wien-Zürich 1987.

  50. Vgl. Weißbuch 1985 (Anm. 47), S. 509ff. (Zentrale militärische Dienststellen).

Weitere Inhalte

Hans-Adolf Jacobsen, Dr. phil., Dr. h. c., geb. 1925; Professor em. an der Universität Bonn für Politische Wissenschaft; 1969 bis 1989 Sprecher des Beirats für Innere Führung des Bundesministeriums der Verteidigung. Veröffentlichungen u. a.: Zahlreiche Studien und Dokumentationen zur deutschen Politik im 20. Jahrhundert, zu den Ost-West-Beziehungen und zu Fragen deutscher Sicherheitspolitik, darunter: Von der Strategie der Gewalt zur Politik der Friedenssicherung, Düsseldorf 1977; (Hrsg.) Friedenssicherung durch Verteidigungsbereitschaft. Deutsche Sicherheitspolitik 1949-1989, Mainz 1990.