Eine Befragung des Hamburger Vereins „Frau und Arbeit e. V.“ ergab eine hohe Motivation, sich selbständig zu machen. Entscheidend war die Gestaltung eines Arbeitsplatzes nach eigenen Zielen und Bedürfnissen, die Möglichkeit der beruflichen Weiterentwicklung und das Streben nach finanzieller Unabhängigkeit. Überwiegend handelte es sich bei den in sehr unterschiedlichen Branchen gegründeten Betrieben um Einzelunternehmen oder Gründungen mit wenigen Partnerinnen. Dies hatte Auswirkungen aufdie Rechtsformen der Unternehmen. Mit Ausnahme der eingetragenen, gemeinnützigen Vereine wählten alle Gründerinnen eine Rechtsform, bei der sie mit ihrem Privatvermögen hafteten. Das niedrige Startkapital wurde zumeist durch Mischfinanzierung aufgebracht und stammte sowohl aus dem privaten Bereich (Eigenkapital, Kredite von Freunden und Verwandten) als auch von Banken. Dabei hatten die Gründerinnen Schwierigkeiten, die erforderlichen Kreditbedingungen der Banken zu erfüllen. Die Gründerinnen erzielten gerade in der Anfangsphase nur geringe Einkommen, so daß nur wenige ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch Einkünfte ihrer Unternehmen decken konnten. Die Befragten bemühten sich, durch private und betriebliche Einschränkungen mit dem niedrigen Einkommen auszukommen. Gespart wurde auch an sozialer Sicherung (Rentenversicherung). Trotz hoher Arbeitsbelastungen im beruflichen wie privaten Bereich und sonstiger Schwierigkeiten beurteilten die Befragten ihre berufliche Selbständigkeit als positive Alternative zu ihrer bisherigen Situation.
I. Einleitung
Neue Lebenssituationen und ein geändertes Selbstverständnis haben zu einer verstärkten Berufstätigkeit von Frauen geführt. Heutzutage sind Frauen nicht mehr nach wenigen Berufsjahren vom Arbeitsmarkt verschwunden. Die Familie als intakte Versorgungsinstanz für Frauen, die sich der Kindererziehung und dem Haushalt widmen, hat an Zuverlässigkeit und Lebensperspektive verloren. Außerdem reicht oft ein Alleinverdiener pro Familie nicht aus, um steigende Lebenshaltungskosten und Bedürfnisse zu decken, so daß Frauen in die Rolle der Zuverdienerin kommen.
Da heute gesellschaftliches Ansehen verstärkt über Berufstätigkeit und Gehalt definiert wird und Hausarbeit nach wie vor wenig Anerkennung findet, wollen Frauen auch aus diesem Grund stärker am Erwerbsleben teilhaben. Die Zahl der abhängig beschäftigten Frauen hat von 1979 bis 1989 um 964 000 zugenommen, die der Männer nur um 276 000. „Frauen sind in den vergangenen Jahren zunehmend von Arbeitslosigkeit betroffen. Bei gleichzeitig steigender Erwerbsbeteiligung der Frauen steigt die Arbeitslosigkeit überproportional.“ Die Arbeitslosenquote betrug bei den Frauen 1989 10, 8, bei den Männern 7, 5 Prozent Die große Anzahl der Frauen, die zur stillen Reserve zu rechnen sind, ist noch nicht in den Zahlen enthalten. Dabei handelt es sich um solche Frauen, die zwar erwerbstätig sein möchten, sich aber keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen und sich daher beim Arbeitsamt nicht arbeitslos melden. Berufliche Perspektiven von Frauen sind nach wie vor eingeschränkt durch Abstimmung der Berufstätigkeit auf Familie, diskontinuierliche Berufsverläufe und damit zusammenhängende unattraktivere Arbeitsplätze mit geringen Aufstiegschancen
Frauen haben daher in den letzten Jahren immer häufiger begonnen, sich durch Existenzgründungen individuelle Arbeitsplätze zu schaffen, die auf ihre Fähigkeiten und persönliche Lebenssituationen abgestimmt sind. Vorrangiges Ziel ist es, sich von staatlichen (Arbeitslosengeld/-hilfe, Sozialhilfe) und privaten Unterhaltsleistungen zu lösen und statt dessen eine eigene Erwerbsgrundlage durch selbständige Tätigkeit und eigene Betriebe aufzubauen. Insgesamt sind etwa neun Prozent aller Erwerbstätigen selbständig. Die Zahl der selbständigen Frauen hat in den letzten zehn Jahren deutlich stärker zugenommen als die der Männer, und zwar um 67 000, während sich der Anstieg bei den Männern auf 16 000 beläuft (vgl. Tabelle).
Im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen stehen im wesentlichen jene Existenzgründerinnen, die für sich selbst und eventuell weitere Personen Erwerbslosigkeit beenden und sich eine Existenz als Selbständige aufbauen wollen. Ihnen stehen in der Regel dazu nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Ausgeklammert bleiben diejenigen Frauen, die durch Erbschaft o. ä. in die Selbständigkeit einsteigen, aber von einem ganz anderen Hintergrund ausgehen. Ebenfalls nicht betrachtet werden Frauen, die mit finanzieller Hilfe anderer Privatpersonen, z. B. ihres Ehemannes, einen Betrieb eröffnen und deren Geschäft nicht vorrangig der eigenen Existenzsicherung dient, sondern eher der persönlichen Beschäftigung oder der steuerlichen Entlastung des Geldgebers.
