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Die deutschen Europa-Parlamentarier Ergebnisse einer Befragung der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments | APuZ 3/1989 | bpb.de

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APuZ 3/1989 Artikel 1 Die deutschen Europa-Parlamentarier Ergebnisse einer Befragung der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments Europäischer Regionalismus und föderalistische Staatsstruktur Grundlagen — Erscheinungsformen — Zukunftsperspektiven Der Wandel Großbritanniens vom zögernden Außenseiter zum widerspenstigen Partner in der Europäischen Gemeinschaft Normalisierung der Beziehungen zwischen der EG und dem RGW

Die deutschen Europa-Parlamentarier Ergebnisse einer Befragung der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments

Rudolf Hrbek /Carl-Christoph Schweitzer

/ 41 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das Europäische Parlament (EP) und das Wirken seiner Abgeordneten Enden seit der ersten Direktwahl verstärkte Beachtung in Politik und Wissenschaft. Es geht dabei um Stellung und Funktion des EP im EG-Entscheidungsgefüge, um seine Rolle im Integrationsprozeß und insbesondere auch um die Qualität der Kommunikation zwischen dem EP und den Institutionen und Akteuren in den Mitgliedstaaten. Mit dem Projekt einer Befragung der Mitglieder des EP in der 2. Wahlperiode, durchgeführt 1987/88, sollen Informationen und Daten gewonnen werden, die für die Erörterung der genannten Gesichtspunkte nützlich und wichtig sind. Der Beitrag präsentiert die für die deutschen Euro-Abgeordneten ermittelten Daten. Folgende Punkte waren Gegenstand der Befragung: der Erfahrungshintergrund der Abgeordneten, wie er sich aus früheren und gegenwärtigen Ämtern. Mandaten und Funktionen ergibt; das politisch-gesellschaftliche Umfeld der Abgeordneten, das für ihre Arbeit bestimmend ist und das von ihrer nationalen Partei, den Wählern ihrer Wahlregion, nationalen Interessenverbänden und dem nationalen Parlament gebildet wird: die Abgeordneten wurden zu ihrer Einschätzung dieses Umfelds befragt. Ein dritter Fragenkomplex war dem EP selbst gewidmet: hier geht es um die Einschätzung der Kohäsion der Fraktionen, der Effizienz der Ausschußarbeit und der Qualität der Arbeitsbedingungen. Viertens wurde nach der Einschätzung verschiedener Parlaments-Funktionen durch die Abgeordneten gefragt: Kontrolle, Initiative. Kommunikation. Gesetzgebung. Ein letzter Fragenkreis war den Vorstellungen der Abgeordneten zu verschiedenen Plänen und Konzepten zur Weiterentwicklung der EG gewidmet.

I. Einleitung

nationaler Vorstand Regionalvorstände Mitgliedschaft 12 (16, 7%)

9(12, 5%) 11 (15, 3%) 16 (22, 2%) 18 (25, 0%) 25 (34, 7%) 29 (40, 3%) 25 (34, 7%) 25 (34, 7%) 12(16, 7%) 18 (25, 0%)

7 (9, 7%) 3 (4, 2%) 2 (2, 8%) 4 (5. 6%) Ebene ungenügend befriedigend gut sehr gut keine Antwort

Das Europäische Parlament (EP) und das Wirken der Abgeordneten finden seit 1979 verstärkte Beachtung, weil mit der Direktwahl Erwartungen verknüpft worden waren, ein durch diesen Bestellungsmodus aufgewertetes Parlament würde seine Stellung im EG-Entscheidungsgefüge nachhaltig stärken können — sei es durch bessere Ausschöpfung der ihm bereits gegebenen rechtlichen und politischen Möglichkeiten, sei es durch Erringung zusätzlicher Kompetenzen, sei es durch Gewinnung größeren politischen Gewichts, welches für die entschlossenere und selbstbewußte Wahrnehmung typischer parlamentarischer Funktionen genutzt werden könnte. Im Vordergrund wissenschaftlicher Untersuchungen und politischer Diskussion stehen dabei folgende Gesichtspunkte und Fragestellungen: — Der Vergleich zwischen dem EP und nationalen Parlamenten hinsichtlich Strukturen und Funktionen parlamentarischer Institutionen.

schlecht nicht ausreichend befriedigend gut vorbildlich keine Antwort 5 (6, 9%)

— 34 (47, 2%) 29 (40, 3%)

— 4 (5, 6%) 3 (4, 2%) 22 (30, 6%) 25 (34, 7%) 13 (18, 1 %)

1 (1, 4%) 8 (11, 1%) 1 (1, 4%) 9(12, 5%) 35 (48. 6 %) 20 (27, 8%)

3 (4, 2%) 4(5, 6%) Wert Erscheinungsbild der Fraktion Präsenz im Parlament Aktive Mitarbeit

— Stellung und Funktion des EP im EG-Entscheidungsgefüge (wobei zwischen rechtlichen Kompetenzen und politischen Funktionen unterschieden wird), einschließlich der Frage nach der Stärkung seiner Stellung und der Erweiterung seiner Kompetenzen. — Die Rolle des EP im EG-Integrationsprozeß sowohl für Integrationsfortschritt, also die Weiterentwicklung der EG zu einer „Europäischen Union“, als auch für die Beschaffung und Gewährleistung von Legitimität für Politik und Entwicklung der Gemeinschaft.

Nationales Interesse Partei-bzw. Fraktionszugehörigkeit Gruppenspezifisches Interesse 2(2, 8%) 2(2, 8%) 3(4, 2%) 33 (48. 8%) 14 (19, 4%) 24 (33, 3%) 25 (34, 7%) 39 (54, 2%) 33 (45, 8%) 5 (6. 9%) 12(16, 7%) 7 (9, 7%) 7 (9, 7%) 5 (6, 9%) 5 (6, 9%) Faktoren für das Verhalten in den Ausschüssen gar nicht weniger stark stark sehr stark keine Antwort

— Verbesserung und Intensivierung der Kommunikationsbeziehungen zwischen dem EP und den Institutionen. politischen Organisationen und Akteuren auf der Ebene der EG-Mitgliedstaaten, insbesondere Parlamente, Parteien, Interessenverbände, Wählerschaft und Öffentlichkeit.

Eine Bestandsaufnahme der insgesamt zahlreichen Veröffentlichungen zum EP in denen vorrangig die eben aufgeführten Punkte behandelt werden, ergibt zweierlei.

Zum einen beziehen sich fast alle Veröffentlichungen auf das erste direkt gewählte Europäische Parlament, also auf die Wahlperiode 1979— 1984. Das gilt insbesondere für größere Monographien, die beanspruchen können, Gesamtbilanzen zu sein, wie der Sammelband über ein Symposium, der Beiträge zu den verschiedenen oben erwähnten Fragen enthält oder der überaus informative Bericht eines aufmerksamen und regelmäßigen Beobachters der EP-Arbeit, in dem primär das Wirken auf den verschiedenen Politikbereichen und die Bedeutung verschiedener Parlamentsfunktionen bilanziert werden ferner sei eine datengesättigte Analyse des Profils der Euro-Abgeordneten genannt oder schließlich die erst jüngst erschienene umfangreiche Studie mit den Ergebnissen mehrjähriger Projektarbeiten über das Funktionsspektrum des EP Arbeiten über das EP in seiner zweiten Wahlperiode sind dagegen Mangelware. Das ist bedauerlich, weil in dieser Phase die langjährige Reformdiskussion in der EG mit der Änderung und Ergänzung der Verträge in der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) abgeschlossen wurde — womit der Integrationsprozeß unbezweifelbar neue Impulse erfahren hat — und weil nach dem Beitritt Portugals und Spaniens nunmehr Abgeordnete aus 12 Staaten im EP sitzen.

Zum zweiten stehen so gut wie keine Daten über die Auffassungen der Euro-Abgeordneten selbst zu den oben genannten Punkten zur Verfügung, damit auch keine Studien, die sich auf eine systematisch gewonnene Datenbasis stützen könnten. Eine Umfrage unter 150 deutschen Kandidaten für die erste Direktwahl wurde vor dem Wahltermin 1979 vorgenommen und bezog sich auf das Sozialprofil, den politischen Rückhalt und die Zielvorstellungen Die Ergebnisse einer während der ersten Wahlperiode vorgenommenen Befragung unter der verantwortlichen Leitung von Rudolf Wildenmann (Mannheimer Forschungsgruppe in Zusammenarbeit mit einer Gruppe am Europäischen Hochschulinstitut Florenz) stehen — soweit erkennbar — noch nicht vollständig zur Verfügung Eine Veröffentlichung wäre insbesondere auch deshalb sehr willkommen, weil sich dieses Befragungsprojekt auf alle seinerzeitigen Mitglieder des EP, nicht nur auf deutsche Abgeordnete, bezog.

Diese Situation hat die Autoren veranlaßt, im Rahmen des „Europe 12 — Action and Research Committee on the EC“ eine Befragung aller Abgeordneten des EP zu planen und durchzuführen. Der von ihnen ausgearbeitete Fragebogen wurde im Rahmen des „Europe 12“ -Komitees diskutiert und mit einzelnen deutschen Abgeordneten getestet; ihre Stellungnahmen und Vorschläge wurden bei der Endfassung des Fragebogens berücksichtigt. Das Projekt hat die Gewinnung von Informationen und Daten zum Ziel, die für die Erörterung der oben genannten Gesichtspunkte und Fragestellungen wichtig und nützlich sind.

Die Projekt-Durchführung begann Ende 1987/Anfang 1988 mit der Befragung der deutschen Europa-Parlamentarier. Mitarbeiter der beiden Autoren aus Bonn und Tübingen interviewten während der Sitzungswochen in Straßburg 72 der 81 deutschen Abgeordneten, die sich zur Mitwirkung am Projekt bereit erklärt hatten. Die ausgefüllten Fragebögen wurden in Bonn computergestützt ausgewertet.

Angesichts der bevorstehenden dritten Direktwahl zum EP erscheint es den Autoren geboten, die für die deutschen Abgeordneten ermittelten Daten zu präsentieren, obwohl weiterreichende Ergebnisse erst nach Vorliegen der Antworten der Abgeordneten aller anderen EG-Mitgliedstaaten und dem dann beabsichtigten Vergleich zur Verfügung stehen; die Auswertung des Gesamtprojekts soll Ende 1988 vorliegen.

II. Ergebnisse der Abgeordneten-Befragung

Zum Selbstverständnis der Abgeordneten (Ziff. e): — meines Landes — einer bestimmten Region — meines Wahlkreises — meiner nationalen Partei — meiner europäischen Parteigruppierung — eines Interessenverbandes — aller Bürger der EG 5 3 2 — 6 43 3 5 5 4 2 2 6 2 8 7 7 12 8 5 4 29 17 17 21 15 3 8 6 17 12 13 16 4 16 17 21 24 22 23 10 36 2 2 6 2 2 1 3 Vertreter ... 1 Skala von 1 (gar nicht) — 6 (sehr stark) 2 3 4 5 6 keine Antwort

1. Der Erfahrungshintergrund der Abgeordneten:

Politische Ämter und Funktionen Das Alter der Befragten ergab einen Durchschnitt von 52 Jahren mit immerhin elf Abgeordneten über 60. Die Befragten waren zu 41 % in das EP bei oder nach der 2. Direktwahl 1984 eingezogen, weitere 43% schon im Zusammenhang mit der 1. Direktwahl 1979. Ein von allen Theoretikern und Praktikern der parlamentarischen Regierungsweise immer schon als undurchführbar angesehenes Doppelmandat EP-Bundestag wird heute nur noch von einem Abgeordneten wahrgenommen von EP und Landtag ebenfalls einmal, hingegen von EP und örtlichen (kommunalen) Vertretungsorganen immerhin noch von neun MdEPs.

