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Mehr direkte Demokratie? Volksbegehren und Volksentscheid im internationalen Vergleich | APuZ 42/1987 | bpb.de

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APuZ 42/1987 Artikel 1 Zur Rechtfertigung des Mehrheitsprinzips in der Demokratie Politik und Sachverstand Zur Freiheit parlamentarischer Entscheidung in der wissenschaftlichen Zivilisation Mehr direkte Demokratie? Volksbegehren und Volksentscheid im internationalen Vergleich

Mehr direkte Demokratie? Volksbegehren und Volksentscheid im internationalen Vergleich

Michael Strübel

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Zusammenfassung

Auf kommunaler und auf Landesebene wird immer wieder versucht, über Volksbegehren und Volksentscheid Einfluß auf den politischen Entscheidungsprozeß zu nehmen. Dabei wird offensichtlich, daß es sich um eine demokratietheoretisch und staatsrechtlich brisante Frage handelt. In der Bundesrepublik Deutschland haben die Erfahrungen aus der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus die Skepsis der „Verfassungsväter“ und der Kommission zur Parlamentsreform plebiszitären Elementen gegenüber begründet. Nach einer Klärung der Begrifflichkeit und der Erörterung von Bewertungskriterien wird die Referendumspraxis in europäischen Demokratien und den USA untersucht. Aus der vergleichenden Analyse geht hervor, daß generalisierende Aussagen nur schwer vorzunehmen sind und gängige Argumentationen einer differenzierten Betrachtungsweise gegenübergestellt werden müssen. Der Befund des Vergleichs zeigt, daß die bundesdeutsche Demokratie sich durch eine ausgeprägte Referendums-Abstinenz auszeichnet. Die sozialintegrativen und konsensfördemden Momente, wie sie sich durch die Institution von Volksbegehren und Volksentscheid für politische Systeme ergeben können, bleiben damit ausgeklammert. Dies gilt auch für die dem Demokratisierungsprozeß immanenten Aspekte der Partizipation und Machtkontrolle. Schließlich wird anhand sozialwissenschaftlicher Ansätze der Parlamentarismuskritik der Frage nachgegangen. ob grundlegende politische Innovationen — jenseits von Parteineugründungen und den Aktivitäten neuer sozialer Bewegungen — nicht durch eine plebiszitäre Erweiterung des Grundgesetzes leichter erfolgen könnten.

I. Vorbemerkung

Die Diskussion über direkte und indirekte Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger an der politischen Willensbildung ist so alt wie die Entwicklung der Demokratie selbst. Sie bildet eines der Kernstücke der politischen Theorie, die von Aristoteles über Rousseau und Marx bis hin zu Max Weber und den Staatstheoretikem dieses Jahrhunderts reicht. Dabei wird zwangsläufig das Spannungsfeld von repräsentativer Demokratie und Elementen der direkten Demokratie offengelegt. Auch wenn momentan die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheid nicht gerade die Tagespolitik innerhalb wie außerhalb der bundesdeutschen Parteienlandschaft bestimmt, so ist es doch ein Thema, das aktuell bleibt und in regelmäßigen Abständen ins Gespräch gebracht wird.

Soziale, alternative und populistische Protestbewegungen von links wie von rechts machen immer wieder den Versuch, das tradierte Repräsentationssystem des Parlamentarismus zu durchbrechen: So hatten Arbeiterbewegung und Gewerkschaften schon früh die Einführung der Wirtschaftsdemokratie auf ihre Fahnen geschrieben; die „Neue Linke“ und die außerparlamentarische Opposition der sechziger und siebziger Jahre strebten Strukturen eines Rätesystems an; die Friedensbewegung setzte und setzt sich ebenfalls für plebiszitäre Elemente ein. Gegenüber antidemokratischen Strömungen wie der nationalsozialistischen und faschistischen Massenbewegung in Deutschland und Italien unterscheiden sie sich in zentralen Punkten. Während bei den einen das Führerprinzip und die Massenmobilisierung im Vordergrund stehen, und das Volk, aufgepeitscht durch militaristische und nationalistische Propaganda zur Akklamation mißbraucht wird, versuchen zumindest die neuen sozialen Bewegungen die Ausweitung von Partizipationsrechten zu erreichen und die Legitimations-und Form-krise des parlamentarischen Systems nicht zur Abschaffung der Demokratie, sondern zur Demokratisierung von Staat und Gesellschaft zu nutzen.

Die Forderung nach Durchführung von Plebisziten stößt in der Bundesrepublik allerdings auf tiefgreifende politische Vorbehalte. Das Grundgesetz, ursprünglich als „Provisorium“ vorgesehen, enthält im Gegensatz zu den Landesverfassungen bekanntlich keine Elemente von Volksbegehren und Volksentscheid, sieht man einmal von dem Sonderfall der Ländemeugliederung ab. In den Beratungen um eine Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland finden sich immer wieder Hinweise auf die negativen Erfahrungen in der Zeit der Weimarer Republik und vor allem des Nationalsozialismus. Die Zentrumsfraktion reichte im Parlamentarischen Rat einen Antrag ein, demzufolge bindende Volksentscheide nach erfolgten Volksbegehren ermöglicht werden sollten. Dieser Vorschlag wurde ebenso abgelehnt wie der Antrag an den Verfassungskonvent, bei Grundgesetzänderungen neben einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag einen Volksentscheid zu veranlassen, bei dem die Hälfte der Stimmberechtigten mit relativer Mehrheit entscheiden kann

Auch spätere Überprüfungen, wie sie etwa die Enquete-Kommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestags vornahm, brachten im Ergebnis keine neuen Vorschläge. Im Gegenteil: Volksbegehren, Volksbefragung und Volksentscheid wurden als „keine geeigneten Instrumente“ angesehen, „die Legitimation und Handlungsfähigkeit der repräsentativ-parlamentarischen Demokratie zu verstärken“. Vielmehr bestünde die Gefahr, so die Kommission in ihrem Abschlußbericht, daß „sie die Bedeutung des Parlaments verringern und die Funktions-und Integrationsfähigkeit der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik insgesamt beeinträchtigen“

Inzwischen werden aber zunehmend Stimmen laut, die diese Position für historisch bedingt halten und sie nicht als irreversibel hinnehmen möchten. Es wird — vereinzelt bis in die Parteien des Deutschen Bundestages hinein — für eine plebiszitäre Erweiterung des Grundgesetzes plädiert, nicht zuletzt un-ter Hinweis auf die Verfassungen anderer europäischer Staaten. Diese Debatte steht im Zusammenhang mit einer Parlamentarismuskritik, die nicht allein auf die „Neue Linke“ beschränkt ist und sich keineswegs in reiner Negation erschöpft. Sie ist zumindest in der wissenschaftlichen Reflexion eng verbunden mit Reformüberlegungen, unter die auch die Möglichkeit des Rückgriffs aufplebiszitäre Elemente zu subsumieren wäre. Davon wird ausführlicher die Rede sein müssen, ehe nach eventuellen Folgerungen des Ländervergleichs für das Repräsentativsystem der Bundesrepublik gefragt werden kann. Notwendig ist zuerst eine Begriffserklärung, ohne die eine adäquate Bewertung der oft differierenden Referendumspraxis in Europa und in den USA nicht möglich ist.

II. Begriffserklärung und Bewertungskriterien

Unter dem Sammelbegriff „Plebiszit“ ist die Entscheidung über politische Sach-oder auch Personalfragen unmittelbar durch das Volk zu verstehen. Da aus historischer Sicht Plebiszite vor allem in monarchistischen und diktatorischen Systemen stattfanden, wird für demokratische Staaten dem Ausdruck „Referendum“ der Vorzug gegeben Moderne Erscheinungsformen des Referendums sind das Volksbegehren, der Volksentscheid und die Volks-gesetzgebung. Als Volksbegehren, auch Volksinitiative genannt, ist das Recht des ganzen oder eines Teils des Volkes zu verstehen, eine Frage beliebigen Inhalts öffentlich zur Diskussion zu stellen, mit dem Ziel, einen Volksentscheid anzustreben. Beim Volksentscheid erfolgt eine unmittelbare, direkte Abstimmung über ein politisches Thema durch das Volk. Dabei ist zu unterscheiden zwischen obligatorischem und fakultativem Volksentscheid. Ersterer betrifft eine zwingende verfassungsrechtliche Anordnung, etwa bei der Annahme von Verfassungen oder bei Verfassungsänderungen. Fakultativ und damit von geringerer Verbindlichkeit sind Volksentscheide, deren Anordnungen im freien Ermessen von Staatsorganen stehen oder die von der erfolgreichen Durchführung eines Volksbegehrens abhängen

Die Volksgesetzgebung umfaßt den Erlaß oder die Verwerfung von Gesetzen durch das Volk, sie schließt auch Gesetzesinitiativen ein, die man in positive, auf Erlaß gerichtete, und negative, auf Verwerfung oder Abschaffung abzielende Maßnahmen untergliedern kann. Inwieweit solche Entscheidungen rechtlich bindende Wirkung haben, ist, wie noch zu zeigen sein wird, unterschiedlich geregelt. Schließlich wäre noch die Volksbefragung anzuführen, bei der eine offizielle, durch oberste Staatsorgane veranlaßte informatorische Befragung des Volkes vorgenommen wird. Jenseits dieser begrifflichen Differenzierung, die es in anderen Sprachen in dieser Form nicht gibt sind verschiedene Typologien aufgestellt worden, die die inhaltliche Ebene umfassen.