Um eine Gründung vorzubereiten, stehen folgende Beratungsinstitutionen zur Verfügung: Unternehmensberatungsfirmen, Steuerberater, Weiterbildungsträger, Geschäftsbanken und Kammern Da sich Frauen häufig von herkömmlichen Beratungsmöglichkeiten weder angesprochen noch verstanden fühlen, haben sich im gleichen Maße, wie Existenzgründungen durch Frauen an Bedeutung gewonnen haben. Beratungsstellen von Frauen für Frauen etabliert. Das Angebot dieser Beratungsstellen reicht von mehrmonatigen umfassenden Gründungs-und Orientierungskursen bis hin zu Einzelberatungen und Einzelveranstaltungen mit Schwerpunktthemen. Zusätzlich zur bisherigen Berufserfahrung benötigen Firmengründerinnen Weiterbildung in den Bereichen Planung und Marketing, Finanzierung sowie spezielle Kenntnisse der Branchen und der Geschäftsführung
Die oben skizzierte Erwerbslage und der Trend zur Selbständigkeit bei Frauen war Anlaß für eine Untersuchung, die genaueren Aufschluß darüber geben sollte, wie und unter welchen Bedingungen sich Frauen selbständig machen. Im einzelnen interessierten folgende Aspekte: — Aus welcher Lebenssituation heraus beschließen Frauen, sich selbständig zu machen? — In welchen Branchen machen sich Frauen selbständig und in welcher Weise führen sie ihre Betriebe? — Schaffen es selbständige Frauen, sich langfristig ökonomisch unabhängig zu machen und sich von staatlicher Unterstützung und privaten Unterhaltszahlungen zu lösen? — Stellen Gründungen eine individuelle berufliche Alternative für Frauen dar und welche arbeitsmarktpolitische Bedeutung kommt ihnen zu? — Welche Fördermaßnahmen sind notwendig im Hinblick auf Finanzierung und Weiterbildung, um Erfolgschancen zu erhöhen?
Exemplarisch wurden Frauen im Raum Hamburg befragt, die in den vergangenen Jahren an einem Weiterbildungsangebot für Existenzgründerinnen teilgenommen und sich im Anschluß daran selbständig gemacht haben. In Hamburg bietet der Verein „Frau und Arbeit e. V.“ (im weiteren als FuA bezeichnet) als einzige Einrichtung speziell Existenzgründungsberatung und Kurse für Frauen an. Seit fünfJahren nehmen dort überwiegend erwerbslose Frauen das Weiterbildungsangebot wahr. Diese Teilnehmerinnen wurden als Untersuchungspersonen ausgewählt.
Mitte Oktober 1989 wurde ein Fragebogen an 260 Kursteilnehmerinnen von FuA versendet. Für die Beantwortung wurde den Frauen eine vierwöchige Frist eingeräumt. In die Auswertung gingen letztlich 112 Fragebögen ein, die bis Ende des Jahres zurückgesandt wurden. Von den 112 Frauen hatten sich 52 inzwischen selbständig gemacht. Die anderen 60 Frauen befanden sich entweder noch in der Planungsphase oder hatten sich gegen eine Gründung entschieden. Sie dienen hier als Vergleichsgruppe.
II. Vor der Existenzgründung
1. Lebenssituation der befragten Frauen Um nachvollziehen zu können, warum Frauen beschließen, sich beruflich selbständig zu machen, war es nötig, ihre Lebenssituationen und beruflichen Werdegänge näher zu betrachten. wer Festgestellt -den sollte, ob und inwieweit Unterschiede zu abhängig beschäftigten Frauen bestehen.
Die meisten Gründerinnen befanden sich im Alter zwischen 31 und 40 Jahren (61 Prozent). Jeweils neun Frauen waren jünger als 31 bzw. älter als 40 Jahre. Unter den älteren Frauen waren wesentlich mehr Nichtgründerinnen als Gründerinnen. Dies kann damit Zusammenhängen, daß die Risikobereitschaft im Alter nachläßt und sich ältere Frauen deshalb eher gegen eine Gründung entscheiden als jüngere. Ähnliche Altersstrukturen wurden auch in anderen Studien über Unternehmensgründerinnen festgestellt.
Knapp zwei Drittel der Frauen (62, 5 Prozent) waren entweder ledig, geschieden oder lebten in Tren-B nung. Die Lebenssituation der befragten Frauen machte die ökonomische Notwendigkeit von bezahlter Erwerbsarbeit deutlich. Die anderen lebten mit Partner/Partnerin zusammen oder waren verheiratet (37, 5 Prozent). Damit unterschied sich die Lebenssituation der befragten Frauen nicht wesentlich von der anderer erwerbstätiger Frauen. 2. Berufliche Ausbildung Gerade gut ausgebildete Frauen sind seit einigen Jahren stark von Arbeitslosigkeit betroffen, oder sie befinden sich in Sackgassenpositionen, die einen beruflichen Aufstieg unmöglich machen. In höheren beruflichen Positionen sind Männer nach wie vor überrepräsentiert, da Frauen geringeres Engagement, weniger Flexibilität und eventuelle Diskontinuität durch familiäre Verpflichtungen im Berufsverlauf unterstellt werden.
Männer haben stärker die Möglichkeit, ihren beruflichen Aufstieg unabhängig von ihrer familiären Lebenssituation zu gestalten. Hier interessierte, in welcher Art und Weise Frauen, trotz diskontinuierlicher Berufstätigkeit, die erforderlichen Qualifikationen zur beruflichen Selbständigkeit erwerben.
Beim Schulabschluß überwogen mit 59, 8 Prozent der Befragten die Abiturientinnen. Bei Berufsausbildungen stand die Lehre an erster Stelle, gefolgt von Hochschulstudium und Fachhochschulstudium. Drei Frauen gaben an, keine Berufsausbildung zu haben. Es zeigte sich, daß die beruflichen Qualifikationen der befragten Gründerinnen deutlich über dem Ausbildungsniveau abhängig beschäftigter Frauen im Bundesgebiet lag. Fast die Hälfte der Gründerinnen hatte mehr als eine Berufsausbildung. 3. Gründungsabsicht und -Vorbereitung 58 Prozent der Frauen gaben an, mit der Existenz-gründung einen Traum in die Tat umsetzen zu wollen. Für die Hälfte der Befragten war ausschlaggebend, den Lebensunterhalt durch Selbständigkeit zu erwirtschaften. 45, 5 Prozent der Frauen waren unzufrieden mit ihrer bisherigen Arbeitsstelle oder arbeiteten in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Ein Drittel war gerade arbeitslos. Einige Frauen wollten nach einer Familienpause wieder erwerbstätig werden und sahen in der Selbständigkeit eine Möglichkeit, dies zu verwirklichen. Häufig kamen dabei mehrere Faktoren zusammen.
