Parteiideologien und Problemverarbeitung in der kommunalen Infrastrukturpolitik
Oscar W. Gabriel/Volker Kunz/Thomas Zapf-Schramm
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Zusammenfassung
Den kommunalen Investitionen kommt eine bedeutende Rolle in der räumlichen Verteilung der von öffentlichen Trägem erstellten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Infrastruktur zu. Im Rahmen der Policy-Output-Forschung wird die Relevanz der Machtverteilung im lokalen Parteiensystem für die Investitionsentscheidungen der kommunalen Organe überprüft. Die Untersuchungsanordnung folgt der Systemtheorie Eastons, indem die unterschiedlichen Reaktionen bürgerlich bzw. sozialdemokratisch geführter Kommunalverwaltungen auf Veränderungen des Investitionsbedarfs und der Ressourcen zum Gegenstand der empirischen Analyse gemacht werden. Ein klares parteipolitisch bedingtes Leistungsprofil läßt sich allerdings nicht nachweisen.
I. Das Untersuchungsproblem
Die kommunalen Gebietskörperschaften spielen in Deutsehland traditionell eine Schlüsselrolle als Träger der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Infrastrukturausstattung der Bundesrepublik hängt nicht zuletzt von den Entscheidungen kommunaler Organe ab. Als Träger der örtlichen Planungshoheit wirken die Gemeinden mittelbar oder unmittelbar an sämtlichen raumbezogenen Planungen des Staates mit. Dadurch beeinflussen sie maßgeblich die räumliche Verteilung der von öffentlichen Trägern erstellten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Infrastruktur Darüber hinaus verfügen sie über einen mittelbaren Einfluß auf die Verteilung privater Infrastruktureinrichtungen, da die Standortent-Scheidungen der Privatwirtschaft nicht zuletzt von der bereits vorhandenen örtlichen Infrastruktur abhängen. Für die Lebensqualität der Bundesrepublik maßgebliche Entscheidungen fallen insofern in Gemeinderäten und Kreistagen.
Zu den wichtigsten Gestaltungsinstrumenten der staatlichen Infrastrukturpolitik gehören die Investitionsentscheidungen der Kommunen. Die Zahl und die Qualität der Schulen, der Sport-und Freizeit-einrichtungen, der Einrichtungen zur Ver-und Entsorgung usw. werden bestimmt durch die Höhe und die strukturelle Zusammensetzung der öffentlichen Investitionsausgaben, von denen die Gemeinden und Gemeindeverbände über 60 Prozent tätigen Die Struktur-und konjunkturpolitische Bedeutsamkeit der kommunalen Investitionsausgaben geht aus Art. 10 a, Abs. 4 GG hervor, der dem Bund unter Struktur-und konjunkturpolitischen Gesichtspunkten einen direkten Zugriff auf die Ausgestaltung der kommunalen Investitionen eröffnet. Demnach kann der Bund den Ländern und den Gemeinden Finanzhilfen für konjunktur-oder strukturpo-litisch bedeutsame Investitionen gewähren. Die Investitionshilfekompetenz des Bundes erstreckt sich mittlerweile auf zahlreiche infrastruktur-politisch bedeutsame Handlungsfelder der Kommunen 4).
In der kommunalwissenschaftlichen Diskussion ist die Investitionspolitik seit langer Zeit ein bedeutsames Thema, wenn auch unter einem verhältnismäßig begrenzten Blickwinkel. Ein beträchtlicher Teil der einschlägigen Untersuchungen bezieht sich auf die Beziehungen zwischen staatlichen Investitionshilfen und kommunalen Investitionsentscheidungen. Verfechter einer integrierten gesamtstaatlichen Strukturplanung kritisieren dabei die unzulängliche strukturpolitische Steuerungskapazität der staatlichen Investitionshilfen. Dem halten Kritiker aus Wissenschaft und kommunaler Praxis die Außensteuerung der kommunalen Investitionen durch staatliche Rahmenvorgaben, insbesondere durch die Investitionszuweisungen, entgegen
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, fanden neuere politikwissenschaftliche Analysekonzepte, wie sie im Rahmen der Policy Output-Forschung entwickelt wurden, auf die kommunale Ausgabenpolitik in der Bundesrepublik (insbesondere auf die Investitionspolitik) bislang kaum Anwendung Dies ist insofern verwunderlich, als sich gerade die Policy Output-Forschung dazu eignet, eine Verbindung zwischen der traditionellen Struktur-und prozeßbezogenen Kommunalwissenschaft und den neuerdings stark expandierenden politikfeldbezogenen Analysen herzustellen. Sie versucht nämlich, die Inhalte staatlicher und kommunaler Entscheidungen durch die Struktur des kommunalen Entscheidungssystems und den Ablauf kommunaler Entscheidungsprozesse zu erklären. Diese Untersuchungen basieren größtenteils auf der Systemtheorie David Eastons, der dem politischen System in der gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung die Aufgabe zuschreibt, Impulse aus der Umwelt aufzunehmen und sie im Rahmen systeminterner Prozesse in autoritative Entscheidungen umzuwandeln (näheres dazu im Abschnitt 3 dieses Beitrages)
In den Vereinigten Staaten bezogen sich die frühen Policy Output-Studien auf die Politik der Kommunen und der Einzelstaaten. Relativ rasch kristallisierte sich dabei eine Auseinandersetzung über den Stellenwert originär politischer Faktoren für den Inhalt politischer Entscheidungen heraus. Um diese Frage geht es auch in dieser Arbeit: Einige Forscher unterstellten einen Einfluß der Merkmale des lokalen politischen Systems auf den Inhalt kommunal-politischer Entscheidungen, andere dagegen bestritten dies und betrachteten die Allokationsentscheidungen der Kommunen vornehmlich als Produkt des sozioökonomischen Entwicklungsgrades der betreffenden lokalen Einheiten Während sich die ersten Arbeiten auf dem Gebiet der Policy Output-Forschung noch mit den unterschiedlichsten Struktur-und Prozeßmerkmalen der untersuchten politischen Einheiten beschäftigten, konzentrieren sich die neueren, vor allem auf Westeuropa bezogenen empirischen Studien auf die Relevanz der Machtverteilung im lokalen Parteiensystem für die materiellen Entscheidungen der kommunalen Organe. Aus dem Konzept wohlfahrtsstaatlicher Politik leiteten sie die Annahme ab, bürgerliche Mehrheiten in kommunalen Parlamenten und Verwaltungen neigten dazu, die kommunalen Ausgaben und Einnahmen zu begrenzen, während linke Parteien eine expansive Einnahmen-und Ausgabenpolitik betrieben
Für die politikwissenschaftliche Gemeindeforschung ist die Frage nach dem Einfluß politischer Struktur-und Prozeßmerkmale auf den Inhalt politischer Entscheidungen von großer Bedeutung — auch unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten. Wenn sich nämlich nachweisen läßt, daß die Kontrolle der politischen Führung durch eine bestimmte Partei, die Intensität des politischen Wettbewerbs in einer Gemeinde, die politische Aktivität der Bevölkerung oder andere Merkmale des politischen Systems den Inhalt kommunalpolitischer Entscheidungen nicht beeinflussen, dann wird das Selbstverständnis einer Wettbewerbsdemokratie in Frage gestellt. Auf der anderen Seite relativiert der Nachweis eines Zusammenhanges zwischen politischen Struktur-und Prozeßmerkmalen und den Inhalten kommunaler Politik die in der Bundesrepublik auch heute noch weit verbreitete Interpretation der Kommunalpolitik als einer unpolitischen, rein sachbezogenen Regelung von Verwaltungsabläufen
II. Die Investitionsausgaben der verbandsfreien Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz
Abbildung 2
Tabelle 1: Die eigenfinanzierten Investitionen der 49 verbandsfreien Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz auf den Gebieten Kultur, Wissenschaft und Forschung, Sport und Erholung sowie Verkehr im Zeitraum 1978 bis 1985 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 Mittelwert Minimum Maximum Standardabweichung größer 1 1 bis — 1 kleiner -1 7, 82 7, 28 8, 84 9, 80 8. 28 4, 97 8, 59 11, 05 6, 09 0, 00 31, 09 7 42 0 15, 41 24. 49 31, 01 33, 59 27, 67 23, 11 32, 55 25. 66 33. 69 0. 00 408, 99 Fallzahl 2 47 0 V ERKEH铰ٞ?