Eine historische Analyse unterscheidet Plebiszite über Personen und Gebietszugehörigkeiten, Plebiszite in Diktaturen und Verfassungsreferenden bei der Ablösung von Monarchien und der Errichtung von Republiken in der Folge von bürgerlichen Revolutionen -Diese Betrachtungsweise ist später ergänzt worden durch funktionalistische Ansätze, deren Ziel es ist, die Politikfelder und Themen, über die abgestimmt wurde, zu untersuchen und die Rolle der Regierung bei den Referenden zu analysieren. So hat eine vergleichende Studie zu Referenden in europäischen Demokratien seit 1900 konstitutionelle, moralische, pragmatische und territoriale Themenkomplexe, sogenannte Issues, unterschieden. Die Mehrzahl der Abstimmungen betraf danach den ersten Typus, bei dem es um die Annahme von Verfassungen, Verfassungs-und Wahländerungen ging. Moralthemen wie Scheidungsgesetze und Alkoholverbot sowie „pragmatische“ Fragen wie die nach der Höhe der Pension oder Probleme des Bodenrechts sind dabei eher marginal. Bei den territorialen Themen, zu denen maßgeblich der Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft oder strittige Gebietszugehörigkeiten gehören, ist hingegen wieder eine höhere Zahl von Referenden aufzufinden

Zwar werden Querschnittanalysen dieser Art, die fast ein Jahrhundert umfassen, dem spezifischen Charakter der jeweiligen Vorgänge kaum gerecht, sie zeigen aber einen bemerkenswerten Befund für westeuropäische Demokratien: Die Mehrzahl der Staaten verfügt über ein verfassungsmäßiges Instrumentarium direkter Demokratie außerhalb des regelmäßigen Wahlvorgangs. Und diese Einrichtungen waren für viele Demokratien sogar konstitutiv, zum Beispiel indem sie die Monarchie beendeten und es möglich machten, daß eine republikanische Verfassung durch die Mehrheit des Volkes in direkter Abstimmung angenommen werden konnte. Zudem gaben sie den Anstoß für strukturelle Veränderungen und Reformen des politischen Systems, unter anderem durch Schaffung des Frauenwahlrechts und die Herabsetzung des Wahlalters. Um jedoch die Auswirkungen der Referenden konkreter bewerten zu können, muß die funktionalistische Analyse erweitert werden. Moderne Begriffe wie Partizipation, Transparenz und Effizienz werden zum Maßstab dafür, wie tief der Demokratisierungsprozeß geht, ob durch besondere Mitwirkungsmöglichkeiten der Staatsbürger ihre Handlungsspielräume ausgeweitet werden und ob eine Kontrolle politischer Macht jenseits des Wahlprozesses stattfindet

Nur mit Einschränkungen trifft die normative Betrachtungsweise, die die klassischen Kriterien der Links-Rechts-Einteilung anwendet, das Problem. Linke Parteien würden danach höheren Wert legen auf mehr Gleichheit in der Gesellschaft, mehr Staat als Garant sozialer Sicherheit, auf ein eher konflikt-orientiertes Politikverständnis und die Hervorhebung internationaler Solidarität. Rechte, bürgerlich-konservative Werte für Parteien im Links-Rechts-Spektrum wären Themen wie Ruhe und Ordnung, wirtschaftliche Freizügigkeit, Harmonisierung sozialer Konflikte und anderes mehr Dieses Schema verfehlt aber in unserem Kontext die objektiven Gegebenheiten, da Themen wie Mitgliedschaft in der EG, Einstellungen zur Kernenergie, Probleme der territorialen Zugehörigkeit von Volksgruppen nicht auf das Links-Rechts-Kontinuum übertragen werden können. Das bedeutet aber nicht, daß Parteien und ihre Programme dadurch obsolet werden. Ihre Rolle ist nur ambivalenter, als sie sich in der ideologischen Vereinfachung darstellt, wie es sich im Blick auf die Referenden einzelner Länder zeigt.

III. Volksbegehren und Volksentscheid im internationalen Vergleich

1. Beispiel Schweiz Die in Europa bekannteste älteste Form der unmittelbaren, direkten Demokratie geht zurück in die Zeit der griechischen Stadtstaaten. Auch im antiken Rom organisierten die Plebejer öffentliche Voten ihrer Klasse, woher der Ausdruck „Plebiszit“ etymologisch abgeleitet wird. Die längste Tradition in der Neuzeit hat diese Institution in der Schweiz, wo sie sowohl im alteidgenössischen Staatenbund-system wie später in der Bundesstaatengründung vorgesehen wurde. Sie soll deshalb besonders behandelt werden, zumal dieses Land durch die Vielfalt von Referendumsmöglichkeiten, ob obligatorisch oder fakultativ, auf Bundes-oder Kantons-ebene, und begünstigt durch die geringeren Quoten für Gesetzesinitiativen und -referenden inzwischen zur Referendums-Demokratie par excellence geworden ist. Auf Bundesebene müssen alle Verfassungsänderungen in einem Volksentscheid den Bürgern zur Annahme bzw. zur Ablehnung vorgelegt werden, wobei die Abstimmungsberechtigten oder die Kantone Änderungsvorschläge zusätzlich einbringen können. Bundesgesetze müssen auf Antrag von mindestens acht Kantonen oder von 50 000 Bürgern ebenfalls von der Bevölkerung bestätigt werden. Ähnliches gilt für völkerrechtliche Verträge

Die letzten in der Schweiz durchgeführten Referenden, in denen sich breite Mehrheiten gegen den Beitritt der Schweiz zur UNO aussprachen, verschärfte Asylgesetze begrüßten und einer Mitsprache des Volkes bei Militärausgaben ablehnend gegenüberstanden, deuten darauf hin, daß sich hier eher konservative Einstellungen und Meinungen durchgesetzt haben. Volksbegehren der Linken wie das Rüstungsreferendum oder die Atomschutz-Initiative, bei der der Bau von Atomkraftwerken gestoppt werden sollte konnten bislang keine durchschlagenden Erfolge verbuchen.

Dennoch wäre es verfehlt, im Sinne der normativen Theorie der Referendumsdemokratie nur eine den Status quo stabilisierende und jede Veränderung blockierende Wirkung im politischen Entscheidungsprozeß zuzusprechen. Empirische Untersuchungen zeigen, daß sich die Annahme und Verwerfung von Referenden und Verfassungsinitiativen in etwa die Waage halten Auch ist die wachsende Stimmabstinenz der Bürger und ihre abnehmende Partizipation bei Wahlen und Abstimmungen nur teilweise auf die hohe Zahl nationaler, kantonaler und kommunaler Referenden zurückzuführen. Mindestens ebenso wichtig ist die spezifische Ausprägung der Konkordanzdemokratie, in der Föderalismus, Gewaltenteilung und Proporz zu einem statischen System der Konsensermittelung geführt haben. Was fehlt, sind konkurrierende Mehrheitsentscheidungen zu kontroversen Themen und konfliktorische Muster der politischen Willensbildung, wobei Streitpunkte möglichst schon im plebiszitären Vorfeld geklärt werden.

Die Tatsache, daß die Schweiz sich trotzdem nicht, wie unterstellt, von einer Abstimmungs-zu einer Verhandlungsdemokratie entwickelt hat, wird durch die Offenheit, mit der um Sachfragen gestritten wird, wie durch die Themen der Referenden belegt. Immerhin läßt sich festhalten, daß laizistische Reformen wie die Einführung der Zivilehe, aufklärerische Errungenschaften wie die Abschaffung der Todesstrafe eine Mehrheit fanden und rechtsradikale Gegeninitiativen abgelehnt wurden. Im übrigen bleibt die Schweiz ein singulärer Fall: Das Beispiel des Mehrvölkerstaates mit seiner politischen Kultur, zu der der „übersprungene Absolutismus“ ebenso gehört wie eine recht breite „xenophobe Tendenz in der Bevölkerung“ die auch im Volksbegehren und Volksentscheid ihren Niederschlag findet, kann nicht verallgemeinert werden. Aber trotz Schattenseiten des Plebiszits, und dazu gehören auch die Langwierigkeit der Entscheidungsfindung oder die zeitweise Verhinderung ziel-orientierter Politikgestaltung, — die Vorteile für das politische System halten dem durchaus die Waage. Auch insofern als die direkte Demokratie gegenwärtiger schweizerischer Ausprägung einen Lernprozeß wenigstens der politisch Interessierten fördert, die gewaltlose Konfliktregelung und die sprachlich-kulturelle und soziale Integration begünstigt, den durch Volksabstimmung sanktionierten Entscheidungen erhöhte Durchsetzbarkeit gewährt und Stabilität und Kontinuität sichert

Bliebe noch darauf hinzuweisen, daß in der eidgenössischen Demokratie das Referendum zu einer besonderen Form des Minderheitenschutzes geführt hat. Eine Gruppe, die imstande ist, ein Volksbegehren einzuleiten und es erfolgreich durchzuziehen, muß von der Regierung ernst genommen werden und sei es auch nur mit dem Ziel, einen Volksentscheid zu vermeiden. Im politischen System selbst mußten „institutioneile Sicherungen in Form neuer Konfliktregelungsmuster eingebaut werden“ auch und nicht zuletzt, um das Risiko einer Verwerfung eigener Gesetzesvorlagen auszuschließen. Daß gerade im Rahmen eines kulturell, sprachlich und religiös fragmentierten Staates, wie ihn die Schweiz verkörpert, einer solch integrativen Funktion der direkten Demokratie besondere Bedeutung zukommt, braucht nicht eigens betont zu werden. 2. Referendum und Präsidialdemokratie Eine strukturell andere Situation als in der Schweiz liegt in den präsidialen Regierungssystemen vor. In dem Spannungsfeld zwischen direkt gewähltem Präsidenten und der von ihm eingesetzten Regierung einerseits, den parlamentarischen Kontrollgremien andererseits, kann möglicherweise der Rekurs auf plebiszitäre Elemente die latenten Konflikte eher noch verschärfen. Er kann aber auch dem Volk eine Schiedsrichterrolle in einer Konflikt-situation zuweisen, in der die Direktwahl des Präsidenten oder des Parlaments keinen Ausweg aus einer Krise mehr offenläßt.

Für beide Hypothesen bietet das französische politische System einige Anhaltspunkte. In Frankreich führt von der Einrichtung der bonapartistischen Plebiszite eine Traditionslinie zu der „plebiszitärlegitimierten Monarchie“ eines de Gaulle Nun ist die „gaullistische“ Mischform von Sachreferendum und Personenplebiszit mit guten Gründen der Kritik unterworfen worden, ähnelt dies doch zu sehr der von Max Weber mit Sympathie betrachteten „caesarischen Wendung der Führerauslese“. Allerdings wollte Weber die Akklamation für charismatische Eliten und Führer durch Plebiszite konterkariert sehen durch ein starkes Parlament und . verantwortliche Parlamentsparteien sowie eine funktionierende Bürokratie Unter der Präsidentschaft de Gaulles wurde ausgiebig die plebiszitäre Verfassungskomponente gestärkt. Er ließ abstimmen über die Verfassung der Fünften Republik (1958), die Grundsatzentscheidung für die Autonomie Algeriens (1961), den Vertrag über die Dekolonialisierung der ehemals französischen Kolonien (1962) und Fragen der Dezentralisierung (1969). Das letzte Referendum, das nach dem Aufbruch der Studentenbewegung zur Machtdemonstration für den Präsidenten werden sollte, verlor der General und dankte ab. Ohne die Einrichtung des Plebiszits hätte sich jedoch für de Gaulle kaum die Möglichkeit eröffnet, den Algerien-Krieg zu beenden, obwohl diese Entscheidung in der Bevölkerung heftig umstritten war und von putschbereiten Generälen und der militanten Gruppe OAS rigoros abgelehnt wurde. Aufgrund der Erfahrung in dieser Ära, in der der Präsident das Prinzip, sein politisches Überleben mit dem Ausgang der Abstimmungen zu verknüpfen, überstrapaziert hatte, wurde in der Folgezeit das Referendum etwas zurückhaltender eingesetzt

Sein Nachfolger wollte 1972 einen weiteren Volksentscheid über die EG-Mitgliedschaft veranstalten, für den aber infolge des Boykotts durch die Opposition das Quorum nicht erreicht wurde. Im Sommer 1984 schließlich brachte Präsident Mitterrand eine Verfassungsänderung des Artikels ins Gespräch, der die Themenbereiche festsetzt, zu denen der Präsident ein Referendum veranlassen kann. Ein solches „Referendum über ein Referendum“, das den Bereich der Grundfreiheiten umfassen sollte erschien aber weder mehrheitsfähig noch politisch opportun. Da die Opposition die Überlegungen zum Anlaß nahm, selber Vorschläge einzubringen, um das Instrument des Volksbegehrens generell zu stärken und auch gegen den Präsidenten potentiell einsetzbar zu machen, kam die sozialistische Regierung in Argumentationsschwierigkeiten. Der Plan wurde ad acta gelegt. An diesem Vorgang wird deutlich, daß Referenden in Präsidialdemokratien die konkurrierenden Legitimationsansprüche des direkt gewählten Präsidenten und seiner Regierung einerseits und der parlamentarischen Institutionen andererseits eher forcieren als mindern können.

Auch aus den USA, wo es Modelle der Bürgerbeteiligung im kommunalen Bereich sowie Referenden auf Bundesstaatsebene gibt, liegen unterschiedliche Erfahrungen vor. Besonders in Sachen Moral erweist sich die puritanische Einstellung der protestantisch-angelsächsisch geprägten „middle dass“, gekoppelt mit einer öffentlichkeitswirksamen Penetration der Medien durch finanzkräftige Interessengruppen, bei Referendums-Kampagnen in vielen Fällen als ausschlaggebend; das konservative Element kommt überproportional zum Tragen Auf der anderen Seite hat beispielsweise die neue amerikanische Friedensbewegung die sich das Einfrieren der Atomrüstung vorgenommen hat, durch ihre Aktionen „von unten“ auf den Ebenen der direkten Demokratie einen beachtlichen Erfolg zu verbuchen. Die Mobilisierungsarbeit der Freeze-Kampagne, sei es für Abstimmungen in Vollversammlungen der Bürger einer Gemeinde (townmeetings) oder bei Referenden auf der Ebene der Bundesstaaten, hat das öffentliche Bewußtsein stark beeinflußt. Zwar blieb der „Freeze-Now“ -Bewegung ähnlich wie der westeuropäischen Friedensbewegung der unmittelbare politische Durchbruch versagt, ihre mittelbare Wirkung ist jedoch nicht gering zu schätzen, was sich in der Bildung zahlreicher sympathisierender Berufsgruppen wie der Ärzte-Initiative gegen den Atomkrieg oder von Naturwissenschaftlern gegen das SDI-Projekt zeigt. Die einprägsamen Formulierungen der „FreezeNow“ -Deklamationen, das Bemühen um partei-übergreifende Bündnisformen, die pragmatischen Organisationsmuster, die Vielfältigkeit und Spontanität der gewaltfreien Kampagnen, die bereits im Protest gegen den Vietnam-Krieg eingeübt worden waren, alles das hat eine neue politische Kultur des Basisengagements geschaffen. Ohne die diversen Einrichtungen des Volksbegehrens wären die Bürgeraktionen weit weniger erfolgreich verlaufen. Senatoren und Kongreßabgeordnete konnten sich von Fall zu Fall darauf berufen.

Das amerikanische System der Demokratie, in der nicht nur die Wahlmänner der Präsidentschaftswahl, Senatoren und Kongreßabgeordnete, sondern auch Gouverneure, Bürgermeister, Richter, Staatsanwälte und Sheriffs direkt gewählt werden, zeigt zweierlei: Erstens kommt es nicht zu sich wi.dersprechenden Legitimationsansprüchen von gewählten Mandatsträgern, und zweitens lösen die amerikanischen Stimmbürger oft auf eine recht pragmatische Weise umstrittene Sachfragen. So sprachen sich bei den Referenden anläßlich der Kongreßwahlen im November 1986 in neun Bundesstaaten die Wähler für eine staatliche Lotterie aus, um Steuererhöhungen vorzubeugen. Im Staat Oregon wurde der legale Anbau von Marihuana abgelehnt, und in Kalifornien fand sich eine Mehrheit gegen eine umstrittene Initiative, Aids-Kranke in Quarantäne zu stecken

Aus amerikanischer Sicht erscheint es unverständlich, in der Einrichtung des Referendums eine Bedrohung des demokratischen politischen Systems zu sehen oder gar einen verfassungsrechtlichen Strukturkonflikt daraus abzuleiten. Offensichtlich werden durch die Einrichtungen der direkten Demokratie die Einflußmöglichkeiten und die Macht der Parteien eher gestärkt als geschwächt. Dies liegt nicht nur an der Gleichzeitigkeit des Termins für Referenden und allgemeine Wahlen. Das Prinzip der „party tickets“, wonach Politiker und wählbare Beamte gleichermaßen nach Parteipräferenz bestimmt werden, erzwingt geradezu eine Interessen-identität. Insofern kann nach den amerikanischen Erfahrungen die direkte Demokratie sogar leichter als Surrogat und weniger als Korrektiv des modernen Parteienstaates betrachtet werden Trotzdem: So ambivalent sich dieses Demokratisierungsmodell darstellt, es funktioniert generell, und es ist zu vermuten, daß es ähnlich wie bei der Schweiz die direkt demokratischen Elemente sind, die in einer ethnisch, sprachlich, sozial und kulturell hochgradig differenzierten Gesellschaft wesentlich mit beitragen, den staatsbürgerlichen Konsens zu finden und auch Minderheiten in das System miteinzubinden. 3. Volksbegehren und Volksentscheid in europäischen Demokratien In jenen westeuropäischen Staaten in denen, verglichen mit den USA, Parteien über eine lange Tradition der Herrschaftsausübung verfügen und eine dominierende Stellung in den staatlichen und gesellschaftlichen Systemen innehaben, nehmen Referenden nicht selten Formen von „Glaubenskriegen“ an. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Volksabstimmung 1975 in Großbritannien, die den Eintritt des Landes in die EG zum Thema hatte. Oder auf das zwei Jahre vorher stattgefundene Referendum in Nord-Irland, bei dem es um den Verbleib der Provinz Ulster im Vereinigten Königreich ging. Während die Minderheit der Katholiken das Verfahren boykottierte, sprach sich die herrschende protestantische Mehrheit für den Verbleib aus. Das umstrittene EG-Referendum in Großbritannien, das den Beitrittsbefürwortern eine klare Mehrheit bescherte, zeigte, daß die Pro-und Contra-Positionen quer durch die beiden großen Parteien und sogar quer durch das Kabinett der Regierung Wilson gingen. Diese hatte im Vorjahr die Parlamentswahlen u. a. mit der Forderung nach Neuverhandlungen und einem Referendum über den EG-Beitritt gewonnen. Obwohl es in der Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die EG gab und das Verhältnis von Befürwortern und Gegnern in der Labour-Fraktion einigermaßen ausgeglichen war, erwies sich doch die Gegnerschaft in der Parteiführung und auf den Parteitagen, vor allem durch die Blockstimmen der Gewerkschaften, als sehr stark Zwar analysierten die Meinungsforschungsinstitute einen Einstellungswandel in der Bevölkerung zugunsten der EG aber die Politik der Regierung, gegen die eigene Parteimehrheit ihren Standpunkt mit Hilfe des Referendums durchzusetzen, blieb ein politisches Wagnis. Die Hinwendung der Briten zu Europa verlangte den Abbau jahrhundertealter Vorurteile.

Weniger dramatisch, jedoch in Weltanschauungsfragen durchaus emotionsgeladen, verlaufen Referenden meist im Nachbarland des Inselstaates, nämlich der Republik Irland. Die irische Verfassung, wie sie 1937 durch eine Volksabstimmung mehrheitlich angenommen wurde, erlaubt sehr weitgehende direkt-demokratische Entscheidungen. So kann jeder Artikel der Verfassung durch Volksentscheid mit einfacher Mehrheit geändert werden. Ein Drittel der Parlamentsmitglieder genügt, um ein Referendum zu einem Thema von „nationaler Bedeutung“ zu beantragen, wobei das Abstimmungsquorum ebenfalls bei einem Drittel der Wahlberechtigten liegt Bis in die jüngste Zeit gab es eine Reihe von Volksentscheiden zu den unterschiedlichsten Themen. In den meisten Fällen, so beim Eintritt Irlands in die EG, der Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre, bei der Festschreibung von Sicherheitsgarantien für Familien, die Kinder adoptiert haben, waren Mehrheiten über 80 % der abgegebenen Stimmen zu verzeich-nen. Auch das von der Kirche betriebene Amandment, eine groß angelegte Aktion, um das Abtreibungsverbot in der Verfassung zu verankern, hat eine Zwei-Drittel-Mehrheit gefunden.

Selbst bei der lange verzögerten Abstimmung um die Einheitliche Europäische Akte, also der teilweisen Neufassung der Römischen Verträge gegen die ein Bündnis von Konservativen und antiatlantischen Kräften Verfassungsklage erhoben hatte, votierten zuletzt fast 70 % für die Annahme des Vertragsentwurfs der EG-Regierungschefs und damit für den Verbleib in der Gemeinschaft.

In anderen Fällen setzten die Iren dem Hegomoniestreben der größten Partei Finna Fail deutliche Grenzen: So verwarfen sie 1959 und 1968 Wahlrechtsänderungen zugunsten eines Mehrheitswahlrechts nach britischem Muster, um dadurch die Pluralität ihres Parteiensystems nicht zu gefährden. Diese Entscheidung deutet auf eine Korrektivfunktion der Volksabstimmung hin. Zugleich ist aber auch hier ein ähnlicher Trend wie in der Schweiz feststellbar, nämlich das Überwiegen eines auf Konsens ausgerichteten Politikverständnisses, das wohl eine Besonderheit kleinerer Staaten zu sein scheint und in der Republik Irland durch die herausragende Rolle des Katholizismus noch verstärkt wird.

Doch eben diese Rolle kann auch zu schweren Konflikten führen, wenn sich die liberale Minderheit der Insel gegen die politische Bevormundung durch die Kirche aufzulehnen sucht. Das war so beim Plebiszit um das Abtreibungsverbot und wiederholte sich beim Referendum über die Ehescheidung. Indem im Juni 1986 63 % die Abschaffung des 1937 in der Verfassung verankerten Scheidungsverbots ablehnten, und zwar in voller Übereinstimmung mit den Ermahnungen des Klerus, haben sie zugleich einer laizistischen Reform des Staatswesens und möglicherweise einer Wiedervereinigung der Insel eine Absage erteilt. Sowohl beim Abtreibungs-wie beim Scheidungsreferendum siegte nicht die Regierung und auch nicht die Oppositionspartei, sondern die katholische Glaubensdoktrin, der sich selbst die Politiker kaum entziehen konnten Die Verflechtung von Nationalismus und Religion als historische Voraussetzung einer einheitlichen irischen politischen Kultur hat tiefe Spuren hinterlassen. Für die vom Referendum betroffenen Minderheiten wie Frauen, die von ihren Männern getrennt leben oder „uneheliche Kinder“, sind die Auswirkungen dieser Entscheidung bitter: Sie bleiben sozial deklassiert und gesellschaftlich geächtet.

Weithin noch unerprobt ist die Einrichtung des Referendums auf der iberischen Halbinsel. Nach der neuen spanischen Verfassung von 1978 ist ein Volksentscheid bei Verfassungsänderungen, sind Volksbegehren insbesondere bei Autonomiefragen und konsultative Volksbefragungen zu allgemeinen Problemen der Regierungspolitik möglich Im letzteren Fall muß eine Mehrheit im Parlament dem Referendum zustimmen. Dies geschah Anfang 1986 zugunsten einer Abstimmung, die unter dem irreführenden Titel „NATO-Referendum“ auch hierzulande einige Aufmerksamkeit erregt hat. Dabei legte die Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Gonzales dem Volk die Frage vor, ob es die Zugehörigkeit Spaniens zur Atlantischen Allianz bejahe, und zwar unter folgenden Bedingungen: Die Beteiligung Spaniens am Bündnis schließe nicht dessen Eingliederung in die integrierte Militärstruktur ein, das Verbot der Aufstellung, Lagerung und Einführung von Atomwaffen auf spanischem Boden bleibe bestehen, und die militärische Präsenz der USA in Spanien sei schrittweise zu reduzieren

Im Verlauf der Referendumskampagne plädierten die konservativen Parteien für Enthaltung, die Kommunisten für Ablehnung und die Sozialisten für die Annahme des vorgelegten Entwurfs. Von den knapp 70 % der an der Befragung teilnehmenden Wahlberechtigten entschieden sich 52, 2 % für den Verbleib im Bündnis, 39, 8 % sprachen sich dagegen aus, eine Minderheit gab leere Stimmzettel ab oder enthielt sich ganz. Abgesehen vom Prestigegewinn für Gonzales, der ihm in den anschließenden Parlamentswahlen zugute kam, zeigte das Referendum, daß sich eine proeuropäische Strömung in Spanien durchgesetzt hat, die der Integration in die Europäische Gemeinschaft, gekoppelt mit einem politischen Verbund in der Atlantischen Allianz, aufgeschlossen gegenübersteht. Allerdings bleibt hervorzuheben, daß Spanien dadurch wie Frankreich nicht militärisch in die NATO integriert ist, eine atomwaffenfreie Zone bleibt und versucht ist, ausländische Militärpräsenz abzubauen.

Ein uneinheitliches und widersprüchliches Bild zeigt sich bei der Referendumspraxis in skandinavischen Ländern. Seit der Jahrhundertwende standen so unterschiedliche Themen wie Alkoholverbot, Territorialprobleme, das Wahlalter und — in Dänemark und Norwegen — die Mitgliedschaft in der EG zur Abstimmung. Während eine Mehrheit in Dänemark für den EG-Beitritt votierte, entschieden sich die Norweger mehrheitlich dagegen. Dabei spielten Zentrum-Peripherie-Konflikte eine große Rolle: Im landwirtschaftlichen Bereich und bei der Fischerei-Industrie in Norwegen gab es ablehnende Voten, während das Bürgertum in den Städten den EG-Beitritt bejahte Auch im jüngsten innerdänischen Referendums-Streit um die EG-Reform erhielten die Interessengegensätze starkes Gewicht, doch mindestens die gleiche Bedeutung kam den Parteipräferenzen zu. Die von den EG-Gegnem benutzten Sachargumente wurden zum Vehikel für innenpolitische Taktik. Das Ergebnis jedoch zeigt, daß sich die Institution des Referendums schlecht als Mittel zum Sturz von Regierungen und für Änderungen der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse instrumentalisieren läßt.

Das erste Land, in dem die Nutzung der Atomkraft als eine Frage von nationalem Interesse erklärt und dem Volk zur Abstimmung vorgelegt wurde, war Schweden. Unter dem Druck von Umweltbewegungen und unter dem Eindruck des Unfalls in Harrisburg kam es 1980 zu einem Referendum. Eine Mehrheit entschied sich dafür, die im Bau und Betrieb befindlichen zwölf Reaktoren nach der Zeitspanne von 25 Jahren abzuschalten. Dieser langsame Ausstieg sollte durch Energieeinsparung und den Einsatz regenerativer Energiequellen vorbereitet werden. Die Option der Kernkraftgegner sah hingegen vor, innerhalb von zehn Jahren, also bis 1990, auszusteigen und die sechs bereits arbeitenden Kernkraftwerke abzuschalten Bliebe noch nachzutragen, daß nach dem Unglück von Tschernobyl eine Vorverlegung des Ausstiegstermins in Schweden in der Diskussion ist Im übrigen ist das schwedische Beispiel typisch für die Handhabung von Referenden in den skandinavischen Ländern. Sie manifestieren weniger den Widerspruch einzelner Gruppen, vielmehr widerspiegeln sie den Einfluß der großen Parteien und einzelner Parteiflügel auf die Wählerschaft und haben in umstrittenen innen-und außenpolitischen Fragen eine Befriedungsfunktion.

Andere Konstellationen haben sich in Österreich und Italien entwickelt. In Österreich gibt es eine Reihe von Einrichtungen der direkten Demokratie mit einer parlamentarismuskonformen Ausprägung. Auf Bundesebene braucht es für ein Volksbegehren zur Einleitung einer Gesetzesinitiative mindestens 100 000 Stimmen oder ein Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder. Der Nationalrat ist dann gezwungen, das Gesetzgebungsverfahren in Gang zu bringen und sich parlamentarisch damit zu befassen. Einfache Gesetzesbeschlüsse müssen auf Beschluß einer Mehrheit des Nationalrats einer Volksabstimmung unterzogen werden. Bei Gesamtveränderungen von Verfassungsgesetzen kann auf Antrag der Mitglieder des National-oder Bundesrats eine Volksabstimmung stattfinden, wenn mindestens ein Drittel der Parlamentarier dieser zustimmt. Hinzu kommen noch Volksbegehren, Volksabstimmungen und konsultative Volksbefragungen in den einzelnen Bundesländern Die Tatsache, daß die letztendliche Kompetenz beim Nationalrat liegt, mag der Grund dafür sein, weshalb es zwar eine Reihe von Volksbegehren gegeben hat — etwa zur Rundfunkreform, zur Einführung der 40-Stunden-Woche, gegen das 13. Schuljahr, gegen die Abtreibung, gegen den Bau der UNO-City in Wien, den Ankauf veralteter und militärisch umstrittener Abfangjäger sowie gegen den Bau eines Wasserkraftwerkes in Hainburg —, aber nur eine Volksabstimmung, nämlich im Jahr 1978, beim Streit um die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf.

