I. Einleitung
Etwa seit Beginn der sechziger Jahre lassen sich innerhalb des politischen Systems der Vereinigten Staaten tiefgreifende Veränderungen erkennen, die nach Ansicht zahlreicher Wissenschaftler auf die Herausbildung eines „New American Political System“ hinzuweisen scheinen. Als Indizien hierfür werden vor allem „der Wiederaufstieg“ und „das Erstarken“ eines „Neuen Kongresses“ die „Revitalisierung“ und „Professionalisierung“ der nationalen und einzelstaatlichen Parteien die Wandlungen des Wählerverhaltens sowie die geradezu explosionsartige Vermehrung der Interessengruppen angeführt. Politisch sicherlich nicht minder bedeutsam sind die Inhalts-und Funktionsänderungen des amerikanischen Föderalismus, die man in der Literatur mit den Begriffen „New Federalism" und „Intergovernmental Relations" zu charakterisieren versucht hat Gemeint sind damit Struktur-verschiebungen innerhalb der bundesstaatlichen Ordnung, die zu einer Akkumulation von Aufgaben und Zuständigkeiten beim Bund und zu einer engen Interaktion und Verflechtung der verschiedenen Ebenen der Staatsgewalt geführt haben. Aus der bundesstaatlichen „Schichtentorte“, so das in der amerikanischen Politikwissenschaft häufig verwandte Bild, wurde ein „Marmorkuchen“
Das föderative System der USA hat damit eine Entwicklung vollzogen, die in vielerlei Hinsicht Paralleien zum Wandel der bundesstaatlichen Ordnung in der Bundesrepublik aufweist. Auch hier ist der „seperative“ Föderalismus, der eine weitgehende Unabhängigkeit von Bund und Ländern vorsah, durch einen „kooperativen Föderalismus“ abgelöst worden, bei dem sich vielfältige Formen des Zusammenwirkens zwischen den Gebietskörperschaften (Politikverflechtung) sowie die Verlagerung von Kompetenzen auf die Bundesebene beobachten lassen.
Gleichwohl sind die Ursachen des föderativen Strukturwandels wie auch seine politischen Auswirkungen in beiden Ländern äußerst verschieden. Während in der Bundesrepublik Deutschland die Veränderungen des Föderalsystems auf das sozial-staatlich legitimierte Anwachsen leistungsstaatlicher Aufgaben und auf die Forderung nach Schaffung von einheitlichen wirtschaftlich-sozialen Lebensverhältnissen zurückzuführen sind waren für den föderativen Strukturwandel in den USA vor allem die Bedürfnisse der Wirtschaft nach national zu sichernden Rechts-, Verkehrs-und Kommunikationsstrukturen verantwortlich. Hinzu kam, daß die Einzelstaaten in ökonomischen Krisensituationen wegen ihrer beschränkten Ressourcen auf die finanzielle Unterstützung des Bundes angewiesen waren, der aufgrund der Einkommenssteuer über die größere Finanzkraft verfügte. Der Aspekt der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse spielte dagegen in den Vereinigten Staaten keine Rolle, da eine „Unitarisierung“ des Gemeinwesens nur von einem geringen Teil der Bevölkerung als politisch erstrebenswertes Ziel angesehen wird. Alle Zentralisierungserfordernisse haben es somit nicht vermocht, die Vielfalt der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Strukturen als politischen Faktor zu eliminie-ren Insofern kann man die USA auch nicht wie die Bundesrepublik als „unitarischen Bundesstaat“ bezeichnen.
Das Bemühen um die Bewahrung der politischen Individualität der Einzelstaaten ist zugleich die Erklärung dafür, warum in den Vereinigten Staaten die verfassungsrechtliche Frage der föderativen Kompetenz-und Aufgabenverteilung stets ein „Politikum allerersten Ranges“ darstellt. Wenn nämlich in einem Bundesstaat die Parteien äußerst dezentralisiert und fragmentiert sind und infolge ihrer mangelnden politisch-ideologischen Kohärenz gegenüber den Einflußbestrebungen von Interessengruppen besonders offen sind, dann hängen die politischen Agenda und ihre Umsetzung entscheidend davon ab, ob ein Politikfeld im Regelungsbereich des Bundes oder der Einzelstaaten liegt
Diese inhaltlich-politische Dimension der föderalen Zuständigkeitsfragen wird zudem noch durch eine ideologische Dimension überlagert, deren Bedeutung von europäischen Beobachtern häufig unterschätzt wird. Während die konservativen Gruppierungen der amerikanischen Gesellschaft, die zumeist der Republikanischen Partei nahestehen, prinzipiell gegen Eingriffe des Bundes opponieren und die Dezentralisierung von Aufgaben und Entscheidungskompetenzen fordern, vertreten die liberalen Demokraten die Auffassung, daß ein Großteil der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme nur durch zentralstaatliche Interventionen gelöst werden kann
Hinter der Frage nach der staatlichen Regelungsebene stehen also auch grundsätzliche (partei) politische und ideologische Kontroversen, worüber allerdings leicht hinwegtäuschen könnte, daß Auseinandersetzungen zwischen divergierenden politischen Positionen häufig im Gewände föderalistischer Streitigkeiten ausgetragen werden. Wie sich nämlich in der Vergangenheit vielfach gezeigt hat, waren verfassungsrechtlich begründete Forderungen nach einer Ausweitung der Bundeskompetenzen bzw. die Berufung auf die „States’ rights“ nichts anderes als eine Verbrämung politisch-ideologischer Positionen oder ökonomischer Interessen.
Vor dem Hintergrund dieser außerordentlich politisierten Beziehungen zwischen Bund und Einzelstaaten stellt die zunehmende Zentralisierung von
Aufgaben und Entscheidungsfunktionen zweifellos das herausragende Kennzeichen des bundesstaatlichen Strukturwandels in den USA dar. Die Anfänge dieser Entwicklung lassen sich bis in die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg (18611865) zurückverfolgen, als mit dem Beginn der Industrialisierung zentralstaatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben erforderlich wurden, um durch die Vereinheitlichung der Rechts-und Verkehrsverhältnisse einen nationalen Absatzmarkt sicherzustellen. Die eigentliche Expansion des Bundes setzte dann während der Präsidentschaft von F. D. Roosevelt (1933— 1945) ein, der mit seiner Politik des „New Deal“ umfassende wirtschaftsund sozialpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der damaligen Wirtschaftskrise ergriff. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Zuständigkeiten des Bundes und sein Einfluß bei der Aufgabenerfüllung weiter verstärkt. Vor allem unter den Demokratischen Präsidenten John F. Kennedy (1961 — 1963) und Lyndon B. Johnson (1963— 1968) erfolgte eine Ausweitung des gesetzgeberischen und finanziellen Engagements des Bundes, der immer mehr Aufgaben an sich zog und mit Hilfe von Finanzzuweisungen die unteren Gebietskörperschaften zu einer vom Bund gewünschten Politik veranlassen konnte („Lenkung mit goldenen Zügeln“).
Erste Gegentendenzen begannen sich während der Präsidentschaft des Republikaners Richard M. Nixon (1969— 1974) abzuzeichnen, der die Redezentralisierung von Aufgaben und Zuständigkeiten im Rahmen des von ihm initiierten Konzeptes eines „New Federalism" durchzusetzen versuchte. Allerdings schloß sich der Kongreß seinen Vorschlägen nur zum Teil an, so daß die dezentralisierende Wirkung seiner Reformmaßnahmen eher gering blieb. Unter der Präsidentschaft des Demokraten Jimmy Carter (1977— 1980) kam es zwar infolge der Inflation zu realen Kürzungen der Bundessubventionsprogramme, nicht aber zu einer umfassenden Reorganisation des föderativen Systems. Sein ambitiöses Reformprogramm der „New Partnership“, eine Verbindung aus Johnsons „Creative Federalism“ und Nixons „New Federalism“. konnte er aufgrund des Widerstandes im Kongreß nicht verwirklichen
Trotz aller Reformbestrebungen war am Ende der siebziger Jahre der Einfluß des Bundes auf die Politik der Einzelstaaten größer geworden. zumal deren Abhängigkeit von den. Bundessubventionen erkennbar zugenommen hatte. Nach Ansicht der Vertreter von Einzelstaaten und Gemeinden entspra-chen eine derartige „Nationalisierung“ und Zentralisierung der Politikformulierung weder dem bundesstaatlichen Prinzip der amerikanischen Verfassung noch hatten sie sich bewährt. Insbesondere wurden die administrative Ineffektivität und die politische Dysfunktionalität der „intergouvernementalen“ Beziehungen kritisiert, die fiskalisch ineffizient und kaum noch zu koordinieren seien
Das amerikanische Föderalsystem befand sich somit beim Amtsantritt von Ronald Reagan in einer tiefen Krise. Reagan, der schon seinen Wahlkampf mit einem „new States’ rights“ -Programm geführt hatte, reagierte auf diese antizentralistischen Strömungen und auf die in allen politischen Lagern zu beobachtende Unzufriedenheit über den Zustand des föderativen Systems mit der Vorlage eines Reformprogrammes, in dessen Mittelpunkt die Reorganisation der bundesstaatlichen Aufgaben-und Kompetenzverteilung stand. Entgegen seiner programmatischen Aussagen verfolgte der Präsident mit dem Plan des „New Federalism" jedoch nicht allein die Absicht, den Bund von Aufgaben zu entlasten, die auf der regionalen und lokalen Staats-ebene effizienter und „bürgernäher“ erfüllt werden konnten („bringing government cioser to the people"). Vielmehr noch zielte sein Plan auf die generelle Begrenzung zentralstaatlicher Aktivitäten im Bereich von Wirtschaft und Gesellschaft ab Überspitzt könnte man sagen, daß sich in dem Konzept des „New Federalism“ die ideologischen und politischen Zielsetzungen der Reagan-Administration gleichsam wie in einem Brennglas bündeln.
Inwieweit dieses Reformkonzept in politische Entscheidungen umgesetzt werden konnte und welche politischen Auseinandersetzungen dahinter standen, soll im folgenden erörtert werden. Zugleich ist das Interesse auf die innenpolitischen Folgen der realisierten Reformmaßnahmen gerichtet, die am Beispiel der Umweltpolitik diskutiert und aufgezeigt werden sollen. Eine solche Bilanz wäre jedoch nur wenig sinnvoll, wenn man nicht auch die institutioneilen und politischen Rahmenbedingungen berücksichtigen würde, unter denen der Präsident seine Politik durchsetzen mußte. Denn allzu oft wird übersehen, daß das Amt des amerikanischen Präsidenten in ein höchst kompliziertes System der horizontalen und vertikalen Gewaltenteilung und -Verschränkung eingebunden ist, wodurch seine formalrechtlichen Befugnisse und seine politischen Gestaltungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt werden. Insbesondere gilt dies für die Präsidenten der siebziger und achtziger Jahre, die zur Umsetzung ihrer politischen Initiativen auf die Zustimmung eines „wiedererstarkten“ Kongresses angewiesen sind, dessen Abgeordnete und Senatoren keiner Partei-bzw.Fraktionsdisziplin unterworfen sind. Der Präsident kann selbst dann nicht auf die Unterstützung des Kongresses vertrauen, wenn die Mehrheit der Kongreßmitglieder seiner Partei angehört. Zumeist vermag er die erforderliche Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus nur durch „Aushandeln“ zu gewinnen wobei er in der Regel Kompromisse einzugehen und Zugeständnisse zu machen hat. Die vom Kongreß verabschiedeten Gesetze unterscheiden sich daher inhaltlich oft von dem ursprünglichen Konzept des Präsidenten. Die vor allem in der journalistischen Berichterstattung verbreitete Tendenz, die Erfolge bzw. Mißerfolge von politischen Entscheidungen allein dem Präsidenten zuzuschreiben, wird somit der komplexen Realität des präsidentiellen Regierungssystems nicht gerecht.
II. Die Reorganisation des föderativen Systems in der Reagan Ära
1. Zur Ausgangssituation: Die föderalen Aufgaben* und Entscheidungsstrukturen Die Ausweitung der Bundeszuständigkeiten und die hierdurch herbeigeführte Veränderung der bundesstaatlichen Ordnung wurden besonders durch die Rechtsprechung des Supreme Court gefördert, dessen großzügige Auslegung der Verfassung den Zuständigkeitsbereich des Bundes immer mehr erweiterte und der dem Kongreß bei der föderativen Kompetenz-und Aufgabenverteilung inzwischen einen weitreichenden Entscheidungsspielraum zugesteht Die Ausgestaltung der bundesstaatlichen Ordnung wird heute daher weniger durch die von der Verfassung gesetzten Schranken als vielmehr durch den Bundesgesetzgeber bestimmt. Das politische Eigengewicht der Bundesstaaten ist damit „zu einer Funktion der Willensbildung im Kongreß geworden“
Das neben der gesetzlichen Regulierung wichtigste Instrument des Bundes zur Beeinflussung der Einzelstaaten sind die zweckgebundenen Finanzzuweisungen („grants-in-aid“), die sich vor allem auf die Politikfelder des Sozialsektors (z. B. Arbeitslosenunterstützung, Sozialfürsorge, Berufsbildung, Mutterschutz oder Lebensmittelunterstützung) erstrekken. Die Vergabe der Zuweisungen ist zumeist an die Erfüllung von Bedingungen und Verwendungsauflagen („strings“) geknüpft. Der Steuerungscharakter dieser Finanzhilfen wird besonders bei den Subventionsprogrammen deutlich, welche die Einzelstaaten und Kommunen als Zuwendungsempfänger zur Beachtung von Auflagen verpflichten, die mit dem eigentlichen Subventionszweck in keinerlei Zusammenhang stehen („crosscutting requirements“) So sind etwa die Bundesmittel für Projekte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stets mit der Auflage versehen, daß die Einzelstaaten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung von rassischen Minderheiten ergreifen müssen („affirmative actions“), wenn sie in den Genuß der Gel-der gelangen wollen. Die Einzelstaaten sind zwar zur Annahme der Finanzzuweisungen rechtlich nicht verpflichtet, können aber aufgrund ihrer eingeschränkten finanziellen Ressourcen auf die ihnen angebotenen Gelder in der Regel nicht verzichten. Trotz der beträchtlichen Einfluß-und Steuerungsmöglichkeiten des Bundes haben die amerikanischen Gliedstaaten ihre Eigenständigkeit nicht gänzlich eingebüßt, da der Kongreß den möglichen Rahmen seiner Gesetzgebungs-und Regulierungsbefugnisse eher zurückhaltend ausgeschöpft hat. Dieser „Federal Self-Restraint" dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, daß der Entscheidungsprozeß innerhalb des Kongresses im erheblichen Maß durch territoriale Sonderinteressen geprägt wird. Die Mehrzahl der Abgeordneten und Senatoren ist stärker an ihre regionale und lokale Wählerklientel als an ihre Partei gebunden Zudem haben sich in den letzten Jahren in beiden Häusern des Kongresses überparteiliche, von regionalen Interessen bestimmte Arbeits-und Interessengruppen („bipartisan regional caucuses“) gebildet, die einer Überstrapazierung der Bundeskompetenzen vermutlich entschiedenen Widerstand entgegenbringen würden Schließlich dürfte die zurückhaltende Ausnutzung der Bundeszuständigkeiten auch darin begründet sein, daß in der amerikanischen Bevölkerung seit jeher ein tief eingewurzeltes Mißtrauen gegenüber einer Machtkonzentration beim „Big Government“ in Washington besteht.
Insgesamt wird der politische Gestaltungsspielraum der Einzelstaaten weitaus mehr durch die zweckgebundenen Finanzzuweisungen als durch die regulierende Gesetzgebungstätigkeit des Bundes eingeschränkt. In erster Linie sind hiervon die einzelstaatlichen Parlamente betroffen, die nahezu keinen Einfluß auf die inhaltliche Konzeption der Förderprogramme haben. Die gesetzlichen Grundlagen der Programme werden vom Bund festgelegt, der beim Programmvollzug allerdings auf die freiwillige Kooperation der einzelstaatlichen Fachverwaltungen angewiesen ist. Denn der Bund verfügt weder über die entsprechenden Verwaltungskapazitäten. um die Verwirklichung der Programmziele „vor Ort“ sicherzustellen, noch besitzt er eine verfassungsrechtliche Handhabe, um die Einzelstaaten zur Übernahme von Verwaltungsaufgaben zu zwingen. Die wohl bedeutsamste Folge dieser administrativen Kooperation von Bund und Einzelstaaten ist die Bürokratisierung des binnenföderalen Entscheidungsprozesses, der von den vertikal verflochtenen Fachverwaltungen dominiert wird. Ein großer Teil der Entscheidungen über die Anwendung und Weiterentwicklung der Förderprogramme wird von den für die einzelnen Programmbereiche zuständigen Verwaltungseinheiten getroffen, die sich gegenüber der politischen Führung und den Parlamenten weitgehend verselbständigt haben
Diese vertikale „Ressortkumpanei“ und die daraus resultierende Sektoralisierung der Entscheidungsstrukturen sind nicht zuletzt durch die Fragmentierung des politischen Systems auf der Bundesebene verstärkt worden. Hier haben sich die Unterausschüsse des Kongresses, die sich häufig mit den von ihnen geschaffenen Förderprogrammen identifizieren, mit den für den Programmvollzug verantwortlichen Verwaltungsbehörden und mit den von den Programmen profitierenden Interessengruppen zu sogenannten „iron triangles" zusammengeschlossen Im amerikanischen Regierungssystem werden daher die horizontal (Präsident-Kongreß) und vertikal (Bund-Einzelstaaten-Gemeinden) organisierten Kompetenz-und Machtverteilungsstrukturen immer mehr von bereichs-bzw. interessenbezogenen Allianz-und Konfliktstrukturen überlagert. Damit hat sich das föderative System der Vereinigten Staaten zu einem polyzentrischen Macht-und Verhandlungssystem gewandelt, dessen verzweigtes Gefüge informeller Beziehungen und Kooperationsmechanismen die Konsensfindung und die Verwirklichung einer konsistenten Politik deutlich erschweren. Von den Auswirkungen dieser strukturellen Veränderungen ist auch der Aufgaben-und Zuständigkeitsbereich des Präsidenten nicht unberührt geblieben. Zum einen hat sich das innenpolitische Aktionsfeld des Präsidenten infolge der binnenföderalen Zentralisierungstendenzen erheblich erweitert. Mit der Übernahme neuer Aufgaben durch den Bund ist ihm immer stärker die zentrale Führungsrolle im Gesetzgebungsprozeß zugefallen, da er eher als der fragmentierte Kongreß in der Lage ist, umfassende und übergreifende Gesetzes-entwürfe zu konzipieren. Als „chief legislator" definiert er die bundespolitische Agenda, während der Kongreß die lokalen, regionalen und interessenspezifischen Perspektiven in das Gesetzgebungsverfahren einbringt
Zum anderen haben die vertikale Politikverflechtung und die damit eng verbundene Entstehung autonomer Machtzentren die ohnehin schon nicht geringen Durchsetzungs-und Koordinierungsprobleme des Präsidenten drastisch vergrößert, mit denen er in seiner Funktion als Chef der Bundesverwaltung („Federal Manager“) täglich konfrontiert wird Vielfach ist er bei der Implementierung seiner Politik auf die Kooperationsbereitschaft und die Unterstützung der gebietskörperschaftlichen Interessenorganisationen und der Berufsverbände der Verwaltungsbeamten („Professional association“) angewiesen die seit etwa 20 Jahren auch im Gesetzgebungsprozeß eine wichtige Rolle spielen. Unter bestimmten Voraussetzungen können präsidentielle Gesetzesvorhaben am Widerstand dieser „Intergovernmental Lobby“ scheitern 2. Die politischen Rahmenbedingungen Als Ronald Reagan im Januar 1981 sein Amt antrat, bildeten Ineffizienz, Überbürokratisierung und Überzentralisierung der föderalen Staatsorganisation ständige Themen in der öffentlichen Diskussion. Das bundesstaatliche System war, so die weitverbreitete Meinung, „in einem frustrierenden Maße außer Kontrolle geraten“ Die Kritik richtet sich vor allem gegen die quantitative Explosion der Bundessubventionsprogramme, deren Wirksamkeit infolge unzureichender Planung und Koordinierung zum Teil nur sehr schwach war. Die Kosten der Programme, deren Summe von neun Milliarden US-Dollar im Jahr 1960 auf 91, 5 Milliarden im Jahr 1980 angestiegen war, standen nach Ansicht weiter Kreise der Bevölkerung in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen. Weitere Kritikpunkte stellten die Komplexität und die teilweise informellen Entscheidungsstrukturen des föderalen Zuweisungssystems dar, wodurch Kompetenzen und Verantwortlichkeiten kaum noch zu erkennen waren. Hinzu kam, daß die Überbürokratisierung des Programm-vollzugs nicht nur den Verwaltungsaufwand unnötig vergrößert hatte, sondern auch die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Fachverwaltungen an neue oder veränderte Problemlagen behinderte -
Darüber hinaus war die Zunahme der Förderungsprogramme das auslösende Moment für zahlreiche verfassungspolitische Kontroversen zwischen Bund und Einzelstaaten, die die „Lenkung mit goldenen Zügeln“ in Form von Finanzzuweisungen immer mehr als verfassungswidrigen Eingriff in ihren Kompetenzbereich empfanden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, die in der wissenschaftlichen Literatur — etwas überspitzt — als „Nationalisierung der einzelstaatlichen Regierungssysteme“ und als „Europäisierung Amerikas“ bezeichnet wurde, forderten sie eine klare Aufgabentrennung („Entflechtung“) und die Dezentralisierung der politischen Entscheidungsfunktionen.
Diese Probleme der bundesstaatlichen Aufgaben-und Kompetenzverteilung waren eng mit der Krise des amerikanischen Wohlfahrtsstaates verknüpft, dessen Errungenschaften etwa seit Beginn der siebziger Jahre von einem Großteil der Bürger in Frage gestellt wurden. Selbst bei den liberalen Gruppierungen, die die wohlfahrtsstaatlichen Reformen der Kennedy-Johnson-Administration unterstützt hatten, waren die Zweifel gewachsen, ob die politischen und gesellschaftlichen Mißstände durch eine Ausweitung der (sozial) staatlichen Aktivitäten behoben werden könnten. Die Tendenz ging eher dahin, die drastisch gestiegenen öffentlichen Ausgaben, die staatliche Reglementierung der Privatwirtschaft und die angeblich leistungsfeindliche Einkommensverteilung für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten verantwortlich zu machen, mit denen die Vereinigten Staaten in den siebziger Jahren konfrontiert wurden.
Die zunehmende „Staatsverdrossenheit“ und das Mißtrauen gegen einen in nahezu alle Lebensbereiche eindringenden „Leviathan“ wurden durch den steilen Anstieg der Steuerquoten noch zusätzlich gefördert. Betroffen hiervon waren besonders die mittleren Einkommensgruppen, deren Steuerlasten sich seit Mitte der fünfziger Jahre verdoppelt hatten. Gewissermaßen ein Symbol dieser antistaatlichen und antiinstitutionellen Stimmung war die so-genannte „Steuerrebellion“, die 1978 in Kalifornien ausbrach. Obgleich es sich hierbei lediglich um einen Protest gegen die Erhöhung der Immobilien-steuer („property tax“) handelte, wurde die „Tax Revolt" in den Medien als Zeichen einer allgemeinen Abneigung gegen die weitere Ausdehnung des öffentlichen Sektors interpretiert.
Damit hatte sich also in den siebziger Jahren in der amerikanischen Gesellschaft ein politisch-ideologischer Umdenkungsprozeß vollzogen, dessen (neo-) konservative Tendenz sich in ihren Grundzügen bereits während der Präsidentschaft von Jimmy Carter abzuzeichnen begann Entsprachen doch seine Angriffe auf die „Super-Bürokratie“ in Washington und die von ihm initiierten Deregulierungsgesetze genau dem sich allmählich verändernden gesellschaftlichen Problembewußtsein, das gegenüber einer konservativen Neuorientierung im Bereich der Innenpolitik offen war. Reformkonzepte, die mit Forderungen wie etwa der Einschränkung sozialstaatlicher Leistungen oder Steuersenkungen zur Stärkung der Investitionsbereitschaft der Wirtschaft eindeutig konservative Positionen artikulierten, stießen daher seit dem Ende der siebziger Jahre in der Öffentlichkeit auf eine breite Resonanz.
In Anbetracht dieses „konservativen Klimas“ schienen die Voraussetzungen für die von Reagan geplante Neugestaltung des föderativen Systems äußerst günstig zu sein, da er zumindest bei einigen Punkten seines Reformprogrammes — Straffung des Verwaltungsvollzugs, Verlagerung von substantiellen Aufgaben vom Bund auf die Einzelstaaten und Entlastung der Wirtschaft von Auflagen und Kontrollen — nicht nur bei den konservativen Gruppen auf Unterstützung hoffen durfte. Überdies hatte sich auch die Zusammensetzung des Kongresses zugunsten von Reagan verändert. Denn die Republikanische Partei konnte zum ersten Mal seit 1954 wieder die Mehrheit im Senat gewinnen. Zwar bildete die Demokratische Partei nach wie vor die Mehrheitspartei im Repräsentantenhaus, aber diese Mehrheit schloß die konservativen Südstaatendemokraten ein, die sich in der Vergangenheit schon häufiger mit den Republikanern zu einer konservativen Abstimmungskoalition im Kongreß zusammengefunden hatten. /3. Reagans „New Federalism": Konzeption, politische Zielrichtung und Durchsetzungsstrategien Reagans Konzept eines neuen Föderalismus gehörte zu jenen Punkten der konservativen Agenda des Präsidenten, die auf seiner Prioritätenliste ganz oben standen. Im Unterschied zu Richard Nixon, dessen „New Federalism“ in erster Linie auf die Reform der Beziehungen zwischen Bund und Einzelstaaten („intergovernmental relations") abzielte, war Reagans Plan Teil einer Gesamtstrategie zur grundsätzlichen Reform des politischen Systems. Denn er verfolgte die Absicht, mit der Reorganisation des föderativen Systems sowohl eine Dezentralisierung von Aufgaben und Entscheidungen durchzusetzen, als auch zugleich die Staatsfunktionen neu zu bestimmen. Insofern waren seine New-Federalism-Vorschläge in der Tat „revolutionär“ Letztlich aber beinhaltete die hinter seinem Reformprogramm sichtbar werdende Bundesstaatskonzeption nichts anderes als die Wiedereinführung des „dualen“ Föderalismus, der in den USA noch bis in die dreißiger Jahre als das von der Verfassung vorgeschriebene Bundesstaatsmodell galt.
Nach den Vorstellungen der Reagan-Administration sollte der Plan des „New Federalism“ in zwei Schritten realisiert werden. Zunächst war vorgesehen, die zweckgebundenen Finanzzuweisungen um 25 Prozent zu kürzen und einen Großteil von ihnen in „block grants“ umzuwandeln, d. h. in pauschalierte Zuweisungen mit weiten Zweckbestimmungen und relativ wenigen Auflagen In einem zweiten Schritt sollten dann etwa 40 Bundesprogramme aus den Bereichen Energie, Verkehr, Stadtentwicklung und Sozialpolitik auf die einzelstaatliche Ebene zurückverlagert werden („turn back“), während der Bund im Austausch dafür das kostenintensive Programm der medizinischen Versorgung einkommensschwacher Gruppen („medicaid“) übernehmen sollte.
Die zentralen Ziele dieses Planes waren die „Entflechtung“ der Aufgabenstrukturen und die Verlagerung der Verantwortung für fast alle Sozialprogramme auf die Einzelstaaten, was praktisch einem Rückzug des Bundes aus der Sozialpolitik gleichkam. Wenngleich diese Vorschläge damit begründet wurden, daß die Sozialprogramme auf der regionalen und lokalen Ebene effizienter abgewickelt werden könnten, so waren dennoch die ideologisch motivierten Beweggründe der Bundesregierung nicht zu übersehen. Im Kern ging es ihr um die Beseitigung des zentralisierten Sozial-und Interventionsstaates, wie er sich seit dem „New Deal“ herausgebildet hatte. Die Sozialpolitik, so die bereits 1975 von Reagan vertretene Auffassung, dürfe nicht „nationalisiert“, sondern müsse „lokalisiert“ werden
Die Strategie der Reagan-Administration, durch die Dezentralisierung der Aufgaben die wohlfahrtsstaatlichen Aktivitäten einzuschränken, beruhte auf folgender Überlegung: Aufgrund seiner „spending power“ war der Bund in der Vergangenheit der wichtigste Adressat der zahlreichen sozialpolitischen Interessengruppen, die sich infolge der Zentralisierung der politischen Entscheidungsfunktionen auf der nationalen Ebene effektiv organisieren konnten. Durch eine Aufgabenverlagerung aber würde man dieser Programm-Klientel ihre zentrale Operationsbasis entziehen und damit ihre Lobby-aktivitäten erschweren. Anstatt ihre Einflußbestrebungen auf den Kongreß und einige wenige Bundesbehörden zu konzentrieren, mußten sie ihre Forderungen an eine Vielzahl von politischen Entscheidungsträgem in Einzelstaaten und Kommunen richten. Durch diese Zersplitterung der Zugangs-punkte konnte nach Ansicht der Bundesregierung die Initiierung und Durchsetzung größerer Wohlfahrts-und Sozialprogramme verhindert werden, zumal die prekäre Finanzlage vieler Bundesstaaten die Substitution von Bundesprogrammen nicht zulassen würde
Die Kernpunkte des „New Federalism“ konnten jedoch wegen ihrer Radikalität nicht durchgesetzt werden. Insbesondere widersetzten sich die Vertreter der Einzelstaaten, deren ohnehin angespannte Haushaltslage sich bei einer Realisierung der Reformvorschläge noch weiter verschlechtert hätte. Nach ersten Schätzungen hätte die Rückverlagerung der Bundesprogramme die Haushalte der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften mit rund 40 Milliarden US-Dollar belastet und damit ihren Finanzbedarf um rund 26 Prozent gesteigert Obgleich die Reagan-Administration schon bald darauf einen modifizierten Plan vorlegte, dessen Annahme für die Einzelstaaten mit weniger Kosten verbunden gewesen wäre, konnte zwischen der Bundesregierung und den dezentralen Gebiets-körperschaften kein Konsens über die beabsichtigte Aufgabenplanung und -entflechtung erzielt werden. Die von Reagan geplante Neugestaltung des föderativen Systems war damit zunächst gescheitert.Einen partiellen Erfolg konnte die Bundesregierung allerdings mit ihrer Initiative zur Umwandlung von „Categorical Grants“ in „Block Grants“ verbuchen. Trotz der 25prozentigen Kürzung wurde das Konzept von den Einzelstaaten akzeptiert, da die Blockzuweisungen wegen der Weite der Zweckbindungen den Staaten bei der Mittelverwendung relativ große Ermessungsspielräume einräumen. Der ausschlaggebende Grund für diesen vielbeachteten Anfangserfolg lag aber darin, daß Reagan und seine Mitarbeiter durch geschickt angelegte Überzeugungsarbeit die konservativen Demokraten des Kongresses für sich gewinnen konnten und die Republikanischen Abgeordneten und Senatoren ihr Abstimmungsverhalten in einem für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlichem Maße an ihrer Partei ausrichteten. Diese „konservative Koalition“ im Kongreß ermöglichte es auch, die veränderten Verfahrensmodalitäten bei der Aufstellung des Haushalts strategisch zu nutzen und das Haushaltsverfahren als Instrument zur Durchsetzung der präsidentiellen Agenda einzusetzen
Allerdings blieben die von der Bundesregierung initiierten Maßnahmen zur Reform des Zuweisungssystems ohne Fortsetzung. Von den 23 Vorschlägen zur Zusammenfassung von Einzelzuweisungen in „block grants“, die dem Kongreß seit 1981 vom Präsidenten unterbreitet worden waren, wurde lediglich einer verwirklicht. Das Scheitern der Reforminitiative dürfte zum Teil auf den Widerstand der Interessengruppen zurückzuführen sein, die von den mit den Konsolidierungsvorschlägen einhergehenden Programmkürzungen betroffen waren. Einige dieser Gruppen hatten sich zu einer „Ad-hoc Coalition on Block Grants“ zusammengeschlossen, die den Kongreß davon zu überzeugen suchte, daß die Blockzuweisungen nichts anderes als versteckte Budgetkürzungen zur Bewältigung des Haushaltsdefizits seien. Des weiteren mag eine Rolle gespielt haben, daß die Abgeordneten und Senatoren „categorical grants“ präferieren, weil sie bei diesem Subventionstyp ihrer Wählerklientel gegenüber ihr Engagement besonders deutlich dokumentieren können. Insofern sind die „categorical grants“ für viele Kongreßmitglieder auch unter wahlstrategischem Aspekt von einigem Interesse, was für die Entwicklung des föderalen Zuweisungssystems wie auch für das Schicksal der Reaganschen Reformvorschläge nicht ohne Bedeutung war
Die mit der Einführung von Blockzuweisungen beabsichtigte Erweiterung des politischen Entscheidungsspielraumes von Einzelstaaten und Kommunen sollte zusätzlich durch den Abbau der Verwaltungsvorschriften und Auflagen („deregulation") unterstützt werden, die von den dezentralen Gebietskörperschaften bei der Implementierung von Bundesgesetzen und -Programmen beachtet werden mußten. Die Verringerung dieser „Public Sector Regulations“ zielte zugleich darauf ab, die Einzelstaaten für die geplanten Kürzungen bei den Bundessubventionsprogrammen zu „entschädigen“.
Die von Präsident Reagan schon kurz nach seinem Amtsantritt eingesetzte „Task Force on Regulatory Relief“ sollte unter der Leitung von Vizepräsident George Bush die bestehenden Regulierungen überprüfen und Empfehlungen für ihre Eliminierung ausarbeiten. Hierbei waren jedoch nicht nur die Vertreter der staatlichen Gebietskörperschaften, sondern auch private Interessengruppen zur Mitwirkung an der Kommissionsarbeit aufgerufen Reagan wollte also mit seinem Entregulierungs-Programm sowohl den öffentlichen wie auch den privaten Sektor von bürokratischen Kontrollen des Bundes entlasten. Gewissermaßen eine Komplementärmaßnahme zur Einsetzung der Bush-Kommission bildeten die Verwaltungsverordnungen („executive Orders“) des Präsidenten, die die ihm unterstehenden Ministerien und Verwaltungsbehörden verpflichteten, vor dem Erlaß neuer Regulierungsvorschriften dem Haushaltsbüro des Präsidenten („Office of Management and Budget“) eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse vorzulegen Mit dieser Zentralisierung der Regulierungskompetenzen im „Office of Management and Budget“ verfolgte der Präsident das Ziel, die Initiierung neuer Regulierungen von vornherein zu erschweren und die mit den Kongreßausschüssen und Interessengruppen kooperierenden Fachverwaltungen in seine Politik einzubinden.
Obgleich die Entregulierungs-und Entbürokratisierungskampagne von Reagan wirkungsvoller als die entsprechenden Reformbestrebungen seiner Amtsvorgänger war, blieben die Resultate seiner Maßnahmen hinter den allgemeinen Erwartungen zurück. Zwar konnte er eine Zunahme der Regulierungsvorschriften verhindern, nicht aber die von ihm im Wahlkampf angekündigte absolute Verrin-gerung staatlicher Regulierungstätigkeiten durchsetzen. Außerdem zeigte sich, daß die Verlagerung von staatlichen Entscheidungsfunktionen auf die einzelstaatliche Ebene zum Teil nur schwer mit der Entregulierung des privaten Sektors zu vereinbaren war. Vielfach wurde nämlich von privaten Interessengruppen nachdrücklich darauf insistiert, die Regulierungskompetenzen nicht zu dezentralisieren, sondern national einheitliche Vorschriften zu erlassen
Die Ergebnisse der Reaganschen Deregulierungspolitik waren somit enttäuschend, zumal die Bundesregierung von ihrem eigenen Konzept abwich, wenn dies für die Realisierung ihres vorrangigen politischen Ziels — den Abbau des Wohlfahrtsstaates — erforderlich schien. So wurden zum Beispiel bei einzelnen sozialpolitischen Bundesprogrammen die Auflagen und Kontrollen eher noch verschärft
Insgesamt betrachtet kann man feststellen, daß der „New Federalism" nur in wenigen Bereichen über das Anfangsstadium hinausgekommen ist. Die Reagan-Administration hatte es nicht vermocht, die Aufgaben-und Entscheidungsstrukturen des föderativen Systems in grundlegender Weise zu reformieren. Für das Scheitern der Reforminitiative waren eine Vielzahl von Faktoren verantwortlich. Hierzu gehörte vor allem der nach anfänglicher Kooperationsbereitschaft immer stärker werdende Widerstand des Kongresses, dessen Mehrheitsverhältnisse und politisches Profil sich seit 1982 zuungunsten von Reagan verändert hatten Hinzu kam, daß seine Reformpläne auch bei den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf Ablehnung gestoßen waren. Diese hatten zwar den Abbau von zentralstaatlichen Auflagen beim Vollzug der Förderprogramme begrüßt, lehnten aber die vorgesehenen Programmkürzungen ab. „New Federalism“ schien für viele nichts anderes als ein „Kodewort“ für drastische Ausgabenkürzungen zu sein.
Der entscheidende Grund für das frühe Ende des „Neuen Föderalismus“ war jedoch die mangelnde Konsequenz, die die Bundesregierung bei der Durchsetzung des Reformkonzeptes an den Tag legte. Wie Timothy Conlan anhand von mehreren Beispielen überzeugend nachgewiesen hat, war Reagan bei politischen Zielkonflikten immer bereit, sein Föderalismuskonzept zugunsten seiner anderen politischen und ideologischen Überzeugungen zu „opfern“ Entgegen seinen Äußerungen („My administration is committed — heart and soul — to the broad principles of federalism“) stellte der „New Federalism“ für ihn also nur ein zweitrangiges politisches Ziel dar. Ungleich wichtiger dürfte für die Bundesregierung gewesen sein, daß das Konzept des „Neuen Föderalismus“ und die hierdurch bedingten und erforderlichen Reformmaßnahmen bei der Umsetzung ihrer Agenda strategisch genutzt und politisch instrumentalisiert werden konnten. Ein wichtiges Indiz hierfür ist, daß fast alle föderalstaatlich motivierten Reformmaßnahmen der Reagan-Administration in erster Linie auf die Verwirklichung ihrer sozial-und wirtschaftspolitischen Ziele ausgerichtet waren. Der Abbau von wohlfahrtsstaatlichen Leistungen durch die Dezentralisierung von Aufgaben und Kompetenzen ist sicherlich das beste Beispiel für eine solche strategische Nutzung des Reaganschen Föderalismuskonzepts.
III. Die Auswirkungen des „New Federalism“ am Beispiel der Umweltpolitik
Seitdem in den USA zu Beginn der vierziger Jahre die Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der Umweltpolitik auf den Bund übergegangen sind waren die sich hieraus ergebenden Regelungs-und Vollzugsprobleme immer wieder Gegenstand von scharfen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Einzelstaaten. In der Regel ging es hierbei um die bundesgesetzlichen Auflagen, deren Erfüllung für die Einzelstaaten mit zum Teil beträchtlichen Kosten und zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden war. Angesichts der Unpopularität dieser Gesetze zeigten die Einzelstaaten häufig nur ein geringes Vollzugsinteresse, so daß die gesetzlichen Regelungen vielfach keine Wirksamkeit entfalten konnten.
Der Kongreß reagierte hierauf mit der Verabschiedung mehrerer grundlegender Umweltschutzgesetze, von denen der „National Environmental Policy Act“ (1969), der „Clean Air Act“ (1972) und der „Water Pollution Act“ (1972) hinsichtlich der föderativen Kompetenzverteilung im Bereich der Umweltpolitik von besonderer Bedeutung waren. Denn in diesen Gesetzen wurden Einzelstaaten und Kommunen als Träger des Gesetzesvollzugs verbindlich verpflichtet, innerhalb bestimmter Fristen die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu ergreifen. Dabei behielt der Bund sich das Recht vor, selber entsprechende Ersatzvorkehrungen zu treffen, falls sich die einzelstaatlichen Durchführungsmaßnahmen als unzureichend erweisen sollten Obwohl die Einzelstaaten sich gegen diese rigide und auch verfassungsrechtlich bedenkliche Form der Durchsetzung eines bundeseinheitlichen Standards zur Wehr setzten, konnten sie die Ausweitung der umweltpolitischen Aktivitäten des Bundes nicht verhindern, der mit immer strikteren Vorschriften und mit der Vergabe von zweckgebundenen Finanzzuweisungen die einzelstaatliche Umweltpolitik regulierte und kontrollierte.
Um die umweltbezogenen Aktivitäten der Bundesverwaltung effektiver zu koordinieren, wurden unter Präsident Nixon eine nationale Umweltschutz-behörde („Environmental Protection Agency") und ein Beratungsstab für Umweltfragen („Council of Environmental Quality“) ins Leben gerufen Während der dem Präsidenten direkt unterstellte „Council“ vor allem konzeptionelle Aufgaben zu erfüllen hatte, oblag der Umweltschutzbehörde zunächst nur die Koordinierung und Durchsetzung der Umweltgesetze. Durch die Erweiterung ihres Aufgabenbereichs konnte sie jedoch in den folgenden Jahren einen immer stärkeren Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung der Umweltpolitik gewinnen, so daß die Behörde zum Ende der siebziger Jahre das Zentrum des amerikanischen Umweltschutzes darstellte.
Die zunehmenden umweltpolitischen Aktivitäten des Bundes gingen vor allem auf das veränderte Problembewußtsein der Öffentlichkeit zurück, die infolge zahlreicher Umweltkatastrophen und -Skandale dem Umweltschutz einen immer größeren politischen Stellenwert einräumte. Der sichtbarste Ausdruck dieser Entwicklung war die Entstehung zahlreicher Umweltschutzorganisationen, die im politischen Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß eine immer wichtigere Rolle zu spielen begannen. Diese „umweltpolitische Wende“ in der öffentlichen Meinung schien am Ende der siebziger Jahre, der sogenannten „Environmental Decade“ eine unüberwindbare Barriere für die Durchsetzung einer konservativen Umweltpolitik darzustellen.
Mit Ronald Reagan war im Jahre 1980 allerdings ein Präsident gewählt worden, der sich schon während des Vorwahlkampfes als entschiedener Gegner der „Environmentalists“ zu erkennen gegeben hatte. Seine umweltpolitischen ReformVorschläge waren jedoch nur wenig konkret und entsprachen in ihrer Allgemeinheit und Unverbindlichkeit weitgehend der Wahlkampfplattform der Republikanischen Partei. Danach wurde zwar die Bedeutung „einer gesunden Umwelt für das Wohlbefinden der Bürger“ anerkannt, zugleich aber betont, daß der Umweltschutz nicht als Vorwand für eine „NichtWachstums-Politik“ („no-growth“ policy) und eine „schrumpfende Volkswirtschaft“ („shrinking economy“) dienen dürfe
Welcher dieser beiden Komponenten, der ökonomischen oder der ökologischen, der neue Präsident die größere Bedeutung zumessen würde, wurde deutlich, als der ihm unterstehende „Council on Environmental Quality“ in seinem ersten Jahresbericht die umweltpolitischen Leitprinzipien und die geplanten Reformen der Bundesregierung erläuterte. Hiernach sollte der Schwerpunkt der umwelt-politischen Reformmaßnahmen darin liegen, die Flut der Verwaltungsvorschriften und staatlichen Kontrollen zurückzudämmen und durch eine Kosten-Nutzen-Analyse die Notwendigkeit der in Kraft befindlichen Regulierungen zu ermitteln. Ferner sei die Regierung bestrebt, die Verantwortlichkeiten für den Umweltschutz auf die einzelstaatliche Ebene zurückzuverlagern („New Environmentalism"), wobei die Verteilung der natürlichen Ressourcen soweit wie möglich unter Vertrauen auf die Kräfte der freien Marktwirtschaft erfolgen solle
Die zentralen Punkte des Berichts — Deregulierung und Dezentralisierung — entsprachen genau dem Reformkonzept des „New Federalism", das offensichtlich das allumfassende innenpolitische Koordinierungsprogramm der Reagan-Administration darstellte. Die ausdrückliche Vertrauensbekundung gegenüber der freien Marktwirtschaft deutete jedoch daraufhin, daß die Bundesregierung auch in der Umweltpolitik versuchen würde, mittels vorgeblich föderalstaatlicher Reformmaßnahmen ihre wirtschaftspolitischen Ziele durchzusetzen. Dieser Verdacht bestätigte sich, als Präsident Reagan bei mehreren wichtigen Personalentscheidungen unzweideutig erkennen ließ, daß die eigentliche Stoßrichtung seiner Umweltpolitik die Entlastung der Wirtschaft vor Auflagen und staatlichen Kontrollen war. So wurden die Leistungspositionen der Umweltschutzbehörde ausschließlich mit Leuten besetzt, die früher eindeutige „Gegner“ der Behörde waren und der Wirtschaft sehr nahestanden. Als Direktorin der Behörde wurde eine Frau ernannt. die nicht einmal über die für ihre Aufgabe erforderlichen Minimalkenntnisse verfügte. Derartige Personalentscheidungen gehörten zu der soge-nannten „administrave strategy“ des Präsidenten, wonach bei der Auswahl von politischen Beamten weniger auf Professionalität als vielmehr auf politische und ideologische Übereinstimmung zu achten war. Durch eine solche Politisierung der Verwaltung, die in der Reagan-Ära bei allen Bundesbehörden zu beobachten war und die zum Teil bis auf die Sachbearbeiterebene hinunterreichte, sollte potentiellen Obstruktionsversuchen der Berufsbeamten entgegengewirkt werden. Reagan versuchte damit die Fehler seiner Vorgänger zu vermeiden, deren politische Programme nicht selten im „Dickicht der Bürokratie“ hängengeblieben waren. Bei der Umweltschutzbehörde zielte die Personalpolitik des Präsidenten vor allem darauf ab, mittels loyaler Verwaltungsbeamten auf den Gesetzesvollzug einzuwirken und „wirtschaftsfreundlicher“ zu gestalten. Diese Strategie schien umso erfolgversprechender zu sein als es zu der Aufgabe der Behörde gehörte, die zumeist relativ weit gefaßten Gesetze des Kongresses in Form von Verwaltungsrichtlinien zu konkretisieren und „administrabel" zu machen. Der hierbei vorhandene Ermessensspielraum erlaubte es der Behörde, die gesetzlichen Vorschriften großzügig zugunsten der Wirtschaft auszulegen. Des weiteren sollten die finanziellen Mittel der Umweltschutzbehörde, die unter Präsident Carter zur größten Regulierungsbehörde des Bundes mit einem Etat von 1, 3 Milliarden US-Dollar herangewachsen war, um rund 50 Prozent gekürzt werden. Obwohl sich Reagan mit diesem Vorschlag beim Kongreß nicht durchsetzen konnte, waren die während seiner Amtszeit vorgenommenen Kürzungen dennoch so beträchtlich, daß die Zahl der Behördenmitarbeiter von 14 000 auf 11 400 zurückging
Die drastische Reduzierung des Budgets des „Council on Environmental Quality“, die Einführung einer obligatorischen Kosten-Nutzen-Prüfung von neuen Umweltschutzvorschriften im Haushaltsbüro des Präsidenten und der Versuch, die Mitwirkung von Umweltschutzorganisationen im Gesetzgebungsprozeß zu unterbinden, waren weitere wirtschaftsfreundliche Maßnahmen der Reagan-Administration zu Lasten des Umweltschutzes. Komplettiert wurde dieses Reformprogramm, dessen angeblich umweltpolitische Zielrichtung selbst bei noch so guten Willen nicht zu erkennen war, durch einschneidende Kürzungen bei den umwelt-bezogenen Förderprogrammen des Bundes, deren Gesamtsumme um etwa 50 Prozent reduziert werden sollte. Als Ausgleich hierfür sollten die Regulierungsvorschriften des Bundes abgebaut werden, deren Erfüllung für die Einzelstaaten besonders im Bereich des Umweltschutzes mit zum Teil erheblichen Kosten und Verwaltungsaufwand verbunden war. Bezüglich der strengen Vorschriften des „Clean Water Act“ sah sich ein Großteil der Bundesstaaten sogar außerstande, den von der nationalen Umweltschutzbehörde vorgegebenen Standard zu erreichen.
Während die geplanten Programmkürzungen weitgehend realisiert wurden, konnte die in Aussicht gestellte Deregulierung nur in Ansätzen verwirklicht werden. Es gelang der Reagan-Administration nicht einmal, die Auflagen des „Clean Air Act“ zu beseitigen, deren überschießende Durchführungskosten (20 Milliarden Dollar pro Jahr) und geringe Wirksamkeit auch von liberalen Demokraten scharf kritisiert wurden Die Auswirkungen der Kürzungen der Umweltprogramme waren auf der einzelstaatlichen Ebene von Staat zu Staat verschieden. Denn inwieweit der einzelne Bundesstaat von den Programmkürzungen betroffen wurde, hing davon ab. ob die Kürzungen durch Umschichtungen im Haushaltsetat oder auch durch Steuererhöhungen aufgefangen werden konnten. Inwieweit die Kürzungen durch eigene Leistungen kompensiert wurden, war jedoch nicht in allen Staaten eine Frage der Ressourcen. Für die Bereitschaft zum Ausgleich der Kürzungen war mindestens ebenso entscheidend, welcher politische Stellenwert dem Umweltschutz im einzelnen Staat eingeräumt wurde.
Wie die Ergebnisse empirischer Untersuchungen zeigen, hat die Mehrzahl der Bundesstaaten keinen Ersatz für die Kürzung der Umweltprogramme vorgenommen, weil für solche Kompensationen kein politischer Wille vorhanden war Damit hatte sich also die Annahme der Reagan-Administration bestätigt, daß die Einzelstaaten bei einer Reduzierung der Bundeszuschüsse ihre umweltpolitischen Aktivitäten einschränken würden.
Obgleich Reagan seine Deregulierungspolitik nicht im vorgesehenen Maße verwirklichen konnte, vermochte er doch den Erlaß von neuen Umweltschutzregulierungen durch den Bund zu verhindern. Zusammen mit der Kürzung der umweltbezogenen Bundesprogramme und der Verlagerung von umweltpolitischen Aufgaben auf die Einzelstaaten hatte er damit den seit 1960 anhaltenden Trend der „Nationalisierung“ der Umweltpolitik zum Stillstand gebracht. Zu einem großen Teil beruhte dieser Erfolg darauf, daß die Einzelstaaten bereit waren, die Kürzungen bei den Umweltprogrammendes Bundes im Gegenzug für mehr politische Entscheidungsfreiheit zu akzeptieren. Im Bereich der Umweltpolitik konnte er somit sein Föderalismus-konzept in Ansätzen realisieren.
Angesichts des immer stärker werdenden Widerstands der Öffentlichkeit war aber sein Plan einer radikalen „Entstaatlichung“ des Umweltschutzes nicht durchsetzbar. Wie Meinungsumfragen schon kurz nach Reagans Amtsantritt zeigten, fand seine Umweltpolitik bei der Mehrheit der Bevölkerung keine Zustimmung. Überdies hatten sich zahlreiche regionale Interessengruppen auf Bundesebene zu nationalen Interessenverbänden zusammengeschlossen, die mit der Gründung von eigenen Wahlkampfkomitees („Political Action Committees") in die Kongreßwahlkämpfe eingriffen und besonders „umweltschutzfreundliche“ Abgeordnete und Senatoren unterstützten. Allerdings konnte diese Allianz aus öffentlicher Meinung, Umweltschutzverbänden und Kongreßmitgliedern nur den von der Reagan-Administration beabsichtigten „Kahlschlag“ im Bereich des Umweltschutzes verhindern, nicht aber die Aufhebung der 1981 eingeleiteten Reformen erzwingen.
So erreichte die Umweltschutzbewegung mit Hilfe des Kongresses, daß mehrere politische Beamte der Umweltschutzbehörde ausgewechselt wurden, die versucht hatten, die „Environmental Protection Agency“ in eine Behörde zur Förderung der Privat-wirtschaft umzufunktionieren. Die Kürzung des Behördenbudgets konnte jedoch nicht wieder rückgängig gemacht werden, so daß diese ihre Aufsichts-und Kontrollfunktion nur noch in verringertem Umfang zu erfüllen vermochte. Dies zeigte sich vor allem darin, daß die Zahl der gerichtlichen Klagen der Umweltschutzbehörde gegen den Verstoß von Umweltschutzgesetzen während der Amtszeit von Reagan um rund 60 Prozent zurückging
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Reagan mit seinem Plan einer völligen Neugestaltung der Umweltpolitik gescheitert ist. Gleichwohl gelang es ihm, durch Politisierung des Gesetzesvollzugs und durch die personelle und finanzielle Ausdünnung der nationalen Umweltschutzbehörde die gesetzlichen Umweltschutzbestimmungen und die staatlichen Kontrollen zugunsten der Wirtschaft „aufzuweichen“. Zumindest einen Teilerfolg stellt die Verlagerung von verschiedenen umweltpolitischen Aufgaben auf die Einzelstaaten dar, was er mittels drastischer Kürzungen bei den Umweltförderungsprogrammen durchzusetzen vermochte. Bei dieser Reföderalisierung der Umweltpolitik, die von der Bundesregierung werbewirksam als „New Environmentalism" bezeichnet wurde, handelte es sich aber um nichts anderes als um eine ergänzende Maßnahme zur Durchsetzung wirtschafts-und fiskalpolitischer Ziele des Präsidenten. Ging es ihm doch hierbei zuallererst um die Entlastung des Bundes-haushalts und um den Abbau von Umweltschutz-vorschriften. die nach seiner Ansicht die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft behinderten.
IV. Ausblick
Obgleich Reagan sein ehrgeiziges Ziel einer umfassenden Restrukturierung des föderativen Systems nicht erreicht hat. ist durch seine Idee eines „Neuen Föderalismus“ sicherlich nicht nur die Diskussion über die Aufgaben und die politische Eigenständigkeit der Einzelstaaten wiederbelebt worden. Ein Teil der von ihm realisierten Reformen dürfte langfristig zu einer veränderten Position der Einzelstaaten im politischen System der USA führen. Denn schon jetzt, zum Ende der zweiten Amtsperiode des Präsidenten, lassen sich auf der einzelstaatlichen Ebene Entwicklungen erkennen, die als Folgen der Reaganschen Innenpolitik gedeutet werden können. So haben die Einzelstaaten infolge der Reaganschen Budgetkürzungen und den für sie negativen Auswirkungen der Steuerreform in einem bemerkenswerten Umfange eigene Initiativen entwikkelt, um die Konsequenzen dieser Reformmaßnahmen auszugleichen
Zu den wichtigsten neueren politischen Aktivitäten der Einzelstaaten gehören etwa die Auflagen von
Wirtschaftsförderungsprogrammen und Steuerreformen, um die Schaffung von Arbeitsplätzen und Ansiedelung von Wirtschaftsunternehmen zu unterstützen. Fünfzehn Bundesstaaten haben sogar ein eigenes Außenhandelsministerium errichtet und mehr als die Hälfte der Einzelstaaten unterhält inzwischen in Europa und Asien ein eigenes Büro, um die Exportwirtschaft zu fördern. Zugleich sind in fast allen Bundesstaaten Verwaltungsreformen durchgeführt worden, wodurch die Qualität der staatlichen Dienstleistungen deutlich verbessert werden konnte. Aufgrund dieser verstärkten Aktivitäten haben die Einzelstaaten, so die allgemeine Einschätzung, ihre politische Eigenständigkeit zum Teil wieder zurückgewinnen können. Angesichts dieses zunehmenden politischen Gewichts der Einzelstaaten scheint sich in der Reagan-Ära doch noch ein „Neuer Föderalismus“ herausgebildet zu haben, wenn er auch vom Präsidenten in dieser Form nicht geplant war.