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Deutsche und Deutschstämmige in Polen — eine nicht anerkannte Volksgruppe | APuZ 50/1988 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 50/1988 Deutsche in der Sowjetunion Deutsche und Deutschstämmige in Polen — eine nicht anerkannte Volksgruppe Die Deutschen in Rumänien

Deutsche und Deutschstämmige in Polen — eine nicht anerkannte Volksgruppe

Hans-Werner Rautenberg

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Zusammenfassung

Von den nach fünf großen Vertreibungswellen (1944/45 bis 1949) im polnischen Herrschaftsbereich noch verbliebenen ca. 1, 7 Millionen Deutschen wurden nur diejenigen in Niederschlesien, Pommern und in der Neumark als Deutsche anerkannt. Nur ihnen wurde der Gebrauch der Muttersprache erlaubt. In Niederschlesien gab es bis zur Aussiedlung 1958/59 in gewissen Grenzen ein deutsches kulturelles Leben. Im südlichen Ostpreußen (Ermland und Masuren), im Danziger Bereich und in Oberschlesien hingegen, die nach Auffassung der polnischen Behörden von einer „autochthonen“, also angeblich ursprünglich polnischen Bevölkerung bewohnt waren, wurden die „Einheimischen“ zurückgehalten, in mehreren Etappen teilweise gewaltsam „verifiziert“ und 1951 schließlich in einer Sammeleinbürgerung dem polnischen Volks-verband inkorporiert. Vor allem aus diesen Gebieten stammt bis in die jüngste Zeit die Mehrzahl der in mehreren Etappen (vor allem 1955/56, 1958/59 und 1975/83) in die Bundesrepublik ausgereisten Personen aus dem polnischen Herrschaftsbereich. Bis 1956 waren die „Autochthonen“ einem starken Polonisierungsdruck und vielfachen Diskriminierungen ausgesetzt; so war ihnen der Gebrauch der deutschen Sprache bei Strafe verboten. Ihre Zahl betrug nach Abschluß der „Verifikation“ nach amtlichen Angaben 1 165 000 Personen, die im Jahre 1950 noch knapp ein Fünftel der dort ansässigen Bevölkerung stellten. Wie deutsche und polnische Politiker und Wissenschaftler in den letzten Jahren aufgezeigt haben, ist deren unvermindert anhaltender Ausreisewille — neben der desolaten Wirtschaftslage und den politischen Verhältnissen im Lande — vor allem das Resultat der gewaltsamen Assimilationspolitik der polnischen Behörden in den ersten Nachkriegsjahren. Das Problem der Anzahl der nach deutschem Staatsbürgerrecht unstreitig deutschen im polnischen Bereich noch verbliebenen Personen ist nach wie vor ebenso aktuell wie umstritten; die Zahl der Ausreiseanträge zeigt eine steigende Tendenz.

I. Der geschichtliche Hintergrund

Durch das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 erhielt die Volksrepublik Polen im Zuge der Westverlagerung ihres Staatsgebiets um 100 bis 200 km bis zur Oder und zur Lausitzer Neiße ihren heutigen geographischen Rahmen. Polen mußte seine Ostgebiete in einem Umfang von 179 649 km 1 (= 46, 2 Prozent der Gebietsfläche von 1937) und 12, 5 Millionen Einwohnern (= 35, 2 Prozent) an die Sowjetunion abtreten; dafür erhielt es im Westen Südostpreußen, Danzig, Ostpommern einschließlich Stettin, Ostbrandenburg und fast ganz Schlesien von den Siegermächten zugewiesen Im Zuge dieser Grenzverschiebungen kam es in den im Westen von Polen übernommenen Gebieten in den Jahren 1945 bis 1947 zu einem nahezu vollständigen Bevölkerungswechsel. Nachdem schon 3, 6 Millionen Deutsche vor der heranrückenden Roten Armee geflohen bzw. nach der Besetzung von Haus und Hof vertrieben worden waren, begann im Juni/Juli 1945 die organisierte Massenaustreibung der deutschen Bevölkerung, sobald sich die polnische Verwaltung in den „Wiedergewonnenen Westgebieten“ etabliert hatte. Diese Vertreibungsmaßnahmen stützte man später auf das Potsdamer Abkommen; in Wahrheit war jedoch schon zwischen März und Juli 1945 mit Hilfe der UdSSR damit begonnen worden, durch die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung vollendete Tatsachen zu schaffen

Die seitdem von polnischer Seite immer wieder vorgebrachten Begründungen für die Notwendigkeit der Übernahme der deutschen Ostgebiete tragen sämtlich den Charakter nachträglicher Rechtfertigung: so die „Kompensationstheorie“, derzufolge man für den Verlust der eigenen Ostgebiete an die Sowjetunion habe entschädigt werden müssen, die Theorie von der Kollektivschuld, Bestrafung und Wiedergutmachungspflicht der Deutschen sowie die Theorie von der historischen oder ethnischen Zugehörigkeit der deutschen Ostgebiete zu Polen Angeblich hatte es auf diesem Territorium eine größere Anzahl polnischer Bevölkerung gegeben (Polen und sogenannte „Autochthone“), die die polnischen Ansprüche hinreichend rechtfertigten. Verhältnismäßig spät wurde die These vorgebracht, daß sich die deutsche Bevölkerung in einer über Jahrzehnte hinweg permanenten „Ostflucht“ nach Westen abgesetzt habe

Die Volksrepublik Polen begreift sich seither im Gegensatz zu Vorkriegspolen als reiner Nationalstaat, in dem sich nationale Minderheiten auf zahlenmäßig unbedeutende Personengruppen reduziert hätten, die gegenwärtig nur etwa 1, 5 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten Insbesondere habe die Frage einer deutschen Minderheit zu bestehen aufgehört, da die Deutschen bis auf wenige Ausnahmen in die beiden deutschen Staaten „repatriiert“ worden seien Bis in die neueste Zeit hinein ist denn auch in offiziellen Stellungnahmen die Existenz Deutscher im heutigen Polen wiederholt und entschieden in Abrede gestellt worden. So erklärte Parteichef General Wojciech Jaruzelski anläßlich einer Feier zum 40. Jahrestag der „Wiedergewinnung“ der Oder-Neiße-Gebiete durch Polen in Breslau am 8. Mai 1985, im Zuge der „Familienzusammenführung“ habe „das Problem einer nationalen deutschen Minderheit endgültig zu bestehenaufgehört. Dieses Kapitel ist für immer abgeschlossen.“

In der Tat aber ist Polen — nach den Worten von Christian Theodor Stoll — im östlichen Europa das einzige Land, „daß . . . die Deutschen in seinem Bereich formell überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt, deren Vorhandensein vielmehr leugnet und unter Verletzung eigener Verfassungsgrundsätze und völkerrechtlicher Verpflichtungen alles unternimmt, sie als nationale Gruppe auszulöschen“ Wie die ausgesprochen gereizten Reaktionen auf die Ausführungen des damaligen Staatsministers im Auswärtigen Amt, Alois Mertes, vom 14. Dezember 1983, nach Schätzungen seines Ressorts befänden sich noch ca. 1, 1 Millionen deutscher Staatsbürger auf polnischem Territorium, bewiesen, gibt es jedoch trotz amtlicher polnischer Dementis in Polen nach wie vor eine deutsche Minderheit. Dazu erklärte aber der polnische Regierungssprecher Jerzy Urban auf einer Pressekonferenz am 4. Januar 1984: „Mit großer Empörung nehmen wirjene Pressestimmen aus Westdeutschland auf, die im Gefolge einer Äußerung des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Mertes, erschienen. Es handelt sich hier um die Antwort von Minister Mertes auf eine Anfrage im Bundestag, die sich auf angebliche Deutsche bezieht, die in großer Masse in den polnischen Westgebieten leben. Ich möchte erklären, daß die polnische Regierung diese Ansprüche, die mit der in der BRD bestehenden Konzeption der Staatsbürgerschaft verbunden sind, zurückweist. daß sie diese Gesetzgebung nicht anerkennt. . . Hinter diesen Ansprüchen versteckt sich eine Negierung der Souveränität Polens auf diesem Territorium.“

Czeslaw Pilichowski, der Vorsitzende der polnischen Kommission für NS-Verbrechen, hatte ebenfalls behauptet, „in Polen gibt es keine deutsche Minderheit, die dazu noch einen Schutz seitens der Bundesrepublik Deutschland benötigt“, mußte sich jedoch von der exilpolnischen Pariser Monatsschrift „Kultura" fragen lassen: „Hat da nicht Professor Pilichowski die Tausende von Deutschen vergessen, die alljährlich Polen verlassen und in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln? Da sollte man schon objektiv zur Wahrheit stehen. Die Deutschen in Polen besitzen weder Schulen, eigene Organisationen, eine Presse, noch eigene Kirchen usw.“

In der Tat stammen nach Ausweis des Statistischen Jahrbuchs für die Bundesrepublik Deutschland vom August 1988, das auch eine Rubrik „Aussiedler nach Herkunftsgebieten und Altersgruppen“ enthält, die weitaus meisten der in die Bundesrepublik einreisenden „Spätaussiedler“ aus dem polnischen Herrschaftsbereich, und hier wieder vornehmlich aus Oberschlesien und — zunehmend weniger — aus dem südlichen Ostpreußen Dieses Phänomen kann hinreichend nur aus den Vorgängen in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Polen erklärt werden.