Hier ging von Anfang an das Pro und Contra quer durch alle Parteilager. In jahrelangen Auseinandersetzungen um den Bau des ersten österreichischen Atomkraftwerks stand den meist überparteilichen Bürgerinitiativen, die zusammen mit der Ökologieund Anti-AKW-Bewegung für die Ablehnung kämpften, ein mächtiger Interessenblock gegenüber, der sich aus Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, regierungstragender SPÖ und Teilen der Opposition zusammensetzte. Um zu verhindern, daß die Nationalratswahl 1979 zu einer reinen Zwentendorf-Wahl umfunktioniert wurde, stimmten Bundeskanzler Kreisky und seine Partei der Volksabstimmung zu. Die Tatsache, daß der damalige Regierungschef mit der Abstimmung über das von ihm befürwortete Projekt eine verklausulierte Rücktrittsdrohung verband, führte auf Seiten der Oppositionspartei ÖVP zu einem weniger inhaltlich als vielmehr taktisch motivierten „Nein“ zu Zwentendorf. Bei der Abstimmung selbst kam es bei einer Stimmbeteiligung von 64, 1 % zu einer knappen Mehrheit gegen Zwentendorf (50, 5 % „Nein“ -Stimmen, 49, 5 % ,, Ja“ -Stimmen). Trotzdem erreichte die SPÖ aber bei der Nationalratswahl 1979 mit 51 % der Stimmen den größten Wahlerfolg ihrer Geschichte und bekam dafür die größte Mehrheit, die in Österreich nach 1945 auf Bundesebene jemals erzielt wurde. Der Vorgang zeigt, daß Volksabstimmungen in Hinsicht auf Wahlen und Parteitaktik ihre eigene, schwer vorauskalkulierbare Dynamik haben

Dies gilt in besonderem Maß für das politische System Italiens. In der italienischen Verfassung sind vier Typen von Referenden vorgesehen: Die Entscheidung über die gänzliche oder teilweise Aufhebung eines Gesetzes, die Bejahung oder Ablehnung verfassungsändernder Gesetze, Abstimmung bei Änderung der territorialen Zugehörigkeit von Provinzen und Regionen sowie Volksentscheide über Gesetze und Verwaltungsanordnungen in einer der Regionen. Für unseren Kontext sind vor allem die beiden ersten Verfahren wichtig. Zu einem Volksentscheid kommt es, wenn 500 000 Wahlberechtigte oder fünf Regionalräte dies verlangen. Davon ausgeschlossen sind Steuer-und Haushaltsgesetze, Amnestien und Strafnachlässe sowie die Ratifizierung internationaler Verträge. Zum Erfolg reicht eine Mehrheit der gültigen Stimmen, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten an der Abstimmung teilnimmt. Bei Verfassungsänderungen und Verfassungsgesetzen kann ein Volksentscheid von einer Zwei-Drittel-Mehrheit der beiden Kammern in einem zweiten Abstimmungsverfahren aufgehoben werden. Durch diese restriktive Form werden radikale und verfassungsfeindliche Initiativen abgeblockt. Hinzu kommt, daß der Oberste Gerichtshof über die Ausschreibung und Zulassung der Referenden entscheidet.

In der Praxis ist Italien von zahlreichen Volksbegehren überzogen worden. Die Offenheit des politischen Systems ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die Geburtsstunde des parlamentarisch-republikanischen Staates selbst einherging mit einer Volksabstimmung, in der sich die Mehrheit für eine Abschaffung der Monarchie in Italien aussprach Furore machten später vor allem die Referenden zur Aufhebung des Ehescheidungsgesetzes (1974) und die Abschaffung des Abtreibungsgesetzes (1981). In beiden Fällen formierte sich gegen den Willen der Regierungspartei Democrazia Cristiana und des Vatikans quer durch die politische »Schlachtordnung“ eine laizistische und an Reformen interessierte Mehrheit. Ihr Ziel war es, die überlieferte konfessionalisierte Orientierung des Landes zugunsten einer modernen, weniger frauen-feindlichen und klerikalen Moralvorstellung zu überwinden. Damit verschaffte sich ein säkularer Einstellungswandel außerhalb der Parlamentswahlen Ausdruck, ohne daß dies gleichzeitig Rückwirkungen auf das Parteiensystem und die Regierungsstabilität gehabt hätte

In anderen Fällen wie beim Referendum über die staatliche Parteienfinanzierung, bei dem 1978 bei einer hohen Wahlbeteiligung immerhin fast 45 % „Contra“ -Stimmen zu verzeichnen waren, manifestierte sich ein virulenter Anti-Parteien-Affekt. Er geht zurück auf die expansive Durchdringung von Staat und Gesellschaft durch die Parteien, kann aber auch mit als Ausdruck des Unmuts darüber interpretiert werden, d % „Contra“ -Stimmen zu verzeichnen waren, manifestierte sich ein virulenter Anti-Parteien-Affekt. Er geht zurück auf die expansive Durchdringung von Staat und Gesellschaft durch die Parteien, kann aber auch mit als Ausdruck des Unmuts darüber interpretiert werden, daß eine Reform des institutioneilen Systems ausbleibt und ein Wechsel der Regierung aufgrund des antikommunistischen Vorbehalts nicht stattfindet 42).

Nach den verfassungsrechtlichen Gegebenheiten können in Italien Volksabstimmungen nur zu bereits beschlossenen Gesetzen veranstaltet werden. Unter dem Strich zeigt sich, daß in den Volksentscheiden in allen Fällen eine Mehrheit, wenngleich bisweilen auch knapp, den Willen des Gesetzgebers unterstützte, sei es bei den Anti-Terror-Gesetzen, den Strafrechtsänderungen oder bei der Wirtschaftspolitik 43). Hier wäre vor allem das Referendum zu nennen, das 1985 zur Aufhebung der gesetzlich garantierten automatischen Lohnanpassung veranstaltet wurde. Eine Mehrheit von 54, 3 % unterstützte die Position der Regierung Craxi, während 45, 7 % für eine Wiedereinsetzung des Lohn-mechanismus plädierten.

Analysen dieses Votums zeigen zweierlei: Zum einen kommt dabei eine Krise der Gewerkschaftsund Arbeiterbewegung zum Ausdruck 44). Zum anderen ist die Zahl der „Nicht-Wähler“ insbesondere im Süden und auf den Inseln stetig angestiegen 45). Doch angesichts der Häufigkeit von Wahlen in Italien — Parlaments-, Europa-, Regionalwahlen — ist eine Beteiligung an den Volksabstimmungen zwischen 75 % und 85 % immer noch ein Beweis für eine hohe Partizipation der Bürger. Als ein neuer Streitpunkt hat sich auch in Italien die Kontroverse um die Kernenergie entwickelt, nachdem sich verschiedene Initiativen für die Abschaltung der bestehenden Kernkraftwerke und für den Stopp des weiteren Ausbaus dieser Energietechnik einsetzten. Als sich 1987 die regierenden Sozialisten, beeindruckt von zwei Millionen Unterschriften des Volksbegehrens und selbst mittlerweile Gegner der Kernkraftnutzung, für das Referendum stark machten, kam es zur Regierungskrise mit anschließenden Neuwahlen Wie immer das weitere Verfahren auch ausgehen wird, der italienische Fall zeigt, daß in festgefügten Koalitionen mehrerer Parteien ein unlösbarer Konflikt innerhalb des Regierungslagers durch die Einrichtung des Referendums vom Volk selbst entschieden werden kann. 4. Zusammenfassung Die Methode der komparativen Betrachtungsweise läßt generalisierende Aussagen nur schwer zu. Gegner wie Befürworter von Referenden können sich einzelne Fälle herausgreifen, um ihre Argumente zu untermauern. Am schwersten ist es, über die Kriterien Transparenz und Effizienz einen gemeinsamen Nenner zu finden Daß aber die Partizipationsmöglichkeiten beim Vorhandensein direkt demokratischer Elemente positiv zu bewerten sind, dürfte schwer zu bestreiten sein. Sachfragen, die in Parlamentswahlen entweder nicht zur Abstimmung standen oder zum Zeitpunkt der Wahlen gar nicht aktuell waren, kommen bei plebiszitären Aktivitäten ins öffentliche Bewußtsein und erhalten Entscheidungscharakter. Und bei allen Gefahren extensiver Ausnutzung: Volksbegehren und Volksentscheid sind durch Einrichtung des Quorums oder die Zwischenschaltung parlamentarischer Gremien eine Prozedur, in der eine einseitige demagogische Instrumentalisierung kaum zum Erfolg führen kann. Referenden können günstigenfalls eine Kor-rektivfunktion gegenüber Regierung und Parlament haben. Dies gilt vor allem dann, wenn die Inflexibilität des Wahlverhaltens und der Modus des Wahlrechts ein politisches System strukturell immobil und potentiell innovationsunfähig werden lassen.

Natürlich gibt es immer wieder Verbände und Interessengruppen, die Plebiszite für sich ausnutzen möchten, doch ebenso wurde deutlich, daß die Bürger nicht so leicht steuerbar sind. Zudem ist eine sozialintegrative Funktion dieser Einrichtung unverkennbar Themen von nationalem Interesse werden dem Volk zur Abstimmung vorgelegt und damit einer parteiinternen oder zwischenparteilichen Auseinandersetzung entzogen. Außerdem erhöht sich die Akzeptanz bei der Entscheidung über umstrittene Themen, wenn diese in einer Volksabstimmung mit potentiell offenem Ausgang präsentiert werden. Nicht nur, daß die Regierung vom Vorwurf entlastet ist, schwerwiegende Entscheidungen gegen den empirisch feststellbaren Volkswillen zu treffen, es dürfte auch für alternative Bewegungen schwieriger werden, nach einem Bürger-entscheid für sich Widerstandsrechte zu proklamieren.

Klar wurde allerdings auch, daß vor basisdemokratischen Illusionen gewarnt werden muß: Ohne die Unterstützung durch Parteien oder Parteiflügel sind Bürgerinitiativen und soziale Bewegungen recht machtlos, zumindest auf gesamtstaatlicher Ebene. Der Ländervergleich läßt erkennen, daß es unzutreffend wäre, Referenden als Hebel zur Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament zu interpretieren. Trotz offensichtlicher Abstimmungsniederlagen der Regierungsparteien können diese sogar gestärkt aus Volksabstimmungen hervorgehen. Vorausgesetzt, sie sind bereit, mit dem Ergebnis zu leben. Abstimmungsthemen wie Abtreibung, Kernenergie oder EG-Mitgliedschaft bewirken zwar leicht Polarisierungen, sie lassen sich aber nicht auf das Links-Rechts-Kontinuum projizieren. Breitgefächerte Referendumseinrichtungen führen nicht zu einer Paralysierung des demokratischen Systems, es artikuliert sich darin eher die Vitalität einer politischen Kultur, die auf die Mündigkeit der Wähler setzt.

