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Die Bundespräsidenten Von Theodor Heuss bis Richard von Weizsäcker | APuZ 16-17/1989 | bpb.de

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APuZ 16-17/1989 Das Grundgesetz in der deutschen Verfassungstradition Grundgesetzverständnis und Verfassungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland Grundgesetz und Rechtsprechung Die Bundespräsidenten Von Theodor Heuss bis Richard von Weizsäcker Artikel 1

Die Bundespräsidenten Von Theodor Heuss bis Richard von Weizsäcker

Wolfgang Jäger

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Zusammenfassung

An grundgesetzlichen Kompetenzen arm, bedarfder Bundespräsident einer zusätzlichen Autorität, die nur aus seiner Persönlichkeit gespeist werden kann, wenn er in der Öffentlichkeit Gehör und Respekt finden will. Erwartet wird vom Bundespräsidenten ein gewichtiger Beitrag zur Meinungsbildung des Landes und darüber hinaus zur Integration des Gemeinwesens. In einer Analyse des wichtigsten Instruments des Bundespräsidenten, der öffentlichen Rede, wird das Wirken der einzelnen Amtsinhaber von Theodor Heuss bis Richard von Weizsäcker im Rahmen ihrer persönlichen Fähigkeiten und der spezifischen zeitgeschichtlichen Bedingungen untersucht. Dabei zeigt sich, daß alle Bundespräsidenten — wenn auch in unterschiedlichem Ausmaße — wichtige Funktionen der Integration und Konsensbildung wahrgenommen haben. Angesichts der immer komplexer und hektischer werdenden Politik ist sogar zu vermuten, daß das Gewicht des Amtes noch zunehmen wird.

Die Frage nach der Rolle der Bundespräsidenten in der Geschichte der politischen Entscheidungsprozesse des Regierungssystems ist von geringem politikwissenschaftlichem Interesse Das ohnehin mit Kompetenzen vom Grundgesetz dürftig ausgestattete Amt erwies sich in der „lebenden Verfassung“ eher noch leichtgewichtiger. Die engen Grenzen, die der erste Bundeskanzler dem ersten Bundespräsidenten zog, galten auch für die Nachfolger als unverrückbar. Beispielsweise verweigerte Konrad Adenauer dem Bundespräsidenten die Vorlage der Kabinettsliste, bevor diese dem Bundestag vorgetragen wurde. Ebenso schlug er dem Bundespräsidenten den Wunsch ab, an Kabinettssitzungen teilnehmen zu dürfen Das von den meisten Staatsrechtslehrem bejahte Recht, die auszufertigenden Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen wurde von den Bundespräsidenten äußerst zurückhaltend angewandt. Nur in wenigen Fällen lehnten Bundespräsidenten die Unterzeichnung von Gesetzen ab oder verzögerten die Ausfertigung. Ähnliches gilt für Personalentscheidungen der Bundesregierung

Zwei Bundespräsidenten — beide nicht zufällig am ehesten dem Typus des Berufspolitikers zuzuord-nen — versuchten, das in der Amtszeit von Theodor Heuss als gering erachtete Gewicht des Bundespräsidenten im tagespolitischen Geschäft zu verstärken: Heinrich Lübke wollte auf die Regierungsbildung und die Ministerernennung Einfluß nehmen und Walter Scheel meinte zunächst, daß Heuss den Spielraum des Bundespräsidenten in der Außenpolitik nicht voll ausgeschöpft habe Lübke und Scheel mußten freilich zur Kenntnis nehmen, daß der Bundespräsident bei stabilen parlamentarischen Mehrheiten keine eigenständige Rolle im formalen System der politischen Willensbildung spielt. Allenfalls informell — hinter den Kulissen — vermag er durch das Gewicht seiner Persönlichkeit und über die Kanäle seiner persönlichen Beziehungen im politischen Entscheidungsprozeß zu wirken.

Diese nüchterne Einschätzung der Rolle des Bundespräsidenten legt den Blick auf seine eigentliche Aufgabe frei. Nach allgemeiner Auffassung richtet sie sich auf das geistige Fundament des Gemeinwesens. In den Worten von Friedbert Pflüger, Politik-wissenschaftler und Sprecher von Bundespräsident Richard von Weizsäcker: „Die Stellung seines Amtes außerhalb der Parteipolitik läßt den Bundespräsidenten zum Symbol staatlicher Einheit, zur Verkörperung demokratischer Beständigkeit und zum Hüter des freiheitlichen Grundkonsenses werden.“ Arnulf Baring spricht vom „wichtigsten Meinungsbilder des Landes“

Die zeitgeschichtliche Analyse der Integrationsfunktion muß zuallererst die Frage nach dem Verhältnis der Bundespräsidenten zu den geistigen Strömungen und Auseinandersetzungen ihrer Zeit stellen. Liehen die Bundespräsidenten ihre Stimme populistisch der Mehrheit und dem Zeitgeist, oder versuchten sie selbst Meinung zu prägen, auch wenn diese es schwer hatte, sich durchzusetzen, sie vielleicht unpopulär und nur von Minderheiten getragen war? Vor allem das wichtigste Instrument des Bundespräsidenten, die öffentliche Rede, muß daraufhin überprüft werden.

In jedem Falle steht die Persönlichkeit des Bundespräsidenten im Mittelpunkt der Analyse. Theodor Eschenburg nannte den Bundespräsidenten einen „Mann, der nur über wenig potestas verfügt, der aber immerhin die Aussicht hat, durch persönliche auctoritas in etwa auszugleichen, was ihm an potestas fehlt“ Es ist daher kein Zufall, daß die meisten Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten Persönlichkeiten waren, deren Profil nicht ausschließlich parteipolitisch geprägt war, sondern die auch im Privatberuf reüssiert hatten. Andererseits freilich waren alle bisherigen Präsidentenwahlen eindeutige Parteiwahlen und als solche „ein unvergleichliches Barometer“ für die Entwicklung der parteipolitischen Machtverhältnisse.

Theodor Heuss

Theodor Heuss wird allgemein eine große Integrationsleistung zuerkannt. In wenigen Jahren erwarb er sich höchste Popularität in der gesamten Bevölkerung quer durch alle Schichten und Berufsgruppen, auch in der Welt des Geistes. Diese Qualität, einer der wenigen Politiker gewesen zu sein, die eine Brücke zwischen den Welten der Politik und des Geistes schlugen, wird bis heute als besonders bemerkenswert herausgestellt. Der Literat und Publizist gilt als Kontrast zum „Nur-Politiker“ Konrad Adenauer, der kein Verhältnis zu Intellektuellen und Künstlern gehabt oder mit ihnen gar in permanentem Konflikt gelebt habe. Ganz so evident ist dieses Bild der Gegensätze freilich nicht. Die Kritik zahlreicher Intellektueller galt schließlich nicht nur der Persönlichkeit des ersten Bundeskanzlers, sondern auch seiner Politik. Deren innen-und außen-politische Weichenstellungen aber trug Theodor Heuss mit. Wie erklärt sich dann der Widerspruch, daß Kritiker der Adenauer-Ära den Bundespräsidenten weitgehend aussparen, obgleich er am Gebäude jener Zeit mitbaute?

Die nächstliegende Erklärung dürfte darin zu suchen sein, daß die kritischen Intellektuellen den Bundespräsidenten als Politiker gar nicht ernstnahmen. Heuss war für sie „kein Mann der Macht“ Diese Qualifikation fiel ihnen umso leichter, als sie selbst — ebenso wie die Regierung — die Trennung von Geist und Macht praktizierten. Auch die härtesten Kritiker der jungen westdeutschen Republik wie die in der Gruppe 47 um Hans Werner Richter versammelten jungen Schriftsteller kreisten in den fünfziger Jahren um sich selbst, verzichteten jedenfalls auf parteipolitisches Engagement Soweit Heuss als Politiker überhaupt in ihr Blickfeld trat, erntete er nur Mitleid.

Wolfgang Koeppen, ein Einzelgänger, der nicht zur Gruppe 47 gehörte, lieferte dafür in seinem Roman 10 „Das Treibhaus“ das schönste Beispiel. Die Adenauer nachgebildete Zentralfigur des Romans — der Abgeordnete Keetenheuve — dachte sich „einen Mann aus, der Musäus hieß und Butler beim Präsidenten war ... Er war so alt wie der Präsident, er sah so aus wie der Präsident, und er hielt sich für den Präsidenten“. Koeppen schilderte Musäus mitleidsvoll als einen Menschen, der, in seinem Palais eingeschlossen, vom „führenden Staatsmann“ gut gefüttert, dadurch träge und taub geworden, den Kontakt zum Volk verloren hatte. Er unterschrieb, was man ihm vorlegte, aber er litt darunter. „Musäus, der gute Präsident, er war zu traurig, um sich länger des Landes zu freuen, er stieg in die Küche hinab, er aß ein Ripple, er trank ein Fläschchen, er mußte es tun — aus Kummer, aus Schwermut, aus Traurigkeit und großer Herzbedrückung.“

Was Koeppen depressiv-trist zeichnete, konnte auch positiv-optimistisch präsentiert werden. Die Persönlichkeit des Bundespräsidenten erschien dann nicht von der defizitären Realität des Macht-systems erdrückt oder in ihr gefangen, sondern als Vorschuß auf die Zukunft oder als fundamentum in re einer Idee der Demokratie.

Theodor W. Adorno, neben Max Horkheimer der prominenteste Vertreter der Kritischen Theorie, würdigte den 1963 verstorbenen Heuss auf dem Soziologentag 1964 als den „Stellvertreter einer Art von Person, wie sie allgemein erst unter verwirklichter Freiheit gedeihen würde“. Heuss werde unvergeßlich bleiben. „Denn was er war, darf nicht vergessen werden, wenn anders die deutsche Ge-Seilschaft doch noch einlösen soll, was ihr immer wieder versagt war und was in Theodor Heuss eine kurze Spanne als Wirklichkeit allen vor Augen stand.“

Adorno zeichnet Heuss als „citoyen". als „guten Bürger eines guten Staates“ wobei dem guten Staat nur der Rang der Idee, aber nicht der Realität zugestanden wird. Die Persönlichkeit des Bundespräsidenten vom kritisierten Staat abzukoppeln, fiel umso leichter, als der protestantische und süddeutsche Liberale Heuss das verschüttete parlamentarische und demokratische Erbe Deutschlands zu verkörpern schien. Wer hätte sich Professor Heuss nicht als Volksvertreter in der Paulskirche vorstellen können! Ohnehin neigte die Kritische Theorie dazu, auf der Grundlage einer Klassenanalyse Elemente des deutschen Vormärz-Konstitutionalismus zu einer Idee des Parlamentarismus zu stilisieren, die dann als Maßstab an den Parlamentarismus der Gegenwart angelegt wurde, um diesen des Verfalls zu überführen. Die bürgerliche Klasse -die durch Bildung und Besitz zur Mündigkeit berufenen Bürger — bestimme im Prozeß eines öffentlichen Raisonnements, dessen Brennpunkt das Parlament sei, über sich selbst und bringe dadurch Vernunft und Wahrheit zur Herrschaft

Während Heuss als gelebte Wirklichkeit dieser -wie man kritisch anmerken muß, nur wenig mit der Geschichte zu vereinbarenden — Idee gelten konnte, erschien Bundeskanzler Konrad Adenauer aus dieser Sicht geradezu als Inbegriff der defizitären modernen Demokratie, die trotz Demokratisierung des Wahlrechts und trotz der grundgesetzlieben Volkssouveränität angesichts der ökonomischen Ungleichheit der Bürger und der Entpolitisierung der Massen von den bürgerlichen Idealen bzw.dem objektiven Sinn der Institutionen abgerückt sei Anders als Heuss ordnete man Adenauer denn auch nicht in die Geschichte des bürgerlichen Verfassungsstaates in Deutschland ein. Das Milieu des politischen Katholizismus und des Zentrums, dem Adenauer entstammte und das in der CDU aufging, qualifizierte den ersten Bundeskanzler eher als Sinnbild für die Enge einer rheinisch-katholischen Republik ab.

