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Die Idee einer rationalen Gesellschaft Kritische Theorie und Wissenschaft | APuZ 28/1987 | bpb.de

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APuZ 28/1987 Das Menschenbild und das Problem der „Werte“ in der Sicht der Politischen Philosophie Die Idee einer rationalen Gesellschaft Kritische Theorie und Wissenschaft Fesseln für Prometheus? Normen und Werte für Naturwissenschaft und Technik

Die Idee einer rationalen Gesellschaft Kritische Theorie und Wissenschaft

Hauke Brunkhorst

/ 20 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Kritische Theorie ist ein philosophisch inspiriertes sozialwissenschaftliches Forschungsprogramm. Das war schon Max Horkheimers ursprüngliches, in den dreißiger Jahren auch in die Tat umgesetztes Motiv. Als Theorie ist sie Wissenschaft wie jede andere auch, aber als Kritik hat sie philosophische Wurzeln. Das führt in den nachphilosophischen, modernen Zeiten zu einer komplexen Arbeitsteilung, und es grenzt das Programm einer kritischen Theorie der Gesellschaft entschieden vom Aristotelismus der praktischen Philosophie und vom Soziologismus der funktionalistischen Theorien ab. Die philosophische Grundidee ist die einer rationalen, das heißt zugleich individualistischen und egalitären Gesellschaft. Die Möglichkeiten der Kritik sind von der schrittweisen Verwirklichung dieser Idee im Vollzug des Projekts der Moderne abhängig. Sowohl unvernünftige (z. B. traditionalistisch erstarrte) wie einseitig (z. B. bloß technisch) rationalisierte Verhältnisse werden im Lichte dieser Idee kritisierbar. Aufgabe der Philosophie bleibt es, sich der allgemeinen Möglichkeit der Kritik im Rahmen einer Theorie der Rationalität zu vergewissern. Diese Theorie mündet in Sozialforschung. Deren wertrationale Grundlage ist, nicht anders als bei Weber, der autonomisierte Wahrheitsbezug. Der erkenntnistheoretische Status der Gesellschaftstheorie ist antifundamentalistisch und selbstreferentiell. Aber indem die Kritische Theorie auf den philosophischen, das heißt rationalen Grundlagen der Wissenschaft insistiert, kann sie den radikalen Perspektivismus und Vernunftskeptizismus der Soziologie vermeiden. Eine Theorie der Rationalität soll die Kraft radikaler Aufklärung zurückgewinnen und die vergeßlichen Wissenschaften an den eigenen Vernunftänspruch, den sie ja mit der Philosophie teilen, erinnern.

Es ist ein beliebtes, rechtshegelianisches Vorurteil, die Kritische Theorie wäre ortlos, ohne Bezug zur Wirklichkeit, politische Schwärmerei, im schlechtesten Sinne also utopisch. Aber das ist falsch. Das Gesellschaftsbild der Kritischen Theorie ist nicht harmonistisch, nicht plane Utopie, kein leeres Ideal. Das „Ideal der Harmonie“ stand immer im Verdacht, der „verruchten Affirmation“, wie es Theodor W. Adorno genannt hat, anheimgefallen zu sein. Auch in der Kunst kommt „das Verlangen nach Dissonanz“, nach Befreiung von jenem falschen Ideal zum Ausdruck Der Begriff einer vernünftigen Gesellschaft ohne individuelles Selbst, ohne Person, ist widersinnig. Zu deren Begriff, so betont Herbert Marcuse in den sechziger Jahren ausdrücklich — und ganz im Sinne der Hegelschen Rechtsphilosophie —, gehört auch „so etwas wie Eigentum“ als „ein Bestandteil wahrer Freiheit“: „es ist das, was mit Recht mein ist, da ich von dir verschieden bin und mit dir und für dich nur in dieser Verschiedenheit sein kann . . . Und es gibt , andere“, Fremde, die Fremde bleiben müssen, die meinen oder deinen Bereich nicht betreten dürfen, da es keine im Voraus festgesetzte Harmonie gibt“. Aber, und darin unterscheidet sich die radikal individualistische Idee einer egalitären Gesellschaft von allen Kollektivismen, einschließlich denen der neuen Freunde des nationalen Lebenssinns: Das je einzelne „Anderssein beruht nicht auf irgendeiner wirtschaftlichen Position, noch auf sozialem Status, auf rassischem oder nationalem Erbe, sondern auf dem eigenen Selbst und dem eigenen Körper, die ihre eigene Dynamik, ihre eigenen Freuden und Leiden haben.“

Gewiß, eine vernünftige Gesellschaft würde die Aufhebung des „Zwangs zur Verdrängung“, „der Ungerechtigkeit“, des „Elends“ bedeuten. Das ist das Moment der Utopie. „Aber nichts schließt aus, daß es auch dann noch Kranke, Verrückte und Verbrecher geben wird. Das Reich der Notwendigkeit bleibt bestehen, die Auseinandersetzung mit der Natur und unter den Menschen selbst geht weiter. So wird auch die Reproduktion des Ganzen weiterhin mit Entbehrungen des Einzelnen verbunden sein; das besondere Interesse wird nicht unmittelbar mit dem wahren Interesse zusammenfallen. Die Differenz zwischen besonderem und wahrem Interesse ist jedoch etwas anderes als die Differenz zwischen dem besonderen Interesse und dem Interesse einer verselbständigten, die Individuen unterdrükkenden Allgemeinheit.“ Auf diesen Unterschied zwischen dem wahren Allgemeininteresse und jener verselbständigten, repressiven Allgemeinheit kommt es an.

I. Vernunft und Gesellschaft

Der alten Philosophie ging es nicht anders als der modernen Wissenschaft um Allgemeinerkenntnisse, seien dies nun allgemeine Ideen, allgemeine Gesetze oder allgemeine Aussagen Dem Logos, der Vernunft ist immer dieser Bezug aufs Allgemeine oder Universelle eigentümlich. Für Kant und Hegel war Freiheit (Autonomie) immer vernünftige Freiheit, rational motiviertes, unabhängiges Handeln. Seit Hegel haben wir uns daran gewöhnt, Begriffe wie „Freiheit“ oder „Vernunft“ im Zusammenhang der Bedingungen ihrer Verwirklichung zu sehen Diese Bedingungen sind aber immer besondere Bedingungen. Das Allgemeine, die Vernunft, die sich in ihnen historisch und sozial situiert und verwirklicht, ist dann eine dementsprechend reale Vernunft, das „konkrete Allgemeine“ oder der „existierende Begriff“. Die Vernunft wird in dieser Konstruktion zu einer geschichtlich-gesellschaftlichen Macht. Von nun an gibt es immer zweiMöglichkeiten, das historisch schon erreichte Rationalitätsniveau zu verfehlen: entweder die jeweils besonderen Verhältnisse erweisen sich als traditionsfest und vernunftresistent — das ist der Fall eines hartnäckigen Traditionalismus oder Partikularismus —, oder das Allgemeine dringt von außen, gewaltsam in die geschichtlichen Besonderheiten ein und okkupiert sie wie ein fremdes und feindliches Territorium — das ist der Fall, den zuletzt Foucault so eindrucksvoll als das unsichtbare Gefängnis totaler Diskurs-Macht beschrieben hat. Auch diesen Fall kennt Hegel bereits als Herrschaft eines abstrakten oder falschen Allgemeinen

Es sind diese Unterscheidungen im Begriff der Vernunft, die zwischen Partikularismus und Universalismus und die zwischen wahrer und falscher Allgemeinheit, die im Marxismus, besonders im westlichen unter dem Einfluß des jungen Georg Lukäcs dann aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Für die an der normativ anspruchsvollen Idee einer rationalen Gesellschaft orientierte Kritische Theorie folgt daraus eine für alle Phasen ihrer Entwicklung und alle Theorievarianten bis heute charakteristische doppelte Frontstellung gegen einen traditionalistischen Partikularismus einerseits, wie gegen die gesellschaftlichen Formen des falschen Allgemeinen andererseits: eine Kritik an zu wenig rationalen oder vorrationalen Lebensformen und eine Kritik an einseitig oder unvollständig rationalisierten Verhältnissen, die Horkheimer und Marcuse als solche „irrationaler Rationalität“ beschrieben haben. So ist auch heute noch die Kritische Theorie gleichermaßen sensibel für alle Formen einer „Kolonialisierung der Lebenswelt“ (Habermas), ihre Überwältigung durch eine funktionalistisch vereinseitigte Vernunft, jene „verselbständigte, die Individuen unterdrückende Allgemeinheit“ (Marcuse); aber sie reagiert nicht minder nervös auf alle Versuche, längst überfällige Sekundär-tugenden und Traditionen, konventionelle Identitäten oder gar ein nationalistisches Selbstverständnis mit seiner fatalen Trennung von paternalistischer Binnen-und aggressiv-autoritärer Außenmoral zu restaurieren.

Eine Kritik solch falscher Allgemeinheiten hat die Kritische Theorie in drei großen Schüben entwikkelt. In den dreißiger Jahren haben ihre intellektuellen Aktivisten das Programm einer materialistischen Ideologiekritik ausgearbeitet, es auf immer neue Gegenstände angewandt, vom Alltagsbewußtsein der Arbeiter und Angestellten bis zur Familiensoziologie, von der Massenkultur und der faschistischen Propaganda bis zu den feinsten Gebilden von Literatur, Kunst und Philosophie. Sie haben auf diesem Gebiet eine nie zuvor und nie wieder erreichte Meisterschaft zur subtilsten Perfektion ausgebildet, allen voran der unübertreffliche Theodor W. Adorno. Seit den vierziger Jahren ist ergänzend das Programm einer umfassenden Kritik der instrumenteilen Vernunft (oder technologischen Rationalität) hinzugetreten. Es reicht von den Arbeiten im Umkreis der „Dialektik der Aufklärung“ bis zum „Eindimensionalen Menschen“ und vielfältigen, bis in die dreißiger Jahre zurückreichenden Anläufen zu einer immer radikaleren Positivismuskritik in den Sozialwissenschaften, deren Höhepunkt der berühmte Positivismusstreit der sechziger Jahre zwischen Adorno und Popper, Habermas und Albert war. Habermas hat dieses Programm seit den späten sechziger Jahren aufgegriffen und zunächst versucht, die Kritik der instrumentellen Vernunft mit der Ideologiekritik zusammenzuschließen, um Technik und Wissenschaft als „Ideologie“ analysieren zu können. In den siebziger Jahren ist daraus das Projekt einer ganz neu ansetzenden Kritik der funktionalistischen Vernunft geworden, die die Ideologiekritik in eine Theorie spätkapitalistischer Legitimationsprobleme und Rationalisierungsparadoxien umwandelt.

Weit größere Schwierigkeiten als eine Kritik des falschen Allgemeinen, so zeigte sich bald, bereitete dem Kreis um Max Horkheimer das andere Erbstück der idealistischen Philosophie: die Identifizierung des wahren Allgemeinen in den gegenwärtigen Tendenzen der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, also der Begriff der Vernunft selbst. Anfangs glaubten alle, sich zumindest heuristisch und intuitiv auf das geschichtsphilosophische Schema des Hegelmarxismus, die rationalen Produktivkräfte der menschlichen Arbeit und das sich am Widerstand der Natur und der Andern bildende richtige Bewußtsein der ausgebeuteten Klassen verlassen zu können. Freilich haben sie, anders als noch Georg Lukäcs, der in „Geschichte und Klassenbewußtsein“ dem Hegelmarxismus eine paradigmatische Gestalt verliehen und damit die große Tradition des westlichen Marxismus begründet hatte, nie dessen geschichtsphilosophische Gewißheit, die Naherwartung der Revolution geteilt. Sie haben deshalb, und das war die eigentliche Leistung der frühen Kritischen Theorie, die aus der seit Ende der zwanziger Jahre beginnenden engen Zusammenarbeit von Erich Fromm und Max Horkheimer hervorging, die geschichtsphilosophische Phänomenologie des Klassenbewußtseins in ein empirisches, zunächst vor allem sozialpsychologisches Forschungsprogramm verwandelt. Sie waren die ersten, die Marxismus als moderne Sozialwissenschaft betrieben haben, sogar als eine aus dem Lehrbetrieb institutionell ausgegliederte Sozialforschung

Im Verlauf der dreißiger Jahre — das Institut und seine Mitarbeiter waren längst vor den Nazis nach New York geflohen —, wurde, mitten in Manhatten, der nur implizit beanspruchte, von Horkheimer sogar eher positivistisch reduzierte Begriff der Vernunft selbst zum Focus der Probleme, in die das ursprüngliche Forschungsprogramm inzwischen geraten war. Horkheimer nahm einen neuen, programmatischen Anlauf, der berühmte Essay über „Traditionelle und kritische Theorie“, der der Schule ihren Namen gab, entstand. Marcuse kommentierte und ergänzte ihn, und die Ergänzung, die das Verhältnis der Kritischen Theorie zur Philosophie klären sollte, veranlaßte Horkheimer zu nochmaliger, erheblicher Revision. Das Ergebnis war, unter dem Einfluß Marcuses, eine massive Aufwertung des traditionellen philosophischen Vernunft-begriffs

Es ist eben dieser Begriff der Vernunft, so hatte Marcuse erklärt, der „einzige, wodurch“ das „philosophische Denken“ „sich mit dem Schicksal der Menschen verbunden hält“. Nur durch ihn kann das Interesse an der praktischen „Veränderung“ der „Verhältnisse“ als allgemeines und insofern legitimes, rationales Interesse, ja als das Vernunftinteresse selbst ausgewiesen werden

Von nun an wird die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Vernunft und deren geschichtliches Schicksal zur vorrangigen philosophischen Aufgabe der Kritischen Theorie. Durch einfachen Rückgriff auf die Tradition jedoch konnte das Problem nicht mehr gelöst werden. Dagegen sprachen schon die seit Marx, Kierkegaard und Schopenhauer gesammelten, vor allem durch die Untersuchungen der Frankfurter Schule selbst vertieften Einsichten der Ideologiekritik in die falschen Abstraktionen des philosophischen Ideenhimmels, der verklärend die Leiden und das Unrecht der Geschichte überwölbt. Nicht minder wog das eigene Forschungsprogramm, marxistische Sozialphilosophie als Sozial-forschung zu betreiben, als starkes Argument gegen das Gottvertrauen der Philosophen in die eigenen, apriorischen und phänomenologischen Mittel reiner Transzendentalreflexion. Aus diesem Dilemma glaubte Horkheimer in den frühen vierziger Jahren durch dialektische Grundlagenforschung einen Ausweg bahnen zu können. Das Projekt einer dialektischen Logik entstand Aber in den Wirren der Zeit und unter deren sich verdüsterndem Horizont wurde daraus dann, in Kalifornien gemeinsam mit Adorno verfaßt, die „Dialektik der Aufklärung“ — „philosophische Fragmente“, die den Sinn der modernen Wissenschaften nicht minder in Frage stellten als alle überlieferten Begriffe von Aufklärung und Vernunft. Sie waren seit Urzeiten, so schien es Horkheimer und Adorno nun, mit dem Makel bloßer Selbstbehauptung, instrumenteller und kalkulierter Herrschaft über Mensch und Natur versehen, eine Vernunft der Entsagung und Askese, selbst noch ein Stück blinde Natur, die bei dem Versuch, den Naturzwang durch deren Unterjochung abzustreifen, nur immer tiefer in ihn hineingerät. Als Geschichtsphilosophie, auch als negative, das wußten Horkheimer und Adorno, war das nur schwer zu begründen, eher war das Buch Ausdruck einer zeitdiagnostisch wohlbegründeten Verzweiflung. Aber es war mehr als das. Der Versuch, die Spur blinder Naturgewalten und herrschaftlichen Selbstinteresses noch in jener Vernunft-und Aufklärungstradition, der man selbst verpflichtet war, aufzuspüren, diente auch dem Zweck, den Weg freizuräumen für einen erneuerten, wie Horkheimer und Adorno sogar schreiben: „positiven Begriff“ der Aufklärung. Die „Dialektik der Aufklärung“ verstand sich selbst als „Vorbereitung“ eines Begriffs von Rationalität ohne Askese

Die in den fünfziger Jahren publizierten philosophischen Beiträge zu Sigmund Freud, Marcuses Buch „Eros and Civilisation“ vor allem jedoch Adornos späte Hauptwerke, die „Negative Dialektik“ und die posthum erschienene „Ästhetische Theorie“ waren an diesem Ziel orientiert: der ästhetisch aufgeladenen, frühromantisch inspirierten Utopie einer „ungeschmälerten und darum nicht länger gewalttätigen Rationalität“ In diesem Moment der Zwanglosigkeit treffen sich die älteren Versuche, aus den Fallstricken der Dialektik der Aufklä-rung loszukommen, mit den philosophischen Bemühungen von Karl-Otto Apel, Jürgen Habermas und Herbert Schnädelbach um eine völlig neue Begründung der kritischen Theorie der Gesellschaft in einer umfassenden Theorie der Rationalität.