Die personelle Verzahnung mit Funktionen in den nationalen Parteien liegt erwartungsgemäß mit 63 % hoch, wobei eine Vorstandstätigkeit auf Bundesebene von 18%, auf der kommunalen Ebene sogar von 33 % und auf der Landes-oder sonstigen Regionalebene (Bezirke) von 36% angegeben wird. Demgegenüber entfielen auf die Wahrnehmung von Funktionen in EG-Parteiföderationen nur 22%, auf eine Vorstandstätigkeit dort 15%. Funktionen in Interessenverbänden auf nationaler Ebene gaben 34 % an, davon 14 % als Vorstandstätigkeit, in EG-weit operierenden Verbänden 16%. 29% schließlich gaben an. noch neben dem EG-Mandat einen Beruf auszuüben Von diesen 21 MdEPs sind zehn als Freiberufler tätig, neun als Angestellte.

Abgesehen von diesen personalen statistischen Daten waren die Karrieremuster von besonderem politikwissenschaftlichen Interesse: Gefragt war nach der Mitgliedschaft in Legislativen oder in Exekutiven vor Eintritt in das EP. Auf die legislativen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland entfielen insgesamt 69 %, davon das stärkste Kontingent mit 47 % auf die kommunale Ebene, 29 % auf die Landes-und regionale Ebene und schließlich 26% auf den Deutschen Bundestag. Verfügten also mehr als zwei Drittel der befragten MdEPs über parlamentarische Vorerfahrung, so lag der Prozentsatz derjenigen, die vorher in den nationalen Parteien Funktionen wahrgenommen hatten, erwartungsgemäß noch höher, das heißt bei 81 %, wobei auch hier die lokale Ebene mit 63 % am stärksten vertreten war (gegenüber 61 % auf der Landes-/Regionalebene und 37 % auf Bundesebene).

Offensichtlich stellen also die Landes-bzw. Bezirksverbände der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland die wichtigste Rekrutierungsebene für die Europa-Parlamentarier dar. was insofern zu erwarten war, als sie ja durch ihre Parteien zwar endgültig erst auf Bundesparteitagen aufgestellt werden. jedoch die Vorentscheidungen bereits auf der Landes-und Bezirksebene fallen. Daß in allen Fällen auch für die Aufstellung zum Europaparlament eine Hausmacht von Bedeutung ist, zeigen die vor Eintritt in das EP ausgeübten Vorstandstätigkeiten, und zwar jeweils zu einem Drittel der MdEPs auf Bundes-bzw. Landes-und Regionalebene, 50% immerhin auf der örtlichen. In welchem Ausmaße auch noch beim direkt gewählten EP — im Gegensatz zu dessen Vorläufern — höhere Parteifunktionäre nach Brüssel bzw. Straßburg „weggelobt’ wurden, könnte eine Korrelation mit der Altersstruktur ergeben, was aber nur mit größter Vorsicht zu interpretieren wäre.

Gegenüber einem „parlamentarischen“ Einstiegsmuster von 69 % verzeichnet die exekutive „Vorbildung“ nur einen Prozentsatz von insgesamt 11 %. Hier weist die Regional-und Landesebene sieben MdEPs gegenüber zwei aus einer Bundesregierung und drei aus der Kommune aus. Eine vorherige Tätigkeit in einer nationalen Interessenorganisation gaben auf Bundesebene 20 % und 19 % auf der Landes-bzw. Regionalebene an — im Vergleich zu 13% auf der EG-Ebene. 2. Das politisch-gesellschaftliche Umfeld der Abgeordneten Die Frage nach dem Verhältnis des Abgeordneten zu seinem politisch-gesellschaftlichem Umfeld ist in mehrfacher Hinsicht wichtig. Die Abgeordneten brauchen, wie alle Erfahrungen zeigen, eine politische Basis. Diese gibt ihnen Abstützung und Rückhalt, politisch-programmatische Orientierung auch in Einzelfragen und, vor allem, Legitimation zur Wahrnehmung der Funktionen eines Repräsentanten. Von den Abgeordneten des direkt gewählten EP wurde erwartet, daß sie, anders als ihre Vorgänger, zwischen der Ebene der Gemeinschaft mit ihren Institutionen und der Ebene der Nationalstaaten mit den dort angesiedelten politischen Kräften Verbindungen herstellen und Kommunikationsbeziehungen fördern. Es war ein zentraler Kritikpunkt am Erscheinungsbild der EG, daß diese beiden Ebenen zu weit voneinander entfernt und ohne ausreichende Rückkopplung waren. Zur Verminderung oder Beseitigung dieses „demokratischen Defizits“ gehört es auch, daß die Abgeordneten Anliegen und Belange insbesondere der Wähler und der Partei in den gemeinschaftlichen Entscheidungsprozeß einbringen sowie umgekehrt dazu beitragen, daß die Politik der Gemeinschaft bei den Wählern in den Mitgliedstaaten, also an der Basis, verstanden und nach Möglichkeit akzeptiert wird.

Die Befragung bezog sich auf folgende Komponenten des Umfelds der Abgeordneten: Zu ihrer Partei, zu den Wählern in ihrer Wahlregion, zu ihrem nationalen Parlament und zu Interessenverbänden. Zusammenfassend wurde nach ihrem Selbstverständnis gefragt a) Der Abgeordnete und seine nationale Partei Abgeordnete gelten in erster Linie als Parteirepräsentanten; sie werden von ihren Parteiorganisationen als Kandidaten aufgestellt und sind hinsichtlich ihrer politischen Karriere weitestgehend von der Parteiorganisation abhängig. Die Beziehungen zwischen Abgeordneten und ihrer Partei sind auch deshalb wichtig, weil politische Parteien in der Bundesrepublik eine dominierende Rolle im politischen Prozeß spielen.

Die Abgeordneten wurden zunächst gefragt, wie sie das Interesse an EG-Angelegenheiten in ihrer Partei — aufgegliedert nach Parteiführung und Mitgliedschaft — einschätzen. Von den 72 befragten Abgeordneten gaben 42 (58, 3%) an, daß das Interesse der Mitglieder an EG-Angelegenheiten „gering“ sei; zwei glaubten gar, daß es „ganz fehle“. Zwölf der Befragten (16, 7 %) beurteilten das Interesse als „groß“; „sehr großes“ Interesse wurde den Parteimitgliedern von keinem Abgeordneten bescheinigt. Zwölf der Befragten äußerten sich dazu nicht. Das Interesse der Parteiführungen wurde etwas besser eingeschätzt: 36 Abgeordnete (50%) halten es für „groß“ und zehn Mitglieder für „sehr groß“. Immerhin 16 erachten es als „gering“ und zwei Abgeordnete glauben gar, daß es „ganz fehle“.

Noch sehr viel negativer fällt die Einschätzung zum Wissen über die EG bei Parteiführung und Mitgliedern aus. Das Wissen der Parteiführung über EG-Angelegenheiten beurteilen zwölf (16, 7%) mit „sehr gut“, 32 (44, 4%) mit „gut“; während 20 (27, 8%) den Kenntnisstand für „gering“, drei Abgeordnete für „schlecht“ halten. Dem Wissen der Mitglieder wird ein sehr schlechtes Urteil ausgestellt: 42 Abgeordnete (58, 3%) schreiben den Parteimitgliedern „geringes“ Wissen zu und 19 (26, 4%) halten es für „schlecht“, wogegen nur sechs Abgeordnete (8, 3%) den Wissensstand für „gut“ halten, kein einziger mit „sehr gut“ votiert und fünf Befragte keine Antwort geben.

Die Abgeordneten wurden sodann befragt, ob und wie häufig Forderungen aus ihrer Partei an sie gerichtet werden, die sie in ihrer Arbeit im EP vertreten sollten; wiederum wurde nach Parteiführung und Mitgliedschaft unterschieden. Die Antworten ergeben ein sehr unterschiedliches Bild: 24 Abgeordnete (33, 3 %) sehen sich von ihrer Parteiführung „selten“ gefordert und 15 (20, 8%) sogar „praktisch nie“; an 25 Abgeordnete (34, 7%) wird „häufig“ herangetreten. Trotz der überaus niedrigen Werte hinsichtlich der Kenntnisse und des Interesses an EG-Angelegenheiten bei Mitgliedern der Partei werden immerhin 31 (43, 1%) Abgeordnete „häufig“ mit Forderungen aus der Mitgliedschaft ihrer Partei konfrontiert. 31 Abgeordnete hingegen antworten, daß sie nur „selten“ mit Forderungen konfrontiert werden, drei „praktisch nie“.

Die Wichtigkeit der Kontakte zur nationalen Partei wird von den Abgeordneten überaus hoch eingestuft. Für 49 (68, 1 %) sind solche Kontakte „sehr wichtig“, für 18 (25%) sind sie „wichtig“, nur insgesamt drei Abgeordnete halten die Kontakte für „nicht so wichtig“ bzw. „unwichtig“.

Die nächste Frage galt der Qualität der Kontakte zur nationalen Partei, unterteilt nach Mitgliedschaft, Parteiführung auf regionaler, also Landesebene, und Bundesebene. Dazu die Ergebnisse: Daß die Qualität der Kontakte zu den Parteiführungen auf Landesebene am höchsten bewertet wird, liegt sicherlich zum einen daran, daß das Wahlsystem — mindestens de facto — Landeslisten erlaubt und auch bei der Aufstellung einer Bundes-liste (wie bei der SPD) auf das Gewicht der Landes-organisationen geachtet wird. Weil die Ebene der Landesorganisation für die Nominierung entscheidend ist, werden sich die Abgeordneten hier auch um die intensivsten Kontakte bemühen.

50 Abgeordnete (69, 4%) geben an, daß ihnen die Arbeit im EP nicht genügend Zeit für solche Kontakte zur nationalen Partei läßt. 21 Mitglieder (29, 2 %) sehen in der Arbeitsbelastung keinen Hinderungsgrund. b) Der Abgeordnete und die Wähler seiner Wahl-region Von den direkt gewählten Abgeordneten des EP wurde erwartet, daß sie sich — befreit von der Überbelastung durch ein Doppelmandat — intensiver um Kontakte zu ihren Wählern bemühen würden und auf diese Weise einen Beitrag zum Abbau des demokratischen Defizits der Gemeinschaft leisten könnten. Aus den Antworten auf die Frage nach der Einschätzung der Häufigkeitund Intensität der Kontakte zu den Wählern der jeweiligen Wahl-region muß die Schlußfolgerung gezogen werden, daß die diesbezüglichen Erwartungen nicht in Erfüllung gegangen sind. 50 Abgeordnete (69, 4%) sagen, daß die Häufigkeit der Kontakte nicht ausreichend ist und nur 18 Abgeordnete (25%) antworten mit „ausreichend“. Eine deutliche Mehrheit — 47(65, 3%) — bezeichnet auch die Intensität der Kontakte als nicht ausreichend, während wiederum 18 Befragte (25%) mit „ausreichend“ antworten. Als wichtigster Grund für dieses Defizit wird der Arbeitsrhythmus des EP genannt, gefolgt vom Hinweis auf die Größe der Wahl-„Bezirke“, die Inanspruchnahme durch häufige Reisen („Wanderzirkus“) und vielfältige Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Mandatsausübung.

