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Indiens Außen-und Sicherheitspolitik zwischen Gewaltlosigkeit und Atombombe | APuZ 23/1987 | bpb.de

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APuZ 23/1987 Artikel 1 Indiens Außen-und Sicherheitspolitik zwischen Gewaltlosigkeit und Atombombe Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Indiens in den vergangenen zehn Jahren Zur Herausbildung einer heterogenen Mittelschicht Pakistan -wirtschaftlicher Fortschritt und gesellschaftliche Rückständigkeit ) *

Indiens Außen-und Sicherheitspolitik zwischen Gewaltlosigkeit und Atombombe

Herbert Wulf

/ 31 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die indische Außen-und Sicherheitspolitik ist heute machtpolitisch orientiert. Gemessen an Gandhis Idealen ist sie geradezu das Gegenteil von Gewaltfreiheit. Die indische Regierung setzt auf militärische Stärke und Überlegenheit in der Region Südasien; sie hält die Nuklearoption offen, betont aber immer wieder, daß Nuklearwaffen nur dann Teil indischer Militärstrategie werden, wenn die pakistanische Nuklearentwicklung Indien dazu zwinge. Die spiegelbildliche Argumentation in Pakistan ist Ausdruck eines beginnenden (weitgehend verdeckten) nuklearen Rüstungswettlaufs. Indiens global und regional geprägte Außenpolitik ist wesentlich durch vier Konstanten seit Erlangung der Unabhängigkeit vor vier Jahrzehnten geprägt: 1. Distanz zu den Großmächten, die im Falle der USA bis auf kurze Phasen der Annäherung zu eher gespannten Beziehungen geführt hat, während zur Sowjetunion freundschaftliche Beziehungen bestehen. 2. Die Nachbarländer werden nicht als gleichwertige Partner eingestuft; vielmehr beansprucht Indien eine Sonderrolle. Die verschiedenen indischen Regierungen wollten mehr sein als primus inter pares. 3. Das Prinzip der Blockfreiheit und in Ergänzung dazu eine wirtschaftlich eigenständige Entwicklung sollen einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus ermöglichen. 4. Aus diesen drei Politikrichtlinien ergibt sich für Indien eine regionale Vormachtstellung, die von den Nachbarn nicht unkritisch gesehen wird.

I. Wie friedlich ist Indiens Außenpolitik?

Zahl der Soldaten in Tausend Militärausgaben in Mio. US-Dollar Militärausgaben pro Kopf in US-Dollar Anteil der Ausgaben am Bruttosozialprodukt 1 260 6 956 9, 00 3 % 480 2 067 22, 50 6% r 495 22 487 368 3 % Tabelle: Indikatoren zum Militär (1986) Indien zum Vergleich Pakistan Bundesrepublik Deutschland Quellen: SIPRI Yearbook, 1986/87, Military Balance.

Indiens Außen-und Sicherheitspolitik ist weit entfernt von den Prinzipien der Gewaltlosigkeit des großen Mahatma Gandhi, auf den Indiens Elite sich bis zum heutigen Tage gerne beruft. Mehr noch: Mit der Teilung des Subkontinentes in zwei Nationen im Prozeß der Entkolonisierung 1947 mußte Gandhi selbst bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems erleben, daß das Prinzip der Gewaltfreiheit mißachtet wurde. Andererseits aber — um eine erste Antwort auf den anderen, im Titel dieses Beitrages erwähnten Pol zu geben — ist die Außen-und Sicherheitspolitik des Landes nach offizieller Lesart nicht geprägt durch Nuklearwaffen. Anders als in der NATO, der Warschauer Vertragsorganisation und in China spielt die Drohung mit Nuklearwaffen in den strategischen Konzepten keine Rolle. Im Gegenteil: Sie wird ausdrücklich ausgeschlossen, allerdings mit der Einschränkung, dies gelte nur, so lange Pakistan nicht über Nuklearwaffen verfüge.

Der indische Subkontinent ist heute und war in den vergangenen vier Jahrzehnten eine konfliktträchtige Region. Vor allem intern werden die sozialen, wirtschaftlichen, ethnischen und religiösen Konflikte häufig gewaltsam ausgetragen. Mit Kampagnen gegen „äußere Feinde“ und militantem Verhalten gegenüber den Nachbarländern wird versucht, nach dem klassischen europäischen Muster des vergangenen Jahrhunderts von innergesellschaftlichen Problemen abzulenken: In jüngster Vergangenheit geschah dies durch die wechselseitigen Beschuldigungen zwischen Indien und Pakistan und entsprechenden Truppenkonzentrationen an der gemeinsamen Grenze Anfang 1987. Wie die verschiedenen Kriege mit Pakistan (1949, 1965, 1971) und der Krieg mit China (1962) zeigen, sind die außenpolitischen Beziehungen Indiens keineswegs nur friedlich gestaltet worden.

Für Mahatma Gandhi war Gewaltfreiheit mehr als Gewaltlosigkeit. Es war der prinzipielle Verzicht der Starken auf Gewaltanwendung; es war ein Lebensprinzip, Gewalt gegen Menschen und gegen die Natur nicht anzuwenden. Gewaltfreiheit, „Satyagraha“, das „Festhalten an der Wahrheit“, war für Gandhi ein philosophischer Begriff mit praktischen Konsequenzen für den Alltag: Gewalt sollte durch das freiwillige Erleiden von Gewalt überwunden werden. Gemessen an diesen Kriterien ist Indiens Sicherheitspolitik, die auf militärische Stärke und Überlegenheit in der Region Südasien setzt — von der indischen Elite euphemistisch als „preeminence“ bezeichnet —, geradezu das Gegenteil der Gandhischen Ideale.

Während Gandhi prinzipiell auf Waffen verzichten wollte, sagte der indische Verteidigungsminister Narsimha Rao 1986: „Unser Ziel ist es . . ., unsere Streitkräfte zu einer Stärke auszubauen, die keinen Zweifel läßt an unserer Verteidigungsfähigkeit. Unsere Streitkräfte müssen stark genug sein, um jeden Versuch, unsere Position der nationalen Unabhängigkeit zu gefährden, verhindern oder vereiteln zu können.“ Diese Sichtweise ist keineswegs ungewöhnlich; sie entspricht vielmehr verteidigungspolitischen Konzepten, wie sie heute von fast allen Regierungen der Welt vertreten werden. Die indische Außen-und Sicherheitspolitik ist damit keine Ausnahmeerscheinung; sie ist nicht an den in Indien mit viel Pathos und wenig Nähe zur konkreten Politik verehrten Prinzipien der Gewalt-freiheit, sondern machtpolitisch orientiert.