Gründerinnen gaben am häufigsten „Umsetzung eines Traumes“ und „Lebensunterhalt verdienen“ zusammen an. Sie formulierten eher eigene Motive und positive Ziele, die sie mit ihrer beruflichen Selbständigkeit verfolgen wollten. Nichtgründerinnen waren häufiger arbeitslos oder mit ihrer bisherigen Arbeitssituation unzufrieden. Selbständigkeit schien für sie nur eine von mehreren Möglichkeiten zu sein, ihre negative Situation zu überwinden. Die wesentlichen Motive für Gründerinnen bestanden in dem Wunsch, kreativ und unter besseren Bedingungen zu arbeiten, eigene Ideen umzusetzen sowie wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen. Auffällig war, daß eine langfristige Absicherung mit höherem Einkommen nur von wenigen Frauen als Gründungsmotiv angegeben wurde. Dies läßt darauf schließen, daß die Befragten ihre materiellen Erfolge als Selbständige relativ gering einschätzten bzw. die materielle Wertorientierung bei Frauen eine untergeordnete Rolle spielt im Gegensatz zur Wertorientierung bei Männern
Die Frauen, die sich letztlich gegen eine Gründung entschieden, taten dies in erster Linie wegen des zu hohen Risikos (23), oder weil sie inzwischen andere Berufsmöglichkeiten gefunden hatten (17). 13 Frauen befanden sich noch in der Planungsphase bzw. wollten sich vor einer Gründung noch beruflich weiterqualifizieren.
Neben eigenständiger Vorbereitung nutzten die Befragten die Hilfe anderer, um sich auf die berufliche Selbständigkeit vorzubereiten. Welche Beratungseinrichtungen in Anspruch genommen wurden und wie informativ diese für die einzelnen Befragten war, wurde ebenfalls untersucht.
Die meisten Frauen bereiteten ihre Gründung intensiv vor. Es wurde vielfach der Austausch mit anderen Selbständigen gesucht, Fachliteratur studiert sowie in der entsprechenden Branche gearbeitet. Ein Drittel der Befragten knüpfte bereits vor der Gründung Firmenkontakte. Nur sehr wenige der Gründerinnen, aber 30 Prozent der Nichtgründerinnen hatten sich noch gar nicht mit der Thematik Selbständigkeit befaßt, bevor sie Weiterbildungsangebote besuchten.
Am stärksten wurde der Gründungskurs bei FuA frequentiert. Fast die Hälfte aller Befragten nutzten diese umfangreiche Möglichkeit, sich mit Gründungsproblematiken auseinanderzusetzen. Die Gründungskurse schienen eher in der Phase des Entscheidungsprozesses, ob gegründet werden soll oder nicht, besucht zu werden. Hier war die Beteiligung der Nichtgründerinnen deutlich stärker gegenüber den Gründerinnen.
Weitere wichtige Informationsquellen, vor allem für Gründerinnen, waren Einzelberatungen, in denen individuelle Probleme bearbeitet werden konn-ten, sowie Abendveranstaltungen zu bestimmten Schwerpunktthemen (z. B. Steuern, Versicherungen). Der Nutzen der Weiterbildungsangebote bei FuA lag für die Kursteilnehmerinnen auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Zum einen wurden das Erhalten fachlicher Informationen sowie Hilfen zur eigenen Weiterarbeit und Informationsbeschaffung hoch eingeschätzt. Dieser Bereich gilt auch bei anderen Bildungseinrichtungen als anerkannter Weiterbildungsbedarf. Eine ähnlich hohe Bedeutung erlangte für die Teilnehmerinnen die Ermutigung und emotionale Stärkung bei der Durchführung der geplanten Gründungen, sowie das individuelle Eingehen auf die Projekte. Fast die Hälfte aller Frauen gab an, durch Kursteilnahme wichtige Erkenntnisse für ihre persönliche und berufliche Entwicklung erhalten zu haben. Dieser individuelle Beratungsbedarf der Frauen findet im Weiterbildungsangebot von FuA besondere Berücksichtigung und ist Voraussetzung für erfolgreiche Selbständigkeit bei Frauen
Zusätzlich zum Angebot von FuA ließen sich die Frauen durch Steuerberaterinnen (32, 1 Prozent), Banken (17, 5 Prozent), Rechtsanwältinnen (16, 9 Prozent), Unternehmensberaterinnen (13, 4 Prozent), Industrie-und Handelskammern (13, 4 Prozent) sowie Handwerkskammern (4, 5 Prozent) beraten. Außerdem wurden Informationen und Erfahrungen von Freundinnen, Kolleginnen, anderen Selbständigen und Fachleuten genutzt.
Wenn möglich, wollten sich 76, 8 Prozent der Befragten Heber von Frauen als von Männern beraten lassen. Dieser Wunsch stand im krassen Gegensatz zu den angetroffenen Personen bei Unternehmens-beratungen, Kammern und Banken, wo Männer deutlich überrepräsentiert waren, und auch noch sind.