Sehr polemisch formulierte dies Heinrich Böll, wenn er von Adenauer als dieser „kölschkatholischlinksrheinischen Chuzpe“ schrieb Die program-matische Fundierung der Adenauerschen Politik auf christlichen Grundsätzen konnte aus der kritischen Sicht als Gegenaufklärung interpretiert und im schlimmsten Falle der Heuchelei bezichtigt werden, wenn Böll dem „Musterchristen of the Western world“ vorwarf, „nicht den geringsten Sinn für Ethos“ zu haben Das Spiel der Gegenüberstellung von Parlamentarismus-Idee und demokratischer Realität wird hier im Gegenüber von Bibel-wort und menschlichem Machtgebrauch wiederholt.

Unberührt von solchen Auseinandersetzungen über die politischen Weichenstellungen und die geistig-moralischen Grundlagen der frühen Bundesrepublik stand Theodor Heuss als Modellbild des Demokraten da.der allein durch seine Menschlichkeit wirkte. Der Mensch Theodor Heuss — dies ist das Schlüsselwort für die Analyse seiner Wirkung sowohl im privaten Bereich als auch in der öffentlichen Sphäre. Das schönste Zeugnis ist die Festschrift „Begegnungen mit Theodor Heuss“, die dem Bundespräsidenten 1954 zum 70. Geburtstag überreicht wurde Politiker, Journalisten, Literaten, Künstler und Wissenschaftler zeichnen hier nicht einen Mann, der mit dem Instrument der Macht Geschichte gestaltet, auch nicht einen Politiker, der die Welt der Macht geistig durchwirkt. Politik spielt nur eine Rolle am Rande der Festschrift-Beiträge. Unisono preisen die Autoren aller Sparten die Humanität des Bundespräsidenten: die „Wärme und Echtheit des Empfindens“ (Willy Andreas), sein dreifaches Charisma des großen Gewissens, der weiten Lebenskenntnis und des großen Humors oder der liebenswerten Ironie (Eduard Spranger), die „Redlichkeit der Sprache“ (Emst Glaeser), die „versöhnende Weisheit reizbarster Empfindlichkeit“ und „echte Güte“ (Reinhold Schneider), seine „zarte Klugheit“ (Carl J. Burckhardt), sein „deutsches Gesicht“ mit der „Proportion der guten Stimmung“ (Carl Zuckmayer), sein „musisches Gesicht“ (Gerhard Marcks), den „Staatsmann ohne Brutalität“ (Josef Haubrich), vor allem aber immer von neuem seinen Humor (Werner Finck und Willy Reichert), seine „südwestdeutsche Heiterkeit“ (Alexander Rüstow).

Solche Zeugnisse, aber auch die Lektüre der Tagebuch-Briefe und die Analyse seiner Reden enthüllen die Geheimnisse der Wirkung dieser Persönlichkeit. Heuss war niemals ein Mann des Monologs, sondern immer — vor einem kleinen oder einem großen Publikum, im vertrauten Kreis oder im Rundfunk — ein Mann des Dialogs. Er verstand es, in jeder Rede den Eindruck des Zwiegesprächs mit dem Zuhörer oder einer in der Rede angesprochenen Persönlichkeit zu schaffen. Dolf Stemberger schrieb, daß Heuss „gleichsam immer eine ganze Geisterschar von Freunden und Vertrauten aus Gegenwart und Geschichte mit aufs Podium“ gebracht habe

Inhaltlich korrespondierte mit der Form des Zwiegesprächs die Behutsamkeit der Aussage. Nicht moralistisch, nicht rechthaberisch waren seine Ansprachen. Heuss brachte in seinen Worten die Zwiespältigkeit menschlichen Denkens und Handelns. die Komplexität der Gewissensentscheidung zum Ausdruck und setzte sich damit in eins mit dem Mitbürger, statt ihm pastoral ins Gewissen zu reden. Jene Reden, die er selbst als seine wichtigsten erachtete — 1952 in Bergen-Belsen, 1954 zum 20. Juli und 1959 vor der Führungsakademie der Bundeswehr — weisen Theodor Heuss als einen Meister der abwägenden Zwiesprache mit dem Bürger. gleichsam als Medium des bürgerlichen Diskurses aus.

Von besonderer Bedeutung für die Wirkung dieses Bundespräsidenten war die Authentizität seines Auftretens. Heuss brachte immer und überall seine imposante Persönlichkeit ein. Seine Worte waren immer die eigenen. Nie waren Langeweile und distanzierte Routine zu spüren. Der Ghostwriter hatte noch nicht Einlaß in das Bundespräsidialamt gefunden. Heuss bereitete sich auf seine Reden intensiv vor, ging auf konkrete Menschen und Situationen ein. Traf er etwa auf Schriftsteller, las er sich in deren Werke ein. War ihm eine solche Vorbereitung nicht möglich, konnte er sogar auf seinen Auftritt verzichten Jeder Zuhörer spürte, daß der gebildete Bundespräsident wußte, wovon er sprach, Persönlichkeit und Wort waren identisch.

Stil und Persönlichkeit des Bundespräsidenten Heuss waren in besonderem Maße geeignet, in der öffentlichen Diskussion erzieherisch zu wirken. Der Bundespräsident nahm an der Artikulation des Zeitgeistes teil, formulierte die vorhandenen Argumente und Gegenargumente und zog in seiner kreativen und einprägsamen Sprache das Resümee. Theodor Heuss personifizierte die Topik der öffentlichen Meinungsbildung. Ein bekanntes Beispiel dafür war die Auseinandersetzung über die Kollekti-vschuld der Deutschen; Heuss prägte mit dem Begriff der „Kollektivscham" die öffentliche Meinung

Heinrich Lübke

Der zweite Bundespräsident ging aus dem von Konrad Adenauer initiierten Gerangel über die Nachfolge von Theodor Heuss als „Verlegenheitskandidat“ hervor Dem Kandidaten selbst . schadete dies kaum. Der Publizist Johannes Gross schrieb 1967 sogar, daß Heinrich Lübke „in den inneren Zirkeln der Politiker und bei der Presse ... zunächst freundlich, ja aufatmend begrüßt“ worden sei. „denn der Heuss’schen Manierismen war man nach zehn Jahren überdrüssig geworden“ Zeitgenossen und Zeithistoriker berichten in großer verbaler Einmütigkeit von Lübkes Ansehen im Volk — sprich: beim „kleinen Mann auf der Straße“ — wegen seines schlichten Auftretens, seiner Geradlinigkeit. Rechtschaffenheit und Redlichkeit. Zumeist kommt dieses Urteil im Gewände milder Herablassung einher. Schon Theodor Heuss, nicht frei von Eitelkeit, ließ in seinen Tagebuchbriefen diesen Unterton selbstgefällig anklingen, wenn er Lübkes „menschliche Redlichkeit“ pries, sich leise über dessen Bedürfnis eines „Ghostwriters“ lustig machte und sich spöttisch bereit erklärte, dem Nachfolger einen Redeentwurfzu liefern

Heinrich Lübke war in der Tat, anders als sein Vorgänger, kein Mann aus der Welt des Geistes und vermochte auch als Bundespräsident mit dem Instrument der Rede keine Brücken zwischen Politik und Geist zu schlagen. Bei aller Schreibhilfe wirkten seine Reden jedoch authentisch. Sie spiegelten die hölzerne und ernste Persönlichkeit, die sich in eher schlichten Aussagen mitteilte. Nicht der Dialog, sondern der Monolog charakterisierte den Vortrag des Bundespräsidenten. Dolf Sternberger nannte Lübke den „Missionar“ unter den Bundespräsidenten. „Sein Wille zur Wirkung schlägt sich in den Reden vielfach als ethische Belehrung nieder. Den Journalisten verwies er die Sucht nach Sensationsmeldungen, ebenso die . Kritik um der Kritik willen 1; beim Juristentag tadelte er das deutsche Volk, es habe das richtige Verhältnis zum Recht noch nicht gefunden; den Berliner Studenten suchte er (am 20. Juli 1964) die Ohne-mich-Attitüde, den •grundsätzlichen Vorbehalt gegenüber der Politik, auszureden; selbst von den Juden wollte er (als erin der Paulskirche die Woche der Brüderlichkeit eröff-nete) einen . Beitrag zur Wiedergutmachung* erhoffen. daß sie nämlich unseren guten Willen anerkennten. So sprach er manche Forderung aus. die unausgesprochen eher erfüllt zu werden Aussicht hätte. Zuweilen schien es, als sehe er das Staatsamt buchstäblich für eine Kanzel an, von der herab es gelte, die guten Sitten zu predigen und die bösen zu schelten.“

Lübkes Auftritte vermittelten ein patriarchalischobrigkeitsstaatliches Verständnis der Politik. Er blieb auch als Bundespräsident der Rolle des Regierungsmitglieds treu, in der er als Landwirtschaftsminister unter Bundeskanzler Adenauer reüssiert hatte. Aus diesem Rollenverständnis heraus mischte er sich mehr als sein Vorgänger in die praktische Regierungspolitik ein. Da er hier jedoch — für alle sichtbar — scheiterte, trat seine gouvernementale Attitüde in seinen ureigenen Aktivitäten als Bundespräsident um so schärfer zutage. Er verkörperte in der ausklingenden Adenauer-Ära und in den Jahren danach noch die politische Kultur jener Zeit. Der in der Adenauer-Ära amtierende Bundespräsident Heuss dagegen, der nicht in einem gouvemementalen, sondern in einem parlamentarischen Rollenverständnis wurzelte, hatte es verstanden. die patriarchalische Kanzlerdemokratie Konrad Adenauers mit der Aura des bürgerlich-parlamentarischen Zeitalters zu versehen, das die Deutschen bekanntlich nie erfahren hatten. Ein Bundespräsident Lübke, der nun in den unruhigen sechziger Jahren wie ein Prediger der Werte der fünfziger Jahre auftrat, mußte mit zunehmender Amtszeit immer anachronistischer wirken.

Lübkes zeitgeschichtliche Modernität als hartnäckiger Vertreter einer Großen Koalition widerspricht der These des Anachronismus nicht. Nur aus heutiger Sicht erscheint die Große Koalition als Vorstufe der sozial-liberalen Koalition und der Umsetzung von Reformideen der Kulturrevolution, die sich Ende der sechziger Jahre abspielte Damals galt die Große Koalition den kritischen Intellektuellen, nicht zuletzt der studentischen Jugend, gerade umgekehrt als Agonie oder Dekadenz der politischen Entwicklung der Bundesrepublik. Der von der SPD nach der Verabschiedung des Godesberger Programms eingeschlagene Weg in die Regierung wurde als schimpfliche Anpassung an den „CDUStaat“ empfunden. Der Verlust der Opposition und der „Einparteienstaat“ schienen das Ende der Demokratie anzukündigen, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte.

Auch inhaltliche Akzente, die Bundespräsident Lübke zu setzen versuchte, gerieten in den geistigen Strudel der APO-Zeit. Sein Anliegen, sich den Problemen der Dritten Welt zu nähern, wurde gerade vom innovationsfreudigen Teil der Bevölkerung als patriarchalisch-imperialistische Politik des „white man’s bürden“ interpretiert oder — schlimmer noch — als Ausdruck von Naivität eher belächelt. Die letzten beiden Jahre von Lübkes Amtszeit, die vom physischen und geistigen Zerfall gezeichnet waren, vergröberten die Einschätzung seines Wirkens zur Karikatur — ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, der sein Amt in besonderem Maße forderte. Es wäre freilich verfehlt, ausschließlich Lübkes Fähigkeiten und persönliche Amtsführung ins Visier zu nehmen. Die Rahmenbedingungen seiner Amtszeit hatten sich grundlegend geändert: Verglichen mit den fünfziger Jahren war es eine Zeit der Unruhe. die sich oberflächlich schon in der Zahl der Regierungs-, Koalitions-und Kanzlerwechsel ausdrückte. Kein anderer Bundespräsident hatte mit so vielen Kanzlern zu tun. Von größerer Bedeutung allerdings war der geistige Umbruch. Lübke repräsentierte mit seinen Wertvorstellungen gewiß noch die große Mehrheit der Bevölkerung, stand jedoch eindeutig quer zu jener intellektuellen Minderheit, die sich mit großer Dynamik anschickte, den Zeitgeist zu verändern. Man wird annehmen dürfen, daß in dieser Situation öffentlich zerbrechenden Konsenses auch ein Bundespräsident Theodor Heuss Federn gelassen hätte.