Tabelle 1: Die eigenfinanzierten Investitionen der 49 verbandsfreien Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz auf den Gebieten Kultur, Wissenschaft und Forschung, Sport und Erholung sowie Verkehr im Zeitraum 1978 bis 1985 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 Mittelwert Minimum Maximum Standardabweichung größer 1 1 bis — 1 kleiner -1 7, 82 7, 28 8, 84 9, 80 8. 28 4, 97 8, 59 11, 05 6, 09 0, 00 31, 09 7 42 0 15, 41 24. 49 31, 01 33, 59 27, 67 23, 11 32, 55 25. 66 33. 69 0. 00 408, 99 Fallzahl 2 47 0 V ERKEH铰ٞ?
Gegenstand unserer Untersuchung sind die aus eigenen Mitteln finanzierten Sachinvestitionen der 49 verbandsfreien Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz auf den Gebieten Kultur/Wissenschaft/Forschung. Sport/Erholung und Verkehr in den Jahren 1978 bis 1985. Als öffentliche Investition bezeichnet Schwarting „jede Erhöhung bzw. Erneuerung des öffentlichen Kapitalstocks“ -Der größte Teil hiervon entfällt auf Sachinvestitionen, d. h. auf den Erwerb oder die Instandsetzung von Gebäuden und Ausrüstungen. Als Veränderung des Vermögensbestandes einer Gemeinde sind die kommunalen Investitionsausgaben Bestandteile des Vermögenshaushaltes. Bereinigt man die Bruttoinvestitionen einer Kommune um die staatlichen Investitionszuweisungen, dann erhält man die Eigeninvestitionen
Differenzierte Informationen über die Ausgaben-politik kreisangehöriger Städte und Gemeinden auf einzelnen Politikfeldern sind für Rheinland-Pfalz erst seit 1978 verfügbar. Aufgrund ihrer Stellung im Verwaltungssystem von Rheinland-Pfalz eignen sich vornehmlich die kreisfreien Städte und verbandsfreien Gemeinden für eine vergleichende empirische Analyse der Investitionspolitik. Im Unterschied zu den kleinen, finanzschwachen verbands-angehörigen Gemeinden betätigen sich die von uns ausgewählten Untersuchungseinheiten als Investoren auf zahlreichen Gebieten der kommunalen Daseinsvorsorge. Alle verbandsfreien Gemeinden verfügen über eine hauptamtliche Verwaltung und über ein ausdifferenziertes Parteiensystem. Damit erfüllen sie die für eine Untersuchung des Zusammenhanges zwischen dem Inhalt politischer Entscheidungen und den Merkmalen des lokalen politischen Systems erforderlichen Voraussetzungen, während diese in Kleinstgemeinden ohne differenzierte politische Strukturen häufig nicht gegeben sind.
Die kommunalen Investitionsausgaben wurden bislang nur selten unter dem Gesichtspunkt ihrer parteipolitischen Prägung untersucht. Dies ist vor allern im Hinblick auf ihre Bedeutsamkeit als kommunalpolitisches Gestaltungsmittel erstaunlich. Für eine empirische Analyse bieten sich die Investitionsausgaben deshalb an, weil die kommunalen Entscheidungsträger in diesem Bereich flexibler auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren können als bei Entscheidungen über die langfristig festliegenden Personalausgaben oder über die weitgehend außenbestimmten Sozialausgaben. Dies bringt auch die Möglichkeit mit sich, kommunal-politische Prioritäten in Investitionsentscheidungen einfließen zu lassen
Allerdings ist es aus mehreren Gründen problematisch, die gesamten Sachinvestitionen einzelner Gemeinden miteinander zu vergleichen. Die Investitionsaktivitäten hängen nicht nur von den parteipolitischen Machtverhältnissen und von den sozioökonomischen Rahmenbedingungen in einer Kommune ab. Sie werden auch von den ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben bestimmt In der kommunalen Leistungsverwaltung, zu deren Instrumenten die Investitionspolitik gehört, ergibt sich ein weiteres Problem: Die Kommunen können bis zu einem gewissen Grade frei darüber entscheiden, ob sie ihre Aufgaben durch ihre Verwaltung oder durch private Dienstleistungsunternehmen erfüllen. Insofern enthalten die öffentlichen Haushalte nur einen Teil der kommunalen Ausgaben. Der in den Bilanzen der privatwirtschaftlich organisierten kommunalen Unternehmen enthaltene Teil bleibt bei einer Analyse von Haushaltsdaten unberücksichtigt. Aus diesen Gründen beschränkt sich unsere Untersuchung auf solche Aufgabenfelder, die in Gemeinden mit unterschiedlichen politisch-administrativen Funktionen anfallen und in denen privatwirtschaftliche Leistungen wegen ihrer geringen Bedeutung vernachlässigt werden können. Diesen Anforderungen genügen die Investitionsausgaben in den drei ausgewählten Politikfeldern. Eine Beschäftigung mit den kommunalen Investitionen für Kultur/Wissenschaft/Forschung, Sport/Erholung und Verkehr ist unter mehreren Gesichtspunkten interessant: Die Ausgaben der Kommunen auf diesen Gebieten waren Gegenstand mehrerer Policy Output-Studien. Zumindest die Kulturinvestitionen und die Investitionen für Sport/Erholung lassen sich sinnvoll in das Konzept wohlfahrtsstaatlicher Politik einordnen, das den Kern der Policy-Forschung bil-det Schließlich unterscheiden sich die drei Aufgabenfelder unter institutionellen Gesichtspunkten wie im Hinblick auf das Investitionsvolumen: Die Kulturaufgaben und die Aufgaben im Bereich Sport/Erholung gehören zu den freiwilligen Selbst-verwaltungsaufgaben der Kommunen, die Verkehrspolitik ist eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe Somit verfügen die lokalen Parteien auf diesen drei Politikfeldem über unterschiedliche parteipolitische Gestaltungsmöglichkeiten. Für kulturelle Aufgaben schließlich bringen die Kommunen nur begrenzte Mittel auf, die Verkehrsausgaben binden einen erheblichen Teil ihrer Ressourcen, und die Aufwendungen für Sport und Erholung Hegen zwischen diesen beiden Extremen (vgl. nähere Angaben in Teil 4).