III. Einstieg in die berufliche Selbständigkeit
1. Alter und Branchen der befragten Betriebe Die 52 Betriebe der befragten Frauen waren noch recht jung, fast die Hälfte bestand erst für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr. Dies muß im Zusammenhang mit der erst fünfjährigen Tätigkeit von FuA gesehen werden. Einigen Frauen war es daher nicht möglich, alle Fragen vollständig zu beantworten. Ältere Betriebe wurden teilweise zusätzlich gesondert betrachtet, um bei bestimmten Merkmalen den Einfluß des Betriebsalters zu berücksichtigen. Überwiegend wurden die Betriebe neu gegründet. Nur zwei Frauen beteiligten sich an einem schon bestehenden Unternehmen und vier Frauen übernahmen ein solches.
Ein Drittel aller Frauen machte sich mit einem Gewerbe selbständig. Dabei waren Dienstleistungen am stärksten vertreten. Die anderen gründeten in freien Berufen. „Typische“ Frauenberufe wurden auch hier am häufigsten gewählt, wie z. B. Heilberufe und pädagogische Tätigkeiten. Zwei Kriterien hatten Einfluß auf die Wahl des Betriebes: die Ausbildung und der momentane marktwirtschaftliche Bedarf.
Einzelne gründeten in absolut untypischen Bereichen. z. B. ein Beerdigungsinstitut und eine Kfz-Selbsthilfewerkstatt für Frauen. Insgesamt zeigte die Vielfältigkeit der Projekte, daß die Gründerinnen versucht haben, innovative Ideen umzusetzen.
Zwei Frauen waren inzwischen sogar in zwei Bereichen selbständig, wobei in einem Fall beide Betriebe thematisch völlig unabhängig voneinander waren (Reisebüro/Mitfahrzentrale und psychologische Beratungsstelle). Im zweiten Fall ergänzten sich die Tätigkeiten (Hebamme und Kurse für Schwangere). Alle Frauen, bis auf zwei Ausnahmen, hatten im Laufe der Zeit ihr Angebot erweitert bzw. spezialisiert und sich so dem Markt angepaßt. Gänzlich verändert hatte sich aber keine Frau. 2. Standort der Betriebe Ihre Arbeitsstätten hatte über die Hälfte der Frauen außerhalb der eigenen Wohnung. Ein Drittel arbeitete in Wohnung und Betrieb. Sechs Frauen arbeiteten ausschließlich zu Hause. Von ihnen hatten drei Kinder im Haushalt zu versorgen. Insgesamt schienen Kinder aber nicht den Ausschlag für die Wahl des Betriebsstandortes zu geben, sondern eher die Art der Tätigkeit. Schreibarbeiten lassen sich beispielsweise verhältnismäßig leicht und platzsparend in der Wohnung erledigen, während Tätigkeiten mit Kundenkontakt oft eigene Betriebsräume voraussetzen.
Zwei Drittel der Betriebe lagen im Zentrum, überwiegend in Seitenstraßen. Die Standorterfahrungen waren dort im allgemeinen gut. Vierzehn Frauen hatten ihren Betrieb in einem Vorort bzw. einem Randgebiet angesiedelt, auch hier vorwiegend in Seitenstraßen. Diese Standorte wurden deutlich schlechter eingestuft, nämlich nur zwei als gut, sechs als mittelmäßig und fünf als schlecht. Die Bedeutung des Standortes ist bei Betrieben mit Laufkundschaft anders zu bewerten als bei Betrieben mit geringem Kundenverkehr. Außerdem spielt die verkehrstechnische Anbindung (öffentlicher Nahverkehr, Parkmöglichkeiten) eine große Rolle. Nachteile einer Randlage können durch verstärkte Werbung ausgeglichen werden. Hoch spezialisierte Läden haben es wahrscheinlich schon einfacher, da Kunden für ausgefallene Wünsche eher einen zusätzlichen Weg in Kauf nehmen als für Alltägliches. 3. Rechtsform und Betriebsgröße Mehr als die Hälfte der Befragten (53, Prozent) gründete ihren Betrieb alleine und damit als Einzel-unternehmen. Im Laufe der Zeit hatten acht der Alleingründerinnen ihre Gründungssituation verändert. Entweder kam eine Partnerin hinzu, oder es wurden zumindest gemeinsame Räume mit Kollegen genutzt. Hier wurde deutlich, daß die Frauen daran interessiert sind, sich auszutauschen und zusammen zu arbeiten anstatt alleine „vor sich hin zu muckeln". 32, 7 Prozent der Frauen wählten eine BGB-Gesellschaft als Rechtsform, und elf Prozent gründeten einen eingetragenen, gemeinnützigen Verein. Die Vereine waren überwiegend in den Bereichen Gesundheit, Beratung und Bildung angesiedelt. Auch in diesen Betrieben zeigte sich der Trend zur Vergrößerung. Die befragten Frauen wählten in der Regel Rechtsformen, bei denen sie mit ihrem Privatvermögen haften.
In 22 Betrieben waren Mitarbeiterinnen vorhanden. Meist handelte es sich um bezahlte (11) und unbezahlte (21) Aushilfen, sowie freie Mitarbeiterinnen (90). Festanstellungen gab es in fünf Fällen, zwei Voll-und drei Teilzeitstellen. Teilweise konnten die Personalkosten durch Zuschüsse des Arbeitsamtes finanziert werden.
Freie Mitarbeiterinnen und Aushilfen sind im Verhältnis zu Festangestellten deutlich billiger und flexibler einsetzbar. Gerade in jüngeren Betrieben erlauben die geringen Umsätze keine Festeinstellungen. Im Laufe der Zeit erhöhte sich in den Betrieben die Zahl der Mitarbeiterinnen.