Der Direktor des „Institute for Defence Studies and Analysis“ New Delhi, K. Subrahmanyam, ein Befürworter einer indischen Nuklearoption, versuchte, den Widerspruch zwischen der Drohung mit Nuklearwaffen und Gandhis Gewaltfreiheit mit einer Fabel aufzulösen: Eine Kobra hatte sich, unter dem Einfluß eines weisen Mannes, zur Gewaltfreiheit bekannt. Sie wurde seither von einigen Jungen geneckt, die natürlich schnell herausgefunden hatten, daß die Kobra harmlos war. Die Kobra wandte sich an den weisen Mann mit der Bitte um Rat. „Ich empfahl Dir Gewaltfreiheit“, antwortete der Weise, „aber habe ich Dir gesagt, du* sollst nicht zischen und Deinen Kopf ausbreiten?“ Die Kobra folgte dem Rat und wurde seither in Ruhe gelassen. Subrahmanyams Schlußfolgerung: „Es mag als fremd erscheinen, aber Gandhi plädierte für die Praxis der Gewaltfreiheit aus einer Position der Stärke.“ Sich auf Gandhi als Kronzeugen für Politik mit Nuklearwaffen zu berufen, ist eine Position, die trotz manch allzu freizügiger Interpretation von Gandhis Ideen in Indien von nur wenigen geteilt wird.

Indiens Außenpolitik ist seit der Unabhängigkeit im wesentlichen durch vier Konstanten geprägt worden: 1. Distanz zu den Großmächten, auch wenn dieses Ziel nicht immer konsequent verfolgt wurde. 2. Die Nachbarländer werden nicht als gleichwertige Partner angesehen; vielmehr beansprucht Indien eine Sonderrolle. 3. Das Prinzip der Blockfreiheit. Indien sucht nicht nur wirtschaftlich, sondern auch außenpolitisch einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Aus diesen drei Politikrichtlinien ergibt sich für Indien eine regionale Vormachtstellung.

II. Indien, die dominante Regionalmacht Südasiens

Atomenergieeinrichtungen in Indien

Indien ist als Land der Gegensätze bekannt. Es ist kein entwickeltes Industrieland, steht aber in der Industrieproduktion weltweit an zwölfter Stelle; es ist — angesichts beachtlicher technischer und wissenschaftlicher Leistungen — indessen auch kein typisches Entwicklungsland. Hunger und Elend, Massenarbeitslosigkeit und Unterentwicklung sind in der Wahrnehmung der Menschen in den entwikkelten Ländern geradezu ein Synonym für Indien. Indien gilt als größte Demokratie der Welt, aber viele der 500 000 Dörfer Indiens haben kaum Kontakt mit der Welt außerhalb des Dorfes. Indien hat die viertgrößten Streitkräfte der Welt und steht an der Schwelle zur Nuklearmacht; es paßt in keine Länderkategorie und ist eine Klasse für sich. Indien ist der zentrale, militärisch, wirtschaftlich und bevölkerungsmäßig dominierende Staat in Süd-asien.

Indiens Außenpolitik ist — seit Nehru sie nach Erlangung der Unabhängigkeit prägte — sowohl global als auch regional orientiert. Ziel der Politik Nehrus war es, die beiden großen Machtblöcke mit ihren Führungsmächten USA und UdSSR vom indischen Subkontinent fernzuhalten. Um so unangefochtener konnte Indien seinen Vormachtanspruch geltend machen. Dabei stand — anders als heute — nicht die militärische Stärke zur Absicherung der Außenpolitik im Vordergrund. Nehrus Einstellung zum Militär, so wie sie sich aufgrund seiner Äußerungen vor 1948 darstellt, war durch Desinteresse gekennzeichnet.

Bereits in den dreißiger Jahren hatte er zum Ausdruck gebracht, daß nach der Erlangung der politischen Unabhängigkeit Sicherheitsinteressen für Indien kein wesentliches Problem darstellen würden. Nehru war der Meinung, daß sich Indien im Laufe der Zeit zu einer Großmacht entwickeln würde und nur minimale Aufwendungen für die nationale Sicherheit leisten müsse 4). Nach Erlangung der Unabhängigkeit und trotz des Konfliktes um Kaschmir ab 1948 favorisierte die indische Außenpolitik ein ausgesprochen zurückhaltendes militärisches Profil, das sich auch in niedrigen Militärausgaben niederschlug. Es existierten sogar Pläne, Indiens Armee auf 100 000 Mann zu reduzieren. Nehrus Position änderte sich radikal 1954, als Pakistan Militärhilfe von den Vereinigten Staaten erhielt, und durch den Krieg mit China 1962, als Indien eine demütigende militärische Niederlage erlitt.

Mahatma Gandhi sah die Hauptaufgabe der Armee nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in der Entwicklung des Landes. 1946, als die Erlangung der politischen Unabhängigkeit abzusehen war, schrieb er: „Wir können nun das Militär als das unsere ansehen und brauchen nicht zu zögern, jegliche konstruktive Tätigkeit, die wir von den Soldaten erhalten können, zu akzeptieren. Bis jetzt wurden sie nur eingesetzt, um unterschiedlos auf uns zu schießen. Heute müssen sie das Land pflügen, Brunnen graben, Latrinen säubern und alle konstruktive Arbeit ausführen, die sie können, und so den Haß der Bevölke-rung für sie in Liebe verwandeln.“ In dieser Funktionszuweisung des Militärs spiegelt sich Gandhis liberal-pazifistische Grundhaltung wider, die davon ausging, daß die Klassenstruktur in einem unabhängig gewordenen Indien relativ problemlos überwunden werden könne.