III. Die Annahmen über den Einfluß parteipolitischer Effekte für die kommunale Investitionspolitik
Abbildung 3
Tabelle 2: Einflüsse der Bedarfs-und Finanzkraftvariablen sowie der Investitionszuweisungen auf die eigenfinanzierten Investitionen in den Gebieten Kultur/Wissenschaft/Forschung, Sport/Erholung sowie Verkehr im Zeitraum 1978 bis 1985 Kultur Sport/Erholung Verkehr . 13 . 06 . 06 . 04 . 02 -. 27 . 16 -. 02 . 29 -. 09 -. 14 -. 01 . 00 -. 02 . 20 . 25 -. 03 . 02 -. 14 -. 07 . 15 . 02 . 14 . 07 . 50 . 53 . 26 . 29 . 66 . 11 Investitionsbereich Dienstleistungszentralität CDU SPD Bevölkerungsentwicklung CDU SPD F铰ٞ?
Tabelle 2: Einflüsse der Bedarfs-und Finanzkraftvariablen sowie der Investitionszuweisungen auf die eigenfinanzierten Investitionen in den Gebieten Kultur/Wissenschaft/Forschung, Sport/Erholung sowie Verkehr im Zeitraum 1978 bis 1985 Kultur Sport/Erholung Verkehr . 13 . 06 . 06 . 04 . 02 -. 27 . 16 -. 02 . 29 -. 09 -. 14 -. 01 . 00 -. 02 . 20 . 25 -. 03 . 02 -. 14 -. 07 . 15 . 02 . 14 . 07 . 50 . 53 . 26 . 29 . 66 . 11 Investitionsbereich Dienstleistungszentralität CDU SPD Bevölkerungsentwicklung CDU SPD F铰ٞ?
Das Interesse der Policy Output-Forschung, in deren Gesamtzusammenhang unsere Untersuchung eingeordnet ist, richtet sich darauf, das Niveau und die Struktur der staatlichen Aktivitäten (public policies) aus den Strukturen und Prozessen des politischen Systems sowie aus den in einer Gesellschaft bestehenden sozialstrukturellen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen zu erklären. Als theoretischer Bezugsrahmen setzte sich in der Output-Forschung eine vereinfachte Version der Eastonsehen Systemtheorie durch Das politische System erfüllt nach diesem Konzept im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung die Aufgabe, Forderungen und Unterstützungen (Inputs) in staatliche Leistungen für die gesellschaftliche Umwelt (Outputs) umzuwandeln. Eine allgemein akzeptierte, empirisch prüfbare Theorie der Allokationstätigkeit des politischen Systems wurde bislang weder von der Politikwissenschaft noch von einer anderen Disziplin, z. B.der Finanzwissenschaft, entwickelt. 1. Die Messung der Outputs In der Forschungspraxis setzte man die Outputs zumeist mit der statistischen Größe „Höhe der öffentlichen Ausgaben (je Einwohner)“ gleich. Dieser Operationalisierung folgt auch unsere Untersuchung. Natürlich schlägt sich nur ein Teil der kommunalen Leistungen in Ausgaben nieder; kosten-neutrale Satzungen werden auf diese Weise beispielsweise nicht erfaßt. Vereinzelt findet man daher auch andere Output-Konzeptionen, z. B. die Geschwindigkeit, mit der Kommunen innovative Programme durchführen Die Wahl von Budget-größen liegt aber aus zwei Gründen nahe: Zunächst sind diese Daten leicht zugänglich und weiterhin läßt sich der Haushalt durchaus als Regierungsprogramm in Zahlen bezeichnen, in dem sich die politischen Vorstellungen der Regierenden ausdrükken 2. Die Messung der Inputs Der Begriff Inputs umfaßt die Forderungen (demands) und Unterstützungsleistungen (supports), die aus der Umwelt in das politische System fließen. Die Forderungen werden in der Output-Forschung zumeist mit gesellschaftlichen Problemlagen und Bedarfsstrukturen gleichgesetzt. Easton sieht ihre Bedeutung für den politischen Prozeß in dem Umstand, daß sie für die Gesellschaft verbindliche Entscheidungen des politischen Systems auslösen. Die Unterstützung, insbesondere in Form unterstützender Handlungen (overt supports), dient der Bestandssicherung des politischen Systems, indem sie dieses mit Energie und Ressourcen versorgt. Zur Aufnahme und Verarbeitung von Forderungen und Unterstützungen bildet jedes politische System bestimmte Organisationen (Parteien, Bürokratien etc.) und Verfahren (Wahlen, Steuereinziehung etc.) aus
Als Indikatoren des Investitionsbedarfs verwenden wir die zentralörtliche Stellung der Kommunen, insbesondere ihre Dienstleistungszentralität und ihre Bevölkerungsentwicklung Auf Grund der Bedeutung zentraler Kommunen für die Versorgung ihres Umlandes dürfte der Investitionsbedarf mit dem zentralörtlichen Status einer Gemeinde steigen Dieser Zusammenhang ist insbesondere für die Kultur-sowie Sport/Erholungsinvestitionen zu unterstellen, da die betreffenden Haushalte zur Finanzierung originärer zentralörtlicher Leistungen dienen. Verkehrsinvestitionen lassen sich als zentralitätsbedingte Leistungen interpretieren Sie ermöglichen die Inanspruchnahme der originären zentralörtlichen Leistungen durch Konsumenten aus dem Umland und werden insofern ebenfalls positiv durch die zentralörtliche Stellung der Kommunen beeinflußt. Zudem sind auf diesem Gebiet ausgabensteigernde Effekte auch wegen der spezifischen Produktionsbedingungen im tertiären Sektor zu erwarten -Ebenfalls plausibel ist die Hypothese. daß mit dem Bevölkerungswachstum einer Gemeinde der Bedarf an Infrastruktureinrichtungen und Investitionsausgaben steigt.
Als wichtige Ressourcengrößen verwenden wir die Freie Spitze und die Verschuldungsfähigkeit einer Kommune Mit zunehmender finanzieller Leistungsfähigkeit steigt die Möglichkeit, öffentliche Aufgaben zu erfüllen und Infrastruktureinrichtungen bereitzustellen. Außerdem berücksichtigen wir die Investitionszuweisungen als Unterstützung des lokalen politischen Systems durch den Bund und das Land. Nach unseren Annahmen lösen alle diese Inputs Reaktionen des politischen Systems aus. Sowohl ein zunehmender Bedarf als auch ein zunehmender finanzieller Handlungsspielraum führten im allgemeinen zu steigenden Investitionsausgaben. In Abhängigkeit vom Forschungsinteresse lassen sich die Beziehungen zwischen Inputs und Outputs unter mehreren Gesichtspunkten untersuchen. In einigen Studien stand der Einfluß des sozioökonomischen Entwicklungsniveaus auf die Höhe der Pro-Kopf-Ausgaben im Vordergrund andere untersuchten den Einfluß der Finanzkraft und der staatlichen Investitionszuweisungen auf die Investitionsaktivitäten Diese Größen sind in unserem Zusammenhang nur unter einem ganz speziellen Gesichtspunkt von Interesse, nämlich insoweit, als die parteipolitische Kräftekonstellation in den Gemeinden die Beziehung zwischen den Bedarfs-und Ressourcengrößen einerseits und den Investitionsausgaben auf der anderen Seite beeinflußt. 3. Parteipolitik und kommunale Investitionsausgaben Bei der Beschreibung des politischen Systems unterscheidet man zwischen institutionell-strukturellen (polity) und prozessualen (politics) Aspekten Obgleich die institutioneile Betrachtungsperspektive in der Bundesrepublik durch die Arbeiten von Gerhard Banner neuerdings eine Renaissance erlebte, waren Untersuchungen des Einflusses der Kommunalverfassung auf den Inhalt kommunalpolitischer Entscheidungen in der internationalen Forschung bislang von untergeordneter Bedeutung Da sich unsere Untersuchung auf ein Bundesland beschränkt, bleibt der Einfluß der Kommunalverfassungsstruktur unberücksichtigt.