II. Philosophie und Wissenschaft

Diese neue Theorie der Rationalität wählt allerdings einen ganz anderen Zugang zum Problem der Vernunft und ihres Begriffs, einen Zugang, der Horkheimer, Adorno oder Marcuse unverständlich und fremd gewesen wäre. Im Zentrum der neuen Theorie steht der Begriff der Intersubjektivität, Vernunft fällt mit Sprache, Kommunikation, Argumentation und diskursiver Verständigung zusammen. Ihr Telos, das zwanglose Einverständnis der Interaktionsteilnehmer über Sachverhalte, Normen und Werte, bleibt sozial, geschichtlich und gesellschaftlich, aber es löst sich ganz von der älteren Idee der Vernunft als „wahres Sein“ oder „richtiges Bewußtsein“, die noch den Hegelmarxismus beherrscht hatte. Schließlich ist in einer Theorie der Rationalität für eine Geschichtsphilosophie der Vernunft, die über die Explikation des Begriffs der Rationalität hinausgehende Wahrheitsansprüche sachlicher Art erhebt, ohne sie empirisch einlösen zu können, kein Platz. Damit ist freilich keineswegs ausgemacht, daß die spezifisch philosophischen Aufgaben einer kritischen Gesellschaftstheorie mit der Ausarbeitung des Programms einer Theorie der Formen und Stufen intersubjektiver Rationalität schon erschöpft wären.

Eine noch ganz offene und strittige Frage ist, ob diese Theorie sich mit der Utopie einer Rationalität ohne Askese bloß in dem Moment der Zwanglosigkeit berührt und die beiden Ansätze der Kritischen Theorie zu einem erneuerten Begriff der Vernunft sich ansonsten gegenseitig ausschließen, — oder ob nicht vielmehr die ältere Rationalitätsutopie eine notwendige, regulative Ergänzung der jüngeren Rationalitätstheorie ist

Wie immer diese schwierige philosophische Frage zu beantworten sein mag, auf dem neu gewonnenen, wie immer in der modernen Wissenschaft, schwankenden Boden einer Theorie der Rationalität steht wenigstens fest, daß der zögerlich eingeschlagene Weg der „Dialektik der Aufklärung“ in eine negative Anthropologie und Geschichtsphilosophie der Weg in eine begriffliche Sackgasse war. Damit aber gewinnt Horkheimers frühes, in den neun, damals von Leo Löwenthal redigierten Bänden der „Zeitschrift für Sozialforschung“ und in großen empirischen Untersuchungen dokumentiertes Forschungsprogramm vor allem methodologische Aktualität. Das originäre, neue an Horkheimers „interdisziplinärem Materialismus“ waren kaum dessen marxistische Inhalte, ebensowenig das immer prekäre Geschäft institutionalisierter Interdisziplinarität. Neu und Horkheimers eigentliche wissenschaftliche Leistung aber war die Idee einer methodisch bewußten sozialwissenschaftlichen Transformation der Philosophie

Kritische Theorie ist eine „nicht philosophische“, nämlich sozialwissenschaftliche „Theorie mit philosophischen Ansprüchen“ Zwei Fliegen sollen mit der Klappe eines Forschungsprogramms geschlagen werden. Die sozialphilosophische Spekulation über Sachverhalte soll durch die strengen Kontrollen spezialisierter Erfahrungswissenschaften diszipliniert, an die Sterblichkeit von Hypothesen erinnert werden. Im normalwissenschaftlichen Alltag wird die Metaphysik zu fragmentarischem Wissen zerrieben. Die nagende Kritik der vielen Wissenschaftler trennt die Spreu vom Weizen der großen Philosophie. Aber was dann als Weizen übrig bleibt, verändert die Wissenschaft, bringt sie, wenn alles gut geht, zum Blühen. Mit starken Rationalitätsansprüchen dringt das ererbte Reflexionspotential der Philosophie, das der unerbittlichen Kritik durch die modernen Sozialwissenschaf- ten standgehalten hat, nun seinerseits in diesen vor, kehrt den Spieß um und legt den Finger auf die Wunde der modernen Wissenschaft, die falsche Allgemeinheit ihres allzu einseitig technisch ausgebildeten, „positivistisch halbierten Rationalismus“

Der Wissenschaftsphilosoph Imre Lakatos hat wissenschaftliche Forschungsprogramme danach unterschieden, ob der harte Kern ihrer Grundannahmen durch eine „positive Heuristik“ zu einer „vorwärtstreibenden Kraft“ des wissenschaftlichen Fortschritts wird, oder ob ein „degenerierendes Forschungsprogramm“ über eine, nurmehr mit den eigenen Schwierigkeiten befaßte, „negative Heuristik“ nicht hinauskommt und aus der „Kontinuität des . . . Erkenntnisfortschritts“ herausfällt In einer bewegten Geschichte hat Horkheimers Programm einer philosophisch inspirierten Sozialforschung gewiß alle Höhen und Tiefen zwischen positiver und negativer Heuristik durchlaufen Insgesamt jedoch überwog der „progressive Impetus“ (Lakatos) einer positiven Heuristik, die auf vielen Gebieten der Wissenschaft innovativ wirksam wurde, Erkenntnisfortschritte motivieren und ein breites Anregungspotential aktualisieren konnte, das noch lange nicht ausgeschöpft und noch nicht in allen seinen Dimensionen erschlossen ist. Allein in der Soziologie reicht der Einfluß von den Methoden der Skalenkonstruktion über ein ganzes Spektrum unkonventioneller und interpretativer Verfahren bis zur Methodologie und Logik der Sozialwissenschaften, von der Gesellschaftstheorie bis zur Evolutionstheorie, von der Soziologie der Kunst und der Kultur bis zur Sozialpsychologie und zur Sozialisations-und Familienforschung

In allen Fällen sind philosophische Annahmen, sei es über die gesellschaftliche Vermittlung des individuellen Bewußtseins und Unbewußtseins oder der Kultur, sei es über die moralische Autonomie des Willens, in empirischen Forschungen fruchtbar geworden; — oder sie wurden falsifiziert und verworfen, wie beispielsweise die hegelmarxistische Theorie des notwendigen Klassenbewußtseins

III. Erkenntnistheorie, Objektivität, Wertfreiheit

Die Rolle der Philosophie in der Kritischen Theorie geht über ihre produktive Einwirkung auf die hypothesenschaffende Phantasie, über die Heuristik sozialwissenschaftlicher Forschungsprogramme hinaus. Kritische Theorie beansprucht mehr als die Funktionalisierung der Philosophie für wissenschaftliche Zwecke. Denn die Philosophie hat einen direkteren Bezug zur menschlichen Lebenspraxis als die modernen Wissenschaften, und ihr Praxisbezug ist nicht primär instrumentell, er ist gewöhnlich normativer und deutender (verstehender) Natur. „Philosophie ist Deutung“, schreibt der frühere Adorno. Durch den Begriff der Vernunft, so hatte Marcuse in den dreißiger Jahren erkannt, ist das „philosophische Denken“ mit dem „Schicksal der Menschen verbunden“. Schon aus diesem Grunde ist es wichtig,'scharf zwischen den philosophischen und den wissenschaftlichen Aufgaben einer kritischen Gesellschaftstheorie zu unterscheiden.

In Fragen der Objektivität und Wertfreiheit nämlich hält die Kritische Theorie es nicht anders als Max Weber und Karl Marx. Letzterer hatte seinerzeit geschrieben: „Einen Menschen aber, der die Wissenschaft einem nicht aus ihr selbst (wie irrtümlich sie immer sein mag), sondern von außen, ihr fremden, äußerlichen Interessen entlehnten Standpunkt zu akkomodieren sucht, nenne ich „gemein‘."

Die Kritische Theorie hegt ein tiefes Mißtrauen gegen alle Versuche, die Sozial-und Geisteswissenschaften für „äußerliche Interessen“ der „Sinnstiftung“ „orientierungspraktisch“ in Dienst zu nehmen und sie kompensatorisch als museale Ersatzideologie zu funktionalisieren Die zum„geistigen Umfeld“ der Frankfurter Schule zählenden Wissenschaftler halten allerdings, und auch in diesem Punkt unterscheiden sie sich nicht wesentlich von Weber oder Freud, einen ideologiekritischen Gebrauch der Wissenschaft im Interesse der Aufklärung, die Korrektur von Vorurteilen durch die Tatsachen für möglich, ja sogar für geboten.

Auch Max Weber war in seinen Analysen der zur Profession gewordenen Erfahrungswissenschaften bis zu deren wertrationalen Grundlagen vorgedrungen. Faktisch, so hatte Weber erkannt, leisten die modernen Wissenschaften einen immer unentbehrlicheren Beitrag zur Intellektualisierung, Rationalisierung und Entzauberung der Welt, sie werden mehr und mehr zum Motor ihrer rationalen Beherrschung. Da nun aber das Herausfinden der Wahrheit und nur dies: „die Wahrheit zu suchen“, der letzte Sinn und Zweck des spezialisierten Wissenschaftsbetriebs ist, wird die Wahrheitssuche, die der kognitive Kem des zivilisatorischen Intellektualisierungsprozeßes ist, für den Wissenschaftler qua Berufsrolle zur unhintergehbaren „Pflicht“ Der konstitutive Wahrheitsbezug legt, Weber zufolge, Wissenschaft als Beruf auf eine wertrationale Motivierung, und das heißt: auf moralisch konsequente Wahrheitssuche fest; — und in dieser Konsequenz gehört dazu auch der Anteil der Wissenschaft am Prozeß der „intellektualistischen Rationalisierung“ unserer Lebenswelt (was im übrigen die entsprechenden Verantwortlichkeiten gleich mit einschließt).

Dieses wissenschaftsimplizite, wertrationale Intellektualisierungsgebot, von Weber immer wieder mit eindrucksvollem Pathos proklamiert, wird freilich von der Kritischen Theorie zu einem Anspruch „emphatischer“ (Adorno) und „radikaler Aufklärung“ (Habermas) erweitert. Es ist genau diese Stelle, an der die Philosophie mit ihrem starken Vernunftbegriff ins Spiel kommt. Der Unterschied zu Weber ist der: Weber hielt den letzten Wertgesichtspunkt der Wissenschaften, die Intellektualisierung durch methodische Wahrheitssuche, für ein bloßes Faktum, Ergebnis einer nicht weiter rationalisierbaren und insofern irrationalen Wertentscheidung. Deshalb wird für Webers Berufswissenschaftler die Wahrheit am Ende zu jenem „Dämon“, der „seines Lebens Fäden zieht“ Hier nun trennt sich der Weg der Kritischen Theorie von Weber. Was der aus der Philosophie entwendete und in einer Theorie der Rationalität explizierte Vernunft-begriff leisten soll, ist eben dies: den Anspruch der Wissenschaft auf Wahrheit selbst noch zu begründen und die Intellektualisierung der Welt als Aufklärung zu legitimieren. Deshalb ist eine Theorie der Rationalität so wichtig, um die negative Konsequenz eines Zerfalls des unwiderruflich untergegangenen Monotheismus in einen neuheidnischen Polytheismus der vielen, miteinander streitenden Dämonen zu vermeiden, positiv gesprochen, einen Ausweg zu bahnen aus Webers verzweifelter Zeit-diagnose, derzufolge die intellektualistische Rationalisierung des alten theologischen Dogmatismus, dessen Aufhebung durch analytische Wissenschaft, autonome Kunst und prinzipiengeleitete Moral in der Paradoxie eines modernen Irrationalismus beliebiger Glaubensmächte zu enden droht.

An der wahrheitsorientierten Autonomie der Wissenschaft ändert das erneuerte Vernunftinteresse, das auch und vor allem in den Sozialwissenschaften (als „emanzipatorisches Erkenntnisinteresse“) Ansprüche erhebt, allerdings gar nichts. Darin gerade unterscheidet sich die neomarxistische Kritische Theorie von anderen, orthodoxeren Strömungen des Marxismus in derselben Weise wie von den orientierungspraktisch interessierten deutschen Ideologen der Geisteswissenschaften Von Anfang an hat die von Horkheimer ausgehende intellektuelle Bewegung sich allen Instrumentalisierungsansinnen femgehalten und stets die Autonomie der Wissenschaft, des Denkens und die Freiheit des Intellektuellen verteidigt

Gewiß bleiben insbesondere die Sozialwissenschaften durch ihren Wahrheitsbezug als soziale Praxis-zusammenhänge, die sie ja selbst sind, unterbestimmt. Das Werturteilsproblem ist sehr viel komplexer; auch das hat Weber mit großer und weitgehend gültig gebliebener Klarheit gesehen und analysiert. Wir müssen zumindest in der üblichen Weise Entstehungs-, Begründungs-und Verwendungszusammenhänge der Forschung unterscheiden. Das Wertfreiheitspostulat betrifft natürlich immer nur die — idealtypisch und kontrafaktisch gesehen — handlungsentlasteten, theoretischen Diskurse des wahrheitsbezogenen Begründungszusammenhangs Aber die Fragestellungen und Theorien der Wissenschaften sind immer selektiv, folgen nach Weber einem interessenbezogenen Perspektivismus: Sie entstehen aus der besonderen Perspektive bestimmter sozialer Lagen und Konstellationen von konkreten Erkenntnisinteressen Ebenso ist die Verwendung wissenschaftlichen Erfahrungswissens durch Wertgesichtspunkte gesteuert, die mit den internen Praxisbezügen, den zumindest sozialwissenschaftlichen Theorien immer latent impliziten „starken Wertungen“, korrespondieren

Aber auch in der Analyse von Praxis-und Interessenbezügen kann die Kritische Theorie weitgehend Weber folgen. Denn für den sind Interessen-und Wertbezüge nichts schlechthin Irrationales. Im Gegenteil: Auch Interessen-und Wertbezüge sind über ideelle Interessen und die Rationalität von Weltbildern und Lebensstilen immer mit rationalen Strukturen vermittelt. Der Unterschied ist wiederum dieser: Der philosophisch stark gemachte Rationalitätsbegriff erlaubt eine Auszeichnung „wahrer Interessen“ (Marcuse), zumindest eine nicht-harmonistische, verständigungstheoretische Version der alten Unterscheidung von faktischen Mehrheits-und kontrafaktischen Allgemeininteressen. Der advokatorisch gemeinte Begriff der „verallgemeinerungsfähigen Interessen“ (Habermas) jedenfalls erlaubt, über Weber hinausgehend, eine rationale Beurteilung und dauernde Revision faktischer Kompromisse im Lichte einer idealen Übereinkunft (Konsens). Die Verallgemeinerungsfähigkeit kontingenter Interessen-und Praxisbezüge der Wissenschaften zu begründen und diese selbst noch rational einzuholen, eben das ist die wissenschaftstheoretische Aufgabe einer Kommunikations-oder Diskursethik

Erkenntnistheoretisch bewegt die Kritische Theorie sich weitgehend auf ein und derselben Linie wie Hegel, Marx und Luhmann; wenn wir einmal davon absehen, daß Habermas und Apel in den sechziger Jahren versucht haben, in der Lehre von den „Erkenntnisinteressen“ Kant’s transzendentale Theorie des erkennenden Subjekts anthropologisch zu naturalisieren, und Karl-Otto Apel bis heute an dem „strikt reflexiven“ Programm streng transzendentaler Begründung festhält. Im wesentlichen jedoch vertritt die Kritische Theorie das Programm einer hermeneutisch-dialektischen Erkenntnistheorie, und Habermas hat es am Ende seiner „Theorie des kommunikativen Handelns“ ausdrücklich noch einmal erneuert. Es ist entschieden antifundamentalistisch und es trifft sich mit dem systemtheoretischen Konstruktivismus in der Annahme, daß die eigene Theorieposition selbst ein Teil des Wirklichkeitsausschnitts ist, auf den sie sich bezieht. Ihre Abstraktionen sind solche der Wirklichkeit selbst, Realabstraktionen Bevor die Theorie, die selbst „Teilbereich ihres Gegenstandes“ ist, ihrer reflexiv inne wird, sind sie den handelnden und leidenden Teilnehmern an der sozialen Interaktion in Gestalt des falschen, aber auch des wahren Allgemeinen, nicht anders als die „abstrakte Arbeit“ bei Marx den Produzenten, entgegengetreten, als Widerstände und Probleme ihres Lebens.

So rasch Kritische Theorie und Systemfunktionalismus sich in Fragen der Erkenntnistheorie einig werden können, so schnell ist auch der Punkt schon wieder erreicht, an dem sie sich zerstreiten. Denn für die Systemtheorie ist der erkenntnistheoretische Selbstbezug äußerliche Selbstbeobachtung, für die kritische Gesellschaftstheorie aber gemeinschaftliche Selbstverständigung.

IV. Weder Funktionalismus noch praktische Philosophie

„Systemreflexion“ heißt im radikal konstruktivistischen Funktionalismus die Parole für die Wende von der Theorie zur Praxis. Systeme beobachten sich selbst und legen in der Selbstbeobachtung die Differenz zu ihrer Umwelt fest. In solch reflexiver Aktivität gewinnen sie Autonomie und Identität. Die Reflexionsleistungen sozialer Systeme aber können, wenn es gelingt, traditionalistische und ideologische Widerstände zu neutralisieren, durch den Einsatz des systemtheoretischen Reflexionspotentials verbessert und effektiviert werden. Das ist die funktionalistische Rolle soziologischer Aufklärung an den reflexiven Bruchstellen zwischen Theorie und Praxis. Für Ideologieplanung, also die syste-matische Erzeugung falschen Bewußtseins, gibt es in diesem Modell nur eine wohlumschriebene Nebenrolle. Sie soll störendes Rauschen, das die Kommunikationskapazitäten funktionalistisch geschulter Reflexionsspezialisten herabsetzt und den Informationsfluß beispielsweise durch sozial bewegte Angstkommunikation an den Rändern des Systems hemmt, nach Möglichkeit neutralisieren. Dadurch unterscheidet der funktionalistische Konstruktivismus sich vom Neokonservatismus, der für die Ideologieplanung die Hauptrolle reserviert hat

Demgegenüber ist das Verhältnis von Theorie und Praxis in der Kritischen Theorie sehr viel konventioneller bestimmt. Für Ideologieplanung gibt es überhaupt keine Rolle, und die Aufklärung ist nicht auf den Informationsfluß zwischen sozialwissenschaftlichen Experten und professionellen Reflexionskulturen eingeschränkt. Die Idee radikaler Aufklärung ist immer noch die klassische einer Selbstaufklärung des Massenpublikums in konfliktreichen Entwicklungsprozessen öffentlicher Selbst-verständigung und posttraditionaler, kommunitärer Willensbildung. In öffentlichen Lernprozessen aber gibt es eine fundamentale Rolle für egalitäre Intellektuelle. Ihre Aufgabe ist es, Brücken zwischen Massenkultur und Spezialistenkulturen zu schlagen, um das reflexive Auflösungsvermögen der Kritik in beide Richtungen immer wieder zu aktivieren: gegen den strukturellen Wertkonservatismus des Alltagslebens, der die diskursive Bildung eines gemeinsamen Willens aller jeweils Betroffenen zur Vorurteilsbildung dogmatisiert und dem manipulativen Zugriff einer zur Kulturindustrie verarmten Massenkultur ausliefert. Auf der andern Seite zielt die intellektuelle Kritik gegen eine selbstgenügsame Schließung der Spezialistenkulturen untereinander und gegen die Öffentlichkeit. Ihre Rolle ist provokativ, appellativ und informativ, bisweilen volkspädagogisch. Aber sie ist durch keine höhere Autorität gedeckt, weder durch das bessere Wissen professioneller Experten noch durch die höhere Moral der politischen Avantgarde oder die tiefere sittliche Einsicht einer besser erzogenen Bildungselite, ebensowenig können die Intellektuellen die Klugheit (Phronesis) und (in den modernen Zeiten je schon veraltete) Lebenserfahrung einer politischen Klasse für sich reklamieren.

Diese praktische Orientierung an der Intellektuellenrolle unterscheidet die Kritische Theorie sowohl vom Soziologismus der Systemtheorie, der auf das Reflexionspotential funktionaler Eliten setzt, wie vom Aristotelismus der praktischen Philosophie, der die konservative Restauration einer geisteswissenschaftlichen Bildungselite, wenn nicht gar eines geistesaristokratischen Kulturmenschentums in historistischen Kostümen betreibt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Th. W. Adorno, Ästhetische Theorie, Frankfurt 1973. S. 168.

  2. H. Marcuse, Mystifizierung der Liebe: Eine Kritik an Norman O. Brown, in: N. O. Brown, Love’s Body, München 1977, S. 242 f.

  3. H. Marcuse. Zur Kritik des Hedonismus, in: ders., Schriften 3. Frankfurt 1979, S. 279 f.

  4. Vgl. W. Stegmüller, Das Universalienproblem einst und jetzt, Darmstadt 1974. S. 58.

  5. Vgl. H. F. Fulda. Negation der Negation, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 6, Basel 1984, S. 689.

  6. Hierzu M. Theunissen. Selbstverwirklichung und Allgemeinheit. Zur Kritik des gegenwärtigen Bewußtseins. Berlin-New York 1982. S. 85 ff.

  7. H. Brunkhorst, Paradigmakem und Theoriendynamik der Kritischen Theorie der Gesellschaft — Personen und Programme, in: Soziale Welt, (1983) 1, S. 22 ff.

  8. Vgl. H. Brunkhorst. Dialektischer Positivismus des Glücks. Max Horkheimers materialistische Dekonstruktion der Philosophie, in: Zeitschrift für philosophische Forschung, (1985) 3, S. 353 ff; M. Korthals, Die kritische Gesellschaftstheorie des frühen Horkheimer. Mißverständnisse über das Verhältnis von Horkheimer, Lukäcs und den Positivismus, in: Zeitschrift für Soziologie, (1985) 4, S. 315 ff.

  9. Brunkhorst (Anm. 8), S. 370ff.

  10. H. Marcuse. Philosophie und kritische Theorie, in: Zeitschrift für Soziologie, (1937) 6, S. 632.

  11. R. Wiggershaus, Die Frankfurter Schule. Geschichte. Theoretische Entwicklung, Politische Bedeutung, München 1986, S. 293 ff u. 338 ff.

  12. H. Brunkhorst, Die Welt als Beute. Ein Webermarxistisches Fragment, erscheint in: Schmid-Noer/v. Reijen, Vierzig Jahre Dialektik der Aufklärung, Frankfurt 1987.

  13. Vgl-H. Brunkhorst/G. Koch, Marcuse — Zur Einführung. Hamburg 1987 (im Erscheinen).

  14. Adorno (Anm. 1). S. 381.

  15. Vgl. u. a. S. Benhabib. Die Moderne und die Aporien der Kritischen Theorie, in: Bonß/Honneth (Hrsg.), Sozial-forschung als Kritik. Zum sozialwissenschaftlichen Potential der Kritischen Theorie, Frankfurt 1982. S. 127 ff; Brunkhorst/Koch (Anm. 13); H. Brunkhorst. Die Welt als Beute (Anm. 12); ders., Romanticism and Cultural Criticism, in: Praxis International, 6 (1987) 4, S. 397 ff; zum Verhältnis der Argumentationstheorie zur Utopie vgl. K. -O. Apel, Ist die Ethik der idealen Kommunikationsgemeinschaft eine Utopie?, in: W. Voßkamp (Hrsg.), Utopieforschung, Bd. 1, Stuttgart 1982, S. 325 ff; H. Schnädelbach diskutiert das Problem unter dem Aspekt der Erweiterungsbedürftigkeit der Rationalitätstheorie durch eine zugleich anamnetische und innovative negative Dialektik, in: Dialektik und Diskurs, in: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, (1987) 1, S. 1 ff.

  16. Vgl. H. Dubiel. Wissenschaftsorganisation und politische Erfahrung, Frankfurt 1978; W. Bonß. Die Einübung des Tatsachenblicks, Frankfurt 1982.

  17. Bonß/Schindler, Kritische Theorie als interdisziplinärer Marxismus, in: Bonß/Honneth (Hrsg.) (Anm. 15).

  18. Brunkhorst (Anm. 8), S. 354.

  19. F. Cerutti, Philosophie und Sozialforschung. Zum ursprünglichen Programm der kritischen Theorie, in: Honneth/Wellmer (Hrsg.). Die Frankfurter Schule und die Folgen, Berlin-New York 1986, S. 246.

  20. J. Habermas, Gegen einen positivistisch halbierten Rationalismus, in: Adorno u. a.. Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, Neuwied 1969, S. 235 ff.

  21. I. Lakatos. Popper zum Abgrenzungs-und Induktionsproblem, in: H. Lenk (Hrsg.), Neue Aspekte der Wissenschaftstheorie, Braunschweig 1971, S. 86 f.

  22. Vgl, Brunkhorst (Anm. 7).

  23. Vgl. Bonß/Honneth (Hrsg.), (Anm. 15); H. Brunkhorst. Soziologie und Kritische Theorie. Zur Bedeutung der Frankfurter Schule für die Nachkriegssoziologie, in: Hülsdünker/Schellhase (Hrsg.), Soziologiegeschichte, Berlin 1986, S. 195 ff.

  24. Hierzu Brunkhorst (Anm. 7). S. 33 ff.

  25. K. Marx, Theorien über den Mehrwert, Teil 2, Frankfurt 1968, S. 112.

  26. M. Stürmer, Kein Eigentum der Deutschen: die deutsche Frage, in: W. Weidenfeld (Hrsg.), Die Identität der Deutschen, Bonn 1983, S. 86; ders., Dissonanzen des Fortschritts, München 1986, S. 12.

  27. Vgl. H. Lübbe, Der Nationalsozialismus im politischen Bewußtsein der Gegenwart, in: Broszat u. a. (Hrsg.). Deutschlands Weg in die Diktatur. Berlin o. J.

  28. Die theoretischen Voraussetzungen dazu hat der aristotelische Rechtshegelianismus entwickelt. Die theoretisch fortgeschrittenste Gestalt ist immer noch Joachim Ritter,

  29. M. Weber, Schriften zur theoretischen Soziologie, zur Soziologie der Politik und Verfassung, Frankfurt 1947, s 105ff

  30. Ebda., S. 7.

  31. Ebda., S. 32.

  32. Vgl. H. Brunkhorst, Der Intellektuelle im Land der Mandarine, Frankfurt 1987.

  33. Vgl. M. Jay, Dialektische Phantasie, Frankfurt 1976, S. 12 ff. u. 21 ff.

  34. Wahrheitsbezug ist hier im „rein kognitiven“ Sinne als „Grenzfair zu verstehen; vgl. Kamlah/Lorenzen, Logische Propädeutik, Mannheim 1967, S. 179 ff.

  35. Vgl. Weber (Anm. 29). S. 33 ff u. 87ff. Man muß unterscheiden zwischen universellen, „anthropologisch tief sitzenden“ (Habermas) und konkreten, geschichtlich-sozialen Erkenntnisinteressen; vgl. Klüver/Müller, Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte: Die Entdeckung der Benzolformel, in: Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie, (1972) 2.

  36. Vgl. Ch. Taylor. Neutrality in Political Science, in: A. Ryan (Ed.), The Philosophy of Social Explanation, Oxford 1973; J. Ritsert. Praktische Implikationen in Theorien, in: ders. (Hrsg.), Zur Wissenschaftslogik einer kritischen Soziologie, Frankfurt 1976, S. 46 ff.

  37. Vgl. hierzu vor allem die Arbeiten von K. -O. Apel.

  38. Vgl. A. Sohn-Rethel. Geistige und körperliche Arbeit. Zur Theorie der gesellschaftlichen Synthesis, Frankfurt 1976.

  39. N. Luhmann. Soziologie der Moral, in: Luhmann/Pfürtner (Hrsg.), Theorietechnik und Moral, Frankfurt 1978. S. 116.

  40. Vgl. Brunkhorst (Anm. 32), S. 133 ff.

Weitere Inhalte

Hauke Brunkhorst, Dr. phil., geb. 1945; Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften in Kiel und Frankfurt, Habilitation 1982 und 1985 für Erziehungswissenschaften und Soziologie; seit 1982 Privatdozent an der Universität Frankfurt; Gastprofessuren u. a. in Frankfurt, Mainz und Wien. Veröffentlichungen zuletzt: Romanticism and Cultural Criticism, in: Praxis International, 6 (1987) 4; Der Intellektuelle im Land der Mandarine, Frankfurt 1987.