II. Die Ausgangstage nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs

In den deutschen Ostgebieten (nach dem Gebiets-stand vom 31. Dezember 1937) lebten 1939 ca. zehn Millionen Menschen. Während des Krieges kamen noch 1, 5 bis zwei Millionen Bewohner hinzu, die aus West-und Mitteldeutschland evakuiert worden waren. Auf dem Territorium der Republik Polen (ebenfalls in ihren Grenzen von 1937) lebten außerdem ca. 1, 3 Millionen „Volksdeutsche“. Durch Flucht, Vertreibung, Familienzusammenführung und Aussiedlung verringerte sich die Zahl der auf dem heutigen Territorium Polens lebenden Deutschen nach Angaben des Auswärtigen Amtes — wie erwähnt — auf ca. eine Million in den Oder-Neiße-Gebieten und im Danziger Raum sowie 100 000 im angrenzenden Ost-Oberschlesien und im restlichen Polen

Man schätzte, daß nach den fünf großen Vertreibungswellen der Jahre 1944 bis 1948 im Jahre 1950 nochca. 1, 7 Millionen deutsche Staatsbürgerin Polen zurückgeblieben waren. Für das Jahr 1970 wur-den noch 1,5 Millionen angenommen, von denen allein eine Million in den ehemals preußischen Provinzen Oberschlesien und Ostpreußen lebten. Die Zusammenballung der Deutschen in Oberschlesien erklärt sich u. a. da Millionen angenommen, von denen allein eine Million in den ehemals preußischen Provinzen Oberschlesien und Ostpreußen lebten. Die Zusammenballung der Deutschen in Oberschlesien erklärt sich u. a. daraus, daß das dortige Deutschtum offensichtlich durch Zuwanderung aus dem übrigen Polen Verstärkung erhielt. „Außerdem waren die Oberschlesier wie auch die Masuren wegen ihrer z. T. noch im Hausgebrauch gesprochenen slawischen Mundart vom polnischen Regime der Nachkriegszeit ungeachtet ihres deutschen Volkstumsbekenntnisses und ihrer deutschen Staatsangehörigkeit nicht als Deutsche behandelt und daher von Vertreibungsmaßnahmen ausgenommen worden.“ 13)

Anders als die noch verbliebenen Deutschen in Pommern, Niederschlesien und in der Neumark, die als Deutsche anerkannt wurden und anstelle eines polnischen Personalausweises Meldekarten erhielten, auf denen ihre Nationalität als „deutsch“, ihre Staatsangehörigkeit aber als „nicht feststellbar“ eingetragen wurde, und denen man den Gebrauch der deutschen Sprache erlaubte 14), wurden die in Oberschlesien, im südlichen Ostpreußen (Ermland und Masuren), im Danziger Raum, in Pommerellen und in der ehemaligen Grenzmark Posen-Westpreußen verbliebenen deutschen Staatsbürger von den polnischen Behörden als „Autochthone“ betrachtet, d. h. als alteingesessene Bevölkerung ursprünglich polnischen Volkstums, die nach Jahrhunderten der Germanisierung im historischen Jahr 1945 zum Mutterland zurückgekehrt war, oder, wie General Jaruzelski sich am 7. Mai 1985 ausdrückte: „Nahezu anderthalb Millionen der Urbevölkerung bewahrten hier treu die Muttersprache, die heimatliche Kultur, die heimatlichen Sitten und Gebräuche. Ihr Warten auf die Vereinigung mit dem Mutterland hat sich gelohnt.“

15) Aus jenen „Autochthonen“ aber rekrutierten sich bis in die jüngste Zeit in der Hauptsache die heutigen Spätaussiedler aus dem polnischen Herrschaftsbereich, die mithin auch nach vier Jahrzehnten noch nicht endgültig in den polnischen Volks-und Staatsverband eingeschmolzen werden konnten.

III. Die „Autochthonen“

Die Warschauer Regierung hatte erwartet, daß die angeblich nur oberflächlich „germanisierten“ Ober-schlesier, Masuren. Ermländer und Kaschuben binnen kurzem in „ihre eigentliche Gemeinschaft“, nämlich das polnische Volk, „zurückfinden“ würden. da es unter ihnen Personen gab, „die sich schon vor 1939 im Deutschen Reich als Polen bekannt hatten und als nationale Minderheit politisch, kulturell und sozial organisiert waren“. Von der Gesamtzahl (1. 5 bis zwei Millionen) war diesjedoch nur ein kleiner Teil Gemäß ihrer Überzeugung, daß es sich bei diesen Personen um ethnische Polen handelte, die für das polnische Volk wiedergewonnen werden mußten, machten sich die polnischen Behörden in einer schon 1945 anlaufenden „Verifizierung“ daran, zu prüfen, ob ihnen die polnische Staatsbürgerschaft verliehen werden konnte Nach Artikel 1 des Gesetzes vom 28. April 1946 erwarben danach die polnische Staatsangehörigkeit alle Personen, die vor dem 1. Januar 1945 in den „Wiedergewonnenen Gebieten“ ihren ständigen Wohnsitz hatten, vor der zuständigen Verifikationskommission ihre polnische Volkszugehörigkeit nachgewiesen und schließlich ein Treuebekenntnis zum polnischen Volk und Staat abgelegt hatten Die bei dieser Aktion, die den „Volkslisten“ der nationalsozialistischen Besatzungszeit in Polen ähnelte, angewandten 14 Kriterien wurden regional sehr unterschiedlich und mehr oder weniger großzügig gehandhabt, da zunächst umstritten war, ob die „Autochthonen“ zusammen mit der deutschen Bevölkerung ausgewiesen oder als Bürger auf Probe mit nur beschränkten Rechten in den polnischen Staat aufgenommen werden sollten.

Es war schließlich der damalige oberschlesische Wojewode Aleksander Zawadski.der mit Hilfe des Polnischen Westverbandes (PZZ) die Zurückhaltung und „Verifizierung“ der Betroffenen durchsetzte Letztere vollzog sich unter Parolen wie „Keine einzige polnische Seele den Deutschen“ oder „Die polnische Staatsräson verlangt, daß keineinziger Tropfen unseres Blutes verlorengeht“ und erstreckte sich grundsätzlich auf alle Personen mit polnischen Sprachkenntnissen bzw. Personen mit polnischen oder polnisch klingenden Familiennamen, deren Ausweisung strengstens untersagt wurde. Da aber manche der Betroffenen Ober-schlesier, Masuren, Ermländer und Kaschuben über einen „äußeren Anflug des Deutschtums“ hinaus eine „deutsche Einstellung“ zeigten, trat neben die rein administrative „Verifizierung“ auch eine umfassende Polonisierung zum Zwecke — wie es offiziell hieß — der „Vernichtung der deutschen kulturellen, psychischen, sittlichen und moralischen Einflüsse“ Der Widerstand vor allem der evangelischen Masuren gegen die „Verifikation“ mußte vielerorts mit physischer Gewalt gebrochen werden

Eine amtliche Verlautbarung vom 1. April 1948 wies 1 017 086 „verifizierte Autochthone“ aus, davon allein in Oberschlesien 867 105 Ein Teil der im Lande verbliebenen „Autochthonen“ widersetzte sich jedoch noch bis 1951 erfolgreich allen Verifizierungsversuchen und wurde erst auf Grund des Artikels 3 des neuen polnischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 8. Januar 1951 summarisch in die polnische Staatsbürgerschaft einbezogen. Schließlich wurde die Zahl der als Polen anerkannten „Autochthonen“ in einer Verlautbarung des polnischen Innenministeriums vom 1. Oktober 1957 mit rund 1, 1 Millionen angegeben Bezieht man in diese Zahl die bodenständigen Bewohner des ehemaligen Freistaats Danzig ein, so erhöht sich die Zahl der „Autochthonen“ um weitere 57 400 auf 1 165 000 Personen, die im Jahre 1950 knapp ein Fünftel der in den historischen deutschen Ostgebieten lebenden Bevölkerung stellte. Zehn Jahre später bildete das bodenständige — staatsrechtlich gesehen deutsche — Element nur noch 12, 6 Prozent der Gesamtbevölkerung

Daß die „Autochthonen“ auch nach ihrer formellen Aufnahme in den polnischen Staatsverband zahlreichen Diskriminierungen und Verfolgungen ausgesetzt blieben, wird — wie weiter unten gezeigt werden wird — auch in der heutigen polnischen wissenschaftlichen Literatur und in der Publizistik nicht mehr bestritten. „Zu verzeichnen sind im besonderen das rücksichtslose Vorgehen gegen den Gebrauch der deutschen Sprache, die zwangsweise Namensänderungen und vielgestaltige Formen einer nationalpolitischen Diskriminierung der Autochthonen. d. h.deren Benachteiligung gegenüber den Polen in allen Lebensbereichen, einschließlich der Rechtspflege.“

Dieses düsterste Kapitel polnischer Assimilationspolitik, an dem sich neben Presse und Schule auch die katholische Kirche (vor allem durch die größtenteils widerrechtliche Übernahme ehemals evangelischer Gotteshäuser) nachdrücklich beteiligte, endete erst mit dem „Oktoberumschwung“ von 1956 Wenn die polnische Administration gemeint hatte, das Problem einer deutschen Minderheit durch die Sammeleinbürgerung von 1951 gewissermaßen per Dekret gelöst zu haben und ihrem Endziel einer einheitlichen polnischen Nation nähergekommen zu sein, erlag sie freilich einem folgenschweren Irrtum, dessen späte Folgen ihr — wie jüngste Pressepublikationen zeigen — zunehmend Sorgen bereiten

IV. Die „anerkannten“ Deutschen

Wie eingangs schon berichtet, verblieben nach den großen Austreibungswellen der Jahre 1944 bis 1948 noch zahlreiche deutsche Staatsbürger im polnischen Bereich, die jedoch nur in Pommern, Niederschlesien und in der Neumark von den polnischen Behörden als Deutsche anerkannt wurden Von diesen vermochten nur die in Niederschlesien ansässigen Deutschen für etwa ein Jahrzehnt ein eigenes kulturelles Leben zu entfalten Von ihnen waren nach dem Ende der Vertreibungswellen noch 110 000 Menschen zurückgeblieben, von denen sich 40 000 „verifizieren“ ließen, während die übrigen von der polnischen Administration in ihrem Deutschtum bestätigt wurden. Wer allerdings „freiwillig oder gezwungen die polnische Staatsangehörigkeit angenommen hatte, durfte am deutschen Kulturleben nicht teilnehmen“ Die deutsche „Restbevölkerung“, in der Masse Berg-. Fabrik-und Landarbeiterfamilien, von denen über die Hälfte im Waldenburger Steinkohlerevier beschäftigt war, war von den polnischen Behörden zunächst zurückgehalten worden, da man sie zur Aufrechterhaltung der Kohleproduktion — des Hauptexportartikels der Volksrepublik Polen bis heute — dringend benötigte.

Nachdem die Behörden im Jahre 1950 dem Ausreisewillen von ca. 30 000 Deutschen stattgegeben hatten. entschlossen sie sich, um die anderen als Arbeitskräfte im Land zu halten, zur Zulassung bestimmter deutschsprachiger kultureller Einrichtungen Trotz dieses Entgegenkommens auf kulturellem Sektor blieben die Deutschen in Niederschlesien eine Volksgruppe minderen Rechts, da man wohl ihre deutsche Nationalität, nicht aber ihre deutsche Staatsangehörigkeit anerkannte. Immerhin entstanden seit 1950 zunächst deutschsprachige Grundschulen in Breslau, im Waldenburger Land, im Riesengebirgsvorland und im pommerschen Köslin. Allerdings waren neben größeren Schulen wie denjenigen in Waldenburg (mit acht

Lehrern und 380 Schülern), Gottesberg (330 Schüler) und Weißstein (320 Schüler) die meisten Zwergschulen mit nur einem Lehrer und dürftigem Inventar. 1954/55 gab es insgesamt 132 Grundschulen und zwei allgemeinbildende Höhere Schulen in Waldenburg und Schweidnitz; dazu kamen noch zwei Bergmännische Berufsschulen mit deutscher Unterrichtssprache in Waldenburg und Gottesberg. Seit 1952 erschien eine deutschsprachige Wochenzeitschrift. die „Arbeiterstimme“, die seit 1955 als Tageszeitung herauskam. Ein Staatliches Gesangs-und Tanzensemble „Freundschaft“. 28 Laienspielgruppen und kleinere deutsche Bibliotheken ergänzten das karge Spektrum deutscher kultureller Aktivitäten. Ende 1952 erhielten auch die Deutschen wie die anderen nichtpolnischen Gruppen einen eigenen Kulturverband in Gestalt der „Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft“, die sich besonders während der Reformperiode des Jahres 1956 regen Zuspruchs erfreute, aber nur eine begrenzte Aktivität entfalten konnte.

Nichtsdestoweniger führte die immer stärkere Polonisierung der Region unter den verbliebenen Deutschen zu einem wachsenden Gefühl des Verlassen-seins in der angestammten Heimat und ließ den Ausreisewillen wieder stärker hervortreten. Da die polnischen Behörden seit Mitte der fünfziger Jahre auf deutsche Arbeitskräfte offensichtlich leichter verzichten zu können glaubten, wurde der Masse der Niederschlesier im Zuge der Familienzusammenführung (sogenannte „Aktion Link“) die Ausreise gestattet. Auf diese Weise kamen zwischen 1955 und 1959 rund 57 000 von ihnen — anerkannte Deutsche und „Autochthone“ — in die Bundesrepublik Deutschland; nur noch etwa 3 500 anerkannte Deutsche blieben zurück. Unter diesen Umständen erlosch 1958/59 auch das dortige deutsche kulturelle Leben

V. Die Lage der Deutschen in Polen bis zum Warschauer Vertrag vom 7. Dezember 1970

Seit der Beendigung der Ausreise Deutscher aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Aktion „Familienzusammenführung“, die in den Jahren 1956 bis 1958 ca. 250 000 Menschen umfaßte, gibt es im polnischen Hoheitsbereich nach offizieller Lesart keine Deutschen mehr Was die „anerkannten Deutschen“ betrifft, so ist diese Feststellung sicher zutreffend, da deren Bestand nahezu restlos aufgelöst worden ist Anders verhält es sich hingegen mit den „Autochthonen“, die im Gebiet des Deutschen Reiches in seinem Umfang vom 31. Dezember 1937 wohnhaft waren oder vor dem 9. Mai 1945 dort geboren sind und die deswegen nach deutschem Staatsbürgerrecht unstreitig als Deutsche zu gelten haben deren Status ist durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 1975 erneut bekräftigt worden und in die „Staatsangehörigkeitsrichtlinien des Bundesministeriums des Innern vom 29. Juli 1976“ eingegangen

In der Bundesrepublik Deutschland gilt im Grunde noch immer das Staatsbürgerschaftsgesetz von 1913, nur daß inzwischen sein Geltungsbereich auf das Deutsche Reich in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 beschränkt worden ist. Entsprechend ist nach Artikel 116, Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland Deutscher, „wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volks-zugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“

Mithin sind nach deutschem Recht gerade die oben beschriebenen „Autochthonen“ im südlichen Ostpreußen und vor allem in Oberschlesien, aus denen sich die Masse der heute in der Bundesrepublik eintreffenden Spätaussiedler zusammensetzt, unzweifelhaft Deutsche Mit Recht ist jedoch darauf hingewiesen worden, daß sich kaum exakt wird feststellen lassen, „wie stark sich die Zahl der Deutschen in diesen Gebieten durch die staatlich gelenkte Polonisierung und durch spontane Assimilierungsprozesse verringerte“, und daß es aus diesem Grunde eine offene Frage bleibe, „wie viele der 1, 1 Millionen Deutschen in Polen, auf die diese Bestimmung schätzungsweise zutrifft, sich auch tatsächlich als Deutsche fühlen“

Ist demnach die Zahl der noch in Polen verbliebenen Deutschen nicht zu Unrecht als allenfalls zu schätzen bezeichnet worden, so scheint auf der anderen Seite doch sicher zu sein, daß die entwürdigende Behandlung der „Autochthonen“ in der unmittelbaren Nachkriegszeit durch die polnischen Behörden, aber auch durch die ihnen entgegengebrachte Geringschätzung und Verachtung seitens der in die von den Deutschen verlassenen Gebiete einströmenden „Neuankömmlinge“ aus Ost-und Zentralpolen das Hauptmotiv für ihren bis heute unvermindert andauernden Ausreisewillen darstellt -Zwischen den polnischen Zuwanderern und den alteingesessenen „Autochthonen“ ergaben sich bald langandauernde heftige und augenscheinlich bis heute nicht bereinigte Konflikte. „Letztere betrachteten sich als Deutsche und wurden auch als solche von den ersteren eingeschätzt, so daß sich im Verhältnis beider Gruppen zueinander alte deutsch-polnische Mentalitätsgegensätze abspiegelten.“

In der politischen Tauwetterperiode nach dem Oktober 1956 endete endlich die von zahlreichen Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber der einheimischen Bevölkerung begleitete „Periode der Repoionisierung mit bürokratisch-administrativen Methoden“, die aufs ganze gesehen mit einem Fiasko endete. Mit Bestürzung und „brennender Scham“ deckte die Presse in einer Phase der Liberalisierung des öffentlichen Lebens ein „Epos von Wahnsinn und Verbrechen“ auf, das die Betroffenen anscheinend für lange Zeit, wenn nicht für immer, dem Polentum entfremdet hat. „Es hieß, was den Deutschen in sieben Jahrhunderten Germanisierungstä-tigkeit nicht gelungen sei, habe Volkspolen in wenigen Jahren vollbracht.“ Schon damals gewannen kritische Stimmen in der polnischen Publizistik den Eindruck, „daß alle Versuche zur Lösung des Problems der örtlichen Bevölkerung vergeblich sind, daß deren Besonderheit niemals verschwinden wird“ Allerdings verstummten derart selbstanklägerische Äußerungen spätestens im Jahre 1959, als die Existenz einer deutschen Minderheit — wie oben erwähnt — für endgültig beendet erklärt wurde; von nun an war jahrelang nur noch von „rund 3 000 Deutschen“ die Rede

VI. Der Warschauer Vertrag und seine Folgen für die noch in Polen verbliebenen Deutschen

Erst im Gefolge der Verhandlungen um den deutsch-polnischen „Normalisierungsvertrag“ vom 7. Dezember 1970 kam das — angeblich schon längst gelöste — Problem noch im polnischen Machtbereich verbliebener Deutscher erneut ins Gespräch, als eine unmittelbar nach der Paraphierung des Warschauer Vertrags von polnischer Seite übermittelte „Information der Regierung der Volksrepublik Polen“ über die Lösung anstehender humanitärer Fragen vom 18. November 1970 der Bundesregierung übergeben wurde. Darin hieß es u. a., daß auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Polnischen Roten Kreuz und dem Roten Kreuz der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren zwischen 1955 und 1959 eine Viertelmillion Menschen aus Polen ausgereist seien. „In den Jahren von 1960 bis 1969 sind im normalen Verfahren zusätzlich etwa 150 000 Menschen aus Polen ausgereist.“ In allen diesen Fällen habe sich die polnische Regierung „von humanitären Gründen leiten lassen“. Sie sei jedoch weder früher noch jetzt „damit einverstanden, daß ihre positive Haltung in der Frage der Familienzusammenführung für eine Emigration zu Erwerbszwecken von Personen polnischer Nationalität ausgenutzt wird“. In Abschnitt 2 hieß es dann weiter: „In Polen ist heute aus verschiedenen Gründen (zum Beispiel enge Bindung an den Geburtsort) eine gewisse Zahl von Personen mit unbestreitbar deutscher Volkszugehörigkeit und von Personen aus gemischten Familien zurückgeblieben. bei denen im Laufe der vergangenen Jahre das Gefühl dieser Zugehörigkeit dominiert hat. Die polnische Regierung steht weiterhin auf dem Standpunkt, daß Personen, die aufgrund ihrer unbestreitbaren deutschen Volkszugehörigkeit in einen der beiden deutschen Staaten auszureisen wünschen, dies unter Beachtung der in Polen geltenden Gesetze und Rechtsvorschriften tun können.“ Durch das am Rande der KSZE-Konferenz in Helsinki vereinbarte deutsch-polnische „Ausreiseprotokoll" vom 9. Oktober 1975 erfolgte eine Konkretisierung der „Information“ aus dem Jahre 1970. „Die polnische Seite gab damit die Zusage, daß im Laufe von vier Jahren 120 000 bis 125 000 Personen die Ausreise in die Bundesrepublik genehmigt wird“ nachdem in den Jahren 1971 bis 1975 bereits etwa 65 000 Personen die Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland gestattet worden war Eine auf die „Information“ verweisende Offenhaltungsklausel ließ die Stellung weiterer Ausreiseanträge zu

Wie nicht anders zu erwarten, erhob sich in der polnischen öffentlichen Meinung innerhalb des Landes selbst, aber auch in der Auseinandersetzung mit deutschen Partnern wie Antagonisten um die Begriffe „Familienzusammenführung“ und „von unbestreitbarer deutscher Volkszugehörigkeit“ ein lebhafter Disput. „Es kann nicht verwundern“ — so erklärte Richard Breyer im Jahre 1981 —, „daß er bis heute anhält, umfaßt er doch Probleme, die sich zwar aus der tausendjährigen Nachbarschaft zweier Nationen und ihrer ethnisch-kulturellen gegenseitigen Überlagerung und Durchdringung herleiten, die nach 1945 aber, auf polnischer Seite etwas unerwartet und daher überraschend, beiderseits enttäuschend, eine tragische Verschärfung erfahren haben.“ Man wird allerdings einräumen müssen, daß sich die polnischen Behörden bis zum Juli 1983. d. h. über die bewegten Jahre des „Umbruchs und der Erneuerung“ 1980/81 hinweg, im großen und ganzen bei Aussiedlern, die im regulären Verfahren Polen verließen, korrekt an die in der — in Polen seinerzeit übrigens nicht veröffentlichten — „Information“ vom 18. November 1970 festgelegten Kriterien gehalten haben, indem sie sich als Volkstumsnachweis deutsche Stammbücher, ehemalige deutsche Personalausweise, Unterlagen über die Zugehörigkeit zur deutschen Wehrmacht oder sonstige Unterlagen, die eine deutsche Volkszugehörigkeit dokumentierten, von den Ausreisewilligen vorlegen ließen

Inzwischen aber ist die Aussiedlung im legalen Verfahren fast ganz zum Erliegen gekommen. In den Jahren 1984 und 1985 wurden im Grenzdurchgangslager Friedland nur noch knapp neun Prozent der Aussiedler aus dem polnischen Herrschaftsbereich gezählt, die auf legale Weise ausgereist waren; alle anderen waren von einer Besuchsreise in die Bundesrepublik nicht mehr in ihre Herkunftsgebiete zurückgekehrt Da in der Regel nur einzelnen Familienangehörigen die Erlaubnis zum Besuch der Bundesrepublik erteilt wird und mindestens ein Familienmitglied gewissermaßen als „Geisel“ Zurückbleiben muß. leben im Augenblick schätzungsweise über 100 000 Personen von ihren Familien getrennt Diese Tendenz hält offenbar unvermindert an Auf diese Weise droht aus der Familienzusammenführung eine Familienzerreißung zu werden, da vielfach bis zu fünf Jahre vergehen, ehe den zurückgebliebenen Familienangehörigen die Ausreise gestattet wird.

VII. Der Exodus der Deutschen bzw. Deutschstämmigen seit 1981

Trotz der eingangs zitierten Aussage des polnischen Parteichefs Jaruzelski daß das Kapitel einer deutschen Minderheit in Polen „endgültig geschlossen“ sei, stellte die seit der Verhängung des Kriegs-rechts im Dezember 1981 sprunghaft angestiegene Abwanderung der deutschstämmigen Bevölkerung vor allem aus Oberschlesien die dortige Administration anscheinend vor erhebliche Probleme Schon am 30. Juli 1981 hatte der Abgeordnete für Oppeln und auch hierzulande bekannte „Deutschlandexperte“ Edmund Jan Osmariczyk im Sejm vehement die sofortige Einstellung der Aktion „Familienzusammenführung“ gefordert, indem er die — tatsächlich eingetretene — Überschreitung der im Protokoll von 1975 festgelegten Richtzahlen der Aussiedler scharf anprangerte und sie dem inzwischen gestürzten Parteichef Edward Gierek anlastete, der „ohne jede Rückfrage bei der Gesellschaft“ dieses „unter dem Gewicht von Schulden in Milliardenhöhe von Mark in der Bundesrepublik Deutschland ... zu unserem größten Schaden“ habe geschehen lassen. „Eine Fortsetzung dieser Aktion von Tag zu Tag ist daher in keiner Weise gerechtfertigt, vergrößert den politischen und ökonomischen Schaden immer mehr und führt schließlich auch zu einer weiteren Verelendung unseres schon ohnehin abgemagerten Volksvermögens.“

Inzwischen hatte sich auch die Wissenschaft des Problems angenommen. Es war vor allem der in Oppeln tätige Soziologe Jan Korbel, der die massenhafte Abwanderung gerade der erwerbstätigen Bevölkerung aus dem oberschlesischen Industrierevier mit großer Sorge beobachtete und deren Ursachen in mehreren Arbeiten aufzudecken unter-nahm Für ihn hatte die nach 1975 einsetzende Ausreisewelle nicht mehr viel mit einer „Familienzusammenführung“ zu tun. Nach seinen Worten war es „eine ganz andere, vor allem wirtschaftliche Emigration“. Damals seien ganze Familien ausgewandert, unter ihnen häufig auch solche, die sich während des Krieges dem deutschen Germanisierungsdruck erfolgreich widersetzt hätten. Die Gründe für ein derartiges Verhalten erblickt Korbel — wie er vorsichtig, aber doch deutlich genug formuliert — „in den Folgen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Experimente . .des Ignorantentums, politischer Fehler, Mißgunst oder ganz einfach Abneigung gegen etwas andere Menschen als die übrigen polnischen Mitbürger, und das heißt im Ergebnis: Ungerechtigkeiten, Konkurrenz und unerfüllte Hoffnungen“. Von den nahezu 600 000 Menschen, die in den Jahren 1956 bis 1981 ausreisten, sind seiner Meinung nach mindestens 70 Prozent allerdings — entgegen der deutschen Rechts-auffassung, die freilich nur auf dem oben beschriebenen Staatsangehörigkeitsrecht beruht und über die Volkszugehörigkeit zunächst noch nichts aussagt — Polen bzw. „nicht gänzlich germanisierte Leute“ gewesen Diese „neue Emigration“ verließ nach Korbel ihre Heimat „meistens wegen ihrer sich einer Apartheidssituation (!) nähernden Lage und angesichts der (im Lichte der bisherigen polnischen Politik, d. Verf.) zumindest zweideutigen Beurteilung ihrer nationalen Zugehörigkeit und nicht selten mit einem bitteren Gefühl infolge von Ungerechtigkeiten und enttäuschten Hoffnungen“. Dies ändere allerdings nichts daran, daß dieser Gruppe die Integration in die westdeutsche Gesellschaft schon wegen ihrer mangelhaften Sprach-kenntnisse besonders schwerfalle. „Es scheint“ — so endet der Artikel —, „als könne sich unsere Nation einen weiteren Verlust dieser Menschen nicht leisten — und dies umso mehr, als sie für den polnischen Charakter jener Gebiete zeugen, die nach 1945 zum Mutterland zurückgekehrt sind.“

In einem Interview, das Korbel im März 1984 der Wochenzeitschrift „Rzeczywistosc“ (Die Wirklichkeit) gab, wurde er noch deutlicher und führte u. a. aus, daß man eine große Anzahl der in die Bundesrepublik Deutschland Ausreisenden für das Polentum hätte retten können, „da sie nur teilweise germanisiert waren“. Die Ausreisepraxis der Behörden „behindert sehr ernsthaft den Prozeß der Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen beispielsweise im Oppelner Schlesien: die der . Neuankömmlinge'und der Einheimischen. Sie verursacht zusätzliche Konflikte auf der Linie . Neuankömmlinge'— . Einheimische'. Und auch diese Frage bedingt in gewissem Sinne, wenn auch nicht faktisch, so doch in psychologischen Kategorien eine Regermanisierung (!) eines Teils der einheimischen Bevölkerung. Dies alles beweist, daß es sehr schwer werden wird, die Ergebnisse der damals (d. h. 1946— 1951. d. Verf.) begangenen Fehler wiedergutzumachen.“ Fehlleistungen auf wirtschaftlichem Gebiet seien hinzugekommen; besonders erregt aber hätten die bodenständige Bevölkerung, „die an Solidität und Ordnung gewöhnt war (!)“, sich häufende Erscheinungen „krasser Mißwirtschaft und Schlamperei“. Die politische und wirtschaftliche Administration habe diese Menschen nicht selten wie Bürger zweiter Klasse behandelt; „besondersjener letzte Fehler wiederholt sich ständig in allen Berichten bis zum heutigen Tage“. Allen Aussiedlern müsse die Möglichkeit zur Rückkehr offengehalten werden, auch sollte es keine besonderen Rechtsvorschriften für die in dieser Region beheimateten Menschen mehr geben. „Jede besondere Form von Emigration dieser Leute bedeutet einen unwiederbringlichen Verlust eines in seinem Kern unzweifelhaft polnischen und darüber hinaus soliden, arbeitsamen und gebildeten Elements. Wir können und dürfen aber nicht bis ins Unendliche den Abfluß polnischen Bluts zulassen. Und wir dürfen angesichts der vielen Jahrhunderte langen Germanisierung dieser Gebiete und gegenüber den westdeutschen Thesen von einer .deutschen Minderheit in Polen'auch nicht eine permanente Abwanderung dulden . . . Eine der Grundbedingungen für die Rückkehr der piastischen Lande zu Polen war die Tatsache, daß in die-sen Gebieten bodenständige, ich betone: bodenständige Polen lebten, die nicht einer Germanisierung unterlagen. Wenn wir infolge eigener Fehler auch noch dieses Argument verlören, würden wir zugleich die Aktivitäten all derjenigen erleichtern, die eine Revision der Grenzen der Volksrepublik Polen verlangen.“

Die hier in nuce entwickelte polnische Auffassung vom Volkstumscharakter der sogenannten „Autochthonen“, die dem Vorhandensein einer „deutschen Minderheit in Polen“ strikt widerstreitet, enthält nichtsdestoweniger einige bemerkenswerte Einsichten und untermauert indirekt die auch von deutscher Seite vorgetragene Einschätzung, „daß eine sprachliche Assimilation unter Druck eine Versteifung des inneren nationalen Bekenntnisses zur Folge hat. Nationale Minderheiten, deren Gruppenexistenz bestritten wird, drängen zur Auswanderung, wenn und solange keine wirksame Hilfe von innen oder von außen zu erwarten ist. Daß die Hoffnung auf solche Hilfe bei den Masuren und Oberschlesiem geschwunden ist, tritt in ihren hohen Aussiedlerziffem . . .deutlich zutage.“

Gleichwohl gehen Staat und Kirche in Polen offensichtlich nach wie vor davon aus, daß dem Aussiedlungswillen der betroffenen Menschen spätestens seit dem Abschluß der Aktion „Familienzusammenführung“ gemäß dem Protokoll von 1975 (also etwa seit 1983) unlautere Motive zugrunde lägen, die nichts mit dem Wunsch der meisten Aussiedler, „als Deutsche unter Deutschen zu leben“, zu tun haben Am 15. August 1984 — dem hohen katholischen Feiertag Mariä Himmelfahrt — kam der polnische Primas Kardinal Jozef Glemp auf die von deutscher kirchlicher Seite vorgebrachte Forderung nach Zulassung der Seelsorge auch in deutscher Sprache für die in Oberschlesien lebenden Deutschen zu sprechen und führte bei dieser Gelegenheit aus: Wenn sich jemand nach vierzig Jahren in Polen als Ausländer bezeichne, „obwohl er weder die Sprache noch die Kultur dieses angeblichen Vaterlandes kennt, so haben wir es hier mit einem künstlichen Prozeß zu tun, der eher durch niedrige Beweggründe ausgelöst wurde, durch Geld, den Willen zu einem leichteren Leben und Bequemlichkeiten und manchmal mit dem Wunsch danach, sich von den Mühen des Kampfes für eine bessere Zukunft zu befreien“. Die katholische Kirche könne nicht mit gutem Gewissen Andachten in einer fremden Sprache für Leute organisieren, „die diese Sprache nicht kennen und sie erst im Gebet lernen wollen“

Diese Ausführungen des Oberhaupts der katholischen Kirche Polens, die er in einem Interview mit der Wochenschrift „Die Zeit“ vom 13. Juni 1985 dahingehend relativierte, daß er „nicht mehr allein reines Wohlstandsdenken für ein deutsches Bewußtsein bei den in Polen lebenden Deutschen anführte. sondern an erster Stelle die Ablehnung des kommunistischen Systems nannte“ ), lösten in der bundesdeutschen Öffentlichkeit, aber auch in Kreisen des deutschen Episkopats begreifliche Bestürzung und Empörung aus. Die beiden Apostolischen Administratoren Winfried König und Hubert Thienel wünschten dem Kardinal im „Heimatbrief der Katholiken des Erzbistums Breslau“: „ . . . die Begegnung mit den Betroffenen: Menschen, die seit 20, 25 Jahren und auch länger die Ausreise beantragt und immer neu abgelehnt bekommen haben, die dafür Berufsverlust, wirtschaftliche Einbußen in Kauf nahmen, deren Familien auseinandergerissen wurden, auch weil die Kinder in diesen 20 Jahren eigene Familien begründeten. Ob der Kardinal“, so fragten sie schließlich, „das Leid und die bitteren Folgen verantworten könnte, die sich aus alldem ergeben und mit denen wir Tag für Tag zu tun bekommen?“

Und auch einer der Herausgeber und Chefkommentatoren der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Johann Georg Reißmüller, fragte den Primas unter der Überschrift „Sprach-lose Deutsche“, wie es denn gekommen sei. daß viele der Ober-schlesier, die sich als Deutsche erklärten, das Deutsche nur noch gebrochen sprächen? „Dem deutschen Bevölkerungsrest, der nach der Vertreibung in Polen festgehalten wurde, war bis 1956 das Deutsch-Sprechen bei hoher Strafe verboten, und später blieb es gefährlich. Wer deutsch sprach, riskierte seinen Arbeitsplatz. So verloren viele Deutsche ihre Sprache, und die Kinder konnten sie erst gar nicht lernen, denn an den Schulen wurde sie nicht einmal als Fremdsprache gelehrt. Will der Primas die Folgen solcher Zwangspolonisierung zur Grundlage moralischer und nationalpolitischer Urteile erheben?“

VIII. Zur Gegenwartslage der noch in Polen verbliebenen Deutschen

Während der in Dortmund gebürtige Sejmabgeordnete und wohl renommierteste „Deutschlandexperte“ Edmund Meclewski in einer Ende 1984 für den Auswärtigen Ausschuß des polnischen Parlaments angefertigten Expertise unter dem Titel: „Die Frage der angeblichen deutschen Minderheit in der Volksrepublik Polen“ dem Primas noch applaudierte, da er das Recht des polnischen Volkes „gewaltig“ verteidigt hätte, und gleiches nun auch von der Regierung erwartete, hatten bereits wenige Wochen nach der aufsehenerregenden Predigt Glemps in Tschenstochau zwanzig Oberschlesier am 23. Oktober 1984 einen Antrag auf „Registrierung einer ethnischen deutschen Minderheit in der Volksrepublik Polen“ als ein „Verband der Deutschen“ nach dem Muster des in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden „Verbandes der Polen in Deutschland“ an das Wojewodschaftsamt Kattowitz gerichtet, in dem die Antragsteller ihr Gesuch u. a. damit begründeten, daß die Tätigkeit eines solchen Verbandes „im Zusammenhang mit der andauernden — zu einer Entleerung dieser Gebiete von der eingesessenen Bevölkerung führenden — Emigration ... die Ausreisewelle stoppen wird“

Die Registrierung eines derartigen Verbandes wurde am 18. Dezember 1984 mit der Begründung abgelehnt, die Gründungsmitglieder des „Verbandes der Deutschen“ unterstützten „die polen-feindlichen Tendenzen der in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden revisionistischen Kreise“, indem sie behaupteten, „eine große Anzahl von Personen, die in früher deutsches Eigentum bildenden Gebieten wohnhaft sind, seien unbestreitbar deutsche Volkszugehörige“. Es sei daher nicht auszuschließen, daß die geplante Organisation „eine Bedrohung der Sicherheit, der Ruhe und der öffentlichen Ordnung verursachen kann“ Ein beim polnischen Innenministerium eingebrachter Widerspruch blieb ebenso erfolglos wie Anträge vergleichbarer Gruppierungen in Oppeln (vom 16. Mai 1985), Rybnik, Loslau, Beuthen und Oder-tal Ebenso fruchtlos blieben die Bemühungen des im pommerschen Greifenhagen beheimateten Eduard Vogelsang um die Herausgabe einer deutschsprachigen Zeitschrift unter dem Titel „Unsere Muttersprache“

Die politischen Gründe, die die Warschauer Regierung zu ihrer strikt abweisenden Haltung veranlaßten, lassen sich recht gut an den Äußerungen des Direktors des Posener West-Instituts und „Deutschlandexperten“, Antoni Czubihski, ablesen, der in einem Interview mit der Stettiner Tageszeitung „Glos Szczecihski“ (Stimme Stettins) u. a. erklärte: „Wir Polen erinnern uns jedoch daran, welche politische Rolle eine deutsche Minderheit in den Absichten deutscher Revisionisten nach dem Ersten und in der Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs spielte. Diese traurigen Erfahrungen veranlassen uns zu der Behauptung, daß das Problem der deutschen Minderheit bereits gelöst wurde.“ Die Forderung der Bundesregierung, eine solche Minderheit anzuerkennen, bedeute in polnischen Augen ein „Anknüpfen an die Politik Hitlers“ und den Versuch, „in Polen einen deutschen Brückenkopf zu verankern“, den man unter Umständen nutzen könnte. „Wir müssen stets an unsere Erfahrungen denken und daraus die Schlußfolgerungen ziehen.“

Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang ferner, daß offenbar als Reaktion auf die Versuche deutscher Gruppen, sich in Oberschlesien als Verband zu organisieren, sich in Oppeln die erste polnische Landsmannschaft mit der Bezeichnung „Oder-Weichsel“ konstituierte, an deren Spitze der eben erwähnte Edmund Meclewski trat. Als sein Stellvertreter fungiert der aus dem Wartheland stammende frühere Botschafter Polens in der Bundesrepublik Deutschland, Waclaw Piatkowski.der heute „Deutschlandexperte“ der nationalistischen Gruppierung „Patriotische Bewegung Grunwald (Tannenberg)“ ist

Während die polnische Staats-und Parteiführung besonders seit der Einführung des — mittlerweile aufgehobenen — Kriegsrechts jede Diskussion über das Fortbestehen einer deutschen Minderheit in ihrem Machtbereich strikt verweigert und die Forderung nach besonderen Rechten für diese Volksgruppe als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Polens betrachtet, da eine derartige deutsche Minderheit „einzig und allein in den Vorstellungen Bonner Politiker existiert“ sind es nach dem Scheitern der Gewerkschaftsbewegung „Solidarität“ offensichtlich Resignation und die Einsicht in die Hoffnungslosigkeit der eigenen Lage gewesen, die die große Masse der Betroffenen in ihrer Aussiedlungswilligkeit entscheidend bestärkt haben. Dabei entstehen allerdings für die polnische Wirtschaft in Oberschlesien anscheinend nicht geringe Probleme, da dem Lande nunmehr Menschen den Rücken kehren, „die eine überdurchschnittliche Arbeitsmoral aufweisen und in vielen Betrieben die verläßlichsten Stützen der Planerfüllung sind“ In diese Richtung weisen auch angebliche Äußerungen des heutigen Premierministers Mieczyaslaw Rakowski, über die im Mai 1985 berichtet wurde.

Seinerzeit erklärte der damalige Vizepremier westlichen Korrespondenten gegenüber: „Wenn Sie glauben, daß wir hunderttausend deutsche Bergleute aus Oberschlesien ziehen lassen werden, dann täuschen Sie sich. Was dann passieren würde, wissen Sie genau: unsere Kohleförderung bräche zusammen. und Kohle ist nun mal Polens Export-schlager Nr. 1. Eher räumen wir ihnen Minderheitenrechte ein, darüber ließe sich verhandeln.“

Bekanntlich ist es zu derartigen Verhandlungen niemals gekommen (wie hätten auch Vertreter einer offiziell gar nicht existierenden Minderheit Gesprächspartner sein können?). Vielmehr scheinen die polnischen Behörden seit 1987 den vom Deutschen Roten Kreuz auf inzwischen 580 000 geschätzten Ausreiseanträgen schubweise in Form von Besuchsvisa nachgeben zu wollen. „Im Bonner Auswärtigen Amt führt man den Sinneswandel in Warschau zurück auf die prekäre Wirtschaftslage und verdeckte Arbeitslosigkeit, vor allem aber auf den Wunsch von ParteichefJaruzelski, trotz der riesigen Verschuldung Polens bei den Westbanken von der Bundesrepublik eine weitere Milliarden-Bürgschaft für neue Kredite zu erhalten.“

Dies hindert denselben Jaruzelski aber offensichtlich keineswegs daran, in Richtung Bonn zu erklären, es seien dort einige Politiker bestrebt, „die sogenannte deutsche Frage in politischer, rechtlicher und geschichtlicher Hinsicht zum Leben zu erwecken“, und sich mit Nachdruck alle Versuche zu verbitten, die „, Frage der angeblichen deutschen Minderheit in Polen* zu internationalisieren“

Auf diesen offenkundigen Widerspruch hat vor Jahresfrist Tadeusz Folek in der exilpolnischen Londoner Zeitschrift „Dziennik Polski“ (Polnisches Tageblatt) hingewiesen Dieser Widerspruch besteht seiner Ansicht darin, daß die Warschauer Regierung die Existenz einer deutschen Minderheit zwar beharrlich bestreitet und dennoch zahlreiche Menschen in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen läßt, obgleich die weitaus meisten von ihnen die deutsche Sprache wenn überhaupt, dann nur gebrochen beherrschen. „Auf jeden Fall aber ist es eine Tatsache, daß viele . Spätaussiedler* vom ersten Augenblick ihres Aufenthalts auf deutschem Boden an trotz fehlender Sprachkenntnisse bestrebt sind, als authentische Deutsche zu gelten, und in krassen Fällen sogar als deutsche Chauvinisten“ (wenn auch Gegenbeispiele nicht fehlten). Der Autor dieses höchst bedenkenswerten Artikels nennt dies die „Erscheinung einer freiwilligen Germanisierung“ und kommt der Wahrheit vermutlich nahe, wenn er als Hauptgrund dafür die Lebensbedingungen unter polnisch-kommunistischer Herrschaft sieht: „Diese Bedingungen sind die Ursache dafür, daß die Menschen alle nur möglichen Wege suchen, die dazu führen, aus dem Marasmus der Hoffnungslosigkeit, wie er in der Volksrepublik Polen herrscht, auszubrechen, um die Bande, die sie an einen Staat binden, zu zerreißen, der nicht imstande ist. ihre wirtschaftlichen und menschlichen Ansprüche zu befriedigen, was schließlich zu der Einstellung führt, daß man alles akzeptiert, was es einem erleichtert, sich nicht mit dem Staat zu identifizieren, in dem man lebt.“

IX. Neueste Tendenzen

Wie aus den alljährlich herausgegebenen Statistiken des Bundesausgleichsamts ersichtlich, hat die Zahl der aus dem eigentlichen Polen (nach seinem Gebietsstand von 1937) Ausreisenden inzwischen die Zahl derjenigen aus den früheren preußischen Ostprovinzen stammenden Aussiedler erreicht bzw. sie übertroffen, während beispielsweise aus dem Bereich des südlichen Ostpreußens nur noch verhältnismäßig wenig Personen in der Bundesrepublik eintreffen ’ was darauf hinzudeuten scheint, daß die dortige „einheimische“ Bevölkerung schon weitgehend abgewandert ist und nunmehr auch die nach 1945 von den polnischen Behörden „rehabilitierten“ Volksdeutschen (meist Angehörige der Gruppe 3 der nationalsozialistischen „Volksliste“) von der Ausreisewelle erfaßt worden sind Sie hat der oben zitierte Tadeusz Folek vor allem im Auge, wenn er am Schluß seiner Analyse bemerkt: „Die im Verlauf von vier Kriegsjahren erworbene Kenntnis des Deutschen ist oft spurlos verschwunden, und die Kinder haben es zu Hause nicht kennengelernt. Jahre danach haben das deutsche Wirtschaftswunder und das Wunder deutscher Rechtsvorschriften gemeinsam bewirkt, daß dieselben Leute und eine immer größere Anzahl ihrer Nachkommenschaft als „Spätaussiedler" in den Schoß ihres .deutschen Vaterlandes* zurückkehren. Ihre Geschichte ist auch ein Stück der neuesten polnischen Geschichte.“

Bei alldem sollte aber nicht vergessen werden, daß die Geschichte dieser Menschen nicht zuletzt auch das Ergebnis einer jahrzehntelangen verfehlten polnischen Nationalitätenpolitik gewesen ist, der es in vielen Fällen auch über vierzig Jahre nach Kriegsende nicht gelungen ist, „die Seelen“ für das Polentum zu gewinnen indem sie aus der Vorstellung eines einheitlichen integralen Nationalstaats und der bewußt geschürten Furcht vor einem angeblichen deutschen „Revisionismus“ heraus die Eigentümlichkeiten (und daraus resultierenden Rechte) nationaler Minderheitengruppen — und eben gerade auch der deutschen — glaubte ignorieren zu müssen

Jedenfalls kann nach geltender deutscher Rechts-auffassung, der die Aufnahmepraxis der hiesigen Behörden durchweg folgt, „den in Polen noch lebenden Deutschen . . . nicht zugemutet werden, in einer fremd gewordenen Umgebung weiter zu bleiben. In Polen ist das besonders der Fall, da der polnische Staat mit allen Mitteln die freie Entfaltung der deutschen Minderheit gewaltsam unterdrückt.“

Wie lange sich allerdings angesichts der oben angeführten Warnungen polnischer Wissenschaftler und Publizisten vor einem weiteren Aderlaß der — in ihren Augen — „einheimischen“ Bevölkerung im überwiegend „vorproduktiven“ bzw. „produktiven“ Alter die derzeitige liberale Ausreisepraxis der polnischen Behörden wird durchhalten lassen, ist gegenwärtig eine offene Frage Und möglicherweise findet das augenblicklich zu beobachtende Anschwellen des Aussiedlerstroms aus dem polnischen Herrschaftsbereich auch in einer gewissen „Torschlußpanik“ seine zutreffende Erklärung Andererseits steht fest, daß die heutige polnische Regierung offenbar weniger denn je bereit ist, die Existenz einer deutschen Minderheit auf ihrem Hoheitsgebiet zu dulden, geschweige denn anzuerkennen. Die dort noch verbliebenen bzw. nun von dort kommenden Deutschen haben es auf Grund der ihnen nach dem Kriege zum größten Teil genommenen sprachlichen Identität — verglichen mit ihren Landsleuten aus Rumänien oder der Sowjetunion — sicherlich sehr viel schwerer, sich in die westdeutschen Lebensverhältnisse einzugewöhnen; sie sollten schon von daher besonderer Fürsorge gewiß sein dürfen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. E. Buchhofer. Polen. Raumstrukturen — Raumprobleme. Frankfurt a. M. 1981. S. 34— 35; G. Reichling u. a.. Die Aussiedler aus dem polnischen Bereich, in: Die Aussiedler in der Bundesrepublik Deutschland. 1. Ergebnisbericht: Herkunft, Ausreise. Aufnahme, hrsg. von W. Arnold. Wien 1980. S. 9-56.

  2. Vgl. A. Wolf. Aussiedler und DDR-Übersiedler heute. Karlsfeld bei München 1986. S. 85.

  3. So zuletzt wieder General Jaruzelski aus Anlaß des 40. Jahrestages der „Rückkehr der Nord-und Westgebiete zum Mutterland“. Vgl. Trybuna Ludu. Nr. 106 vom 8. Mai 1985; vgl. ferner Chr. Th. Stoll. Die Deutschen im polnischen Herrschaftsbereich nach 1945. Wien 1986. S. 100.

  4. Vgl. P. Wörster. Die Lage der deutschen Ostgebiete seit 1945. in: Staatslexikon. Bd. 1. Freiburg — Basel — Wien 19857. Sp. 1288.

  5. Vgl. K. Kersten. Przemiany struktury narodowosciowej Polski po II wojnie swiatowej. Geneza i wyniki (Wandlungen in der nationalen Struktur Polens nach dem Zweiten Weltkrieg. Entstehung und Ergebnisse), in: Kwartalnik Historyczny. 76 (1969). S. 337— 366.

  6. Vgl. Chr. Th. Stoll. Zur Frage der Deutschen im polnischen Hoheitsbereich, in: Osteuropa. 21 (1971). S. 493— 501.

  7. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 9. Mai 1985; H. J. Karp. Muttersprache oder Fremdsprache? Zur Rolle der deutschen Sprache in Polen nach 1945. in: Kolloquium zum Deutschunterricht und Unterricht in deutscher Sprache bei den deutschen Bevölkerungsgruppen im Ausland. Flensburg 1988. S. 97-111. hierS. 97.

  8. Vgl. Chr. Th. Stoll. Die Deutschen im polnischen Herrschaftsbereich (Anm. 3). S. 5.

  9. Vgl. Pressemitteilung von Radio Warschau vom 4. Januar

  10. Vgl. Die Welt. Nr. 65 vom 16. März 1984.

  11. Vgl. Statistisches Jahrbuch 1988 für die Bundesrepublik Deutschland. Statistisches Bundesamt Wiesbaden. August 1988. S. 84.

  12. Grundlegend für die Bevölkerungsentwicklung u. a. H. J. von Koerber. Die Bevölkerung der deutschen Ostgebiete unter polnischer Verwaltung. Eine Untersuchung der Bevölkerungsvorgänge und-probleme seit 1945, Berlin 1958; E. Buchhofer. Die Bevölkerungsentwicklung in den polnisch verwalteten deutschen Ostgebieten von 1956— 1965. Kiel 1967; A. Bohmann, Menschen und Grenzen, Bd. 1: Strukturwandel der deutschen Bevölkerung im polnischen Staats-und Verwaltungsbereich, Köln 1969.

  13. Zit. nach Chr. Th. Stoll. Die Deutschen im polnischen Herrschaftsbereich (Anm. 3). S. 30— 31.

  14. Vgl. P. Wörster (Anm. 4). Sp. 1292.

  15. Vgl. R. Breyer. Bevölkerung, in: Polen (Länderberichte Osteuropa II). hrsg. vom Johann-Gottfried-Herder-Institut. München — Wien 1970. S. 54.

  16. Vgl. Chr. Th. Stoll. Die Deutschen im polnischen Herrschaftsbereich (Anm. 3). S. 7— 8.

  17. Vgl. Chr. Th. Stoll. Zur Frage der Deutschen im polnischen Hoheitsbereich (Anm. 6). S. 493— 5Ü 1.

  18. Vgl. Chr. Th. Stoll. Die Rechtsstellung der deutschen Staatsangehörigen in den polnisch verwalteten Gebieten. Zur Integration der sogenannten Autochthonen in die polnische Nation. Frankfurt — Berlin 1968. S. 107— 111.

  19. Vgl. P. Wörster (Anm. 4). Sp. 1292.

  20. Vgl. Erzwungene Option der deutschen Bevölkerung Südostpreußens für den polnischen Staat, in: Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Bd. 1/2. Bonn 1954. dtv-reprint München 1984. S. 877— 896.

  21. Vgl. Chr. Th. Stoll. Die Rechtsstellung (Anm. 20). S. 141-145.

  22. Vgl. Chr. Th. Stoll. Zur Frage der Deutschen (Anm. 6). S. 497-498.

  23. Vgl. A. Bohmann. Woher kommen die Aussiedler? Die Zuwanderung aus Osteuropa in Zahlen, in: Als Deutsche unter Deutschen leben. Eingliederung der Aussiedler. Bonn 1977 (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung. Bd. 137). S. 13-24. hier S. 20.

  24. Vgl. Chr. Th. Stoll. Zur Frage der Deutschen (Anm. 6). S. 498.

  25. Vgl. H. J. Karp. Muttersprache oder Fremdsprache? (Anm. 7). S. 98; vgl. ferner A. Sitek. Przejmowanie kociolöw ewangelickich na Slasku Opolskim (Die Übernahme evangelischer Kirchen im Oppelner Schlesien). Oppeln

  26. Vgl. A. Wolf. Aussiedler und DDR-Übersiedler (Anm. 2). S. 85.

  27. Vgl. P. Wörster (Anm. 4). Sp. 1293.

  28. Dazu umfassend B. Grund. Das kulturelle Leben der Deutschen in Niederschlesien unter polnischer Verwaltung 1947— 1958. Bonn-Berlin 1967.

  29. Vgl. P. Wörster (Anm. 4). Sp. 1293.

  30. Hierzu und zum folgenden vgl. H. J. Karp. Muttersprache oder Fremdsprache (Anm. 7). S. 100.

  31. Vgl. P. Wörster (Anm. 4). Sp. 1293.

  32. Vgl. F. Miedzinski, Repatriacja do NRF w ramach akcji „laczenia rodzin“ (Die Repatriierung in die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Aktion „Familienzusammenführung“), in: Przeglad Zachodni, 14 (1958) 1— 2, S. 311— 329.

  33. Vgl. R. Breyer. Bevölkerung (Anm. 17). S. 54.

  34. Vgl. G. Reichling u. a.. Die Aussiedler aus dem polnischen Bereich (Anm. 1). S. 15.

  35. Vgl. Richtlinien des Bundesministers des Innern für die Prüfung der Staatsangehörigkeit und Namensführung der Aussiedler im Grenzdurchgangslager Friedland vom 29. Juli 1976. S. 7.

  36. Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland; vgl. auch R. Pfundtner. Spätaussiedler. Tragödie: Ursachen — Folgen — Perspektiven, Hannover 1979. S. 25— 26.

  37. Vgl. A. Bohmann, Woher kommen die Aussiedler? (Anm. 25). S. 22.

  38. Vgl. R. Breyer, Bevölkerung (Anm. 17), S. 55; H. J. Karp. Muttersprache (Anm. 7), S. 99— 100.

  39. Vgl. R. Breyer (Bearb.), Die Aussiedler im Spiegel polnischer Pressestimmen. Dokumentation Ostmitteleuropa, 7 (1981) 3/4. bes. S. 1-2.

  40. Vgl. E. Buchhofer, Polen. Raumstrukturen — Raum-probleme (Anm. 1). S. 37.

  41. Vgl. Chr. Th. Stoll. Die Deutschen im polnischen Herrschaftsbereich (Anm. 3). S. 74— 75.

  42. Ebda.. S. 76; eine Sammlung damaliger kritisch-offener polnischer Pressestimmen aus den Jahren 1956/57 enthält das Heft Nr. 34 der vom J. G. Herder-Institut herausgcgcbcncn Reihe „Wissenschaftliche Übersetzungen“: „Volkstumsfragen in Ostdeutschland unter polnischer Verwaltung“. Marburg 1957.

  43. Vgl. Chr. Th. Stoll. Die Rechtsstellung (Anm. 20). S. 161.

  44. Vgl. „Information der Regierung der Volksrepublik Polen vom 18. November 1970“. abgedruckt in R. Pfundtner. Spätaussiedler (Anm. 38). S. 120— 121.

  45. Vgl. A. Wolf. Aussiedler und DDR-Übersiedler (Anm. 2). S. 86.

  46. Text des Protokolls in R. Pfundtner. Spätaussiedler (Anm. 38). S. 121-122.

  47. Vgl. R. Breyer. Bevölkerung (Anm. 17). S. 55.

  48. Vgl. R. Breyer: Die Aussiedler im Spiegel polnischer Prcsscstimmcn (Anm. 41). S. 2— 3.

  49. Vgl. A. Wolf. Aussiedler und DDR-Übersiedler (Anm. 2). S. 86.

  50. Ebda.. S. 93.

  51. Die Schätzung bezieht sich auf das Jahr 1986.

  52. Vgl. „Der Pfeil“. 38 (1988) 5. S. 13.

  53. Vgl. dazu von polnischer Seite den sehr instruktiven und objektiven Aufsatz von Z. Eempihski. Familienzusammenführung. Laczenic czy rozdzielanie rodzin? (O laczcniu rodzin w procesic normalizacji stosunköw PRL — RFN) (Familienzusammenführung. Zusammenführung oder Teilung der Familien? Über die Familienzusammenführung im Normalisierungsprozeß der Beziehungen zwischen der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland), in: Zaranie Slskie. 49 (1986). S. 203-219.

  54. Vgl. dazu u. a. A. Bro 2ck. The Historical and Economic Determinants of Contemporary Migrations from Upper Silesia to Germany, in: Polish Western Affairs. 23 (1982) 1. S. 51-65.

  55. Zit. bei A. Sakson. Wyjazdy z Polski do RFN (Ausreisen aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland), in: Fakty. 26 (1984) 23. S. 3— 4; E. Osmahczyk veröffentlichte einen Band seiner Reden unter dem Titel: Kraj — emigraeje. Mowy sejmowe posla ziemi opolskiej (Heimat und Emigration. Reichstagsreden eines Abgeordneten aus dem Oppelner Land). Oppeln 1983.

  56. Vgl. u, a. J. Korbel. Z badan nad akcja taczenia rodzin 1957— 1958 (Forschungen zur Aktion „Familienzusammenführung“ 1957-1958), in: Studia Slaskie. 22 (1972). S. 311— 334; ders.. Akcja laczenia rodzin 1957— 1958 (Die Aktion „Familienzusammenführung“ 1957— 1958). in: Studia Slaskie. 24 (1973). S. 285— 308; ders.. Wyjazdy i powroty.

  57. Vgl. G. Rhode. Bevölkerungsgruppen in Obcrschlesien. in: FAZ vom 19. September 1984. wo es u. a. heißt: „Diejenigen Oberschlesier, um die es heute bei der ganzen Diskussion und vor allem bei der Ausreisemöglichkeit geht, leben in Westoberschlesien, das heißt in dem Gebiet innerhalb der Reichsgrenzen von 1937. hatten deshalb selbst die deutsche Staatsbürgerschaft oder ihre Eltern hatten diese, so daß sie nach der geltenden westdeutschen Rechtsauffassung auch heute die deutsche Staatsbürgerschaft in Anspruch nehmen und bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sofort erhalten können. Die tatsächliche Volkszugehörigkeit spielt bei diesem Rechtsanspruch keine Rolle (!).“

  58. Vgl. A. Sakson. Wyjazdy z Polski do RFN (Anm. 58).

  59. „Nie stac nas na uplyw polskiej krwi" (Wir können uns einen weiteren Abfluß polnischen Bluts nicht leisten), in: Rzeczywistosc. 4 (1984) 13, S. 14.

  60. Vgl. G. Reichling u. a.. Die Aussiedler aus dem polnischen Bereich (Anm. 1). S. 20.

  61. So das Ergebnis einer Repräsentativumfrage aus dem Jahre 1976. ebda.. S. 38.

  62. Text der Predigt in der FAZ vom 18. August 1985.

  63. Vgl. FAZ vom 14. Juni 1985.

  64. Zit. in: Ostdeutsche Nachrichten vom 1. Januar 1986.

  65. Vgl. FAZ vom 28. August 1984.

  66. Vgl. E. Meclewski. Sprawa rzekomej mniejszosci niemieckiej w PRL (Die Frage der angeblichen deutschen Minderheit in der Volksrepublik Polen). Warschau 1984. S. 183.

  67. Text im Wortlaut bei Chr. Th. Stoll. Die Deutschen im polnischen Herrschaftsbereich nach 1945 (Anm. 3). S. 101 — 102.

  68. Ebda. S. 103; Die Welt vom 11. April 1985.

  69. Vgl. Chr. Th. Stoll (Anm. 3). S. 104-105.

  70. Ebda.. S. 108. Vogelsang wie auch Norbert Gajda.der Wortführer der Kattowitzer Gruppe, der sich seit 1979 vergeblich um eine Ausreise bemüht hatte, leben seit 1985 bzw. Ende 1986 in der Bundesrepublik.

  71. Vgl. Unser Danzig vom 20. Dezember 1985.

  72. Vgl. Die Welt vom 11. April 1985.

  73. Vgl. W. Czaplinski: Czy w Polsce istnieje mniejszos5 niemiecka? (Gibt es in Polen eine deutsche Minderheit?), in: Wprost vom 13. September 1987.

  74. Vgl. Chr. Th. Stoll (Anm. 3). S. 116.

  75. Vgl. E. Ruge. Welche Deutschen? Welches Unrecht?, in: Die Welt vom 22. Mai 1985. S. 6.

  76. Vgl. „Manche sind deutscher als wir“. Der Aussiedler-strom aus Osteuropa schwillt zur Völkerwanderung an. in: Die Zeit vom 18. August 1988. S. 9— 10.

  77. Vgl. Die Welt vom 24. April 1987.

  78. Vgl. T. Folek: „Niemcy pro forma“? — czyli o „pöznijch wysiedlencach“ („Deutsche pro forma“? — oder über die „Spätaussiedler“), in: Dziennik Polski vom 1. August 1987.

  79. Vgl. die Jahresstatistiken der Jahre 1984— 1987 des Bundesausgleichsamts.

  80. Vgl. W. Leyk/A. Sakson. Na tropach Mazuröw (Aufden Spuren der Masuren), in: Tygodnik Powszechny vom 13. September 1981. die die Zahl der noch verbliebenen Masuren und Ermländer zu Beginn der achtziger Jahre auf nur noch 6 000 bzw. 10— 12 000 schätzten.

  81. Vgl. dazu u. a. Z. empiski/W. Wysocki. O potrzebu badah nad problemem migracji do RFN z wojewödztwa katowickiego w latach siedemdziesiatych i osiemdziesiatych (Zur Notwendigkeit von Forschungen zur Auswanderung in die Bundesrepublik Deutschland aus der Wojewodschaft Kattowitz in den siebziger und achtziger Jahren), in: Zaranie Slaskie. 46 (1983). S. 143-150.

  82. Vgl. T. Folek (Anm. 80). S. 2.

  83. Vgl. Chr. Th. Stoll (Anm. 3). S. 113.

  84. Vgl. Z. Eempiriski. Problem „mniejszosci niemieckiej" czy rewizjonizm narodowosciowy (Das Problem einer „deutschen Minderheit“ oder nationaler Revisionismus), in: Zaranie Slaskie. 47 (1984). S. 85-116. bes. S. 115-116; R. Hof-man. Raport „TL“ o rzekomym istnieniu niemieckiej mnieszosci narodowej w Polsce. Geneza i stan aktualny rewizjonistycznej fikeji (Bericht der „Trybuna Ludu“ über die angebliche Existenz einer deutschen nationalen Minderheit in Polen. Entstehung und aktueller Stand einer revisionistischen Fiktion), in: Trybuna Ludu vom 22. Januar 1987. S. 6.

  85. Vgl. A. Wolf. Aussiedler (Anm. 2). S. 94.

  86. Für den Bereich der Wojewodschaft Oppeln wurden für den Zeitraum 1975— 1979 folgende Zahlen genannt: 62. 7 Prozent waren zwischen 17 und 59 Jahren. 29. 7 Prozent unter 16 Jahren alt; 47. 5 Prozent waren in der Industrie. 46. 3 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt; nur 0. 6 Prozent waren Akademiker und 7. 8 Prozent besaßen das Abitur. Neuere Zahlen für die Wojewodschaft Oppeln, die von der Auswanderung besonders betroffen ist. waren nicht zu ermitteln. Vgl. J. Bielski. Emigranci ze Slaska Opolskiego do Rcpubliki Federalnej Niemiec (Emigranten aus Oberschlesien in die Bundesrepublik Deutschland). Oppeln 1986. bes. S. 61.

  87. Auf die Frage, warum zur Zeit so viele Menschen kommen. erwiderte der derzeitige Leiter des Lagers Unna-Maßen. Wiegand: „Ich kann Ihnen hier keine genaue Auskunft geben, auch keine Prognose für die Zukunft stellen; was uns bedrückt, sind die Aussiedler, die auf Grund einer Besuchserlaubnis hier bleiben. Jahrzehnte war es für sie nicht möglich gewesen, in den Westen zu reisen, die Angst, morgen könne diese Möglichkeit vorbei sein, veranlaßt sie. jede sich gebende Gelegenheit zu nutzen.“ Vgl. Der Pfeil. 38 (1988) 5. S. 13.

Weitere Inhalte

Hans-Werner Rautenberg, Dr. phil., geb. 1938; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Johann-Gottfried-Herder-Institut in Marburg; Lehrbeauftragter am Institut für osteuropäische Geschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Veröffentlichungen: Der polnische Aufstand von 1863 im Spiegel der deutschen Diplomatie und der öffentlichen Meinung, Wiesbaden 1979; Aufsätze zur baltischen, preußischen und polnischen Geschichte.