Die meisten Policy Output-Studien bewegen sich im Beziehungsfeld Politics — Policy und haben den Einfluß des lokalen Parteiensystems auf den Inhalt der Entscheidungen kommunaler Organe zum Gegenstand. Im Hinblick auf die speziellen politischen Gegebenheiten in der US-amerikanischen Kommunalpolitik stand in den ersten Studien das Ausmaß des lokalen Parteienwettbewerbs im Vordergrund. Die Untersuchungen führten allerdings zu widersprüchlichen Befunden. Einige Studien sahen im Ausmaß des lokalen Parteienwettbewerbs einen ausgabenfördernden Faktor, andere dagegen kamen zu dem entgegengesetzten Ergebnis Mit der Ausweitung der Policy Output-Forschung auf die Kommunalpolitik westeuropäischer Staaten rückte die Kontrolle der lokalpolitischen Führung durch bürgerliche oder sozialdemokratische/sozialistische Parteien in den Vordergrund. Während diese Untersuchungsperspektive für die Vereinigten Staaten in Anbetracht der nur schwach ausgeprägten ideologischen Differenzen zwischen den Demokraten und den Republikanern relativ unergiebig war, ist sie für die Politik in den stärker ideologisierten Parteiensystemen Westeuropas angemessen. Für die Bundesrepublik wurde sie insofern interessant, als eine Reihe von Indikatoren (z. B. Stimmenanteil der Freien Wählergruppen, Zugriff der politischen Parteien auf die Bürgermeisterämter) auf eine Intensivierung der parteipolitischen Konflikte in der Kommunalpolitik hindeuten. Im Zuge dieser Entwicklung verliert das traditionelle Selbstverwaltungsverständnis der Kommunalpolitik als rein sachbezogene, ideologie-und konfliktfreie Regelung von Verwaltungsangelegenheiten zunehmend an Bedeutung. Die gesellschaftspolitischen Zielvorstellungen der Parteien fließen verstärkt in kommunalpolitische Entscheidungen ein
Bereits Mitte der siebziger Jahre legte Robert Fried Untersuchungen über die Kommunalpolitik bundesdeutscher Großstädte vor, in denen er einen Einfluß ideologischer Faktoren auf die kommunale Ausgabenpolitik nachzuweisen suchte. Seine Gemeindesozialismus-Hypothese, nach der linke Mehrheiten in den Kommunalvertretungen eine expansive Ausgabenpolitik favorisieren, hielt der empirischen Prüfung allerdings nicht stand In einer neueren Studie wiesen Grüner, Jaedicke und Ruhland zwar einen schwachen Parteieffekt auf dem Gebiet der Wohnungspolitik nach, jedoch beeinflußten die lokale/regionale Wirtschaftskraft und der örtliche Problemdruck die Ausgaben für den kommunalen Wohnungsbau deutlich stärker
Die meisten Untersuchungen des Einflusses der parteipolitischen Kräfteverteilung auf die kommunale Ausgabenpolitik setzen Eastons Modell des politischen Systems theoretisch nicht angemessen in die empirische Analyse um Sie behandeln nämlich die sozioökonomischen und die politischen Variablen, also auch die Machtverteilung zwischen den politischen Parteien, als unabhängig voneinander wirkende, additive Bestimmungsfaktoren der kommunalen Ausgabenpolitik. In der empirischen Analyse übte die Parteivariable bei einer Kontrolle der sozioökonomischen Umweltfaktoren zumeist keinen eigenständigen Einfluß auf die Höhe der kommunalen Ausgaben aus, oder den sozioökonomischen Faktoren kam das vergleichsweise größere Gewicht zu. Aus diesen Befunden zog man die Schlußfolgerung, die Parteipolitik sei für kommunale Ausgabeentscheidungen unwichtig oder im Vergleich mit wirtschaftlichen Faktoren von untergeordneter Bedeutung
Diese Vorgehensweise ist insofern problematisch, als sie einen direkten Einfluß der Bedarfs-und Ressourcenvariablen auf die öffentlichen Haushalte unterstellt. Ohne den politischen Prozeß existieren für Easton aber keine Beziehungen zwischen Inputs und Outputs. Wir nehmen daher dessen theoretisches Modell der System-Umwelt-Beziehung in seiner ursprünglichen Form wieder auf und verwenden es als Grundlage für die empirische Analyse. Als Umweltfaktoren lösen lokale Bedarfe und Ressourcen nach Easton autoritative politische Entscheidungen aus. Für deren Umwandlung in Kollektiv-güter sind die Eigenschaften des politischen Systems maßgeblich. Sie fördern die Konversion der Inputs in Outputs, lassen sie unbeeinflußt oder schwächen sie ab In diesem Sinne stellte Manfred G. Schmidt in seiner Analyse des Parteieneinflusses auf die Landespolitik der Bundesrepublik fest; . . zwischen der sozialökonomischen Lage und der Politikproduktion ist eine intervenierende Variable vorhanden — die politischen Entscheidungen im politisch-administrativen System — die wiederum von der parteipolitischen Zusammensetzung der Regierungen gefärbt sind“ Nach unseren Annahmen übt die parteipolitische Machtverteilung in den kommunalen Entscheidungsgremien keinen isolierbaren direkten Einfluß aufdie Investitionsausgaben aus, sondern sie beeinflußt die Beziehung zwischen Zentralität, Bevölkerungsentwicklung, Finanzkraft, Investitionszuweisungen und den Investitionen.
Gegenstand der empirischen Analyse sind demnach die unterschiedlichen Reaktionen bürgerlich bzw. sozialdemokratisch geführter Kommunalverwaltungen auf Veränderungen des Bedarfs und der Ressourcen. Die innergemeindlichen Entscheidungsstrukturen vermitteln zwischen den sozioökonomischen Bedarfsindikatoren Zentralität und Bevölkerungswachstum sowie den Ressourcenindikatoren Freie Spitze, Verschuldungsfähigkeit und Investitionszuweisungen einerseits und den kommunalen Investitionsausgaben andererseits. Die parteipolitische Kräfteverteilung im lokalen politischen System beeinflußt die Art und Weise, in der das politische System die Inputs in Outputs umwandelt (vgl. Abbildung).
Aus dem bisherigen Forschungsstand ergeben sich die folgenden Annahmen über die Wirkung „rechter“ und „linker“ Mehrheiten auf die Umwandlung von Bedarfen und Ressourcen in Kollektivgüter: Nach ihren programmatischen Aussagen kann man linke Parteien als staatsinterventionistisch, rechte Parteien als anti-interventionistisch oder marktorientiert einstufen Diese Hypothese bewährte sich mittlerweile in zahlreichen empirischen Unter-suchungen: Demnach setzen sich sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Parteien für eine aktive staatliche Gestaltung gesellschaftlicher, insbesondere wirtschaftlicher Abläufe ein. Sie'sind planungsfreudig, fordern umfassende Aktivitäten des Staates auf dem Gebiet der Wohlfahrts-und Infrastrukturpolitik, und sie favorisieren eine staatliche Wirtschaftsregulierung. Diese gesellschaftspolitische Konzeption schlägt sich auch in der Gestaltung öffentlicher Ausgaben nieder; denn sie erfordert eine expansive staatliche Ausgabenpolitik, die durch eine hohe Abgabenbelastung der Bürger finanziert wird
Somit erwarten wir eine ausgesprochen responsive Reaktion SPD-dominierter Gemeinden auf sich verschärfende gesellschaftliche Problemlagen und auf wachsende finanzielle Gestaltungsspielräume insbesondere in den wohlfahrtsstaatlichen Politik-feldem Kultur und Sport/Erholung. Die mit der zentralörtlichen Stellung und dem Bevölkerungswachstum steigenden Bedarfe lösen bei einer SPD-Dominanz stärkere Ausgabensteigerungen in den betreffenden Investitionshaushalten aus als sie bei einer CDU-Dominanz auftreten. Darüber hinaus erhöhen SPD-geführte Gemeinden bei einem wachsenden finanziellen Handlungsspielraum stärker ihre Ausgaben als dies Gemeinden mit CDU-Mehrheiten tun.