Gustav Heinemann

Während Lübke vom Zeitgeist einfach überholt wurde, stellte sich der Nachfolger Gustav Heine-wann an seine Spitze. Nie hat ein Bundespräsident zu Beginn seiner Amtszeit deutlichere politische Signale gegeben als der Sozialdemokrat. Er sprach nach seiner Wahl nicht nur von einem „Stück Machtwechsel“, sondern charakterisierte die ver-gangenen beiden Jahrzehnte der Bundesrepublik Deutschland in einer Weise, die nur als scharfe Kritik an den immer noch den Bundeskanzler stellenden Unionsparteien interpretiert werden mußte.

So äußerte sich Heinemann unverblümt kurz nach seiner Wahl und zwei Monate vor seinem Amtsantritt in einem Sonderheft der „Neuen Gesellschaft“ in einem Gespräch mit dem „Chefideologen“ der SPD, Leo Bauer. Es war dasselbe Heft, das Willy Brandts vieldiskutierten Aufsatz „Die Alternative“ enthielt, in dem er eine scharfe Grenze zwischen dem Demokratieverständnis von SPD und Unionsparteien zog: „Für die CDU/CSU bedeutet Demokratie eine Organisationsform des Staates. Für die SPD bedeutet Demokratie ein Prinzip, das alles gesellschaftliche Sein der Menschen beeinflussen und durchdringen muß.“

Der frisch gewählte Bundespräsident Heinemann bemängelte, daß „der im Grundgesetz vorgezeichnete Demokratisierungsprozeß“ in den letzten 20 Jahren „nicht mit dem erforderlichen Schwung vorangetrieben worden“ sei. „Die Ideenstille, die bisher bei uns herrschte, war kein erfreuliches Zeichen für die Entwicklung unserer Demokratie.“ Die CDU habe „mit dem Christlichen als Propagandainstrument in den 50er Jahren viel Ungutes getan und sich viel Ungutes geleistet“ In seiner Einführungsrede äußerte sich Heinemann nicht weniger deutlich. Sie liest sich in wesentlichen Passagen wie eine vorweggenommene Fassung der ersten Regierungserklärung von Brandt und hätte angesichts der unparteiischen Funktion des Bundespräsidentenamtes eigentlich stärker provozieren müssen als die viel umstritteneren Forderungen des Bundeskanzlers.dessen Handeln ja im Brennpunkt des Parteienstreites liegt: „Wir stehen erst am Anfang der ersten wirklich freiheitlichen Periode unserer Geschichte. Freiheitliche Demokratie muß endlich das Lebenselement unserer Gesellschaft werden . . . Überall müssen Autorität und Tradition sich die Frage nach ihrer Rechtfertigung gefallen lassen . . . Nicht weniger, sondern mehr Demokratie — das ist die Forderung, das ist das große Ziel, dem wir uns alle und zumal die Jugend zu verschreiben haben. Es gibt schwierige Vaterländer. Eines davon ist Deutschland. Aber es ist unser Vaterland.“

Vor allem gegen „Untertanengesinnung und Unterwürfigkeit“ zog Heinemann zu Felde. Sie sollten endlich in „staatsbürgerliches Selbstbewußtsein und Mitverantwortung“ verwandelt werden. Verschüttete deutsche Freiheitstraditionen vom Bauernkrieg bis zur Revolution von 1848/49 galt es für die deutsche Demokratie neu zu entdecken.

Mehr als jeder seiner Vorgänger oder Nachfolger zeigte Heinemann öffentlich Flagge im Streit um die grundsätzliche politische Richtung. In Kompetenzkonflikte mit anderen Verfassungsinstitutionen konnte er allerdings nicht geraten, da seine Position ja grundsätzlich im Einklang mit der Regierung und der sie tragenden politischen Mehrheit stand. Und in den Monaten nach seiner Wahl und selbst in den ersten Monaten nach dem Amtsantritt war seine Partei ja noch mit den Unionsparteien in der Großen Koalition zusammengekettet, der er selber als Justizminister angehört hatte. Konflikte konnten also allenfalls nach der Bundestagswahl 1969 mit der CDU/CSU-Opposition auftreten — und auch dies nur in begrenztem Umfang, da Heinemann sich aus dem tagespolitischen Streit heraushielt und eine Attacke aufseine grundsatzpolitische Einstellungin der Öffentlichkeit als Affront gegen das unparteiische Amt aufgefaßt worden wäre. Außerdem dachte die fortschrittliche Öffentlichkeit, die auch die parlamentarische Mehrheit trug, in der Sache wie der Bundespräsident. Nicht der Konflikt zwischen dem Bundespräsidenten und der parlamentarischen Opposition stand daher zur Debatte, sondern vielmehr die Integrationskraft des Bundespräsidenten.

Gustav Heinemann wandte sich vor allem an die Protestgeneration und kümmerte sich um Rand-gruppen und Unterprivilegierte der Gesellschaft. Dies mußte zum Teil auf Kosten der breiten Integration der politischen Kräfte des Gemeinwesens gehen. Ein Bundespräsident, der nicht müde wurde, die Zäsur der sozial-liberalen Reform-Ära zu zeichnen, der die Symbole der Staatsrepräsentation gering achtete, der die Kriegsdienstverweigerung als ethischen Wert stärker zu betonen schien als den Dienst in der Bundeswehr, der Heinrich Böll in der Diskussion um die Sympathisanten des Terrorismus — an Heinrich Heine erinnernd -in Schutz nahm und der bei seinem Abschied von Böll umgekehrt als „Radikaler im öffentlichen Dienst“ gefeiert wurde der Rudi Dutschke aus seinem privaten Sozialfonds 1971 bei dessen Übersiedlung an die dänische Universität Aarhus unterstützte -ein solcher Bundespräsident mußte die Opposition, die die ersten 20 Jahre der Republik gestaltet hatte, vor den Kopf stoßen; zumindest aber milderte er nicht die scharfe parteipolitische Polarisierung der sozial-liberalen Anfangsjahre

Dennoch wurde Bundespräsident Heinemann über die sozial-liberale Wählerschaft hinaus in breiten Schichten der Bevölkerung hoch geschätzt Wirklich volkstümlich freilich konnte die spröde, kantige und unbequeme Persönlichkeit nicht sein, die angesichts des „alkoholisierten Innenlebens“ von Vereinen die Schirmherrschaft über ein Schützentreffen ablehnte Aber Respekt war ihm sicher. Er galt der unverwechselbaren Persönlichkeit des Bundespräsidenten, die weder für eine politische Partei noch für ein politisches Milieu stand, sondern allenfalls für den Christenmenschen, der den Staat im biblischen Sinne interpretierte als „Notordnung Gottes mit der Aufgabe, das Gute zu fördern und dem Bösen zu wehren“ Heinemann galt nicht als Parteimann, sondern als Mann des Gewissens. Er haßte es, „Parteien Heimat zu nennen“ -Zum „Genossen“ war er auch nach seinem Übertritt zur SPD nie geworden. Er blieb ein bürgerlicher Politiker. Dies mochte ein Grund dafür sein, warum die Sozialdemokraten den Bundespräsidenten kaum in ihre politischen Entscheidungsprozesse einbezogen, zumal sie nie wußten, was das Gewissen des geradlinigen Mannes empfehlen würde. So stand er einer Änderung des § 218 im Sinne der Fristenlösung ablehnend gegenüber. Auch in ethisch weniger brisanten Fragen konnte er schlicht „konservativ“ sein — so, wenn er den Gesetzesentwurf zur Berufsausbildung mit der Bemerkung kommentierte, daß man nicht immer alles grundsätzlich auf den Kopf stellen dürfe

Was dem Parteipolitiker fehlte — die Nestwärme des Milieus —, konnte den Bundespräsidenten auszeichnen, als ein Stück Unparteilichkeit. Der Blick öffnete sich über Parteigrenzen hinweg auf eine unabhängige Persönlichkeit, deren Leben immer, auch in der Zeit des Nationalsozialismus, ein Zeugnis seiner moralischen Aufrichtigkeit gewesen war. Heinemann personifizierte ganz individuell die Einheit von Politik und Moral und schöpfte daraus Autorität für sein Amt.

Daß die erste sozial-liberale Regierung das Etikett der Einheit von Moral und Politik aufwies, war allerdings nicht so sehr Bundespräsident Gustav Heinemann als vielmehr Bundeskanzler Willy Brandt zu verdanken. Außerdem verbargen sich hinter dem Etikett durchaus verschiedene Inhalte. Bei Brandt ging es weniger um die persönliche Integrität des Politikers als vielmehr um die Qualität der Bundesrepublik Deutschland. Der Name Brandt, sein Schicksal in der Zeit des Nationalsozialismus und sein Aufstieg in das wichtigste Amt der Bundesrepublik Deutschland standen für eine neue, höhere Qualität des Staates, der in einer „inneren Neugründung“ für jene, die 20 Jahre lang die „Restauration“ beklagt hatten, endlich sein Ethos fand. Brandt selbst deutete dies an, wenn er nach seinem Regierungsantritt bemerkte, daß Hitler den Krieg jetzt endgültig verloren habe Heinrich Böll gab dieser Sicht den stärksten Ausdruck, als er in Brandt den ersten deutschen Kanzler feierte, „der aus der Herrenvolkstradition herausführte“ Für viele Intellektuelle versinnbildlichte Brandt eine neue, die wahre Legitimität der Bundesrepublik Deutschland

Was Brandt mit seiner Biographie ausdrückte, unterstrich Heinemann durch seine Darstellung der Nachkriegsgeschichte. Längerfristig war Heine-mann sogar der wirksamere. Er fand auch noch Gehör, nachdem das moralische Podest der ersten Regierung Brandt in der Korruptionsaffäre um das gescheiterte konstruktive Mißtrauensvotum zusammengebrochen war. Überhaupt dürfte Bundespräsident Heinemann seine größte Wirkung mit den Bemühungen erzielt haben, das Geschichtsbild der Bundesrepublik Deutschland mitzuprägen und ihre demokratische Identität mitzudefinieren. Dazu gehören vor allem das unablässige Rühmen des Grundgesetzes einerseits und die Betonung des Neuanfangs im Prozeß der Demokratisierung durch die Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten andererseits. Heinemann trug kräftig dazu bei, das Grundgesetz über den Rang eines bloßen Rechtssystems hinauszuheben und es zum Symbol für die Vision des guten Gemeinwesens zu erhöhen: als Angebot für „eine freiheitlich-rechtsstaatliche und soziale Demokratie unter den Bedingungen des industriellen Massenzeitalters“ Vorausgesetzt dabei war die Abwertung der politischen und sozialen Realität der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte, gegen die ja die APO Sturm lief. Die Kluft zwischen der gepriesenen Norm der Verfassung und der kritisierten Wirklichkeit schien den Ruf zu rechtfertigen, daß einer zweiten „Stunde Null“ endlich mit der Demokratisierung der Republik ernstzumachen.