Bezüglich des Militärs formulierte Gandhi damit einen technokratischen Optimismus, der davon ausgeht, daß eine Kolonialarmee in ein Heer von Entwicklungsarbeitem verwandelt werden könne. Die beabsichtigte Rollenzuweisung rief den Protest des Offizierskorps hervor Nach den damaligen britischen Vorstellungen sollte die Armee eines politisch unabhängigen Indiens Truppen in Burma, Malaysia, Siam (dem heutigen Thailand), eventuell auch in Irak und Persien (dem heutigen Iran) zur inneren Sicherheit und auch zur Abwehr von Angriffen kleiner Mächte unterhalten

Indiens außenpolitische Elite ist bis heute von der Indien im Ausland zuerkannten besonderen Rolle geprägt. Die indische Führung konnte davon ausgehen, durch die Dekolonisierung eine Pax-Britannica-Rolle zu erben, in der der Persische Golf eine untergeordnete, von Indien mitbestimmte Rolle spielen würde. Seit den siebziger Jahren aber steht die Golfregion im Mittelpunkt des weltpolitischen Interesses, während die Region Südasien nachrangig geworden ist

Nachhaltig wurde Indiens regionale Vormachtstellung 1971 durch den Sieg im Krieg mit Pakistan ausgebaut. Indien ging als die militärisch eindeutig überlegene Macht aus diesem Krieg hervor. Militärisch abgesicherte Macht und Machtpolitik dominieren seither Indiens Außenpolitik in der Region eindeutig. Pakistans Anspruch auf Parität mit Indien war bis auf weiteres zurückgewiesen. Die USA, die diesen Anspruch Pakistans zum Ärger der indischen Regierung unterstützt hatten, konnten die „natürliche Vorrangstellung“ Indiens nicht verhindern. Die indische Elite sieht seither die Stabilität und den Frieden in der Region durch das indische Übergewicht garantiert. Ein militärisches Gleichgewicht zwischen Indien und Pakistan, wie von den USA bis 1971 und abermals in den achtziger Jahren favorisiert, wird in Indien als beunruhigend und unsicher empfunden.

Zum entgegengesetzten Ergebnis kommt — nicht unerwartet — die pakistanische Regierung. „Es ist nicht überraschend“, folgert Joachim Betz, „daß die pakistanische Elite angesichts der Vorgeschichte der Teilung und anders als jene der Klein-staaten Sikkim, Bhutan und Nepal (die entsprechende Verträge mit Indien schlossen) wenig Neigung verspürte, sich in einen Rahmen einspannen zu lassen, der minderen Status und dauernde Abhängigkeit vom guten Willen des stärkeren Partners hätte.“ Die indischen Versuche, eine Vormachtstellung in der Region unumkehrbar zu machen, erhöhten das Mißtrauen der Nachbarländer gegen eine indische Dominanz. Der indisch-sowjetische Freundschaftsvertrag von 1971, die Zündung eines Nuklearsprengsatzes zu „friedlichen Zwecken“ 1974, die Integration Sikkims 1975 (in Indien von Kritikern mit dem deutschen Wort „Anschluß“ apostrophiert), die Einmischung in Bangladesh 1975 nach der Ermordung des damaligen Staatspräsidenten Mujibur Rahman und auch die wachsenden Spannungen mit Pakistan nach der sowjetischen Intervention in Afghanistan 1979 riefen in den Nachbarländern Ängste wegen Indiens Dominanz hervor.

Zwischenzeitlich verbesserte die außenpolitische Akzentverschiebung der Janata-Regierung (die die erste Regierung Indira Gandhi im März 1977 ablöste) die Beziehungen zu den Nachbarländern und erbrachte erste Ansätze für eine regionale Kooperation. „Doch bei Indiens selbstbewußter Elite war diese Politik nie populär, Indira Gandhi konnte auf dem Rückweg zur Macht die , weiche 1 Politik eines Ausverkaufs indischer Interessen mit Gewinn anprangern. Als neue Regierungschefin setzte sie die Akzente konsequent um, und die Distanz zwischen Indien und den Nachbarn vergrößerte sich rasch wieder.“

Erstmals in den achtziger Jahren sind bescheidene Ansätze für eine Veränderung der vier Jahrzehnte alten politischen Landkarte Südasiens in Angriff genommen worden. Die von Bangladesh vorgeschlagene und von den kleineren Ländern der Region, Nepal, Bhutan, Sri Lanka und Malediven, engagiert geforderte South Asian Association of Regional Cooperation fand auch Indiens und Pakistans Zustimmung und wurde formal ins Leben gerufen Allerdings ist dieser Regionalverbund weit entfernt von den gern als Vorbilder hingestell-ten Beispielen der Europäischen Gemeinschaft und der ASEAN-Länder. Zu tief sitzende Feindschaften und Konflikte zwischen Indien und Pakistan, Indien und Nepal, Sri Lanka und Bangladesh lassen keine reibungslose und zügige Integration erwarten.

III. Die Beziehungen zu den Großmächten

1. Die Vereinigten Staaten von Amerika Für die Vereinigten Staaten von Amerika war Indien nie von zentraler Bedeutung. Das amerikanische Interesse an Indien war sporadisch, oft abgeleiteter Natur und durchgehend auf die Rivalität zur UdSSR bezogen Die Beziehungen sind eher als korrekt denn als freundschaftlich zu charakterisieren und waren verschiedentlich stark belastet. Das Interesse der Amerikaner schwankte zwischen Vernachlässigung und schädlicher Einmischung

Großmachtpolitik, vor allem die Eindämmung der UdSSR und des Kommunismus war in der Zeit des Kalten Krieges Ausgangspunkt und Katalysator für das Engagement der Vereinigten Staaten in Südasien. Die bipolare und schematische Weit-sicht in den USA, die den Zielvorstellungen und Ambitionen vieler neuer Nationalstaaten in den ehemaligen Kolonien nicht entsprach, führte Mitte der fünfziger Jahre zur Gründung des Bagdad-Paktes (später Central Treaty Organization = CENTO) und der SEATO (South East Asian Treaty Organization), in denen Pakistan Mitglied wurde.