Bürgerliche, d. h. liberale und konservative Parteien setzen stärker auf den Marktmechanismus als Allokationsinstrument. Dementsprechend räumen ihre politischen Programme dem Staat keine vergleichbar aktive Rolle bei der Gesellschaftsgestaltung ein: Staatliche Aktivitäten im Wirtschaftsprozeß haben vornehmlich die Aufgabe, das Funktionieren des Marktes zu garantieren und in denjenigen Bereichen Korrekturen vorzunehmen, in denen die Güterallokation durch den Markt zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. Hieraus ergibt sich ein Leistungsprofil bürgerlicher Regierungen, das sich von dem sozialdemokratisch kontrollierter politischer Einheiten markant unterscheidet: Sie streben keine aktive staatliche Steuerung des Wirtschaftsprozesses an, sondern weisen der Politik die Aufgabe zu. optimale Rahmenbedingungen für die private Wirtschaftstätigkeit zu setzen. Wegen der Bedeutung der kommunalen Verkehrsstruktur für das privatwirtschaftliche Infrastrukturangebot und wegen der Schwierigkeiten, die einer privatwirtschaftlichen Organisation des Straßennetzes entgegenstehen, dürften die Verkehrsinvestitionen zu denjenigen Aufgabenfeldern gehören, in denen bürgerliche Parteien am ehesten zu einer expansiven Investitionspolitik tendieren. Zu diesem Schluß kommt auch Reuters Analyse der kommunalpolitischen Grundsatzprogramme von CDU/CSU, SPD und FDP; Die CDU/CSU „will durch kommunale Wirtschaftspolitik gute Wirtschaftsbedingungen herstellen und durch leistungsfähige Verkehrsstrukturen, eine verbesserte Versorgungsstruktur und wirtschaftliche Infrastruktur Impulse für unternehmerische Standortentscheidungen geben“
Die Beziehung Investitionszuweisungen — Investitionsausgaben kann ebenfalls parteipolitischen Einflüssen unterliegen, jedoch lassen sich derartige Annahmen allenfalls ad hoc, aber nicht auf einer fundierten theoretischen Basis formulieren. Aus diesem Grunde behalten wir die Klärung der Frage, wie sich die parteipolitische Konstellation auf die Umsetzung von Zuweisungen in Investitionen auswirkt, der empirischen Analyse vor.
Wie in den meisten Studien wird die parteipolitische Machtverteilung über die Mandatsverteilung in der Kommunalvertretung gemessen. Grundlage hierfür sind die Wahlperioden 1974— 1979 und 1979— 1984. Um der besonderen Stellung des Bürgermeisters in Rheinland-Pfalz Rechnung zu tragen, beziehen wir die Amtszeiten der SPD-(Ober-) Bürgermeister über den Zeitraum 1970 bis 1982 ein. Der Rückgriff auf den Zeitraum seit 1970 bzw. 1974 gründet sich auf die Überlegung, daß die Verwirklichung parteipolitischer Schwerpunktsetzungen eine gewisse Zeit beansprucht. Daten über die Parteizugehörigkeit der übrigen Mitglieder der Verwaltungsspitze (z. B. Beigeordnete) standen nicht für alle 49 Gemeinden zur Verfügung Auf der Grundlage der ausgewählten Indikatoren der parteipolitischen Kräfteverteilung ergeben sich zwei etwa gleich große Städtegruppen, eine CDU-Gruppe mit 25 Gemeinden und eine SPD-Gruppe mit 24 Gemeinden.
IV. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung
1. Struktur und Entwicklung der Investitionsausgaben
Im Gesamtzusammenhang der kommunalen Ausgaben- und Investitionspolitik kommt den Politikfeldern Kultur/Wissenschaft/Forschung, Sport/Erholung und Verkehr eine unterschiedliche Bedeutung zu. Als Aufgabenträger auf dem Gebiet, der Kultur-und Wissenschaftspolitik sind die Kommunen vergleichsweise unbedeutend, auf dem Sektor Sport/Erholung sind sie der wichtigste Träger öffentlicher Aufgaben, und auch in der Verkehrspolitik tätigen sie einen beachtlichen Teil der staatli-chen Ausgaben Dies schlägt sich auch in der Investitionspolitik unserer 49 Untersuchungseinheiten nieder. Im (ungewichteten) Durchschnitt der Jahre 1978 bis 1985 betrugen die Eigeninvestitionen für Kultur, Wissenschaft und Forschung je Einwohner 6, 09 DM, mehr als den fünffachen Betrag an Eigenmitteln investierten die untersuchten Kommunen für Aufgaben auf dem Gebiet Sport/Erholung (33, 69 DM), und noch wesentlich höher waren die eigenfinanzierten Pro-Kopf-Investitionen im Jahresdurchschnitt auf dem Verkehrssektor (109, 67 DM). Der Anteil der Eigeninvestitionen an den Gesamtausgaben für die drei Aufgabenbereiche variierte zwischen 45, 9 Prozent (Verkehr) und 12, 7 Prozent (Kultur, Sport/Erholung 26, 0 Prozent). Dies unterstreicht die unterschiedliche Bedeutung der Investitionen, als Instrument der kommunalen Daseinsvorsorge auf den drei untersuchten Politikfeldern (vgl. die Angaben in Tabelle 1).