Seine besonderen Bemühungen galten der linken studentischen Jugend von 1968. Zweifellos machte er sich um ihre Integration in das politische System verdient. Er suchte und fand den Dialog mit der Außerparlamentarischen Opposition. Dabei biederte er sich keineswegs an. Selber zeitlebens ein „ungeduldiger Mensch“, wie er bekannte, äußerte er Verständnis für die Motive und Ziele der radikalen Gesellschaftskritiker, wies aber zugleich ihre Methoden zurück. Er unterschied scharf zwischen utopischen Systemveränderem und praktischen Reformern und verwies nicht nur auf bürgerliche Rechte, sondern auch auf staatsbürgerliche Pflichten.

Für die politische Integration des breiten politischen Spektrums reichten Heinemanns Position und Verhalten jedoch nicht aus. Konsensstiftende Funktion kam ihm in den Jahren äußerster parteipolitischer Polarisierung und heftigen Kulturkampfes nicht zu. Eben dies war Gegenstand einer weit-verbreiteten unterschwelligen Kritik an seiner Amtsführung. Es war daher gar nicht verwunder-lieh, wenn auch einmalig, daß selbst die Kandidaten für die Nachfolge im Präsidentenamt sich offen kritisch äußerten. Walter Scheel schrieb, daß Theodor Heuss sein Amt nicht auf „politische Seelsorge“ reduziert habe und in der WELT stand zu lesen, daß Richard von Weizsäcker geäußert habe, ein Präsident sei nicht dazu da, „den Bürgern dauernd die Leviten zu lesen und sie vom Unglück ihrer Geschichte zu überzeugen“; er habe vielmehr die Aufgabe, „den Menschen Mut zu machen“

Walter Scheel

Was Gustav Heinemann nicht schaffte, gelang seinem Nachfolger Walter Scheel: eine möglichst breite Integration der politischen Kräfte und Meinungen. Dabei hatte es der frühere FDP-Vorsitzende und Außenminister zunächst überaus schwer. Sowohl seine eigenen Ansprüche an das Amt wie die öffentlichen Erwartungen an seine Amtsführung standen ihm im Wege.

Verglichen mit dem ernsten Christenmenschen Heinemann erschien die „rheinische Frohnatur“ Scheel wie Bruder Leichtfuß. Sein großbürgerlicher Lebensstil, die „elegante Beherrschung der Formen“ bei Empfängen, Audienzen und Staatsbesuchen, die Präsentation des Staates mit seinen Symbolen vom Fahnenempfang für die Botschafter bis zu den festlichen Diners des Staatsoberhauptes, aber auch die einfache Volksverbundenheit durch das Besingen einer Schallplatte mit dem Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen“ — all dies stand in krassem Gegensatz zum asketischen Verhalten des Vorgängers. Scheel mußte sich gegen den Eindruck des nur Spielerischen oder gar Unseriösen wehren.

Besonders hinderlich waren dabei zusätzliche Kompetenzansprüche, die er zu Beginn seiner Amtszeit zu erheben schien. Wenige Monate vor seiner Wahl hatte er in einer Würdigung von Theodor Heuss zum 90. Geburtstag in der Frankfurter Rundschau in deutlichen Worten erklärt, daß er die Rollenverteilung zwischen Heuss und Adenauer „nicht zum eisernen Bestand der Verfassungswirklichkeit“ zähle Vor allem in der Außenpolitik sei die zukünftige Rolle des Bundespräsidenten nicht wirklich ausgeschöpft: „Der deutsche Bundespräsident wird ein Präsident in Europa sein ... Er wird ein politischer Präsident sein“ — vor allem, wenn beim Übergang zur Europäischen Union der Egoismus der Institutionen überwunden werden müsse. Zwei Jahre später flammte die Diskussion erneut auf. als bekannt wurde, daß Beamte des Bundespräsidialamtes die Meinung vertraten, das Grundgesetz messe dem Bundespräsidenten in der Außenpolitik eine weit gewichtigere Funktion zu, als sie die bisherigen Amtsinhaber ausgeübt hätten

Alle Versuche Scheels freilich, die Kompetenzen des Bundespräsidenten auszuweiten, blieben erfolglos, ja schadeten ihm eher. Immer wieder mußte Scheel in der Öffentlichkeit beteuern, keine falschen Machtansprüche zu stellen. Auch er mußte sich mit jenem Handlungsspielraum begnügen, der seinen Vorgängern zur Verfügung gestanden hatte. Diesen allerdings wußte er voll zu nutzen. Als Erfüllungsgehilfe der Regierung verhielt er sichjedenfalls nicht. Er nahm beispielsweise für sich selbstverständlich in Anspruch, vor der Unterzeichnung von Entlassungsurkunden politischer Beamter Nachforschungen über die eigentlichen Entlassungsgründe anzustellen oder Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.

Es dauerte einige Zeit, bis auch dieser Vollblutpolitiker die Rede als das ureigene Instrument, das Wort als die Tat des Bundespräsidenten, entdeckte. Von diesem Zeitpunkt an wurde Scheel denn auch ein hochgeschätzter und populärer Bundespräsident. Seine Integrationsleistung war eher seiner Persönlichkeit und seinem Wirken zuzuschreiben als einem Wandel der politischen Rahmenbedingungen. Zwar polarisierte Bundeskanzler Schmidt, mit dem Scheel es in seiner Amtszeit zu tun hatte, weit weniger als Heinemanns Regierungschef Willy Brandt. Aber die Themen, die in der öffentlichen Auseinandersetzung dominierten, wirkten zumindest ebenso entzweiend wie jene der früheren sozial-liberalen Jahre. Dies galt besonders für den Terrorismus, der erst im Jahre 1977 mit der Ermordung von Hanns Martin Schleyer und der Entführung der Lufthansa-Maschine nach Mogadischu seinen Höhepunkt erreichte. Der Terrorismus zog fast alle öffentlichen Themen in seinen Bann und bewirkte einen heute kaum noch nachvollziehbaren Spannungszustand des öffentlichen Lebens.

Aber auch neue Themen brachen sich Bahn. Schlüsselereignis war die erste Ölkrise, die vom Yom-Kippur-Krieg im Oktober 1973 ausgelöst wurde. Wie ein Kartenhaus fiel die ganze Modernisierungs-und Fortschrittseuphorie der ersten Nachkriegsjahrzehnte in sich zusammen. Willy Brandt hatte ihr mit seiner Regierungserklärung 1969 Vo endeten Ausdruck gegeben. Insofern stellte die Kanzlerschaft Brandts nicht einen neuen Anfang der Geschichte der Republik dar. sondern Höhepunkt und Ende der ersten Phase. Der Einschnitt bedeutete allerdings eher Orientierungsverlust als Neuorientierung. Aus Unsicherheit, Krisenbewußtsein, Ratlosigkeit erwuchsen neuartige Konflikte. Ihr Brennpunkt war der Protest gegen den Ausbau der Kernenergie. Der Grundkonsens über die moderne Industriegesellschaft — sei sie kapitalistisch oder sozialistisch geprägt — zerbrach. Die alte und die neue Politik standen einander um so unversöhnlicher gegenüber, als nicht nur die Dringlichkeit neuer, ökologischer Ziele deutlich wurde, sondern Einbußen des Wirtschaftswachstums, vor allem aber die steigende Arbeitslosigkeit die klassischen Leistungen der Industriegesellschaft nicht mehr selbstverständlich erscheinen ließen.

Daß diese Auseinandersetzung sich außerhalb oder nur am Rande des etablierten Parteiensystems abspielte, war selbst ein Krisenphänomen. Der Bundestagswahlkampfvon 1976 machte dies vielen Bürgern bewußt. Extrem polarisiert durch personelle, ideologische oder existentielle Kategorien ging er an den eigentlichen politischen Themen der Gegenwart und Zukunft vorbei Aus dieser Sicht war es kein Wunder, daß zentrale politische Konflikte wie die Auseinandersetzung um die Kernenergie sich nur unzureichend im Bundestag widerspiegelten. Daß die neue außerparlamentarische Opposition thematisch dem Regierungslager näher stand als der parlamentarischen Opposition, war Ausdruck einer besonders verqueren Lage. All dies trug wesentlich zur Veränderung des Parteiensystems bei: Durch eine Spaltung der SPD von unten entstand seit 1977 die neue Partei der „Grünen“.

Ein Bundespräsident, der in einer solchen Situation für das Ganze sprechen wollte, war in einem besonderen Maße gefordert. Walter Scheel erwies sich als der richtige Mann für diese Herausforderung. Was man zunächst mißtrauisch beäugt hatte, „sein großes Talent verbindender Geselligkeit“ und sein Hang zur Repräsentation, trug wesentlich zur würdigen Form des öffentlichen Auftritts bei. Vor allem aber fügten sich Form und Inhalt zusammen. In seinen öffentlichen Äußerungen vertrat der Bundespräsident ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein der jungen Demokratie und den Stolz auf die Nachkriegsleistung gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, an deren dunkle Seiten er andererseits immer erinnerte. Weit mehr als sein Vorgänger hob Scheel die Bundesrepublik als Leistung aller politischen Kräfte in allen Phasen ihrer Geschichte hervor. Heinemann hatte in seiner Antrittsrede einen Neubeginn in der Geschichte der Bundesrepublik signalisiert und damit die schon in seiner eigenen Biographie liegenden Grenzen zwi-sehen den Parteien scharf gezogen. Scheel dagegen bot seinen eigenen Lebensweg als Symbol der gemeinsamen Leistung für die Bundesrepublik an: „Fünf Jahre der Regierungszusammenarbeit mit der CDU/CSU. ViereinhalbJahre Koalition mit der SPD. Und nicht zu vergessen: fünfeinhalb Jahre Vorsitzender der FDP. Das wird die parteipolitische Neutralität des Bundespräsidenten zu dem werden lassen, was sie sein soll: eine Bindung, die nicht Feme, sondern Nähe zu allen schafft.“ Arnulf Baring nannte Scheel daher treffend „Mr. Bundesrepublik“

In der Identifizierung mit allen politischen Kräften, die zum Gelingen der Republik beitrugen, liegt ein Geheimnis von Scheels integrativer Wirkung. Ihre Tragweite kann nur ermessen, wer die Überhöhung des Regierungswechsels von 1969 als „historisches Bündnis“ sowohl auf Seiten der Liberalen wie der Sozialdemokraten erinnert. Vor diesem Hintergrund konnte Scheels Antrittsrede als ausgestreckte Hand zur Versöhnung mit der Opposition verstanden werden.

Scheels größte Integrationsleistung bestand jedoch in seiner Fähigkeit, die dominanten Strömungen des Zeitgeistes zu fassen und ihnen konsensuellen Ausdruck zu verleihen. Vor allem in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit sprach er in brillanten Reden alle Themen an, die den nachdenklichen Menschen der modernen Industriegesellschaft betreffen: die Folgen des technischen Fortschritts, die „Grenzen der Zukunft“, die „Zukunft in Freiheit“, die „Einheit von Denken und Handeln“, die Verantwortung der Wissenschaft Scheel traf bei der ganz überwiegenden Mehrheit der Bundesbürger den richtigen Ton. In einer interessanten Mischung von Kulturkritik, Wertkonservatismus und Zukunftsoptimismus vermochte er die Kritiker der Industriegesellschaft ebenso zu überzeugen wie die in ihr Verantwortlichen, die Konservativen der „Tendenzwende“ ebenso wie jene, die sich außerparlamentarisch in der Bürgerinitiativbewegung engagierten. Der Bundespräsident warnte vor Gefährdungen der Freiheit, strahlte selber jedoch zuversichtlich den Geist der Freiheit und damit der Hoffnung aus.