Ganz anders als die pakistanische war die außenpolitische Position Indiens: Nehru kritisierte die Militärbündnisse scharf, nicht nur wegen der Mitgliedschaft Pakistans, sondern auch weil sie der angestrebten Blockfreiheit und dem Wunsch, die Groß-mächte aus Südasien fernzuhalten, diametral widersprachen. Nehrus antikoloniale und anti-imperialistische Ansichten hinderten den ersten Botschafter Indiens in den USA, Asaf Ali, nicht daran, sich in Washington um Unterstützung für ein starkes Indien zu bemühen, damit es eine „Bastion für die Welt gegen den großen nördlichen Nachbarn“ werde

Aus der Sicht der amerikanischen Regierung war Indien strategisch nicht sehr wichtig. Die indische Politik in der UNO lief zeitweise amerikanischen Interessen entgegen. Außenminister Dulles betrachtete sie als Obstruktionspolitik und nannte Indiens Bemühen um Blockfreiheit unmoralisch. Es gab wenig gemeinsame Interessen zwischen beiden Staaten. Im Westen wurde Indien eine Zeitlang allgemein als Gegenmodell zum großen Nachbarn China angesehen. Doch die Vergleiche tauchten in der Literatur und der politischen Diskussion seltener auf, als deutlich wurde, daß die prognostizierten schnellen Entwicklungserfolge Indiens ausblieben, während China rasante Fortschritte in der Industrialisierung, Beseitigung des Hungers und der Eindämmung des Bevölkerungswachstums machte.

Aus indischer Sicht wurden die USA vor allem kritisiert, weil sie den Ost-West-Konflikt nach Asien getragen hatten und weil mit Pakistan ein Rivale aufgerüstet und damit ein Wettrüsten ausgelöst wurde -Die USA behandelten Pakistan so, als wären Indien und Pakistan Länder von gleicher Bedeutung — eine Politik, die den Anspruch Indiens, eine „natürliche“ Vormacht zu sein, nicht anerkannte.

Diese erste Phase der indisch-amerikanischen Beziehungen endete 1962 mit dem Hilfegesuch Indiens an die Vereinigten Staaten um Unterstützung gegen China. Auf den indischen Hilferuf, der auch an Großbritannien, andere westliche Länder und die Sowjetunion erging, reagierten beide Groß-mächte sofort. Die bis dahin verschmähte Militär-hilfe der USA in Form von Waffengeschenken nahm Indiens Regierung an. Doch nach dem indisch-pakistanischen Krieg 1965 zeichnete sich das Ende dieser Phase der Annäherung bereits ab. Die Vereinigten Staaten verhielten sich im Konflikt neutral. Sie belegten beide Kriegsparteien mit einem Waffen-und Ersatzteilembargo, das Pakistan härter traf als Indien.

Im indisch-pakistanischen Krieg 1971, der zur Abtrennung Ostpakistans und zur Gründung Bangladeshs führte, standen die USA eindeutig auf Seiten Pakistans. Die USA verlegten ihre Flotte in den Golf von Bengalen, um Indien und — wie Henry Kissinger beredt ausführte — der Sowjetunion klar-zumachen, daß eine Ausweitung der Kriegshandlungen auf Westpakistan seitens der USA Gegenreaktionen auslösen würde Wegen der zu dieser Zeit — in der Nixon-Kissinger-Ära — gleichzeitig stattfindenden Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik China entstanden in Indien große Besorgnisse. Pakistan wiederum bildete für die USA einen wichtigen Kanal für die politischen Beziehungen mit China. Nicht zuletzt diese weltpolitische Entwicklung hat die indische Regierung mit dazu veranlaßt, in einer aus ihrer Sicht bedrängten Situation einen Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion abzuschließen. In den USA, in anderen westlichen Ländern, bei einigen Blockfreien und von Seiten der indischen Opposition wurde dieser Vertrag als eine Verletzung der indischen Blockfreiheit interpretiert.

Während der Präsidentschaft Jimmy Carters in den USA und der kurzen Regierungszeit der Janata-Koalition (1977— 1979) verbesserten sich die bilateralen Beziehungen. Die Carter-Administration gestand Indien eine Rolle als Führungsmacht in Südasien zu. Diese Einschätzung wurde erleichtert durch die indische Außenpolitik, die sich, wie Regierungschef Desai in kritischer Sicht von Indira Gandhis Politik hervorhob, an „wahrer Blockfreiheit“ orientierte und etwas Distanz von der engen Bindung an die UdSSR suchte. Präsident Carter setzte eine generell restriktivere Rüstungsexportpolitik durch, mit entsprechenden Konsequenzen für Pakistan. Seine Bereitschaft, die Marinerüstung im Indischen Ozean zu begrenzen, kam indischen Interessen entgegen

Gleichzeitig aber verfolgte Carter eine strikte nukleare Nicht-Weiterverbreitungspolitik, von der Indiens Nuklearprogramm, das in Teilen nicht der Kontrolle der Internationalen Atombehörde unterlag, betroffen war. Die kontinuierliche Belieferung Indiens mit angereichertem Uran und schwerem Wasser aus den USA war zeitweise in Frage gestellt, weil die Regierung Indiens Carters Verlangen nach internationalen Kontrollen nicht erfüllte.

Vor allem wegen der Nuklearfragen sanken aber auch die amerikanisch-pakistanischen Beziehungen auf einen Tiefpunkt.

Nicht nur die Nuklearlieferungen waren Anlaß zur Irritation. Schon zu Präsident Carters Regierungszeit, nach dem Sturz des Schah im Iran, rückte die Golfregion stärker ins Blickfeld strategischer Interessen. Mit der Verkündung der Carter-Doktrin machte die amerikanische Außenpolitik eine Kehrtwendung um 180 Grad. Die Marineaktivitäten in der Region wurden — zum Schutze der Ölversorgung — drastisch erhöht. Spätestens 1979 war der alte Zustand distanzierter Beziehungen zwischen den USA und Indien wieder erreicht. Die unterschiedlichen Reaktionen in beiden Ländern auf den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan verschlechterten das außenpolitische Klima weiter. Die Regierung der Vereinigten Staaten war an gemeinsamen Reaktionen Indiens und Pakistans interessiert. Für Pakistan bot der Afghanistankonflikt die Möglichkeit, die Beziehungen zu den USA zu verbessern; für Indien wog die Rivalität mit Pakistan schwerer. Indien war offenbar nicht in der Lage, das sowjetische Verhalten zu beeinflussen. Das Militärhilfeangebot der USA an Pakistan (als Gegengewicht zur UdSSR in Afghanistan) verursachte in Indien Bedrohungsängste, die nicht dadurch geringer wurden, daß auch Indien — erstmals seit Anfang der sechziger Jahre — amerikanische Waffen angeboten erhielt.