In 28 Betrieben arbeiteten die Gründerinnen mit Partnerinnen oder Mitarbeiterinnen zusammen. Sechs von ihnen waren hierarchisch organisiert, sieben kooperativ, und in 15 Betrieben wurden Entscheidungen kollektiv gefällt. Die Fragestellung ließ eine Unterscheidung, ob mit Mitarbeiterinnen anders umgegangen wurde als mit Partnerinnen, nicht zu. Deutlich wurde, daß Frauen in ihren Betrieben von üblichen Betriebsstrukturen abwichen und bereit waren, Verantwortung zu teilen und nicht „von oben herab“ zu entscheiden. Die Befragten zogen hiermit Konsequenzen aus eigenen Erfahrungen früherer Beschäftigungsverhältnisse, in denen sie betriebliche Entscheidungen nicht beeinflussen konnten und kreatives Arbeiten schwierig war (Gründungsmotiv). 4. Startkapital und Kreditbeschaffung Für die Gründungen stand meist nur ein geringes Startkapital zur Verfügung. 27 Prozent der Frauen begannen mit weniger als 10 000, über die Hälfte aller Betriebe startete mit bis zu 15 000 DM. Mehr als 50 000 DM wurden von 13, 5 Prozent der Gründerinnen aufgebracht.
Für Frauenbetriebe ist eine ausgesprochen geringe Kapitalausstattung in der Gründungsphase typisch und in Verbindung mit Gründungsbranchen zu sehen 8). Künstlerinnen und Pädagoginnen wendeten bis maximal 15 000 DM für ihre Selbständigkeit auf, während im Einzelhandel hier das Minimum lag. Das Startkapital wurde in der Regel durch Mischfinanzierungen aufgebracht. Zwei Drittel der Frauen konnten auf eigene Ersparnisse zurückgreifen. Für 26, Prozent der Frauen war dies sogar die einzige Finanzquelle. Über 50 Prozent der Gründerinnen wurden durch Kredite, von Verwandten (26, 9 Prozent), Freunden (15, 4 Prozent) und Partnern (11, 5 Prozent), unterstützt. 34, 6 Prozent der Befragten mußten sich das Start-kapital durch Bankkredite beschaffen. Zehn Frauen schafften dies ohne Eigenkapital; fünf von ihnen gaben Bankkredite als einzige Finanzierung an. In vier Fällen erhielten die Gründerinnen Zuschüsse von Stiftungen 9), einmal durch Spenden und Mitgliedsbeiträge, und nur eine Frau erhielt öffentliche Fördermittel. 23 Frauen verhandelten für ihre Finanzierung mit Banken, elf davon mit nur einer, zehn mit zwei bis drei Banken, und zwei Frauen versuchten es bei vier bis sechs Banken. Für sechs Gründerinnen hatten die Verhandlungen keinen Erfolg. Als größtes Problem stellten sich fehlende oder zu geringe Sicherheiten (7), zu geringer Eigenkapitalanteil (6) sowie zu geringes Investitionsvolumen (4) heraus. Skeptisch zeigten sich die Banken gegenüber Geschäftsideen (10). Finanzierungsplänen (6), und zweimal wurde die Qualifikation der Gründerin in Frage gestellt. Für die meisten Frauen, die sich selbständig gemacht haben, war es nicht selbstverständlich, Forderungen finanzieller Art an andere zu stellen, um eigene Ideen zu verwirklichen Sie waren darauf bedacht, in ihrem eigenen und im Interesse des Kreditgebers das finanzielle Risiko ihrer betrieblichen Entscheidungen möglichst gering zu halten. Die vielerorts vertretene These, daß Frauen sehr gewissenhaft mit Geld umgehen und damit zuverlässige Geschäftspartnerinnen seien, wurde bestätigt 5. Wirtschaftlichkeit der Betriebe Fast die Hälfte der befragten Gründerinnen (24) konnte noch keine Angaben über die Höhe des Jahresumsatzes ihrer Betriebe machen. In acht Betrieben wurde ein Jahresumsatz von unter 20 000 DM erwirtschaftet, wobei es sich keinesfalls nur um junge Unternehmen handelte. Vier von ihnen bestanden bereits länger als zwei Jahre. Zwischen 20 000 DM und 50 000 DM Jahresumsatz erlangten zwölf Gründerinnen, und sechs Frauen erzielten 50 000— 500 000 DM. Zwei Befragte im Dienstleistungsbereich lagen mit ein bis zwei Millionen Umsatz an der Spitze. 40, 4 Prozent der Betriebe konnten im Laufe der Zeit ihren Umsatz steigern, bei 11, 5 Prozent blieb er konstant. Eine Frau mußte einen Umsatzrückgang hinnehmen.
Im Einzelhandel und Dienstleistungssektor sind höhere Umsätze und Umsatzsteigerungen nach einer gewissen Anlaufzeit typisch, während z. B. Betriebe im Heilkundebereich längere Zeit benötigen, um sich zu etablieren. Sie werden durch Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt, und ein Vertrauensverhältnis zu Klienten muß erst aufgebaut werden. Durch die Branchenvielfalt der Gründungen ließen sich allein mit Hilfe des Jahresumsatzes Wirtschaftlichkeit und Geschäftserfolg der Betriebe nicht beurteilen. Die laufenden Kosten für Mitarbeiter/-innen, Warenlager, Mieten etc. differierten stark bei den einzelnen Gründungen. Trotzdem kann festgehalten werden, daß zumindest die Betriebe mit Umsätzen von unter 20 000 DM pro Jahr den Lebensunterhalt der Gründerinnen nicht dekken konnten. 6. Arbeitszeit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben Die wöchentliche Arbeitszeit gaben elf Frauen mit unter 20 Stunden und 25 mit 21 bis 40 Stunden an. 14 Befragte arbeiteten beruflich mehr als 40 Wo-chenstunden, vier von ihnen wendeten sogar mehr als 50 Stunden pro Woche für ihren Betrieb auf. Damit arbeiteten 70, 2 Prozent der Gründerinnen bis zu 40 Stunden. Fraglich bleibt, ob wirklich die volle berufliche Arbeitszeit mit Vor-und Nachbereitungszeiten (Buchführung, Bestellungen, Lesen von Fachliteratur etc.) angegeben wurde. Es ist zu vermuten, daß teilweise von den Befragten nur die Kernzeiten, in denen sie im Betrieb für Kunden und Klienten zur Verfügung stehen, angegeben wurden. Die in der vorliegenden Untersuchung festgestellten relativ geringen betrieblichen Arbeitszeiten der Gründerinnen zeigen, daß Frauen im Berufsleben andere Prioritäten verfolgen als Männer Frauen legen mehr Wert auf Lebensqualität (z. B. durch geringere betriebliche Arbeitszeiten) als auf Gewinnmaximierung.