Anders als Heinemann rührte er nicht so sehr moralistisch an das schlechte Gewissen des Einzelnen, sondern schien sich eher an Strukturen, Institutionen und Mentalitäten, nicht zuletzt aber an die verantwortlichen Politiker zu wenden. Scheel würzte seine Mahnungen geschickt mit einer Prise Populis53 mus, ohne Intellektualität zu opfern. Nicht als Seelsorger, sondern als Sprachrohr des Volkes gab er sich, wenn er die Parteien oder einzelne Gesetzes-vorhaben kritisierte. Er selbst definierte einmal im Gespräch mit einer Illustrierten, was er meine, wenn er dem Mitbürger ins Gewissen rede: „Ich möchte über den Bürger die politisch Verantwortlichen erreichen. In diesem Punkt bin ich selber eine Bürgerinitiative. Ich merke, daß in den Parlamenten, bei den Parteien manche Fragen nicht so im Vordergrund stehen, wie die Bürger sich das wünschen.“

Anbiederung an Volkes Stimme war dies nie. Scheels Reden enthielten immer eine allgemein erzieherische Komponente, auch wenn der erhobene Zeigefinger hinter der verbindlichen Form des Auftretens nicht so sichtbar wurde. Aber Scheel konnte eine sehr klare Sprache sprechen, nicht nur die öffentliche Meinung auf ihren Begriff bringen, sondern im Integrieren auch nach vorne führen. Stern-stunden in der Geschichte der Bundespräsidenten waren Scheels Reden zu Terrorismus und Demokratie in den Wochen der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers. Anläßlich der Fünf. hundert-Jahr-Feier der Universität Tübingen zeichnete er ein subtiles Bild einer Demokratie, in der die Sicherung der Freiheit ständiger Auftrag ist, und daher der „kritischen Sympathie“ des Bürgers bedarf So setzte der Bundespräsident in seiner Ansprache beim Staatsakt nach der Ermordung Schleyers der emotional aufgeheizten Terrorismus-Diskussion Grenzen: „Haben diejenigen, die die Terroristen geistig und materiell unterstützen, überhaupt noch nicht begriffen, was eine demokratische Lebensordnung ist, so haben diejenigen, die auf der menschlichen Würde auch des Terroristen bestehen, die Demokratie zu Ende gedacht.“

Walter Scheel verstand es, Konsensfindung und Meinungsbildung, Integration und Führung zu verbinden — und dies in Jahren heftigster politischer Polarisierung.

Karl Carstens

Ein größerer Gegensatz läßt sich kaum denken als der zwischen dem öffentlichen Streit über Carstens’ Präsidentschaftskandidatur und seiner insgesamt ruhigen, unumstrittenen Amtsführung. Wie nie zuvor in der Geschichte der Republik geriet eine Präsidentschaftskandidatur in die Mühle parteipolitischer Auseinandersetzung Vordergründig ging es um Carstens’ (ruhende) NSDAP-Mitgliedschaft, bis bekannt wurde, daß auch Scheel (ruhendes) NSDAP-Mitglied gewesen war, und um eine Falschaussage vor dem Guillaume-Ausschuß im Jahre 1974. In Wirklichkeit war es der Kampf der Koalition und der ihr nahestehenden Medien gegen den Oppositionspolitiker, dem man vorwarf — so Bundeskanzler Schmidt — „die rechtskonservative Richtung unserer Gesellschaft“ zu repräsentieren und nicht die „Integrationsbereitschaft“ eines Walter Scheel zu besitzen. Im Klartext bedeutete die Auseinandersetzung um Carstens, daß der Über-gang des Präsidentenamtes von einem Koalitionspolitiker auf einen Oppositionspolitiker, der von 1973 bis 1976 sogar der Führer der Opposition im Bundestag gewesen war. als ein Zeichen für das drohende Ende der sozialliberalen Koalition interpretiert wurde. Immerhin war es das erste Mal, daß ein Bundespräsident aus der Opposition heraus gewählt wurde.

Carstens selbst, dessen Angriffslust als Oppositionsführer noch nicht vergessen war, erlegte sich als Bundespräsident vom ersten Amtstag an eine besondere parteipolitische Neutralität und Zurückhaltung auf In deutlichem Kontrast zu Heinemanns Äußerungen im Jahre 1969 erklärte er. daß er seine Wahl „nicht mit der Vorstellung eines Machtwechsels in unserem Lande“ in Verbindung bringen wolle. Zum sozialdemokratischen Kanzler Schmidt entwickelte der Christdemokrat ein besseres Verhältnis als sein liberaler Vorgänger. Von allen bis dahin amtierenden Bundespräsidenten deutete Carstens seine Kompetenzen am engsten und mischte sich am wenigsten in die Tagespolitik ein. Überraschend war dies eigentlich nicht. Schon Jahre zuvor hatte der Staatsrechtler Carstens nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Bundesregierung in seinem Buch „Politische Führung" (1971) die Entscheidungsfreiheit des Bundespräsidenten eng begrenzt. Dort hatte er beispielsweise die Praxis der bisherigen Bundespräsidenten zu-rückgewiesen, Gesetze, die sie für verfassungswidrig hielten, nicht zu verkünden. „Nach meiner Ansicht waren diese Entscheidungen falsch. Sie über-treiben das Prinzip der checks and balances und erschweren die Staatstätigkeit unnötig.“ Im Un-terschied zu seinen vier Vorgängern fertigte Carstens alle ihm vorgelegten Gesetze aus, selbst das Staatshaftungsgesetz (1981), an dessen Verfassungsmäßigkeit er erhebliche Zweifel hegte, und das schließlich 1982 vom Bundesverfassungsgericht denn auch für nichtig erklärt wurde

Ausgerechnet dieser zurückhaltende Bundespräsident wurde mit einer in der Geschichte der Republik einmaligen verfassungsrechtlichen Entscheidungssituation konfrontiert und zudem als einziger der bisherigen Bundespräsidenten für seine Entscheidung mit einer Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht überzogen. Nach Absprache mit allen im Bundestag vertretenen Parteien löste er am 6. Januar 1983 den Bundestag auf und setzte für den 6. März 1983 Neuwahlen an. Jahre danach sprach Carstens im Rückblick auf seine Entscheidung von den „schwierigsten Wochen“, die er „als Bundespräsident durchlebt habe“, ja, von der schwierigsten Zeit seines Lebens überhaupt Vier Bundestagsabgeordnete klagten vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Entscheidung des Bundespräsidenten. Das Gericht entschied mit sechs zu zwei Stimmen zugunsten des Bundespräsidenten Wäre die Entscheidung gegen ihn gefallen, so hätte dies — wie Carstens später bemerkte — sicher eine „Einbuße an Autorität für den Bundespräsidenten“ bedeutet. Sogar die Frage des Rücktritts hätte sich für ihn gestellt

In den Turbulenzen um die Bundestagsauflösung nach dem Regierungswechsel trat gleichsam symbolisch zutage, wie sehr der darin verwickelte Bundespräsident ein solcher der „Wende“ war. Von den bisherigen Amtsinhabern mußte außer Carstens nur Lübke mit mehr als einem Bundeskanzler zusammenarbeiten. Karl Carstens war jedoch bislang der einzige, der es mit Bundeskanzlern aus den beiden großen Volksparteien zu tun hatte

Daß Karl Carstens in der Tat ein Bundespräsident der „Wende“ war, ergibt sich aus dem Inhalt seiner Reden. Dabei geht es nicht um die Frage des Konservatismus. Walter Scheel hatte auch wertkonservative Positionen vertreten, aber vor allem die individuelle Freiheit und die Zukunft der technisierten Welt ins Visier genommen. Auch Carstens interessierte sich für diese Themen; seine Hauptsorge jedoch galt den Institutionen im Staat und in der Gesellschaft, ganz besonders der Familie. Wie vor ihm bei Heinemann wurzelten seine Mahnungen stark in der christlichen Ethik, auch dann, wenn er auf altbürgerliche Tugenden wie Fleiß und Pflicht-bewußtsein abhob. Mit Scheel teilte er eine von Grund auf positive Sicht des Lebens. Er kämpfte an gegen Schwarzmalerei und Angsthysterie und kriti-sierte die übermäßige Negativ-Berichterstattung der Medien. Die Themen seiner Reden weisen einen Bundespräsidenten aus, der die Anliegen der „Tendenzwende“ und Grundwerte vertrat, die die CDU in ihrem Grundsatzprogramm von 1978 unter der Federführung Richard von Weizsäckers formuliert hatte: „Diese Welt ist nicht heil, aber auch nicht heillos“; „Reformen aus dem geschichtlich Gewachsenen entwickeln“; „Das alte Preußen ein Hort der Toleranz“; „Unser Vaterland ist Deutschland“; „Junge Menschen wollen gefordert sein“; „Das rechte Maß finden“; „Der Bürger hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten“; „Ich vertraue auf die schöpferische Kraft unseres Volkes“; „Der ländliche Raum als Kraftquelle“ oder „Nächstenliebe findet Lohn und Dank in sich“

Mehr noch als Scheel stellte Carstens die normativen und institutioneilen Grundlagen des Staates der Bundesrepublik Deutschland in den Vordergrund seines öffentlichen Auftretens. Hinter der Kritik am Bestehenden sollte der Wert des Geleisteten nicht verschwinden. Er wurde nicht müde, für die Verfassung, die freiheitliche Grundordnung, die Westbindung und die Aufgabe der Wiedervereinigung zu werben. Dazu gehörte auch die Pflege der nationalen Identität. Carstens beschränkte sich dabei nicht auf das politische Bewußtsein, sondern hob besonders auf die kulturelle Tradition ab. Besonders aufschlußreich war seine Rede zum 150. Todestag von Johann Wolfgang von Goethe vor Schülern eines Bonner Gymnasiums: „Das Leben bejahen“. Der Bundespräsident rezitierte und interpretierte darin Goethes Gedicht: „Wanderers Nachtlied“.

Nicht jeder mochte Carstens auf dem Weg in die deutsche Kulturgeschichte folgen. Manche sahen darin ein Abdriften ins „Unpolitische“ Eine Sternstunde der öffentlichen Rede, wie Heuss sie zum 20. Juli 1944, Scheel zur Fünfhundert-Jahr-Feier der Universität Tübingen oder beim Staatsakt nach Schleyers Ermordung oder Weizsäcker später zum 8. Mai 1945 hatten, erlebte Carstens nicht. Dabei ist schwer zu sagen, ob er eine solche Gelegenheit verpaßte, oder ob sich ihm die Gelegenheit nicht bot.

Karl Carstens hatte es nach den unrühmlichen Auseinandersetzungen um seine Person begreiflicherweise zunächst schwer, die Popularitätsskala hochzuklettern, geschweige denn die Beliebtheit seines Vorgängers zu erreichen. Wirklich populär wurde er erst nach der „Wende“ 1982, als der parteipolitische Einklang von Bundespräsident und Bundes-regierung wieder hergestellt war Wahrscheinlich bleibt die Identität von präsidialer Mehrheit und Regierungsmehrheit nicht ohne Einfluß auf das Ansehen der jeweiligen Amtsträger und der sie tragenden politischen Kräfte. Hinzu kam. daß nach der „Wende“ die extreme Polarisierung zwischen Regierungsmehrheit und Opposition nachließ und dem Bundespräsidenten dadurch die Artikulation des politischen Konsenses leichter fiel. Wie Scheel verlieh Carstens dem Amt Würde. Auch er hielt Symbolik, Stil und Repräsentation aus Gründender staatlichen Identität für wichtig. Als Persönlichkeit fiel ihm der Kontakt mit den Menschen freilich eher schwer. Hatte das Publikum die „heitere Schau-seite“ Scheels genossen so mußte es sich jetzt an die „karge Korrektheit“ eines zwar liebenswürdigen, aber etwas steif und spröde wirkenden Henn gewöhnen. Rasche Popularität flog ihm daher nicht zu. Das Amt rückte vor der Person des Amtsinhabers ganz in den Vordergrund.