Der Wechsel der jeweiligen Regierungen (Indira Gandhi 1980 und Ronald Reagan 1981) besiegelte bis auf weiteres den Zustand distanzierter Beziehungen. Reagans Weitsicht, auf militärische Stärke zu bauen, für die Sicherheit der USA vor allem uni-lateral zu sorgen, den Nord-Süd-Dialog zurückzustellen, Veränderungen in der Welt in der Regel als sowjetische Expansion zu interpretieren, hatte Konsequenzen für die indisch-amerikanischen Beziehungen.

Für die Reagan-Administration waren die Prioritäten in Asien klar: Länder, die sich eindeutig von der UdSSR abgrenzten, wurden unterstützt. Verbündete wie Pakistan — so die amerikanische Politik — sollten nicht wie zu Zeiten Carters wegen Menschenrechtsverletzungen oder ihrer Nuklearpolitik brüskiert werden. Zumindest verbal an Konzepte des Kalten Krieges anknüpfend, galt Pakistan fortan als Staat in vorderster Front. Die USA leisten seither großzügige Militärhilfe an Pakistan und liefern die modernste Generation Kampfflugzeuge (F 16), obwohl Pakistans Atombombenambitionen immer offensichtlicher werden. Das 1982 wiederholte amerikanische Angebot, Waffen auch an Indien zu liefern, hat indische Befürchtungen nicht beseitigen können. So bleiben die außenpolitischen Beziehungen der beiden Länder weitgehend geprägt von der indischen Rivalität mit Pakistan wie der amerikanischen Rivalität mit der Sowjetunion. Es ist — bis auf kurze Phasen der Annäherung — seit vier Jahrzehnten ein Dialog der Taubstummen. 2. Die Sowjetunion Die UdSSR bedeutete für Indien ab Anfang der sechziger Jahre alles, was die USA nicht waren: ein treuer Verbündeter gegen China und Pakistan. Obwohl Großmacht, nahm die Sowjetunion Indien als Partner ernst. Auf die Hilfe der UdSSR — auch im Rüstungsbereich — konnte und kann sich die indische Regierung verlassen.

Die intensiven sowjetisch-indischen Beziehungen datieren zurück bis Mitte der fünfziger Jahre. Vorher war kaum Verständigung möglich, vor allem, weil Stalin Indien als Anhängsel des Kapitalismus und Indiens Elite als Reaktionäre unter anglo-amerikanischem Einfluß einstufte Als sich unter Chruschtschow die generelle Einstellung gegenüber der Dritten Welt und deren Bemühen um Block-freiheit änderte, wurde Indien zu einem Eckpfeiler sowjetischer Asien-und „Süd“ -Politik. Nehrus eindeutiger Einsatz für Chinas weltweite diplomatische Anerkennung (sowohl durch bilaterale indisch-chinesische Verträge als auch bei der Blockfreien-Konferenz in Bandung 1955), der im krassen Gegensatz zur amerikanischen Außenpolitik stand, verlieh Indiens Außenpolitik Glaubwürdigkeit in den Augen der sowjetischen Führung.

Nehru sah in der Sowjetunion eine Möglichkeit, die aus der Kolonialzeit verbliebenen Abhängigkeiten abzuschütteln und einen eigenständigen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu gehen. Sowjetische diplomatische Avancen in Südasien und im Nahen Osten wurden mit günstigen Bedingungen in den Handelsbeziehungen und spektakulären und für Indiens Industrialisierungspolitik wichtigen Entwicklungshilfeprojekten untermauert. Anders als die westlichen Länder räumte die UdSSR Handelsbeziehungen auf Rupienbasis ein und war bereit, ein Stahlwerk zu liefern. Die Diversifizierung der Handelsbeziehungen bedeutete in Nehrus Konzeption eine notwendige Ergänzung zur Politik der Blockfreiheit.

Im Westen wurde die indische Außenpolitik heftig attackiert, vor allem, nachdem Nehru die französisch-britische Intervention am Suezkanal 1956 in scharfer Form kritisierte, zum sowjetischen Einmarsch in Ungarn im gleichen Jahr aber schwieg Für die sowjetische Außenpolitik war Indien, wie auch Ägypten, in dieser Phase der Ost-West-Konfrontation äußerst bedeutsam. Ideologische Bedenken hinsichtlich der gesellschaftlichen Entwicklung in den politisch unabhängigen Ländern, die für Stalins abweisende Haltung maßgeblich waren, spielten für Chruschtschow in der konkreten Außenpolitik keine Rolle.

In dem sich seit 1959 abzeichnenden indisch-chinesischen Grenzkonflikt ergriff die Sowjetunion nicht Partei für das kommunistische China, sondern verhielt sich neutral. Die vereinbarte Lieferung sowjetischer MiG 21-Kampfflugzeuge an Indien verzögerte sich allerdings, so daß sie im Krieg zwischen China und Indien nicht eingesetzt werden konnten Von der indischen Opposition wurde die Regierung wegen ihrer sowjet-freundlichen Politik in dieser Periode kritisiert, während Nehru entschuldigend auf die für die Sowjetunion schwierige weltpolitische Situation (Kuba-Krise) verwies. Nach einer kurzen Phase der Enttäuschung und vor allem nach dem sowjetisch-chinesischen Bruch verbesserte sich die sowjetisch-indische Beziehung. Eine intensive Rüstungskooperation begann, die bis heute anhält. Indien ist nach wie vor das einzige Land außerhalb des sozialistischen Lagers, das sowjetische Produktionslizenzen für Waffen (Kampfflugzeuge, Lenkwaffen, Kriegsschiffe, Panzer) erhält Die großzügige Vergabe der Waffen-lizenzen wie auch die umfangreiche Entwicklungshilfe der UdSSR waren zweifellos durch westliche Hilfe nach dem indisch-chinesischen Krieg motiviert worden