Im zeitlichen Verlauf wie auch im zwischengemeindlichen Vergleich treten auf den drei Politikfeldern starke Unterschiede auf: Die Eigeninvestitionen für Kultur/Wissenschaft und Forschung sowie für Sport/Erholung entwickelten sich zwischen 1978 und 1985 ausgesprochen diskontinuierlich. Ein interpretierbares Verlaufsmuster ist der Tabelle 1 allenfalls insoweit zu entnehmen, als die kommunalen Eigeninvestitionen auf diesen beiden Sektoren in der Wirtschaftskrise 1981/1983 drastisch abnahmen. Der prozyklische Verlauf der kommunalen Investitionsausgaben zeigt sich noch deutlicher in der Verkehrspolitik: Sie stiegen im Zeitraum 1978/1980, nahmen zwischen 1980 und 1984 nahezu um 40 Prozent ab und expandierten 1984/85 wieder geringfügig. Die Eigeninvestitionen verteilen sich sehr unterschiedlich auf die 49 Kommunen. Auf den Gebieten Kultur/Wissenschaft/Forschung sowie Sport/Erholung wendet der größte Teil der Kommunen nur geringe Eigenmittel für Investitionen auf: In 42 der 49 Städte und Gemeinden betrugen die durchschnittlichen Eigeninvestitionen je Einwohner auf dem Kultursektor weniger als 13 DM, in 28 Kommunen sogar weniger als 5 DM je Einwohner. Drei Städte dagegen brachten mehr als 25 DM auf. Auch im Politikfeld Sport/Erholung tätigten wenige Gemeinden stark überdurchschnittliche Eigeninvestitionen, wobei insbesondere zwei Gemeinden mit 190 DM und 409 DM je Einwohner hervortraten. Auf dem Verkehrssektor brachten 11 der 49 Städte deutlich vom Durchschnitt abweichende Ausgaben auf (vgl. Tabelle 1). 2. Parteipolitik als Bestimmungsfaktor der Investitionspolitik — Ein Vergleich zwischen Annahmen und Ergebnissen In der folgenden Analyse geht es darum, den Einfluß der Bedarfs-und Ressourcenfaktoren auf das Investitionsverhalten CDU-und SPD-dominierter Gemeinden empirisch zu messen. Das zu diesem Zwecke eingesetzte Analyseverfahren schätzt die Beziehung zwischen diesen Variablen bei Kontrolle aller anderen im Modell enthaltenen Größen. Von besonderem Interesse ist die Frage, ob sich die Beziehungen zwischen Bedarfen/Ressourcen und Eigeninvestitionen in den CDU-und den SPD-dominierten Städten voneinander unterscheiden. Das Auftreten derartiger Unterschiede liefert uns Informationen über parteispezifische Formen der Problemverarbeitung auf den drei untersuchten Politikfeldern. Diese Fragestellung macht es sinnvoll, die nachfolgend präsentierten Daten unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten: Zunächst ist zu fragen, wie stark die Bedarfs-und Ressourcengrößen Zentralität, Bevölkerungswachstum, Freie Spitze, Verschul-B dungsfähigkeit und Investitionszuweisungen bei Kontrolle aller übrigen Faktoren die eigenfinanzierten Pro-Kopf-Investitionen beeinflussen. Der Einfluß dieser Größen ist um so stärker, je höher die nachfolgend beschriebenen Beziehungsmaße sind
Darüber hinaus geben die Daten Aufschluß über die Auswirkungen der parteipolitischen Machtverteilung: Die Parteien setzen Bedarfe und Ressourcen in jeweils spezifischer Weise in Investitionsausgaben um, wenn sich die Beziehungsmaße in der Gruppe der CDU-Städte erkennbar von den in den SPD-dominierten Städten ermittelten Werten unterscheidet. Die Beziehungsmaße sind also auf ihre absolute Höhe wie auch auf gruppenspezifische Unterschiede zu prüfen. a) Bedarfseffekte Unseren Annahmen zufolge steigen mit der Dienstleistungszentralität und dem Bevölkerungswachstum die Pro-Kopf-Eigeninvestitionen einer Gemeinde auf allen Politikfeldem. Diese Beziehung sollte in SPD-dominierten Städten zumindestens aufden Sektoren Kultur sowie Sport/Erholung stärker sein als in Gemeinden mit CDU-Mehrheiten.
Im Gegensatz zu diesen Erwartungen weist die Variable Dienstleistungszentralität einen erstaunlich schwachen Einfluß auf die Höhe der Investitionsausgaben auf. Von einer Ausnahme abgesehen, wirkt sich die zentralörtliche Stellung einer Kommune nicht auf ihr Investitionsverhalten aus. Die Parteieffekte treten ebenfalls nicht in der erwarteten Form auf. Im allgemeinen fallen die Beziehungen zwischen der Dienstleistungszentralität und den eigenfinanzierten Investitionen in den CDU-und SPD-Gemeinden ziemlich ähnlich aus (vgl. Tabelle 2).
Der einzige substantiell interpretierbare Parteieffekt widerspricht der Gemeindesozialismus-Hypothese. In SPD-dominierten Kommunen sinken die Investitionsausgaben für den Verkehr mit zunehmender Dienstleistungszentralität. Diese Gemeinden reagieren demnach auf einen wachsenden Bedarf an örtlicher Verkehrsinfrastruktur nicht mit erhöhten Ausgaben. Eine theoretisch überzeugende Erklärung für diese negative Beziehung liegt nicht vor. Sie könnte allenfalls durch eine detailliertere Analyse der Bedeutung der Verkehrsinvestitionen im Gesamtzusammenhang der kommunalen Ausgabenpolitik gewonnen werden. Andererseits läßt sich aber auch kein CDU-Effekt auf die Verkehrsinvestitionen von Gemeinden unterschiedlicher Zentralität nachweisen. Somit ist die Gegen-hypothese, nach der CDU-regierte Kommunen überdurchschnittlich in Bereichen mit Vorleistungsfunktionen für privatwirtschaftliche Infrastruktur investieren, ebenfalls widerlegt. Auf den Politikfeldern Kultur sowie Sport/Erholung sind demgegenüber keine Parteieffekte festzustellen.
Unsere Ergebnisse decken sich mit denen anderer Untersuchungen des kommunalen Ausgabeverhaltens in der Bundesrepublik. In den Analysen von Reissert und Schwarting gehörte die Dienstleistungszentralität zu den schwächsten Bestimmungsfaktoren der kommunalen Investitionsausgaben. Eine ähnlich geringe Bedeutung der Bevölkerungs-/Siedlungsdichte als einer mit unserem Zentralitätsfaktor vergleichbaren Größe für die kommunalen Ausgaben für den Wohnungsbau ermittelten Grüner, Jaedicke und Ruhland Keine durchgehende empirische Bestätigung finden auch die Hypothesen über die Auswirkungen des Bevölkerungswachstums auf die Investitionsausgaben. Wiederum liegt nur ein einziger substantiell bedeutsamer Effekt vor, nämlich bei den Verkehrs-investitionen der CDU-geführten Gemeinden. Diese reagieren auf einen Bevölkerungszuwachs mit verstärkten Verkehrsinvestitionen. In SPD-Städten tritt eine solche Beziehung nicht auf. Dieses Ergebnis widerspricht den theoretischen Annahmen über die höhere Bereitschaft sozialdemokratischer Mehrheiten, Bedarfe in Ausgaben umzuwandeln. Andererseits stützt es die Erwartung, daß Unionsmehrheiten Verkehrsinvestitionen als notwendige Vorleistungen für privatwirtschaftliche Investitionen ansehen und ihnen deshalb eine besondere Bedeutung zuweisen (vgl. Tabelle 2).
Demgegenüber ist für die Kultur-und Sport/Erholungsinvestitionen kein Einfluß des Bevölkerungswachstums festzustellen, und zwar unabhängig von der parteipolitischen Kräftekonstellation (vgl. Tabelle 2)
Zusammenfassend kann man festhalten, daß die beiden Bedarfsvariablen keinen durchgängigen und bedeutsamen Einfluß auf das Investitionsverhalten der untersuchten Kommunen ausüben. Die nachweisbaren, aber verhältnismäßig schwachen Einflüsse widersprechen der Vermutung einer stärkeren Transformationsleistung SPD-dominierter Gemeinden, stützten aber zumindest zum Teil die Annahmen über den Einfluß der CDU-Programmatik auf wirtschaftsnahe Infrastrukturinvestitionen. Die Dominanz der CDU bzw.der SPD ist überwiegend unerheblich für die Umsetzung örtlicher Bedarfe in Eigeninvestitionen. Allerdings üben auch die beiden Bedarfsvariablen selbst, die Dienstleistungszentralität und das Bevölkerungswachstum, bei Kontrolle der übrigen im Modell enthaltenen Größen keinen wesentlichen Einfluß auf die Höhe der Eigeninvestitionen aus. b) Finanzkrafteffekte In der politischen Diskussion schreibt man dem Finanzierungsspielraum der Kommunen eine erhebliche Bedeutung für deren Investitionsaktivitäten zu. Demnach müßten die Freie Spitze und die Verschuldungsfähigkeit die Investitionsausgaben nachhaltig positiv beeinflussen.