Richard von Weizsäcker

Auch nach einer Wahlperiode ist es sicherlich noch zu früh, das Wirken des amtierenden Bundespräsidenten einigermaßen abgehoben von der Tagespolitik zu analysieren und zu bewerten. Unbestritten ist die hohe Popularität Richard von Weizsäckers. In der Neujahrsausgabe 1988 schrieb Gunter Hof-mann in der „Zeit“: „Kein Präsident — außer vielleicht . Papa Heuss'— wurde schon zu Amtszeiten in allen politischen Lagern ähnlich verehrt, oft fast verklärt.“ Die Medien, allen voran jene, die mit der sozial-liberalen Regierung sympathisiert hatten, schwelgen geradezu in der Lobpreisung des christdemokratischen Präsidenten. Jürgen Leine-mann zeichnete im „Spiegel“ nach dem ersten Amtsjahr ein euphorisches Bild Weizsäckers: „Ein deutscher demokratischer Märchenkönig? Ein Glücksfall jedenfalls bisher.“ Nina Grunenberg rühmte in der „Zeit“ „die Zielstrebigkeit, mit der er die von der Verfassung gewollte Ohnmacht des Staatsoberhauptes in einen geistig-moralischen Anspruch ummünzte“. Und: „Die Chance ist, daß wir zum ersten Mal einen Bundespräsidenten haben, der die Entwicklung von Gedanken zu einer Möglichkeit des Einflusses macht; einer, mit dem sich auch die Regierung beschäftigen muß.“

Als herausragende Eigenschaft Weizsäckers wird vor allem seine Glaubwürdigkeit gerühmt. Seine Persönlichkeit wirkt authentisch; Wort und Auftreten stimmen überein. Der Präsident stellt nicht den modernen Typus des routinierten und auswechselbaren Politikers dar, dessen Sprache von „Floskeln und Versatzstücken“ starrt. Ein suchender und nachdenklicher Mensch bietet sich an. „Es kommt meinem Amt zu, Fragen zu stellen, und die Arbeit für Antworten auf sie zu ermutigen, nicht aber, Rezepte anzubieten“ — so Weizsäcker in seiner Antrittsrede vor den Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates In seinen Äußerungen wird eine feste ethische, ja religiöse Verwurzelung spürbar. Mit sicherem und weitläufigem Auftreten strahlt Weizsäcker eine natürliche Würde aus.

Gemessen an seinen Vorgängern erscheint Weizsäcker in den Medien wie eine Mischung von Gustav Heinemann und Walter Scheel auf dem Gipfel ihres Ansehens. Die von Heinemann vorgelebte Einheit von Politik und Moral verbindet sich mit der großen Integrationskraft und Würde eines Scheel. Nach einer Formulierung Nina Grunenbergs ist es „die Mischung aus Banker und Kirchentagspräsident, die Vertrauen herstellt, und die sakrale Art. mit der Weizsäcker zu verstehen gibt, daß er weiß, was die Menschen wollen: das große Ganze, den Konsens, die verbindenden Brücken über den Abgründen des Parteienhaders“

Weizsäckers eigenes Amtsverständnis ist anspruchsvoll. Zwar hütet er sich sorgfältig, um mehr Kompetenzen des Bundespräsidenten im tagespolitischen Entscheidungsprozeß zu ringen, wie Scheel es zu Beginn seiner Amtszeit erfolglos versucht hatte. Aber hinter dem Wunsch, den Grundkonsens zu verkörpern, verbirgt sich doch ein größerer Anspruch auf politische Führung. Weizsäckers Pressesprecher Friedbert Pflüger schreibt, daß der Präsident versuche, „zur Klärung. Wegweisungund Identitätsfindung beizutragen“. „Immer wieder geht es Richard von Weizsäcker um die langfristig entscheidenden Weichenstellungen, die Orientierungshilfe vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen und um die Wahrung der Gemeinsamkeit in der Hektik des tagespolitischen Streits.“ Sollte dieser — wenn auch nur langfristig gedachte -Führungsanspruch bestehen, wären freilich durchaus Friktionen mit dem Inhaber jenes Amtes vorstellbar, dem die politische Führung des Landes verfassungsrechtlich anvertraut ist.dem Bundeskanzler. Warnungen vor solchen Konflikten gab es immer wieder. Ein Jahr nach Amtsantritt drang ein Geplänkel über die Kompetenzen des Bundespräsidenten sogar in die Öffentlichkeit Der Außenminister und Vizekanzler Genscher hatte in einem Rundfunk-Interview am 21. Juni 1985 unter Bezug auf Weizsäckers Reden am 8. Mai 1985 und auf dem Evangelischen Kirchentag bemerkt: „Was der Bundespräsident über die Standortbestimmung der Bundesrepublik Deutschland gesagt hat . . das ist etwas, was eine Richtungsbestimmung auch für unsere Außenpolitik ist.“ Daraufhin erklärte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Theo Waigel: „Hier darf es keine Unklarheiten geben, nach dem Grundgesetz bestimmt der Kanzler die Richtlinie der Politik.“ Theodor Eschenburg suchte in der „Zeit“ den Streit durch eine begriffliche Klärung zu schlichten: „Die Richtung der Außenpolitik festzustellen. nicht etwa sie anzuweisen, hat Genscher von Weizsäckers Reden gesprochen.“ Und dieses Recht des einfachen Beschreibens stehe dem Bundespräsidenten selbstverständlich zu.

Der Streit ist typisch für die Auswirkungen von Weizsäckers Reden. Nicht er selbst stellt an Regierung und Parlament Anforderungen, sondern andere berufen sich auf bestimmte Aussagen des Präsidenten. Noch nie wurde ein Bundespräsident für die aktuelle Politik so sehr instrumentalisiert wie Richard von Weizsäcker — nicht nur seine Reden, sondern seine gesamte Amtsführung und seine Persönlichkeit. Vor allem wird Weizsäcker in weiten Teilen der Öffentlichkeit immer wieder als leuchtendes Vorbild des Spitzenpolitikers, sprich: des Bundeskanzlers, dargestellt. Die Intellektualität und Geschliffenheit seiner Reden, die rhetorische Meisterleistung ihres Vortrags, die telegene Ausstrahlung, die Würde seines Auftretens, der harmonische Umgang mit den Menschen, die Offenheit und Nachdenklichkeit des Dialogs — all dies wird gegen die Persönlichkeit und das Auftreten des Bundeskanzlers ausgespielt. Selbst die Frage wurde schon diskutiert, ob nicht Weizsäcker der bessere Bundeskanzler sein könnte und mehr noch, ob ein Wechsel in das Amt des Bundeskanzlers möglich wäre.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik werden der Bundeskanzler und der Bundespräsident in einem nicht nur komplementären, sondern auch konkurrierenden Verhältnis gesehen. Noch nie wurde ein Bundespräsident für den potentiell besseren Bundeskanzler gehalten. Dabei geht es nicht um die Popularität der Amtsinhaber. An Popularität übertrafen die Präsidenten oft die Bundeskanzler, die trotz Persönlichkeitsbonus eben doch in ihre parteipolitische Mehrheiten eingebunden bleiben. Im Verhältnis Weizsäcker/Kohl geht es um die Dominanz der Persönlichkeit auf dem Feld der politischen Führung, auch wenn dies gegen den Willen des Bundespräsidenten geschehen sollte. Gerade der erste Bundespräsident schien eine andere Tradition zu begründen: der Bundespräsident als „sichtbarer Repräsentant des geistigen, besseren Deutschlands“ Sieht man von der Stilisierung zum Gegen-Bundeskanzler ab, teilt Weizsäcker allerdings das Schicksal des ersten Bundespräsidenten, zum Kronzeugen eines defizitären politischen Systems erklärt zu werden. Galt Heuss bei Linken wie Adorno gleichsam als Ideal-Bürger einer anderen Welt, so verkörpert Weizsäcker für viele einen Politiker-Typus, dessen Verschwinden zugunsten des Mittelmaßes laut beklagt wird. Angesichts solcher Wirkungen ist Richard von Weizsäcker zweifellos ein eminent politischer Präsident.

Wo liegen die Ursachen für die innenpolitische Instrumentalisierung des Bundespräsidenten? Richard von Weizsäckers Intentionen wird man sie nicht anlasten dürfen. Er scheint selbst darauf überaus ärgerlich zu reagieren. Unbefriedigend dürfte auch die Antwort sein, daß Weizsäcker im Unterschied zu Kohl sehr telegen sei, mit den Medien, insbesondere dem Fernsehen, virtuos umgehe und überhaupt in der Öffentlichkeit als Persönlichkeit Charme und Sympathie ausstrahle. Es bleibt die Frage nach den von Weizsäcker so wirkungsvoll angesprochenen und ausgebreiteten Themen. Ist die Möglichkeit des instrumentellen Umgangs mit dem Bundespräsidenten nicht doch auch in seinen Reden angelegt?

Weizsäckers Reden sind exzellente Essays, formuliert in einer nüchternen Sprache ohne Floskeln und Schnörkel. Sie liefern differenzierte Problemdiagnosen, tragen zur „Klärung und Durchdringung der Sachverhalte“ bei und stellen die Probleme so dar, „daß sie mit einem Male einsichtig, entwirrt, faßbar erscheinen“ Der Bundespräsident analysiert, stellt Fragen, fordert mit der Problemstellung zum Handeln auf. ohne jedoch Rezepte und Antworten geben oder auch nur andeuten zu wollen. Hermann Rudolph stellt zu Recht fest, daß Weizsäcker sich „Lösungen, überraschender Perspektiven, gar Visionen“ in einem Maße enthalte, „das gegenüber manchem seiner Vorgänger, Heine-mann etwa oder auch Scheel, schon auffallen muß“. Orientierung und Führung beschränken sich also auf die Sensibilisierung für Themen und deren Komplexität und auf Standortbestimmungen durch sorgfältige Bestandsaufnahmen. Befaßt sich der Präsident mit konkreten politischen Positionen von Bürgern und Politikern, überwiegen die „sowohl — als auch“ -Aussagen. Immer ist Weizsäckers diplomatisches Bemühen zu spüren, die Mitte auszutarieren. Dabei spart er Widersprüche nicht aus. harmonisiert nicht durch Verschweigen der Gegensätze, sondern stellt Positionen und Argumente eher nebeneinander. Die Mitte ergibt sich aus der ausgewogenen Anordnung von Motiven, Zielen und Positionen.

Hier liegt das Geheimnis der Integrationskraft dieses Bundespräsidenten verborgen. In seinen Reden vermag jedermann sich wiederzufinden. Das bloße Aufzeigen der Widersprüche, ohne sie im Streit auszutragen, kommt zweifellos dem Harmoniebedürfnis vieler Bürger entgegen. Anders als konkrete Aussagen über den eigenen Standort oder gar Handlungsvorschläge können Weizsäckers Problemanalysen zur Legitimation unterschiedlicher Positionen herangezogen werden. Und da gerade in Deutschland die Neigung besteht, von der hehren Gesinnung und Motivation unmittelbar in die Praxis zu springen, kann die Rede des Bundespräsidenten sogar den Eindruck vermitteln, daß der Präsident mehr führe als er es tatsächlich tut.

Angesichts der integrativen Inhalte ist es kein Zufall, daß Weizsäckers Ausführungen dem Redner zwar viel Beifall und Popularität einbringen, aber kaum Kontroversen auslösen und wenig in der Praxis anstoßen. Konsensuelles ist eben allzu leicht Selbstverständliches und als solches nicht provokativ. Als der Bundespräsident beispielsweise im Oktober 1986 mit großer Eindringlichkeit auf die Gefährdung der Regenwälder und ihre Bedeutung für die globale Ökologie hinwies war keinerlei Echo zu vernehmen. Erst als zwei Jahre später das Gutachten eines Wissenschaftlers dem Bundeskanzler konkrete Maßnahmen wie das Verbot der Einfuhr exotischen Holzes empfahl und das Problem mit Maßnahmen zur Entschuldung der Entwicklungsländer gekoppelt wurde, entwickelte sich eine öffentliche Diskussion

Ein anderes Beispiel stellt Weizsäckers berühmte Rede zum 8. Mai dar — gemessen am Echo eine der Sternstunden in der Geschichte des Präsidenten-amtes. Noch Jahre danach ist der Titel der Ansprache, die in Millionen-Auflage nachgefragt wurde, in aller Munde. Aber wer wüßte schon über ihren Inhalt zu berichten? Eine engagierte Kontroverse löste sie kaum aus — anders als der umstrittene Besuch des Bundeskanzlers und des amerikani-sehen Präsidenten auf dem Soldatenfriedhof von Bitburg oder die problematische Rede von Bundestagspräsident Jenninger zum 9. November 1938, die den Boden des Konsenses verließen und damit provozierten.