Die Hypothese der Doppelbelastung von Frauen durch Berufstätigkeit scheint bestätigt. Männer, gerade wenn sie beruflich selbständig sind, beziehen ihre (Ehe-) Frauen oftmals in ihre Berufstätigkeit mit ein. Frauen erledigen häufig den „Kleinkram“ im Betrieb und erledigen die Hausarbeit weitestgehend alleine, um dem Mann den Rücken für seine Karriere freizuhalten. Genau diese Unterstützung fehlt den meisten selbständigen Frauen
Nur die Hälfte der Befragten erhielt regelmäßig Unterstützung im Haushalt, davon dreizehn vom Partner, vier von der Wohngemeinschaft und vier von ihren Kindern. Vier Frauen hatten eine bezahlte Haushaltshilfe. Bei weiteren 15 beteiligten sich Haushaltsmitglieder wenigstens gelegentlich an anfallenden Hausarbeiten.
Der Jahresurlaub fiel bei den Befragten sehr unterschiedlich aus. Neun Frauen hatten nur bis zu zwei Wochen Urlaub, elf Gründerinnen drei bis vier Wochen und neun Frauen nahmen sich fünf bis sechs Wochen Urlaub im Jahr. Mehr Urlaub machten nur sechs Frauen. Neugründerinnen (17) konnten noch keine Angaben machen. Geht man von einem durchschnittlichen fünfwöchigen Jahresurlaub bei abhängig Beschäftigten aus, schnitten die befragten Selbständigen deutlich schlechter ab. Über die Hälfte von ihnen (55, 6 Prozent) hatten nur bis zu vier Wochen Urlaub pro Jahr. Trotzdem empfanden ein Drittel aller Frauen (32, 7 Prozent) ihren Urlaub und ihre Freizeit als ausreichend, wobei fünf von ihnen bis zu vier Wochen Urlaub im Jahr hatten und 13 Frauen von ihnen bis maximal 30 Wochenstunden beruflich arbeiteten. Mehr Urlaub/Freizeit hätten gerne 36, 5 Prozent der Gründerinnen. Einige hatten zwar wenig Urlaub/Freizeit, waren aber damit zufrieden. Andere hatten zwar ausreichend Urlaub, aber eine schlechte Tagesauslastung bzw. Wochenendbereitschaften, die sie in ihrer Freizeitgestaltung wesentlich einschränkten. Eine Frau gab an, sie wünsche sich mehr Zeit für ihre berufliche Selbständigkeit, statt diese mit Haushalt und Kinderbetreuung zu verbringen. 7. Finanzielle und soziale Absicherung Relativ umsatzschwache Kleinunternehmen können in der Regel nur begrenzt den Lebensunterhalt des Inhabers sichern. Durch geringe Einkommen werden dann häufig Abstriche bei sozialer Absicherung (z. B. Alterssicherung) gemacht.
Nur sechs Frauen war es im ersten halben Jahr nach Betriebsgründung möglich, ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch ihre Gründung zu finanzieren. Die anderen Frauen bestritten ihren Lebensunterhalt zusätzlich durch Nebentätigkeiten (15), eigene Ersparnisse (14), Einkünfte des Ehemannes/Partners, Unterhaltsgeld (12), Arbeitslosengeld/-hilfe (10), sonstiges (3), Überbrückungsgeld des Arbeitsamtes nach § 55 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) (3), Hilfe zum Lebensunterhalt (1). 16 Frauen benötigten mehr als eine zusätzliche Geldquelle zum Einkommen aus ihrer Selbständigkeit. 63, 5 Prozent der Gründerinnen erzielten ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von unter 1 500 DM. Davon lagen zwölf Frauen unterhalb der 1 000 DM-Grenze und weitere zwölf erwirtschafteten weniger als 500 DM monatlich durch ihre Selbständigkeit. Einkommen zwischen 1 500 und 3 000 DM erreichten 18 Befragte und 3 000 bis 4 000 DM erzielten nur drei Frauen.
Bei den gering verdienenden Frauen (unter 1 500 DM) hatten 20 ihren Betrieb erst innerhalb des letzten Jahres gegründet. Allerdings lag auch die Inhaberin eines über vierjährigen Betriebes unterhalb von 500 DM Einkommen pro Monat. Einkommenssteigerungen konnten 17 Gründerinnen verzeichnen, vor allem die Geringverdienenden. Bei weiteren sieben Frauen hatte sich das Einkommen stabilisiert, rückläufig war es bei drei Gründerinnen.
Für Betriebe in Einzelhandel und Handwerk waren geringe Einkommen typisch, während in anderen Branchen (Dienstleistungen und Heilkundeberufe) alle Einkommensstufen vertreten waren. Verglich man Einkommenshöhe und wöchentliche Arbeitszeit, so wurde kein Schema „geringe Arbeitszeit = geringes Einkommen, bzw. hohe Arbeitszeit = hohes Einkommen“ erkennbar.
Die befragten Gründerinnen lagen mit ihrem Einkommen wesentlich unterhalb der Einkommen männlicher Selbständiger. Gründe dafür sind auf vielen Ebenen zu suchen, aber die unterschiedlichen Wertorientierungen bei Männern und Frauen und die nach wie vor skeptische Einstellung vieler Geschäftspartner gegenüber Unternehmerinnen spielen sicherlich eine Rolle dabei. Auch gegenüber abhängig beschäftigten Frauen standen die befragten Gründerinnen finanziell schlechter da, vor allem fehlte ihnen die soziale Absicherung abhängig Beschäftigter.
