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Strategie der Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung der UdSSR | APuZ 45/1987 | bpb.de

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APuZ 45/1987 Artikel 1 Strategie der Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung der UdSSR Grundzüge der neuen sowjetischen Außenwirtschaftspolitik Ein neuer Generalsekretär im alten Sowjetsystem Perspektiven der Sowjetideologie Militärpolitische Aspekte der Sicherheit in den Ost-West-Beziehungen

Strategie der Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung der UdSSR

Abel G. Aganbegjan

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Zusammenfassung

In den siebziger Jahren verlangsamte sich die wirtschaftliche Entwicklung in der Sowjetunion, an der Schwelle der siebziger zu den achtziger Jahren gab es praktisch kein wirtschaftliches Wachstum; eine nie dagewesene Situation der wirtschaftlichen Stagnation trat ein. Um aus dieser gefährlichen Lage herauszukommen, entwarfen sowjetische Fachleute die Konzeption der Beschleunigung der sozialen und ökonomischen Entwicklung, die, ergänzt durch die Perestrojka (Umgestaltung), qualitative Veränderungen in der sowjetischen Gesellschaft einleiten soll. Für diesen Prozeß ist charakteristisch, daß er das gesamte wirtschaftliche System ergreift und nicht nur einzelne Momente. Dem Wesen nach ist das eine revolutionäre Form der Veränderungen im Unterschied zur evolutionären Form. Der Begriff „Umgestaltung“ ist vielfältig und in vielerlei Hinsicht ein Synonym solcher Begriffe wie radikale Reform, grundlegende Rekonstruktion, kardinaler Fortschritt, Übergang zu neuer Qualität und Durchbruch. Die Schwerpunkte der Umgestaltung der Wirtschaft lassen sich in vier Gruppen von Maßnahmen einteilen: Erstens: Die Überführung der Volkswirtschaft auf den Weg der intensiven Entwicklung. Zweitens: Die Verstärkung der sozialen Ausrichtung der wirtschaftlichen Entwicklung. Drittens: Die Durchführung einer radikalen Reform der Leitung. Viertens: Der Übergang zur Transparenz (Glasnost), Demokratie und Selbstverwaltung.

Die Grundlage der neuen ökonomischen Strategie der Entwicklung der UdSSR ist die Konzeption der Beschleunigung der sozialen und ökonomischen Entwicklung. Diese revolutionäre Strategie ist ein Gegenstück zur Tendenz der Verlangsamung unserer Entwicklung, die sich in den siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre herauskristallisiert hatte. Innerhalb von drei Planjahrfünften hatte sich die Dynamik des Nationaleinkommens um 60 Prozent verringert. Die Höhe seines Zuwachses sank nicht nur relativ, sondern auch absolut. Wenn man die reale Dynamik des Preisindexes berücksichtigt, so ist das Wachstumstempo des Nationaleinkommens und der anderen Kennziffern der Entwicklung unseres Landes noch niedriger, als aus den öffentlichen statistischen Angaben hervorgeht. An der Schwelle der siebziger zu den achtziger Jahren gab es praktisch kein wirtschaftliches Wachstum. Es bildete sich eine für unser Land nie dagewesene Situation der wirtschaftlichen Stagnation heraus. Eine derartige Lage war für die Periode von 1979 bis 1982 besonders charakteristisch, als die Herstellung von 40 Prozent der Erzeugnisse der Industrieproduktion zurückging, die real erfaßt und von den statistischen Organen veröffentlicht wurden. Auch die Landwirtschaft verfiel (in all diesen Jahren konnte sie in den Volumenkennziffem nicht das Niveau von 1978 erreichen). Die Inbetriebnahme von Produktionskapazitäten ging stark zurück, und die Dynamik aller Kennziffern der Effektivität der gesellschaftlichen Produktion wurde geringer. Die Arbeitsproduktivität nahm praktisch nicht zu, die Effektivität der Investitionen wurde geringer. Zum Ende des elften Planjahrfünfts (1981 bis 1985) gelang es, die Lage etwas zu verbessern. Aber insgesamt wurde der Fünfjahrplan nicht erfüllt. Das Land geriet in eine schwierige ökonomische Lage.

Unter diesen Verhältnissen wählte das Plenum des ZK der KPdSU im März 1985 Michail Sergejewitsch Gorbatschow, einen jungen und dynamischen Politiker, einen Menschen von hoher Kultur und hohem Allgemeinwissen, der tief und mit großem fachlichen Wissen in die wirtschaftlichen Probleme unseres Landes eindringt, zum Generalsekretär des ZK der KPdSU. Im Laufe eines Monats angestrengter Arbeit wurden die Konturen der neuen Strategie unserer Entwicklung — der Strategie der Beschleunigung — ausgearbeitet. Dabei wurde all das genutzt, was früher erarbeitet, aber nicht verwirklicht worden war. Das durchschnittliche Jahreswachstum des Nationaleinkommens sollte sich von drei Prozent in den Jahren 1981 bis 1985 auf vier Prozent in der laufenden, zwölften Fünfjahrplanperiode erhöhen. Für die neunziger Jahre sind fünf und mehr Prozent vorgesehen.

Drei-vier-fünf: Das ist die zahlenmäßige Formel der Beschleunigung. Wenn man aber den wirklichen Sachverhalt in Rechnung stellt, d. h. die Stagnation der Wirtschaft im elften Planjahrfünft, so müssen wir einen grundlegenden Fortschritt faktisch von einem Null-Wachstum zu einem Vier-bis Fünf-Prozent-Tempo vollziehen.

Bis jetzt haben wir über die quantitative Seite der Konzeption der beschleunigten Entwicklung des Landes gesprochen. Aber die Konzeption der Beschleunigung beinhaltet auch den Übergang zu einem neuen qualitativen Wachstum der sowjetischen Wirtschaft. Letztendlich ist das Tempo — das relative Wachstum — nicht so sehr wichtig wie der eigentliche Inhalt eines jeden Prozentes dieses Wachstums. Und dieser kann natürlich sehr verschieden sein. Die Struktur der Volkswirtschaft der UdSSR ist derzeit noch recht rückständig und konservativ. In ihr haben die traditionellen Industriezweige und die landwirtschaftlichen Erzeugnisse einen zu hohen Anteil, während die verarbeitende Industrie und die Intensität der Verarbeitung der Ausgangsprodukte nicht ausreichend entwickelt sind. Vor allem sind das Dienstleistungswesen und die ganze soziale Sphäre zurückgeblieben.

Die neue Qualität des Wachstums kann man unter zwei Hauptaspekten betrachten. Erstens: die grundlegende Veränderung der Faktoren und der Quellen des Wachstums. Wenn wir uns in den vergangenen 15 Jahren vor allem auf Kosten der extensiven Faktoren der Produktion entwickelt haben, so steht uns in der Perspektive bevor, die Volkswirtschaft auf den Weg der intensiven Entwicklung zu überführen. Das bedeutet die Erhöhung der Effektivität und der Qualität. Damit wird der wissenschaftlich-technische Fortschritt zur Hauptquelle des wirtschaftlichen Wachstums.

Zweitens: Die neue Qualität des Wachstums findet ihren Ausdruck in der Verstärkung der sozialen Ausrichtung unserer ökonomischen Entwicklung. Es wird ein tiefgreifender Umschwung in der Entwicklung der Volkswirtschaft zugunsten der Lösung der sozialen Aufgaben und der Erhöhung des Lebensniveaus vollzogen. Wenn früher die Bereiche der Volkswirtschaft, die unmittelbar mit der Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen verbunden sind, sich langsamer entwickelt haben und ihr Anteil geringer wurde, so erfahren sie jetzt eine vorrangige Entwicklung. Der Anteil der Investitionen in diesem Bereich der Volkswirtschaft wird zunehmen.

Die Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung erfaßt nicht nur die ökonomische Sphäre, sie betrifft die ganze Gesellschaft. Das ist der Kern der Politik unserer Partei, ihre langfristige Strategie, die nicht nur bis zum Ende des Jahrhunderts, sondern zumindest für die nächsten 20 bis 30 Jahre konzipiert ist. Gerade auf solche langen Zeiträume ist auch das Programm der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gerichtet, dessen Neufassung auf ihrem XXVII. Parteitag am 1. März 1987 angenommen wurde. Die Konzeption der Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung des Landes dient als eine Art Herzstück vieler Festlegungen dieses Programmes.

III.

Um die Beschleunigung in unserer Gesellschaft zu sichern, wird die Umgestaltung (Perestrojka) realisiert. Das ist ein neuer Begriff in unserem politisch-wirtschaftlichen Alltag. Früher haben wir den Begriff „Vervollkommnung“ gebraucht. Vervollkommnung ist die Verbesserung einzelner Seiten, einzelner Elemente der Wirtschaft. Dabei geht man davon aus, daß der Organismus der Wirtschaft insgesamt den Bedingungen und den Aufgaben der Entwicklung gerecht wird und dieser nur in Ordnung gebracht, verbessert und vervollkommnet werden muß. Das ist der evolutionäre Weg der Veränderungen.

Eine andere Sache ist die Umgestaltung. Sie bedeutet grundlegende Fortschritte und gewaltige qualitative Veränderungen. Die Umgestaltung ist notwendig, wenn das bestehende wirtschaftliche System den neuen Bedingungen, dem akuten Bedürfnis gesellschaftlicher Entwicklung und den perspektivischen Aufgaben nicht mehr entspricht. Dieses wirtschaftliche System muß grundlegend verändert, umgestaltet und erneuert werden. Diese Veränderung und Umgestaltung betrifft nicht mehr nur einzelne Elemente, sondern das ganze Wirtschaftssystem, um eine neue Qualität zu erreichen. Dem Wesen nach ist das eine revolutionäre Form der Veränderungen im Unterschied zur evolutionären Form. Der Terminus „Umgestaltung“ charakterisiert gerade diese revolutionären qualitativen Veränderungen. Dieser Begriff ist vielfältig und in vielerlei Hinsicht ein Synonym solcher Begriffe wie radikale Reform, grundlegende Rekonstruktion, kardinaler Fortschritt, Übergang zu neuer Qualität und Durchbruch.

Die Umgestaltung der Wirtschaft ist eine breitangelegte, komplexe Arbeit auf vielen Ebenen. Ihre Schwerpunkte kann man in vier Gruppen von Maßnahmen einteilen: 1. die Überführung der Volkswirtschaft auf den Weg der intensiven Entwicklung; 2. die Verstärkung der sozialen Ausrichtung der wirtschaftlichen Entwicklung; 3. die Durchführung einer radikalen Reform der Leitung; 4.der Über-gang zur Transparenz (Glasnost), Demokratie und Selbstverwaltung.

Die Notwendigkeit des Übergangs in der Entwicklung des Landes auf den Weg der Intensivierung ist mit der Reduzierung des Zuwachses an Ressourcen verbunden, die in der Produktion benötigt werden. Sie werden ungefähr um 66 Prozent reduziert. Im elften Planjahrfünft hat die Zahl der Beschäftigten in der materiellen Produktion nur um zwei Prozent zugenommen, während im zwölften Planjahrfünft dieses Wachstum überhaupt ausbleibt. Im elften Planjahrfünft ist die Gewinnung von Brenn-und Rohstoffen um acht Prozent und nicht, wie bisher, um 25 bis 30 Prozent gestiegen, die Investitionen um 16 Prozent und nicht, wie in der Vergangenheit, um 40 bis 50 Prozent. Die Produktionsgrundfonds (Geldmittel zum Erwerb neuer bzw. zur Erneuerung alter Produktionsanlagen, d. Red.) werden im zwölften Planjahrfünft um 30 Prozent und nicht um 50 bis 60 Prozent zunehmen, wie das in den vergangenen Planjahrfünften geschah. Daraus ergibt sich, daß wir die Effektivität der Produktion um das Doppelte erhöhen müssen, und zwar, um das abnehmende Wachstum der Ressourcen zu kompensieren sowie um das Zuwachstempo des Nationaleinkommens zu erhöhen. Das kann man durch zwei grundlegende Gruppen von Faktoren erreichen:

Zur ersten Gruppe zählen die Mobilisierung der organisatorischen, wirtschaftlichen und sozialen Reserven und Möglichkeiten, die mit der bestmöglichen Nutzung der vorhandenen Ressourcen und der produktionstechnischen Basis verbunden sind, sowie durch die Festigung der Disziplin, der Ordnung, die Erhöhung der Verantwortung, der Qualifikation und die Verstärkung der Interessiertheit erreicht werden sollen. Die Nutzung dieser Reserven und Möglichkeiten ist eine wirklich reale Angelegenheit. Davon zeugen die Erfahrungen vieler Kollektive, die Praxis der wirtschaftlichen Reformen in der UdSSR und in den anderen sozialistischen Ländern in der Vergangenheit.

Die zweite Gruppe der Faktoren ist mit dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt verbunden. Die Möglichkeiten des technischen Fortschritts sind, in der Perspektive betrachtet, praktisch unbegrenzt. Die Effektivität kann man nicht nur um einige Prozent, sondern um ein Vielfaches erhöhen. Deshalb ist der wissenschaftlich-technische Fortschritt der wichtigste strategische Hebel der Effektivität, der Intensivierung, der Beschleunigung. Auf ihn richten wir unser Hauptaugenmerk.

IV.

Einen Anstoß in der Entwicklung der Volkswirtschaft können wir in allernächster Zeit in einem bedeutenden Umfang durch die organisatorisch-wirtschaftlichen und sozialen Faktoren erreichen. Es muß mit der technischen Rekonstruktion begonnen werden, die Lage im Maschinenbau muß verbessert und die Massenproduktion einer neuen, effektiveren Technik eingerichtet werden. Der Maschinenbau spielt bei der Verwirklichung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und der Umrüstung der Volkswirtschaft die entscheidende Rolle. Die Partei hat die Aufgabe gestellt, die Position bezüglich des Maschinenbaukomplexes grundlegend zu verändern. Die Situation, als im elften Planjahrfünft nur etwa fünf Prozent aller Investitionen für den produzierenden Bereich in den zivilen Maschinenbau gelangten, wurde einer vernichtenden Kritik unterzogen. Es wurden bereits die ersten Beschlüsse über die neue Umverteilung der Mittel getroffen. Insbesondere auf Kosten der Landwirtschaft wurden für den Maschinenbau fast sechs Milliarden Rubel zusätzlich zur Verfügung gestellt. Im zwölften Planjahrfünft sollen die Investitionen für den zivilen Maschinenbau im Vergleich zum elften Planjahrfünft um das l, 8fache erhöht werden. 1986 haben sich die Investitionen in den Maschinenbau bereits um 17 Prozent erhöht. Das ist mehr als in den vorausgegangenen fünf Jahren.

Diese bedeutende Zunahme der Investitionen in den Maschinenbau gestattet es, die Norm der Erneuerung des Produktionspotentials dieser Behiebe von zwei Prozent in der Vergangenheit auf acht bis neun Prozent jährlich zu erhöhen und im zwölften Planjahrfünft nicht weniger als 40 Prozent der gesamten metallverarbeitenden Anlagen in den Betrieben des Maschinenbaus zu erneuern, indem die alten, hauptsächlich Mehrzweckwerkzeugmaschinen, durch neue CNC-Werkzeugmaschinen, Bearbeitungszentren und moderne automatisierte Fertigungsanlagen ersetzt werden. Wenn 1985 nur 29 Prozent der Produktion den internationalen Anforderungen entsprachen, so soll sich 1990 dieser Anteil auf 80 und mehr Prozent belaufen.

Die Strategie besteht also darin, in erster Linie den Aufschwung des Maschinenbaus zu sichern, mit der Massenproduktion von Technik der neuen Generation für alle Zweige zu beginnen und auf dieser Basis eine grundlegende technische Rekonstruktion der gesamten Volkswirtschaft durchzuführen.

In der jüngsten Zeit haben das Zentralkomitee und die Regierung eine Reihe von Beschlüssen zur verstärkten Entwicklung der wichtigsten Zweige des Maschinenbaus beschlossen, die den technischen Fortschritt bestimmen: für flexible automatisierte Produktionen und Robotertechnik, für Rotor-und Rotorfließbandstraßen, elektronische Rechentechnik, den Maschinenbau für die Leicht-und Nahrungsmittelindustrie und für andere Zweige. Dabei wird der Mikroelektronik, der Rechentechnik und dem Gerätebau sowie der ganzen Informatikindustrie besondere Aufmerksamkeit geschenkt, die einen entscheidenden Einfluß auf die Effektivität der Arbeitsmittel und der technologischen Systeme in allen Zweigen ausüben. Der Maschinenbau ist die Basis für die technische Rekonstruktion der gesam-ten Volkswirtschaft; von seinem Aufschwung hängt in erster Linie die Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts im Lande ab.

V.

Die Notwendigkeit einer verstärkten sozialen Ausrichtung der wirtschaftlichen Entwicklung, der Umschwung zugunsten der Erhöhung des Wohlstandes des sowjetischen Volkes sind damit verbunden, daß sich in unserem Land eine merkliche Diskrepanz zwischen seiner industriellen Stärke, der Entwicklung von Wissenschaft und Kultur, der Bildung der Menschen einerseits und dem Niveau der Befriedigung ihrer materiellen und sozialen Bedürfnisse andererseits gebildet hat. Die Ursachen dafür liegen in unserer schweren Geschichte — die wirtschaftliche Zerrüttung nach dem Ersten Weltkrieg und dem Bürgerkrieg, die darauffolgende sehr schwere Periode des Großen Vaterländischen Krieges gegen das faschistische Deutschland, in dem unser Land 20 Millionen Menschen und ein Drittel des gesamten nationalen Reichtums verlor. — In den ersten Nachkriegsjahren mußten wir neben dem Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Wirtschaft auch das kostspielige Problem der Entwicklung der Atombombe und der Schaffung eines Raketenschildes lösen, um die friedliche Arbeit unseres Volkes zu schützen.

Unter diesen Bedingungen wurden die Kräfte und Mittel auf die Entwicklung der Schwerindustrie und die Verteidigung konzentriert. Für die Gebrauchsgüterindustrie, für die soziale Sphäre, für die Erhöhung des Lebensniveaus des Volkes wurden jedoch nicht genug Mittel bereitgestellt. Doch selbst unter diesen nicht leichten Bedingungen waren den Werktätigen alle sozialen Errungenschaften der sozialistischen Revolution garantiert. Die Arbeitslo• sigkeit wurde beseitigt, die kostenlose gesundheitliche Betreuung und Volksbildung wurde eingeführt.

In einem bedeutenden Maße wurde Wohnraum durch den Staat zur Verfügung gestellt. Die Renten wurden vollständig aus dem Staatshaushalt gezahlt.

Der materielle Wohlstand der Bevölkerung erhöhte sich, die geistigen Bedürfnisse wurden besser befriedigt. Aber das alles wurde nur in begrenztem Umfang verwirklicht. Das Sinken des Wachstums-tempos und der Effektivität der gesellschaftlichen Produktion in den siebziger Jahren und zu Beginn der achtziger Jahre wirkte sich besonders schmerzhaft auf die soziale Sphäre aus. All das hat sehr negativ die Lösung der sozialen Probleme beeinflußt.

Die neue wirtschaftliche und soziale Politik sieht die Überwindung dieser ungünstigen sozialen Folgen vor. Man muß die gesamte soziale Sphäre, den Wohlstand der Menschen in Übereinstimmung mit dem industriellen Niveau unseres Landes und den Bedürfnissen der Gesellschaft bringen und der Lösung dieser Fragen vorrangige Bedeutung zukommen lassen. Insbesondere ist vorgesehen, den Umfang des Wohnungs-und Kommunalbaus auf das Eineinhalbfache zu vergrößern und bis zum Jahr 2000 40 Millionen Komfortwohnungen und Einfamilienhäuser zu übergeben, das heißt soviel, wie gegenwärtig im gesamten Land zur Verfügung stehen.

Die Berechnungen zeigen, daß unter Berücksichtigung der Zunahme der Bevölkerungszahl (sie wird an der Schwelle zum Jahr 2000 die 300 MillionenGrenze überschreiten, gegenwärtig beträgt sie 283 Millionen) und bei gerechter Verteilung der Wohnraum reichen wird, um jeder Familie eine eigene komfortable Wohnung zuweisen zu können. Dabei werden wir unser Privileg behalten, das Land mit den niedrigsten Mieten zu sein — betragen doch die Miete und die Kommunalabgaben gegenwärtig weniger als drei Prozent an den Ausgaben der Bevölkerung der UdSSR.

In der nächsten Zeit muß auch das Lebensmittel-problem gelöst werden. Der Markt muß mit verschiedenen Lebensmitteln aufgefüllt, vor allem müssen die Bedürfnisse der Bevölkerung an Fleisch-und Milchprodukten vollständig befriedigt werden. Dafür ist vorgesehen, im zwölften Planjahrfünft das Wachstumstempo bei der Produktion von Lebensmitteln um 14, 4 Prozent zu erhöhen. Im elften Fünfjahrplan hatte sich der Umfang der landwirtschaftlichen Produktion im Land nur um sechs Prozent erhöht, während die Bevölkerung um vier Prozent zunahm.

Es ist ferner vorgesehen, das Wachstumstempo der Dienstleistungen auf das Zwei-bis Dreifache zu erhöhen. Es wurde ein Komplexprogramm für die Produktion von Massenbedarfsgütern und zur Entwicklung der Dienstleistungen angenommen. Um das Leben der Rentner zu verbessern, wird ein neues Rentengesetz vorbereitet, das eine bedeutende Erhöhung der Renten unter Beibehaltung des Rentenalters vorsieht. Das Rentenalter beginnt bei den Frauen mit 55 und bei den Männern mit 60 Jahren (die Menschen, die unter schweren Bedingungen arbeiten, sowie im hohen Norden der Sowjetunion tätig sind, können bei entsprechenden Dienstjahren fünf bis zehn Jahre früher in Rente gehen).

Eine akute Frage ist die grundlegende Verbesserung des Gesundheitswesens. Der Bau von Objekten des Gesundheitswesens wurde wesentlich erweitert, die Tätigkeit des Ministeriums für Gesundheitswesen wurde reorganisiert und dessen Führung erneuert. Des weiteren wurden die Gehälter für die Ärzte und das andere medizinische Personal um durchschnittlich 35 Prozent erhöht. Ein umfangreicher programmatischer Beschluß zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes für die Bevölkerung und die Umgestaltung des Gesundheitswesens ist in Vorbereitung.

Bei der Durchführung der Sozialpolitik wird konsequent das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit verwirklicht und die Gleichmacherei bei der Bezahlung der Arbeit abgeschafft. Unter den neuen Bedingungen der Wirtschaftsführung wird die Bezahlung der Arbeit strenger von deren Qualität abhängig gemacht, und das in Übereinstimmung mit dem Grundprinzip der Verteilung unter unseren sozialistischen Bedingungen. Die soziale Gerechtigkeit durchdringt auch alle anderen Bereiche der Arbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung: bei der Verteilung von Wohnraum, der Gestaltung der Erholung, der Gewährung von verschiedenen Vergünstigungen und Privilegien. Die Kontrolle über die Einhaltung der sozialen Gerechtigkeit wurde den Arbeitskollektiven der Werktätigen und der Gewerkschaftsorganisation übertragen. Dabei wurden die Rechte der Arbeitskollektive und der Gewerkschaften bedeutend erhöht.

All diese Maßnahmen zur Lösung der sozialen Aufgaben haben zum Ziel, das Leben der Menschen nicht nur materiell sondern auch qualitativ zu verbessern. Es steht bevor, eine hochentwickelte sozialistische Lebensweise herauszubilden und die Vorteile der sozialistischen Gesellschaft zu festigen. Dabei gehen wir weiter davon aus, daß es in unserem Land keine Arbeitslosigkeit geben wird. Es ist ferner vorgesehen, den Werktätigen mehr Freiheit bei der beruflichen Qualifizierung einzuräumen. In dieser Hinsicht ist geplant, die Tätigkeit der Organe für Arbeit und soziale Fragen zu aktivieren und das System der Ausbildung und der Umschulung der Kader auf Staatskosten weiter zu entwickeln. Die Umgestaltung wird letztlich für das Wohl des Menschen vollzogen. Und zu den höchsten Kriterien des Erfolgs gehört die vollständige Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse der Menschen. Darin besteht auch das Ziel der vorgesehenen Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung.

VI.

Die Durchführung der radikalen Reform des Leitungssystems und des gesamten Wirtschaftsmechanismus ist die wichtigste Richtung der Umgestaltung. Das bestehende System der Leitung und der Wirtschaftsführung ist überlebt und veraltet; es ist die Basis des Bremsmechanismus bei der Entwicklung unserer Wirtschaft. Es stimuliert den extensiven Weg der Entwicklung, behindert die Intensivierung und erschwert damit den wissenschaftlich-technischen Fortschritt. Es sichert nicht demjenigen Vorteile, der die Qualität der Erzeugnisse erhöht. Bei diesem System ist der Betrieb auch nicht an der qualitativen Verbesserung der Erzeugnisse interessiert.

Das Hauptmerkmal des gegenwärtigen Wirtschaftsmechanismus und des Leitungssystems ist das Über-gewicht von administrativen Methoden. Die ökonomischen Methoden sind dabei untergeordnet und zweitrangig. Dieser Wirtschaftsmechanismus hat sich über einen langen Zeitraum hinweg herausge-bildet. In den gewaltigen Umschwüngen der Geschichte hat unser Staat seine administrative Macht genutzt, um die einen oder anderen vorrangigen Aufgaben zu lösen. Aber entsprechend der Entwicklung der Produktivkräfte, der Entfaltung der wissenschaftlich-technischen Revolution, der Verstärkung der sozialökonomischen Faktoren bei der wirtschaftlichen Entwicklung geriet das administrative Leitungssystem immer mehr in Widerspruch zu den wachsenden Bedürfnissen der Gesellschaft und letztlich in einen scharfen und langanhaltenden Konflikt. Es wurde klar, daß es so nicht weiter gehen konnte, daß ein Umschwung, eine Umgestaltung erforderlich war. Das wichtigste Glied dieser Umgestaltung im Bereich der Wirtschaft ist die Durchführung einer radikalen Reform des Leitungssystems und des gesamten Wirtschaftsmechanismus. Es waren zwei lange Jahre notwendig, um die Richtungen dieser Reform zu konzipieren sowie zahlreiche Wirtschaftsexperimente zur Erarbeitung von Elementen des neuen Wirtschaftsmechanismus durchzuführen. Diese Periode ist nun beendet. Das Juni-Plenum (1987) des ZK der KPdSU hat die Erarbeitung eines neuen ganzheitlichen Systems der Leitung abgeschlossen. Es wurde ein umfangreiches Programm zur grundlegenden Umgestaltung des volkswirtschaftlichen Mechanismus angenommen.

Möglicherweise wurde noch nie ein Plenum des Zentralkomitees in der Vergangenheit so sorgfältig und gründlich vorbereitet. Eine große Gruppe von Fachleuten erarbeitete den Gesetzentwurf über den staatlichen Betrieb, der zur allgemeinen Volksdiskussion unterbreitet wurde. Während der Volksdiskussion wurden 140 000 Vorschläge, Ergänzungen und Änderungen eingereicht. Unter Berücksichtigung dieser Vorschläge wurde der Gesetzentwurf wesentlich ergänzt und dem Plenum des ZK der KPdSU zur Diskussion vorgelegt. Das Plenum billigte ihn, und das Gesetz wurde durch den Obersten Sowjet der UdSSR am 30. Juni 1987 bestätigt.

Zur gleichen Zeit erarbeitete die Regierung der UdSSR mehrere Entwürfe für Beschlüsse zur grundlegenden Umgestaltung der Tätigkeit von zentralen staatlichen Dienststellen, Fachministerien und örtlichen Verwaltungsorganen. Das war eine schwierige Arbeit, die aus mehreren Etappen bestand. Die Entwürfe dieser Beschlüsse sahen u. a. die Umgestaltung der Planung, der Preisbildung, der Finanzierung, der Arbeit der Banken, der materiell-technischen Versorgung, der Tätigkeit der Organe für Arbeit und soziale Fragen, der Arbeit des Staatlichen Komitees für Wissenschaft und Technik, der Fachministerien, der örtlichen Organe und der Organe auf Republiksebene und des Apparats des Ministerrates der UdSSR vor. Diese Entwürfe wurden auf dem Plenum grundsätzlich gebilligt und bald darauf vom ZK der KPdSU und vom Ministerrat der UdSSR bestätigt.

Die radikale Reform des Leitungssystems besteht nicht darin, auf die einen oder anderen Errungenschaften des Sozialismus zu verzichten. Unsere Gesellschaft entwickelt sich unter sozialistischen Bedingungen, und es bestehen objektive Gesetzmäßigkeiten dieser Entwicklung, auf deren Basis auch der neue Wirtschaftsmechanismus beruht. Dabei geht es um die Herrschaft des sozialistischen Eigentums, vor allem um das Eigentum des ganzen Volkes, um die planmäßige und proportionale Entwicklung, die Verteilung nach der Leistung, um das Prinzip des demokratischen Zentralismus bei der Organisation der Leitung, um die Aktivierung der Warenproduktion und der Ware-Geld-Beziehungen und anderes mehr.

Diese und andere Gesetze und Kategorien des sozialistischen Wirtschaftens werden im Zuge der vollständigen Umgestaltung der Leitung nicht abgeschafft, im Gegenteil, sie werden weiterentwickelt und bereichert. Das Prinzip „mehr Sozialismus“, das von Michail Gorbatschow dargelegt wurde, ist das Grundlegende bei der Betrachtung aller Aspekte der Veränderung des Wirtschaftssystems.

Das Wesen der Reform besteht in der grundlegenden Veränderung der Leitungsmethoden, im Über-gang von administrativen zu wirtschaftlichen Methoden, in der Entwicklung der wirtschaftlichen Demokratie und der Formen der Realisierung des sozialistischen Eigentums, der Planmäßigkeit und des demokratischen Zentralismus.

Die administrativen Methoden der Leitung beruhten bisher auf direktiven Aufgaben des Staatsplanes, der jedes Jahr von oben nach unten aufgeschlüsselt wird. Das ist die Grundlage des Kommando-Befehl-Systems der Wirtschaftsleitung. Dieses System soll beseitigt werden. Von jetzt an werden die Pläne des Betriebes und der wirtschaftlichen Vereinigung durch diese aufgestellt und bestätigt. Ihre Pläne müssen nicht durch irgendein übergeordnetes Leitungsorgan bestätigt werden. Erst recht wird es auch keine Aufschlüsselung des Planes mehr geben.

Der Betrieb, der mit der Aufstellung des Planes für das kommende Jahr beginnt, stellt in erster Linie ein Paket von Aufträgen auf der Basis der Bestellungen der Verbraucher zusammen. Verbraucher können auch staatliche Organe sein. In diesem Fall haben ihre Bestellungen den Charakter eines Staatsauftrages. Der Anteil der staatlichen Aufträge wird jedoch geringer. Sie werden vor allem die Bedürfnisse der Landesverteidigung, die Ausrüstung von staatlichen Baustellen und gesamtstaatliche Aufgaben betreffen. Bei der Produktion von Konsumgütern und im Dienstleistungswesen werden die Pläne ausschließlich auf der Grundlage der Bestellungen des Handels konzipiert.

Die Betriebe nehmen bei stabilen und langfristigen ökonomischen Normativen, die rechtzeitig vor Beginn des Planjahrfünfts festgelegt werden, die Berechnung ihrer ökonomischen Kennziffern vor und bestimmen den Erlös bei wirtschaftlicher Rechnungsführung, über den das jeweilige Arbeitskollektiv selbständig verfügen kann. Etwa ein Jahr vor Beginn des Planjahrfünfts werden dem Betrieb von der übergeordneten Organisation Kontrollziffern des kommenden Planjahrfünfts zugewiesen. Diese Kontrollziffern tragen beratenden, aber keinen direktiven Charakter und dienen als Ausgangsbasis für die Erstellung des Fünfjahrplans.

Diese prinzipiell neue Ordnung der Planung geht davon aus, daß die Betriebe auf Selbständigkeit, Eigenerwirtschaftung, Eigenfinanzierung und Selbstverwaltung hin orientiert werden. Diese vier Merkmale — jedes von ihnen beginnt mit dem Wort „eigen“ oder „selbst“ — begründen eine völlig neue wirtschaftliche Stellung der grundlegenden Produktionseinheit im System der ökonomischen Beziehungen in unserem Land. Nur unter solchen Bedingungen kann das Arbeitskollektiv des Betriebes wirklich der Hausherr, der Eigentümer und der Verwalter der ihm zugewiesenen Produktionsmittel werden.

Der Betrieb wird auf die vollständige wirtschaftliche Rechnungsführung umgestellt und begleicht somit seine Ausgaben mit den eigenen Einnahmen. Gegenwärtig decken die Einnahmen der Betriebe nur die laufenden Ausgaben, während ein bedeutender Teil der Investitionen der Betriebe durch zentralisierte Mittel realisiert wird. Die vollständige wirtschaftliche Rechnungsführung setzt die völlige Eigenerwirtschaftung voraus, bei der die Einnahmen aus der Realisierung der Produktion sowohl die laufenden Ausgaben als auch die Investitionen decken. Der Betrieb muß auch für alle in Anspruch genommenen Ressourcen zahlen. Heute zahlt man für die Natur-und Arbeitskräfteressourcen so gut wie nichts.

Die Schlüsselfrage des Übergangs zu ökonomischen Methoden der Leitung ist die begründete Festlegung der ökonomischen Normative, die zum wichtigsten Regulator der Tätigkeit der Betriebe unter den neuen Bedingungen des Wirtschaftens wird. Es ist klar, daß diese Normative stabil und langfristig sein müssen. Sie werden für mindestens fünf Jahre festgelegt und sind für den Betrieb einheitlich.

Es ist verständlich, daß sich die Betriebe mit einer hohen Rentabilität in einer besseren Lage befinden, während es für unrentable schwieriger ist. Insbesondere in vielen kapitalistischen Ländern ist ein einheitlicher Steuerprozentsatz für den Profit festgesetzt. Er ist ein wirksames Mittel zur Erhöhung der Rentabilität.

VII.

Quelle der Finanzierung umfassender Rekonstruktionen oder neuer Bauvorhaben soll der Bankkredit sein, den man erhalten kann, wenn man der Bank die Rentabilität der geplanten Maßnahme aufzeigt und u. a. die Fristen des Rückflusses und der Effektivität berechnet.

Unter den Bedingungen der vollständigen wirtschaftlichen Rechnungsführung der Betriebe hat die Umgestaltung der Preise, des Finanz-und Kre-ditsystems und der materiell-technischen Sicherstellung grundlegende Bedeutung. Der Betrieb kann nur dann selbständig sein, wenn ein Großhandel mit vielen Kanälen eingeführt wird, der auch direkte kommerzielle Verbindungen zwischen den Betrieben einschließt. Der Betrieb muß die Möglichkeit haben, den Lieferanten selbst auszuwählen. Die noch bestehende zentralisierte materiell-techrische Sicherstellung nach Fonds und Aufträgen ist der Hauptträger der administrativen Leitungsmethoden, der dem Betrieb völlig die Möglichkeit nimmt, frei zu handeln. Deshalb ist die Ablösung der zentralisierten materiell-technischen Sicherstellung durch den Handel mit Produktionsmitteln vielleicht die wesentlichste Maßnahme auf dem Weg des Übergangs von den administrativen zu wirtschaftlichen Methoden.

Was behindert einen derartigen Übergang? Vor allem das bestehende Preissystem, das nach dem Aufwand gebildet wird. Es ist eine grundlegende Reform der Preise notwendig. Dabei geht es um eine allgemeine Preisreform, die die Großhandelspreise, die Tarife, die Aufkaufpreise in der Landwirtschaft und die Einzelhandelspreise erfaßt. Sehr wichtig ist es auch, die Preise wesentlich nach den Arten der Produktion unter Berücksichtigung ihrer Qualität und der Effektivität des Verbrauchs zu differenzieren.

Die Reform der Preise sowie des Kredit-und Finanzsystems schafft die ökonomischen Voraussetzungen für eine Ablösung der bisherigen materiell-technischen Sicherstellung durch den Großhandel. Das bestehende Defizit, das auch die Ursache für die Anwendung der zentralisierten materiell-technischen Sicherstellung bei uns ist, ist hauptsächlich mit den Mängeln im wirtschaftlichen Mechanismus, mit den nicht richtigen Preisen, mit dem Vorhandensein überflüssigen Geldes verbunden und wurde durch die zentralisierte Versorgung selbst hervorgebracht. Wenn wir hier Ordnung schaffen, wird auch ein großer Teil der Mängel beseitigt.

Gleichzeitig trägt ein Teil des Defizits strukturellen Charakter; das hängt mit der ungenügenden Entwicklung einer Reihe von Produktionen zusammen. Dies geschah beispielsweise durch die Trennung der Produktion von den Bedürfnissen des Verbrauchers. Die Produktion entwickelte sich oftmals eigenständig und orientierte sich nur an eigenen, vorteilhaften Kennziffern. Deshalb produzieren wir viele Erzeugnisse in größeren Mengen, als für die Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse notwendig ist bzw. einige Erzeugnisse nur in geringeren Mengen. Es braucht Zeit, um die Produktion mit der Struktur der Bedürfnisse und der kaufkräftigen Nachfrage in Einklang zu bringen. Dafür werden wir zeitweise gezwungen sein, für bestimmte Arten von Ressourcen, an denen ein wirklicher Mangel besteht, eine limitierte Verteilung beizubehalten. Aber die grundlegende Form der Zuführung der Produktionsmittel an die Betriebe wird zukünftig der Großhandel sein. Prognosen sprechen davon, daß 1990 der Anteil des Großhandels bei der Versorgung der Betriebe mit Produktionsmitteln 60 Prozent betragen und 1992 bereits 80 bis 90 Prozent erreichen wird.

Die Entwicklung des Großhandels beinhaltet eine bedeutende Erweiterung des sozialistischen Marktes, die Aktivierung und Vertiefung der Ware-Geld-Beziehungen. Um den sozialistischen Markt zu einem wirksamen Instrument der Bewertung der gesellschaftlichen Nützlichkeit und der Effektivität der durch die Betriebe hergestellten Erzeugnisse zu gestalten, ist es notwendig, die Zahlungsfähigkeit dieser Betriebe zu sichern und das bestehende Monopol einzelner Betriebe für die Herstellung bestimmter Produktionsmittel zu beseitigen.

Der sozialistische Markt ist in der Hinsicht ein regulierbarer Markt, als die Preise für die wichtigsten Erzeugnisse durch den Staat festgelegt werden. Das betrifft z. B. Brennstoffe, Elektroenergie, wichtige Rohstoffe, Massenwalzgut und die wichtigsten Konsumgüter. Das wird deshalb getan, damit der Staat die Dynamik der Preise in der Hand behält, Inflationstendenzen vorbeugt und die Möglichkeit hat, überhöhte Preise zu verhindern. Gleichzeitig wird es aber auch eine dezentralisierte Preisbildung geben: Ein zunehmender Teil der Waren wird nach vertraglichen, also freien Preisen verkauft werden. Darüber hinaus können die staatlichen Organe über das System der ökonomischen Normative auf den Markt wirken und die zusätzliche Produktion der einen oder anderen Waren stimulieren oder andererseits durch ökonomische Maßnahmen die Herstellung von weniger effektiven Produkten begrenzen. Die schwierigste Frage der Umgestaltung des wirtschaftlichen Mechanismus ist, meiner Meinung nach, die Interessiertheit der Werktätigen an den Resultaten ihrer Arbeit zu sichern. Das Bestehen begründeter Preise und des Großhandels sowie die Beseitigung überflüssigen Geldes führt nicht automatisch dazu, die Versorgung der Betriebe oder der Bevölkerung mit Waren zu verbessern. Es ist zusätzlich erforderlich, daß es zum Vorteil wird, die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Deshalb besteht die Schlüsselfrage darin, den Arbeitslohn direkt von den Ergebnissen der Arbeit abhängig zu machen. Das System der vollständigen wirtschaftlichen Rechnungsführung und der Eigenfinanzierung gestattet das prinzipiell.

Der Staat trägt keine Verantwortung für die Konten des Betriebes, und der Betrieb hat keine Verantwortung für die Verpflichtungen des Staates. Von den Ergebnissen der Tätigkeit des Betriebes wird die Höhe der Lohnfonds jetzt unmittelbar abhängen. Das trifft auch für den Durchschnittslohn der Arbeiter und die Mittel für die soziale Entwicklung des Kollektivs zu. Unter diesen Bedingungen müssen das Kollektiv und der Betrieb selbständig wirtschaftliche Entscheidungen treffen und die materielle Verantwortung für diese tragen. Das bedeutet, daß die administrative Einschaltung in die Tätigkeit der Betriebe, wie sie jetzt noch erfolgt, unzulässig ist. Das bedeutet ferner, daß die Arbeit der Planungs-, Zweig-und Territorialorgane grundlegend neu gestaltet werden muß.

Die Planung muß vor allem auf die Begründetheit der ökonomischen Normative, der Preise, der Finanz-und Kreditbedingungen und der Stimuli sowie der staatlichen Aufträge nach einer begrenzten und immer mehr eingeschränkten Nomenklatur erfolgen. Natürlich werden auch die Richtungen der Nutzung der zentralistischen Mittel des Staates sowie die Schaffung neuer Wirtschaftszweige, großer Objekte, der Infrastruktur der Hauptverkehrswege, die Rekonstruktion der Städte usw. Gegenstände der Planung sein. Das alles erfordert, die Tätigkeit des Staatlichen Plankomitees und der anderen Planungsorgane auf perspektivische und strategische Fragen zu konzentrieren und von der laufenden Regulierung der Produktion wegzukommen. Die operative wirtschaftliche Tätigkeit wird jetzt nach unten verlagert und zum Gegenstand der wirtschaftlichen Vereinigungen und der Betriebe selber. Unter diesem Blickwinkel müssen auch die Fachministerien ihre Tätigkeit grundlegend neu gestalten. Sie müssen zu wissenschaftlich-technischen und planwirtschaftlichen Stäben werden und mit der kleinlichen Bevormundung der Betriebe aufhören. Die Territorialorgane müssen damit Schluß machen, Kollektive beispielsweise zu landwirtschaftlichen oder zu Bauarbeiten abzustellen, ohne zumindest die Aufwendungen auszugleichen. Das heißt: „Jeder hat sein Bündel selber zu tragen“.

VIII.

Dabei werden die Möglichkeiten der territorialen Organe im neuen wirtschaftlichen Mechanismus entscheidend erweitert. Man kann nur dann effektiv leiten, wenn man Ressourcen in den Händen hat. Die kommunalen Organe werden eine zuverlässige Quelle solcher Ressourcen erhalten. Die kommunalen Haushalte werden nach den ökonomischen Normativen durch die Abführung eines Teils der Zahlungen für regionale Ressourcen (Natur-und Arbeitskräfteressourcen) an sie und die Abführung eines Teils des Erlöses (um die Höhe des kommunalen Haushalts mit der Effektivität des Betriebes zu verbinden) gebildet. In die kommunalen Haushalte wird auch ein Teil der Steuern vom Umsatz der Produktion und des Verkaufs der entsprechenden Waren in dem jeweiligen Territorium abgeführt. Die kommunalen Organe der Staatsmacht leiten jetzt den Agrar-Industrie-Komplex. Ihnen sind die territorialen Bauorganisationen unterstellt. Ferner werden ihnen wichtige Funktionen bei der Produktion von Massenbedarfsgütern und der sozialen Entwicklung übertragen. Ich denke, daß in der Zukunft ein bedeutender Teil der kleinen und mittleren Betriebe aller Industriezweige den kommunalen Organen unterstellt werden wird.

Daraus folgt, daß die kommunalen Organe jetzt alle Möglichkeiten zur Sicherung der komplexen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ihrer Gebiete haben, einschließlich der Gründung von Genossenschaften und der Förderung individueller Erwerbstätigkeit. Aber dazu muß man mit dem parasitären Denken aufhören, mehr vor die eigene Tür schauen, die örtlichen Möglichkeiten und Reserven nutzen und nicht in den Himmel, in Richtung der hohen Führung blicken, die irgendetwas bereitstellt und irgendwie hilft, wie das in der Vergangenheit war. Durch die Beschlüsse der Regierung wurden den örtlichen Organen umfassende Rechte eingeräumt. Aber viele dieser Organe beherrschen diese Rechte noch nicht. Sie ziehen es vor, darüber zu klagen, daß alles beim Alten bleibt, daß die Ministerien weiterhin dieselben Rechte haben usw. Sie haben vergessen, daß man Rechte nicht einfach verteilt, sondern daß man sie sich aneignen muß, manchmal sogar eigenmächtig, so wie sich manchmal initiativreiche Stadtexekutivkomitees den Kultur-, Sozial-und Wohnungsbaufonds auf Ministeriumsebene aneignen, wie einzelne Regionen und Gebiete eine aktive Politik zum Umweltschutz betreiben, wie einzelne Republiken und örtliche Organe die Landwirtschaft oder den Wohnungsbau initiativreich entwickeln und die Ernährung der Bevölkerung, die Versorgung der Geschäfte mit Waren wesentlich verbessern und die Wartezeit auf eine neue Wohnung verkürzen. Aber leider sind das noch einzelne und keine allgemeinen Erscheinungen.

Die Trägheit vieler örtlicher Organe erklärt sich durch die ungenügend entwickelte Demokratie. Sie sind bisjetzt noch keinem ernsthaften Druck seitens der Werktätigen ausgesetzt, die die trägen Leiter durch aktivere und kühnere ersetzen müssen, wenn sie sehen, was sich beim Nachbarn tut, wo die Versorgungsbedingungen besser sind, wo mehr Wohnungen gebaut werden, wo die ökologische Situation besser wird. Deshalb ist die Entwicklung der Demokratie, wie auf dem Juni-Plenum (1987) des ZK der KPdSU richtig festgestellt wurde, die wichtigste Bedingung für die ganze Umgestaltung des Leitungssystems. Gerade im Verlauf der Entwicklung der Demokratie werden breite Massen von Werktätigen in die Umgestaltung einbezogen. Die Erhöhung der Rolle der Arbeitskollektive in den Betrieben, der Übergang zur Wählbarkeit der Leiter sind wichtige Meilensteine auf diesem Weg.

In der gegenwärtigen Etappe muß nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus die Tendenz der Entwicklung und Vertiefung der Demokratie eine vorrangige Bedeutung erhalten, während in den vergangenen Jahren eine Deformation dieses Merkmals erfolgte und der Zentralismus in vielem die demokratischen Anfänge der Leitung unterdrückte.

Mit dem Übergang zu ökonomischen Methoden nimmt die zentralisierte Lenkung der Entwicklung der sowjetischen Wirtschaft ein neues Aussehen an. Es wäre nicht richtig, den Zentralismus nur mit den staatlich vorgegebenen Direktivaufgaben und den kommando-und befehlsmäßigen Leitungsmethoden in Verbindung zu bringen. Hier ersetzt die Form den Inhalt. Die zentralisierten und für die gesamte Volkswirtschaft gleichen Aufgaben müssen und können unter den neuen Bedingungen durch ökonomische Methoden, d. h. durch mehr Demokratie gelöst werden. Hier ist die Berücksichtigung der ökonomischen Interessen der Menschen, die Anerkennung der Werktätigen als wirkliche Verwalter der Produktionsmittel, die sich in ihrer Disposition befinden, das Wichtigste. Die ökonomischen Methoden werden dann wirksam, wenn sie auf den Interessen der Menschen aufbauen. Wir müssen es lernen, unter Berücksichtigung der Interessen der Menschen zu leiten. Die Demokratisierung unserer gesamten Gesellschaft und die Entwicklung der Transparenz sind die Hauptrichtung der Umgestaltung. In bezug auf die Wirtschaft geht es um die Erhöhung der Rolle der Arbeitskollektive bei der Lösung der Wirtschaftsfragen, beim Übergang zur Selbstverwaltung. Im Gesetz über den staatlichen Betrieb werden den Arbeitskollektiven zur Bestätigung der Pläne der ökonomischen Entwicklung des Betriebes, zur Anwendung der Kriterien für die Entlohnung der Arbeit und zur sozialen Entwicklung der Belegschaft stärkere Rechte eingeräumt. Besondere Bedeutung hat das Recht der Arbeitskollektive, auf allen Produktionsebenen die wirtschaftlichen Leiter zu wählen. Früher wurde innerhalb des administrativen Systems der Leitung zusammen mit den Direktivkennziffern, die als Aufschlüsselung des Planes den Betrieben von oben zugewiesen wurden, auch der Leiter von oben bestellt. Jetzt ist unter den Bedingungen der vollständigen wirtschaftlichen Rechnungsführung und der Eigenfinanzierung, bei denen der Wohlstand des Kollektivs vor allem von der Organisation seiner Arbeit und dem Niveau seiner Produktivität abhängt, die Wahl eines Leiters natürlich, der als Führer des Arbeitskollektives hohe Effektivität erreicht.

IX.

Die Umgestaltung ist ein komplizierter, schmerzhafter Prozeß. Ihr Erfolg wird in vielem vom sozialpsychologischen Klima in der Gesellschaft abhängen, in der sie sich vollzieht. Das Schwierigste besteht hier in der Umgestaltung des Denkens, des Bewußtseins der Menschen; erst dann folgen Taten und die wirkliche Arbeit zur Veränderung der Gesellschaft.

Die Idee der Umgestaltung muß die Gesellschaft ergreifen. Dann kommt auch die Umgestaltung voran: Eine unschätzbare Unterstützung erweist die ideologische Sphäre — die Massenmedien. Transparenz, Wahrheit, Kritik und Selbstkritik — das sind die wirksamen Instrumente zur Vorbereitung eines neuen Bewußtseins. Die vorrangige Veränderung der ideologischen Sphäre ist somit ein mächtiger Impuls für die Umgestaltung der ökonomischen und der anderen Sphären der Gesellschaft.

Genau das vollzieht sich gegenwärtig in unserem Land. Dem bloßem Auge fallen die gewaltigen Veränderungen in der Presse, in den Fernsehsendungen, in der Arbeit der Schriftsteller, der Filmschaffenden und der Theater auf. Die Freiheit des Wortes entfaltet sich auf allen Gebieten. Es erfolgt eine kritische Analyse der sich vollziehenden Veränderungen, die Erfahrungen der vergangenen Jahre werden von der Position der Wahrheit aus gewertet. Alle fühlen, daß es sich leichter atmen läßt, daß das sozial-psychologische Klima im Land insgesamt den Veränderungen, der Umgestaltung nützlich ist. So arbeitet die Transparenz für die Wirtschaft und stimuliert die ökonomische Reform.

In welcher Etappe befinden wir uns jetzt? Ganz am Anfang. Wir beginnen praktisch erst mit der Umgestaltung. Die größte Aufmerksamkeit während dieser ersten Etappe wurde den sozialen Faktoren der Beschleunigung gewidmet. Man mußte die Werktätigen von der Notwendigkeit einer Umgestaltung überzeugen. In dieser Hinsicht wurde nach meiner Meinung eine sehr große Arbeit geleistet und die Resultate bestehen darin, daß breite Massen psychologisch auf die Umgestaltung vorbereitet sind. Andererseits haben sich der Appell zur Disziplin, zur Ordnung, zur Verantwortung, zur Initiative, die Stärkung der wirtschaftlichen Leitungskader, die Möglichkeiten, zu experimentieren und mit größerer Selbständigkeit zu arbeiten, positiv auf unsere Entwicklung ausgewirkt.

Was erbrachten die ersten Schritte der Umgestaltung? Im sozialen Bereich haben wir in erster Linie der Erweiterung des Wohnungs-und des gesellschaftlichen Baus die größte Aufmerksamkeit gewidmet.

In den vergangenen 20 Jahren hat der Umfang des Wohnungsbaus, ungeachtet des Anwachsens der Bevölkerung vor allem in den Städten, nicht zugenommen. Durchschnittlich haben wirjedes Jahr 100 bis 105 Millionen Quadratmeter Wohnraum gebaut und übergeben. 1986, im ersten Jahr der Umgestaltung, ist es uns gelungen, 118 Millionen Quadratmeter Wohnraum schlüsselfertig zu übergeben. Für 1987 wird die Übergabe von 128 Millionen Quadratmetern erwartet. Wenn wir früher jährlich je zwei Millionen Wohnungen und Häuser gebaut haben, so errichteten wir in den beiden letzten Jahren 2, 3 bis 2, 4 Millionen Wohnungen. In den neunziger Jahren werden wir jährlich je drei Millionen Wohnungen bauen. In einem noch größeren Umfang wachsen die Kennziffern im kommunalen Bauwesen. Immer mehr Kindereinrichtungen, Schulen, Krankenhäuser und kulturelle Einrichtungen werden ihrer Bestimmung übergeben. Der Zuwachs beträgt hier durchschnittlich mehr als 50 Prozent. Damit ist es gelungen, die negative Tendenz der Verringerung des Anteils der Investitionen für den Kultur-, Sozial-und Wohnungsbau zu beseitigen. Dieser Anteil nimmt jetzt zu.

Ein anderes Gebiet, auf dem die ersten Fortschritte erreicht wurden, ist die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen mit Lebensmitteln. Wie bekannt, existiert in vielen Gebieten des Landes ein Mangel an Fleisch-und Milchprodukten, an Obst und Gemüse. In der letzten Zeit hat sich die landwirtschaftliche Pro-Kopf-Produktion nicht vergrößert. Für die Verbesserung der Versorgung mit Lebensmitteln mußten umfangreiche Importe an Getreide, Fleisch und an anderen Lebensmitteln getätigt werden. 1986 ist es erstmals seit einigen Jahren gelungen, bei der Entwicklung des Lebensmittel-komplexes einen großen Schritt nach vom zu tun. Innerhalb eines Jahres stieg die landwirtschaftliche Produktion um 5, 1 Prozent. Im Vergleich zum jahresdurchschnittlichen Umfang der Produktion des elften Planjahrfünfts stieg unter anderem die Getreideproduktion im Land von 180 auf 210 Millionen Tonnen, die von Fleisch von 16, 2 auf 17, 7 Millionen Tonnen und die von Milch von 94, 6 auf 101, 1 Millionen Tonnen. Das ermöglichte es, den Import von Lebensmitteln um die Hälfte zu senken und gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch-und Milchprodukten und mit Obst und Gemüse etwas zu verbessern. Innerhalb eines Jahres stieg der Verkauf von Fleisch-und Milchprodukten um sechs bis sieben Prozent, der von Obst um 20 Prozent.

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Das alles war ein Resultat der neuen Investitionspolitik und der neuen Politik im Bereich Wissenschaft und Technik (mit Konzentration auf den Einsatz intensiver Technologien), der grundlegenden Umgestaltung des Leitungssystems innerhalb des Agrar-Industrie-Komplexes und des Wirtschaftsmechanismus in der Landwirtschaft, wo man sich besonders auf die Erweiterung der Selbständigkeit der Kollektivwirtschaften und der Staatsgüter und die breite Einführung der Familien-und Kollektiv-verträge konzentrierte.

Natürlich hat sich noch kein wirklicher Fortschritt bei der Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln vollzogen. Unter den Bedingungen eines unzureichenden Angebots war die Zunahme an Fleisch-und Milchprodukten um sechs Prozent nur schwach merkbar. Daher besteht die Aufgabe, innerhalb von zwei bis drei Jahren zu erreichen, daß jede sowjetische Familie die Veränderungen zum Besseren in ihrem täglichen Leben spüren wird, darunter auch auf dem Gebiet der Lebensmittelversorgung.

Ein bestimmter Umschwung zeichnet sich auch auf dem Gebiet der gesundheitlichen Betreuung der Bevölkerung ab. Hier wurden Sofortmaßnahmen zur Entwicklung des Gesundheitswesens beschlossen. Für die Mitarbeiter des Gesundheitswesens wurde eine Lohnerhöhung von 40 Prozent eingeführt. Es wurde der Entwurf über die grundlegende Umgestaltung des Gesundheitswesens des Landes veröffentlicht, der zur Volksaussprache unterbreitet wurde. Auch der Kampf gegen die Trunksucht, der seit zwei Jahren geführt wird, trägt zur Festigung der Gesundheit der Bevölkerung bei. Im Ergebnis dieses Kampfes wurde der Verkauf von Spirituosen im Land um die Hälfte verringert. Das führte dazu, daß die Sterblichkeitsquote bei den Männern im arbeitsfähigen Alter durch Verletzungen, Unglücksfälle und Vergiftungen um ein Drittel zurückging. Im Ergebnis aller Maßnahmen sank die Sterblichkeit der gesamten Bevölkerung in den vergangenen zwei Jahren von 10, 8 auf 9, 6 je 1 000 Einwohner. Die durchschnittliche Lebenserwartung stieg erstmals seit 20 Jahren um zwei Jahre.

Bestimmte Fortschritte lassen sich auch in den anderen Bereichen des sozialen Lebens der Menschen beobachten. So hat sich der Umfang der bezahlten Dienstleistungen verdoppelt. Eine Schulreform wird durchgeführt. Der Lohn der Lehrer wurde bereits um 30 Prozent erhöht. Die materiell-technische Basis der Schule wurde bedeutend verbessert. Wir stehen kurz davor, um in den kommenden drei Jahren die Nachfrage der Familien an Kindereinrichtungen vollständig zu befriedigen. Dafür wurden spezielle Maßnahmen zur Erweiterung des Netzes dieser Einrichtungen in allen Regionen des Landes beschlossen. Aber all das ist nur ein Anfang, die ersten Schritte. Im sozialen Bereich muß noch viel getan werden.

Konsequent wird auch der Kurs auf die technische Umrüstung der Volkswirtschaft, in erster Linie des Maschinenbaus, verfolgt. Insgesamt hat sich das Zuwachstempo der Arbeitsproduktivität und der anderen Kennziffern für die Effektivität in unserer Volkswirtschaft erhöht. Wenn zum Beispiel in den vergangenen Jahren die Arbeitsproduktivität in der Industrie jährlich durchschnittlich um zwei bis drei Prozent gestiegen ist, so hat sie sich 1986 um 4, 5 Prozent erhöht. Für 1987 werden vier Prozent erwartet. Erstmals wird der ganze Zuwachs der Industrieproduktion durch die Erhöhung der Arbeitsproduktivität erreicht.

Gleichzeitig hat sich die Dynamik der Grundfondswirksamkeit in der Volkswirtschaft verbessert. Wenn in der Vergangenheit die Grundfondswirksamkeit jährlich um drei Prozent gesunken ist, wurde dieser Prozeß 1986 auf ein Prozent begrenzt. Die Aufgabe besteht darin, daß sich 1990 diese sehr wichtige Kennziffer der Effektivität stabilisiert und danach auch allmählich erhöht wird.

Aber auch hier ist vorläufig kein grundlegender Umschwung erreicht worden, weil für die Beschleunigung noch keine feste Basis in der Form neuer Technik und eines neuen Leitungssystems besteht. Gerade daran wird gegenwärtig gearbeitet.

Die Umgestaltung unserer Gesellschaft hat die Menschen in Bewegung gebracht, hat sie aktiviert. Erste Erfolge wurden erreicht, aber das Wichtigste steht noch bevor.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Abel G. Aganbegjan, geb. 1932 in Tbilissi; 1961 bis 1967 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Ökologie und Organisation der Wirtschaftsproduktion der Sibirischen Abteilung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR; 1967 bis 1985 Direktor desselben Instituts; Vorsitzender der Kommission zum Studium der Produktivkräfte und der Naturressourcen beim Präsidium der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Seit 1974 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Seit 1986 Leiter der Wirtschaftsabteilung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und Präsidiumsmitglied der Akademie. Zahlreiche Veröffentlichungen zu ökonomischen Themen.