Die FDP-Politikerin Irmgard Adam-Schwaetzer schrieb in einer Analyse der Weizsäcker-Rede vom 8. Mai 1985: „Ein Bundespräsident kann Ziele formulieren, auf die sich die große Mehrheit der Bürger noch nicht geeinigt hat, und damit die Richtung angeben. Er kann aber auch als Repräsentant der Bürger unumstrittene Einsichten darlegen. Weizsäcker hat mit seiner Rede zum 8. Mai 1985 das letztere getan.“ Alfred Grosser wies darauf hin, daß der Bundeskanzler am 21. April 1985 — also wenige Wochen vor der Weizsäcker-Rede -auf dem Gelände des ehemaligen KZ Bergen-Belsen das Anliegen der Weizsäcker-Rede noch deutlicher ausgesprochen habe, aber nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Ähnliches habe übrigens schon Bundespräsident Walter Scheel am 6. Mai 1975 gesagt Scheels Rede zum Jahrestag des Kriegsendes hatte kein besonderes Echo ausgelöst. Die GRÜNEN-Politikerin Petra Kelly erinnerte an Heinemanns Reden und fragte: „Haben sie alle Gustav Heinemann vergessen?“

Warum aber — so möchte man nach solchen Aussagen fragen — wurde Weizsäckers Ansprache soviel Ruhm zuteil? Die Antwort ist wohl in den zeithistorischen Rahmenbedingungen und in der Person des Redners zu suchen. Irmgard Adam-Schwaetzer etwa meint, daß die außenpolitische Aussage des christdemokratischen Präsidenten auch den weiten Weg der Union seit 1972 demonstriert habe. Wichtiger noch ist ihre These, daß Weizsäckers Rede, deren Aussagen „von der weit überwiegenden Mehrheit“ anerkannt seien, „sozusagen abschließenden Charakter zur Nachkriegsdiskussion über die Lehren aus der Nazi-Herrschaft, über den Platz der Bundesrepublik Deutschland in Europa und der Welt, über Selbstverständnis und Selbstbewußtsein der Deutschen“ hätten. Ähnlich Gunter Hofmann in der „Zeit“: Die Rede „schien etwas Abschließendes, Definitives zu haben“. Und: „Ein Jahr lang hatte Weizsäcker sie vorbereitet, hatte mit vielen gesprochen, vielen zugehört, am Ende konnten oder mußten dem Text, den er vor-trug, fast alle zustimmen.“ Aufdem Hintergrund der erregten und polarisierten Bitburg-Debatte der Wochen zuvor kann die versöhnende und auch erlösende Wirkung der Weizsäcker-Rede in der Tat nicht überschätzt werden. Das Echo auf die Rede war eine Harmonie-Feier deutscher Selbstfindung, aber keine Diskussion über die Aussagen der Rede. Der Bundespräsident fungierte als brillanter Notar des bundesdeutschen Konsenses und Zeitgeistes. Er beurkundete den Ist-Zustand des deutschen Selbstbewußtseins.

Der Bundespräsident errang durch seine Amtsführung höchste Autorität. Es mag sein, daß er sie hinter den Kulissen durchaus im politischen Entscheidungsprozeß, wenn nicht in großen, so doch in kleineren Fällen auch einsetzte. In konkreten öffentlichen Entscheidungsprozessen war seine Autorität bislang wenig gefordert, zumal die Politik während seiner ersten Amtsperiode in recht ruhigen Bahnen verlief. Auch dies erleichterte sein integratives Bemühen und trug zum Erfolg seiner Amtsführung bei.

Ausblick

Die zeitgeschichtliche Analyse zeigt, daß dem Amt des Bundespräsidenten ein bedeutender Stellenwert im Regierungssystem zukommt. Alle Bundespräsidenten haben wichtige Funktionen der Integration und Konsensbildung wahrgenommen. Man darf vermuten, daß das Gewicht dieses Amtes in Zukunft noch wachsen wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich von der „Kanzlerdemokratie“ zu einer „Koordinationsdemokratie“ gewandelt Die Politik ist seit der Adenauer-Ära komplexer und unübersichtlicher geworden. Politische Führung im Sinne klarer Grundsatzentscheidungen hat sich zu einem zähen und für die Öffentlichkeit diffusen Koordinationsprozeß entwickelt. Im Gefolge der partizipatorischen Revolution ist die Zahl der Akteure des politischen Prozesses rapide angestiegen. Die heute dominante Vermittlung der Politik durch das Fernsehen hat gleichzeitig viele Entscheidungsprozesse transparenter gemacht und damit substantiell verändert. Die einzelnen Schritte auf dem Weg zur Entscheidung und vorläufig geäußerte Gedankenübungen gewinnen an Eigendynamik. Zusätzliche Prestigezwänge der Akteure, andersartige Partizipationsschübe auf jeder Entscheidungsstufe, die rasante Produktion neuer Themen und die mit der Transparenz zunehmende Hektik politischen Handelns erschweren immer mehr die mittel-und langfristige Steuerbarkeit der Politik.

In dieser Situation des raschen und verwirrenden Wechsels von Szenen, Themen und Köpfen muß ein Amt an Bedeutung gewinnen, das nicht den Zwängen der „instant politics“ des auf den Augenblick fixierten, des nicht mehr agierenden, sondern nur noch reagierenden politischen Handelns unterliegt.

Der Bundespräsident ist wie kein anderer führender Politiker der „Politik des Augenblicks“ enthoben. Mehr als jeder andere kann er sich der Sklaverei der aufgezwungenen Medien-Präsenz entziehen und sich zum Herrn der öffentlichen Tagesordnung erheben, sofern sein Amt gefordert ist. Er inszeniert seinen Auftritt selber, bestimmt nicht nur über die Form, sondern zu einem großen Teil auch über die thematischen Akzente seines Auftretens.

Die Freiheit von der Medien-Tyrannei des Augenblicks hat Folgen für die Medien-Ausstrahlung des Amtes. Der Bundespräsident führt sein Amt unter telegenen Bedingungen. Das Fehlen der Hektik, die Ausführlichkeit der Rede, die stilvollen Repräsentationsauftritte, die Feme des politischen Streits, die verhaltene und maßvolle Sprache steigern das Medium Fernsehen zu höchster Wirksamkeit. Die Fernsehdemokratie liefert dem Amt des Bundespräsidenten strukturell günstige Rahmenbedingungen. Der Amtsinhaber vermag damit leicht persönliche Autorität zu erwerben, auf die er in Krisenzeiten legitimatorisch zurückgreifen kann.

So wenig das Amt des Bundespräsidenten der Hektik des politischen Augenblicks ausgesetzt ist, so sehr bleibt es an den historischen Augenblick gebunden. Bundespräsidenten hinterlassen wenige Spuren in der Geschichte. Sie schwinden rasch aus der Erinnerung. Vielleicht kann man die These wagen, daß ein Bundespräsident desto schneller vergessen wird, je besser er die Aufgaben der Integration und Konsensbildung erfüllt hat. Um so mehr bleibt er nämlich ein Repräsentant des konsensuellen Zeitgeistes und im Rückblick ein Zeuge gestrigen Denkens und Verhaltens. Es liegt in der Logik dieser These, daß Gustav Heinemann von allen Präsidenten in den Augen der Nachwelt das schärfste Profil besitzt und am deutlichsten in der Erinnerung nachlebt. Heinemann gab mehr als alle anderen Präsidenten einer politischen Richtung Ausdruck. Er personifizierte nicht den konsensuellen Zeitgeist, sondern nahm im Streit um die Inhalte des Zeitgeistes Partei.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wichtige allgemeine Darstellungen zum Amt des Bundespräsidenten: Hans-Joachim Winkler, Der Bundespräsident -Repräsentant oder Politiker?, Opladen 1967; Heinz Rausch. Der Bundespräsident. Zugleich eine Darstellung des Staatsoberhauptes in Deutschland seit 1919, München 19842; Ulrich Scheuner, Das Amt des Bundespräsidenten als Aufgabe verfassungsrechtlicher Gestaltung, Stuttgart 1966; Werner Kaltefleiter, Die Funktionen des Staatsoberhauptes in der parlamentarischen Demokratie, Köln-Opladen 1970; Franz Spath. Das Bundespräsidialamt. Düsseldorf 19823; Theodor Eschenburg. Das entbehrliche Amt? in; Heinrich Böl/Helmut Gollwitzer/Carlo Schmid (Hrsg.), Anstoß und Ermutigung. Gustav Heinemann. Bundespräsident 19691974. Frankfurt 1974, S. 379— 394; Das Staatsoberhaupt in der parlamentarischen Demokratie. Berichte von Otto Kimminich und Peter Pemthaler. Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer. H. 25. Berlin 1967.

  2. Dolf Stemberger, Lebende Verfassung. Studien über Koalition und Opposition, Meisenheim a. Gl. 1956.

  3. Vgl. Eberhard Pikart, Theodor Heuss und Konrad Adenauer. Die Rolle des Bundespräsidenten in der Kanzlerdemokratie, Stuttgart-Zürich 1976, S. 77 ff.

  4. Vgl. u. a. Karl Heinrich Friauf, Zur Prüfungszuständigkeit des Bundespräsidenten bei der Ausfertigung der Bunnesgesetze. in: Einigkeit und Recht und Freiheit. Festschrift w Karl Carstens, hrsg. von B. Börner/H. Jahrreiß/K Stern. Bd. 2. Köln 1984, S. 545-568.

  5. Siehe Friedrich Karl Fromme, Wenn der Bundespräsident nicht unterschreiben will, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. 9. 1981.

  6. Vgl. H. Rausch (Anm. 1), S. 143f.

  7. Vgl. Wolfgang Jäger, in: ders. /Werner Link, Republik im Wandel 1974— 1982. Die Ära Schmidt, Stuttgart 1987, S. 141.

  8. Friedbert Pflüger. Von Heuss bis Weizsäcker: Hüter des Grundkonsenses, in: Manfred Funke/Hans-Adolf Jacobsen/Hans-Helmuth Knütter/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Demokratie und Diktatur. Bonn 1987, S. 383.

  9. Arnulf Baring in Zusammenarbeit mit Manfred Görtemaker, Machtwechsel. Die Ära Brandt-Scheel. Stuttgart 1982, S. 28.

  10. Theodor Eschenburg. Staat und Gesellschaft in Deutschland. Stuttgart 1960*. S. 650.

  11. A. Baring (Anm. 9). S. 27.

  12. Hans Mayer. Ein Deutscher auf Widerruf. Erinnerungen I. Frankfurt 1982, S. 207.

  13. Vgl. Helmut L. Müller. Die literarische Republik. Westdeutsche Schriftsteller und die Politik. Weinheim-Basel 1982, S. 40 ff.

