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Verbindungen in die Zukunft 25 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel | APuZ 15/1990 | bpb.de

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APuZ 15/1990 Israel und die Bundesrepublik Eine Bilanz besonderer Beziehungen Verbindungen in die Zukunft 25 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel Die Bedeutung des Holocaust für das Selbstverständnis der israelischen Gesellschaft Israel und die Palästinenser-Frage. Probleme und Perspektiven

Verbindungen in die Zukunft 25 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel

Niels Hansen

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das deutsch-israelische Verhältnis hat sich in den zweieinhalb Jahrzehnten seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen in einer Weise positiv gestaltet, wie dies 1965 kaum zu erwarten war. Diese Entwicklung ist durch gegenläufige Episoden nur unerheblich beeinträchtigt worden. Die gesicherte Existenz des jungen Staates in dauerhaften und anerkannten Grenzen ist ein Kernpunkt der deutschen Nahostpolitik. Sie bewegt sich im Rahmen der außenpolitischen Zusammenarbeit der EG-Gemeinschaftsländer, die sich um konstruktive Beiträge zum Friedensprozeß in der Region bemühen. Wir haben nicht zuletzt in diesem Verbund die Interessen Israels stets geltend gemacht, was auch für dessen Kooperationsabkommen mit der EG gilt. Über die eigentliche Außenpolitik hinaus sind die Beziehungen unserer Länder auf zahlreichen Gebieten durch einen „besonderen Bilateralismus" gekennzeichnet, wie er jedenfalls zwischen einem europäischen und einem nahöstlichen Staat einmalig ist. Er wird zum Teil von privater Seite getragen und schafft Verständnis und Verständigung. Soweit quantifizierbar, liegen wir hier für Israel entweder an erster Stelle (z. B. Städtepartnerschaften, Jugendaustausch, Gewerkschaftskontakte), oder wir nehmen nach den USA den zweiten Platz ein (u. a. wissenschaftliche Zusammenarbeit, Handel, Tourismus). Im kulturellen Bereich haben wir an das anknüpfen können, was manche in der Weimarer Zeit als deutschjüdische Symbiose bezeichnet haben. Die partnerschaftlichen Strukturen hängen — nur vordergründig paradoxerweise — mit der historischen Dimension unseres Verhältnisses zusammen. Voraussetzung war eine fortschreitende Normalisierung. Sie bedeutet nicht „Normalität“, wie gerade die Dichte der Beziehungen belegt. Es gilt den Blick in die Zukunft zu richten, ohne die Vergangenheit daraus zu verlieren.

I. Normalisierung und Einzigartigkeit

Am 12. Mai 1965 erfolgte in Bonn der Austausch der Briefe von Bundeskanzler Erhard und Ministerpräsident Eschkol, mit dem die offiziellen Beziehungen unserer Länder begründet wurden. Beziehungen verschiedener — amtlicher und anderer — Art bestanden zwar schon vorher, die Errichtung von Botschaften gab ihnen jedoch den zwischenstaatlich üblichen Rahmen für ihre organische Pflege und Fortentwicklung. Er ist von beiden Seiten genutzt worden. Die angesehene „Jerusalem Post“ schrieb in einem Leitartikel am 18. Dezember 1989: „Seit 1965, als es diplomatische Beziehungen mit Israel aufnahm, ist Westdeutschland nach den USA unser engster Freund geworden.“

Gleichwohl besitzt das deutsch-israelische Verhältnis auch heute keine „normale“ Qualität. Das hat in der Tat mit dem zu tun, was wir die Vergangenheit zu nennen pflegen, mit den schlimmen zwölf Jahren nationalsozialistischer Gewaltherrschaft also, und mit allem, was in dieser Zeit den Juden durch Deutsche und im deutschen Namen — von der Verfemung und Verfolgung bis zum millionenfachen Mord — angetan wurde. Diese Dimension zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte unserer Beziehungen — vor und nach 1965. Sie beeinflußte diese und sie setzte — mehr oder weniger ausgeprägt — viele ihrer Wegmarken. Tiefe Emotionen und damit zusammenhängende Reflexionen und Reflexe spielten für die Israelis und ihre Politik dabei eine wesentliche Rolle. Zahlreiche Beispiele belegen es — in jüngerer und jüngster Zeit etwa bei der Frage deutscher Rüstungsausfuhren in arabische Länder oder bei den mehrheitlich kritischen Reaktionen auf die Perspektiven der Überwindung der deutschen Teilung nach der Öffnung der Mauer am 9. November 1989.

Gewiß, die Zeit heilt — so will es. zum Glück für alle, die menschliche Natur. Die Vergangenheit bestimmt immer weniger die konkrete Politik, die sich ja, im Interesse aller Beteiligten, in erster Linie an den Erfordernissen, Möglichkeiten und Chancen der Zukunft ausrichten muß. Unzweifelhaft fortschreitende Normalisierung bedeutet jedoch nicht „Normalität“. Opfer und Zeitzeugen gehen, doch geschichtliche Erfahrungen dauern an. Narben sind zurückgeblieben, sie schmerzen und zerren, und sie können verzerren. Die Juden leben wie kein zweites Volk in ihrer Geschichte, die auch vor dem — indessen schon angesichts seiner Ausmaße besonders tragischen — Holocaust eine leidvolle Geschichte gewesen ist (und wir tun übrigens gut daran, dies im Auge zu behalten, wenn wir beim Nahost-Konflikt die Sicherheitsbedürfnisse der Israelis einzuschätzen versuchen). Die Geschichte ist auch, über die Religion hinaus, ein wichtiges Symbol und Instrument ihrer nationalen Identität. Schon die Vernunft gebietet uns Deutschen, uns darüber, so gelassen es bei diesem Phänomen möglich ist, klar zu sein. Die Jüngeren, die in das Ungeheuerliche nicht verstrickt oder gar schuldig daran gewesen sein können, blicken unbefangener zurück als diejenigen, die die Nazizeit noch bewußt miterlebt haben. Sie mag die wegweisende Rede des Bundespräsidenten vom 8. Mai 1985, die im deutsch-israelischen Verhältnis einen Meilenstein bedeutete, mit ihrem jüdischer Weisheit entlehnten Leitmotiv „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“ einfacher ansprechen. Sie reagieren andererseits besonders empfindlich, wenn sie mit Kategorien der Kollektivschuld in Verbindung gebracht werden, so etwa auf die These, die Katastrophe erkläre sich aus dem deutschen Nationalcharakter. Mit all dem hängt zusammen, daß sich Forschung und Literatur in der Bundesrepublik Deutschland seit den achtziger Jahren zunehmend mit der Juden-politik Hitlers befassen. An der Technischen Universität Berlin leitet seit 1982 Herbert A. Strauss das neben Jerusalem einzige Institut in der Welt für Antisemitismusforschung. Die Sorge vieler Juden vor dem Vergessen des Holocaust und vor der „Auschwitzlüge“ — ein wichtiger Aspekt, auch des deutsch-israelischen Verhältnisses — ist meiner Überzeugung nach unbegründet.

II. Die Vorgeschichte — zwei Männer weisen den Weg

Es ist hier nicht der Platz, im einzelnen die komplizierten Entwicklungen nachzuzeichnen, die schließlich zum Botschafteraustausch führten. Konrad Adenauer und David Ben-Gurion haben dabei weitsichtig eine herausragende Rolle gespielt. Folgendes soll jedoch, da es zum allgemeinen Verständnis wesentlich ist, festgehalten werden: Die ersten Kontakte ergaben sich aus den Wiedergutmachungsverhandlungen, die im März 1952 in Wassenaer begannen und nach sechs Monaten das Luxemburger Abkommen ermöglichten. Darin wurden Israel über einen Zeitraum von zwölf Jahren Warenlieferungen in Höhe von 3, 4 Mrd. DM zugesichert und zur Vertragsabwicklung die Israel-Mission in Köln unter der Leitung von Felix Shinnar Mrd. DM zugesichert und zur Vertragsabwicklung die Israel-Mission in Köln unter der Leitung von Felix Shinnar 1) eingerichtet.

In dieser Zeit war Adenauer an der Aufnahme diplomatischer Beziehungen gelegen, doch hätte die israelische Regierung das aus psychologischen Gründen innenpolitisch noch nicht durchgestanden. Ihre Einstellung änderte sich indessen angesichts der zunehmenden politischen Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland — umsomehr, als wir während des Suez-Krieges 1956 trotz amerikanischen Drängens die in Luxemburg vereinbarten, penibel ausgeführten Leistungen nicht unterbrochen hatten. Ab Mitte der fünfziger Jahre verhielt sich dagegen die deutsche Seite zögerlich, um die Aufwertung Ost-Berlins — damals und noch viele Jahre danach für uns ein Problem allerersten Ranges — durch arabische Staaten in Grenzen zu halten. Diese hatten jedes Interesse daran, Israel zu isolieren und einem deutschen Beistand entgegenzuwirken. Sie versuchten — auch mit der Androhung und Anwendung von Wirtschaftsboykott — massiv Druck auszuüben, wobei sie systematisch die DDR-Karte spielten (z. B. Eröffnung eines Generalkonsulats der DDR in Kairo 1958).

Die historische New Yorker Begegnung der beiden großen Staatsmänner am 14. März 1960 führte dann zu einem — vertraulichen — besonderen deutschen Engagement für den jungen Staat im finanziellen, rüstungspolitischen und wissenschaftlichen Bereich (vor allem Entwicklungsanleihen zu günstigen Bedingungen 2) bereits vorher angelaufene Lieferungen von Rüstungsgütern verschiedenster Art in Höhe von schließlich 320 Millionen DM sowie gemeinsame Vorhaben mit dem Weizmann-Institut. Nicht zuletzt die von Strauß und Peres konzipierte (auch israelische Exporte, z. B. von Uzi-Maschinenpistolen und die Ausbildung israelischer Soldaten an den einschlägigen Waffensystemen in Deutschland umfassende) Rüstungskooperation, die auf Dauer nicht geheimzuhalten war, führte Ende 1964 zu einer tiefgreifenden Verschlechterung des deutsch-arabischen Verhältnisses, verbunden u. a. mit der Ausrichtung eines Staatsbesuchs von Ulbricht durch Nasser im Februar 1965. Die wirre Lage, in der die Araber ihre Karten überreizt hatten, klärte sich dann kurzfristig durch die dramatische, mutige Entscheidung Erhards vom 7. März 1965, verknüpft vor allem auch mit den Namen von Barzel und Strauß, die in den drei Verhandlungsrunden von Birrenbach in Jerusalem konkretisiert wurde 3).

Am 16. März billigte die Knesset die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit 66 gegen 29 Stimmen bei zehn Enthaltungen (Eschkol: „Wir befinden uns alle in einem Zwiespalt zwischen Gefühl und Verstand.“) 4) Obwohl gleichzeitig — gegen Kompensation — die Sistierung der Rüstungszusammenarbeit vereinbart wurde, brachen zehn von dreizehn arabischen Ländern entsprechend einer Empfehlung der Arabischen Liga, welcher nur Libyen, Marokko und Tunesien nicht folgten, noch am 12. Mai und in den darauffolgenden Tagen ihre Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland ab, die sie erst Jahre später (zunächst Jordanien 1967, als letzte Irak und Syrien 1974) wieder aufnahmen. Im August überreichten die Botschafter Pauls und Ben-Natan ihre Beglaubigungsschreiben.

Eine Übergangszeit, in der auch andere für das Verhältnis der beiden Länder wichtige Ereignisse stattgefunden hatten (Eichmann-Prozeß 1961. Aktivitäten deutscher Raketenfachleute in Ägypten in der ersten Hälfte der sechziger Jahre, Entscheidung des Bundestags vom März 1965, das Inkrafttreten der Verjährung für nationalsozialistische Gewaltverbrechen bis 1969 hinauszuschieben) war zu Ende, ein neues Kapitel konnte beginnen.

III. Existenzsicherung Israels als Kernpunkt deutscher Nahostpolitik

Für die deutsche Politik gegenüber Israel hat die gesicherte Existenz des jungen Staates in dauerhaften und anerkannten Grenzen, die es ihm ermöglicht, sich ohne Druck in den von seinen Bürgern gewünschten Lebensformen zu entwickeln, höchste Priorität. Dieses vorrangige Interesse wird nicht nur durch die historische Dimension des deutsch-israelischen Verhältnisses, sondern auch durch den Wunsch bestimmt, die einzige Demokratie der Region vor der Isolierung zu bewahren und zu stützen, deren Religion westliche Kultur und Zivilisation mitgeprägt hat und deren geistige und moralische Grundwerte wir teilen. Das zu unterstreichen erscheint gerade in einer Zeit wesentlich, in der sich das West-Ost-Verhältnis dramatisch entspannt und die sicherheitspolitische Bedeutung des Nahen Ostens weniger augenfällig sein mag.

Diese Politik wird in der Tat dadurch kompliziert, daß sich die arabische Welt, zu der Deutschland — nie Kolonialmacht in diesem Raum — traditionelle Bindungen besitzt und mit der wir schon bald nach der Wiedererlangung der Souveränität, beginnend mit Ägypten und Syrien 1952, diplomatische Vertreter austauschten und zu der wir ebenfalls gute Beziehungen unterhalten wollen, mit Israel — von Ägypten seit 1979 („Kalter Friede“) abgesehen — im Kriegszustand befindet. Dieses Spannungsverhältnis ist, wie für die anderen westlichen Länder auch, eine Konstante der deutschen Nahostpolitik. Es war gerade auch vor 1965 relevant und hat, wie dargelegt, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel auf bizarre Weise mitbestimmt und überschattet.

Im Rahmen der außenpolitischen Zusammenarbeit der EG-Länder (EPZ), die 1970 begründet wurde und bei welcher die Erarbeitung gemeinsamer Positionen in der Nahostpolitik angesichts des zunehmenden Gewichts des Mittelmeerraums für die Gemeinschaft von Anbeginn an eine wichtige Rolle spielte, bewegen wir uns auch insoweit im engen Verbund mit den anderen europäischen Partnern. Dies schränkt unsere Aktionsmöglichkeiten ein, gibt uns aber andererseits die Chance, auf Konzeption und Politiken der zwölf einzuwirken. Die in Israel tätigen Botschafter der Gemeinschaftsländer sowie der Vertreter der EG-Kommission treffen alle zwei Wochen zu Konsultationen zusammen; der israelische Außenminister gibt ihnen zweimal jährlich Arbeitsessen, im Außenministerium führen sie gemeinsam Demarchen durch oder erhalten Briefings usw.

Eine ausgewogene Politik der EG-Mitglieder, die konstruktive Beiträge zum Friedensprozeß leisten wollen, liegt durchaus auch im Interesse Israels — nicht nur während der Zeit des Kalten Krieges, in der die Stärkung westlichen Einflusses in den arabischen Ländern ja besondere Bedeutung hatte. Dabei gilt es sich allerdings allgemein darüber im klaren zu sein, daß dem Handlungsspielraum der Europäer in der Region im Hinblick auf den Nah-ost-Konflikt jedenfalls bisher vergleichsweise enge Grenzen gesetzt waren.

Wir Deutsche haben die Interessen Israels auch in diesem Rahmen stets geltend gemacht. Es läßt sich das etwa bei der Erarbeitung von Kommuniques oder bei der Koordinierung des Abstimmungsverhaltens bei den Vereinten Nationen und ihren Sonderorganisationen immer wieder belegen. Das trifft auch für parlamentarische Gremien, z. B. für das Europäische Parlament und die International Parliamentary Union, zu. Vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft haben wir in Madrid mit Nachdruck und erfolgreich für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel plädiert. Auch hinsichtlich der Beziehungen zur EG setzen wir uns traditionell für dessen Belange ein.

Unsere häufig kritisch vermerkte Untersagung amerikanischer Hilfslieferungen aus deutschen Häfen an Israel während des Jom-Kippur-Krieges 1973 erfolgte bewußt erst, nachdem Jerusalem die Lage militärisch wieder in den Griff bekommen hatte, was auch von Präsident Herzog vor seinem Staatsbesuch in Deutschland ausdrücklich gewürdigt worden ist. Was unsere Haltung zur PLO anbelangt, so haben wir stets, nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt ihrer Einstellung zum — und des — Terrorismus, strenge Maßstäbe angelegt, und die Kontakte Bonns halten sich im Vergleich zu unseren EG-Partnern qualitativ und quantitativ an der unteren Grenze. Dies trifft auch für den Empfang von Abu Sharif durch den Staatssekretär des Auswärtigen Amts im Oktober 1989 zu, mithin zu einem Zeitpunkt, als die USA mit der PLO schon lange in einen permanenten Dialog eingetreten waren.

Diese wenigen Beispiele, die sich leicht vermehren ließen, mögen genügen, um darzutun, daß die deutsche Nahostpolitik die historische Dimension unseres Verhältnisses zu Israel bewußt im Auge behält und in Rechnung stellt. Wir haben auch in schwieriger Zeit, etwa während der Ölkrise, Kurs gehalten. Das läßt sich auch für die Frage deutscher Rüstungsausfuhren in arabische Länder sagen, wobei wir gewiß gut beraten waren, dieses Feld anderen zu überlassen und unsere äußerst restriktive Politik auch dann nicht zu ändern, wenn sich hier-B für, wie vor allem bei dem in der ersten Hälfte der achtziger Jahre vieldiskutierten Export von Leopard II-Panzem nach Saudi-Arabien, unter dem Aspekt des Ost-West-Konflikts und der stabilisierenden Rolle der infragestehenden Empfängerländer Gründe geltendmachen ließen.

IV. Der „besondere Bilateralismus"

An der historisch bedingten Einmaligkeit, die bei Wesen und Entwicklung des komplexen Beziehungsgeflechts zwischen unseren Ländern immer wieder deutlich wird, liegt es vor allem, daß sich diese Beziehungen — in unvergleichbarer Weise — nicht nur mit den Maßstäben eigentlicher Außenpolitik messen und bewerten lassen, . also etwa den Parametern der Nahostpolitik. Das erklärt sich weiter daraus, daß Israel, vorwiegend aus geographischen Gründen, keinem der großen zwischenstaatlichen oder supranationalen Zusammenschlüsse angehört, die unsere Außenpolitik umfassend bestimmen, nämlich NATO, EG und Europarat, obwohl es zu den beiden letzteren institutionalisierte Bindungen unterhält.

Das deutsch-israelische Verhältnis ist vielmehr, über die Außenpolitik im engeren Sinne hinaus, auf zahlreichen Gebieten durch eine besondere Zweiseitigkeit gekennzeichnet, die — auf Bundes-, Länder-und Gemeindeebene — zwar teilweise amtlichen Charakter hat (z. B. offizielle Besuche, Erfahrungsaustausch mit und Zusammenarbeit von Ministerien und anderen Behörden, Städtepartnerschaften), oft aber von privaten Institutionen getragen wird. Förderung durch öffentliche Mittel der zweiten Kategorie und sonstige Mischformen (Aktivitäten der politischen Stiftungen, Jugendaustausch, wissenschaftliche und kulturelle Kooperation usw.) sind häufig.

Die Beziehungen in all diesen Bereichen, zu denen auch Handelsverkehr und Tourismus gezählt werden können und die sich teilweise, wenn auch zunächst äußerst zögernd, bereits vor 1965 angebahnt hatten, zeichnen sich heute durch sehr beachtliche Intensität aus. Soweit es sich quantifizieren läßt, liegt Deutschland hier meist, von israelischer Seite aus gesehen, entweder an erster Stelle, oder aber wir nehmen hinter den Vereinigten Staaten den zweiten Platz ein. Aus deutscher Sicht steht Israel relativ, d. h. gemessen an seiner Einwohnerzahl von 4, 4 Millionen, mit Abstand an der Spitze, und es besetzt auch absolut oft eine herausgehobene Position. Das ist in der Öffentlichkeit nur ungenügend bekannt und in der Literatur, soweit ich sehe, nie umfassender dargestellt worden. Als ehemaliger Botschafter in Israel vermag ich den Stellenwert dieser partnerschaftlichen Dimension unseres Verhältnisses — in die auch die Wahlkonsulate in Haifa und Eilat eingeschaltet sind — gut zu beurteilen. Sie ist auch wegen der sich daraus ergebenden Kontakte von Eliten und Multiplikatoren wichtig. Damit besitzt sie nicht zuletzt eine menschliche Seite, trägt zum Abbau von Mißverständnissen und Vorurteilen bei und hat deshalb, von uns durchaus so gemeint, mit der Aufarbeitung der Vergangenheit zu tun. Diese hängt mit der beschriebenen Dichte — nur vordergründig paradoxerweise — zusammen. Der Strom amtlicher Besucher aus Deutschland ist sehr breit, und er beruht zunehmend auf Gegenseitigkeit. Sämtliche Kategorien gemäß föderalistischer Struktur, Art der Staatsgewalt, Parteizugehörigkeit und Rangebene nehmen daran teil. Den Anfang machte schon 1957 Ollenhauer als SPD-Vorsitzender; herausragende Ereignisse waren die Besuche der Regierungschefs Brandt 1973, Rabin 1975, Kohl 1984 und Peres 1986 sowie vor allem die besonders gelungenen von Bundespräsident von Weizsäcker 1985 und Staatspräsident Herzog 1987, bei denen im Programm und in den bewegenden Ansprachen erneut die geschichtlich bedingte Komplexität der engen Beziehungen zum Ausdruck kam, aber auch die Notwendigkeit unterstrichen wurde, das Verhältnis unserer Völker mit dem Blick in die gemeinsame Zukunft vertrauensvoll zu gestalten.

Adenauer (1966) und Schmidt (1985) hatten Israel erst nach dem Ausscheiden aus dem Amt des Bundeskanzlers aufsuchen können bzw. wollen, wobei die Wiederbegegnung Adenauers mit Ben-Gurion im Kibbuz Sde Boker für die beiden großen alten Männer eine tiefe menschliche Faszination besaß. Die Israelis hängen treu an Freunden und Helfern in schwerer Zeit, und ich habe dies 1985 bei dem Aufenthalt von Strauß in Jerusalem und Tel Aviv deutlich gespürt, der mit ausnehmender Herzlichkeit empfangen wurde, obwohl er sich unmittelbar vorher öffentlich für die Ausfuhr des Leopard II nach Saudi-Arabien ausgesprochen hatte. Der Regierende Bürgermeister von Berlin kommt im allgemeinen im Anschluß an seine Antrittsbesuche in London, Paris und Washington auch nach Jerusalem. Als erste Präsidenten von Knesset und Bundestag statteten Yeshayahu 1975 und Carstens 1978 mit Delegationen Besuche ab. In beiden Parlamenten gibt es seit 1978 bzw. 1970 — unter dem jetzigen Vorsitz von Zalman Shoval und Annemarie Renger — bilaterale Ländergruppen, die bei der Ausgestaltung der Beziehungen eine Rolle spielen. Zur Zeit wirken daran auf unserer Seite 125 (von 519) Abgeordnete aller Parteien mit; zu den 28 (von 120) israelischen Teilnehmern gehören nunmehr auch Vertreter des früheren Cherut.

Anläßlich solcher Reisen wurden in den vergangenen Jahren durch die Ressortminister usw. zahlreiche Abkommen und Vereinbarungen über die Zusammenarbeit auf den verschiedensten Gebieten (Erfahrungsaustausch und gemeinsame Projekte z. B. in naturwissenschaftlicher Forschung, Technologie, Landwirtschaft, Meteorologie, Fernmeldewesen, Entwicklungshilfe in Drittländern) getroffen. Daraus hat sich regierungsseitig ein kooperatives Netz von erheblicher Intensität entwickelt, wie es jedenfalls zwischen einem europäischen und einem nahöstlichen Land einmalig ist. Auch die erfolgreiche Visite des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ in Haifa 1988 hat seine Tragfähigkeit unter Beweis gestellt.

Die parteinahen Stiftungen von CDU, CSU, SPD und FDP unterhalten in Jerusalem oder Tel Aviv Zweigstellen und sind in partnerschaftlichen Vorhaben verschiedener Art, vor allem im Bereich der politischen Bildung, aktiv. — 1975 wurde zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Histadrut, der ja jenseits der eigentlichen gewerkschaftlichen Aufgaben allgemeine wirtschaftliche Bedeutung zukommt, eine Partnerschaft vereinbart. wie sie für andere Länder so nicht besteht. Sie dient einem regelmäßigen Meinungsaustausch auf vielen Gebieten und bemüht sich auch um die Koordinierung in multilateral relevanten Fragen. Kein Zufall war es, daß der neu gewählte Histadrut-Vorsitzende Kessar 1984 seine erste Auslandsreise nach Deutschland unternahm. Die meisten DGB-Landesverbändesind mit regionalen Histadrut-Organisationen zusätzliche Bindungen eingegangen. — Die Bundeszentrale für politische Bildung bemüht sich darum, durch Vorträge, Besuchsreisen und Publikationen aller Art die Öffentlichkeit mit dem Judentum, Israel und den politischen Problemen des Nahen Ostens vertraut zu machen.

Manche Ausprägungen dieses besonderen zweiseitigen Verhältnisses gilt den Bemühungen, die Beziehungen zwischen Juden und Arabern in Israel zu bessern. Die im letzten Absatz genannten Aktivitäten sowie der — überwiegend von privater Seite finanzierte — deutsche Zweig der Jerusalem-Stiftung, mit dessen Mitteln u. a. das Arabische Gesundheitszentrum in Sheikh Jarrach errichtet wurde, sowie die Unterstützung des jüdisch-arabischen Dorfes Neve Shalom /Wahat-al-Salam und des Beit Hagefen in Haifa stellen Beispiele hierfür dar.

An dieser Stelle ein kurzes Wort über die beiden Freundschaftsgesellschaften: die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) und ihre Schwesterorganisation in Israel, die Israelisch-Deutsche Gesellschaft. Sie wurden 1966 bzw. 1971 ins Leben gerufen und werden derzeit von Erik Blumenfeld bzw. Asher Ben-Natan geleitet. Die DIG hat 29 Arbeitsgemeinschaften und über 3 000 Mitglieder. Die beiden Gesellschaften, die vor einigen Jahren Jugend-foren geschaffen haben, pflegen das gegenseitige Verständnis u. a. durch Vortrags-und Diskussionsveranstaltungen,. Sprachkurse und Jugendaustausch, und sie melden sich auch mit Verlautbarungen zu aktuellen Fragen zu Wort. Die jährlich unter Beteiligung prominenter Politiker veranstalteten gemeinsamen Tagungen stellen bewährte Kontakt-gelegenheiten dar und vermitteln wichtige Denkanstöße. Derartige Gremien gibt es natürlich auch im Verhältnis zahlreicher anderer Länder, doch ist, so scheint mir, jedenfalls in Deutschland keine aktiver als die DIG.

V. Verständigung durch Städtepartnerschaften und Jugendaustausch

Der besondere deutsch-israelische Bilateralismus wird wohl nirgendwo in quantifizierbarer Weise so deutlich wie in den Städtepartnerschaften und im Jugendaustausch. Heute gibt es über sechzig „Zwillingsverbindungen“ deutscher und israelischer Gemeinden und Landkreise, die sich seit 1975 entwikkelt haben (z. B. Beersheba-Wuppertal, Haifa mit Bremen, Mainz und Düsseldorf, Herzliya-Marl, Tel Aviv mit Köln, Frankfurt und Bonn, Niedergaliläa mit dem Landkreis Hannover), und immer noch kommen neue hinzu. Sie entfalten ganz überwiegend eine rege Aktivität (etwa gegenseitige Besuche, gemeinsame Entwicklungsvorhaben, Erfahrungsaustausch in Verwaltungsfragen, Jugendreisen, kulturelle Zusammenarbeit). Das Format dieser Partnerschaften wird richtig klar, wenn wir registrieren, daß Israel mit den Vereinigten Staaten, in denen immerhin über fünf Millionen Juden leben, als nächstem folgenden Land höchstens deren fünfzig unterhält. Der beiderseitige Jugendaustausch ist ein weiteres eindrucksvolles! besonders bedeutsames Beispiel für Intensität und Charakter unserer Beziehungen. Schon Ende der fünfziger Jahre kamen deutsche Jugendliche, einzeln oder in Gruppen, nach Israel, wenn auch anfangs noch ohne ihre Staatsangehörigkeit nach außen zu erkennen zu geben. Seit 1961 engagieren sich Mitarbeiter der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste in Israel ständig in sozialen Aufgaben. Junge Deutsche fühlten sich auf der Suche nach neuen, reizvollen Lebensformen schon früh von den Kibbuzim angezogen, und das ist lange so geblieben. Gegenseitigkeit ergab sich indessen erst viel später.

Heute reisen, mit staatlicher Förderung und angemessen vorbereitet, jährlich etwa 7 000 Jugendliche aus Deutschland nach Israel und über 3 000 israelische Mädchen und Jungen nach Deutschland. Der Austausch findet im Rahmen verschiedener Programme (zahlreiche Schulpartnerschaften, konfessionelle Gruppen, Gewerkschaften, Rotary usw.) statt, die amtliche oder private Träger besitzen und in Deutschland aus dem Bundesjugendplan und/oder durch Länder und Gemeinden, in Israel teilweise seit 1973 über den Öffentlichen Rat für den Austausch Jugendlicher und junger Erwachsener unterstützt werden können. Derjährlich zusammentretende Gemeinsame Fachausschuß entscheidet über die Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel und bemüht sich um eine gewisse Koordinierung. In unserer Botschaft ist jetzt ein eigener Jugendattachd tätig. Hinsichtlich der aufgewendeten Steuergelder nimmt Israel bei uns nach Frankreich (Deutsch-Französisches Jugendwerk) den zweiten Platz ein, während wir für Israel weit an der Spitze liegen.

Wir sollten uns weiterhin darum bemühen, am Jugendaustausch — ebenso wie an anderen Unternehmungen unserer bilateralen Zusammenarbeit — die aus den afrikanischen und asiatischen Ländern eingewanderten Israelis und ihre Nachkommen, die heute zahlenmäßig bereits die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, zu beteiligen. Bundeskanzler Kohl ist 1984 — als erster ausländischer Politiker von Rang — mit einer repräsentativen jemenitisch-jüdischen Gruppe in Jerusalem zusammengetroffen. Auch die Araber des israelischen Kernlandes gilt es angemessen zu berücksichtigen, was bisher auch keine grundsätzlichen Probleme aufgeworfen hat.

VI. „Es ist der Geist, der sich den Körper baut“

Ein sehr hoher Stellenwert im Verhältnis unserer Länder ist ihrer engen wissenschaftlichen Zusammenarbeit beizumessen, aus der sie beide beträchtlichen Nutzen ziehen. Alle sechs israelischen Universitäten, die ebenso wie das Weizmann-Institut Fördergesellschaften in Deutschland besitzen, unterhalten nunmehr mit deutschen Hochschulen elf Partnerschaften. Verschiedene Lehrstühle natur-und geisteswissenschaftlicher Disziplinen sind bei ihnen mit unserer Unterstützung errichtet worden. Zahlreiche gemeinsame Forschungsvorhaben in Israel werden zweiseitig finanziert, wobei heute der 1986 gegründeten Deutsch-Israelischen Stiftung für Wissenschaftliche Forschung und Entwicklung, zu der die Partner je 75 Millionen DM beitragen, besondere Bedeutung zukommt. Den intensiven Austausch von Professoren und Studenten erleichtern Stipendien. Allgemein spielen in Deutschland hier neben der Bundesregierung nicht zuletzt die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Humboldt-Stiftung und die Volkswagen-Stiftung eine wichtige Rolle.

Die naturwissenschaftliche Kooperation, die den Schwerpunkt darstellt, symbolisiert israelischerseits das Weizmann-Institut. Zwischen ihm und der Max-Planck-Gesellschaft bestanden bereits früh Kontakte, die sich im Verfolg des Besuchs einer Delegation, der u. a. die Nobelpreisträger Hahn und Lynen angehörten, 1959 in Rehovot und der New Yorker Begegnung von Ben-Gurion und Adenauer 1960 im Rahmen des Minerva-Komitees vor allen in den Bereichen der Grundlagenforschung laufend ausgeweitet und vertieft haben. Deutschland ist seit längerem — nach den USA — der engste Partner des berühmten Forschungs-und Lehrzentrums

Auch der kulturelle Austausch ist über die Jahre nach den verschiedensten Kriterien überdurchschnittlich rege geworden. Dies gilt für bildende Kunst, Musik und Tanz, aber auch für Literatur, Film und Theater, bei dem die Möglichkeiten der Simultanübersetzung genutzt werden. Die gegenseitige Beteiligung an den großen Buchmessen von Frankfurt und Jerusalem ist qualitativ und quantitativ gewichtig und steigt weiter an. Bei Kultur und Wissenschaft vermögen wir wohl an das anzuknüpfen. was manche für die Weimarer Zeit, allerdings — gerade im nachhinein begreiflicherweise — bestritten als deutschjüdische Symbiose bezeichnet haben, wenn sie von Hitler auch unwiederbringlich zerstört worden ist. Daß diese Tragödie in den Kulturbeziehungen ihre Rolle spielt, liegt auf der Hand. Die zweiseitigen Schulbuchempfehlungen von 1985 legten die Kriterien fest, nach denen das Bild der beiden Völker in den Lehrmaterialien objektiv und ohne Verzerrungen gezeichnet werden soll; die daraus resultierenden Kontakte tragen zu Verständnis und Verständigung bei.

1969 war die der Öffentlichkeit zugängliche Bibliothek des Berliner Kinderarztes Dr. Hirsch von der Botschaft übernommen worden. Sie bildete dann den Grundstock des 1979 eingerichteten Tel Aviver Goethe-Instituts, dem sich 1985 die Nebenstelle Jerusalem angliederte Die Institute finden mit ihrem anspruchsvollen Programm guten Widerhall. Sie erteilen auch Sprachunterricht, doch vermögen ihre Kapazitäten von jährlich rund 1 200 Schülern den Bedarf schon lange nicht mehr zu decken: Seit den siebziger Jahren ist, übrigens auch seitens der aus dem Orient stammenden Juden, ein wachsendes Interesse an der deutschen Sprache festzustellen, obwohl — oder weil — diese in Israel mit dem Ableben der Einwanderer aus dem deutschen Sprachraum immer weniger Verwendung findet. Seit 1977 besteht an der Hebräischen Universität Jerusalem als germanistischer Fachbereich die Deutsche Abteilung, die jedoch nur den akademischen Grad des B. A. verleiht; ihr Ausbau auf das Niveau der anderen Fachbereiche mit Magister-Abschluß wäre ein erheblicher Fortschritt.

Sprachen sind in der Tat in vielerlei Weise mit Emotionen befrachtet, und die deutsche war nach 1933 in Israel von der Mehrheit geächtet worden. Als Außenminister Sharett gefragt wurde, wie er sich 1952 bei der Unterzeichnung des Luxemburger Abkommens mit Adenauer verständigt habe, erwiderte er: „In der Sprache Goethes und Schillers“ (nicht etwa: Herzls). 1961 wurde bei der Aufführung von Beethovens Neunter anläßlich des 25jährigen Gründungsjubiläums des Israelischen Philharmonischen Orchesters die Sprache Schillers auf englisch vermittelt Im israelischen Rundfunk (der für die Einwanderer und das Ausland in zahlreichen Sprachen sendet) und im Fernsehen wird bis heute kein Deutsch gesprochen, und in den Schulen konnte es bis vor kurzem nicht gelehrt werden. Bei diesen ist jetzt ein Durchbruch zu verzeichnen: In zwei Gymnasien in Haifa und Kfar Saba wird seit November 1989 im Wahlfach als Fremdsprache Deutsch unterrichtet. In Tel Aviv konstituierte sich unlängst ein „Verein deutschsprachige Schule“, wofür sich auch der als Kind aus Berlin eingewanderte Oberbürgermeister Lahat nachdrücklich eingesetzt hatte. Im Fernsehen kann man nunmehr das Programm von 3 SAT empfangen. — Die langwierige Entwicklung zeigt vielleicht besser als vieles andere, daß die Normalisierung fortschreitet, daß dies jedoch keine Normalität bedeutet. Der Sport soll hier ebenfalls kurz erwähnt werden. Er hat für unsere Beziehungen über seine gesellschaftliche Funktion hinaus auch unmittelbare politische Bedeutung, weil sich die deutschen Fachverbände immer wieder — zum Teil erfolgreich — für die weitestmögliche Anbindung Israels an Europa eingesetzt haben, um seiner regionalen Isolierung auch insoweit entgegenzuwirken.

VII. Weitere Verbindungen und Bindungen

Die meisten der hier geschilderten Aktivitäten haben mit Reisen zwischen den beiden Ländern zu tun. Ganz allgemein nimmt Deutschland im Tourismus nach Israel schon seit längerem hinter den USA (1988: 250 000) den zweiten Platz (172 000) ein. Bei diesem Strom, der sich aus einem dünnen Rinnsal (1950: 180, davon 172 Juden) besonders nach 1965 (rd. 10 000) entwickelte, handelt es sich häufig — gewiß stärker als bei anderen Ländern — um auch vor dem Hintergrund der jüngeren Geschichte zu sehende Bildungsreisen. Dieser Tourismus wurde und wird — damit zusammenhängend — durch tagespolitische Ereignisse offenbar durchaus beeinflußt (vorübergehender Rückgang um fast ein Drittel nach den Angriffen Begins auf Schmidt unter Verfechtung der Kollektivschuld-These 1981, aber auch, z. B. während des Libanon-kriegs und seit der Intifada, aus Sorge um die persönliche Sicherheit).

Die Zahl der israelischen Reisenden nach Deutschland hat seit 1965 ebenfalls ganz erheblich zugenommen (1987: 135 000), und in den Jahren 1983/84 kamen sogar mehr Israelis nach Deutschland als umgekehrt Für den deutschen Botschafter sind es Erfolgserlebnisse, wenn er Israelis dazu bewegen kann, noch bestehende Zurückhaltung aufzugeben und Deutschland zu besuchen. Es überrascht nicht, daß wir (seit 1976) — nach den USA (1988: 5, 14 Mrd. Dollar) — der zweitwichtigste Handelspartner Israels sind. Die Israelisch-Deutsche Industrie-und Handelskammer in Tel Aviv sowie die israelischen Handelszentren in München und Köln haben sich als Vermittler bewährt. Seit jeher überwiegen — wie allgemein im Außenhandel Israels und ja auch bei den meisten anderen Ländern uns gegenüber — die Einfuhren (1988: 2, 33 Mrd. DM, in erster Linie industrielle Roh-und Vorprodukte — z. B.der Elektrotechnik, Chemie usw., Kraftfahrzeuge und Maschinen) die Ausfuhren (1, 26 Mrd. DM, vor allem industrielle End-und Vorerzeugnisse — Textilien, Chemie usw. — , und Gemüse); das Defizit wird indessen teilweise durch den Tourismus wieder ausgeglichen. Die Warenlieferungen gemäß dem Luxemburger Abkommen haben uns den Einstieg in den israelischen Markt erleichtert. Von einem Boykott ist ernsthaft schon längst nicht mehr die Rede — wohl jedoch vom Boykott arabischer Ländergegen deutsche Firmen, die mit Israel in Geschäftsbeziehungen stehen, über welches Problem in den letzten Jahren zwar weniger gesprochen wird, das aber immer noch Bedeutung besitzt.

Das Ungleichgewicht von Import und Export ist auf strukturelle Gründe und auf gewisse Erschwernisse im Zugang vor allem von landwirtschaftlichen Produkten zum Gemeinsamen Markt zurückzuführen. Wir haben uns bei der EG, die mit Israel ein Kooperationsabkommen unterhält immer wieder zum Anwalt israelischer Anliegen gemacht. Zum Beispiel wurden 1983 Leistungen gemäß dem Finanz-protokoll, die während des Libanonkrieges ausgesetzt worden waren, auf unser Drängen als Vorsitz-macht wieder aufgenommen. Außenminister Genscher erreichte 1988 als Ratsvorsitzender in schwie-rigen Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament dessen — bis zur Schlußabstimmung noch offenes — Einverständnis zu den Anpassungsprotokollen. nach dem Israel der Direktlieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Gaza und Westbank zugestimmt hatte.

Die private wirtschaftliche Zusammenarbeit, bei welcher die Deutsch-Israelische Wirtschaftsvereinigung in Frankfurt Hilfestellung leistet, ist fruchtbar. Die deutschen Direktinvestitionen in Israel, überwiegend in den Sektoren Beherbergung, Banken und Industrie, belaufen sich immerhin auf etwa 500 Millionen DM. Israelische — vor allem chemische und elektrotechnische — Unternehmen investieren in Deutschland auch auf dem Gebiet der Hochtechnologie (Computerbau). Erwähnenswert ist die Kooperation einer israelischen und einer deutschen Firma beim Bau von Solarkraftwerken in den USA.

Seit 1966 erhält Israel, in Ablösung der 1960 zwischen Ben-Gurion und Adenauer vereinbarten Leistungen, von der Bundesregierung projektgebundene zinsgünstige Darlehen in Höhe von jährlich 140 Millionen DM zur Entwicklung seiner Wirtschaftsstruktur. Ab 1985 ist es hier aufgrund des Tilgungs-und Zinsendienstes Nettozahler, und von 1989 an wurden ihm nochmals verbesserte Bedingungen eingeräumt. — Seit jeher werden in Deutschland von staatlicher, aber auch von privater Seite Israel-Bonds gezeichnet, die zumindest früher weniger ertragreich waren als sonstige Obligationen. Auch im Rahmen des Sozialversicherungsabkommens von 1973 fließen namhafte Beträge nach Israel.

Das umfassende Werk der individuellen „Wiedergutmachung“ gehört begrifflich nicht hierher, doch geht von den insgesamt fällig werdenden Leistungen in Höhe von weit über hundert Milliarden DM ein erheblicher Teil — bisher vermutlich etwa 25 Milliarden DM — an israelische Berechtigte, und das hat bei der positiven Entwicklung der Beziehungen natürlich eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt.

Der beschriebene „besondere Bilateralismus" in seinen vielfältigen Ausprägungen, die im Rahmen dieses Beitrags nur stichwortartig dargestellt werden konnten, ist durchaus einmalig und für das deutsch-israelische Verhältnis typisch. Er stellt in gewissen Bereichen zwar einen mehr oder weniger unmittelbaren materiellen Beistand für Israel in sei-ner nach wie vor schwierigen Lage dar, doch ist dieser Aspekt nicht vorwiegend oder gar ausschlaggebend. Die engen kooperativen Strukturen, die gegenseitiges Interesse widerspiegeln und im Interesse beider Seiten liegen, bewirken nicht zuletzt menschliche Bindungen und Affinitäten, die es mit ihrer Hilfe weiterzuentwickeln gilt. Das ist ein komplexer, schwieriger Prozeß, der über die Tagespolitik hinaus Geduld und langen Atem erfordert. Er trägt zu Normalisierung bei, gerade weil er einen besonderen Charakter besitzt und ihn behalten wird.

VIII. Befangenheit und Öffnung

Andererseits gibt es auch heute in Israel durchaus noch politische Kräfte, die gegenüber vertrauensvollen Beziehungen zu Deutschland skeptisch, sogar ablehnend eingestellt sind. Von der äußersten Linken abgesehen, die jetzt jedoch nicht mehr die gleiche Rolle wie früher spielt, sind dies traditionell Teile des Cherut und der noch weiter rechts stehenden Parteien, die ja anfänglich — etwa bei der Aufnahme der Verhandlungen über das Luxemburger Abkommen und auch der diplomatischen Beziehungen — jederlei Kontakt mit Deutschland verbissen bekämpften. Begin, der nahe Angehörige im Holocaust verlor, hat dabei eine prominente Rolle gespielt. Für ihn waren Gespräche mit Deutschen „schlimmer als der Tod“, Schadenersatz lehnte er als „Blutgeld“ ab Als Regierungschef brach er 1981, mit einem Rückfall 1983, schrill den bekannten Zwist mit Bundeskanzler Schmidt vom Zaun, der sich allerdings, wie einzuräumen ist, nach einem Besuch in Riad in einem Interview — am Holocaust-Gedenktag — in verschiedenen Punkten jedenfalls mißverständlich ausgedrückt und in Israel vor allem den Eindruck erweckt hatte, er habe, dazu ohne Auschwitz überhaupt zu erwähnen, einer Art deutscher Mitverantwortung für die palästinensischen „Vertriebenen und Flüchtlinge“ das Wort reden wollen.

Der deutsche Botschafter wird — im Gegensatz zum österreichischen — nach wie vor nicht zur Teilnahme an der jährlichen Holocaust-Gedächtnisveranstaltung in Yad Vashem eingeladen, was in der Tat eine — bittere — grundsätzliche Bedeutung besitzt. Der Cherut hatte formal bis zur endgültigen Verschmelzung mit den Liberalen zum Likud 1988 immer noch nicht einen Beschluß aus den fünfziger Jahren aufgehoben, auf Parteiebene mit Deutschland keine Verbindungen zu pflegen, und der aus dieser Bewegung kommende derzeitige Knesset-präsident, selbst den Vernichtungslagern entronnen, erklärte nach seiner Amtsübernahme ausdrücklich, er lehne für seine Person Zusammentreffen mit deutschen Politikern ab. Ob eine solche Haltung heute noch starken Widerhall findet, ist indessen unwahrscheinlich, was auch Meinungsumfragen aus jüngerer Zeit bestätigen.

Das immer breitere und dichtere Beziehungsgeflecht, wie es im „besonderen Bilateralismus" seinen Ausdruck findet, beweist, daß der weit überwiegende Teil der israelischen Bevölkerung bereit ist, mit einem neuen Deutschland, das die Vergangenheit nicht zu verdrängen sucht, zunehmend enge Verbindungen zu knüpfen und Bindungen zu unterhalten. Als eindrucksvolles Beispiel für die aufgeschlossene und im besten Sinne liberale Gesinnung maßgeblicher Israelis mag hier die Wahl des deutschen Botschafters zum Präsidenten des größten Rotary Clubs des Landes in seinem fünfzigsten Jubiläumsjahr erwähnt werden. Ganz allgemein sprechen die demoskopischen Erhebungen dafür, daß die in Israel geborenen „Zabarim“, die aus den orientalischen Ländern eingewanderten Juden und die jüngere Generation gegenüber Deutschland unbefangener sind als die anderen. Das erscheint einleuchtend wenn man sich dabei auch vor Vereinfachungen zu hüten hat

Die etwa 60 000 aus Deutschland stammenden, weit mehrheitlich nach 1933 eingewanderten Israelis,, die „Jeckes“ zu denen in gewisser Weise auch die in Österreich, Czernowitz und anderen deutschen Sprachgebieten geborenen zählen, haben an der günstigen Entwicklung der Beziehungen — wie dankbar zu vermerken ist — gewichtigen Anteil. Dabei spielen kulturelle Einflüsse und wohl auch das Vermögen eine Rolle, besser zu differenzieren und Klischees zu relativieren.

Hier ist der Platz für ein ganz kurzes Wort zur Rolle der jüdischen Bürger der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlins im Gewebe der Beziehungen der beiden Staaten Heute gibt es bei uns — leider — nur noch rund 28 000 (1933: über 500 000) Juden, zu denen etwa 6000 bis 8000 bei ihren Gemeinden nicht registrierte hinzuzuzählen sind — zu zwei Dritteln Überlebende des Holocaust aus Osteuropa, mit ihren Nachkommen, die unmittelbar nach dem Krieg oder auch später in Deutschland ansässig wurden. In Israel stieß es lange auf Unverständnis, daß Juden hier lebten, was im Zeit-verlauf aber einer nuancierteren Betrachtungsweise Platz gemacht hat. Ihre Einstellung zu Deutschland ist. auch damit verknüpft — komplex und immer noch sehr gefühlsbetont, doch hat sie mit den Jahren an Unbefangenheit gewonnen. Die ab 1949 ins Leben gerufenen 66 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (Mitgliederzahl rund 18 000), deren dreiköpfigem Koordinierungsrat ein Rabbiner angehört, bemühen sich engagiert um Dialog, Verständnis und Vertrauen. Die jüdische Gemeinschaft, deren Repräsentanten an den beidseitigen Besuchen der Staats-und Regierungschefs teilnehmen, setzen sich aktiv für ein gutes und intensives deutsch-israelisches Verhältnis ein. Auch diese vielschichtigen Zusammenhänge gehören zum besonderen Charakter der Beziehungen unserer Länder.

In der Bundesrepublik Deutschland waren enge Verbindungen mit Israel in den politischen Parteien und bei der Bevölkerung stets unbestritten. Das gilt auch für die Zeit der ersten Hälfte der sechziger Jahre, als Israel an der Aufnahme diplomatischer Beziehungen gelegen war, dies seitens der Bundesregierung jedoch hinhaltend behandelt wurde. Die Entscheidung von Erhard, deren Vorgeschichte und Abwicklung gewiß nicht als Meisterleistung deutscher Politik gelten können, wurde von der Öffentlichkeit gutgeheißen.

Das Image Israels in Deutschland hat, was die Meinungsumfragen belegen, trotz tagespolitisch bedingter Schwankungen eine positive Grundtendenz. Einen Höhepunkt stellte zweifellos der Sechstagekrieg 1967 dar (was dann auch Rückwirkungen auf das Deutschlandbild in Israel und, wie ich mich aus meiner Tätigkeit beim Generalkonsulat New York lebhaft erinnere, allgemein bei den Juden hatte). Der „Sympathiebonus“ zugunsten Israels im Verhältnis zu den arabischen Ländern blieb, mit Ausschlägen im demoskopischen Diagramm nach unten während der Ölkrise, als Folge der Kontroverse zwischen Begin und Schmidt 1981/83 sowie des Libanonkriegs, bis 1987 deutlich erhalten. Seit Ausbruch der „Intifada“ und der — oft einseitig dargestellten — darauf gerichteten israelischen Politik in der Westbank und Gaza hat Israel jedoch, wenn auch vielleicht weniger ausgesprochen als in den anderen westlichen Ländern, wachsende Imageprobleme. Man kann davon ausgehen, daß die jüngere Generation (zur „Intifada“ werden etwa beim Jugendaustausch zunehmend kritische Fragen gestellt) sowie der linke und rechte Rand des politischen Spektrums stärker mit den Palästinensern sympathisieren als die Älteren und die etablierten politischen Parteien.

IX. Rück-und Ausblick

Die deutsch-israelischen Beziehungen haben sich in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten in einer Weise positiv gestaltet, wie es 1965 wohl niemand für möglich gehalten hat. Sie sind heute in vielen Bereichen enger als diejenigen zwischen den meisten anderen Staaten. Das ist eine Entwicklung der Nachkriegs-geschichte, deren Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Dies gilt, wie der guten — oder besser: schlechten — Ordnung halber hinzugefügt werden muß, nicht für die DDR. Sie unterhält mit Israel bekanntlich keine diplomatischen oder sonstigen Beziehungen. Zwar traf das bis vor kurzem auch für die meisten anderen Staaten Ost-und Mitteleuropas zu, welche die Kontakte zu Israel — mit Ausnahme Rumäniens — 1967 abgebrochen hatten, doch ist leider festzuhalten, daß die Ost-Berliner Regierung so unnachgiebig und geschäftig wie kaum ein anderes Mitglied des Warschauer Pakts den Direktiven Moskaus für eine Politik der Isolierung Israels gefolgt ist. Das DDR-Regime leistete, als „Hort des Antifaschismus“ vorgeblich von den nationalsozialistischen Untaten nicht betroffen, auch keine materielle Entschädigung, was es uns überließ; es hat sich, zögernd und dürftig, erst 1988 dazu bereit erklärt. Der — über ein halbes Jahrhundert nach 1933 — bekundete Sinneswandel kam sehr spät.

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen stellte eine wichtige Zäsur im Verhältnis unserer Länder dar. Sie ermöglichte erst die erzielten Fortschritte — auch bei der Ausgestaltung des „besonderen Bilateralismus", der ja zum Teil nichtstaatlichen Charakter besitzt. Bedeutende israelische Botschafter in Bonn waren dafür mit maßgeblich. Ob sich seit 1965 klar abgrenzbare Etappen bestimmen lassen, erscheint mir fraglich. Es war eine kontinuierliche Entwicklung, die allerdings von der aktuellen Politik in gewissem Umfang — positiv oder negativ — beeinflußt wurde.

Es verwundert nicht, daß dabei emotional sensitive Ereignisse eine Rolle gespielt haben: Etwa die nachdrückliche Parteinahme der Bevölkerung in Deutschland für Israel im Sechstagekrieg, die weitere Verjährungsdebatten im Bundestag, der vorübergehende Aufschwung der NPD und nun gewisse Erfolge der Republikaner, der Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft in München 1972, die KZ-und Einsatzgruppenprozesse — auch jetzt gegen Demjaniuk —, judenfeindliche Schmierereien und andere antisemitische, auch antizionistische — oder als solche empfundene — Handlungen, die Nahost-Erklärung der EG von Venedig, die Auseinandersetzungen zwischen Begin und Schmidt, erwogene deutsche Rüstungsexporte in arabische Staaten, Sabra und Shatila, Bitburg, die Rede des Bundespräsidenten, der „Historikerstreit“, das Fassbinder-Stück und schließlich die „Intifada“, die israelische Politik zu ihrer Bekämpfung und die darüber vor zwei Jahren im Bundestag abgehaltene Debatte.

Der allgemeine Entwicklungsprozeß ist durch gegenläufig wirkende Begebenheiten, sofern sie Episoden blieben, — dies ist auch meine Erfahrung vor Ort — indessen bisher nur marginal beeinträchtigt worden, obwohl die Medien beider Länder, jeweils ausgiebig vertreten, bei ihrer Behandlung ja nicht zimperlich zu sein pflegen.

Das deutsch-israelische Verhältnis beginnt sich zu konsolidieren. Wir sind auf dem richtigen Weg. Vertrauen stellt sich ein. Auch lange Zeit hindurch skeptische Israelis spüren, daß man sich auf das neue Deutschland verlassen kann. Die Intensität unserer Beziehungen, die einzigartigen Charakter haben, ist jedoch kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Es lohnt sich, sie weiter auszubauen. Dem wird die Lösung des Nahost-Konflikts förderlich sein, die der leidgeprüften Region endlich den ersehnten, umfassenden Frieden bringen muß und die trotz aller Probleme und Schwierigkeiten unabdingbar und dringlich ist.

Die Aussichten für die weitere Entwicklung sind gut. Grundlage ist die demokratische Staatsform, die nunmehr auch auf den östlichen Teil des bald vereinigten Deutschlands ausgedehnt wurde und für die es in beiden Ländern keine Alternativen gibt. Die Zukunft hält für die zwei Völker bedeutende Herausforderungen bereit. Manche haben globales Ausmaß und sind nur global zu bewältigen. Eine enge deutsch-israelische Zusammenarbeit wird dafür zum Nutzen aller wesentliche Beiträge leisten können. Es gilt den Blick in die Zukunft zu richten, ohne die Vergangenheit daraus zu verlieren.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Felix E. Shinnar. Bericht eines Beauftragten, Tübingen 1967.

  2. Vgl. Kurt Birrenbach, Meine Sondermissionen. Düsseldorf-Wien 1984, S. 83 ff.

  3. Zitiert in: Inge Deutschkron, Israel und die Deutschen, Köln 1970, S. 327.

  4. Vgl. Dietmar K. Nickel, Es begann in Rehovot. Die Anfänge der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland. Zürich 1990.

  5. Vgl. z. B. Yohanan Meroz, In schwieriger Mission, Berlin-Frankfurt 1986, S. 136 ff.

  6. Vgl. Ilse Valerie Cohnen. Entstehung und Auftrag der Bibliothek des Goethe-Instituts Tel Aviv, in: Mitteilungsblatt des Verbandes der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen, 36 (1986) 1.

  7. Vgl. I. Deutschkron (Anm. 4), S. 77 und 184.

  8. Die Zahlen sind weitgehend dem Buch von Michael Wolffsohn. Ewige Schuld? 40 Jahre deutsch-jüdisch-israelische Beziehungen, München-Zürich 1988. entnommen, der dem Tourismus ein eigenes Kapitel gewidmet hat (S. 102 ff.).

  9. Das 1975 gemäß Artikel 238 EG-Vertrag geschlossene unbefristete Abkommen sieht die schrittweise Errichtung einer Freihandelszone vor. Die EG beseitigte 1977, bis auf einige Ausnahmeprodukte, die Zölle für gewerbliche Güter aus Israel, und dieses liberalisierte 1989 die Importe von EG-Industriewaren. — Im Agrarbereich erhielt Israel für seine wichtigsten Ausfuhrprodukte jahreszeitlich abgestufte Zoll-präferenzen. Die durch die Süderweiterung erforderlich gewordenen Anpassungsprotokolle von 1987 sollen die traditionellen israelischen Agrarausfuhren in die Gemeinschaft auch weiterhin garantieren; bei Zitrusfrüchten werden während einer Übergangszeit bis Ende 1995 die gleichen Erleichterungen wie für Spanien und Portugal gewährt. — Das Kooperationsabkommen wurde 1977 durch ein Zusatzprotokoll zur Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen Produktion, Absatzförderung, industrielle Entwicklung, Landwirtschaft, Direktinvestitionen, Wissenschaft. Technologie und Umweltschutz ergänzt. — Das 3. Finanzprotokoll von 1987 hat einen — erweiterten — Rahmen von 63 Millionen ECU (rd. 126 Millionen DM), mit dem Vorhaben gefördert werden, die in Israel zu einer Produktivitätssteigerung oder zur Komplementarität der beiden Volkswirtschaften beitragen und insbesondere der Industrialisierung Israels zugute kommen.

  10. Vgl. Niels Hansen, Fortgeschrittene Partnerschaft, in: Tribüne, (1983) 87; ders., Ungewöhnliche Partnerschaft, in: ebd., (1985) 94; ders., Beständige Verständigung, in: ebd., (1990) 113.

  11. Asher Ben-Natan, Von Krisen nicht verschont geblieben. Die Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen seit 1951, in: Tribüne, (1988) 106, S. 77.

  12. Vgl. M. Wolffsohn (Anm. 7), S. 99; ferner ders; Deutsch-Israelische Beziehungen. Umfragen und Interpretationen 1952— 1983, München 1986.

  13. Vgl. Shlomo Erel, Neue Wurzeln — 50 Jahre Immigration deutschsprachiger Juden in Israel, Stuttgart 1983. S. 14.

  14. Vgl. Micha Brumlik/Doron Kiesel/Cilly Kugelmann/Ju-liusH. Schoeps (Hrsg.). Jüdisches Leben in Deutschland seit 1945, Frankfurt 1988.

  15. So M. Wolffsohn (Anm. 9), S. 99.

Weitere Inhalte

Niels Hansen, Dr. jur., geb. 1924; von 1951 bis 1952 Assistent für Römisches Recht und Rechtsgeschichte an der Universität Genf; im deutschen auswärtigen Dienst (von 1952 bis 1989, u. a. von 1981 bis 1985 Botschafter in Israel. Zahlreiche Veröffentlichungen in Sammelwerken und Zeitschriften, vorwiegend über außen-und sicherheitspolitische Themen.