Für die Freie Spitze bestätigt sich diese Annahme immerhin in zwei von sechs Fällen. In SPD-Städten wachsen die Kulturinvestitionen mit der Freien Spitze, in CDU-Städten die Verkehrsinvestitionen. Im übrigen läßt sich weder ein substantiell bedeutsamer Einfluß der Freien Spitze auf die Investitionsausgaben noch ein Parteieffekt feststellen. Die Bedeutung der Freien Spitze für das Investitionsverhalten der Kommunen ist also bei einer Kontrolle der übrigen Größen keineswegs so groß, wie in der Literatur angenommen wird. Die Investitionspolitik sozialdemokratisch regierter Kommunen auf dem Kultursektor stützt die aus dem Konzept wohlfahrtstaatlicher Politik ableitbaren Erwartungen schwach. Die größere Transformationsleistung der CDU-Städte im Verkehrsbereich entspricht der Hypothese über die erhöhte Bereitschaft konservativer Mehrheiten, Infrastrukturvorleistungen für die Privatwirtschaft zu erbringen (vgl. Tabelle 2).
Die Verschuldungsfähigkeit spielt generell und in keiner der beiden Gruppen eine Rolle für die Höhe der Investitionsausgaben (vgl. Tabelle 2). Damit erübrigen sich weitere Überlegungen über die Transformationsaktivität von CDU-und SPD-Mehrheiten. Der finanzielle Handlungsspielraum der Kommunen wurde in bisherigen deutschen Policy Studien in der Regel nicht über die hier benutzten Indikatoren gemessen, sondern über globale Größen wie Wirtschafts-und Finanzkraft oder Realsteuereinnahmekraft Diese Variablen beeinflußten die Ausgaben bzw. Investitionen erheblich stärker als dies bei unseren Indikatoren der Fall ist. Lediglich in der Arbeit von Herrmann wurde ein vergleichbarer Finanzkraftindikator zur Messung des Investitionsspielraums benutzt. Auch dieser Indikator stand mit den tatsächlichen Investitionen in einem nur sehr schwachen Zusammenhang c) Der Einfluß der Investitionszuweisungen Die Investitionszuweisungen gelten in der einschlägigen Diskussion als die wichtigsten Anreizfaktoren der kommunalen Investitionstätigkeit. Je nach Interessenlage wird dieser Einfluß als Einschränkung der kommunalen Handlungsfreiheit kritisiert oder als Beitrag zu einer ausgewogenen räumlichen Verteilung örtlicher Infrastruktur gerechtfertigt. Spezifische parteipolitische Effekte spielen in der Dis-kussion über die Steuerungswirkung der Investitionszuweisungen keine Rolle.
Im Gegensatz zu den von Reissert präsentierten Ergebnissen erweisen sich die Investitionszuweisungen in der Mehrzahl der von uns untersuchten Konstellationen als die weitaus wichtigste Bestimmungsgröße der Investitionsausgaben In fünf der sechs Fälle bewirken sie substantiell bedeutsame Ausgabensteigerungen. Dies gilt vor allem für das Aufgabenfeld Sport/Erholung und, in etwas abgeschwächter Form, für den kulturellen Bereich. Beide Sektoren lassen sich der wohlfahrtsstaatlichen Politik zurechnen. Bei den Kulturinvestitionen fällt die Transformationsleistung in den CDU-geführten Kommunen etwas stärker aus als bei einer Dominanz der SPD. Dagegen stellt sich die Sachlage bei den Investitionen für Sport/Erholung umgekehrt dar. Die Ausgaben für die Verkehrsinfrastruktur sind sichtlich schwächer durch die staatlichen Zuweisungen bestimmt, insbesondere in der SPD-Gruppe (vgl. Tabelle 2).
Alles in allem unterscheidet sich die Reaktion CDU-und SPD-geführter Gemeinden auf staatliche Investitionszuweisungen eher graduell als grundsätzlich. In beiden Städtegruppen lösen staatliche Zuweisungen steigende Eigeninvestitionen aus. Die Kommunen verwenden die vom Staat zugewiesenen Mittel nicht zur Entlastung ihrer Investitionsetats (Versickerungseffekt), sondern sie mobilisieren aus ihren eigenen Haushalten zusätzliche Mittel (Anreizeffekt) Die Hypothese über die Außensteuerung der Kommunen durch staatliche Zuweisungen scheint somit grundsätzlich bestätigt, da die Städte und Gemeinden ihre eigenen finanziellen Bemühungen auf den untersuchten Politikfeldern offensichtlich den Präferenzen des Zuweisungsgebers anpassen. Zwar gibt es in dieser Hinsicht politikfeldspezifische Besonderheiten, doch nutzen die Kommunen erhöhte Investitionszuweisungen generell nicht dazu, ihr Aktivitätsprofil nach eigenen Vorstellungen und entgegen den Intentionen des Zuweisungsgebers zu verändern.
V. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen
Nach den Ergebnissen unserer Untersuchung weist das Investitionsverhalten der 49 verbandsfreien Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz eher politikfeld-als parteispezifische Besonderheiten auf. Bei den wohlfahrtsstaatlichen Aufgaben Kultur/Wissenschaft/Forschung und Sport/Erholung lassen sich CDU-und SPD-dominierte Kommunen erkennbar durch staatliche Zuweisungen steuern. Lokale Bedarfs-und Ressourcengrößen beeinflussen das Ausgabenniveau in beiden Gruppen nur schwach. Auf dem für privatwirtschaftliche Überlegungen unmittelbar bedeutsamen Verkehrssektor stellt sich die Sachlage etwas anders dar: In CDU-regierten Städten spielen lokale Bedarfs-und Ressourcenfaktoren und externe Finanzierungsmöglichkeiten eine vergleichbare Rolle als Bestim-mungsfaktoren der Eigeninvestitionen.
Insgesamt stützt unsere Untersuchung die Ergebnisse vergleichbarer Studien zur kommunalen Investitionspolitik in der Bundesrepublik: 1-Den wichtigsten Bestimmungsfaktor der kommunalen Investitionsausgaben stellen die staatlichen Investitionszuweisungen dar. Sie stimulieren Eigeninvestitionen der Kommunen, und zwar weitgehend unabhängig von deren Bedarfs-und Res-sourcenlage und der in ihr bestehenden parteipolitischen Konstellation 2. Die parteipolitische Machtverteilung in den lokalen Entscheidungsgremien beeinflußt die Höhe der kommunalen Eigeninvestitionen allenfalls graduell, ein klares parteipolitisch bedingtes Leistungsprofil läßt sich nicht nachweisen. Am ehesten ist es noch bei den Verkehrsinvestitionen gegeben. Die empirischen Belege für den geringen Parteieneinfluß auf die Gestaltung der Kommunalausgaben lassen sich also nicht ausschließlich auf eine unzulängliche Operationalisierung des Eastonschen Systemkonzeptes zurückführen, sondern sie scheinen die tatsächlichen kommunalpolitischen Gegebenheiten zu reflektieren
Wenn man sich die institutioneilen Rahmenbedingungen und die kulturellen Traditionen vergegenwärtigt, unter denen die Kommunalpolitik in der Bundesrepublik abläuft, dann können die Untersuchungsergebnisse kaum überraschen. Die örtliche Selbstverwaltung gilt in Deutschland traditionell als ein parteipolitisch wenig kontroverser Handlungsbereich, jedenfalls im Vergleich mit der Bundes-und der Landespolitik. Diese Annahme wird empirisch durch die weit verbreitete Neigung belegt, alle in der Kommunalvertretung präsenten politischen Gruppierungen an der Verwaltungsspitze zu beteiligen. Das Abstimmungsverhalten der Kommunal-vertretungen, selbst bei politischen Schlüsselentscheidungen wie der Verabschiedung des Gemeindehaushaltes oder des Flächennutzungsplanes, ist gleichfalls eher konsens-als konfliktorientiert Unter diesen Bedingungen ist weder die CDU noch die SPD ohne weiteres in der Lage, ihre ideologischen Präferenzen in materielle politische Entscheidungen umzusetzen.
Neben spezifisch kommunalpolitischen Traditionen begrenzen Merkmale des deutschen Parteiensystems die bruchlose Umsetzung von Parteiideologien in staatliche Entscheidungen. Seit der Gründung der Bundesrepublik verloren die beiden großen Parteien zunehmend ihre exklusive Verankerung in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen und wurden zu Mittelschichtparteien. Mit dem Wandel ihrer Anhängerschaft ging auch eine gewisse programmatisch-ideologische Konvergenz der Parteien einher. Im Interesse ihrer Mehrheitsfähigkeit kann die SPD keine dezidiert sozialistische Wirtschaftsund Sozialpolitik betreiben; in einer säkularisierten Gesellschaft müssen sich die Unionsparteien aus den gleichen Gründen um die Unterstützung kirchlich nicht gebundener Wähler im Arbeitnehmerlager bemühen. Die Umsetzung ideologischer Ziele in Regierungspolitik wird schließlich in der Bundesrepublik dadurch erschwert, daß die beiden großen Parteien im Regelfälle auf eine Koalition mit der FDP angewiesen sind. Die Fraktionalisierung des Parteiensystems ist in unseren Untersuchungseinheiten noch deutlich stärker ausgeprägt als im nationalen politischen System. Dies erschwert zusätzlich die Realisierung parteipolitischer Ziele in der kommunalen Entscheidungspraxis.
Die Wirksamkeit parteipolitischer Einflüsse für die kommunale Ausgabengestaltung wird weiterhin durch die Einbindung der Kommunen in den staatlichen Finanzierungs-und Leistungsverbund eingeschränkt: Aufgrund der Verteilung der Kompetenzen auf dem Gebiet der Finanzgesetzgebung verfügen die Kommunen kaum über einen eigenen Gestaltungsspielraum in der Abgabenpolitik. Einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen beziehen sie nach einem eindeutig festliegenden Verteilungsschlüssel aus dem staatlichen Finanzverbund. Insofern ist die kommunale Einnahmenpolitik vergleichsweise wenig flexibel, die ideologischen Präferenzen der lokalen Parteiorganisationen können in ihr kaum zum Zuge kommen. Die aus international vergleichenden Untersuchungen bekannten Unterschiede in den Abgabenquoten konservativ/liberal und sozialdemokratisch/sozialistisch regierter Staaten sind in der Haushaltspolitik kommunaler Gebietskörperschaften nicht zu erwarten, vor allem dann nicht, wenn sich die Untersuchung auf ein Bundesland beschränkt. In ihrer Ausgabenpolitik unterliegen die Gemeinden ähnlichen externen Beschränkungen. Zahlreiche kommunale Ausgaben, insbesondere die für Parteieffekte besonders sensiblen Sozialausgaben, resultieren aus bundes-und landesgesetzlich festgelegten Leistungsverpflichtungen der Kommunen. Im Bereich der Infrastrukturpolitik werden derartige externe Rahmenbedingungen ebenfalls wirksam: Ein erheblicher Teil der kommunalen Investitionen entfällt auf Pflichtaufgaben, bei denen die Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Ausgaben allenfalls graduell variieren können. Zudem dürften die Modalitäten der Investitionsfinanzierung, insbesondere die Mitfinanzierung kostenintensiver Investitionen durch staatliche Zuweisungen, den Einfluß parteipolitischer Faktoren auf Investitionsentscheidungen in Grenzen halten. Obgleich sich in unseren 49 Untersuchungseinheiten kein nachhaltiger Einfluß der parteipolitischen Kräfteverteilung auf die kommunale Investitionspolitik nachweisen läßt, erlaubt dieses Ergebnis keine generellen Schlußfolgerungen über die Bedeutsamkeit oder Irrelevanz politischer Strukturmerkmale für die Inhalte kommunaler Entscheidungen. Bei einer Analyse von Personalausgaben oder der kommunalen Verschuldungspolitik können parteipolitische Faktoren eine wichtigere Rolle spielen. Der Einfluß anderer Merkmale des lokalen politischen Systems, z. B.der inneradministrativen Strukturen, der politischen Aktivität der Bevölkerung, der Zentralisierung oder Fragmentierung der kommunalen Machtstrukturen oder der politischen Einstellungen der lokalen Entscheidungsträger auf die Umsetzung von Inputs in Outputs wurden hier nicht untersucht. Aus diesem Grunde sagen unsere Ergebnisse nichts über die generelle Bedeutung politischer Strukturen und Prozesse für den Inhalt politischer Entscheidungen aus, sondern nur über die Bedeutung der parteipolitischen Kräftekonstellation für spezifische politische Aktivitäten auf einzelnen Politikfeldern. Der Umstand, daß in der Investitionspolitik als einem wichtigen kommunalen Handlungsbereich mit vergleichsweise großen politischen Gestaltungsmöglichkeiten allenfalls bescheidene und von Politikfeld zu Politikfeld variierende Parteieffekte nachweisbar sind, deutet auf einen großen Einfluß der Tradition einer primär sachbezogenen Kommunalpolitik hin, die durch die Einbindung der Kommunen in ein umfassendes System der Politikverflechtung noch verstärkt wird.
Oscar W. Gabriel, Dr. rer. pol., geb. 1947; Professor für Politikwissenschaft an der Universität Mainz. Zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themenbereichen Politische Soziologie westlicher Demokratien. Theorien und Methoden der empirischen Politikwissenschaft, Kommunalpolitik. Volker Kunz, M. A., geb. 1961; wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Mainz. Veröffentlichungen: Die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden, in: Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Kommunale Demokratie zwischen Politik und Verwaltung, München 1989; (zus. mit Thomas Zapf-Schramm) Ergebnisse der Haushaltsentscheidungsprozesse in den kreisfreien Städten der Bundesrepublik, in: Dieter Schimanke (Hrsg.), Stadtdirektor und Bürgermeister, Basel 1989. Thomas Zapf-Schramm, M. A., geb. 1958; Projektmitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Mainz. Veröffentlichungen: Kommunale Umweltpolitik, in: Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Kommunale Demokratie zwischen Politik und Verwaltung, München 1989; (zus. mit Volker Kunz) Ergebnisse der Haushaltsentscheidungsprozesse in den kreisfreien Städten der Bundesrepublik, in: Dieter Schimanke (Hrsg.), Stadtdirektor und Bürgermeister, Basel 1989.
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