  14. Wolfgang Koeppen. Das Treibhaus, Frankfurt 1972. S. 114f., 171 f. (Erstausgabe 1953). In der Literaturwissenschaft herrscht Uneinigkeit darüber, ob die geschilderte Figur des „Musäus“ als Märchenzitat (Johann Karl August Musäus war Sammler deutscher Volksmärchen im 18. Jahrhundert) oder als Anspielung auf Theodor Heuss zu verstehen sei. Zweifellos kann das „Treibhaus“ nicht reduktiont stisch als Schlüsselroman verstanden werden; jedoch weist Götze überzeugend nach, daß Koeppen mit dem Formpnnzip der Allegorie die historische Realität der ersten Bonner Jahre zu beschreiben sucht. Vgl. dazu und zur Rezeptionsgeschichte des Romans: Karl-Heinz Götze. Wolfgang KoeP-pen: „Das Treibhaus“, München 1985. S. 50f., 1011. 121 ff.

  15. Adornos Rede ist auszugsweise abgedruckt in: Karl Dietrich Bracher, Theodor Heuss und die Wiederbegründung der Demokratie in Deutschland, Tübingen 1965, S. 54ff.

  16. Ebd., S. 55.

  17. Vgl. Wolfgang Jäger. Öffentlichkeit und Parlamentaris-197 Eine Kritik an Jürgen Habermas, Stuttgart u. a.

  18. Vgl. Jürgen Habermas, Zum Begriff der politischen Beteiligung (1958), in: ders., Kulturund Kritik, Frankfurt 1973. S. 53 ff.

  19. Heinrich Böll, Adenauers Zeit und unsere Zeit. Über die Erinnerungen 1945-1953'(1965), in: Das Heinrich Böll Lesebuch 1982, S. 305.

  20. Ebd., S. 306.

  21. Begegnungen mit Theodor Heuss. Gruß der Freunde zum 70. Geburtstag am 31. 1. 1954, hrsg. von Hans Bott/Hermann Leins, Tübingen 1954.

  22. Die Reden der deutschen Bundespräsidenten Heuss. Lübke. Heinemann. Scheel, eingel. von Dolf Sternberger. München-Wien 1979, S. XIX.

  23. Theodor Heuss, Tagebuchbriefe 1955/1963. Eine Auswahl aus Briefen an Toni Stolper, hrsg. und eingel. von Eberhard Pikart. Tübingen-Stuttgart 1970. S. 407.

  24. Ebd.. S. 86. Heuss lehnte es 1955 ab. auf einer Thomas-Mann-Gedenkfeier die „literarische Würdigungs" -Rede zu halten, da er nicht alle Werke des Schriftstellers gelesen habe.

  25. Vgl. Theodor Heuss. Die großen Reden. Der Staatsmann. Tübingen 1965. S. 99ff.

  26. Vgl. Wolfgang Wagner. Die Bundespräsidenten-Wahl 1959. Mainz 1972.

  27. Johannes Gross. Die Deutschen. Frankfurt 1967, S. 91.

  28. Vgl. Tagebuchbriefe (Anm. 23). S. 446f.

  29. Die Reden der deutschen Bundespräsidenten (Anm. 22). S, XX.

  30. Zur Kanzlerdemokratie vgl. Wolfgang Jäger. Von der anzlerdemokratie zur Koordinationsdemokratie, in: Zeitschnft für Politik 35 (1988), S. 15-32.

  31. Vgl. dazu detailliert Wolfgang Jäger, in: Karl Dietrich sracher/Wolfgang Jäger/Werner Link. Republik im Wandel 69-1974. Die Ära Brandt, Stuttgart 1986. S. 153 ff.

  32. Die Neue Gesellschaft. Sonderheft 1. Mai 1969, S. 3f.

  33. Gespräch Leo Bauers mit Gustav Heinemann, ebd.. S. 7.

  34. Gustav Heinemann, Reden und Schriften. Bd. I, Frankfurt 1975, S. 16 f.

  35. Heinrich Böll. Radikaler im öffentlichen Dienst. Abschied von Gustav Heinemann, in: Süddeutsche Zeitung vom 29. 6. 1974.

  36. Vgl. dazu detailliert mit Literatur-und Quellenangaben W. Jäger, in: K. D. Bracher/W. Jäger/W. Link (Anm. 31) 1 S. 158 ff.

  37. Siehe Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1968-1971 hrsg. von Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann, Allensbach-Bonn 1974, S. 254 ff.

  38. Vgl. Thomas Löffelholz, Die Unruhe nehme ich mit. in. Stuttgarter Zeitung vom 22. 6. 1974.

  39. Gespräch Leo Bauers mit Gustav Heinemann (Anm. 33), S. 10.

  40. Vgl. Ruth Bahn-Flessburg, Leidenschaft mit Augenmaß. Fünf Jahre mit Hilda und Gustav Heinemann, München 1984, S. 245f.

  41. Vgl. W. Jäger (Anm. 31). S. 155 ff. (mit Quellen-Anga-25n für die Reden-Zitate).

  42. Willy Brandt. Begegnungen und Einsichten 1960— «i • München-Zürich 1978. S. 296.

  43. Heinrich Böll, Willy Brandt, in: Dagobert Lindlau (Hrsg.), Dieser Mann Brandt . . ., München 1972, S. 39.

  44. Zusammenfassend dazu W. Jäger (Anm. 30). S. 24.

  45. Ansprache bei der Trauerfeier für die Opfer des Terror-anschlags während der Olympischen Spiele am 6. 9. 1972, hier zit. aus: Die Reden der deutschen Bundespräsidenten (Anm. 22), S. 171.

  46. Vgl. Frankfurter Rundschau vom 31. 1. 1974.

  47. Die Welt vom 24. 4. 1974.

  48. So Rolf Zundel, Die Galerie der Präsidenten, in: Die Zeit vom 25. 5. 1979.

  49. Frankfurter Rundschau vom 31. 1. 1974.

  50. Vgl. zur Amtsführung Scheels detailliert W. Jäger (Anm. 7), S. 140 ff. (mit Quellenangaben für die Reden-Zitate).

  51. Vgl. S. 46f.

  52. Dolf Sternberger (Anm. 22), S. XVIII.

  53. Arnulf Baring. Mr. Bundesrepublik: Walter Scheel, in: F. J. Kroneck/Th. Oppermann (Hrsg.). Im Dienste Deutschlands und des Rechts. Festschrift für Wilhelm G. Grewe. Baden-Baden 1981, S. 17— 37; ders. /Daniel Koerfer, Walter Scheel, in: Walther L. Bernccker/Volker Dotter-weich (Hrsg.), Persönlichkeit und Politik in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, Göttingen 1982, S. 132— 146.

  54. Vgl. Walter Scheel, Reden und Interviews, hrsg. vom Presse-und Informationsamt der Bundesregierung. 7 Bde., Bonn 1972-1979.

  55. W. Scheel, Reden und Interviews (Anm. 54), Bd. 3, S. 406.

  56. Ebd., Bd. 4, S. 60ff.

  57. Ebd., S. 110.

  58. Siehe dazu W. Jäger (Anm. 7), S. 129 f.

  59. Zur Amtsführung von Carstens 1979— 1982. vgl. ebd. S. 146 ff. (mit Quellenangaben für die Reden-Zitate).

  60. Karl Carstens, Politische Führung. Erfahrungen im Dienst der Bundesregierung, Stuttgart 1971, S. 103 f.

  61. Vgl. K. H. Friauf (Anm. 4).

  62. Vgl. Manfred Schell. Die Kanzlermacher. Mainz 1986. S. 285.

  63. Siehe dazu die Dokumentation von Wolfgang Heyde/Gotthard Wöhrmann. Auflösung und Neuwahl des Bundes-192 1983 vor dem Bundesverfassungsgericht, Heidelberg

  64. Vgl. M. Schell (Anm. 62). S. 285.

  65. Von den wenigen Monaten bzw. Wochen sei hier abgeSehen. in denen Bundespräsident Heinemann noch neben en Bundeskanzlern Kiesinger und Schmidt amtierte.

  66. Karl Carstens. Reden und Interviews, hrsg. vom Presse-und Informationsamt der Bundesregierung. 5 Bde., Bonn 1979-1984.

  67. Vgl. etwa Gunter Hofmann. Ein Präsident fürs Prinzipielle. Wie Richard von Weizsäcker Abstand von den Realpolitikern sucht und ihnen doch auch Tribut zollt, in: Die Zeit vom 1. 1. 1988.

  68. Vgl. Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1978— 1983, Bd. VII, hrsg. von Elisabeth Noelle-Neumann und Edgar Piel, Wien u. a. 1983, S. 230.

  69. So Friedrich Karl Fromme, Die Bundespräsidenten in ihrer Epoche, in: Die politische Meinung, 29 (1984) 214, S. 12.

  70. Ein Präsident fürs Prinzipielle (Anm. 67).

  71. „Lassen Sie doch mal den Präsidenten weg“, in: Der Spiegel vom 8. 7. 1985.

  72. Gentleman in gereizter Umwelt. Richard von Weizsäcker verwandelt die Ohnmacht seines Amtes in einen geistig-moralischen Führungsanspruch, in: Die Zeit vom 28. 6. 1985.

  73. Ebd.

  74. Vgl. Bulletin der Bundesregierung vom 3. 7. 1984, S. 714.

  75. Anm. 72.

  76. Von Heuss bis Weizsäcker (Anm. 8), S. 393, 397.

  77. Zum folgenden vgl. Theodor Eschenburg. Richtung oder Richtlinie?, in: Die Zeit vom 28. 6. 1985.

  78. Hans Lenk. „Ein rohes Kleinod ist der gute Name“, in: Werner Filmer/Heribert Schwan. Richard von Weizsäcker, Düsseldorf-Wien 1984, S. 305.

  79. Hermann Rudolph. Worte und Wirkung des Präsidenten, in: Süddeutsche Zeitung vom 30. 12. 1986 (wieder abgedruckt in: Helmut R. Schulze/Bernhard Wördehoff. Richard von Weizsäcker. Ein deutscher Präsident, München 1987, S. 197).

  80. Vgl. „Der Rang der Umwelt und Natur im Gefüge der Wertordnung“, in: Bulletin der Bundesregierung vom 9. 10. 1986, S. 1027.

  81. Vgl. Dieter Oberndorfer, Schutz der tropischen Regenwälder durch Entschuldung, München 1989.

  82. Irmgard Adam-Schwaetzer. Der Abschluß einer deutschen Diskussion, in: Ulrich Gill/Winfried Steffani (Hrsg). Eine Rede und ihre Wirkung. Die Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vom 8. Mai 1985. Berlin 1986. S. 145.

  83. Alfred Grosser, Mitverantwortung für die Freiheit, in: ebd., S. 64f.

  84. Petra Kelly, Eine selbstverständliche Rede und eine andere Wirklichkeit, in: ebd:, S. 137.

  85. Gunter Hofmann, in: Der Alleingang ins Abseits. Bonn und die deutsche Geschichte: Wie Philipp Jenningers Absichten im Eklat untergingen, in: Die Zeit vom 18. 11. 1988.

  86. Vgl. W. Jäger, Von der Kanzlerdemokratie zur Koordinationsdemokratie (Anm. 30).

  87. Vgl. Rolf Zundel, „Ein Kanzler wie ein Eichenschrank“, in: Die Zeit vom 6. 1. 1989.

Weitere Inhalte

Wolfgang Jäger, Dr. phil., geb. 1940; o. Professor für Wissenschaftliche Politik an der Universität Freiburg. Veröffentlichungen u. a.: Politische Partei und parlamentarische Opposition, Berlin 1971; Öffentlichkeit und Parlamentarismus. Eine Kritik an Jürgen Habermas, Stuttgart 1973; (Hrsg.) Partei und System. Eine kritische Einführung in die Parteienforschung, Stuttgart 1973; (Hrsg. zus. mit D. Oberndorfer) Die neue Elite. Eine Kritik der kritischen Demokratie-Theorie, Freiburg 1976; (zus. mit K. D. Bracher und W. Link) Republik im Wandel, 1969— 1974. Die Ära Brandt, Stuttgart 1986 (Bd. 5/1 der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland); (zus. mit W. Link) Republik im Wandel, 1974— 1982. Die Ära Schmidt, Stuttgart 1987 (Bd. 5/II der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland).