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Zwischen „Wunder“ und Strukturzwang Zur Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland | APuZ 32/1987 | bpb.de

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APuZ 32/1987 Außenwirtschaftspolitische und außenpolitische Einflußfaktoren im Prozeß der Staatswerdung der Bundesrepublik Deutschland (1947— 1952) Zwischen „Wunder“ und Strukturzwang Zur Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland Das geteilte Berlin und die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg

Zwischen „Wunder“ und Strukturzwang Zur Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland

Franz J. Bauer

/ 34 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Aufnahme und Eingliederung einer nach Millionen zählenden Flüchtlingsbevölkerung war eines der großen, den Zeitgenossen schier unlösbar erscheinenden Probleme in der Konkursmasse des nationalsozialistischen Deutschland. Um so größer war bei Beteiligten und Beobachtern die Verwunderung, als die wirtschaftliche Eingliederung der Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen in Westdeutschland dann doch binnen wenig mehr als einem Jahrzehnt im wesentlichen vollzogen war. Im Topos vom „Wunder der Integration", der sich gewissermaßen parallel zum „Wirtschaftswunder" einbürgerte, kam dieses Erstaunen sinnfällig zum Ausdruck. Demgegenüber deuten die neueren wirtschaftsgeschichtlichen Forschungen zur Rekonstruktion im Nachkriegsdeutschland darauf hin. daß der Flüchtlings-und Vertriebenenzustrom in ökonomisch-funktionaler Hinsicht offenbar gar nicht so sehr den Katastrophencharakter hatte, der ihm im Erlebnishorizont der Betroffenen begreiflicherweise eignete. Die auffällige Kontinuität langfristiger sozio-ökonomischer Trendlinien vom Bismarckreich bis in die Bundesrepublik legt die Annahme nahe, daß die mit dem Flüchtlings-zustrom einhergehende Vergrößerung des Arbeitskräftepotentials geradezu eine Voraussetzung für das außerordentlich dynamische Wachstum der westdeutschen Wirtschaft in den ersten beiden Jahrzehnten nach 1945 war. So gelangt der Beitrag zu der These, daß die rasche und vergleichsweise reibungslose wirtschaftliche Eingliederung der Vertriebenen weder ein „Wunder“ noch allein das Ergebnis einer aktiven staatlichen Politik war, sondern ein durch die strukturellen Rahmenbedingungen wesentlich präformierter, weitgehend selbstläufiger Prozeß.

Die gewaltsamen Bevölkerungsverschiebungen, die durch die Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland in dem von ihm entfachten Krieg in Gang gesetzt worden waren, ließen im Zuge von Flucht, Vertreibung und Einzelwanderung von 1945 bis 1950 mehr als zwölf Millionen Deutsche aus den ehemaligen Ostgebieten des Reiches und aus ihren Siedlungsgebieten im ost-und südosteuropäischen Ausland in das Rumpfdeutschland der vier Besatzungszonen gelangen Zwei Drittel dieses Zustroms, dessen Hauptschub sich in den ersten beiden Nachkriegsjahren vollzog, entfielen auf das Gebiet der späteren Bundesrepublik, das damit 1950 bei einer Gesamtbevölkerung von 47, 7 Millionen einen Vertriebenenanteil von 16, 5 Prozent aufwies. Auf dem Gebiet der DDR lebten 1950 etwa vier Millionen Vertriebene — dort problemneutraler „Umsiedler“ genannt —, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung fast ein Viertel erreichte

Dem Aufsatz liegt ein Vortrag zugrunde, der am 30. Oktober 1985 im Rahmen des Symposions „Die Kapitulation von 1945 und der Neubeginn in Deutschland“ an der Universität in Passau gehalten wurde. Ein Band mit den Referaten dieser Tagung erscheint in Kürze.

I.

Diese Millionenmasse depossedierter, entwurzelter Menschen galt es im besiegten und besetzten Deutschland nicht nur vorübergehend zu behausen und zu versorgen, sondern — so lautete apodiktisch der Auftrag der Siegermächte, die in Potsdam die Vertreibung sanktioniert hatten — umgehend und auf Dauer einzugliedem. Entstanden war das deutsche Flüch und der Neubeginn in Deutschland“ an der Universität in Passau gehalten wurde. Ein Band mit den Referaten dieser Tagung erscheint in Kürze.

I.

Diese Millionenmasse depossedierter, entwurzelter Menschen galt es im besiegten und besetzten Deutschland nicht nur vorübergehend zu behausen und zu versorgen, sondern — so lautete apodiktisch der Auftrag der Siegermächte, die in Potsdam die Vertreibung sanktioniert hatten 3) — umgehend und auf Dauer einzugliedem. Entstanden war das deutsche Flüchtlingsproblem 4).

Vor dem Hintergrund zerstörter Städte, einer darniederliegenden Produktion und einer kaum für das Lebensnotwendige hinlangenden Versorgung mit Nahrungsmitteln und Gebrauchsgütem verstärkte das Flüchtlingsproblem in der ersten Nachkriegszeit noch den Eindruck allgemeinen Zusammenbruchs und erdrückender Not. Eine zumindest bis 1947 sich hart und restriktiv gebende Besatzungspolitik, wie sie etwa im sogenannten Industrieplan des Alliierten Kontrollrats vom März 1946 zum Ausdruck kam 5), die ungeklärte Frage der Reparationen und Demontagen wie überhaupt die allgemeine Ungewißheit über die politische und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands ließen es zunächst schwer vorstellbar erscheinen, wie es jemals gelingen sollte, einen Bevölkerungszustrom dieser Größenordnung dauerhaft zu integrieren -Unabhängig von diesen grundsätzlichen Unwägbarkeiten der ersten Nachkriegsjahre stand einer raschen Eingliederung aber auch die ungünstige Verteilung der Flüchtlinge im Aufnahmegebiet im Wege. Die Flüchtlinge aus den Ostgebieten hatten nach ihren ungelenkten Wanderungen vorwiegend in den agrarischen Gebieten Mecklenburgs, Schleswig-Holsteins, des östlichen Niedersachsens und in den nordöstlichen Grenzbezirken Bayerns Unterschlupf gefunden Als dann 1946 die organisierten Ausweisungen gemäß den Potsdamer Vereinbarungen einsetzten, wurde diese einseitige Belastung weiter verschärft. Es fehlte nicht allein an einer zentralen Lenkungsinstanz für eine koordinierte Verteilung des Bevölkerungszustroms. Die rasche Abfolge der Transporte und die kategorische Zielsetzung der Besatzungsmächte, eine Segregation der Vertriebenen in Lagern und Massenquartieren gar nicht erst entstehen zu lassen, schlossen eine an den Erfordernissen produktiver Eingliederung orientierte Lenkung schon im Ansatz aus.

Oberstes Kriterium bei der Zuweisung der Transporte in die Aufnahmeräume war die Verfügbarkeit von Einzelquartieren, die aus dem vorhandenen Wohnraum der einheimischen Bevölkerung requiriert wurden. Da sich die kriegsbedingten Wohnraumeinbußen — man schätzte für das Bundesgebiet einen Totalverlust von 2, 5 Millionen Wohneinheiten — vor allem auf die Städte konzentrierten, fielen die industriell-urbanen Gebiete für die Unterbringung von Vertriebenen größtenteils aus. Dementsprechend dichter wurden in den einzelnen Besatzungszonen die vorwiegend agrarischen Länder und innerhalb dieser wiederum die ländlichen Regionen belegt. So fand sich die Hauptmasse der Vertriebenen schließlich dort untergebracht, wo für ihre Eingliederung die Aussichten am ungünstigsten waren: in industriell wenig entwickelten, strukturschwachen Gebieten, in Landgemeinden und Dörfern. Noch 1950 lebten 47 Prozent der Flüchtlinge in Gemeinden mit weniger als 3 000 Einwohnern — zumeist fernab von den Zentren potentiellen Arbeitskräftebedarfs. Während Nordrhein

Westfalen — in seinen Städten zwar vom Bomben-krieg schwer in Mitleidenschaft gezogen, aber wirtschaftlich nach wie vor tragfähig — nur einen Flüchtlingsanteil in Höhe von zehn Prozent der Wohnbevölkerung aufwies, hatte das agrarische Schleswig-Holstein einen solchen von 33 Prozent. In absoluten Zahlen war Bayern, ebenfalls noch, weithin ein Agrarland, mit zwei Millionen Flüchtlingen am stärksten belastet

Der infolge von Geldüberhang und verdeckter Inflation völlig verzerrte Arbeits, markt'erlaubte allerdings zunächst frappierende Eingliederungserfolge. Wie trügerisch diese waren, erwies sich indessen sogleich nach der Währungsreform mit einem, dramatischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Im Jahre 1950 schließlich, als auch die allgemeine Arbeitslosigkeit einen in der Geschichte der Bundesrepublik erst jüngst — freilich unter gänzlich anderen Rahmenbedingungen — übertroffenen Höchststand erreichte, waren noch — oder wieder — etwa eine halbe Million Vertriebene arbeitslos. Jeder dritte Arbeitslose war ein Vertriebener

Dank einer breiten wirtschaftsgeschichtlichen Forschung weiß man heute, daß der Prozeß jenes beispiellosen wirtschaftlichen Wiederaufstiegs, in dessen Rahmen sich dann auch die Eingliederung der Vertriebenen vollzog, bereits seit 1946/47 im Gange war. Wir kennen, dies ist das Privileg der Späteren und zumal des Historikers, das gute Ende dieser Geschichte. Wer aber damals als Betroffener oder zum Handeln Berufener inmitten der Probleme stand, dem erschienen die Chancen einer baldigen Bewältigung denkbar gering. Selbst ein distanzierter Beobachter wie Alfred Grosser konnte noch im Jahre 1969 das rasche und gründliche Gelingen der Integration nur mit Erstaunen reflektieren. Wer, so lautete seine rhetorische Frage, hätte 1945 oder 1946 vorhersehen können, daß die wirtschaftliche und soziale Eingliederung der Millionen vertriebener Deutscher binnen weniger Jahre vollzogen sein würde? In der Tat war die wirtschaftliche Eingliederung der Vertriebenen — und auf diesen einen, allerdings zentralen, weil für die Integration auf allen anderen Ebenen grundlegenden Aspekt des Gesamtproblems konzentrieren sich die folgenden Überlegungen — Anfang der sechziger Jahre im wesentlichen erreicht. Hält man sich an den Beschäftigungsgrad der Vertriebenen als aussagekräftiges Kriterium des Eingliederungsstandes, so stellt man fest, daß im Jahre 1961 nur mehr 14 000 Vertriebene als arbeitslos registriert waren. Der Anteil der Vertriebenen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen war damit binnen eines Jahrzehnts von über 30 Prozent auf rund 14 Prozent gefallen

II.

Das Phänomen der unvermutet raschen und in Anbetracht der ganz außerordentlichen Dimension des Problems auch friktionsarmen Eingliederung der Flüchtlingsbevölkerung in die Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik hat in der Folge recht unterschiedliche Erklärungen und Bewertungen gefunden. Hält man die profiliertesten Positionen gegeneinander, so fällt vor allem ihre Diskrepanz ins Auge. An dieser Beobachtung knüpfen die folgenden Überlegungen an. Sie verstehen sich als Anregung zu weiteren Bemühungen um eine Neubewertung des Integrationsvorganges in seiner Einbindung in die politische, vor allem aber die wirtschaftliche Entwicklung im Nachkriegsdeutschland. Die eine Interpretationsrichtung — und es ist, da mit der lebensweltlichen Kollektiverfahrung in Übereinstimmung, stets die gängigere, gewissermaßen auch die offiziöse Sehweise gewesen — deutet das Gelingen der Integration ganz unter dem Aspekt des Außergewöhnlichen, Unerwarteten, Überraschenden. Als Beispiel hierfür kann das Vorwort zu dem 1979 erschienenen bilanzierenden Sammelband „Aus Trümmern wurden Fundamente“ stehen, in welchem der damalige Staatssekretär im Bundesinnenministerium geradezu von einem „Wunder“ spricht: Die vollständige Integration der vertriebenen Deutschen sei „das eigentliche Wunder unserer Nachkriegsgeschichte“ Auch in einem jüngst erschienenen Band mit zeitgeschichtlichen Beiträgen über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten wirkt dieses Erstaunen noch nach, wenn der Herausgeber in seiner Einleitung die Integration der Vertriebenen als „eines der größten Nachkriegswunder“ bezeichnet

Neuerdings gewinnt jedoch gegenüber dieser Deutung mehr und mehr eine Betrachtungsweise an Boden, die den Anspruch erhebt, die rasche Lösung des Flüchtlingsproblems ganz rational aus ihren Voraussetzungen erklären zu können. Aus der Perspektive der historischen Arbeitsmarktforschung, der Wirtschaftsgeschichtsschreibung und der Migrationsforschung erscheint der Zustrom von Millionen von Vertriebenen nach Westdeutschland letztlich als ein Phänomen, welches sich seiner Funktion nach einpaßt in den säkularen Entwicklungstrend einer Bevölkerungsverschiebung aus dem agrarisch geprägten Osten in die sich immer stärker industrialisierenden und dabei einen anhaltenden Bedarf an Arbeitskräften aufweisenden Gebiete Mittel-und Westdeutschlands. Lasse man die historisch einzigartigen politischen Ursachen der deutschen Zwangswanderungen seit 1945 einmal beiseite, so könnten Flucht und Vertreibung „in ihrer Wirkung als Sonderfall ökonomischer Wanderung interpretiert werden, sie stellen quasi eine . abrupte Lösung'eines sonst kontinuierlichen Prozesses der Ost-West-Wanderung im Rahmen der sektoralen Strukturwandlungen dar“ Das Wanderungsgeschehen der Nachkriegszeit vom Zustrom der Vertriebenen über die Zuwanderung aus der SBZ bzw.der DDR bis hin zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte in Millionenzahl wäre sonach als eine besonders dynamische und intensivierte Phase einer zwar nicht völlig ungebrochenen, aber letztlich doch einem klar identifizierbaren Trend folgenden Entwicklung vom Auswanderer-zum „Arbeitskräfteeinfuhr“ -Land zu sehen, die in Deutschland mit dem Umschlagen des Wanderungssaldos im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts eingesetzt hat

Es liegt in der Logik dieses Ansatzes, daß der spezifische Problemcharakter des Vertriebenenzu-Stroms als einer Hauptkomponente der deutschen Nachkriegsnot und das millionenfache Leid als dominierender Zug des Flüchtlingsschicksals gerade der ersten Nachkriegsjahre zurücktreten hinter dem Aspekt der positiven ökonomisch Folgen. Von seinen Auswirkungen her betracht gewinnt dieser Bevölkerungszustrom geradezu d Charakter einer quasi notwendigen Voraussetzu für den so überaus günstigen Verlauf der wirtscha liehen Entwicklung in der Bundesrepublik bis in c sechzigerJahre hinein So ist Werner Abelsha ser kürzlich sogar dahin gelangt, das relati Zurückbleiben der französischen Besatzungszoi im wirtschaftlichen Aufschwung der ersten Nac kriegsphase unter anderem aus dem dortigen Fe len einer größeren Zahl von Vertriebenen zu erkl ren Ebenso liegt es in der Konsequenz dies Erklärungsmusters, wenn derselbe Autor eine d Wurzeln der gegenwärtigen Strukturprobien Nordrhein-Westfalens darin sieht, daß diesem Lar wegen seiner zunächst geringen Aufnahmefähigke für Flüchtlinge und Flüchtlingsbetriebe wichti Potentiale und Impulsgeber für eine Modernisi rung und Diversifikation seiner Industriestrukti entgangen seien

Nun ist es nichts grundsätzlich Neues, bei de Bestimmung des Problemstatus des Flüchtlingszi Stroms den Aspekt einer volkswirtschaftlich durcl aus erwünschten, weil eine verstärkte Industrialisit rung und ein beschleunigtes Wachstum sowol erfordernden wie erst ermöglichenden Erweiterun des Arbeitskräftepotentials in den Vordergrund z stellen. Schon die Argumentation des 1951 vor Bundesvertriebenenministerium veröffentlichte sogenannten Sonne-Berichts in dem ein deutsch-amerikanische Expertenkommission ei erstes geschlossenes Eingliederungskonzept enl warf, tendierte implizit in diese Richtung. Bezeich nend ist auch, daß etwa Friedrich Edding, damals Mitarbeiter des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und Verfasser vielbeachteter volkswirtschaftlicher Analysen zum Flüchtlingsproblem, in den fünfziger Jahren wiederholt der von ihm offenbar häufig und vor allem im Ausland beobachteten Neigung glaubte entgegentreten zu müssen, den durch die Zwangswanderungen nach 1945 bewirkten Bevölkerungszuwachs „oft schlechthin als Fortschritt und erhöhte Kraft“ zu werten Edding machte gegen diese Einschätzung eine Reihe von Einwänden geltend, die nicht einfach von der Hand zu weisen sind.

Insgesamt ist aber aus heutiger Kenntnis des weiteren Entwicklungsganges festzustellen, daß die negativen Folgerungen, zu denen Edding gelangte, doch stark den politischen Vorgaben seiner Zeit verhaftet waren und infolgedessen zeitbedingt an Relevanz und Gültigkeit verloren haben. So kommen etwa die positiven Auswirkungen der Zwangs-wanderungen für die Bundesrepublik, die Edding analytisch durchaus angemessen erfaßt, in der bilanzierenden Gewichtung nicht entsprechend zum Tragen, weil Edding die für Westdeutschland günstigen Effekte mit den korrespondierend weniger günstigen für Mittel-und Ostdeutschland saldiert und so zu einem für ganz Deutschland defizitären Ergebnis gelangt bzw. weil er die Aktiva für Westdeutschland unter Verweis auf eine absehbare Wiedervereinigung als temporär relativiert Eddings an sich luzide Analyse kann nicht verleugnen, daß ihr Erkenntnisinteresse primär von der Befürchtung geleitet war, eine indolente oder gar optimistische Einschätzung des deutschen Flüchtlingsproblems durch das westliche Ausland könnte den wirtschaftlichen Aufbaubedingungen der Bundesrepublik ebenso abträglich sein wie dem Anspruch auf die Rückgewinnung der verlorenen Siedlungsgebiete der Deutschen im Osten.