Auf die Frage nach der Einschätzung der Wichtigkeit verschiedener Kontaktformen für die Arbeit der Abgeordneten werden als „wichtig“ vor allem genannt: Vorträge vor ausgewählten Zielgruppen (68 Abgeordnete = 94, 4%), Pressekonferenzen (60 Abgeordnete = 80, 3%) sowie Besuche und Besichtigungen (54 Abgeordnete = 75%), während nur 31 Abgeordnete (43, 1%) Sprechstunden für die Bevölkerung so bewerten. Als „weniger wichtig“ sehen 29 Abgeordnete (40, 3%) Sprechstunden an und 15 (20, 8%) Besuche und Besichtigungen. Die Antworten zeigen, daß sich die Mehrzahl der Abgeordneten um ausgewählte Gruppen kümmern und ihre Rolle weniger als Repräsentanten in einem allgemeinen Sinn sehen, was angesichts ihrer Gesamtbelastung nicht überraschen kann.

Auf die Frage nach Kontakten zur Bevölkerung außerhalb der eigentlichen Wahl-„Region“ der Abgeordneten geben immerhin 39 Abgeordnete (54, 2%) an, diese Kontakte seien „häufig“, während 24 (33, 3 %) mit „selten“ und sechs mit „so gut wie nie“ antworten. Dieses Ergebnis erstaunt, wenn man sich vergegenwärtigt, daß insgesamt 50 Abgeordnete bedauert hatten, nicht genug Kontakt zu den Wählern ihrer besonderen Wahlregion zu haben.

Kontakte zur Bevölkerung in anderen EG-Staaten halten 58 Abgeordnete (80, 6%) für „notwendig“, 13 sind der Meinung, solche Kontakte seien „weniger notwendig“. 27 Abgeordnete (37, 5%) sagen, daß ihre diesbezüglichen Kontakte „häufig“ seien; demgegenüber nennen 38 MdEPs diese Kontakte „selten“ und vier sagen „so gut wie nie“.

Die abschließende Frage, ob sich die Abgeordneten als „Transmissionsriemen“ zwischen Wählern und EP verstehen, indem sie Vorschläge und Wünsche der Wähler ins EP tragen bzw. Bürger für die Auffassungen des EP zu gewinnen suchen, beantwortet die große Mehrheit der befragten Abgeordneten, nämlich 86, 1 %, eindeutig positiv. In diesem Wert drückt sich aber wohl eher der selbstgesetzte Anspruch als die gegenwärtige Realität aus, wenn man die Antworten zu diesem Fragenkomplex im Zusammenhang nimmt. c) Kontakte zum nationalen Parlament Durch den Wegfall des Doppelmandats nach der Direktwahl der Abgeordneten hatten diese keine institutionalisierte Beziehung mehr zum Bundestag; einzelne Ausnahmen können unberücksichtigt bleiben. Die Tatsache, daß die überwältigende Mehrzahl der Befragten, nämlich 69 (95, 8%), gleichwohl Kontakte zum nationalen Parlament als „wichtig“ bezeichnet, ist ein deutliches Indiz dafür, daß der Wegfall institutionalisierter Kontakte für das EP und seine Mitglieder keineswegs nur Vorteile gebracht hat.

Seit 1979 sind verschiedene Versuche zur Etablierung formeller und auch informeller Kontakte unternommen worden. Nach Auffassung von 34 der deutschen Euro-Abgeordneten (47, 2 %) haben ihre Bundestags-Kollegen nur geringes Interesse an solchen Kontakten. Die Einschätzung differiertjedoch ganz offensichtlich, denn 26 (36, 1%) bezeichnen das Interesse der MdBs als „groß“, zwei sagen sogar „sehr groß“. Zehn der befragten Abgeordneten äußern sich gar nicht. Häufigkeit bzw. Intensität der Kontakte zum Bundestag bezeichnen 21 (29, 2%) bzw. 17 (23, 6%) als unzureichend, 31 (43, 1 %) bzw. 26 (36, 1 %) für ausreichend, 16 (22, 2%) bzw. 20 (27, 8%) für „gut“, während drei (4, 2%) bzw. vier (5, 6%) mit „sehr gut“ antworten. Obwohl immerhin mehr als ein Drittel der Befragten die Kontakte nach Häufigkeit und Intensität für „ausreichend“ hält, befürworten 62 Abgeordnete (86, 1 %) einen Ausbau der Kontakte. Von diesen Abgeordneten sprechen sich 25 dafür aus, den Ausbau in institutionalisierter Form anzustreben, während 17 der Meinung sind, daß auch der Ausbau informeller Kontakte ausreiche. 24 Abgeordnete geben keine Antwort. Es ist zu vermuten, daß die sehr ambivalenten Erfahrungen mit der Europa-Kommission des Deutschen Bundestages hierfür ausschlaggebend waren; auch die seit der Bundestagswahl 1987 eingeführte Alternative — ein Unterausschuß des Auswärtigen Ausschusses — wird eher zwiespältig bewertet

Sehr interessant ist die Antwort auf die Frage, ob die Abgeordneten bei ihren Kontakten mit ihren Kollegen im Bundestag eine „Rivalität“ festgestellt haben, die auf die Furcht der Bundestagsabgeordneten vor einem Kompetenzverlust zugunsten des EP zurückzuführen ist. Acht Befragte (11, 1 %) haben eine solche Rivalität „gar nicht“ wahrgenommen, sechs (8, 3%) meinen, daß sie nur schwach in Erscheinung trete. 35 der deutschen Europa-Abgeordneten (48, 6%) sehen sich „gelegentlich“ damit konfrontiert und 19 (26, 4%) halten diese Einstellung ihrer nationalen Kollegen für „sehr stark“ ausgeprägt. Ganz offensichtlich haben die bisherigen Kontakte in ihren verschiedenen Formen nicht ausgereicht, entsprechende Irritationen zu verhindern oder auszuräumen. d) Kontakte zu Interessenverbänden Gelegentliche Beobachtungen, wonach das EP und seine Mitglieder Adressaten gezielter Verbandsaktivitäten sind, finden in den Antworten der Abgeordneten zu diesem Komplex eine deutliche Bestätigung: 60 Abgeordnete (83, 3%) erklären, sie seien „häufig“ Adressaten von Aktivitäten nationaler Interessenverbände und 46 (63, 9%) erklären dies für die EG-weiten Verbandszusammenschlüsse. Nur 10 (13, 9%) bzw. 21 (29, 2 %) bezeichnen solche Verbandsaktivitäten ihnen gegenüber als „selten“. Von sich aus suchen demgegenüber nur 34 (47, 2 %) bzw. 25 (34, 7 %) „häufig“ den Kontakt zu nationalen bzw. EG-weiten Interessenverbänden. 22 (30, 6%) bzw. 29 (40, 3%) sagen, daß solche Kontaktversuche „selten“ seien und jeweils 13 (18, 1 %) antworten mit „praktisch nie“. Diesen Werten entspricht, daß jeweils ca. 90 % der befragten Abgeordneten der Auffassung sind, daß nationale und EG-weite Interessenverbände Wert auf Kontakte zum EP legen und sich um die Intensivierung der Kontakte bemühen.

Die große Mehrheit der Abgeordneten — 57 (79, 2%) bzw. 56 (77, 8%) — erklären, daß Kon-takte mit nationalen bzw. EG-weiten Interessen-verbänden für ihre Arbeit als Abgeordnete „wichtig“ seien. Nur jeweils 13 (18, 1%) Abgeordnete sehen solche Kontakte als „weniger wichtig“ an. Bei der großen Zahl von technischen und DetailFragen, mit denen sich das EP zu befassen hat, sind diese Kontakte zweifellos eine wichtige Informationsquelle für die Abgeordneten. e) Zusammenfassung: Das Selbstverständnis der Abgeordneten Aus den Antworten auf die Fragen nach dem Selbstverständnis der deutschen Europa-Parlamentarier läßt sich der Anspruch der Abgeordneten ablesen, Repräsentanten aller Bürger der EG zu sein, sich nicht so sehr als Vertreter des eigenen Landes zu fühlen und schon gar nicht die Rolle eines Interessenverbandsvertreters wahrzunehmen. Es bleibt abzuwarten, wie sich in dieser Frage die Euro-Parlamentarier der anderen Mitgliedschaften äußern werden. 3. Der Abgeordnete im Europäischen Parlament:

Fraktionen, Ausschüsse, Arbeitsbedingungen Mit den Fraktionen und Fachausschüssen verfügt das EP über zwei typische Strukturmerkmale von Parlamenten. Da sie die Arbeit eines Parlaments prägen, war es wichtig, die Auffassung der Abgeordneten über einige wichtige ihrer Struktur-und Funktionsbedingungen zu erfragen. Den Arbeitsbedingungen, die immer wieder Gegenstand kritischer Erörterungen sind, galt ein weiterer Fragenkomplex. a) Die Fraktionen des EP Da die Fraktionen des EP multinational zusammengesetzt sind und auch Parteien, die dem gleichen politisch-ideologischen Lager angehören, in ihrem Profil nicht übereinstimmen, kommt der Frage der politisch-programmatischen Kohäsion der einzelnen Fraktionen überaus große Bedeutung zu. Das gilt um so mehr, als auf Grund der Kräfteverteilung im EP alle Fraktionen auf Bündnispartner angewiesen sind, um Mehrheiten zu ermöglichen. Die in der zweiten Wahlperiode im EP vertretenen deutschen Abgeordneten gehören folgenden Fraktionen an: CDU/CSU-Abgeordnete der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), die Sozialdemokraten der Sozialistischen Fraktion und die Abgeordneten der GRÜNEN der sogenannten „Regenbogenfraktion“

Die Kohäsion der jeweiligen Fraktion bezeichnen 13 Abgeordnete als „sehr gut“, 45 (62, 5 %) als „befriedigend“, sechs (8, 3%) als „weniger gut“ und vier (5, 6%) als „schlecht“. Nach Gründen für die Differenzen gefragt, hält jeweils eine Mehrzahl der Abgeordneten nationale Egoismen sowie gruppen-spezifische Interessen für besonders wichtig, während politisch-ideologische Unterschiede demgegenüber für weniger wichtig angesehen werden:

Außer diesen in den Fragen vorgegebenen Gründen für Differenzen und Dissens in der Fraktion werden von Abgeordneten persönliche Gründe sowie Unterschiede in der Mentalität und Tradition genannt, was mindestens ein Indiz für die schwierige Aufgabe der fraktions-bzw. parlamentsinternen Integration von Angehörigen unterschiedlicher Nationalitäten und politischen Kulturen ist.

Auf die Frage, ob sie in ihrer Fraktion Entwicklungen zu mehr Kohäsion feststellen können, antworten 45 (62, 5 %) mit ja, zwölf (16, 7 %) mit nein und* sechs Abgeordnete (8, 3 %) glauben gar eine abnehmende Kohäsion diagnostizieren zu müssen, während neun Abgeordnete keine Antwort geben.

Die Antwort auf die Frage, wie die Kohäsion anderer Fraktionen beurteilt wird, ist insgesamt nicht überraschend. Während 15 Abgeordnete (20, 8%) dies glauben nicht beurteilen zu können und zehn keine Antwort geben, halten 32 (40, 4%) den Zusammenhalt in anderen Fraktionen für geringer als in ihrer eigenen; neun (12, 5 %) halten sie für gleich groß und nur sechs (8, 3%) bescheinigen anderen Fraktionen einen höheren Grad an Kohäsion.