Der von Ost und West geförderte Aufrüstungsschub Indiens hatte Konsequenzen für die Beurteilung der militärischen Lage in Pakistan. Das langfristig zu erwartende militärische Übergewicht Indiens veranlaßte Pakistans Regierung, eine militärische Lösung der nach wie vor ungelösten Kashmirfrage zu suchen. In dem 1965 ausgefochtenen Krieg verhielt sich die UdSSR formal neutral. Sie sandte gleichlautende Noten mit einem Vorschlag für einen Waffenstillstand an beide Seiten und übernahm nach dem Krieg eine Vermittlerrolle, die zu einer leichten Annäherung der UdSSR an Pakistan führte, in Indien aber mit Argwohn betrachtet wurde 1971 dagegen, im Konflikt um Ostpakistan, stand die UdSSR eindeutig auf Seiten Indiens. Sie hatte damit auf die dominierende Seite gesetzt und behielt — anders als im Nahostkonflikt — ihren Einfluß in der Region.

Wenn auch das indisch-sowjetische Verhältnis immer freundschaftlich war und seit 1971 durch den Vertrag für Frieden und Freundschaft abgesichert ist, so blieb es dennoch nicht völlig ungetrübt. Die indische Regierung weigerte sich — zur Enttäuschung der sowjetischen Führung —, den 1968 abgeschlossenen nuklearen Nicht-Weiterverbreitungsvertrag zu unterzeichnen. Auch übernahm die indische Regierung nicht die ihr von der Sowjetunion zugedachte Vorreiterrolle zur Schaffung des von Breschnew 1969 vorgeschlagenen Systems kollektiver Sicherheit in Asien. Vielmehr begegnete die indische Regierung diesem Vorschlag ausgesprochen kühl und ignorierte das sowjetische Drängen. Nachdem sich der wichtigste Partner der UdSSR nicht aktiv einsetzte, hatte der Vorschlag keinerlei Chancen zur Realisierung.

Umgekehrt lief die erhöhte sowjetische (wie amerikanische) Marinepräsenz im Indischen Ozean Indiens Interessen an der Schaffung einer „Friedenszone Indischer Ozean“ zuwider. Ohne die Sowjetunion namentlich zu nennen, kritisierte das Verteidigungsministerium in dem jährlichen Bericht zur sicherheitspolitischen Situation Indiens regelmäßig die „Rivalität der Großmächte“ und ihr Bemühen „um Militärbasen“ im Indischen Ozean Auch die eindeutig wohlwollende Haltung der Sowjetunion zu Indira Gandhi in der Zeit des „Notstands“ (1975 — 1977), als die Regierungschefin die Verfassung außer Kraft setzte, führte zur Verschlechterung der sowjetisch-indischen Beziehungen. Denn Breschnew hatte zur Unterstützung Frau Gandhis die Kräfte als „Reaktionäre“ tituliert die 1977 die Regierung übernahmen. Sie gingen natürlich nach der Machtübernahme auf Distanz zur UdSSR.

Indira Gandhi revidierte in ihrer zweiten Amtszeit diese Politik abermals, und auch nach ihrer Ermordung folgte ihr Sohn Rajiv Gandhi im wesentlichen diesen außenpolitischen Leitlinien. Im Rüstungsbereich hat sich Indien seit den späten siebziger Jahren um die Diversifizierung der Lieferquellen bemüht. Die Waffenproduktion beruht nicht nur auf sowjetischen Lizenzen, sondern auch aus Westeuropa wird Entwicklungs-und Produktions-Know-how geliefert. Diese Politik hat aber keineswegs die seit langem gepflegten sowjetisch-indischen Beziehungen belastet. 3. Die Volksrepublik China Indien und China, die beiden bevölkerungsreichsten Länder, werden häufig als natürliche Rivalen angesehen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen gesellschaftlichen Konzeption und ungelöster Grenzprobleme, die 1962 zum Krieg führten, verblieben die beiden Nachbarn bis heute auf Distanz zueinander. Verstärkt und immer wieder aufs neue entfacht wurden die beiderseitigen Irritationen durch Chinas enge Beziehungen zu Pakistan und Indiens freundschaftliche Politik zur Sowjetunion. Schon während der Kolonialzeit bestanden einige ungeklärte, aber wenig bedeutsame Grenzfragen in schlecht zugänglichen Himalayaregionen zwischen Britisch-Indien und China. Doch der aus Tibet, Nepal, Bhutan und Sikkim bestehende cordon sanitaire garantierte in großen Grenzabschnitten, daß es nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam Die indische Regierung erkannte zwar sehr rasch 1949 die neue Regierung Chinas an, ihre Position bezüglich Tibets übernahm sie jedoch aus der britischen Kolonialzeit. Sie protestierte gegen die chinesische Invasion Tibets und wies chinesische Souveränitätsansprüche zurück. Die aus der Kolonialzeit stammende Politik, Pufferstaaten zwischen den beiden Ländern zu erhalten, setzte Indien durch Verträge mit Nepal, Bhutan und (vor der Eingliederung in die indische Union) Sikkim fort. Diese kleineren Nachbarländer sind vertraglich verpflichtet, Indien in sicherheitspolitischen Fragen zu konsultieren und zu informieren.

Mitte der fünfziger Jahre verbesserten sich indisch-chinesischen Beziehungen erheblich; die beiden Länder strebten unter dem Slogan „Hindi Chini Bhai Bhai“ („Indisch-chinesische Brüderschaft“) enge Beziehungen an. Der gemeinsame Nenner war Antikolonialismus. Mit Bewunderung wurden Chinas rasche wirtschaftliche Anfangserfolge regi-striert. Mit dem Abschluß des Vertrages „Panch Sheela" 1954 wurden Prinzipien der Nichteinmischung, der Respektierung territorialer Grenzen und friedlicher Konfliktbeilegung vereinbart Beide Länder wurden zu einem internationalen Machtfaktor, indem sie miteinander friedliche Koexistenz vereinbart hatten.

Langfristig überwogen jedoch die Differenzen: Indien war Mitglied der Blockfreienbewegung, China stand außerhalb und verfolgte eigene afroasiatische Ziele. Wegen des sich abzeichnenden sowjetisch-chinesischen Bruchs betrachtete die chinesische Führung sowjetische Militär-und Entwicklungshilfe in Indien mit Mißtrauen. Schließlich kam es 1962 wegen der Grenzstreitigkeiten, die nicht mehr waren als eine postkoloniale „Unordentlichkeit“ zum Krieg. Während Indien an historisch wenig präzise geregelten kolonialen Grenzen festhielt (im Osten an der 1914 festgelegten, von China aber nie akzeptierten McMahon Line, im Norden an den durch unilaterale Erklärungen oder gelegentliche Aneignung noch weniger klaren Grenzen), brachte China eigene, zum Teil historisch noch weiter zurückliegende Gründe für den gewünschten Verlauf der Grenze vor.

Indien hatte versucht, durch eine Politik der Nadel-stiche, Fakten zu schaffen. Die Bemühungen um eine friedliche Regelung waren gescheitert, als die chinesische Befreiungsarmee schwache, schlecht ausgerüstete indische Truppen zurückwarf und den Status quo der Grenze als tatsächlich kontrollierte Grenze festlegte In dem militärisch völlig unvorbereiteten Indien löste der Krieg eine Krise der Regierung aus und führte schließlich zu einer Revision der indischen Sicherheitspolitik — mit einer deutlichen Betonung militärischer Stärke.

Die Beziehungen haben sich heute — durch zwischenzeitliche Bemühungen auf beiden Seiten — etwas normalisiert. Sämtliche Streitfragen bleiben jedoch weiterhin offen. An den bislang weitgehend unverrückbaren Positionen in Grenzfragen, an den engen chinesisch-pakistanischen und den indisch-sowjetischen Beziehungen, die sich jeweils auch in der gegeneinander gerichteten Rüstung auf dem indischen Subkontinent niederschlagen, sowie an einer in Indien zeitweilig befürchteten pakistanisch-chinesisch-amerikanischen Achse ist bislang das Anknüpfen an die hoffnungsfrohe Phase der fünfziger Jahre gescheitert.

IV. Der ungelöste Konflikt mit Pakistan

Ausgangspunkt des Konfliktes und Ursache der bislang drei Kriege zwischen Indien und Pakistan ist die Aufteilung des britisch-indischen Kolonialreiches in zwei Nationen. Die indisch-pakistanische Rivalität und Feindschaft ist durch dieses koloniale Erbe geprägt. Religiöse und ideologische Gegensätze, die zur Teilung des Subkontinents führten, waren der wichtigste Grund für die anhaltende Instabilität, die immer wieder den regionalen Rüstungswettlauf anheizte. 1940 verlangten erstmals Führer der Moslems — vereinigt in der Moslem-Liga — die Teilung des Subkontinents. Sie fürchteten in einem von der britischen Kolonialherrschaft befreiten Indien von der Hindumehrheit dominiert zu werden. Als Reaktion formulierten sie eine sogenannte Zwei-Nationen-Konzeption, die den indischen Subkontinent nach religiösen (und damit auch sprachlichen und kulturellen) Eigenheiten teilte. Zögernd und gegen den Willen der im Kongreß zusammengeschlossenen Hinduführung stimmte die britische Regierung der Teilung in zwei selbständige Staaten zu. Die Kongreßführung dagegen setzte sich für einen säkularen, einheitlichen Staat Indien ein Die unvermeidliche Teilung des Subkontinents war von riesigen Flüchtlingsströmen und landesweiten Massakern begleitet.

Ein Problem waren die von England indirekt kontrollierten Fürstenstaaten. Als die Briten Indien verließen, überließen sie es den Fürsten, zu entscheiden, in welches der beiden neu entstandenen Länder sie ihren Fürstenstaat integrierten. In den meisten der damals bestehenden 560 Fürstenstaaten verlief der Integrationsprozeß reibungslos In dem ehemaligen Fürstenstaat Kaschmir hat diese Regelung indessen bis heute Nachwirkungen, weil sowohl Indien (aus strategischen Gründen) als auch Pakistan (dort lebten mehrheitlich Moslems unter einem Hindufürsten) Kaschmir für sich beanspruchten. Mit militärischen Mitteln versuchten zunächst Pakistan, dann auch die indische Regierung, die sich für einen Volksentscheid einsetzte Kaschmir zu integrieren. Auf Vermittlung der UNO schlossen die Kontrahenten 1949 einen Waffenstillstand; die größten Teile Kaschmirs fielen Indien zu, ein kleinerer Teil gehört seither zu Pakistan. Wie wenig sich die Hinduelite mit dem separaten Staat Pakistan abfinden konnte, macht die Äußerung eines UNO-Diplomaten deutlich: „Ich versuchte an seine (Nehrus, H. W.) inspirierende Führerschaft zu appellieren und deutete an, daß Indien in der Lage sei, eine Geste der Konzessionsbereitschaft gegenüber Pakistan zu machen. Pandit Nehru reagierte vehement. In einem Anflug von Bitterkeit sprang er auf einen Stuhl und schrie: „Sie scheinen unsere Position und unsere Rechte nicht zu verstehen. Wir gewähren jedermann die Freiheit seines Gewissens. Pakistan ist ein mittelalterlicher Staat mit einem unmöglichen theokratischen Konzept. Pakistan hätte nie geschaffen werden dürfen, und es wäre nie passiert, hätten die Briten nicht hinter der verrückten Idee Jinnahs gestanden.“

1965 kam es zum zweiten Waffengang um Kaschmir. Pakistan fühlte sich angesichts chinesischer Unterstützung und aus Furcht vor weiterer indischer Aufrüstung stark genug — gleichzeitig aber auch bedroht —, eine militärische Lösung zu suchen, zumal interne Unruhen in Kaschmir Indiens Position schwächten. Der Krieg endete unentschieden und mußte nach wenigen Wochen eingestellt werden, weil sowohl die USA als auch Großbritannien wirkungsvoll den Nachschub an Munition, Ersatzteilen und Waffen durch ein Embargo stoppten. Abermals wurde ein Waffen

Stillstand durch Vermittlung der Vereinten Nationen erreicht. Die Sowjetunion lud beide Regierungen nach Taschkent ein, um einen Nichtangriffspakt zu schließen. Beide Seiten waren bereit, sich auf die alten Waffenstillstandslinien zurückzuziehen, die grundsätzlichen Differenzen über die Zugehörigkeit Kaschmirs blieben jedoch bestehen.

