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Das Ende der Macht ist der Anfang der Literatur. Zum Streit um die Schriftstellerinnen in der DDR | APuZ 44/1990 | bpb.de

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APuZ 44/1990 Artikel 1 Studenten in der Wende? Versuch einer deutsch-deutschen Typologie vor der Vereinigung Das Ende der Macht ist der Anfang der Literatur. Zum Streit um die Schriftstellerinnen in der DDR Lodern oder lottern? Vom möglichen Ende des pathetischen Tons in der Nach-DDR-Literatur

Das Ende der Macht ist der Anfang der Literatur. Zum Streit um die Schriftstellerinnen in der DDR

Antonia Grunenberg

/ 30 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Streit um das Verhältnis der Literatur zur Macht ist unter dem Eindruck des Zusammenbruchs der DDR heftig entbrannt. Westdeutsche Kritiker werfen einigen Schriftstellerinnen aus der DDR ein allzu intimes Verhältnis zur Macht in der Vergangenheit vor, unter dem auch die Qualität ihrer Literatur gelitten habe. Die Ursachen für das familiäre Verhältnis vieler Literatinnen aus der DDR zu SED und Staat liegen in der spezifischen Verarbeitung des Nationalsozialismus und in dem schwärmerischen Verhältnis zum sowjetischen Sozialismus. Literatur wollte und sollte Vermittlerin sozialistischer Utopie und anti-faschistischer Moral sein. In diese Rolle wurden die Schriftstellerinnen von der Literaturkritik und der Zensur gedrängt; aber auch die Leser erhofften sich oft Lebenshilfe. Auf diese Weise wurde die Literatur zuerst zur affirmativen, dann zur kritischen SinnVerwalterin. Sie betrieb Fürstenaufklärung und Volksbelehrung. Dabei wurde die eigene, unverstellte Wahrnehmung der Realität durch die einzelnen Schriftstellerinnen oft durch die Loyalität gegenüber der SED blockiert. Ebenso wie der große Teil der Bevölkerung befanden sich auch Schriftstellerinnen in einem „Arrangement“ mit der Macht, aus dem sie sich nicht selbst befreien konnten, auch wenn sie sich im privaten Kreis kritisch äußerten. Moralische Abrechnungen machen in dieser Situation wenig Sinn. Produktiver erscheint es. ein Gespräch zwischen Ost und West darüber zu beginnen, daß das Scheitern des Sozialismus nicht nur eine Niederlage ist, sondern auch Möglichkeiten neuer Freiheit der Wahrnehmung und des Denkens im schriftstellerischen Prozeß in sich birgt.

„ Wir sind alle ganz schön durch’n Wind. “ Wolf Biermann Das große pädagogische Experiment des „realen Sozialismus“ ist zu Ende und damit auch die Rolle der Literatinnen als moralisches Korrektiv der SED. Und nun mokiert sich die hiesige Literatur-kritik, die das Schauspiel jahrelang von einer sicheren Position aus betrachtet hat: , Wir haben es schon immer gesagt, daß das Ganze nichts werden konnte. Ihr habt Euch verkauft. Früher, da haben wir euch einen DDR-Bonus gegeben. Aberjetzt, da das Experiment gescheitert ist, bekommt ihr keinen mehr. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. ’ Diejenigen, die schon immer im Westen waren, erheben den Zeigefinger, mit dem ein Teil ihrer Kolleginnen aus der DDR Fürstenaufklärung und Volksbelehrung betrieben, nun selbst. Der pädagogische Impuls der Literatur in der DDR ist seit dem Fall der Mauer im November 1989 auf die westlichen Kritiker übergegangen. Sie sind es, die jetzt ihre DDR-Kolleginnen erziehen wollen.

Merkwürdige Gefühle beschleichen mich beim Rekapitulieren des Streits um Christa Wolf und die Rolle der Literatinnen in der DDR. Einerseits bin ich froh, weil endlich ein Schweigen gebrochen wird, das nur einen Mythos befördern half. Andererseits hat sich ein salbungsvoller Ton in diese Debatte geschlichen, den ich peinlich finde. Das haben sie nicht verdient, die Schriftstellerinnen in der DDR, daß sie zu Schulter-klopf-Michs degradiert werden. Noch ist es nicht allzu lange her, da haben auch hier viele Kritiker an die Epochenillusion geglaubt, nur daß sie sie nicht leben mußten. Sich über jene, die dies mußten, zu erheben, ist kurzsichtig.

Die Scheinheiligkeit der Kritiker

Hinter der Heftigkeit, mit der sich die Kritik auf Christa Wolf gestürzt hat, steht auch ein schlechtes Gewissen.

Seit den siebziger Jahren haben westdeutsche Kulturpolitikerinnen und Kritikerinnen in der Annahme und in dem Wunsch, das SED-Regime sei stabil, dessen Kultur gelobt. Man erinnere sich der unzähligen, durch das Kulturministerium und den Schriftstellerverband der DDR lancierten Lesungen und Literaturpräsentationen, über die immer wohlwollend berichtet wurde. Dies war auch ein Ergebnis der Entspannungspolitik, die wir alle so sehr wollten und in deren Namen wir uns dann mit Kritik vornehm zurückgehalten haben. Man hätte ja die hohen Herren erzürnen und damit womöglich alles gefährden können. Und so wurde über zwei Jahrzehnte lang jener „DDR-Bonus“ für Literatur und Literatinnen immer wieder vergeben, von dem man sich jetzt so eilig distanziert. Unsere Kritikerinnen haben Bücher und Autorinnen gelobt, die sie jetzt am liebsten nicht mehr kennen würden.

Sie haben Preise vergeben für Bücher, die sie eigentlich schon immer für mittelmäßig hielten. Sie haben die repressive Toleranz eines totalitären Staates bestärkt, dessen Kulturpolitik unterstützt und auf eine merkwürdige Weise mitgeholfen, ihre Kolleginnen im Osten in ihrer fatalen Pädagoglnnen-Rolle zu bestätigen. Und das soll jetzt einfach alles umgekehrt werden?

Sühne und Selbstentmündigung

Um zu begreifen, was jetzt mit und in vielen Schriftstellerinnen, die einstmals geachtet waren und als moralisch integer galten, vor sich geht, muß man weit zurückgreifen. Frank Schirrmacher hat in einem von Günter Grass und anderen angefeindeten Artikel in der FAZ den Versuch unternommen. hinter das Geheimnis jenes Um-jeden-Preis-aushalten-Wollens zu kommen. Er konstatiert für Christa Wolf „ein familiäres, fast intimes Verhältnis zu ihrem Staat und seinen Institutionen“

Doch was ist damit gesagt? Mir war bei meinen Studien über Literatur aus der DDR, aber auch im Kontakt mit Schriftstellerinnen und Wissenschaftlerinnen der mittleren Generation schon vor Jahren aufgefallen, wie eng bei manchen, trotz aller Kritik, die innere Bindung zu Partei und Staat war.

Die waren strafende und belohnende Übermutter, strafender und belohnender Übervater. Nicht anders läßt sich die panische Angst vor Verletzung des Partei-Reglements erklären. Wenn eine Protestresolution verfaßt wurde, mußte man sie zwei Tage vorher an das ZK leiten, bevor sie an die Westmedien gehen konnte. Und das Verhalten der Schriftstellerinnen, die dieses Reglement bei Biermanns Ausbürgerung 1976 nicht einhielten, ist von ihnen selbst, aber auch von allen anderen Freundinnen und Feindinnen als unerhörte Tat empfunden worden. Aber was war der Hintergrund für jenen engen Zusammenhang von Unterdrückung und Selbstentmündigung? Die historischen Gründe liegen, schreibt Schirrmacher, in jenem Syndrom von „Scham, Schuld, Wiedergutmachung — dieser Imperativ und die Einsicht in die Konsequenz der ungeheuren Verbrechen (des Nationalsozialismus, A. G.) scheint in Ost und West jene Generation am tiefsten verinnerlicht zu haben, die das Dritte Reich noch als Jugendliche erlebt hat.“

Aber der Mechanismus erklärt sich nicht nur als Generationenfrage, sondern als ein psycho-politisches Zusammenwirken von mehreren Faktoren. Einer davon ist die Sehnsucht nach Erlösung von jener Schuld, die wir. unsere Eltern und Großeltern tragen. Diese Sehnsucht war in den ersten Jahren in der DDR heftiger wirksam als in der Bundesrepublik. In den Protagonisten des kommunistischen Widerstandes sahen diejenigen, die ein Schuldbewußtsein hatten, „wirkliche Helden und neue Väter, die das verworfene Volk und sie selber wieder annahmen“ (Schirrmacher).

Ein anderer Erklärungsgrund liegt darin, daß die Kommunisten (und zwar nicht nur die deutschen, sondern auch die sowjetischen) als die Inkarnation des „Guten“ galten. Sie hatten (wie Märtyrer?) stellvertretend für alle gelitten. Nur sie waren in der Lage dazu, Absolution zu erteilen. Aber der Preis, den sie dafür verlangten, war hoch. Nie war die Schuld ganz abgegolten. Immer blieb ein Rest, der noch abzutragen war: Nicht vor sich selbst, sondern vor der Partei. Die Kommunisten verlangten lebenslange Treue und den Verzicht auf öffentlich wirksames, unabhängiges Denken. „Aus einer Partei kann man nicht austreten wie aus einem Männergesangsverein“, hatte mir einmal der österreichische Kommunist und Schriftsteller Bruno Frei gesagt und damit den Zustand einer religiös verbrämten Infantilität beschrieben. Wie wahr: Wer austrat, war ein Feind. Wer zum falschen Zeitpunkt Presseerklärungen abgab, war ein Feind. Wer sich die falschen Gedanken machte, war ein potentieller Feind. Dies ist der Hintergrund, vor dem das schreckliche „Denken in Gegensätzen“ entstand (Kommunismus gegen Faschismus; Kommunismus gegen Imperialismus; Frieden gegen Krieg; links gegen rechts; moralisch gut gegen moralisch schlecht). Wer sich diesem Raster entzog und sich zwischen den Gegensätzen bewegte, war bestenfalls ein Revisionist.

Aber die Bindungen gingen noch tiefer. Auch der, der als Feind stigmatisiert worden war, ordnete sich noch der Parteiräson unter. Man lese nur die vehementen Selbstanklagen des Philosophen Wolfgang Harich, in die er 1957 vor Gericht ausbrach. Er flehte förmlich um seine Bestrafung: „. . . ich möchte einen Dank abstatten, und zwar an die Staatssicherheit der DDR . . . und ich habe da die Feststellung gemacht, sie sind sehr korrekt und anständig ... ich war nämlich nicht mehr aufzuhalten. Ich war ein politisch durchgebranntes Pferd, das mit Zurufen nicht mehr aufzuhalten war . . . Wenn man mich nicht festgenommen hätte, dann wäre ich heute nicht reif für die zehn Jahre, die der Herr Generalstaatsanwalt beantragt hat, sondern für den Galgen, und deshalb sage ich ...der Staatssicherheit dafür, für deren Wachsamkeit, meinen Dank.“

Die Erklärung für die Büßfertigkeit scheint einfach: Ohne die Partei war man nichts, hatte weder Selbstbewußtsein noch Berufschancen, keine Möglichkeit, dem „Guten“ dienen zu können. Man war dem Feind hilflos ausgeliefert, dem „Teufel“ Imperialismus, der einen unbarmherzig in die Untiefen seiner kapitalistischen Schlechtigkeiten zog.

Das Syndrom — Schuldbewußtsein und Sehnsucht nach Erlösung — wird auch an der Doppeldeutigkeit des Begriffs „Anti-Faschismus“ deutlich. Die Alternative zum Nationalsozialismus hieß für die Kommunisten nicht Demokratie, sondern Anti-Faschismus. Dies war schon seit 1935 die Losung gewesen, der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Kommunisten, Sozialdemokraten und bürgerliche Intellektuelle im Exil hatten einigen können. Alle waren Anti-Faschisten.

Schon während des Krieges funktionierte dieser Begriff aber auch als Ausgrenzungsmechanismus gegen abtrünnige (oder scheinbar abtrünnige) Kommunisten, gegen Intellektuelle und viele andere. Der moralische Impuls des Anti-Faschismus war zu einem machtpolitischen Kalkül geworden. Und er war bestens dazu geeignet: denn er war formal genug, um manipulierbar zu sein. Nur wenn man glauben konnte, dann war er nicht mehr formal. Dann wurde er zu einem moralischen Grund-bekenntnis: Ich bin ein Mensch, also bin ich AntiFaschist (und nicht etwa Demokrat); und umgekehrt: Ich bin ein Anti-Faschist, also bin ich ein Mensch. Dieser Mechanismus setzte sich nach dem Krieg in der DDR fort. Den Berichten von Walter Janka („Schwierigkeiten mit der Wahrheit“, 1989) und Gustav Just („Zeuge in eigener Sache“, 1990) kann man entnehmen, daß das Ideal des AntiFaschismus in den fünfziger Jahren völlig von den machtpolitischen Kalkülen der Ulbricht-Führung instrumentalisiert worden war. Und keiner wollte außen vor bleiben. Wer wollte schon auf Seiten der Faschisten oder Revanchisten stehen?

Christa Wolf hat die Hintergründe und Wirkungsweisen des „Antifa“ -Mechanismus treffend beschrieben: „Eine kleine Gruppe von Antifaschisten, die das Land regierte, hat ihr Siegesbewußtsein zu irgendeinem nicht genau zu bestimmendem Zeitpunkt aus pragmatischen Gründen auf die ganze Bevölkerung übertragen. Die . Sieger der Geschichte’ hörten auf, sich mit ihrer wirklichen Vergangenheit, der der Mitläufer, der Verführten, der Gläubigen in der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Ihren Kindern erzählten sie meistens wenig oder nichts von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Ihr untergründig schlechtes Gewissen machte sie ungeeignet, sich den stalinistischen Strukturen und Denkweisen zu widersetzen.“ Die Kommunisten saßen einer mythologischen Erhöhung auf: ihrer heroischen Rolle im Nationalsozialismus. Und von dieser Position aus erteilten sie Absolution. Christa Wolf erklärt aber nicht, wie es möglich war, daß kluge Menschen diesen Mechanismus jahrzehntelang moralisch verinnerlicht hatten. Die psycho-politische Abhängigkeit des einzelnen wird dadurch nicht deutlich.

Je mehr die Politik der Kommunisten auf pragmatischem (und nicht mehr auf zwanghaft ideologischem) Weg Konsens erzielen wollte, desto mehr trat dieser Mechanismus zurück. Aber sein Kern blieb erhalten: Man tritt nicht aus der Partei aus; man tut nichts gegen die Partei, selbst wenn man in (fast) allem nicht mehr mit ihr übereinstimmt. Das bleibt für die Generation der Schriftstellerinnen, die in den zwanziger und dreißiger Jahren geboren sind, oft eine lebenslange Konstellation. Die, die nachkommen, haben nicht mehr jene moralische Bindung. Aber vielen von ihnen fällt auch keine Alternative ein. Man glaubt nicht mehr, aber öffentlich distanzieren kann/will man sich auch nicht.

Pädagogische Sinnvermittlung

Es ist etwas zusammengebrochen, was für die Beteiligten auf der Ost-Seite nicht Gegenstand eines literarischen Streits, sondern eine kulturelle und persönliche Tragödie ist. Deshalb liest man in dem gegenwärtigen Streit so wenig Klares von ihnen. Sie sind schockiert: über die moralische Verkommenheit der einstigen Führer, die doch die „bessere“ Seite der Welt repräsentierten — und über die Kritik aus dem Westen. Für die westlichen Kritiker dagegen gilt es nur etwas zurechtzurücken. Zwar haben viele von ihnen früher selbst an die sozialistische Utopie geglaubt; aber sie mußten nicht im „realen Sozialismus“ leben. Da fällt die Distanzie-* rung leichter. Es gibt also eine fundamentale Ungleichheit in dem ausgebrochenen Streit, der noch kein Streitgespräch ist.

Für die Schriftstellerinnen in der DDR ist nicht nur ein politisches System zusammengebrochen, sondern eine Epochenillusion. Nicht nur eine Illusion über die Zukunft der Menschheit, sondern auch eine Illusion über die Macht der Schriftstellerinnen und die Rolle der Literatur. Nach dem Krieg waren sie es, die das neue Deutschland mit ihrer Literatur aufbauen sollten. Sie schufen positive Heldinnen und ergriffen Partei: für ihre Partei. Zu lange glaubten sehr viele daran, daß es Aufgabe der Literatur sei. weltanschauliche Werte literarisch und literaturpolitisch zu vermitteln. Alle Sinn-Vermittlung wurde so zur Ideologie. An dieser Konstellation änderte sich auch dadurch nichts, daß später, in den siebziger Jahren, immer mehr „heiße Themen“ aufgegriffen wurden.

Versetzen wir uns noch einmal zurück. Als auf dem VIII. Parteitag der SED 1971 die Ankunft im „realen Sozialismus“ verkündet und Ulbrichts Traum von der „sozialistischen Menschengemeinschaft“ ad acta gelegt wurde, da hieß es, Künstlerinnen und Schriftstellerinnen könnten nun „ohne Tabus“ produzieren. In der Lyrik war schon seit den sechziger Jahren mehr Spielraum gefordert worden, von Dichterinnen wie Sarah Kirsch, Elke Erb, Adolf Endler und Günter Kunert.

In den siebziger Jahren erschien dann eine Fülle von Erzählungen und Romanen, die sich des Alltags annahmen. Die Suche des Ichs nach Identität in einer entfremdeten, von bürokratischen Zwängen und verinnerlichten Dogmen geprägten Welt war das Thema in der Literatur. Namen wie Günter de Bruyn („Preisverleihung“, 1972), Volker Plenzdorf („Die neuen Leiden des jungen W.“, 1973), Jurek Becker („Irreführung der Behörden“, 1973), Gertie Tetzner („Karen W.“, 1974), Volker Braun („Unvollendete Geschichte“, 1975), Christa Wolf („Kindheitsmuster“, 1976) und Maxie Wander („Guten Morgen, du Schöne“, 1978) stehen hier für viele andere. Wollte man ein Resümee der erzählenden Literatur in diesen Jahren ziehen, so sähe es ungefähr so aus: Das Arrangement mit der gegebenen Ordnung der Dinge wird bei den meisten Erzählerinnen als selbstverständliche Voraussetzung jeden Lebens akzeptiert (von wenigen Ausnahmen abgesehen). In vielen Romanen und Erzählungen wird jedoch auch thematisiert, daß dieses Arrangement einen hohen Preis hat: die persönliche Integrität. Zunehmend ist gegen Ende der siebziger Jahre das Verhältnis des literarischen Ichs zur Gesellschaft von Konflikten und Ausgrenzungserfahrungen geprägt. Der Alltag ist von entfremdeter Arbeit beherrscht; das Individuum erfährt sich täglich als Objekt, das von den Verhältnissen zugerichtet wird. Das Bewußtsein der literarischen Figuren wie (vermutlich) ihrer Schöpferinnen wird von dem Gefühl des Mangels und der Vergeblichkeit beherrscht. Die Utopie ist in weite Feme gerückt.

Dennoch waren auch viele „kritische“ Romane und Erzählungen in das Gewand der Pädagogik verstrickt. Sie wollten belehren, nur eben anders. Sie konnten die Leserinnen nicht aus der verordneten Unmündigkeit entlassen. Verheerend wirkt sich jetzt aus, daß viele Schriftstellerinnen an diese Mission geglaubt haben. Nicht wider besseres Wissen, sondern mit dem „besseren Wissen“ der Pädagogen.

Die Literaturkritik half kräftig mit

In ihrer Doppelrolle als Sinnvermittlerinnen und als moralisches Korrektiv der Herrschenden sind die Literatinnen von der Gemeinde der Leserinnen, der Zunft der Kritikerinnen und der westlichen Literaturkritik bestärkt und ermuntert worden. Die Leserinnen griffen nach jedem Buch, das ein bißchen kritisch zu sein versprach. Sie wollten getröstet und belehrt werden. Den Leserinnen, sagte unlängst liebevoll Günter Kunert, „blieb . . . gar nichts anderes übrig, als sich auf die Belletristik zu konzentrieren. In ihr und in anderen Erzeugnissen hat der DDR-Bürger nach einer Artikulation seines Unbehagens an den „real existierenden Zuständen’ in seinem Land gesucht.“ So half er, halfen sie, tatkräftig dabei mit, die Schriftstellerinnen in der Rolle der Heilsbringerinnen zu bestärken. Fatal an der Situation war, daß sie an diese Rolle der Literatur geglaubt haben. Viele waren und sind noch heute davon überzeugt, daß die Leserinnen erzogen werden müssen. Die Literaturkritik tat ihr 5 übriges. Sie war die direkte Vermittlerin zur Kulturpolitik. Wer von ihr „verrissen“ wurde, der/die hatte nichts zu lachen. Der/die mußte sich, wenn er/sie gläubig war, schämen. Nur wenige erreichten eine innere Unabhängigkeit, die sie den psychischen Zwängen ideologisierter Kritik enthob. Die Zensurfunktion der Literaturkritik hat bis zuletzt gewirkt, auch wenn in der letzten Zeit mehr durch das Sieb der Zensorinnen ging als in den siebziger Jahren.

Wie ein „sozialistischer Bestseller“ von der Literaturkritik produziert wurde, kann man an Dieter Nolls Roman „Kippenberg“ (1979) sehen. Das Buch war ein im Action-Stil des traditionellen sozialistischen Realismus geschriebener Roman im Milieu eines naturwissenschaftlichen Forschungsinstitutes. Er ist deshalb in unserem Zusammenhang interessant, weil er literarisch belanglos, aber kulturpolitisch wichtig war. In ihm trat der Autor als Pädagoge und moralischer Richter über seine Figuren auf. Noll malte ein Bild des Sozialismus, der unaufhaltsam den Fortschritt produzierte. Die Partei wurde „mit menschlichem Antlitz“ dargestellt. Das Buch wurde von mehreren hohen Kulturfunktionären und einflußreichen Meinungsmachern wie Jürgen Kuczynski wegen seiner parteilichen Qualitäten, seiner plausiblen Charakterdarstellung und seiner Vermittlung von sozialistischen Werten hochgelobt. Ein einziger Verriß durfte erscheinen; er konnte das Bild aber nicht trüben. Noll wurde als Parteischriftsteller hochgeehrt und bekam einen Preis. Viele andere dagegen durften aufgrund mangelnder sozialistischer Qualitäten überhaupt nicht erst erscheinen. So ging es etwa Joachim Seyppel („Die Unperson oder Schwitzbad und Tod Majakowskis“, 1979) oder Erich Loest („Durch die Erde ein Riß“, 1981). Sie mußten ihre Werke im Westen veröffentlichen. Sobald von den Autorinnen die positive Belehrungsfunktion der Literatur nicht eingehalten wurde, setzte die Kritik als Zensorin ein. Im Verriß wie in der Lobpreisung waren es die pädagogischen Qualitäten, die herausgestrichen wurden.

Die westliche Literaturkritik und die hiesigen Leserinnen taten ein übriges, um den Mythos der Literatur der DDR zu verstärken. Kritikerinnen vergaben einen „DDR-Bonus“ und priesen Bücher und Autorinnen mehr für ihre Herkunft als für die Qualität der Texte. Sie taten dies teils aus schlechtem Gewissen heraus (schließlich hatte man hier seit den fünfziger Jahren kaum mehr wahrgenommen, was drüben geschrieben wurde), teils weil sie selber der Meinung waren, die Schriftstellerinnen in der DDR hätten eine positive Rolle, da sie ein „alternatives Bild“ vom Sozialismus vermittelten.

All dies half mit, jene Selbsteinschätzung der Literatur zu prägen, die im (wohlgemeinten) pädagogischen Zeigefinger gipfelte und sich für etwas Besseres hielt. Daher fällt es ihr jetzt sehr schwer, diese Rolle aufzugeben. Dennoch stimmt wohl, was Hans-Joachim Schädlich kürzlich anmerkte: „Es bleibt wohl für die Schriftsteller in Ostdeutschland nichts anderes übrig, als normale Schriftsteller in einer demokratischen Gesellschaft zu werden.“

Aber dazu wäre es nötig, den „gesellschaftlichen Auftrag“ abzulehnen, sich auf die persönliche Verantwortung des Schriftstellers zu beziehen und, vor allem, Literatur als Arbeit in und mit der Sprache und nicht als pädagogische Aufgabe zu begreifen. Aber diese Perspektive eröffnet sich für viele jetzt noch nicht. Viele, die an den „gesellschaftlichen Auftrag“ der Literatur geglaubt haben, sind maßlos enttäuscht, daß ihre Hoffnungen auf einen „anderen“ Sozialismus nicht in Erfüllung gegangen sind. Sie sind böse, weil ihre Leserinnen ihnen plötzlich untreu werden. Darin wittern sie, wie in alten Zeiten, nur Machenschaften des bösen Kapitalismus. Sie sehen nicht, daß die Epoche der „Ersatzfunktion der Literatur“ zu Ende ist. Über die eigene Befindlichkeit und die der anderen kann sich jetzt jeder selbst aussprechen. Und für die Information gibt esjetzt Zeitungen. Doch da die Schriftstellerinnen jahrzehntelang an ihre „Mission“ geglaubt haben, erfahren sie den Umbruch als Zusammenbruch aller Werte, als Chaos und schnöden Materialismus. In dieser Situation der Ablösung von den alten Mythen helfen keine moralischen Abrechnungen, helfen nur Gespräche. Aber dazu sind wir, im Westen, auch noch nicht so recht fähig.

Blockierte Wahrnehmung

Die Geschichte der Literatur in der DDR ist auch eine Geschichte verhinderter Gefühle und blockierter Wahrnehmung. Diesen Eindruck gewann ich, als ich Christa Wolfs Erzählung „Was bleibt“ las. Die Autorin berichtet von einer Zeit der Belagerung, in der jemand monatelang von der Staatssicherheit beobachtet wurde. Sie erzählt davon, wie das Bewußtsein des Beobachtet-Werdens den Tagesablauf und die Lebensgefühle verändert.

Ich habe den Text nicht als verlogen empfunden, wie dies Ulrich Greiner oder Frank Schirrmacher unterstellen. Für mein Empfinden führt Christa Wolf hier einmal mehr, fast selbstmörderisch, vor, wie Kritik an den herrschenden Zuständen und Schuldbewußtsein, Sehnsucht nach Utopie und blockierte Gefühle ein unentwirrbares Geflecht eingegangen sind, aus dem kein Entkommen war, auch wenn es Möglichkeiten dazu gab.

Die Sehnsucht nach einer unverstellten und unzerstörbaren Authentizität, nach dem Wesentlichen, dem „Sinn der Wahrheit“ durchzieht den Text wie ein Ariadnefaden. Medium der Sehnsucht ist für Christa Wolf die Sprache. Spätestens seit „Kindheitsmuster“ (1976) hatte sie den „Ekel an der Spra-ehe“, das „Unvermögen der Sprache“ in ihren Romanen und Erzählungen thematisiert. Es ist ein altes Thema — das Grundthema jeder ernstzunehmenden Literatur. Aber im Kontext eines Literaturverständnisses, das dieser immer zwei Rollen zuspielte, die der aufklärerischen Pädagogin und die der Teilhaberin an der Macht, erhält das alte Thema einen neuen Sinn. In „Was bleibt“ wird es zum Leitmotiv. „Würde ich meine Sprache je finden?“ (S. 7), so eröffnet die Ich-Erzählerin ihren Monolog. Wenig später heißt es: „in meiner neuen Sprache, die härter sein würde, als die, in der ich immer noch denken mußte“ (S. 10). Sie sinniert „den Wörtern“ hinterher, „die, sich beflissen überstürzend, hervor-quellen. wenn ich den Mund aufmache, angeschwollen von Überzeugungen, Vorurteilen und Eitelkeit, Zorn, Enttäuschung und Selbstmitleid“ (S. 11). Sie beobachtet sich selber während des Telefongesprächs mit einem Freund: „So sprachen wir immer, am wahren Text vorbei“ (S. 25). Christa Wolf beschreibt Funktion und Gebrauch einer Sklavensprache in einer Diktatur. Der Diktator bleibt freilich im Dunkeln. Beiläufig wird er tituliert als „Meister, der diese Stadt beherrschte“ (S. 34).

Ich habe den Eindruck, es geht hier nicht um die Beschreibung einer Situation, um eine Art Bestandsaufnahme (was der Titel ja nahelegt). Hier wird eher eine kunstvolle Lebenstaktik beschrieben.deren raison d’etre aber verdeckt bleibt. Die Ich-Erzählerin lebt in einer Welt, in der man sich nur unwahr verständigen kann. Sie und ihre Freunde benutzen ein kunstvolles Gestrüpp aus Meta-Metaphern, um nur ja nicht „die anderen“ mit-hören, mit-sehen zu lassen. „Die anderen“ sind bedrohlich, aber gegen sie Wut zu empfinden, scheut sie sich. Geheimnisvolle Bindungen (Schuld-gefühle?) verhindern die klare Distanzierung. Aufgrund dieser inneren Ambivalenz kostet es auch sehr viel Kraft, immer die falsche Sprache zu benutzen. Denn eigentlich möchte sie mit ihren Beobachtern lieber den wahren Text sprechen. Manchmal, wenn sie keine Kraft mehr hat. verletzt sie die Geheimregel: „Ich mußte an die zwei drei Male denken, als der wahre Text mir doch entschlüpft war, weil ich keine Kraft hatte, ihn zurückzuhalten“ (S. 25). „Wahrer Text“ war gleichbedeutend mit Gefühlen; Gefühle aber durfte sie nicht zeigen. Nur in einer unbestimmten Zukunft, „einmal, in meiner neuen, freien Sprache ..." (S. 22). Wann die Zukunft kommen würde, war ebenso ungewiß wie. wer sie herbeiführen würde — „einmal“ eben.

Der Text beschreibt eine Blockade-Situation, ein „Leben als ob“ (S. 94). Es gibt Stellen, an denen die Fassade aufgebrochen wird. Einmal wird ihr schlagartig klar, daß sie in einem permanenten Schmerz-zustand lebt (S. 33). Aber schnell erweist sich bei der Selbsterforschung, daß sie sich im Schmerz eingerichtet hat. Dauerschmerz wurde zur Gefühllosigkeit. Der Schmerz bricht unverhofft auf, als sie auf der Straße einem Mann begegnet, der das alte Arbeiterlied „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen, der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand“ (S. 43) vor sich hin pfeift. Die Gefühle kommen. Sie weint. Sie weint nicht über einen realen Zustand, sondern über die Ideale eines Lebens, das nie gelebt wurde: die Utopie des Sozialismus. Die Gefühle sind an diese Sehnsucht gebunden. In der Gegenwart können sie nicht gelebt werden.

An einer Stelle im Text wird die Selbstblockade der Hauptperson besonders deutlich. Sie fährt im Auto, und es überfällt sie plötzlich ein Zustand der Fühllosigkeit, des „blanken Grauens“ (S. 79 f.). Ihr fehlen die Worte. Sie spricht dann zu ihrem Mann wie jemand, der neben sich steht: „Ich sah mir aus einer gewissen Höhe dabei zu“ (S. 81). Interessant ist die Episode deshalb, weil sie sich auf ein literarisches Vorbild bezieht, auf Hugo von Hofmannsthais Text „Ein Brief“. Ein junger Lord beschreibt seinem Freund einen Zustand völliger Sinnesverwirrung: „Mein Fall ist in Kürze dieser: Es ist mir völlig die Fähigkeit abhanden gekommen, über irgendetwas zusammenhängend zu denken oder zu sprechen. . . Die abstrakten Worte, deren sich doch naturgemäß die Zunge bedienen muß. um irgendwelches Urteil an den Tag zu geben, zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze ... Es zerfiel mir alles in Teile, und nichts mehr ließ sich mit einem Begriff umspannen. Die einzelnen Worte schwammen um mich; sie gerannen zu Augen, die mich anstarrten, und in die ich wieder hineinstarren muß. Wirbel sind sie, in die hinabzusehen mich schwindelt, die sich unaufhaltsam drehen und durch die hindurch man ins Leere kommt.“

Hofmannsthai beschreibt einen Entfremdungsvorgang, den wir bei vielen Autorinnen der Moderne antreffen. Er geht auf den Konflikt zwischen dem Totalitätsanspruch des bewußten Subjekts, das Erkenntnisarbeit leisten will, und der Realität einer dissoziierten Dingwelt (Gesellschaft) zurück. Es ist die Erfahrung der Differenz und der Entfremdung zwischen Ich und Außenwelt, zwischen Bewußtsein und Unbewußtem. Bei Hofmannsthai ist es eine leidvolle Erfahrung, die sich zu einem krankhaften Zustand der Sinnesverwirrung steigert. Sie ähnelt einer tiefen Depression, die unaufhaltsam ins Leere zieht. In seinem Text wendet sich dieser Zustand auf eine glück-liehe Weise. Der junge Lord heilt sich selbst, indem er den Kontrollmechanismus des Bewußtseins unterläuft, sich unbewußt in die Dinge auflöst und so ein neues Verhältnis zu ihnen möglich macht. Indem das Subjekt sich dem Unbewußten anheimgibt, können Erkenntnis und Sprache wieder zu Vermittlungsinstanzen eines unabhängig von uns stattfindenden Bewegungsprozesses werden.

Bei Christa Wolf aber verharrt die Hauptfigur in der Lähmung; sie richtet sich darin ein. Der Durchbruch zu den Gefühlen, die aus dem Unbewußten kommen, wird erst gar nicht gewagt. Die Hauptfigur weiß, daß es „das Andere“ gibt, aber sie kann die Auflösung der Selbstblockade nicht aus eigener Kraft vollbringen. Die einzige Situation, in der sie es versucht, die Lesung, wird von der Staatsgewalt okkupiert. Es gelingt ihr zwar, sich innerlich von der Bedrohung zu distanzieren, aber sie hat Angst. Die Staatsgewalt hat Zugriff auf ihre Gefühle.

Sprache wird bei Christa Wolf einerseits als letztes Refugium der Wahrheit angesprochen. Andererseits erfährt man immer wieder, daß sie manipulierbar ist. Das Problem ist unlösbar, weil nicht anerkannt wird, ist. Verfolger daß Sprache mehrdeutig und Verfolgte benutzen die gleichen Worte und können doch das Gegenteil meinen. Verborgene Sinne aber können nicht im Eindeutigen gefunden werden, nicht im Bewußtsein, sondern nur im Unbewußten. Diese Erkenntnis erfordert den Abschied vom alten Wahrheitsbegriff. Diesen Schritt will die Hauptfigur nicht vollziehen. Sie beharrt darauf, hinter dem falschen Sinn der Verfolger am „richtigen“ Sinn festzuhalten. Gegen die Machthaber, die die Utopie verraten haben, wollen die Verfolgten an ihr festhalten, als wenn sie Wahrheit wäre. Unvorstellbar erscheint das Eingeständnis, daß die Utopie schon längst gescheitert ist, weil sie Freiheit mit Zwang gleichsetzt. So wird die Arbeit an der Sprache zur Jagd auf einen letzten Sinn, den es gar nicht gibt. Das Buch endet: „Daß es kein Unglück gibt, außer dem, nicht zu leben . . . Und am Ende keine Verzweiflung außer der, nicht gelebt zu haben.“ Eben diese Verzweiflung ist es, die dem Buch seinen Unterton gibt.

Es wird in Christa Wolfs Buch auch deutlich, daß die Situation der Bedrohung und der Selbstblokkade von einem inneren Sperriegel zusammengehalten wird. Im Haupttext wird der Zustand einer von außen erzwungenen Infantilisierung beschrieben: die Bewacher, der Meister und seine Gehilfen, die Spitzel im Freundeskreis. Der Sub-Text verweist darauf, daß es einen unzerstörbaren inneren Kern der Freiheit gibt. Er enthält jedoch auch Hinweise darauf, daß die äußere Unmündigkeit längst verinnerlicht worden ist: Die Ich-Erzählerin trifft mit einer jungen Frau zusammen und will ihr ausreden, offen zu sprechen und zu schreiben, weil sie sonst erneut ins Gefängnis komme. Sie läßt sie dann resigniert ziehen, weil sie merkt, daß die junge Frau unabhängiger ist als sie selbst. Oder: Sie fühlt sich eingekreist und sinniert: „Irgend jemand mußte versuchen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen“ (S. 21). Irgend jemand, aber nicht sie. Die Erlösung soll von außen kommen. Sie denkt an Galilei, „listig und furchtsam“ (S. 32), vergleicht sich mit ihm, der zum Scheine abschwor. Auch sie, soll das heißen, fügt sich nur zum Scheine. Aber was steht hinter dem Schein? „Die Freiheit im innersten Innern absoluter Einkreisung“ (S. 30). Was aber ist die Freiheit im innersten Innern? Ich denke, es ist der Traum eines Kindes von einer „schönen Gesellschäft“, in der alle Menschen gut sind, und in der die Veteraninnen der Arbeiterbewegung als Heilige verehrt werden. Diesen Traum hält das Unbewußte wider alle Erfahrungen aufrecht. Der Traum ist der innere Kreis der Gefangenschaft.

Das Beängstigende an dieser Konstellation scheint mir, daß hier über ein Leben berichtet wird, in dem jemand ständig versucht, nicht wahrzunehmen, daß seine/ihre alltäglichen Erfahrungen Teilstücke einer großen Ent-Täuschung sind. Das Unbewußte in der Frau, deren Leiden dargestellt werden, will an dem Traum festhalten. Vielleicht, weil die Frau sich vor den Entdeckungen hinter der Ent-Täuschung fürchtet. Sie ängstigt sich nicht nur vor den Verfolgern, sondern auch davor, daß sich der Traum als Luftblase entpuppen könnte. Dahinter vermutet sie das reine Nichts.

Christa Wolfs Buch will nicht nur einfach Literatur sein. Die Autorin verzichtet weitgehend auf Fiktionalität. Sie schreibt über sich und ihre Ängste in ihrer Stadt. Es greift zu kurz, dieses Buch als „Reinwaschung einer Staatsschriftstellerin“ zu nehmen. Es ist einmal mehr ein Zeugnis eines Knotens von äußeren und inneren Zwängen, die zur Handlungsunfähigkeit führen.

Man kann sich also vorstellen, wie erleichtert, wie befreit viele Schriftstellerinnen waren, als ihnen die Anforderung/Zumutung einer Selbstbefreiung in den Tagen um den 9. November 1989 abgenommen wurde. „Im Herbst der Moment der Schönheit“, schrieb die Schriftstellerin Helga Königsdorf im Juni 1990, „in dem die Utopie zum Greifen nahe schien . . . wir waren einen Moment so närrisch vor Glück, daß wir unser Metier verließen und die Wirklichkeit zu unserem Kunstwerk machen wollten.“ Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Sie wa-ren so närrisch vor Glück, weil ihre Leiden endlich belohnt wurden. Jetzt konnte der Traum, den „die Anderen“ versucht hatten zu zerstören, endlich wirklich werden; Gefühle würden gelebt werden. , Und dann die Ernüchterung: Das Volk dachte anders. Nun brach alles zusammen. Das Leiden wurde zur seelischen Krise, mühsam nur verdeckt durch Äußerungen der Enttäuschung über das Volk. — Merkwürdig übrigens, wie kritisch Christa Wolf in ihrem 1979 erstverfaßten und jetzt umgearbeiteten Text die Masse der Bevölkerung sieht, wie ihre Hauptfigur erkennt, daß „die große Masse (nicht) im Zweifelsfalle recht hatte . . ., denn sie war eine Konstruktion“ (S. 72 f.). Wieso aber die Ent-Täuschung über das Volk und nicht über den Traum, der doch so eng mit der Konstruktion der großen Masse zusammenhängt? Die Angst ist zu groß — und die Sehnsucht nach Erlösung.

Durchhalten um jeden Preis

Die Zwangslagen der Literatur und der Literatinnen, die jetzt von westlichen Kritikerinnen so heftig als „selbstverschuldete Unmündigkeit“ kritisiert werden, waren seit Ende der siebziger Jahre offenkundig. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Situation, in der Christa Wolfs Buch entstand. 1979, drei Jahre nach der Vertreibung des Dichters und Liedersängers Wolf Biermann, hielt der Katzenjammer unter den Schriftstellerinnen immer noch an. Viele waren weggegangen, und ein Ende des Exodus war nicht abzusehen. Der Schriftstellerverband hatte einige ausgeschlossen viele, die dablieben, gingen in die innere Emigration. „Aushalten“ hieß die Devise. Man ging doch nicht zum „Feind“ über (auch wenn man seine Bücher bei ihm drucken ließ).

Die Repression war nicht durchgängig; die SED-Führung operierte mit Zuckerbrot und Peitsche. In einem solchen Zustand konnte man sich einrichten. Gleichzeitig setzte ein Dissoziierungsprozeß in der Literatur Ära ein. Die des sozialistischen Realismus mit seinem Totalitätsanspruch war zu Ende. Längst fiel die Literaturszenerie nicht mehr nur in einen kritischen und einen affirmativen Teil auseinander. Literatur mußte nicht mehr direkte Loyalität produzieren. Die Kulturpolitiker in der Partei hatten gemerkt, daß sie die Schriftstellerinnen zwar blokkierten, sie aber nicht zwingen konnten. Positives zu berichten. Zeitweise schien es, als hätte sich die Politik ganz aus der Literatur zurückgezogen. Auf diesen äußeren Eindruck sind viele westliche Beobachterinnen hereingefallen. Sie lobten die Auflokkerung der kulturpolitischen Szene und fanden es ausgezeichnet, wenn der stellvertretende Kulturminister Klaus Höpke den westlichen Journalistinnen einen Brocken aus dem Wörterbuch des kritischen Menschen hinwarf.

Literatur wurde fast wieder privat. Die Grundhaltung blieb jedoch die des Durchhaltens — auf ein nicht erkennbares Ziel hin. Eher hinter den Kulissen als auf offener Szene fand eine tiefgreifende Veränderung statt. Sie zeigte sich an zwei Phänomenen: dem Wirklichkeitsverlust der arrivierten Schriftstellerinnen und der Entstehung einer neuen Literatur.

Für die achtziger Jahre konnte man von einer „Aufklärungsfunktion“ auch der kritischen Literatur nicht mehr sprechen, die sie in den siebziger Jahren noch hatte. Allenfalls versuchte Literatur zu trösten, ermunterte zum Aushalten. Je mehr sich zeigte, daß das Arrangement der Bürgerinnen mit „ihrem Staat“ auf Zwang beruhte, desto zwiespältiger wurde die Rolle einer Literatur, die zum Aushalten aufforderte. Sie wurde, ohne daß ihre Autorinnen es beabsichtigten, zur Komplizin der Macht. Unglücklich wirkte sich in dieser Situation auch aus, daß die Schriftstellerinnen nach Westen ausweichen konnten. Dort wurden sie getröstet, wurden ihre Bücher wohlwollend besprochen. Anders als ihre Kolleginnen in der CSSR oder in Polen waren sie nicht gezwungen, sich mit den Verhältnissen klar auseinanderzusetzen, Farbe zu bekennen. Während in Polen schon in den siebziger Jahren eine „civil society“ gegen den vielfräßigen Staat entstand, aus der sowohl Schriftstellerinnen wie auch Wissenschaftlerinnen und Arbeiterinnen ihre Identität bezogen; während Schriftstellerinnen in der CSSR die „Charta 77“ gründeten und dafür ins Gefängnis gingen, machte es den Schriftstellerinnen in der DDR Mühe, sich mit den kleinen jugendlichen Grüppchen zu identifizieren, die sich um Umweltprobleme, Menschenrechtsfragen und den Frieden sorgten. Wenige wagten es, sich öffentlich vor das kleine Häuflein Aufrechter zu stellen. Das Fatale an der Situation war aber nicht nur die Untätigkeit, über die moralisch zu urteilen uns hier wenig ansteht, sondern der Umstand, daß durch das Ausweichen-Können auch die Auseinandersetzung mit dem „Traum des Sozialismus“ entfiel. Die Situation war ja noch aushaltbar.

Währenddessen fand unterhalb der offiziellen kulturpolitischen Szenerie ein Generationswechsel statt, der — von heute aus gesehen — die Literatur nachhaltig veränderte. In der großen Frustration meldeten sich neue Stimmen zu Wort: zuerst klein und artig, später frech und anmaßend. Das Monopol des staatlich/parteilichen Buch-und Medienwesens wurde gebrochen. Es entstand eine private Publikations-und Zeitschriftenszene, die unabhängig von äußerer und innerer Zensur war. Die jungen Leute, die sich nicht „dreinschicken“ wollten, gehörten zur Generation derer, die seit Mitte der fünfziger Jahre geboren waren und nie die Zeit der großen Identifikation mit Partei und Staat erlebt hatten. Der Versuch ihrer Eltern, ihnen diese Identifikation zu übermitteln, war fehlgeschlagen. Sie hatten nicht das Problem, wie die Generation der in den zwanziger und dreißiger Jahren Geborenen, aus der Identifikation und dem Schuldgefühl auszusteigen; sie waren nämlich gar nicht erst eingestiegen.

Es war keine Oppositionshaltung, die sie bewegte, sondern eine spezifische Wahrnehmung. Der Literaturwissenschaftler Klaus Michael schrieb darüber unlängst: „Den allseits herrschenden Sprachregelungen (wohnte) kein wirklicher Sinn mehr inne . . . Die Worte waren besetzt und ihre Bedeutungen zugleich ent-setzt . . . Wer beispielsweise eine Zeitung zur Hand nahm, wußte Bescheid. Im Grunde wußte er es schon vorher: Mit dem Blick in die Zeitung verschwanden die Tatsachen . . . Dabei war es egal, wie man es anfaßte, hier sollte nichts mehr ausgesagt, sondern das bereits Bekannte bestätigt werden. Die Botschaft der kulturellen Zeichen war überschrieben von einer Überdosis von Standardisierungen, die die Summe aller möglichen Interpretationen von vornherein auf nur eine gültige Bedeutung festschrieb.“ Die jungen Literatinnen bewegten sich in den Räumen, die die standardisierte Zeichensprache offenließ, in den großen Differenz-Räumen der Sprache.

Anfang der achtziger Jahre gründete der Gitarrist Lothar Fiedler die private Zeitschrift „UND“ in Dresden. Er sagte seinen Freundinnen, er wolle eine Zeitschrift machen und sie sollten ihm Beiträge schicken. Keine Zensur, keine Redaktion, alles handgemacht, in jedem Heft eine Originalgrafik.

Den Text mußten die Autorinnen selber mit Durchschlägen einreichen; dann wurde es zusammengeheftet. In Ost-Berlin hatte schon vorher der Dichter Uwe Kolbe zusammen mit seinen Kollegen Lothar Trolle und Bernd Wagner die Manuskript-sammlung „Der Kaiser ist nackt“ (später „Mikado“) herausgegeben, mit Redaktion und nach eigenen Auswahlkriterien. Nur gute Texte sollten gedruckt werden. Die Dresdner fanden diesen Anspruch, über gute oder schlechte Literatur zu befinden, schon vermessen. Es sollte schreiben und veröffentlichen, wer schreiben wollte.

Wer immer von den Arrivierteren diese kleinen Sprengsätze zu Gesicht bekam, der lächelte über den Nachwuchs und seinen Dilettantismus; der Schriftsteller Volker Braun erklärte sie zu „Funktionärssöhnchen“. Die aber schrieben, pinselten und vervielfältigten weiter, erfanden neue Formen der Veröffentlichung und brachten sich untereinander ins Gespräch. Neue Zeitschriften entstanden in Halle, Leipzig, Karl-Marx-Stadt, Berlin und anderswo. Manchmal war es nur einer, der ein paar Monate lang literarische Hefte herausgab und sie mit einem gemeinsamen Namen überschrieb. Die Texte (in der Mehrzahl Lyrik) berichteten von einer Wahrnehmung, die sich im Gestrüpp verselbständigter Gebote und Verbote bewegte. Einige gingen schlau und spielerisch mit der Sprache um, entdeckten Mehrdeutigkeiten, wo immer Eindeutigkeit behauptet worden war. Eine neue Freiheit wurde entdeckt: die des Ausdrucks und der Bewegung.

Einen pädagogischen Anspruch hatten sie nicht: Sie wollten nur sich selbst erklären. Politik war ein fremdes und unverständliches Geschäft. Sprache, die eine politische Botschaft vermittelte (wie dies ja trotz aller Kritik der Anspruch der erzählenden Literatur der sechziger und siebziger Jahre gewesen war), war in ihren Augen „Müllsprache“, deren Urheber sich im Gestrüpp ihrer Worte selbst verfangen hatten. Vorbilder nahmen sie nicht aus dem „Erbe-Kanon“ der antifaschistischen Literatur einer Anna Seghers und eines Bert Brecht oder aus der aufklärerischen Literatur der siebziger Jahre. Sie griffen auf die Tradition des Symbolismus, Surrealismus und Dadaismus zurück, lasen de Saussure, Lacan und Baudrillard. Der Preis, den sie zahlten: Sie hatten keine soziale Sicherheit, wurden sehr lange von den Verlagen oder den Staats-Zeitschriften nicht beachtet und waren nicht im Schriftstellerverband.

Nur wenige unter den älteren Schriftstellerinnen (Adolf Endler, Elke Erb und Gerhard Wolf waren solche Ausnahmen) begriffen damals, was vor ihren Augen passierte: Es wurde ihnen vorgemacht, daß man sehr wohl aus dem literarischen und politischen „Arrangement“ aussteigen konnte. Dabei ging es gar nicht in erster Linie darum, daß die Sascha Anderson, Gert Papenfuß-Gorek, Rainer Schedlinski, Stefan Döring, Gabi Kachold und viele andere die „bessere“ Literatur geschrieben hätten.

Die sogenannten „jungen Dichter“ (von denen manche im Herzen, aber nicht an Jahren jung wa-ren) verweigerten eine Rolle, die im Laufe der Zei bei den „fortschrittlichen“ Schriftstellerinnen zui inneren Gefangenschaft geführt hatte. Sie widerlegten mit ihrer Existenz und ihrer Arbeit „zwischer der Sprache“ die Legende, daß es jenseits des „Durchhaltens“ keine begründbare Lebens-und Denkweise mehr gäbe.

Tragödie und neuer Anfang

Es macht keinen Sinn, vom Westen Deutschlands aus moralische Abrechnungen mit den Schriftstellerinnen im Osten Deutschlands vorzunehmen. Jetzt noch weniger als vor dem Fall der Mauer. Es gibt keine „Guten“, die jetzt den pädagogischen Zeigefinger der Besserung schwingen könnten und keine „Bösen“, die ins läuternde Fegefeuer kommen. Die Zeit der Heilslehren ist hoffentlich vorbei. Der Sozialismus war ein Projekt der Moderne. Auf beiden Seiten des (ehemaligen) Eisernen Vorhangs sind Schriftstellerinnen und Intellektuelle gleichermaßen Kinder der Moderne mit ihrem auf Totalität ausgerichteten Wahrheitsbegriff. Viele haben die Illusion von der unbegrenzten Machbarkeit der Welt (oder ihrer endgültigen Erlösung, was vielleicht auf das gleiche hinausläuft) geteilt. Es gibt nur unterschiedliche Grade der Verwirrung und Verirrung.

Ein Verständnis dieser Welt wurde (hoffentlich auf lange Zeit) widerlegt, das untrennbar mit unserer Auffassung der Moderne zusammenhängt: den Menschen nach einem einheitlichen, von Ideologie, Industrie und Technik geprägten Bild zu erziehen. Das Experiment ist gescheitert. Sinnvoll wäre es, ein normal reflektierendes Verhältnis zum Projekt Sozialismus und Moderne zu gewinnen; normal insofern, als es angeraten ist, sein Scheitern innerlich zu akzeptieren. Für die Schriftstellerinnen im Osten Deutschlands bedeutet das, sich nicht hinzustellen und zu verkünden: Dieses eine Mal ist das Unternehmen gescheitert, weil die Führer die falschen waren (ganz zu schweigen von dem unreifen Volk, das nicht weiß, was für es gut ist), aber das nächste Mal. . . Der Irrtum war eben nicht, daß es die falschen Menschen und die richtigen Ideen waren. Der Irrtum war. nicht anzuerkennen, daß das Zeitalter der auf Totalität gerichteten Gesellschaftskonzepte spätestens nach den Erfahrungen des Stalinismus und des Nationalsozialismus zu Ende war.

Sicher ist es schlimm, daß die Schriftstellerinnen in der ehemaligen DDR (zumindest die älteren) gleich zwei Formen totalitärer Diktatur hintereinander erleben mußten. Für sie geht es nicht nur darum, wie Hans Joachim Schädlich schreibt, „normale Schriftsteller in einer demokratischen Gesellschaft“ zu werden. Dies setzt voraus, daß nur sie als „die anderen“ sich ändern müßten und die Kritikerinnen hier im Westen schon immer recht hätten. Die Chance für beide Seiten besteht darin, die Dinge endlich so wahrzunehmen, wie sie sich uns geben. So könnte es produktiv sein, den großen Irrtum als Beginn eines neuen Denkens zu begreifen, dem es „darum geht, ... die „falschen’ Konstruktionen der Met -physik, Moral, Religion und Kunst in ihrem Entstehen und Vergehen zu beobachten — also das ganze Gewebe der Irrtümer, die allein den Reichtum oder, einfacher gesagt, das Sein der Wirklichkeit konstituieren.

In Anbetracht der Tatsache, daß es keine Wahrheit und keinen Grund mehr gibt, die sie widerlegen könnten, da . . . die wahre Welt zur Fabel geworden ist und damit die scheinbare’ Welt sich aufgelöst hat, sind all diese Irrungen oder Irrnisse, das Entstehen und Vergehen von Geistesformen, deren einzige Regel in einer gewissen historischen Kontinuität, ohne jeglichen Bezug zu irgendeiner fundamentalen Wahrheit besteht.“

Das Scheitern des Sozialismus ist so gerade nicht nur als Niederlage zu begreifen, sondern als einer der vielen Irrtümer, aus denen Geschichte auch besteht und damit auch als Möglichkeit neuer Freiheit der Wahrnehmung und des Denkens. Wenn diese Erkenntnis zugelassen wird, könnte eine Gelassenheit einkehren, aus der heraus die „große Epochenillusion“ in den Romanen, Erzählungen und Gedichten der deutschen Literatur thematisiert werden könnte. Dann wäre auch der Weg ins Unbewußte frei, aus dem Schriftstellerinnen schon immer Kräfte für jene Selbst-Heilung gezogen haben und von dessen kreativer Wirkung schon Hugo von Hofmannsthai sprach.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Frank Schirrmacher, „Dem Druck des härteren, strengeren Lebens standhalten“. Auch eine Studie über den autoritären Charakter: Christa Wolfs Aufsätze, Reden und ihre jüngste Erzählung „Was bleibt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Juni 1990.

  2. Wohlgemerkt nicht der sozialdemokratischen Widerstandskämpfer und auch nicht der bürgerlichen Opposition gegen Hitler.

  3. Zit. bei Walter Janka, Schwierigkeiten mit der Wahrheit, Reinbek 1989, S. 89.

  4. Christa Wolf. Den Sklaven aus sich herauspressen, in: Träumen verboten, hrsg. v. P. Neumann. Göttingen 1990. S. 19.

  5. Günter Kunert. Fragen zur Zeit. Sozialismus und Intellektuelle in der DDR. Gespräch der Redaktion von „Politische Studien“ mit Günter Kunert, in: Politische Studien. 41 (1990) 310 (März/April). S. 8.

  6. Hans Joachim Schädlich. Tanz in Ketten. Zum Mythos der DDR-Literatur, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. Juni 1990.

  7. Vgl. Ulrich Greiner. Mangel an Feingefühl, in: Die Zeit vom 1. Juni 1990.

  8. Christa Wolf. Was bleibt. Erzählung. Berlin -Weimar -Frankfurt/M. 1990. S. 32; im folgenden werden die Seiten-zahlen im Text angegeben.

  9. Hugo von Hofmannsthai. Ein Brief, in: ders., Prosa II, Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Bd. 4. Frankfurt/M. 1951. S. 18.

  10. Helga Königsdorf, Der Schmerz über das eigene Versagen, in: Die Zeit vom 1. Juni 1990.

  11. Vgl. Antonia Grunenberg. Aufbruch der inneren Mauer. Politik und Kultur in der DDR 1971 — 1990. Bremen 1990. S. 154 ff.

  12. Michael Thulin (d. i. Klaus Michael). Sprache und Sprachkritik. Die Literatur des Prenzlauer Bergs in Berlin/DDR, in: Die andere Sprache. Neue DDR-Literatur der 80er Jahre, in: text + kritik. Sonderband. hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold in Zusammenarbeit mit Gerhard Wolf, München 1990, S. 234 f.

  13. Dies wird sich erst in Zukunft erweisen, wenn die bisher ausgebliebene Rezeption dieser Literatur einsetzt.

  14. Gianni Vattimo. Nihilismus und Postmoderne in der Philosophie. in: Wege aus der Moderne, hrsg. v. Wolfgang Welsch, Weinheim 1988, S. 237 f. (Hervorhebungen von mir).

Weitere Inhalte

Antonia Grunenberg, Dr. phil; Privatdozentin an der RWTH Aachen und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen; gegenwärtig Fellow am Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen (Kulturwissenschaftliches Institut). Veröffentlichungen u. a: Bürger und Revolutionär. Georg Lukäcs 1918— 1928, Köln 1976; Aufbruch der inneren Mauer. Politik und Kultur in der DDR 1971 — 1990, Bremen 1990; zahlreiche Buchherausgaben, Zeitschriftenaufsätze und Drehbücher zur Kulturgeschichte der Weimarer Republik und der DDR.