Interessant sind die Antworten auf die Fragen nach dem Erscheinungsbild der Fraktion nach außen, nach der Präsenz im EP und nach Qualität und Intensität der Mitarbeit der anderen Fraktionsmitglieder: Am positivsten wird demnach das Erscheinungsbild der Fraktion nach außen eingeschätzt, gefolgt von der Einschätzung der aktiven Mitarbeit, während die Präsenz schlechte Noten erhält. Letzteres illustriert nur die Berechtigung der immer wieder vernehmbaren Selbstkritik, mangelnde Präsenz könne unter den Bedingungen des neuen besonderen Verfahrens der Zusammenarbeit Schwierigkeiten beim Erreichen bestimmter Quoren nach sich ziehen und damit das Gewicht des EP im Rechtsetzungsverfahren der Gemeinschaft beeinträchtigen b) Die Ausschüsse im EP Für die Mitwirkung am gemeinschaftlichen Rechtsetzungsverfahren, vor allem aber für die Wahrnehmung der Funktion der Kontrolle, kommt der Arbeit der Ausschüsse große Bedeutung zu. Die Bedingungen für diese Arbeit verdienen daher Beachtung. Die generelle Einschätzung der Effizienz der Ausschußarbeit läßt aufhorchen: nur 28 Abgeordnete (38, 9 %) halten diese Arbeit für sehr effizient, gegenüber 39 (54, 2%), die die Effizienz mit „ausreichend“ bewerten und drei (4, 2%), die jegliche Effizienz verneinen.

Die Antwort auf die Frage nach den das Verhalten der Abgeordneten im Ausschuß bestimmenden Faktoren ist besonders interessant, wenn man diese Antworten mit den für das Verhalten in den Fraktionen (s. o.) vergleicht. Danach spielen im Ausschuß nationale Interessen ein offensichtlich geringes Interesse, während der Partei-bzw. Fraktionszugehörigkeit ein stärkeres Gewicht zuerkannt wird; Ausschußmitglieder verstehen sich offensichtlich in relativ starkem Maß als Beauftragte ihrer Fraktion. Das Gewicht gruppenspezifischer Interessen entspricht im wesentlichen dem in der Fraktion:

Angesichts der Kompliziertheit der im EP zu behandelnden Materien, bei denen es sich häufig um technische Details handelt, sowie angesichts der insgesamt starken zeitlichen Beanspruchung der Abgeordneten kann man vermuten, daß den Aus- Schußmitarbeitern, also der Parlamentsbürokratie, ein relativ starkes Gewicht zukommt. So beurteilen auch 32 Abgeordnete (44, 4%) die Arbeit der Ausschußbeamten als „hilfreich“, 25 (34, 7%) sogar als „sehr hilfreich“, während sieben Abgeordnete auf diese Frage „wenig hilfreich“ antworten und acht keine Antwort geben. Entsprechend positiv wird die Kompetenz der Ausschußbeamten eingeschätzt: 42 (58, 3 %) halten die Mitarbeiter für kompetent, 13 (18, 1 %) sogar für sehr kompetent. Drei Abgeordnete sprechen ihnen die Kompetenz ab und immerhin 14 (19, 4%) geben keine Antwort. Die Einflußnahme der Ausschußmitarbeiter auf Entscheidungen wird interessanterweise sehr unterschiedlich eingeschätzt. 29 Abgeordnete (41, 3%) bezeichnen den Einfluß als „schwach“, die gleiche Zahl urteilt dagegen mit „ausgeprägt“; und fünf (6, 9%) sprechen sogar von „sehr ausgeprägt“.

Die Frage der Abhaltung öffentlicher Ausschußsitzungen ist ein kontinuierliches Thema der Diskussion über Parlamentsarbeit ganz generell. Das EP kennt die Möglichkeit öffentlicher Ausschußsitzungen und macht von ihr gelegentlich Gebrauch. Die Mehrzahl der befragten Abgeordneten — 39 (54, 2%) — will die geübte Praxis beibehalten; demgegenüber plädieren 19 (26, 4 %) für einen Ausbau, während acht (11, 1 %) künftig weniger öffentliche Ausschußsitzungen wünschen. Auch zu dieser Frage wäre es interessant gewesen, die Antworten nach der Parteizugehörigkeit aufschlüsseln zu können.

Parlamentsausschüsse sind traditionell Stätten institutionalisierter Begegnung von Parlamentariern mit Vertretern der Exekutive, im Fall der EG also den Beamten der Kommission. Im Unterschied zu den Gegebenheiten in nationalen Parlamenten, wo die Ministerialbürokratie Adressat kritischer Fragen in erster Linie von Seiten der parlamentarischen Opposition ist, wird für das Entscheidungssystem der EG immer wieder von einer recht weitgehenden Interessenübereinstimmung zwischen EP und Kommission gegenüber dem Rat gesprochen. Auf diesem Hintergrund ist die Beurteilung der Rolle von Kommissionsbeamten in den Ausschüssen des EP interessant. Sechs Abgeordnete (8, 3 %) nennen die Beamten „sehr kooperativ“; sieben (9, 7%) sagen, die Beamten würden alle notwendigen Informationen bereitstellen; 16 (22, 2%) sagen dagegen, die Beamten würden „höchstens ausreichende“ Informationen geben und elf (15. 3%) erklären gar, daß die Beamten Informationen eher zurückhalten würden. Nur 19 Abgeordnete (26, 4 %) sind der Auffassung, daß sich die Kommissions-Beamten ihrerseits bemühen würden, das EP und seine Abgeordneten als „Verbündete“ gegen den Rat mit der dort üblichen Dominanz nationaler Interessen zu gewinnen. c) Einschätzung der Arbeitsbedingungen Nur ein Drittel der befragten Abgeordneten äußert sich „insgesamt zufrieden“ mit den Arbeitsbedingungen, während 43 (59, 7 %) unzufrieden sind. Zu speziellen Aspekten dieser Arbeitsbedingungen äußern sich die Abgeordneten wie folgt:

Was die Frage der drei Dienstorte des EP betrifft so lehnen 52 (72, 2 %) diese Aufteilung ab, während fünf (6, 9%) positiv votieren, neun Abgeordnete sagen, dies sei nicht relevant und sechs sich gar nicht äußern. Trotz der starken Kritik an der Existenz von drei Dienstorten bezeichnen nur 32 Abgeordnete (44, 4%) die Notwendigkeit des Pendelns als „unerträglich“, während die gleiche Zahl dies für „erträglich“ hält. 49 Abgeordnete (68, 1%) sind „ganz sicher“, daß die Wirksamkeit der Arbeit des EP durch Konzentration auf einen einzigen Arbeitsort gesteigert werden könnte, während 13 (18, 1 %) dies nur für möglich halten.

Eine andere wichtige Frage für den Arbeitsalltag in der EG ist die Sprachenvielfalt und damit die Frage von Sprachkenntnissen bzw. die Abhängigkeit von Übersetzungen. Die Abgeordneten geben an, im Ausschuß bzw. in der Fraktion neben ihrer Muttersprache auch andere Sprachen zu verwenden; am häufigsten wird dabei Englisch (28) und Französisch (19) genannt, gefolgt von Italienisch (12), Spanisch (9), Niederländisch (3), Portugiesisch (2) und Griechisch (1). Die Notwendigkeit von Simultanübersetzungen in Sitzungen wird von der überwältigenden Mehrheit der befragten Abgeordneten — 68 (94, 4 %) — eindeutig bejaht. Gefragt, ob durch solche Übersetzungen Verfälschungen oder Mißverständnisse entstehen, antworten immerhin 50 Abgeordnete (69, 4 %), dies sei „gelegentlich“ der Fall; vier Abgeordnete (5, 6%) sagen gar, dies sei „häufig“ der Fall; nur 17 Abgeordnete (23, 6%) haben „praktisch nie“ solche Verfälschungen oder Mitverständnisse erlebt.

Auf die abschließende Frage, ob für die Abgeordneten die Sprachbarriere ein Problem darstelle, antworten lediglich 24 (33, 3%) mit ja, während 47 (65, 5%) angeben, damit kein Problem zu haben. Auf die Frage, in welchen Fällen solche Probleme am ehesten auftauchen, werden griechische, portugiesische, spanische und italienische Abgeordnete genannt.

Was die Ausstattung des EP mit sachlichen und personellen Ressourcen betrifft — im Vergleich mit den Verhältnissen im Bundestag — sagen nur zwei Abgeordnete, die Verhältnisse im EP seien besser und 18 (25%) halten die Ausstattung für „ausreichend“. Dem stehen 32 Abgeordnete (44, 4%) gegenüber, deren Votum „nicht ausreichend“ lautet, sowie 14 (19, 4%), die „ungenügend“ sagen. Die hauptsächlichen Defizite werden auf den Gebieten der personellen Ausstattung sowie der Beschaffenheit des Informationssystems, dann auch in der Sach-und Büroausstattung sowie dem wissenschaftlichen Service gesehen. 4. Einschätzung von Parlamentsfunktionen durch die Abgeordneten Wenn man bei der Bewertung der Antworten das Lasswellsche Funktionsschema politischer Entscheidungsprozesse zugrundelegt und in Verbindung damit von den bisher tatsächlich vorgegebenen Kompetenzen des EP ausgeht, dann ist zunächst auf das Problem der Initiativ- und Empfehlungsfunktion einzugehen. Initiativen und Empfehlungen, vor allem in Form von Resolutionen (Entschließungen), sind als rein verbalen Meinungs-und Willensbekundungen des EP theoretisch, das heißt von der Vertragslage her, keine Grenzen gesetzt. Gerade weil dem so ist, wird in der Kritik in Wissenschaft und Publizistik in diesem Zusammenhang die berechtigte Frage aufgeworfen, ob nicht die große Zahl und die Themenbreite der jährlich vom EP verabschiedeten Entschließungen die ohnehin vom Kompetenzgesichtspunkt her gesehen nicht allzu große Effektivität völlig zunichtemacht, zumal die Nacharbeit bezüglich solcher Resolutionen, das heißt die post festum-Überprüfung ihrer möglichen Realisierung, schon rein institutionell zu wünschen übrig läßt

Die MdEPs wurden deshalb danach gefragt, welche Bedeutung sie solchen EG-Politikfeldem aus der Sicht der Initiativ-und Empfehlungsfunktion des EP beimessen, wobei eine Skala von 1 (= unwichtig) bis 6 (= sehr wichtig) zugrunde lag, die im folgenden nur in bezug auf die Positionen 6, 5, 4 (zusammengenommen) referiert wird. Die „Hitliste“ wird interessanterweise angeführt von den Bereichen: Umwelt und Haushalt mit jeweils 91 %, was im ersteren Fall sicherlich auch auf die auf europäischer Ebene zu beobachtende Bewußtseinssteigerung in Sachen Umweltfragen zurückzuführen ist sowie im Hinblick auf den Haushalt auf den Tatbestand, daß das EP auf diesem Gebiet als einzigem nicht nur Initiativfunktionen wahrnimmt, sondern auch über echte Mitwirkungsrechte verfügt.

Dabei ist allerdings — genau wie auf der nationalen Ebene — generell zu berücksichtigen, daß der Verteilerspielraum der Parlamente heute in allen westlichen Demokratien durch von Anfang an gesetzlich feststehende Leistungsansprüche begrenzt wird, im Fall des EP also durch die sogenannten obligatorischen (im Gegensatz zu nichtobligatorischen) Haushaltstitel Daher kommt erwartungsgemäß auch der Wunsch nach Einflußnahme durch das EP an 3. Stelle bei der Festlegung der Fonds-Ausstattungen zum Tragen Überraschend ist hingegen, daß der Bereich der Europäischen Politischen Zusammenarbeit, also der erst seit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) 1986 mit der EG institutionell verbundene Bereich „klassischer“ Außenpolitik, mit 88% vertreten ist wobei allerdings nicht ganz klar ist, ob den Befragten in jedem Falle der inhaltliche Unterschied zur nächsten Fragebogenspalte, das heißt zu der nach den bisherigen Verträgen allein möglichen EG-Außenpolitik als Außenhandelspolitik — für die sich 87 % aussprachen — deutlich wurde. Auf jeden Fall hebt sich dieser außenpolitische Bereich ab etwa von der ebenfalls erstmalig in der EAA verankerten neuen Dimension „Sicherheitspolitik“, die mit 76% an drittletzter Stelle, das heißt vor der Bildungspolitik mit 72 % und Verkehrspolitik mit 66 %, rangiert. Daß Arbeitsmarkt-, Regional-und Binnenmarkt-politik mit etwa jeweils 87 % genannt werden, überrascht nicht; hingegen ist der Wert für die Sozialpo-litik mit 83 % auffallend niedrig Knapp darüber liegen Europäisches Währungssystem (EWS), Entwicklungshilfe, Technologie und allgemeine Wirtschaftspolitik mit rund 84%, während das große Sorgenkind Agrarpolitik bei 82% rangiert.

Die Autoren wollten in diesem Zusammenhang auch die generelle Einstellung zur Weiterentwicklung der EG und insbesondere zum sogenannten „Spinelli“ -Verfassungsentwurf des EP für einen Europäischen Bundesstaat aus dem Jahr 1984 ermitteln Zunächst wurde im Hinblick auf gewünschte Initiativschwerpunkte danach gefragt, ob das EP selber noch mehr Initiativen zur Reform und Weiterentwicklung der EG ergreifen sollte (wie eben zum Beispiel die Spinelli-Initiative), was von 72% bejaht wurde, während 18% meinten, in dieser Hinsicht betätige sich das EP schon in ausreichendem Umfang. Bei der Bewertung des Spinelli-Verfassungsentwurfes selber gaben 75 % eine positive Stellungnahme ab gegenüber einem erstaunlichen Anteil von 14 %, die hier entweder indifferent oder überhaupt nicht votierten. Bei der weiteren Frage nach der in diesem Verfassungsentwurfimplizit gegebenen Möglichkeit eines „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ lehnten 52% der Antwortenden dies ab, 34% hielten diese Möglichkeit im Prinzip für vernünftig. Bei den positiven Antworten zum Spinelli-Entwurf wurde dieser als Ziel wie als Mittel befürwortet, im europäischen Integrationsprozeß voranzukommen. Unter den Argumenten der indirekten Befürworter eines möglichen „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ fallen als höchster Prozentsatz diejenigen auf, die dadurch die Ausschaltung von Blockade-oder Vetotaktiken einzelner Länder als besser realisierbar ansahen, deren unterschiedlichen Strukturen im übrigen auf diesem Wege besser Rechnung getragen werden könnten. Auf der Negativliste im Hinblick auf den Spinelli-Entwurf standen vor allem die Begründungen: „unrealistisch“ und „unausgewogen“, auf der Liste der Ablehnungsgründe des Artikels 82 des Verfassungsentwurfes „Förderung eines Desintegrationseffektes“ sowie die Gefahr einer Hinwendung zu einem „Zwei-Klassen-Europa“.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Korrelationsberechnung, bezogen auf diesen Vertragsentwurf von 1984 mit seiner Möglichkeit eines „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ und dem Fragenkomplex: „Integrationsfördernde oder integrationshemmende Faktoren in der EG“. Es besteht eine sehr erhebliche positive Korrelation zwischen den Antworten zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten und der Einstufung nationaler Bürokratien als hemmender Faktor im Integrationsprozeß Berücksichtigt man die Skalierung bei-der Fragen und die Häufigkeitsberechnung, so kann man aus dem Korrelationsergebnis schließen, daß eine knappe Mehrheit der Antwortenden ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ablehnt und gleichzeitig nationale Bürokratien als wichtigen bis sehr wichtigen hemmenden Faktor im Integrationsprozeß ansieht. Diejenigen, die ein Europa der zwei Geschwindigkeiten bejahen, sehen in den nationalen Bürokratien eher einen geringen hemmenden Faktor. Die extrem negative Korrelation zwischen der Einstufung des Spinelli-Entwurfes insgesamt und der Bewertung der nationalen Bürokratien als integrationshemmenden Faktor ist nach den Häufigkeiten wie folgt zu verstehen: Eine circa ZweiDrittel-Mehrheit stimmt dem Spinelli-Entwurf zu und bewertet die nationalen Bürokratien als wichtigen bis sehr wichtigen hemmenden Faktor.

Unter funktionsanalytischen Gesichtspunkten wurde im Fragebogen besonders auf die Möglichkeiten der Kontrollwahmehmung des EP gegenüber Ministerrat und Kommission eingegangen Am wirksamsten wurden die Kontrollmöglichkeiten im Haushalts- (mögliche Ablehnung des Etats) und Prüfungswesen mit 92 % bzw. 91 % der Antworten als „sehr wichtig“ und „wichtig“ beurteilt. An dritter Stelle kam erstaunlicherweise das Instrument Mißtrauensvotum gegenüber der Kommission. Erstaunlich, weil es bislang noch nie erfolgreich zum Zuge gekommen ist und auch deshalb, weil sich in jedem Falle nach der bisherigen EG-Verfassungslage herausstellen müßte, ja, herausgestellt hat, daß dieses parlamentarische „Schwert“ gegenüber der Exekutivebene der Kommission (ohnehin gleichzeitig auch Legislative) in einem ebenso auffallenden wie wichtigen Gegensatz zu dem Befund in den nationalen Demokratien parlamentarischer Spielart in der EG völlig stumpf ist. Selbst nach einem Sturz der Kommission aufder Basis eines angenommenen Mißtrauensvotums könnten die nationalen Regierungen dieselben Kommissare sofort wieder einsetzen. Parlaments-theoretisch ist in diesem Zusammenhang auf die oft analysierte Binsenwahrheit hinzuweisen, daß die klassische Gewaltenteilungslehre (sollte sie jemals in praxi angewandt worden sein) heute angesichts der politischen Identität von Regierungsmehrheit der Abgeordneten im Parlament und der Regierung überholt ist. Effektive Kontrolle kann in modernen parlamentarischen Systemen nur noch von den Fraktionen der Regierungsmehrheit ausgeübt werden Eine solche Mehrheit kann es aber bei der derzeitigen EG-Verfassungslage (leider!) noch gar nicht geben.

Alle anderen Kontrollinstrumente neben dem der Etatbewilligung bzw. Ablehnung und dem Mißtrauensvotum erzielten in etwa die gleichen Prozentsätze, das heißt Resolutionen, schriftliche und mündliche Anfragen sowie Aussprachen darüber 72 % bzw. 71 % und Aussprachen zum Jahresbericht und zur Erklärung der Präsidentschaft 68% bzw. 67%. An letzter Stelle wurde die Plenardebatte mit 64 % genannt. So bedenklich aus bewertender politikwissenschaftlicher Sicht die Tatsache erscheinen muß, daß auf die Abschlußfrage in diesem Bereich des Fragebogens: „Wie beurteilen Sie die Wahrnehmung der Kontrollfunktionen durch das EP insgesamt“, nur 22 % diese für wichtig hielten, 45 % für weniger wichtig und 25 % für unwichtig, so ist hier doch in Rechnung zu stellen, daß sich in diesen Antworten auch eine — dann richtige — Kritik an den bislang mangelnden Kontrollkompetenzen des EP widerspiegeln dürfte.

Bei den Korrelationsberechnungen ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, daß erwartungsgemäß und realitätsnah eine bedeutsam positive Korrelation nur zwischen den Antworten auf diese Abschlußfrage (Kontrollinstrumentarium insgesamt) und dem Politikschwerpunkt „Haushalt“ gegeben ist, hingegen keine zu den Schwerpunkten: „EPZ und Sicherheitspolitik“. Diese institutionell für die EG nach der Einheitlichen Europäischen Akte neuen Politikfelder werden von den Parlamentariern — völlig zu recht — offensichtlich nicht im Kontext einer effektiv kontrollierenden Einflußnahme bewertet. Eine sehr erheblich positive Korrelation besteht lediglich zwischen den Instrumenten jeweils von Debatte und Anfragen mit der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ), eine ebenso ausgeprägte sonst nur noch zwischen Debatte und Anfragen auf der einen Seite und Sicherheitspolitik auf der anderen. Erstaunlicherweise — und aus politikwissenschaftlicher Sicht bedauerlicherweise — besteht eine Korrelation nicht einmal zwischen dem Kontrollinstrumentarium insgesamt und dem Politikfeldschwerpunkt: „Reform der EG“. Das könnte bedeuten: Das Ziel weiterer Reformen wird zwar bejaht, aber nicht als ein Bereich angesehen, auf den das Europäische Parlament durch die Wahrnehmung klassischer parlamentarischer Funktionen Einfluß nehmen kann. Der bislang totale Mißerfolg der wichtigsten Reforminitiative des EP — sein oben genannter Vorschlag für die Gründung einer Europäischen Union — macht diesen Pessimismus verständlich. Die unter national-systemaren Gesichtspunkten zumindest verfassungstheoretisch bedeutendste Funktion eines Parlaments, die gesetzgeberische, wurde in einem weiteren Fragenkomplex angesprochen. Auf den ersten Blick tritt für jeden Analytiker, der das EP-System etwa mit dem der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf diese Funktion vergleicht, der Befund klar zutage: Hier. — in der EG — keine gesetzgeberischen Funktionen im engeren Sinne, allenfalls Empfehlungsfunktionen mit aufschiebendem Veto dort — im Bundestag — der jeweils gesetzgeberische Schlußpunkt durch die Volksvertretung. Hier die Gesetzgebung de jure und de facto letztlich in den Händen des mixtum compositum: „Kommission“ (unter Vorrang des Ministerrates), dort de jure in der Hand des Bundestages mit und ohne Bundesrat. Verfassungspolitisch, also de facto, wird man aber einwenden müssen, daß das Schwergewicht des Gesetzgebungsvorganges auch in den parlamentarischen Regierungssystemen der Mitgliedstaaten, speziell in der Bundesrepublik Deutschland, bei der Exekutive liegt. Empirisch belegt ist dies in der Bundesrepublik Deutschland einmal auf den Informationsvorsprung der Exekutive mit ihren riesigen bürokratischen Apparaturen zur Ausarbeitung von kompli-zierten Gesetzesmaterien zurückzuführen und damit auf die Tatsache, daß rund 80 Prozent aller Gesetzesinitiativen von der Bundesregierung, und nicht, wie dies verfassungsrechtlich möglich wäre, vom Bundestag oder dem Bundesrat ausgehen; vor allem aber dann auf den schon weiter oben erwähnten Grundtatbestand der politischen Identität von Regierungsmehrheit im Parlament und Regierung selber in allen heutigen parlamentarischen Demokratien. Zunächst sind nun unter dem Gesichtspunkt des parlamentarischen Selbstverständnisses im EP die Antworten auf die Frage interessant: „Hat das EP trotz fehlender rechtlicher Kompetenzen auf generelle gesetzgeberische Entscheidungen inhaltlich einwirken können?“: 31 % sagen „meistens“, 65 % „manchmal“.

Realitätsnah wird der Einfluß des EP am stärksten bei der Aufstellung des Etats (letztlich der einzigen entscheidenden „gesetzgeberischen“ Aktivität) gesehen, das heißt von 37 % als „sehr gut“ und von 29% als „ausreichend“ bewertet. Immerhin aber betrachten noch 25 % den derzeitigen Zustand als „ungenügend“. Logisch ist, daß eine sehr erheblich positive Korrelation zwischen den Kontrollinstrumenten: Möglichkeit der „Etatablehnung“ sowie „Rechnungsprüfung“ mit der Einschätzung des EP-Einflusses auf die Haushaltsgesetzgebung vorliegt. Im Hinblick auf den generellen Einfluß des Parlamentes auf die Gesetzgebung schneidet das Instrumentarium „Aussprache“ im Anschluß an Fragen am besten ab, gefolgt von den „mündlichen Anfragen“ selber und schließlich der Behandlung des „Kommissionsjahresberichtes“. Keineswegs überschwenglich wird auch das (ständig praktizierte) Konzertierungsverfahren beurteilt Nur 27% geben hier „meistens“ an, hingegen 52% „manchmal“. Extrem (positiv) korrelieren die Kontrollinstrumente „Debatte“ und „Behandlung des Kommissionsberichtes“ sowie „Anfragen“ mit der Einschätzung des Konzertierungsverfahrens, gefolgt von der Behandlung der „Präsidentschaftsberichte“, während die Kontrollfunktion in toto geringer, aber auch noch bedeutsam mit der Bewertung des Konzertierungsverfahrens korreliert. Im Zusammenhang mit der Häufigkeitsberechnung läßt sich daraus schließen, daß circa ein Viertel der Be-fragten das Konzertierungsverfahren als bewährt ansieht und gleichzeitig die oben angeführten Kontrollinstrumente als sehr wichtig bewertet. Ungefähr die Hälfte der Antwortenden stufte das Verfahren als nur manchmal bewährt und die Kontrollinstrumente als wichtig bis weniger wichtig ein. Eine Negativeinschätzung des Konzertierungsverfahrens und die Einstufung der benannten Kontrollinstrumente als unwichtig lag nur bei einem sehr geringen Teil der Befragten vor.

Erfreulich wie letztlich selbstverständlich sind die Antworten auf die übergreifende Frage: „Wie beurteilen Sie die Zielsetzung, das EP als Mitentscheider im europäischen Gesetzgebungsprozeß zu etablieren?“. Dieses schlechthin entscheidende Ziel bejahten als „unerläßlich“ 87 %, fünf offenbar verzagtere Parlamentarier äußerten hier nur „wünschenswert“. Einer hält diese Zielsetzung für „utopisch“, während sich drei MdEPs zu diesem Kernproblem des ganzen EPs überhaupt nicht äußern wollten. Ansätze in Richtung auf eine Mitentscheidung des EP sehen aber immerhin 81 %, keine dagegen 15 %. Von der Korrelationsberechnung her fällt in diesem Zusammenhang lediglich auf, daß entgegen unserer sicherlich berechtigten Arbeitshypothese keine Koorelation zwischen der Bewertung des Ziels Co-Decision (gemeinsame Gesetzgebungsentscheidung: EP und Kommission) und der Einstufung der integrationsfördernden Zielsetzung des EP besteht. Lediglich die Instrumente: „Behandlung der Kommissions-und Präsidentschaftsberichte“ korrelieren sehr erheblich negativ mit der Frage nach „Ansätzen zu einer Rolle des EP“ als Mitentscheider.

Aus Korrelation und Häufigkeitsberechnung ergibt sich, daß ein Großteil der Befragten eine Diskussion der Kommissions-und Präsidentschaftsberichte im EP für unwichtig hält, obwohl sie die Rolle des EP im Entscheidungsprozeß insgesamt durchaus hoch einschätzt. Hinsichtlich der Bewertung der Arbeit des Europäischen Rechnungshofes bezeichneten immerhin 72% die bisherige Kontrollfunktion dieses Gremiums als „sehr wirksam“ bzw. „wirksam“, 18% als „teilweise wirksam“ und nur 5 % als „völlig unwirksam“. 5. Einschätzung der fördernden und hemmenden Faktoren im EG-Integrationsprozeß Der Gesamtkomplex der Wahrnehmung oder Nichtwahrnehmung von Kontrolle leitete im systematischen Aufbau des Fragebogens über zu neun Fragen zur Einschätzung der fördernden und hemmenden Faktoren im derzeitigen EG-Integrationsprozeß.

Im Selbstverständnis der Europaparlamentarier ist es für 79% unerläßtlich, „daß das EP eine Rolle (weiter) als wichtiger Einflußfaktor" in Richtung auf mehr Integration in der Gemeinschaft spielt. Weitere 16% hielten dies für „wünschenswert“. Ganz realistisch sahen nur 16 %, daß das EP schon heute diese Rolle in einem starken Maße wahrnimmt, während die große Mehrheit der Befragten (68%) dies nur „in Ansätzen“ zu erkennen vermöchte, 11% schließlich „überhaupt nicht“. Aus den Korrelationsberechnungen ergibt sich hier, daß ein bedeutsam positiver Zusammenhang zwischen der Bewertung des EP als Integrationsfaktor und einer „Motorfunktion“ der transnationalen politischen Parteien im Integrationsprozeß besteht. Die meisten Europaparlamentarier sehen offensichtlich als Basis ihres eigenen Beitrages zum europäischen Integrationsprozeß in erster Linie ihre Parteien auf europäischer Ebene, verstehen sich also als Aggregationsinstrument eben dieser politischen Strömungen.

Im Hinblick auf die seinerzeit kontroverse Abstimmung im-EP über die Einheitliche Europäische Akte ist interessant, daß immerhin 43% darin heute Fortschritte für das EP selber sehen, ein Drittel allerdings nur „unbedeutende“ und vier MdEPs „überhaupt keine“. Bedauerlich auch hier wieder, daß sich 16 MdEPs (also 22 %) zu diesem Komplex nicht äußern wollten. Wieder ein Spiegelbild zur damaligen Abstimmung kann in der Antwort auf die Frage gesehen werden, ob nationale Parlamente und nationale Regierungen die Einheitliche Europäische Akte hätten ablehnen sollen. Nur 15 % bejahten dies, während 73 % verneinten. Die Ablehnenden führten an erster Stelle den nur sehr geringen Kompetenzzuwachs für das EP als Begründung an.

Sich selber sieht das EP mit großer Mehrheit (91 %) als einen wichtigen Motor im Prozeß der zu intensivierenden Integration in der EG; 70% sehen die Kommission in dieser Rolle bei 26 %. die eine solche Motorfunktion der Kommission verneinen. Es folgt schließlich der Europäische Gerichtshof interessanterweise mit nur 61% bei 36% Nein-Voten. Realistisch gesehen wäre vermutlich die umgekehrte Rangordnung richtiger gewesen, da man insgesamt den Europäischen Gerichtshof als effektivsten Motor im Integrationsprozeß wird bezeichnen können.

Erwartungsgemäß schneidet der Ministerrat mit 91 % negativ Votierenden am schlechtesten ab, gefolgt (in der Negativskala) von den nationalen Regierungen mit 83 %. Nationale Parteien weisen Negativ-Voten von 68 % bei 29 % positiven auf. Besser schneiden die transnationalen Interessengrup-B pen ab mit 61% negativ Votierenden, aber 36% positiven. Auch hier kommt es offensichtlich zu einem annähernd richtigen Abbild der europäischen Wirklichkeit, in der solche übergreifenden Interessengruppen zu einem immer stärkeren, die Integration fördernden Faktor werden.

Knapp ein Viertel der Befragten sieht sich als Vertreter von Parteieninteressen, drei Viertel jedoch nicht. Die sehr erheblich positive Korrelation zwischen Vertretung von Interessengruppen und der Einstufung des Rates als Integrationsmotor läßt sich anhand der Häufigkeitsberechnung wie folgt aufschlüsseln: Die meisten der Befragten verneinen sowohl eine eigene Interessensvertretungsfunktion als auch eine Motorfunktion des Rates für den Integrationsprozeß. Dieser Befund stimmt in erheblichem Maße überein mit den Antworten auf die Frage nach dem wichtigsten hemmenden Faktor für den europäischen Integrationsprozeß, da dort rund drei Viertel der Befragten auf das Übergewicht der vorrangigen nationalen Interessen im Ministerrat hinweisen.

Ein Großteil (83 %) der Europaparlamentarier betrachtet sich in starkem Maße als Vertreter der Gesamtwählerschaft und bewertet dabei gleichzeitig den Rat als Bremser im Integrationsprozeß (hier ergibt sich eine eindeutig bedeutsame Korrelation).

Parallell dazu — aber wahrscheinlich ebenso „idealtypisierend“ — sehen sich die meisten Befragten als Wahlkreisvertreter bei gleichzeitiger Einschätzung des Rates als Hemmfaktor im Integrationsprozeß (hier ergibt sich eine sehr bedeutsame positive Korrelation).

Bedeutsam negativ korrelieren die Selbsteinstufungen der Abgeordneten als Vertreter ihres Wahlkreises sowie als Vertreter ihrer nationalen Partei mit der Bewertung des Hemmfaktors „Rücksichtnahmen auf nationale Wählerschichten“. Viele der Befragten sehen sich als Vertreter ihres Wahlkreises und ihrer nationalen Partei und halten dabei die Rücksichtnahme auf nationale Wählerschichten für einen wichtigen hemmenden Faktor im Integrationsprozeß.

Es gab ferner eine sehr bedeutsame negative Korrelation zwischen nationaler Interessenvertretung im Selbstverständnis der Abgeordneten in den Parlamentsausschüssen und der Einschätzung der Motorfunktion der Kommission im Integrationsprozeß. Unter Hinzunahme der Häufigkeitsberechnungen läßt sich diese Korrelation so erklären, daß nur wenige sich als nationale Interessenvertreter in den Ausschüssen ansehen, gleichzeitig aber nur ein geringer Anteil der Befragten eine Motorfunktion der Kommission verneint. Anders ausgedrückt: Die meisten stufen sich nicht als nationale Interessen-17

Vertreter ein und betonen dabei eine Motorfunktion der Kommission im europäischen Integrationsprozeß.

Eine niedrige Selbsteinstufung der eigenen Partei-interessenvertretung geht einher mit einer Verneinung der Parteien als integrationsfördernder Faktor bzw. eine hohe Einstufung der eigenen Parteiinteressenvertretung mit einer Bejahung der Parteien als integrationsfördernder Faktor. Die Benennung des EP selbst als Motor der Integration korreliert extrem positiv mit der Einschätzung des Kontrollinstrumentes „Debatten“ im EP. In Verbindung mit den Häufigkeiten scheint diese Korrelation dadurch zu entstehen, daß fast alle Befragten dem EP eine Motorfunktion im europäischen Integrationsprozeß zuschreiben und zudem viele Antwortende die Debatten als ein wichtiges Kontrollinstrument einstufen.

Als positiv bewertete Gremien oder Institutionen im Hinblick auf neue Integrationsschübe werden aufgeführt: Europäische Bewegungen aller Art, Bürgerinitiativen, die Medien und schließlich Städtepartnerschaften, einzelne Persönlichkeiten, Jugendliche und Verbraucher. Bei den hemmenden Faktoren führen die Negativ-Liste an die nationalen Bürokratien — die natürlich institutionell als ein Teil der „Regierungen“ zu sehen sind. 73 % kommen bei dem Vorwurf zusammen, im Ministerrat wirke sich die Vertretung nationaler Interessen hemmend auf den Integrationsprozeß aus; Rücksichtnahmen auf „nationale Wähler“ führen 38 % als „stark“ und weitere 31 % als „durchaus bedeutsame“ Hemmfaktoren ins Feld. Nationalen Interessengruppen wird von 20 % der Befragten eine stark negative Einstellung zur Integration, von 23 % eine immer noch beachtlich negative attestiert.

Der letzte Komplex im Fragebogen betraf die Einschätzung der möglichen Verbündeten des EP auf dem Wege zu einer eigenen Kompetenzerweiterung. Der Ministerrat wird von 90% nicht in einer die Erweiterung von EP-Kompetenzen fördernden Rolle gesehen. Der Europäische Rat schneidet in der Minus-Bewertung etwas besser — mit 79 % — ab. Einen positiven Einfluß wollten ihm immerhin elf MdEPs zuordnen — im Gegensatz zu nur vier hinsichtlich des Ministerrats. Umgekehrt schneiden auch in diesem Fragenkomplex erwartungsgemäß der Europäische Gerichtshof und die Kommission gut ab. An der Spitze der im offenen Fragenteil vorgesehenen Begründungen für die Negativ-Bewertungen findet sich beim Ministerrat und beim Europäischen Rat das Argument, daß sich diese Institutionen als Konkurrenten zum EP verstehen, gefolgt an zweiter Stelle von dem Hinweis auf den Vorrang nationaler Interessen für diese beiden In-B stitutionen. Bei der Kommission wird als Grund für die (relativ wenigen) negativen Bewertungen allerdings auch der Faktor „Konkurrenz zum EP“ angeführt — nur knapp weniger als beim Europäischen Rat; positiv hingegen hier an erster Stelle das Argument, die Kommission sei Vertreter eines „Gemeinschaftsinteresses“ — ein Argument, das in noch stärkerem Umfange an der Spitze der Positiv-, begründungen, bezogen auf den Europäischen Gerichtshof. steht. Der Europäische Gerichtshof erzielt darüber hinaus den größten Prozentsatz von Abgeordneten, die ihm im Verhältnis zum EP „gleichgerichtete Aufgaben und Interessen“ zuerkennen.

III. Ausblick

nationale Egoismen politisch-ideologische Differenzen gruppenspezifische Interessen 7(9, 7%) 7 (9. 7%) 9(12, 5%) 22(30, 6%) 38 (52, 8%) 28(38, 9%) 39 (54, 2%) 24 (33, 3%) 31 (43, 1%) 4(5, 6%) 3 (4, 2%) 4(5, 6%) Gründe für Differenzen unwichtig weniger wichtig wichtig keine Antwort

Es war das vorrangige Ziel dieses Beitrags, die Ergebnisse der Befragung der deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament in seiner zweiten Wahlperiode einer breiteren Öffentlichkeit — nicht zuletzt auch den Parteien und den Abgeordneten selbst — zu präsentieren. Schlußfolgerungen wollen die Autoren an dieser Stelle nicht ziehen; sie verweisen hierfür auf eine zusammenfassende Auswertung der Befragung, die nach Abschluß der Befragungsaktion, die alle Abgeordneten des Europäischen Parlaments einbezieht, erfolgen wird.

Unverkennbar ist, daß die Mitglieder des Europäischen Parlaments eine Rolle angenommen und gefunden haben und sich bemühen, im Rahmen der politischen und institutioneilen Bedingungen von ihren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen und die politischen Funktionen eines Parlaments zu nutzen. Der Schlußfolgerung eines größeren Forschungsprojekts über das EP, wonach dessen Rolle im gemeinschaftlichen Entscheidungsprozeß als die eines „Mitspielers“ bezeichnet werden kann findet in den hier vorgelegten Antworten der Abgeordneten durchaus eine Bestätigung. Das heißt aber auch, daß die Abgeordneten von ihrem Umfeld und von anderen Mitspielern abhängig sind, auch von den Gegebenheiten im EP selbst. was ihre Arbeitsbedingungen wesentlich mitbestimmt. Die europäische Integration ist ein auf lange Frist angelegter politischer und sozialer Prozeß. Das EP ist eine Komponente und ein Akteur in diesem recht komplexen Prozeß. Der vom EP seit 1979, also seiner ersten Direktwahl, zurückgelegte Weg hat — verglichen mit der Situation davor — insgesamt zweifellos zu einer Stärkung der Rolle des EP geführt, auch wenn die seinerzeit geäußerten Erwartungen oft zu hoch angesetzt waren. Mit der dritten Direktwahl zum Europäischen Parlament im Juni 1989 tritt das EP in eine weitere Etappe seiner eigenen Entwicklung und der der EG ein. Für Schlußfolgerungen auf das, was künftig nützlich und nötig ist, um dem Europäischen Parlament im gemeinschaftlichen Entscheidungsgefüge und für den Integrationsprozeß eine politisch und rechtlich stärkere Stellung zu geben, können die Ergebnisse der Umfrage sicherlich den einen oder anderen nützlichen Hinweis geben.

Besonders interessant werden vergleichende Schlußfolgerungen sein, die die Autoren vorlegen werden, wenn die Befragung der Mitglieder des Europäischen Parlaments aus den anderen EG-Mitgliedstaaten abgeschlossen sein wird. Für künftige Befragungen ähnlicher Art erscheint es den Verfassern unverzichtbar, Angaben über die Parteizugehörigkeit einbeziehen zu können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Einen umfangreichen Überblick aus jüngster Zeit enthält die Auswahlbibliographie (S. 674— 714) in folgendem Werk: Eberhard Grabitz/Otto Schmuck/Sabine Steppat/Wolfgang Wessels. Direktwahl und Demokratisierung. Eine Funktionenbilanz des Europäischen Parlaments nach der ersten Wahlperiode. Bonn 1988.

  2. Vgl. Rudolf Hrbek/J. Jamar/W. Wessels (Eds.). The European Parliament on the eve of thc second direct election: Balance sheet and prospects. Bruges 1984.

  3. Vgl. Claus Schöndube. Das Europäische Parlament vor der zweiten Direktwahl. Bilanz und Perspektiven. Bonn 1983.

  4. Vgl. Emil J. Kirchner. The European Parliament: Performance and Prospects. Aldershot 1984.

  5. Es handelt sich um die in Anm. 1 zitierte umfangreiche Veröffentlichung.

  6. Einen Überblick über die Reformbemühungen gibt Rudolf Hrbek. Die „Europäische Union“ als unerfüllbare integrationspolitische Daueraufgabe? Lehren aus dem Reform-Septennium der EG (1980— 1987). in: Ernst-Joachim Mestmäcker/Hans Möller/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.). Eine Ordnungspolitik für Europa. Festschrift für Hans von der Groeben. Baden-Baden 1987. S. 167— 200.

  7. Vgl. Karlheinz Reif/Hermann Schmitt/Klaus Schubert. Wer sind und was wollen die Deutschen im Europäischen Parlament? Sozialprofil, politischer Rückhalt und ZielvorStellungen der deutschen Kandidaten zum Europäischen Parlament. in: Zeitschrift für Parlamentsfragen (ZParl). (1979) 3. S. 332-354.

  8. Vgl. European University Institute. Study of the European Parliament. Presentation of Preliminary Rcsults.delivered by Prof. R. Wildenmann. Straßburg 1984.

  9. Die Abfassung der Abschnitte II, 1, 4 und 5 hat C. -C. Schweitzer vorgenommen unter Mitarbeit hinsichtlich der Korrelationsberechnungen von Barbara Dücker; die übrigen Teile des Beitrags stammen von R. Hrbek.der seiner Mitarbeiterin Carolin Fauska für ihre sorgfältige und engagierte Mitarbeit bei der Auswertung und Zusammenstellung der Daten zu besonderem Dank verpflichtet ist.

  10. In den ersten Legislaturperioden des Europäischen Parlamentes gab es eine große Anzahl von Doppelmandatcn. auf bundesdeutscher Seite auch noch im ersten direktgewählten 1979 (etwa Willy Brandt); seit März 1988 wiederum eines.

  11. Die Entwicklung im Europäischen Parlament hat sich analog zu derjenigen im Deutschen Bundestag insofern vollzogen, als man in beiden Fällen von einem Vollberuf des Abgeordneten ausgehen kann, der daher auch nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes — bezogen auf den Deutschen Bundestag — voll zu „alimentieren", das heißt als ein Vollzeitberuf zu bezahlen ist. Der Terminkalender der Europaabgeordneten ist vielleicht noch voller als der der Bundestagsabgeordneten, weil die Europaabgeordneten ihre Arbeit auf zwei, wenn nicht sogar drei Orte (Brüssel und Straßburg neben Luxemburg) verteilen müssen und im übrigen noch häufiger zu Sitzungswochen (Plenar-und Ausschußsitzungen) zusammentreten als der Deutsche Bundestag: 1986 zum Beispiel trat das EP zu 60 Plenarsitzungstagen zusammen. Bei einem Vergleich ist aber zu berücksichtigen, daß in der Regel alle Bundestagsabgeordneten (Direktabgeordnete ohnehin, zumeist aber auch die Listenabgeordneten) einen Wahlkreis intensiv zu betreuen haben, was bei der Größe der europäischen Wahlkreise für diese Abgeordneten nur sehr unvollkommen möglich sein kann. Siehe im einzelnen zu dieser Problematik: Carl-Christoph Schweitzer. Der Abgeordnete im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik, Opladen 1979.

  12. Kapitel IV der in Anin. 2 genannten Veröffentlichung, dem Bericht über das Symposium zum Europäischen Parlament in Brügge im Juni 1983. ist dem politischen Umfeld des EP gewidmet. Die Frage der Beziehungen zwischen dem EP bzw.seinen Mitgliedern und ihrem politischen Umfeld spielte auch eine zentrale Rolle in einem Projekt, welches unter der Federführung des Instituts für Europäische Politik. Bonn, von der TEPSA (Trans Europcan Policy Studies Association) durchgeführt und mit einem Symposium (. Jenseits des traditionellen Parlamentarismus: Das Europäische Parlament im System der Gemeinschaft“) im November 1988 in Straßburg unter Förderung und Mitwirkung des Europäischen Parlaments abgeschlossen wurde. Die Ergebnisse der Projektarbeiten lagen als Arbeitsunterlagcn für das Symposium vor; sic werden Anfang 1989 veröffentlicht. Vgl. insbesondere den zusammenfassenden Gesamtbericht (Das Europäische Parlament jenseits des traditionellen Parlamentarismus: Vom „Forum“ zum „Mitspieler“ im Entscheidungsprozeß). verfaßt von Otto Schmuck auf der Grundlage der verschiedenen Einzelbeiträge; ferner den Beitrag von Rudolf Hrbek („The European Parliament. the Citizens and the Political Environment“); wie alle Einzelbeiträge auf der Konferenz in englischer Fassung vorgelegt.

  13. Vgl. dazu Peter Mehl, Die Europa-Kommission des Deutschen Bundestages. Eine neue Einrichtung interparlamentarischer Zusammenarbeit, Kehl-Straßburg 1987.

  14. Vgl. dazu Alwin Brück. Europäische Integration und Entmachtung des Deutschen Bundestages: Ein Unterausschuß ist nicht genug, in: ZParl, (1988) 2, S. 220— 225.

  15. Nachdem im Probelauf der Interviews mit einzelnen deutschen EP-Abgeordneten deutlich wurde, daß es Widerstände gegen die Nennung der Parteizugehörigkeit gibt, wurde auf entsprechende Fragen verzichtet. Eine Aufschlüsselung der Antworten nach Parteizugehörigkeit ist damit — leider — nicht möglich.

  16. Vgl. Hans-Joachim Glaesner, Das Verfahren der Zusammenarbeit (Art. 149 Abs. 2 EWGV), in: Europarecht, (1988) 2, S. 121-128.

  17. Die drei Dienstorte sind Straßburg (mit den Plenarsitzungen), Luxemburg (mit dem Sitz der Verwaltung) und Brüssel (dort werden in der Regel die Fraktions-und Ausschußsitzungen abgehalten).

  18. Vgl. H. D. Lasswell, The Decision Process. Seven Categories of Functional Analysis. Univ, of Maryland 1956; C. -C. Schweitzer (Anm. 11), S. 219ff.

  19. Im parlamentarischen Jahr von März 1987 bis März 1988 zum Beispiel wurden 722 Entschließungsanträge eingebracht und beraten, seit März 1988 bereits 533. Zur Zeit bewegt sich die Zahl der schriftlichen Anfragen pro Jahr bei ungefähr 3 000 und der mündlichen bei 1 200. Entschließungen können funktionsschematisch sowohl einer „Initiativ“ -als auch einer „Empfehlungs" -Funktion zugeordnet werden, je nach dem, ob es sich um originäre Entschließungen des EP selber oder um Stellungnahmen des Parlaments zu Rats-bzw. Kommissionsvorlagen handelt.

  20. Noch immer gibt es im EP kein sogenanntes Watch-dog-

  21. Zu dieser wissenschaftlich kontroversen Unterscheidung siehe etwa das Standardwerk Eberhard Grabitz/Thomas Läufer, Das Europäische Parlament, Bonn 1980, S. 143 f. Es geht um Zahlungsansprüche der Mitgliedstaaten oder Dritter, die aufgrund bereits wirksamer Rechtsakte erfüllt werden müssen (obligatorisch), zum Beispiel auf dem Agrarsektor, und solchen Etatposten, bei denen der Haushalt erst die Zahlungsverpflichtung begründet (Fonds u. a.).

  22. Hier vor allem die Regional-und Sozialfonds.

  23. Einheitliche Europäische Akte, im folgenden; EEA, Text siehe u. a. Europa Archiv, (1986) 6, S. 163 ff. Das Europäische Parlament stimmte dieser EG-„Vertragsänderung“ am 11. 12. 1986 (Sitzungsprotokoll 169/86) mit 231 gegen 14 bei 20 Enthaltungen und insgesamt 265 abstimmenden Abgeordneten (von 518!) zu. Der Chronist kann eine solche Abstimmung zu einem solchen wichtigen Vorhaben vom parlamentstheoretischen Verständnis der Repräsentation der Volkssouveräne her gesehen nur bedauern. Die bundesdeutschen MdEPs schneiden allerdings bei solchen Anlässen im EG-Vergleich gut ab!

  24. Die sogenannte soziale Dimension der Europäischen Gemeinschaft rückt immer mehr in den Mittelpunkt der tages-politischen Diskussion Und Auseinandersetzung und wird vor allem von Ländern wie der Bundesrepublik Deutschland einerseits eingefordert, andererseits insofern mit Besorgnis betrachtet, weil theoretisch die Gefahr besteht, daß bei einem weiteren Fortschreiten des Angleichungsprozesses auf diesem Gebiet die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf „ihre sozialen Errungenschaften“ (zum Beispiel Mitbestimmung) auf ein EG-Minimumniveau herunterzugehen gezwungen sein könnte.

  25. Zum sogenannten Spinelli-Entwurf, offiziell: Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union, siehe Text in: Integration, Sonderheft 3/1984, oder auch den Sonderdruck aus dem Bulletin der EG, 2/1984. Das Parlament nahm diesen weitausgreifenden Vorschlag zur Gründung eines europäischen Bundesstaates am 14. 12. 1984 in namentlicher Abstimmung mit 237 gegen 31 bei 43 Stimmen an. Damals bestand das erste direktgewählte Parlament aus 410 Abgeordneten — also auch hier wieder eine insgesamt nicht befriedigende Abstimmungsbeteiligung zu einem wichtigen Punkt.

  26. Zur Gesamtdarstellung der verschiedenen Möglichkeiten eines Europa der „zwei Geschwindigkeiten“ siehe vor allem Eberhard Grabitz (Hrsg.), Abgestufte Integration — eine Alternative zum herkömmlichen Integrationskonzept?, Kehl-Straßburg 1984.

  27. Die Verwirklichung der Bestimmung des Artikel 82 im sogenannten Spinelli-Entwurf, wonach ein europäischer Bundesstaat schon als gegründet und in Kraft gesetzt betrachtet werden könnte, wenn zwei Drittel der Bevölkerung der nationalen Mitgliedstaaten, vertreten durch ihre Parlamente, diesem Vertrag zugestimmt haben würden, würde nach Auffassung vieler Staatsrechtler und Politikwissenschaftler — so wünschenswert eine solche Konstruktion auch wäre — erhebliche Schwierigkeiten etwa dadurch mit sich bringen, daß die Gemeinschaft es dann z. B, mit zwei Parlamenten zu tun hätte: einmal für alle 12 Mitgliedstaaten, zum anderen nur für diejenigen Mitgliedstaaten, die sich der Europäischen Union angeschlossen haben.

  28. Die Korrelation ist ein statistisches Verfahren, das Zusammenhänge von Merkmalen (Variablen, Fragen etc.) ermitteln kann. Grob lassen sich signifikante und nicht-signifikante Korrelationen unterscheiden. Eine nicht-signifikante Korrelation besagt, daß der Zusammenhang der untersuchten Merkmale nicht größer ist, als ein zufälliger Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen. Deutet sich jedoch ein überzufälliger (= signifikanter) Zusammenhang zwischen den Merkmalen an, so können positive wie negative Korrelationen zwischen den Merkmalen vorliegen. Bei positiven Korrelationen variieren gemeinsam hohe Werte des einen Merkmals mit hohen Werten des anderen Merkmals sowie mittlere Werte mit mittleren Werten und niedrige Werte mit niedrigen Werten. Bei negativen Korrelationen variieren hingegen hohe Werte mit niedrigen und umgekehrt. Die signifikanten Korrelationsmaße lassen sich nicht nur in ihrer Art (positive/negative), sondern auch in der Höhe ihrer Signifikanz und damit in der Stärke des Zusammenhangs von Merkmalen differenzieren. Die Signifikanz bzw. Bedeutsamkeit eines Zusammenhangs wird zumeist mit Hilfe des soge-nannten Signifikanzniveaus bestimmt. Das Signifikanzniveau besagt, mit welcher Wahrscheinlichkeit das festgestellte Ergebnis ein Zufallsprodukt und damit unbedeutsam ist. Je geringer also das Signifikanzniveau, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Ergebnis ein Zufallsprodukt darstellt, und desto bedeutsamer ist damit das Ergebnis. Die Statistik bietet einige Richtlinien, bei welchem Signifikanzniveau ein Ergebnis als noch bedeutsam gilt. Bei der vorliegen-13

  29. Zum Kontrollbegriff in der Parlamentstheorie siehe unter anderem C. -C. Schweitzer (Anm. 11), S. 219 f„ und E. Grabitz u. a. (Anm. 1), S. 51 ff.

  30. Bis 1979, das heißt der ersten Direktwahl des Europäischen Parlamentes, wurden vier Mißtrauensvoten gegenüber der Kommission gestellt, aber nur über zwei abgestimmt und diese dann abgelehnt.

  31. Zur umfangreichen Literatur siehe C. -C. Schweitzer (Anm. 1), S. 284ff., sowie ders., Effektive Wahrnehmung von parlamentarischen Kontrollfunktionen im Vergleich House of Commons und Deutscher Bundestag, in: Adolf Birke u. a.; Deutscher und Britischer Parlamentarismus, München-New York 1984.

  32. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte ergaben sich — nach Auffassung der Verfasser geringfügige — Verbesserungen im Hinblick auf die Beteiligung des Europäischen Parlamentes am gesetzgeberischen Prozeß. Am wichtigsten war dabei zweifellos die neue Bestimmung, daß das Parlament bei der zweiten Lesung den gemeinsamen Standpunkt des Rates billigen, ablehnen oder aber Abänderungen einbringen kann. Einen abgelehnten „gemeinsamen Standpunkt“ (von Kommission und Parlament) kann der Rat seitdem nur einstimmig annehmen. Im einzelnen s. dazu Anm 16. Selbstkritisch forderte der Abg. Seeler, Hamburg, Sanktionsmaßnahmen gegen Abgeordnete, die an Abstimmungen nach den neuen Modalitäten der EEA oft nicht teil-nähmen und somit das EP unwirksam machten, weil die nach der Akte notwendige absolute Mehrheit aller Parlamentsmitglieder verfehlt würde; vgl. Das Parlament, Nr. 49 vom 2. Dezember 1988, S. 11.

  33. Seit 1975 gibt es einen sogenannten Konzertierungs-Ausschuß von Rat und EP unter Beteiligung der Kommission, der auf Antrag zusammentritt und ursprünglich vor allem mit der Haushaltsgesetzgebung und anderen Gesetzen mit finanziellen Auswirkungen befaßt wurde. Er konnte im Laufe der Zeit sein Befassungsrecht auf andere Politikbereiche ausdehnen. Die EEA brachte hier wider Erwarten keine Fortschritte. Zusätzlich finden nach ad hoc-Vereinbarungen laufend Konsultationen zwischen EP und Rat sowie zwischen EP und Kommission statt.

  34. Vgl. E. Grabitz u. a. (Anm. 1).

Weitere Inhalte

Rudolf Hrbek, Dr. phil., geb. 1938; Professor für Politikwissenschaft an der Universität Tübingen. Veröffentlichungen u. a.: Die SPD. Deutschland und Europa. Die Haltung der Sozialdemokratie zum Verhältnis von Deutschland-Politik und Westintegration (1945 -1957), Bonn 1972; (zus. mit Hans von der Groeben, Hans Möller und Heinrich Schneider) Die Europäische Union als Prozeß. Baden-Baden 1980; (Hrsg. zus. mit Wolfgang Wessels) EG-Mitgliedschaft: Ein vitales Interesse der Bundesrepublik Deutschland?, Bonn 1984; (Hrsg. zus. mit Uwe Thaysen) Die deutschen Länder und die Europäischen Gemeinschaften, Baden-Baden 1986. Carl-Christoph Schweitzer, Dr. phil., geb. 1924 in Potsdam; o. Prof, für Politikwissenschaft und Direktor des Seminars für Politikwissenschaft an der Universität Bonn; Koordinator des „Europe 12-Action and Research Committee on the EC“ und Vorsitzender ihrer deutschen Sektion. Veröffentlichungen u. a.: Chaos oder Ordnung? Einführung in die Probleme der internationalen Politik, Köln 1973; Die nationalen Parlamente in der Gemeinschaft, ihr schwindender Einfluß in Bonn und Westminster aufdie Europagesetzgebung, Bonn 1978; Der Abgeordnete im parlamentarischen System der Bundesrepublik Deutschland. Opladen 1979; (zus. mit Ernst-Otto Czempiel) Weltpolitik der USA nach 1945, Opladen 1984.