Bis auf eine Frau waren alle krankenversichert. Als Folge der geringen Einkommen der Gründerinnen machte sich eine unzureichende Alterssicherung bemerkbar. Über ein Drittel der Befragten (34, 6 Prozent) leistete während ihrer Selbständigkeit keinen aktiven Beitrag zur Alterssicherung. Sieben weitere Frauen finanzierten ihre Alterssicherung nicht über ihre selbständige Tätigkeit. Sie waren zusätzlich abhängig beschäftigt in Neben-tätigkeiten, um ein Mindestmaß an sozialer Absicherung zu erlangen, oder sie waren über den Bezug von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe durch das Arbeitsamt renten-und krankenversichert.
Hier wurde eines der gravierendsten Probleme der beruflichen Selbständigkeit der Befragten deutlich. Die Hypothese, daß sich Frauen durch berufliche Selbständigkeit langfristig ökonomisch absichern können, kann nur bedingt bestätigt werden. Das geringe Einkommen konnte zwar im Moment noch verkraftet werden, aber im Alter werden die Folgeerscheinungen der geringen Einkommen zum Tragen kommen und zu weiteren materiellen Einschränkungen führen. Sofern die Gründerinnen keine Rentenansprüche aus abhängigen Beschäftigungsverhältnissen haben, werden sie kaum in der Lage sein, im Alter ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten, und werden damit wieder auf staatliche oder private Unterstützungen angewiesen sein. Es sei denn, sie steigern in den nächsten Jahren ihren Umsatz. Ob dies gelingt, hängt nicht allein von ihnen ab, sondern auch von vielen anderen Faktoren (Marktentwicklung, Nachfrage etc.), die sie nur zum Teil beeinflussen können. 8. Qualifizierungsbedarf und Schwierigkeiten bei Existenzgründungen Erschreckend lang war die Liste der Schwierigkeiten, die die Gründerinnen in der Anfangszeit bewältigen mußten. Sie hatten Probleme mit fehlenden kaufmännischen Kenntnissen (50 Prozent), zu geringen Branchenkontakten (38, 5 Prozent), Verkauf und Werbung (36, 6 Prozent), Finanzierung (34, 6 Prozent), Preiskalkulation (32, 7 Prozent), fehlenden Fachkenntnissen (32, 7 Prozent), Kundenumgang (15, 4 Prozent), Räumen (14, 0 Prozent), Kompetenz und Durchsetzung gegenüber Lieferanten (13, 4 Prozent), Personal (9, 6 Prozent), anderweitigen Arbeitsbeschwernissen (15, 4 Prozent).
Die meisten Befragten sahen sich gleich mehreren Problemen gegenüber -Einige Schwierigkeiten (z. B. kaufmännische) ließen sich auf Defizite in der Ausbildung zurückführen. Deutlich wurde hier aber auch, wo die Stärken von Frauen liegen, nämlich im Umgang mit anderen Menschen. Die wenigsten Frauen hatten Probleme mit Kunden, Mitarbeitern oder Lieferanten.
Fast die Hälfte der Befragten (46, 2 Prozent) sagte aus, daß die angefallenen Schwierigkeiten mit entsprechenden Fördermaßnahmen in Form von Weiterbildungsangeboten und Finanzierungshilfen hätten beseitigt werden können. Die Defizite wurden durch berufliche Praxis und einen hohen Grad an Weiterbildung ausgeglichen. 11, 6 Prozent der Befragten hatten keine Schwierigkeiten bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee.
Auftretende betriebliche Schwierigkeiten wurden mit Hilfe verschiedener Personen gelöst. Eine besonders starke Bedeutung hatten Familie, Freunde und Bekannte. 69, 2 Prozent aller Gründerinnen sagten aus, betriebliche Probleme im privaten Kreis anzusprechen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Den Austausch mit anderen Gründerinnen suchten 59, 6 Prozent der Befragten und fast ebensoviele nutzten professionelle Beratung (57, 7 Prozent). Auch berufliche Partnerinnen und Kolleginnen waren Anlaufstelle bei betrieblichen Schwierigkeiten. Nur fünf Frauen gaben an, Probleme alleine zu lösen. Deutlich wurde, daß die Befragten den Kontakt zu anderen suchen, anstatt sich zurückzuziehen. Häufig wurden unterschiedliche Personengruppen angesprochen, um möglichst breitgefächerte Tips, Informationen und Rückmeldungen zu erhalten.
IV. Vor-und Nachteile beruflicher Selbständigkeit
Trotz der bereits geschilderten Problematiken, auf die Gründerinnen in ihren Betrieben immer wieder stießen, gab es wesentliche Pluspunkte, die die berufliche Selbständigkeit für sie besonders attraktiv machten.
An erster Stelle stand die Möglichkeit zu sinnvollem, kreativem Arbeiten (20). Flexiblere Zeiteinteilung, Eigenverantwortung und Unabhängigkeit erreichten ebenfalls einen hohen Stellenwert (16). Die Gründerinnen maßen dem persönlichen Wohlbefinden im Beruf viel Bedeutung bei.. Sie fühlten sich durch Selbständigkeit befriedigt, genossen es, Anerkennung zu finden und Kontakt zu anderen Leuten zu haben sowie mit ihren Aufgaben zu wachsen. Eine Frau faßte das für sie Positive an Selbständigkeit kurz und knapp zusammen: „alles“.