Im vierten Jahrzehnt des Bestehens der Bundesrepublik ist indessen derartiges so wenig mehr zu besorgen wie eine mögliche Beeinträchtigung poli-tischer Vorbehaltspositionen, die nicht ohnehin längst schon von der historischen Entwicklung selbst obsolet gemacht worden wären. Man kann sich daher ohne Befangenheit auf die Frage einlassen, welche Funktion der Flüchtlingszustrom im Bedingungsgeflecht der westdeutschen Nachkriegs-rekonstruktion hatte, und damit, nunmehr aus bereits historischer Distanz und in Kenntnis des Ergebnisses, die Bemühungen wieder aufnehmen, mit denen die zeitgenössische Wissenschaft in bemerkenswerter Eindringlichkeit das Problem analytisch und normativ in den Griff zu bekommen versuchte

Allerdings hat sich die Problemperspektive im Lichte der seither eingetretenen historischen Entwicklung verschoben. Die Frage der frühen fünfziger Jahre, ob sich der Vertriebenenzustrom eher als „Antrieb“ oder als „Belastung“ für die Wirtschaft erweisen würde steht heute nicht mehr im Vordergrund. Vielmehr nehmen die folgenden Überlegungen ihren Ausgang von der Beobachtung, daß sich die Integration der Vertriebenen mit einer quantitativ kaum noch günstiger vorstellbaren wirtschaftlichen Gesamtentwicklung der Bundesrepublik in den ersten fünfzehn Jahren ihres Bestehens mit ihren sowohl im nationalen wie im internationalen Vergleich exzeptionell hohen Wachstumsraten offenbar sehr wohl hat vereinbaren lassen.

Diese Feststellung bleibt auch dann richtig, wenn man die Möglichkeit nicht ganz ausschließen will, daß ein Fehlen der Vertriebenen auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt ein anderes Einsatzverhältnis der Produktionsfaktoren und damit eine langfristig günstigere wirtschaftliche Strukturverteilung im Sinne stärkerer Rationalisierung, höherer Arbeitsproduktivität und höheren Pro-Kopf-Einkommens zur Folge gehabt hätte

Läßt man sich aber vorderhand einmal auf die These ein, daß der Zustrom der Vertriebenen — unbeschadet seines Willkürcharakters und der mit ihm einhergehenden Not — gewissermaßen im Einklang stand mit langfristig wirksamen Tendenzen des Industrialisierungsprozesses in Deutschland, so führt von dieser Prämisse ein einfacher Umkehrschluß zu der Frage, ob und wieweit dann das rasche Gelingen der Integration als strukturell nachgerade . programmiert'angenommen und mithin als gleichsam selbstläufiger Prozeß betrachtet werden muß, welcher der Beeinflussung durch Maßnahmen der politikgestaltenden Instanzen im wesentlichen entzogen war — ob also, für die Zwecke des Diskurses ein wenig zugespitzt formuliert, das unverhoffte Glück der Integration nicht schlechterdings unausweichlich war.

Auf die grundsätzliche theoretische und methodologische Problematik der Kategorie der Möglichkeit in der Geschichte, die ins Spiel kommt, wenn man einen anderen als den historische Realität gewordenen Verlauf des Geschehens überhaupt in Erwägung zieht, ist an dieser Stelle nicht weiter einzugehen Die Frage nach der strukturellen Bedingtheit des Eingliederungsvorganges versteht sich hier heuristisch und verfolgt das Ziel, mittels einer Analyse der „Ursachenund Bedingungskonstellationen“ den Entscheidungsund Handlungsspielraum der bundesdeutschen Politik auszuloten und so Ort und Valenz des Vertriebenenproblems in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein wenig genauer zu bestimmen.

III.

Die neuere wirtschaftsgeschichtliche Forschung arbeitet bisher im wesentlichen mit drei unterschiedlichen Modellen, anhand deren sie „die längerfristige wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands im 20. Jahrhundert in einem Gesamtbild zu erfassen“ und zu deuten sucht -Es sind dies die sogenannte „Wellenhypothese“, die sogenannte „Strukturbruchthese“ und die „Rekonstruktionsthese“.

Die „Wellenhypothese“ sieht, ausgehend von den von Kondratieff postulierten langen Konjunktur-zyklen, langfristige Veränderungen der wirtschaftlichen Entwicklungen — und somit auch die unterschiedlichen Phasenbilder der deutschen Wirtschaft bis zum Ersten Weltkrieg, in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg — in der Abfolge von Innovationsschüben begründet. Demgegenüber geht die „Strukturbruch-These“ davon aus, daß die genannten drei Phasen durch je spezifische Trendformen gekennzeichnet und daher grundsätzlich nicht in ein gemeinsames Erklärungskonzept zu integrieren seien.

Am ergiebigsten hinsichtlich seines Erklärungspotentials besonders für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland seit 1945 scheint sich das dritte Modell zu erweisen, die Rekonstruktionsthese. Dieses Modell basiert — extrem vereinfacht dargestellt — auf der Annahme, daß die Volkswirtschaften von Industrieländern in ihrer Entwicklung im Prinzip einem stetig ansteigenden Wachstumspfad folgen. Krisenbedingte Störungen dieses theoretischen Wachstumsgleichgewichts werden dem Rekonstruktionskonzept zufolge nach Wegfall der Störfaktoren durch beschleunigtes Wachstum aufgeholt, bis auf nunmehr höherer Ebene wieder ein dynamisches Gleichgewicht zwischen dem Kapital-Stock, dem Stand der Technik und der Zahl und Qualifikationsstruktur der verfügbaren Arbeitskräfte hergestellt und damit der gewissermaßen „natürliche“ Wachstumspfad wieder erreicht ist

Nun läßt sich in der Tat durch die (allerdings nicht lückenlos vorliegende) Zeitreihe des realen Sozial-produkts je Einwohner für Deutschland von 1850 bis 1975 eine lineare Trendkurve legen, welche der Vorstellung entspricht, daß ein annähernd kontinuierliches Wirtschaftswachstum, wie es für die Zeit bis 1913 tatsächlich zu beobachten ist, auch in den darauffolgenden fünfbis sechs Jahrzehnten möglich gewesen wäre, hätten nicht exogene Störungen die Realisierung dieses Entwicklungspotentials verhindert Die für das Rekonstruktionsmodell kardinale Prämisse eines „virtuellen Trends“, der den „Pfad der Möglichkeiten“ eines natürlichen Fortschritts oder Wachstums angibt, wird im übrigen auch durch einige andere Indikatoren empirisch gestützt

Für Zeiten normaler Wirtschaftsentwicklung — und als „normal“ gilt für Deutschland die vergleichsweise eng dem linearen Trend folgende Entwicklung der Jahre von 1850 bis 1913 — wird als limitierender Faktor für die Raten des wirtschaftlichen Wachstums die langfristige Produktivitätsentwicklung angesehen, wobei Produktivität als „technischer Fortschritt“ im weitesten, auch die Qualifikationsstruktur des Arbeitskräftepotentials umgreifenden Sinne zu verstehen ist Nach Störungsperioden, in welchen es etwa infolge kriegsbedingter Zerstörungen und/oder verminderter Investitionstätigkeit zu einer relativen Reduzierung des Kapitalstocks kommt, kann sich dieses funktionale Verhältnis indessen umkehren: Nicht mehr das Arbeitskräftepotential und seine Qualifikationsstruktur, sondern die ad hoc verfügbaren Sachkapitalbestände sind dann der das tatsächlich erreichbare Wirtschaftswachstum begrenzende Faktor. Wie rasch und gründlich das in einer solchen Konstellation durch den Überhang an „nutzbarer technischer Qualifikation“ gegebene, aber durch exogene Störungen an der Entfaltung gehinderte Potential zu wirtschaftlichem Wachstum realisiert (und damit die Abweichung vom virtuellen Trend beseitigt) werden kann, hängt dann primär vom Umfang und von der Geschwindigkeit der Kapitalbildung ab

Vergleichen wir nun die theoretische Norm mit der historischen Wirklichkeit der Ausgangskonstellation im Nachkriegsdeutschland, so zeigt sich, ohne daß wir für unsere Zwecke in Einzelheiten zu gehen brauchten, daß sich in dieser Konstellation tatsächlich alle wesentlichen Annahmen des Rekonstruktionsmodells für das Ende einer Störungsphase auffinden lassen. Insbesondere hatte das Arbeitskräftepotential, definiert als die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr, im Bundesgebiet gegenüber 1939 trotz aller kriegsbedingten Verluste dank dem Zustrom der Flüchtlinge bis 1948 um 14, 1 Prozent und bis 1950 sogar um 18 Prozent zugenommen. Bringt man ergänzend in Anschlag, daß die Vertriebenenbevölkerung sowohl eine günstigere Alters-wie auch Geschlechtsstruktur aufwies als die einheimische Bevölkerung so wird man schon an dieser Stelle in der Einschätzung der Bedeutung des Flüchtlingszustroms für die wirtschaftlichen Entwicklungschancen der Bundesrepublik zu einer sehr viel positiveren Beurteilung gelangen als etwa Edding Ende der fünfziger Jahre, der seine negative Beurteilung allerdings auf das in diesem Zusammenhang nicht ganz angemessene Kriterium der Erwerbsquote stützte

Des weiteren kann man, auch wenn dieser Gesichtspunkt sich statistischer Erfassung und Verifizierung weitgehend entzieht, davon ausgehen, daß das mit den Vertriebenen der westdeutschen Wirtschaft zugeführte Arbeitskräftepotential auch in qualitativer Hinsicht hohen Anforderungen genügte -Man denke hierbei nur an das hochentwickelte gewerblich-kaufmännische Schulwesen der Deutschen in der Tschechoslowakei und an den günstigen industriellen Entwicklungsstand Schlesiens. Als nach Überwindung der kriegsbedingten Engpaßfaktoren im Bereich der Infrastruktur etwa ab 1947 der Aufschwung in Gang gekommen war und dann, durch Währungsreform und Marshallplan gestützt, durch die Korea-Krise und die zugunsten Westdeutschlands veränderten Weltmarktbedingungen weiter stimuliert, er rasch an Dynamik gewann lag im Vertriebenenzustrom eine Wachstumsreserve, die geradezu nach Ausschöpfung drängte. Daß dies von den Entscheidungsträgem in Wirtschaft und Politik auch frühzeitig erkannt wurde, wird übrigens aus der von Nordrhein-Westfalen eingeschlagenen Linie der Flüchtlingspolitik sehr deutlich

Eine infolge des langen Konsumstaus schier unbegrenzte Nachfrage, die durch den vertreibungsbedingten Bevölkerungszuwachs zusätzliche Impulse erhielt, verhieß Investoren sichere Absatz-und Gewinnchancen. Das strukturelle Überangebot an qualifizierten Arbeitskräften bot alle Voraussetzungen, diese Chancen zu realisieren. Die aus der spezifischen Soziallage der Vertriebenen resultierende, über ihre Sekundäreffekte aber auch die einheimische Bevölkerung erfassende gesteigerte horizontale und vertikale Mobilität trug ebenfalls dazu bei, einzigartig günstige Verwertungsbedingungen für den Produktionsfaktor Kapital zu schaffen, wie sie denn auch in der charakteristisch hohen Kapitalproduktivität der ersten Hälfte der fünfziger Jahre zum Ausdruck kamen

Die hohen Investitionsraten, die für die Anpassung des Kapitalstocks an die erhöhte Nachfrage und das vergrößerte Arbeitskräfteangebot erforderlich waren, wurden, abgesehen von den Maßnahmen zur Investitionshilfe und zum Zwangssparen, steuerlichen Anreizen zur Sparkapitalbildung, Preissteigerungen, dem Einsatz von ERP-Mitteln und einer hohen Reinvestitionsquote, vor allem durch die zurückhaltende Lohnpolitik der Gewerkschaften ermöglicht Diese Zurückhaltung war aber wohl nicht allein in freiwilliger Bescheidung aus Einsicht in gesamtwirtschaftliche Erfordernisse begründet, sondern gleichermaßen in der Tatsache, daß unter den Bedingungen eines strukturellen Arbeitskräfteüberhanges die Marktposition des Faktors Arbeit deutlich geschwächt und das Durchsetzungsvermögen auch einer gut organisierten Arbeiterschaft reduziert war

Die bisher konstatierten Struktureffekte des Ver-triebenenzustroms für die wirtschaftliche Entwicklung Westdeutschlands ergaben sich übrigens auch und sogar in noch stärkerem Maße aus der bis 1961 anhaltenden Zuwanderung aus der SBZ bzw.der DDR. Anders als die Vertreibung, die einen ganzen Bevölkerungsteil schwallartig und mitsamt allen unvermeidlichen demographischen Belastungsfaktoren in das Bundesgebiet geführt hatte, verlief die Zuwanderung aus der DDR vergleichsweise kontinuierlich und vor allem selektiv und kam damit dem Charakter klassischer Arbeitswanderungen sehr viel näher. Die bis zum Bau der Mauer insgesamt etwa drei Millionen aus dem Gebiet der DDR in das Gebiet der Bundesrepublik zugewanderten Deutschen — exakte Zahlenangaben liegen nicht vor — stellten in volkswirtschaftlicher Hinsicht ein außerordentlich wertvolles, weil überdurchschnittlich junges, mobiles und einsatzfreudiges Bevölkerungselement dar Der Transfer an immateriellem Kapital, dessen Wert nach vorsichti-gen Schätzungen auf mindestens 30 Milliarden DM zu beziffern ist, bedeutete für die westdeutsche Wirtschaft in der Konkurrenz mit anderen Industriestaaten einen Aktivposten, der ihr die Fortsetzung hoher Wachstumsraten über die eigentliche Wiederaufbauphase hinaus ermöglichte und den notwendigen wirtschaftlichen Strukturwandel erleichterte

Es ist sicher kein Zufall, daß die Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte in die Bundesrepublik just zu der Zeit intensiviert wurde, als der Zustrom von Deutschen aus der DDR versiegte. Allerdings stellen sich die Zusammenhänge zwischen der zweiten und der dritten Zuwanderungswelle im Nachkriegsdeutschland — die sich im übrigen ja auch zeitlich überschnitten — doch sehr viel komplexer dar, als es eine undifferenzierte Abfolgebeziehung zum Ausdruck zu bringen vermöchte Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß die Ausländer, selbst wenn mit ihrem Einsatz ein gewisser Substitutionseffekt für deutsche Arbeitskräfte aus niedriger in höher qualifizierte Berufe einherging, hinsichtlich ihrer Qualifikationsstruktur keinen adäquaten Ersatz für das inzwischen ausgeschöpfte Arbeitskräftepotential der Vertriebenen und der Zuwanderer bieten konnten.

Auch wenn man andere Faktoren des wirtschaftlichen Wiederaufstiegs Westdeutschlands — wie etwa die Reintegration in den Weltmarkt, die Etablierung eines europäischen Marktes, die Wieder-einsetzung der Marktmechanismen als Hauptelemente der wirtschaftlichen Steuerung, eine orthodoxe Finanz-und Geldpolitik, die Förderung der Investitionen und der Kapitalbildung — nicht wird vernachlässigen dürfen, macht gerade der Vergleich mit anderen europäischen Volkswirtschaften deutlich, daß eine Grundvoraussetzung für das enorme Wachstum der westdeutschen Nachkriegs-wirtschaft „was the elastic labor supply which held down wages and maintained profits and investment“ Die am Rekonstruktionsmodell orientierte Wirtschaftsgeschichtsschreibung vermutet denn auch eben in der Erschöpfung qualifizierter Arbeitskraftreserven die Hauptursache für den grundlegenden Wandel des Wachstumsmusters der westdeutschen Wirtschaft in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre. Diese Einschätzung trifft sich interessanterweise mit der Ludwig Erhards, der schon 1965 in seiner Regierungserklärung auf das durch die strukturelle „Beengung des Arbeitsmarktes“ bedingte Ende der Nachkriegszeit mit ihren außergewöhnlich hohen Wachstumsraten hingewiesen hatte

IV.

Fassen wir die bisherigen Überlegungen zusammen: Der Zustrom von Millionen besitzloser Flüchtlinge, die es im besiegten Rumpfdeutschland aufzunehmen und einzugliedern galt, erwies sich zumal in den ersten Nachkriegsjahren als eine hohe Belastung. Eine befriedigende Lösung des Problems erschien, solange als Ziel der Siegermächte die dauerhafte politische und vor allem wirtschaftliche Schwächung Deutschlands angenommen werden mußte, kaum möglich. Mit dem Wandel der globalpolitischen und weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit Ende der vierziger Jahre jedoch wurde das in der Vertriebenenbevölkerung liegende Arbeitskräftepotential zu einem strukturellen Wachstumsfaktor für die westdeutsche Wirtschaft. Die umgehende Realisierung dieses Wachstumspotentials entsprach unter den konkreten historischen Bedingungen der zwingenden Logik der Mechanismen eines auf Leistungswettbewerb gegründeten Wirtschaftssystems, wie es im Gebiet der westlichen Besatzungszonen seit 1948 zur Aus-prägung kam In der Tat vollzog sich die Bewältigung des Flüchtlingsproblems in der Bundesrepublik auf der ökonomischen als der ersten und wichtigsten Integrationsstufe über die Absorption des zusätzlichen Arbeitskräftepotentials in einer ab 1950 stark expandierenden Wirtschaft. Flankiert wurde dieser Absorptionsprozeß durch eine Reihe politischer Maßnahmen wie den staatlich gelenkten Umsiedlungsaktionen, Wohnungsbauprogrammen und produktiven Leistungen des Lastenausgleichs Der massive Bevölkerungszuwachs erforderte und förderte eine Beschleunigung und Intensivierung der Industrialisierung und den damit einhergehenden Strukturwandel. Weit davon entfernt, einen demographisch-ökonomischen Einschnitt zu markieren, erscheint der Vertriebenen-Zustrom unter dem Aspekt seiner sozioökonomischen Wirkungen eher als ein im säkularen Trend liegendes Bedingungselement der wirtschaftlichen Entwicklung.

Was folgt daraus für eine Abschätzung der Handlungsspielräume einer staatlichen Flüchtlingspolitik? Hat es zu der Wirklichkeit gewordenen Lösung des Flüchtlingsproblems eine realisierbare Alternative gegeben? Wie hätte eine solche Alternative aussehen können?

Halten wir uns fern aller Spekulation allein an das, was in der zeitgenössischen Öffentlichkeit und in der einschlägigen Literatur tatsächlich an soge-nannten Möglichkeiten diskutiert wurde. 1. Die Möglichkeit einer massenhaften Auswanderung von Deutschen in überseeische Gebiete ist rasch abgehakt. Abgesehen davon, daß es hierfür schon an der Aufnahmebereitschaft der potentiellen Zielländer fehlte, wurde dieser Weg auch von deutscher Seite mehr oder weniger einhellig verworfen, und zwar — dies ist für unsere Frage besonders aufschlußreich — nicht allein aus volkstumspolitischen Gründen, sondern weil man bereits Anfang der fünfziger Jahre von dem damit verbundenen Abzug von Arbeitskräften für die Bundesrepublik nur nachteilige Folgen erwartete

2. Eine andere denkbare Möglichkeit, zu einet Lösung des Flüchtlingsproblems zu gelangen, wäre der Weg einer staatlich dekretierten, eine durchgängige Nivellierung des Lebensstandards bewußt in Kauf nehmenden, egalisierenden Sofort-Partizi-pation der Vertriebenen am gesamten verfügbarer gesellschaftlichen Vermögen gewesen, wie er int Prinzip in der sowjetischen Besatzungszone resp. ir der DDR eingeschlagen wurde. Hierzu freilich bedurfte es substantieller Eingriffe in die wirtschaftlichen und sozialen Besitzstände der eingesessenen Bevölkerung, wie etwa einer durchgreifender Bodenreform, einer zentralen Investitionslenkung und Verteilung bzw. Zuweisung von Arbeitsplätzen sowie einer strikt durchgeführten Rationierung vor Wohnungen und Konsumgütem. Auf niedrigem Gesamtniveau führte dieser Weg über eine relative Annäherung der Lebensverhältnisse der Einheimischen und der Vertriebenen insofern zu einet schnellen Lösung der „Umsiedlerfrage“, als er die Vertriebenen als eine eigene Bevölkerungskategorie mit spezifisch depravierter Sozialcharakteristik rasch aufhob. Allerdings war diese Methode unlösbar mit der Systemfrage verknüpft, und obwoh! man die kurzfristig erzielten Eingliederungserfolge der SBZ/DDR von bundesdeutscher Seite aus nicht ohne eine gewisse Gespanntheit verfolgte lag es doch auf der Hand, daß dieser Weg eines rigorosen Lastenausgleichs unter den verfassungs-, ordnungsund globalpolitischen Rahmenbedingungen dei Bundesrepublik — parlamentarische Demokratie, privatkapitalistisches Wirtschaftssystem und Kaltei Krieg — weder gangbar noch wünschenswert war

3. Bleibt schließlich noch eine dritte Möglichkeit zu erörtern. Sie war unter dem Gesichtspunkt ihrei historischen Realisierungschancen nicht wenigei fiktiv und utopisch als die beiden anderen, sie wai dies eher noch mehr. Wenn sie dennoch öfter und hartnäckiger als jene in die Debatte geworfen wurde, so vermutlich deshalb, weil sie geeignet war, durch ihren düsteren Kontrast das tatsächlich Erreichte in um so hellerem Lichte zu zeigen. Gemeint ist die These, es müsse als Zeugnis besonders hohen Verantwortungsbewußtseins der bundesdeutschen Politik gelten, daß diese sich vorbehaltlos für die Integrationslösung entschieden und nicht der Versuchung nachgegeben habe, etwa nach Art der Palästinenser auch das deutsche Flüchtlingsproblem offenzuhalten, indem man millionenfache Flüchtlingsexistenz in ihrer ganzen Depravation in großen Lagern konservierte und so das Unrecht der Vertreibung und den Anspruch auf Rückkehr als schwärende Wunde inmitten Europas in Permanenz demonstrierte

Wie weit diese Vorstellung einer angeblichen Alternative an allen Realitäten der Lage und Entwicklung des westlichen Deutschlands vorbeiging, dürfte evident sein. Nicht allein hätte der kategorische Integrations-, ja Assimilationsauftrag der Sie-

germächte, die sich in diesem Punkte völlig einig waren, ein solches , Offenhalten von vomeherein ausgeschlossen. Auch war es gerade unter den Bedingungen einer sich dynamisch entwickelnden Marktwirtschaft mit hohem Arbeitskräftebedarf völlig undenkbar, ein Arbeitskräftereservoir dieser Größenordnung und Güte willkürlich und wider alle ökonomische Rationalität von der produktiven Nutzung auszuschließen. Aber auch von der anderen Seite, der der Vertriebenen aus betrachtet, mutet diese Idee schlechthin abwegig an. Der unbändige, schon sehr bald nach der Ankunft in den Aufnahmegebieten wirksam werdende Wille der meisten Flüchtlinge, den diskriminierenden Status des bloßen Objekts karitativer und fürsorgerischer Betreuung schnellstens abzustreifen und sich aktiv ins Erwerbsleben einzuschalten, hat gezeigt, daß es nicht möglich ist, ein großes, konnationales Bevölkerungselement, dessen ganze Mentalität und Werthaltung von einem bestimmten zivilisatorischen, kulturellen und materiellen Lebensniveau geprägt ist, für längere Zeit in stark degradierten Lebensverhältnissen verharren zu lassen, während ringsum alles arbeitet, wirtschaftet und erwirbt.

Anders, als es das in der zeitgenössischen Diskussion zum Topos gewordene Schlagwort von der „Proletarisierung“ der Vertriebenen unterstellte, nahmen diese bei ihrer sozialen Selbsteinstufung nicht ihre situationsbedingte Deklassierung zum Maßstab, sondern die soziale Position, die sie vor der Vertreibung innegehabt hatten Das Streben, ihre aktuelle soziale Lage im Aufnahmeland wieder mit diesem am Status quo ante gewonnenen Selbstbild in Einklang zu bringen oder ihm zumindest so weit wie möglich anzunähem, war beim Gros der Vertriebenen die Haupttriebkraft für ihre beachtliche Aufbauleistung. Keine Regierung hätte es deshalb vermocht, im Interesse einer abstrakten politischen Strategie dieser großen, an Leistung, Bewährung und Geltung orientierten Bevölkerungsgruppe die Teilnahme am Produktionsprozeß und die Wahrnehmung wirtschaftlicher und sozialer Aufstiegschancen zu verwehren. Wenn eine der neuesten Gesamtdarstellungen zur Geschichte der Bundesrepublik feststellen kann, die Alternative eines bewußten Offenhaltens der explosiven Lage, „um von den Deutschland-Mächten mit der Drohung gewaltsamer Konflikte die Rückgabe der Ost-gebiete zu erzwingen“, sei nie auch nur erwogen worden so zeugt dieser Befund mehr noch als von der Moralität der damaligen Politik von deren Realitätsbezug. Denn es hat eine solche Alternative, dies ist deutlich zu machen, angesichts der historischen Gesamtsituation in und um Deutschland nach 1945 zu keiner Zeit gegeben. 4. Aus dem bisher Dargelegten ergibt sich — und damit gelangen wir zur zusammenfassenden These —, daß die in der Bundesrepublik Gestalt gewordene Lösung des Vertriebenenproblems per Absorption des zusätzlichen Arbeitskräftepotentials in einer kraftvoll expandierenden Industriewirtschaft wenn nicht geradezu determiniert, so doch hochgradig präformiert war. Im Gesamtkomplex des Geschehens seit 1950 ist kein Punkt erkennbar, an dem der Prozeß der Eingliederung durch Eingriffe der deutschen politischen Entscheidungsinstanzen in seinem Wesen und seiner Grundtendenz hätte verändert werden können. Was der politischen Steuerung zu tun verblieb, war, den strukturell vorgezeichneten Weg der Entwicklung von akzidentiellen Hemmnissen freizuhalten oder freizumachen und durch flankierende Maßnahmen dafür zu sorgen, daß dieser Prozeß der Absorption sich möglichst reibungsfrei vollziehen konnte Fördernd in diesem Sinne wirkten z. B. die Maßnahmen zur Beseitigung der Fehlverteilung der Arbeitskräfte durch Wiederherstellung der Freizügigkeit, durch staatliche Umsiedlungsprogramme und durch die Schaffung von Wohnraum in der Nähe der Arbeitsplätze. Auch erforderte die Logik des marktwirtschaftlichen Systems im Interesse eines ökonomisch optimalen Einsatzes des vorhandenen Arbeitskräftereservoirs den Verzicht auf eine staatliche Flüchtlingspolitik, die sich, wie es die Vertriebenenverbände forderten, primär am Ziel einer Restauration der Vermögens-, Sozial-und Berufsstruktur in den Vertreibungsgebieten orientieren sollte

Indem es gelang, für den Lastenausgleich gegen die weitergehenden Restitutionsansprüche der Vertriebenen eine Regelung dürchzusetzen, in der das „elastische“ Entschädigungsprinzip über das „quo-tale" dominierte — wenn auch nach Ansicht von Wirtschaftsexperten nicht deutlich genug dominierte — blieb die Möglichkeit erhalten, in Verbindung mit hohen Investitionsraten den mobilisierenden und modernisierenden Effekt des Vertrie-benenzustroms durch den flexiblen Einsatz der verfügbaren Arbeitskräfte nach vorwiegend oder ausschließlich ökonomischen Bedürfnissen weitgehend zur Geltung zu bringen.

Der Erfolg dieser Lösung ist unter rein volkswirtschaftlichen Kriterien unbestreitbar. Eine differenzierte historische Betrachtungsweise kann aber nicht davon absehen, daß diese Lösung ihren sozialen Preis hatte. Da der Flüchtlingszustrom einen strukturellen Arbeitskräfteüberschuß teils schuf, teils verstärkte, wurden schon in der Ausgangslage der westdeutschen Nachkriegsentwicklung die gesellschaftlichen Gewichte zugunsten des Produktionsfaktors Kapital verschoben. Indem die Integration im wesentlichen den Kräften des Marktes überlassen und damit primär unter das Gesetz größtmöglicher ökonomischer Effizienz gestellt wurde, hatten die Kosten vorwiegend jene zu tragen, die über die schwächere Position am Markt verfügten oder die vom Produktionsprozeß ganz ausgeschlossen waren. Die zur Beseitigung der Disparität zwischen Kapitalstock und Arbeitspotential erforderlichen Investitionen — in erster Linie über niedrige Löhne oder /und hohe Preise aufgebracht — führten zu einer verstärkten Konzentration und damit Disparität der Verteilung von Vermögen und Kapital, die sogar Ludwig Erhard als einen „bedenklichen Schönheitsfehler — ja sogar als noch Schädlicheres“ beklagt hat Anzuführen sind auf der Passivseite des Integrationserfolges aber auch die erheblichen Einschränkungen des Lebensstandards derjenigen Bevölkerungsteile sowohl bei Vertriebenen wie bei Einheimischen, denen ihr einstiger, nun nicht mehr gefragter Beruf (man denke beispielsweise an die vertriebenen Bauern) ein besonders hartes persönliches Kriegs-schicksal (Invaliden und Kriegerwitwen) oder ihr fortgeschrittenes Lebensalter schlechte Bedingungen für die Teilnahme am Leistungswettbewerb einer dynamisch sich entwickelnden und wandelnden Wirtschaft zuwiesen Zu erwähnen sind nicht zuletzt auch die massiven Umschichtungen der beruflichen und sozialen Struktur zunächst bei den Vertriebenen, sekundär aber auch bei den Einheimischen, die sich als Anbieter von Arbeitskraft den durch den Bevölkerungszustrom verschärften Konkurrenzbedingungen nur partiell entziehen konnten

Näher zu untersuchen, wieweit alle diese die Gesellschaft der Bundesrepublik nachhaltig prä-genden Folgen und Auswirkungen des Vertriebe-nenzustroms von den einzelnen Sozialgruppen und ihren Organisationen — zu denken wäre dabei vorrangig an die Unternehmer und die Gewerkschaften — je nach Art und Intensität ihrer Betroffenheit erkannt und in ihre Interessenstrategien eingebracht wurden, wäre eine lohnende Aufgabe für die zeitschichtliche Forschung -

Im übrigen aber sei, um allen Mißverständnissen vorzubeugen, das an sich Selbstverständliche noch einmal herausgestellt: Der hier verfolgte Ansatz einer auf die strukturellen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Integration konzentrierten Betrachtungsweise erhebt natürlich nicht den Anspruch, das Phänomen der erfolgreichen Eingliederung der Flüchtlingsbevölkerung erschöpfend erklären zu können. Das Problem ist, wie alle historischen Fragen von einiger Bedeutung, zu vielschichtig und komplex für eine monokausale Analyse. Neben der ökonomisch-materiellen Eingliederung als der Grundvoraussetzung gab es eine Vielzahl flankierender Integrationsfaktoren in der Form individueller Leistungs-und Opferbereitschaft auf den verschiedenen Ebenen von Politik und Verwaltung, in Gestalt von Organisationen, Vereinen und Verbänden. Erst aus deren Zusammenwirken konnte die Integration als gesamtgesellschaftlich befriedigende und dauerhafte Lösung hervorgehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine fundierte Gesamtdarstellung der deutschen Flüchtlingsproblematik gibt Hans W. Schoenberg, Germans from the East. A Study of their Migration, Resettlement and Sub-sequent Group History Since 1945, Den Haag 1970. Unerreicht in der Breite der Problemerfassung ist das von Eugen Lemberg und Friedrich Edding herausgegebene Sammelwerk: Die Vertriebenen in Westdeutschland. Ihre Eingliederung und ihr Einfluß auf Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Geistesleben, 3 Bde., Kiel 1959. Eine aktualisierte Bilanz der Problematik bietet Wolfgang Benz (Hrsg.). Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen, Frankfurt/M. 1985.

  2. Vgl. die ausführlichen Zahlenangaben bei Gerhard Reich-ling. Die Heimatvertriebenen im Spiegel der Statistik. Berlin 1958, S. 15; Werner Nellner, Grundlagen und Hauptergebnisse der Statistik, in: Die Vertriebenen in Westdeutschland, Bd. I(Anm. 1), S. 60— 144, hier S. 75 und S. 83f.; Siegfried Bethlehem, Heimatvertreibung. DDR-Flucht. Gastarbeiter-zuwanderung. Wanderungsströme und Wanderungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1982. S. 22. Aufschlußreiches, wenn auch zumeist punktuelles Zahlenmaterial für die sowjetische Besatzungszone bringt Horst Barthel, Die wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen der DDR. Zur Wirtschaftsentwicklung auf dem Gebiet der DDR 1945— 1949/50, Berlin (DDR) 1979, S. 51-57.

  3. Vgl. Klaus-Dieter Henke, Der Weg nach Potsdam — Die Alliierten und die Vertreibung, in: W. Benz (Hrsg.). Die Vertreibung der Deutschen (Anm. 1), S. 49— 69.

  4. Vgl. John H. Backer, Priming the German Economy. American Occupational Policies, 1945 — 1948, Durham, N. C.. 1971, S. 78— 89; Werner Abeishauser, Wirtschaft in Westdeutschland 1945— 1948. Rekonstruktion und Wachstumsbedingungen in der amerikanischen und britischen Zone, Stuttgart 1975, S. 91 ff.

  5. Die von den verheerenden sozialen Auswirkungen des Krieges vielfältig belastete Ausgangssituation der Bundesrepublik jetzt als „Gründungskrise-* konzeptualisiert bei Hans Günter Hockerts, Integration der Gesellschaft. Gründungskrise und Sozialpolitik in der frühen Bundesrepublik, in: Zeitschrift für Sozialreform, 32 (1986), S. 25— 41.

  6. Vgl. G. Reichling (Anm. 2), S. 16.

  7. Vgl. Georg Müller/Heinz Simon. Aufnahme und Unterbringung. in: Die Vertriebenen in Westdeutschland, Bd. I (Anm. 1), S. 300-446, hier S. 312.

  8. Zur Verteilungsproblematik ausführlich G. Müller/H. Simon (Anm. 8). S. 308ff. und S. 314ff.; G. Reichling (Anm. 2). S. 16-21, S. Bethlehem (Anm. 2), S. 29-33.

  9. Vgl. G. Reichling (Anm. 2). S. 214— 219, und von dort übernommen die Zahlen bei S. Bethlehem (Anm. 2), S. 38-48.

  10. Neben W. Abeishauser (Anm. 5) vgl.dessen weitere Arbeiten: Die Rekonstruktion der westdeutschen Wirtschaft und die Rolle der Besatzungspolitik, in: Claus Scharf/Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.), Politische und ökonomische Stabilisierung Westdeutschlands 1945 — 1949, Wiesbaden 1977, S. 1 — 17; Probleme des Wiederaufbaus der westdeutschen, Wirtschaft 1945— 1953, in: Heinrich August Winkler (Hrsg.), Politische Weichenstellungen im Nachkriegsdeutschland 1945— 1953 (= Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 5), Göttingen 1979, S. 208— 253; Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945— 1980, Frankfurt/M. 1983. Ferner Heiner R. Adamsen, Faktoren, und Daten der wirtschaftlichen Entwicklung in der Früh-phase der Bundesrepublik Deutschland 1948— 1954, in: Archiv für Sozialgeschichte, 18 (1978), S. 217— 244, sowie neuerdings Albert Ritschl, Die Währungsreform von 19481 und der Wiederaufstieg der deutschen Industrie, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 33 (1985), S. 136— 165.

  11. So Alfred Grosser in seinem Vorwort zum Buch H. W. Schoenbergs (Anm. 1). S. VII.

  12. Vgl. Hellmut Körner, Der Zustrom von Arbeitskräften in die Bundesrepublik Deutschland 1950— 1972. Auswirkungen auf die Funktionsweise des Arbeitsmarktes, Bem-Frankfurt-München 1976, Tab. 24, S. 170. Das Tempo des Rückganges der Flüchtlingsarbeitslosigkeit ist für die Jahre 1950— 1956 ablesbar bei W. Nellner (Anm. 2), S. 61 — 144, hier Tab. A 4, S. 129.

  13. Hans Joachim v. Merkatz (Hrsg.). Aus Trümmern wurden Fundamente. Vertriebene. Flüchtlinge. Aussiedler. Drei Jahrzehnte Integration, Düsseldorf 1979, S. 7.

  14. W. Benz (Hrsg.), Die Vertreibung der Deutschen (Anm. 1), S. 9.

  15. Vgl. Hilde Wander, Migration and the German Economy. in: Brinley Thomas (Hrsg.), Economics of International Migration. Proceedings of a Conference held by the International Economic Association, London 1958, S. 197— 214.

  16. Falk Wiesemann/Uwe Kleinert. Flüchtlinge und wirtschaftlicher Wiederaufbau in der britischen Besatzungszone, in: Dietmar Petzina/Walter Euchner (Hrsg.). Wirtschaftspolitik im britischen Besatzungsgebiet 1945 — 1949. Düsseldorf 1984. S. 297-326. hier S. 307.

  17. Vgl. hierzu Klaus J. Bade. Vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland? Deutschland 1880— 1980. Berlin 1983; ders. (Hrsg.). Auswanderer. Wanderarbeiter. Gastarbeiter. Bevölkerung. Arbeitsmarkt und Wanderung in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. 2 Bde.. Ostfildern 1984; Jürgen Fijalkowski. Gastarbeiter als industrielle Reservearmee? Zur Bedeutung der Arbeitsimmigration für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland, in: Archiv für Sozialgeschichte. 24 (1984). S. 399— 456. Eine kritische Neubewertung des Zusammenhangs zwischen geographischer Mobilität und ökonomischer Modernisierung versucht Steve Hoch-stadt. Migration and Industrialization in Germany. 1815-1977. in: Social Science History. 5 (1981). S. 445— 468.

  18. Dieser Gesichtspunkt, der auch in unserem Argumentationsrahmen nicht weiter thematisiert werden kann, findet ausführliche Behandlung in den ersten historischen Einzel-studien. die mittlerweile zum Flüchtlingsproblem vorliegen und sich vor allem mit der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge und den ersten Versuchen zu ihrer Eingliederung in der unmittelbaren Nachkriegszeit in den einzelnen Regionen befassen. Vgl. etwa Helmut Grieser. Die ausgebliebene Radikalisierung. Zur Sozialgeschichte der Kieler Flüchtlingslager im Spannungsfeld von sozialdemokratischer Landespolitik und Stadtverwaltung 1945— 1950. Wiesbaden 1980; Siegfried Schier. Die Aufnahme und Eingliederung von Flüchtlingen und Vertriebenen in der Hansestadt Lübeck. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der 50er Jahre. Lübeck 1982; Franz J. Bauer. Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik in Bayern 1945— 1950. Stuttgart 1982; Hartmut Rudolph. Evangelische Kirche und Vertriebene 1945 bis 1972. Bd. I: Kirchen ohne Land. Die Aufnahme von Pfarrern un Gemeindegliedern aus dem Osten im westlichen Nachkriegs deutschland: Nothilfe. Seelsorge, kirchliche Eingliederung Göttingen 1984; Dieter Brosius/Angelika Hohenstein Flüchtlinge im östlichen Niedersachsen 1945— 1948. Hildes heim 1985.

  19. So etwa auch unter Berufung auf Henry C. Wallich Triebkräfte des deutschen Wiederaufstiegs. Frankfurt/M 1955; Emst-Ulrich Huster u. a.. Determinanten der wesl deutschen Restauration 1945— 1949, Frankfurt 1972 S. 100 f.

  20. Werner Abeishauser. Schopenhauers Gesetz und di Währungsreform. Drei Anmerkungen zu einem methodi sehen Problem, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 3. (1985). S. 217.

  21. Werner Abeishauser, Historische Ursachen der gegen wärtigen Strukturkrise in der nordrhein-westfälischen Indu strie, in: Kurt Düwell/Wolfgang Köllmann (Hrsg.), Rhein land-Westfalen im Industriezeitalter, Bd. 3: Vom Ende de; Weimarer Republik bis zum Land Nordrhein-Westfalen Wuppertal 1984, S. 343-361, hier S. 350f.

  22. Die Eingliederung der Flüchtlinge in die deutsche Gemeinschaft. Bericht der ECA Technical Assistance Com mission für die Eingliederung der Flüchtlinge in die deutsche Bundesrepublik. Bonn 1951.

  23. Friedrich Edding. Bevölkerung und Wirtschaft, in: Die Vertriebenen in Westdeutschland, Bd. l(Anm. 1), S. 1- 52, hierS. 2f. Ein Vertreter der von Edding kritisierten Einstellung war etwa der deutsch-amerikanische Publizist William S. Schlamm, der in seinem 1959 erschienenen Buch „Die Grenzen des Wunders. Ein Bericht über Deutschland“ die These vertrat, die gelungene Integration der Flüchtlinge in der Bundesrepublik sei „weder ein Wunder noch eine besondere Tat" gewesen. Masseneinwanderungen hätten, wie das Beispiel der USA im 19. Jahrhundert zeige, stets als entscheidender Ansporn zu einer Hochkonjunktur gewirkt

  24. F. Edding, Bevölkerung und Wirtschaft (Anm. 24), S. 15 und S. 17.

  25. Neben den Arbeiten von Edding s. vor allem Willi Albers. Die Eingliederung in volkswirtschaftlicher Sicht, in: Die Vertriebenen in Westdeutschland, Bd. II (Anm. 1), S. 418— 557; Erich Dittrich, Verlagerungen in der Industrie, ebd.. S. 298— 374; Helmut Arndt. Die volkswirtschaftliche Eingliederung eines Bevölkerungszustromes. Wirtschaftstheoretische Einführung in das Vertriebenen-und Flüchtlingsproblem, Berlin 1954.

  26. Vgl. Friedrich Edding, Die Flüchtlinge als Antrieb und Belastung der westdeutschen Wirtschaft, Kiel 1952.

  27. S. ebd., S. 15. Kritisch-ambivalent hierzu H. C. Wallich (Anm. 20), S. 267f., und Knut Borchardt, Wachstum und Wechsellagen 1914— 1970, in: Handbuch der deutschen Wirtschafts-und Sozialgeschichte, hrsg. von Hermann Aubin und Wolfgang Zorn, Bd. 2. Stuttgart 1976. S. 685— 740, hier S. 731 f.

  28. Eine erste Bestandsaufnahme der vielfältigen Aspekte dieses Problems jetzt in dem Essay von Alexander Demandt, Ungeschehene Geschichte. Göttingen 1984.

  29. S. Rudolf Vierhaus. Handlungsspielräume. Zur Rekonstruktion historischer Prozesse, in: Historische Zeitschrift. 237 (1983). S. 289-309. hier S. 294.

  30. Die drei Erklärungsansätze werden ausführlich vorgestellt und diskutiert bei Knut Borchardt. Trend. Zyklus. Strukturbrüche. Zufälle: Was bestimmt die deutsche Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts?, in: ders.. Wachstum, Krisen. Handlungsspielräume der Wirtschaftspolitik. Studien zur Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 1982. S. 100— 124.

  31. S. die ausführliche Explikation des Modells bei W. Abeishauser (Anm. 5). S. 23ff.

  32. Vgl. Knut Borchardt. Die Bundesrepublik Deutschland in den säkularen Trends der wirtschaftlichen Entwicklung, in: ders. (Anin. 31). S. 125 — 150, hier S. 129 ff. und bes. Abb. 1. S. 131.

  33. Ebd.. S. 132f.

  34. S. die Begriffsbestimmung bei W. Abeishauser, Wirtschaftsgeschichte (Anm. 11), S. 102.

  35. Vgl. K. Borchardt. Bundesrepublik (Anm. 33). S. 131, und Werner Abelshauser/Dietmar Petzina, Krise und Rekonstruktion. Zur Interpretation der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands im 20. Jahrhundert, in: diess. (Hrsg.). Deutsche Wirtschaftsgeschichte im Industrie-zeitalter. Konjunktur, Krise. Wachstum. Königstein/Ts. 1981. S. 47-93, hierS. 53.

  36. Vgl. W. Abeishauser. Wirtschaftsgeschichte (Anm. 11). S. 23.

  37. Vgl. F. Edding. Bevölkerung und Wirtschaft (Anm. 24), S. 8. Tab. 3.

  38. Vgl. G. Reichling (Anm. 2), S. 50-58.

  39. Edding begründet seine negative Einschätzung mit dem Hinweis, daß die Erwerbsquote bei den Vertriebenen niedriger gewesen sei als bei den Einheimischen (ca. 42% zu 47%). Dieses Phänomen war nicht weiter erstaunlich: Die Erwerbsquote bemißt sich nach der Zahl der Erwerbspersonen (= Erwerbstätige + Arbeitslose). Diese mußte bei den Vertriebenen infolge der sozialen Verschiebungen, welche die Vertreibung bewirkte, zwangsläufig niedriger sein, weil viele ehedem in landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben mithelfende Familienangehörige mit der Vertreibung aus dem Arbeitsprozeß ausschieden und als Angehörige ohne Beruf statistisch nicht mehr unter die Erwerbspersonen gerechnet wurden. Unabhängig davon ist aber festzustellen, daß die Anteile der Personen im erwerbsfähigen Alter — und allein auf diese kommt es bei der Berechnung des Arbeitskräftepotentials an — in der Vertriebenenbevölkerung durchweg höher waren als in der einheimischen Bevölkerung; vgl. G. Reichling (Anm. 2), S. 56. Die kritisierte Position Eddings in ders.. Bevölkerung und Wirtschaft (Anm. 24). S. 5-9.

  40. Allgemein zum Entwicklungstrend des Faktors . immaterielles Kapital* in Deutschland seit 1867 s. K. Borchardt, Bundesrepublik (Anm. 33). S. 133 f.

  41. S. hierzu W. Abeishauser. Wirtschaft (Anm. 5). S. 35 ff. und S. 130 ff.

  42. Vgl.ders.. Wirtschaftsgeschichte (Anm. 11), S. 32 ff. Zur Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik und insbesondere zur Bestimmung der Wachstumsfaktoren s. u. a. auch Werner Glastetter/Rüdiger Paulert/Ulrich Spörel. Die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 1950— 1980. Befunde, Aspekte, Hintergründe, Frankfurt-New York 1983, und, theoretisch-abstrakt, Winfried Vogt, Makroökonomische Bestimmungsgründe des wirtschaftlichen Wachstums in der Bundesrepublik Deutschland von 1950 bis 1960. Ein Beitrag zur Theorie des Wirtschaftswachstums. Tübingen 1964.

  43. F. Wiesemann/U. Kleinert (Anm. 17). S. 313— 320.

  44. Zu den mobilisierenden und damit auch modernisierenden Auswirkungen des Flüchtlingszustroms für die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft aus soziologischer Sicht s. Dietrich Hilger. Die mobilisierte Gesellschaft, in: Richard Löwenthal/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Die zweite Republik. 25 Jahre Bundesrepublik Deutschland — Eine Bilanz. Stuttgart 1974. S. 95-122. hier S. 107-113 ff. Zur ökonomischen Seite des Phänomens s. H. Körner (Anm. 13). S. 340 ff.

  45. Zum Aussagewert der reziproken Kenngrößen der Kapitalproduktivität und des Kapitalkoeffizienten s. die Erläuterungen bei Gerold Ambrosius, Das Wirtschaftssystem, in:

  46. Vgl. W. Albers (Anm. 26), S. 419f.; H. C. Wallich (Anm. 20). Kap. VI; G. Ambrosius (Anm. 46), S. 273ff.; W. Abeishauser. Wirtschaftsgeschichte (Anm. 11). S. 71 ff.

  47. S. hierzu Gustav Stolper/Karl Häuser/Knut Borchardt. Deutsche Wirtschaft seit 1870. Tübingen 1966. S. 324.

  48. Die Fortschreibungen des Statistischen Bundesamtes auf der Grundlage des Volkszählungsergebnisses von 1950 differieren für 1960 um nicht weniger als 755 000 Personen vom Volkszählungsergebnis 1961; vgl. Wolfgang Köllmann. Die Bevölkerungsentwicklung der Bundesrepublik, in: Werner Conze/M. Rainer Lepsius (Hrsg.). Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Beiträge zum Kontinuitätsproblem, Stuttgart 1983, S. 66-114. hier S. 74.

  49. Vgl. S. Bethlehem (Anm. 2). S. 24f. und S. 36ff.

  50. Vgl. W. Abelshauser/D. Petzina (Anm. 36). S. 78 ff.

  51. Zur Dynamik und Tragweite des wirtschaftlichen Strukturwandels in der Bundesrepublik s. K. Borchardt. Bundesrepublik (Anm. 33), S. 139-145.

  52. Vgl. hierzu J. Fijalkowski (Anm. 18), S. 404 und S. 416f., S. Bethlehem (Anm. 2), S. 139— 154, sowie die Beiträge von Günter Schiller und Wolfgang Kauder in: K. J. Bade (Anm. 18). Bd. 2.

  53. Charles P. Kindleberger. Europe’s Postwar Growth. The Role of Labor Supply, Cambridge, Mass., 1967, S. 30. Dazu jetzt auch Hermann van der Wee, Der gebremste Wohlstand. Wiederaufbau. Wachstum und Strukturwandel der Weltwirtschaft seit 1945. München 1984.der Kindlebergers These vom Arbeitskräftereservoir als Erklärungsansatz für Wirtschaftswachstum anhand der neueren internationalen Forschungen überprüft und weitgehend bestätigt findet. S. 194-212.

  54. Vgl. W. Abelshauser/D. Petzina (Anm. 36). S. 80 f. Die Regierungserklärung Erhards ist abgedruckt in: Die großen Regierungserklärungen der deutschen Bundeskanzler von Adenauer bis Schmidt, eingeleitet und kommentiert von Klaus v. Beyme. München-Wien 1979. S. 191— 230. hier S. 197-200.

  55. S. hierzu Gerold Ambrosius. Die Durchsetzung der Sozialen Marktwirtschaft in Westdeutschland, 1945— 1949, Stuttgart 1977; Georg Müller, Die Grundlegung der westdeutschen Wirtschaftsordnung im Frankfurter Wirtschaftsrat 1947— 1949, Frankfurt 1982. Einen gedrängten Überblick über die gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen nach 1945 gibtjetzt Hans Günter Hockerts. Bürgerliche Sozialreform nach 1945, in: Rüdiger vom Bruch (Hrsg.). „Weder Kommunismus noch Kapitalismus“. Bürgerliche Sozialreform in Deutschland vom Vormärz bis zur Ara Adenauer. München 1985, S. 245-273.

  56. Vgl. H. C. Wallich (Anm. 20). S. 246-269; W. Albers (Anm. 26). S. 422 und passim, sowie Friedrich Edding. Die wirtschaftlichen Folgen des Flüchtlingszustroms, in: Europa und die deutschen Flüchtlinge, Frankfurt 1952. S. 20— 39.

  57. Für die von deutscher Seite gegen die Auswanderungslösung vorgebrachten Argumente s. die bei F. Edding, Bevölkerung und Wirtschaft (Anm. 24), S. 34, zitierte Denkschrift des Bundesministeriums für Vertriebene aus dem Jahre 1952, Vgl. ferner S. Bethlehem (Anm. 2), S. 205— 232. sowie Günter Schmölders. Finanzierungsprobleme im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Eingliederung der Heimatvertriebenen. Berlin 1955. S. 159 ff.

  58. Als Beispiel hierfür F. Edding. Antrieb und Belastung (Anm. 24). S. 9f.. und ders.. Die wirtschaftlichen Folgen (Anm. 57). S. 23f.

  59. Hinsichtlich der Bewältigung des Vertriebenenproblems in der frühen DDR ist man immer noch verwiesen auf die in ihren Sachangaben zuverlässige, wenn auch in ihren Wertungen ganz dem Klima des Kalten Krieges verschriebene Arbeit von Peter-Heinz Seraphim. Die Heimatvertriebenen in dei Sowjetzone. Berlin 1954.

  60. Daß dies die Alternative gewesen sei. „vor der die Deutschen standen“, wurde beispielsweise behauptet von Friedrich Edding/Eugen Lemberg, Eingliederung und Gesellschaftswandel, in: Die Vertriebenen in Westdeutschland, Bd. II (Anm. 1), S. 156-173, hier S. 156f.

  61. Richtig gesehen bereits von Karl Valentin Müller, Die Eingliederung der Heimatvertriebenen als soziologischer Vorgang, in: Durchbruch zu neuem Denken (= Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde, Heft 6), München 1953, S. 49-80.

  62. Hans-Peter Schwarz, Die Ära Adenauer. Gründerjahre der Republik 1949— 1957, Stuttgart-Wiesbaden 1981, S. 169.

  63. Vgl. hierzu auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft vom 26. 2. 1950 zum Thema „Kapitalmangel und Arbeitslosigkeit in der sozialen Marktwirtschaft“, in: Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft. Sammelband der Gutachten von 1948 bis 1972, hrsg. vom Bundesministerium für Wirtschaft. Göttingen 1973, S. 65— 71.

  64. Über Zielsetzungen und Ergebnisse der Umsiedlungspolitik zusammenfassend S. Bethlehem (Anm. 2). S. 48 ff.

  65. Für eine umfassende Darlegung und Erörterung der volkswirtschaftlichen Argumente gegen einen am Restitutionsgedanken orientierten Lastenausgleich s. etwa die 3. Tagung des Arbeitskreises . Vertriebenenfragen* der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute am 13. und 14. 7. 1951 in Bonn. Protokoll vom 25. 8. 1951 (Kopie im Besitz des Verf.). In die gleiche Richtung gehen die Warnungen von W. Albers (Anm. 26). S. 426.

  66. Hierzu jetzt Reinhold Schillinger. Der Entscheidungsprozeß beim Lastenausgleich (1945— 1952). Ostfildern 1985. und ders.. Der Lastenausgleich, in: W. Benz (Hrsg.). Die Vertreibung der Deutschen (Anm. 1). S. 183— 192. Daneben nach wie vor Armin Spitaler. Probleme der Aufbringungsseite des Lastenausgleichs, in: Die Vertriebenen in Westdeutschland, Bd. II (Anm. 1), S. 396— 417.

  67. Rede Ludwig Erhards vor dem 7. Bundesparteitag der CDU am 14. 7. 1957, abgedruckt in: Ludwig Erhard, Deutsche Wirtschaftspolitik. Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf-Wien 1962, S. 344. Allgemein hierzu s. auch Horst-Claus Recktenwald. Gerechte Einkommens-und Vermögensverteilung, in: R. Löwenthal/H. P. Schwarz. Die zweite Republik (Anm. 45), S. 762— 790, sowie K. Borchardt, Wachstum und Wechsellagen (Anm. 28). S. 728.

  68. Zur Lage der Rentenempfänger als „Stiefkinderdes deutschen Aufstiegs“ in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre s. Hans Günter Hockerts, Sozialpolitische Entscheidungen im Nachkriegsdeutschland. Alliierte und deutsche Sozialversicherungspolitik 1945 — 1957. Stuttgart 1980. S. 204— 215.

  69. Zum Problem der Umschichtung s. W. Albers (Anm. 26). S. 444 f.

  70. Gegen die Dominanz des Rekonstruktionsmodells in der bisherigen Fachliteratur zur Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik vgl. die inzwischen erschienene, vor allem die Hauptthesen Abeishausers in Frage stellende Kritik von Rainer Klump, Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Zur Kritik neuerer wirtschaftshistorischer Interpretationen aus ordnungspolitischer Sicht, Wiesbaden 1985. Ob der dort als Alternative propagierte, stärker ordnungspolitisch orientierte Ansatz der Rekonstruktionshypothese an Erklärungskraft für die westdeutsche Wirtschaftsentwicklung nach 1945 überlegen ist, wird erst seine breitere Erprobung in der wirtschaftshistorischen Forschung erweisen können.

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Franz J. Bauer, Dr. phil., geb. 1952; Studium der Geschichte und Germanistik in München; derzeit wi Assistent am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Regensburg. Veröffentlichungen u. a.: Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik in Bayern 1945 — 1950, Stuttgart 1982; E Regierung Eisner 1918/19. Ministerratsprotokolle und Dokumente, Düsseldorf 1987.