Oft tun sich aber die Parteien, die an der Regierung sind, schwer, dem gerecht zu werden. Zum negativen Befund gehört die Erkenntnis, daß Volksabstimmungen und Volksbegehren oft von rein partei-taktischen Motiven und einem bisweilen beträchtlichen Opportunismus beherrscht werden. Dies gilt allerdings für den Prozeß der politischen Willensbil-düng auch auf anderen Ebenen. Als gravierendes Argument gegen Referenden gilt die These, daß der Schutz von Minderheiten nicht gewährleistet sei und die Alternativen „Ja-Nein-Enthaltung“ oder Nicht-Teilnahme den Willensbildungsprozeß beträchtlich einengen. Faktisch trifft dies jedoch ebenso auf Parlamentswahlen zu, da beim Mehrheitswahlrecht wie in Großbritannien die abgegebenen Stimmen für die unterlegene Minderheit verloren sind und auch bei gemischten Wahlsystemen wie dem bundesdeutschen die Fünf-Prozent-Klausel die Parteienvielfalt einschränkt. Selbst bei klaren Verhältniswahlsystemen wie in Italien ist die Möglichkeit eines Regierungswechsels nicht notwendigerweise gegeben, nachdem die Stabilität des Wahlverhaltens und die Manöver der Parteiführungen zur Machterhaltung kaum zu einer Veränderung der Bündnisstrategien der Parteien führen.

Es ist nicht zu bestreiten, daß Referenden die Probleme einer Staatsform, in der Mehrheiten bindende Entscheidungen treffen noch mehr verstärken, als dies im parlamentarischen System ohnehin schon der Fall ist. Richtig ist auch, daß territoriale Plebiszite für religiöse, ethnische oder politische Minderheiten negative Auswirkungen haben und vorhandene Spannungen — siehe Nordirland — sogar noch verschärfen können. Dies geschieht selbst in der Schweiz, wenn es beispielsweise um die Ausländerfrage geht. Allerdings demonstriert gerade dieses Land mit seiner Referendumsdemokratie Möglichkeiten des Minderheitenschutzes, auch indem politisch einflußlosen Grup-pen das Instrument des Referendums zur Verfügung steht und so ein Parteimonopol zur Definition und Thematisierung von Problemen verhindert wird. Für andere, von Plebiszitgegnern benannte Vorbehalte wie den Hinweis auf die Komplexität der Probleme, die der Wahlbürger nicht durchschauen könne, die Gefahr des Auswucherns politischer Apathie bei zu starker Mobilisierung oder die Bedrohung der demokratischen Strukturen durch Bürgerbewegungen ergeben sich im Untersuchungsfeld keine empirischen Anhaltspunkte. Selbst die problematische Verknüpfung von personenorientiertem Plebiszit, verbunden mit entsprechenden Rücktrittsdrohungen, und einer Sachabstimmung findet dort ihre Grenzen, wo der überwiegende Wille des Volkes sich gegen präsidiale Machtansprüche und Selbstherrlichkeit wendet.

Alles in allem: So differenziert der ganze Komplex zu betrachten ist und so unterschiedlich sich Praxis und Auswirkungen in den einzelnen Ländern darstellen, — es gibt darin Elemente, die dem Demokratisierungsprozeß immanent sind und politische Partizipation jenseits des regelmäßigen Wahlprozesses ermöglichen. Gerade angesichts dieser Schlußfolgerung lohnt es sich, die Frage zu stellen, ob der Verzicht auf Volksentscheid und Volksabstimmung im Grundgesetz unabdingbar sein muß oder ob sich nicht das „plebiszitäre Defizit“ (Werner Maihofer) in gewisser Hinsicht als Schwach-punkt der bundesrepublikanischen Demokratie erweist.

IV. Die Situation in der Bundesrepublik Deuschland

1. Parlamentarismuskritik und Reformmöglichkeiten Die Diskussion um eine mögliche Einführung von Referendumseinrichtungen ist nicht loszulösen vom Selbstverständnis und von den Funktionsbestim-mungen des Parlaments. Es kann hier nicht ausführlicher über die verschiedenen Parlamentarismustheorien gesprochen werden. Festzustellen bleibtjedoch, daß die klassische Aufgabenbeschreibung von Walter Bagehot für das britische Unterhaus, — nämlich Wahl der Regierung durch das Parlament, Artikulation des Volkeswillen durch gewählte Repräsentanten, Aufklärungsfunktion gegenüber der bürgerlichen Öffentlichkeit, öffentliche Kontrolle der Regierung und Gesetzgebungsfunktion des Parlaments — sich als eine idealtypi-sehe Vorstellung erwiesen hat, die realitätsbezogen überdacht werden muß. Ernst Fraenkel hat Bagehots Auffassung mit der These von der Entmachtung des Parlaments geradezu umgedreht: Durch die Fraktionsdisziplin und die Ansprüche der Parteienorganisation werden die Parlamente immer mehr zu einem Machtinstrument der Regierung. Die Parteien degenerieren zu Hilfsorganen der Führung der Regierungs-und Oppositionsfraktionen. Hierdurch kontrolliert nicht mehr das Parlament das Kabinett, sondern das Kabinett steuert die Regierungsfraktionen. Als Aufgabe der Parteien bleibt nach Fraenkel die Integration von Gruppeninteressen. Im Verbund mit dem Verbändewesen könnte der Entfremdung zwischen Wählern und Gewählten entgegengesteuert werden Kritiker dieses Konzepts wenden sich nicht nur gegen die Überschätzung des Verbändepluralismus, dessen organisatorisches Ungleichgewicht und heterogene Konfliktfähigkeit zwangsläufig zur Benachteiligung bestimmter Gruppen führen müsse. Zudem gerate die Pluralismus-Theorie durch das Auseinanderreißen des allgemeinen, gleichen und freien Wahlrechts und der gesellschaftlichen Ebene, mit ungleicher Machtverteilung, zur Ideologie -Damit entfiele eine zentrale Legitimationsgrundlage der Demokratie, wie Jürgen Habermas sie versteht. Das Bewußtsein, „daß die Staatsgewalt vom freien und ausdrücklichen Consensus aller Bürger getragen ist“, bedeutet für Habermas eine elementare Notwendigkeit. Er sieht aber die Gefahr, die vom Zusammenspiel des parteistaatlichen Parlamentarismus mit den verbändestaatlichen Kräften ausgeht: So agierten in der politischen Öffentlichkeit staatsbezogene gesellschaftliche Organisationen, „sei es durch Parteien vermittelt, sei es unmittelbar im Zusammenspiel mit der öffentlichen Verwaltung“. Zusammen mit den politisch wirksamen Repräsentanten führe die Konkurrenz der organisierten Privatinteressen zu einer „Refeudalisierung“ der Gesellschaft, und zwar insofern, „als mit der Verschränkung von öffentlichem und privatem Bereich nicht nur politische Interessen gewisse Funktionen in der Sphäre des Warenverkehrs und der gesellschaftlichen Arbeit, sondern auch umgekehrt gesellschaftliche Mächte politische Funktionen übernehmen“ Entgegen den klassischen Parlamentsfunktionen führe die neue Gewaltenteilung zwischen Regierung und Opposition dazu, daß sich nunmehr weisungsgebundene Parteibeauftragte träfen, um anderswo getroffene Entscheidungen registrieren zu lassen.

Dem kritischen Hinweis von Habermas auf das problematische Verhältnis von Legislative und Exekutive wird von Thomas Ellwein die These entgegengesetzt, daß „die empirisch feststellbare Macht der Verwaltung . . . weniger Folge des Selbstverständnisses der führenden Verwaltungsleute oder des in der Verwaltung angesiedelten Machtstrebens und mehr eine Folge des Defizits an Politik“ sei Am Ergebnis, nämlich der Dominanz der Verwaltung gegenüber Volk, Parlament und Regierung, ändert dieser Befund wenig, mag man ihn nun auf die Politik der Interessengruppen und ihre Einflußnahme auf die Exekutive zurückführen oder auf die Führungsschwäche und den fehlenden Gestaltungswillen der Politiker und der sie tragenden Parteien. Auch wenn eine eher technokratisch orientierte Kritik auf die Komplexität politischer Entscheidungen hinweist, auf konkurrierende Kompetenzbereiche, Vollzugsdefizite und auf Politiküberlastung durch eine kaum noch zu überschauende Gesetzesflut so kann dies indirekt zur Legitimierung von Zuständen führen, die demokratietheoretisch allemal bedenklich sind und bleiben.

Die Parlamentarismuskritik der sechziger und siebziger Jahre implizierte mittelbar und unmittelbar eine Reihe von Anstößen für eine Parlamentreform Wenn von der Krise des Repräsentativsystems gesprochen wird, ist aber nicht nur das Parlament gemeint. Rudolf Wassermann vertritt sogar die Auffassung, daß die innerparteiliche Demokratie in der Bundesrepublik unterentwickelt sei, die Parteienfinanzierung alle Grenzen des Verfassungsauftrages überschritten habe und die Penetration staatlicher und parastaatlicher Stellen durch parteipolitische Ämterpatronage total sei. Um die Verselbständigung der Funktionseliten zu konterkarieren und einen sinnvollen Politikdialog einzurichten, schlägt er vor, die innerparteiliche Demokratie nach dem amerikanischen Modell der „Primaries“ zur Kandidatenaufstellung auszuweiten und auch auf gesamtstaatlicher Ebene Referendumsmöglichkeiten einzuräumen

In eine ähnliche Richtung bewegen sich die Überlegungen von Jürgen Fijalkowski. Er geht der Frage nach, ob und in welchen Grenzen eine plebiszitäre Öffnung „ergänzende Hilfen zur Überwindung gewisser Gefahren der Verengung und Erstarrung in unserer politischen Kultur bieten kann“ Der wachsende Dissens in zentralen Fragen der Innen-und Außenpolitik sowie Aktionen des zivilen Un-gehorsams zeigten eine ernstzunehmende Entfremdung zwischen den etablierten politischen Kräften und der Bevölkerungsbasis. Neben den atmosphärischen gebe es aber auch strukturelle Probleme der Entscheidungsfindung. So werde die Irreversibilität politischer Entscheidungen, etwa bei der Einführung von Großtechnologien, offensichtlich und mit ihr eine wachsende Diskrepanz von aktueller Entscheidung und Folgeabschätzung. Dem stehe eine wachsende Rollendifferenzierung und politische Kompetenz der Bürger gegenüber, denen die partizipatorische Beschränkung auf den Wahlakt nicht mehr gerecht werde. Als eine von verschiedenen Formen stärkerer Mitwirkung wird daher eine vorsichtige plebiszitäre Öffnung auf Bundesebene vorgeschlagen.

Diese Forderung vertritt auch Werner Maihofer Zwar sei bei dem schwierigen Neuanfang nach 1945 angesichts mit einer weitgehend in einer Diktatur aufgewachsenen Bevölkerung die Zurückhaltung gegenüber der Einführung direkt demokratischer Elemente verständlich gewesen. Doch die „tiefgreifende Wirklichkeitsveränderung und der grundlegende Wertewandel in den politischen Grundpositionen des heutigen Volkssouveräns“ ließen den fast vollständigen Ausschluß des Volkes an der Willensbildung nicht mehr als gerechtfertigt erscheinen. Deshalb plädiere er für ein „größtmögliches Ausmaß an plebiszitärer Partizipation des Souveräns“, ohne deshalb das Repräsentationssystem in Frage zu stellen.

Geht man mit den genannten Autoren davon aus, daß die „Formerneuerung der Politik“ nicht nur durch Parteineugründungen oder die Aktivitäten von Verbänden und Bürgerinitiativen erfolgen kann, und zieht man die Erfahrungen anderer europäischer Länder mit in Betracht, so ist wohl darüber nachzudenken, ob die im Parlamentarischen Rat vor vier Jahrzehnten vorgebrachten Argumente gegen das plebiszitäre Element heute noch uneingeschränkt plausibel sind. -• Plebiszitäre Erweiterung des Grundgesetzes?

In der Weimarer Reichsverfassung von 1919 standen mehrere Artikel zur unmittelbaren Demokratie. Vor allem waren Volksbegehren und Volksentscheid vorgesehen. Bei Gesetzen, die das Parlament beschlossen hatte, konnte der Reichspräsident oder ein Fünftel der Reichstagsabgeordneten einen Volksentscheid herbeiführen, wenn ein Fünftel der Wahlberechtigten dies verlangte. Es gab in der Geschichte der Weimarer Republik acht Anträge zur Durchführung eines Volksbegehrens, dar-unter die von der KPD initiierte Aktion zum Verbot des Baus von Panzerschiffen, der aber die notwendige Mindestzahl von Stimmberechtigten versagt blieb. In zwei Fällen kam es zum Volksentscheid, beide Referenden fanden keine Mehrheit.

Im einen ging es um das sogenannte „Freiheitsgesetz“, mit dem die Deutschnationalen den Kriegsschuldartikel des Versailler Vertrags und den Young-Plan zu Fall bringen wollten. Beim zweiten stand das Thema „Enteignung der Fürstenhäuser“ auf der Tagesordnung. SPD und KPD hatten dieses Anliegen bereits im Parlament vorgebracht, waren jedoch dort gescheitert. Sie beschritten deshalb den Weg des Plebiszits. In die ausgelegten Listen des Volksbegehrens trugen sich im März 1926 12, 5 Millionen Wahlberechtigte ein, erheblich mehr als die erforderliche Mindestbeteiligung verlangte. Die erneute Vorlage im Reichstag scheiterte wiederum am bürgerlichen Lager, womit der Weg frei war für den Volksentscheid. Hierbei wurde aber die Mindestquote von 20 Millionen Ja-Stimmen nicht erreicht, es kamen nur 15, 5 Millionen zusammen. Trotzdem war dies eine beachtliche Zahl, zumal die sozialistischen Reichstagsabgeordneten 1926 nur 10. 6 Millionen Stimmen bekommen hatten und das Stimmpotential Hindenburgs bei der Reichstagswahl ebenfalls geringer war

Ob man bei einer nüchternen Betrachtung dieser Fälle den Niedergang der Weimarer Republik mit den Referenden in Zusammenhang bringen kann, darf bezweifelt werden. Eine Gefahrenquelle bildete dagegen die Vermischung von parlamentarischer Demokratie und Präsidialsystem, in dem der Reichspräsident direkt gewählt wurde, gar nicht zu reden von der antirepublikanischen Grundströmung, die den Nährboden für den Aufstieg des Nationalsozialismus bereitete. Daß aber nun im „Dritten Reich“ das Instrument des Referendums zur bloßen Akklamationsapparatur verkommen ist, kann schwer auf Dauer als Argument gegen die demokratisch gesinnte Wählerschaft späterer Jahrzehnte benutzt werden. Die eingangs erwähnte Feststellung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, daß keine Notwendigkeit für die Einführung plebiszitärer Elemente in das Grundgesetz bestehe, würde heute wohl nicht mehr so apodiktisch ausfallen. Schließlich haben wir mit Ausnahme von Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in sämtlichen Länderverfassungen und Gemeindeordnungen Bestimmungen, nach denen plebiszitäre Initiativen zur Gesetzgebung und Volksabstimmungen über Einzelfragen, vor allem Gebietsveränderungen, möglich sind

Es ist schwer einzusehen, daß das, was im föderativen System akzeptierbar und praktikabel erscheint, für die zentralen Institutionen verwerflich sein soll. Und immerhin gibt es Beispiele auf Länderebene, die zeigen, wie Volksbegehren und Volksentscheid im Bürgerinteresse genutzt werden können. Ob es sich zum Beispiel um ein Votum einer überparteilichen Aktionsbewegung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk handelt wie 1973 in Bayern oder um Schulreferenden die von der Kirche oder Elterninitiativen ausgelöst wurden, Regierungen und Parlamente haben dabei ihre Grenzen erfahren, ohne jedoch in Frage gestellt zu werden. Im übrigen bleibt anzumerken, daß bei Themen, bei denen es sich wie in der Bildungspolitik um bürgerliche Privilegien handelt, sich gerade jene Gruppen dieses Instruments zu bedienen wußten, die sonst gern vor basisdemokratischen Bewegungen warnen.

Könnte, so ist abschließend zu fragen, was auf der Ebene von Kommunen und Bundesländern zugestanden wird, nicht auch für die Bundesverfassung angemessen sein? Diese Frage stellt sich übrigens in dem Maße immer dringlicher, in dem zunehmend Volksbegehren auf Länderebene von den entsprechenden Verfassungsgerichten mit dem Hinweis auf die Bundeskompetenz abgewiesen werden. Darüber hinaus müßte in einer Zeit des wachsenden Problemdrucks Regierungshandeln transparent gemacht werden. Elementare Zukunftsfragen wie etwa Energie-und Umweltpolitik oder Kriegsverhütung dürften nicht einfach aus bloßen Macht-und Mehrheitspositionen heraus entschieden werden.

Die Einführung plebiszitärer Elemente für bestimmte Politikfelder könnte den Wahlbürgern nicht nur eine Korrektivfunktion zuweisen. Allein schon das Vorhandensein verfassungsmäßiger Mit-wirkungsmöglichkeiten bedeutete eine größere Offenheit der Gesetzgebungsorgane kontroversen Problemkreisen gegenüber. Gerade der Blick auf andere Länder mag zu einer unvoreingenommenen Diskussion des Themas auffordem.

Berichtigung Durch ein technisches Versehen sind in einem Teil der Auflage der Ausgabe B 40— 41 vom 3. Oktober 1987 in dem Beitrag „Kulturelle Affinität oder Diskulturalität?" von Alexander von Bormann die Anmerkungsziffern 21 bis 25 (S. 19— 20) vertauscht worden. Die richtige Reihenfolge lautet:

21) Gerhard Falkner, siehst du . . .. in: ders.. so beginnen am körper die tage, gedichte. Darmstadt-Neuwied 1984. S. 63.

22) Wolfgang Hilbig, stimme, stimme, in: ders., STIMME STIMME. Gedichte und Prosa. Leipzig 1983. S. 36 ff.

23) Vgl. Peter Gay, Erziehung der Sinne. Sexualität im bürgerlichen Zeitalter, München 1986.

24) Dietmar Kamper/Christoph Wulf, Blickwende. Die Sinne des Körpers im Konkurs der Geschichte, in: dies. (Hrsg.), Das Schwinden der Sinne (Anm. 19), S. 11 ff.

25) Hilarion Petzold, Leibzeit, in: D. Kamper/C. Wulf (Hrsg.), Die Wiederkehr des Körpers (Anm. 19), S. 11 ff.

Fussnoten

Fußnoten

  1. P. Bucher, Der Parlamentarische Rat von 1948— 1949. Bd. 2. Boppard 1981. S. 603.

  2. Beratungen und Empfehlungen zur Verfassungsreform (I). in: Zur Sache 3 (1976). S. 55.

  3. G. Jaenicke. Plebiszit, in: Handwörterbuch zur Sozialwissenschaft. Bd. 8. Tübingen 1964. S. 341— 347.

  4. Zu den Begriffen vgl. K. Fell. Plebiszitäre Einrichtungen im gegenwärtigen deutschen Staatsrecht. Diss. Düsseldorf 1964. S. 7ff.; W. Berger. Die unmittelbare Teilnahme des Volkes an staatlichen Entscheidungen durch Volksbegehren und Volksentscheid. Diss. Freiburg i. Brg. 1978. S. 22-33.

  5. Im Englischen wird bisweilen alles unter dem Begriff„Referendum" subsumiert, wobei allerdings dadurch die Grenze von Volksabstimmungen in demokratischen Staaten und in Diktaturen verwischt wird, so bei: D. Butler/A. Ranney (Hrsg.). Referendums. Washington 1978. S. 227— 237.

  6. C. J. Friedrichs. Der Verfassungsstaat der Neuzeit. Berlin u. a. 1953. S. 636-663.

  7. D. Butler/A. Ranney (Anm. 5). S. 14.

  8. Bei diesem Ansatz wird von der These C. J. Friedrichs ausgegangen, demzufolge „alle politische Macht, gleichgültig in welcher rechtlichen Form sie ausgeübt wird. . . .dem Mißbrauch ausgesetzt (ist). Konzentrierte Macht aber wird leichtermißbraucht als geteilte Macht.“ C. J. Friedrichs (Anm. 6) S. 666. Ein Modell für den funktionalistischen Ansatz entwickelt G. Smith. The functional properties of the Referendums. in: European Journal of Political Research 4 (1976). S. 1— 23. Verfassungspolitische Kriterien wären darüber hinaus das der Praktikabilität, der Rationalität und der Stabilität. vgl. dazu C. -H. Obst, Chance direkter Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Köln 1986.

  9. I. Budge/I. Crewe/D. Farlie (Hrsg.). Party Identification and Beyond. London 1976; vgl. auch: A. Pelinka. Die Grundsatzprogramme der Österreichischen Parteien, St. Pölten 1979. S. Hf.; K. v. Beyme, Parteien in westlichen Demokratien. München 1982, S. 183 — 191.

  10. H. Huber. Wie die Schweiz regiert wird. Zürich 1960; L. Neidhart. Plebiszit und pluralitäre Demokratie. Berlin 1970. Hinzu kommt in neuerer Zeit noch die Initiative, also die Möglichkeit, einen Gesetzesvorschlag zu formulieren, einzubringen und zur Abstimmung zu stellen, vgl. P. Rossbrey. Direkte Demokratie: Das Beispiel Schweiz, in: K. T. Schuon (Hrsg.), Politische Theorie des Demokratischen Sozialismus. Marburg 1986. S. 179.

  11. H. Kriesi. Widerstand gegen das geplante AKW in Graben. in: ders. (Hrsg.). Bewegung in der Schweizer Politik. Frankfurt 1985. S. 242.

  12. W. Berger (Anm. 4). S. 210.

  13. L. Neidhart (Anm. 10). S. 287.

  14. R. Schediwy. Empirische Politik. Wien 1980. S. 117.

  15. A. Riklin/R. Kley. Stimmabstinenz und direkte Demokratie. Bern 1981. S. 125.

  16. P. Rossbrey (Anm. 10). S. 181.

  17. W. Schröder. De Gaulle und die direkte Demokratie. Köln 1969.

  18. M. Weber. Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen 1980. S. 862 ff.

  19. D. Meneyesch/H. Utterwedde. Frankreich. Opladen 1982. S. 181.

  20. Vgl. Le Monde v. 8.. 10.. 23. August 1984.

  21. H. Wollmann. „Citizen Partizipation“ in USA. in: U. Bermbach (Hrsg.). Theorie und Praxis der direkten Demokratie. Opladen 1973. S. 323— 370; vgl. die Beiträge von A. Ranney und E. C. Lee zu den USA und speziell Kalifornien in: Butler/Ranney (Anm. 5).

  22. T. Bartels. Abrüstung von unten — die amerikanische Friedensbewegung. Freiburg 1983; E. Kennedy/M. Hatfield. Stoppt die Atomrüstung. Reinbek 1982.

  23. Vgl. Stuttgarter Zeitung v. 6. November 1986.

  24. M. Silagi. Direkte Demokratie in den US-Staaten, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts. Bd. 31. 1982. S. 288.

  25. Selbstverständlich gibt es auch in demokratischen Systemen in anderen Kontinenten plebiszitäre Einrichtungen. Sie mußten aus Gründen der Anschaulichkeit und Vergleichbarkeit mit der Bundesrepublik ausgeblendet werden.

  26. G. Smith (Anm. 8). S. 21.

  27. B. Sälvik/I. Crewe/J. Alt/A. Fox. Britains Membership of the EEC. in: European Journal of Political Research 4 (1976). S. 83-113.

  28. Vgl. Art. 27. 46 und 47 der irischen Verfassung in: C. Mayer-Tasch (Hrsg.). Die Verfassungen Europas, Stuttgart 1966. Dort sind auch die anderen Länderverfassungen übersetzt.

  29. Einheitliche Europäische Akte, in: Bulletin der Europäischen Gemeinschaft, Beilage 2 (1986).

  30. C. OLeary, The Irish Referendum on Divorce, in: Electotal Studies 1 (1987), S. 69-74; EG-Magazin 6-7 (1986), S. 24 ff.

  31. B. Girvin/R. Sturm (Hrsg.). Politics and Society in Contemporary Ireland, Aldershot 1986, S. 5.

  32. G. Encinar (Hrsg.), Diccionario del Sistema Politica Es-panol, Madrid 1984, S. 791-798.

  33. Archiv der Gegenwart v. 12. März 1986, S. 29706.

  34. S. S. Milson, Scandinavia, in: Butler/Ranney (Anm. 5), S. 187 ff.

  35. H. Gottweis. Zur Politisierung des Energiesektors, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 1 (1986), S. 50.

  36. Schwedisches Ministerium für Industrie (Hrsg.). Nach Tschernobyl — Folgen für Energiepolitik, Kernenergie-Sicherheit. Strahlen-und Umweltschutz. Stockholm 1986.

  37. K. G. Troitzsch. Volksbegehren und Volksentscheid. Meisenheim 1979. S. 106 ff.

  38. Vgl. K. Ucakar. Demokratie und Wahlrecht in Österreich. Wien 1985, S. 583f.; A. Pelinka, Repräsentative und plebiszitäre Elemente im österreichischen Regierungssystem. in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft. 1 (1973). S. 33-47.

  39. Die Frage, ob damit nicht auch eine Art kollektiver Lernprozeß einhergeht, behandelt H. Nowotny. Kernenergie: Gefahr oder Notwendigkeit. Frankfurt, 1979.

  40. K. v. Beyme, Das politische System Italiens. Stuttgart

  41. A. Arculeo/A. Marrudi, Relazione fra Elezioni e Referenda negli anni settanta. in: Rivista Italiana di Scienza Politica. 1 (1985), S. 99-141.

  42. A. Agosta, Le Elezioniin Italia, in: Quaderni dell’Osservatorio Elettorale, 16 (1986), S. 146.

  43. Nach den Wahlen wurde in den Koalitionsverhandlungen beschlossen, daß das Kernenergie-Referendum noch im Jahre 1987 durchgeführt werden soll und das Ergebnis desselben nach sechs Monaten Gesetzeskraft erlangen wird. Doch jenseits dieser aktuellen Debatte gibt es auch Differenzen zwischen den Parteien über die Rolle des Referendums bei der anstehenden Verfassungsreform. Anhänger der Christdemokraten wollen eher den rein konsultativen Charakter stärken und die Volksabstimmungen mit weiteren Hindernissen versehen. Die Sozialisten sprechen sich für eine Erweiterung der direkten Demokratie mit der Direktwahl des Staatspräsidenten aus. Kommunisten wollen Referenden wie das zur Kernenergie nicht durch permanente Wahlakte für die beiden Kammern in Rom oder das Europäische Parlament desavouiert sehen. Vgl. dazu Beiträge von A. Pizzorusso. E. Bettinelli. P. Berretta, G. Gemma, in: Quaderni Constituzionali, (1985); L’Espresso v. 14. September 1986; 11. Januar 1987; 29. März 1987; Rinascitä v. 12. Juli 1986; 14. Januar 1987; 31. Januar 1987.

  44. K. G. Troitzsch (Anm. 37). S. 124ff.

  45. C. -H. Obst (Anm. 8). S. 308-312.

  46. B. Guggenberger/C. Offe (Hrsg.). Grenzen der Mehr-heitsdemokratie. Opladen 1984.

  47. E. Fraenkel. Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 1968. S. 118.

  48. C. Offe. Politische Herrschaft und Klassenstrukturen, in: G. Kress/D. Senghaas (Hrsg.). Politikwissenschaft. Frankfurt 1972. S. 145; B. Blanke/U. Jürgens/H. Kastendiek. Kritik der Politischen Wissenschaft, Bd. 1. 1975. S. 201 ff.; E. Neusüß, Demokratie. Theorien und politische Praxis, in: F. Neumann (Hrsg.). Handbuch Politischer Theorien und Ideologien. Reinbek 1977. S. 106— 177.

  49. J. Habermas zit. in: K. T. Schuon (Anm. 10), S. 207f. Vgl. auch: J. Habermas. Zum Begriff der politischen Beteiligung. in: Student und Politik. Neuwied 1961. in: Kultur und Kritik. Frankfurt 1973. S. 9-60.

  50. T. Ellwein. Formierte Verwaltung — Autoritäre Herrschaft in einer parlamentarischen Demokratie, in: W. Steffani (Hrsg.). Parlamentarismus ohne Transparenz. Opladen 1973. S. 56.

  51. F. Lehner, Grenzen des Regierens, Königsstein 1979; R. Mayntz (Hrsg.). Implementation politischer Programme. Meisenheim 1980.

  52. U. Thaysen. Parlamentsreform in Theorie und Praxis. Opladen 1972. S. 226.

  53. R. Wassermann. Die Zuschauerdemokratie. Düsseldorf 1986.

  54. J. Fijalkowski. Neuer Konsens durch plebiszitäre Öffnung?. in: A. Randelzhofer/W. Süß (Hrsg.). Konsens und Konflikt — 35 Jahre Grundgesetz. Berlin 1986. S. 242.

  55. W. Maihofer, Abschließende Äußerungen, in: E. Benda/ Maihofer/H. -J. Vogel (Hrsg.). Handbuch des Verfassungsrechts. Berlin 1983. S. 1409 ff.

  56. H. Heiber. Die Republik von Weimar, München 1968, S. 182; vgl. auch W. Berger (Anm. 4), S. 240— 301.

  57. Vgl. W. Berger (Anm. 4). S. 102-111; U. Thaysen, Bürger-, Staats-und Verwaltungsinitiativen. Heidelberg 1982. S. 139-146.

  58. Zum Rundfunkvolksbegehren vgl. H. Bausch, Rundfunk in Deutschland. München 1980. Bd. 4. S. 360ff.; eine Analyse der Auseinandersetzung um die Kooperative Schule in NRW bietet H. Schadeboth. Die Gegenreform in der Bildungspolitik. Düsseldorf 1980.

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Michael Strübel, Dr. phil., geb. 1954; Studium der Politologie, Geschichte und des Völkerrechts in Heidelberg und Berlin; derzeit Hochschulassistent am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg. Veröffentlichungen u. a.: Neue Wege der italienischen Kommunisten, Baden-Baden 1982; (Hrsg.) Friedens- und Sicherheitspolitische Alternativen, Gießen 1985; Umweltpolitik und internationale Beziehungen, in: B. Kohler-Koch (Hrsg.), Technik und internationale Beziehungen, Baden-Baden 1986.