Die negativen Seiten der Selbständigkeit hingen wesentlich mit geringem/unregelmäßigem Einkommen (19), hoher Arbeitsbelastung (17) und der unsicheren Zukunftsperspektive zusammen. Einigen Frauen war der Verwaltungsaufwand (Buchführung, Steuern etc.) lästig. Andere Gründerinnen hatten Schwierigkeiten mit Eigenverantwortung, Selbstdarstellung und der Durchsetzung eigener Interessen gegenüber anderen (privat und geschäftlich). Bei der Frage, ob ihre berufliche Selbständigkeit eine positive Alternative gegenüber der vorherigen Situation sei, antworteten 78, 8 Prozent der Befragten mit „ja“ und 19, 2 Prozent mit „bedingt“. Dabei standen die Gründe bei sieben von zehn Frauen, die Einschränkungen gemacht hatten, in Zusammenhang mit geringem Einkommen oder dessen Folgeerscheinungen. Keine Frau empfand ihre Selbständigkeit als negativ. Für ihre berufliche Zukunft planten über die Hälfte der Befragten (57, 7 Prozent) eine Betriebserweiterung, während 28, 8 Prozent der Frauen weiter arbeiten wollten wie bisher und eine ihr Unternehmen verkleinern wollte. Vier Befragte trugen sich mit Gedanken, aus unterschiedlichen betrieblichen Gründen (z. B. Unrentabilität), die Selbständigkeit aufzugeben. Drei Frauen führten persönliche Gründe an. Ein Vergleich von beruflicher Selbsteinschätzung und den eingangs genannten Gründungsmotiven der befragten Frauen ergab, daß ein Großteil der Wünsche an die berufliche Selbständigkeit realisiert wurde. Verwirklicht werden konnten die Vorstellungen von Arbeitsplatz und Arbeitsinhalten. Die Befragten erlangten durch ihre berufliche Tätigkeit mehr Lebensfreude und Zufriedenheit. Auch die finanzielle Seite wurde realistisch vorausgesehen. Nur sehr wenige der Gründerinnen hofften mit der Selbständigkeit ein höheres Einkommen zu erzielen.
Die schlechte Erwerbslage und hohe Arbeitslosigkeit oft gut qualifizierter Frauen macht diese erfinderisch. Sie ergreifen Eigeninitiative, um sich durch Existenzgründungen eine Lebensgrundlage zu schaffen und Arbeitsplätze nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die Schattenseiten dieser Gründungen sollen nicht verschwiegen werden, viele Gründerinnen haben große Probleme mit sich und ihren Betrieben.
Langfristig muß sich zeigen, ob umsatzschwache Betriebe geeignet sind, ökonomische Unabhängigkeit sicherzustellen. Geringe Einkommen erfordern hohe Arbeitseinsätze der Gründerinnen. Tätigkeiten können aus Kostengründen selten delegiert werden. Unternehmensgründungen erfordern ständige Marktbeobachtung und Flexibilität, um auf Dauer bestehen zu können. So muß eine Existenzgründerin zur Fachfrau auf allen Ebenen werden, bevor sie ihren Betrieb erfolgreich leiten kann.
Um Gründerinnen bei ihrem Vorhaben zu unterstützen und noch erfolgreicher werden zu lassen, bedarf es Hilfen in unterschiedlichen Bereichen:
1. Gründerinnen benötigen individuelle, fraufenspezifische Förderung, um Defizite und Barrieren im persönlichen Bereich abzubauen. Es hat sich gezeigt, daß herkömmliche, allgemeine Beratungen die Bedürfnisse von Frauen nicht aufgreifen und Männer den Problemen von Frauen mit Unverständnis gegenüberstehen. Das Weiterbildungsangebot muß erweitert werden. Dies gilt sowohl in branchentypischen Bereichen als auch in Fragen der Betriebsführung und -leitung. Hilfreich wäre auch ein stärkerer Austausch der Gründerinnen untereinander, z. B. in Form von Netzwerken. Hier könnten die Frauen Geschäftsverbindungen knüpfen, von Erfahrungen anderer Kolleginnen profitieren und sich gegenseitig Mut machen. 2. Notwendig ist eine stärkere staatliche finanzielle Förderung bei Existenzgründungen durch Frauen. Es ist zu prüfen, ob Richtlinien bisheriger Finanzierungshilfen für Existenzgründungen Frauen benachteiligen oder gar ausschließen (z. B. geforderte Sicherheiten, Eigenkapitalanteil, Mindestinvestitionsvolumen etc.).
Gegebenenfalls müssen Förderbestimmungen geändert und zusätzlich spezielle Frauenförderprogramme entwickelt werden, um diejenigen Frauen zu unterstützen, die ansonsten schlechte Berufsaussichten auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt vorfinden. Darüber hinaus beinhaltet der Trend zur beruflichen Selbständigkeit von Frauen drei positive Aspekte für die Gesellschaft. Arbeitsmarktpolitisch gewinnen Betriebsgründungen durch Frauen immer stärker an Bedeutung, da neuentstandene Arbeitsplätze in den Betrieben in erster Linie wiederum von Frauen wahrgenommen werden. Sowohl den Gründerinnen als auch den Mitarbeiterinnen eröffnen sich interessante Tätigkeiten in neuen betrieblichen Strukturen im Gegensatz zu eingeschränkten frauenspezifischen Berufsfeldern am herkömmlichen Arbeitsmarkt. Die von Frauen gegründeten kleinen Betriebe, gerade im Dienstleistungsbereich, wirken sich gesamtwirtschaftlich stabilisierend aus, und die bedarfsorientierten Geschäftsideen der Gründerinnen erweitern die Angebotspalette.
Claudia Kirsch, Diplom-Sozialpädagogin, geb. 1959; Studium an Fachhochschule und Universität in Hamburg; seit 1985 Mitarbeiterin von „Frau und Arbeit e. V.“. Hamburg; Existenzgründungsberaterin. Veröffentlichung: Leitstelle Gleichstellung der Frau (Hrsg.), Frauen gründen Unternehmen, Hamburg 1988. Katrin Lühder, Diplom-Sozialwissenschaftlerin, geb. 1962; Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Hannover; Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule für Wirtschaft und Politik, Hamburg.
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