In Ostpakistan hatte es praktisch seit der Teilung Kritik der Elite an der westpakistanischen Dominanz gegeben. Nach dem überwältigenden Wahlsieg der Awami-Liga 1970 breiteten sich separatistische Tendenzen aus. Die pakistanische Zentralregierung setzte Truppen ein. Ein Bürgerkrieg brach aus, und mehrere Millionen Flüchtlinge strömten über die Grenze nach Indien. Ende 1971 kam die indische Regierung der Regierung Ostpakistans zur Hilfe; damit befanden sich Indien und Pakistan in ihrem dritten Krieg, der mit der Kapitulation Pakistans und der Gründung Bangladeshs endete.

Die Lage in Kaschmir änderte sich in diesem Krieg kaum. Zwar wurden auch in Kaschmir Waffen eingesetzt, die indische Regierung weitete den Krieg jedoch nicht auf Westpakistan aus, vermutlich weil sie mit Gegenmaßnahmen der Volksrepublik China und der Vereinigten Staaten rechnete. Wie nach dem zweiten indisch-pakistanischen Krieg vermittelte die Sowjetunion. 1972 wurde ein Abkommen (Simla-Agreement) unterzeichnet, das Indien minimale territoriale Zugewinne sicherte. Pakistans Regierung war jedoch nicht bereit, in der durch den verlorenen Krieg geschwächten Position einer generellen Regelung aller offenen Fragen zuzustimmen. Alle späteren Annäherungsversuche in den siebziger und achtziger Jahren führten zu keinen greifbaren Ergebnissen.

Zu Beginn des Jahres 1987 zeigte sich, daß der Konflikt weiterhin virulent ist. Aus jeweils innenpolitischen Gründen und mit gegenseitigen Schuldzuweisungen ließen beide Regierungen die Truppen an der Grenze verstärken, um auf mögliche Aggressionen sofort reagieren zu können. Separatistische Tendenzen in beiden Ländern werden von der jeweils anderen Seite für eigene Interessen instrumentalisiert.

V. Indiens Rüstungs-und Atompolitik

1. Rüstungspolitik Die Abkehr von Gandhis Politik der Gewaltlosigkeit und die klare Funktionszuweisung für das Militär als außen-und sicherheitspolitischer Machtfaktor schlägt sich deutlich in Indiens Militärausgaben, Waffenimporten und in der lokalen Rüstungsproduktion nieder. Während des ersten Jahrzehnts von der Erlangung der Unabhängigkeit bis Ende der fünfziger Jahre stieg der Militärhaushalt nur minimal: Unter zwei Prozent des Bruttosozialproduktes, immerhin aber rund ein Viertel der Ausgaben der Zentralregierung, wurden für die Streitkräfte und deren Bewaffnung aufgewendet Dem mäßigen Anstieg der Militärausgaben entsprach die Entwicklung der Personalstärke des Heeres, die von 280 000 im Jahre 1947 auf rund 350 000 sechs Jahre später erhöht wurde. Im wesentlichen verfügten die Streitkräfte über Waffen aus britischen Beständen des Zweiten Weltkriegs.

Ab etwa 1958 setzte durch die sich abzeichnenden militärischen Ereignisse (Indiens Besetzung Goas 1961, vor allem die Kriege mit China 1962 und mit Pakistan 1965) ein rasanter Anstieg der Militärausgaben ein. Ihr Anteil am Bruttosozialprodukt verdoppelte sich bis Mitte der sechziger Jahre und führte zu einer erheblichen Belastung der krisengeschüttelten Wirtschaft. Die Sollstärke der Streitkräfte wurde auf 825 000 Mann erhöht. Die Rüstungsimporte und die eigene Rüstungsproduktion stiegen beträchtlich.

Ein erneuter Schub militärischer Ausgaben wurde mit der abermaligen indisch-pakistanischen Auseinandersetzung um Bangladesch 1971 begründet. Die realen Wachstumsraten des Militärhaushaltes in Indien lagen seit Mitte der fünfziger Jahre deutlich über dem ebenfalls steigenden Trend der Weltmilitärausgaben. Heute gibt Indien fast sieben Milliarden Dollar für die Streitkräfte und deren Bewaffnung aus, dreimal mehr als Pakistan (rund ein Drittel der Ausgaben der Bundesrepublik). Der Anteil am Bruttosozialprodukt hat sich bei drei Prozent eingependelt, und die Personalstärke liegt bei über 1, 2 Millionen Soldaten. Damit und auch mit der Quantität der Waffen ist Indien Pakistan weit überlegen. Pakistan ist allerdings durch die Rüstungsanstrengungen stärker belastet als Indien.

Begründet wird diese quantitative Überlegenheit sowohl mit dem offen angestrebten Übergewicht als auch mit dem Hinweis auf den Zugang Pakistans zu modernster amerikanischer Rüstungstechnologie.

Die Anfänge der Rüstungsindustrie in Indien reichen bis in die Kolonialzeit zurück. Die indische Regierung hat die ausschließlich im öffentlichen (also staatlichen) Sektor organisierte Rüstungsindustrie kontinuierlich ausgebaut. Rund 280 000 Beschäftigte arbeiten heute in den rund 40 Rüstungsfirmen Alle Typen moderner Großwaffensysteme (Kampfflugzeuge, Panzer, U-Boote, Fregatten, Schnellboote, Lenkwaffen usw.) werden heute in Indien produziert, zum Teil auch dort entwickelt.

Dennoch ist Indien einer der Hauptwaffenimporteure. Die indischen Ambitionen, Eigenständigkeit in Entwicklung und Produktion sämtlicher Waffen zu erreichen, haben sich trotz riesiger Investitionen bislang nicht erfüllt. Zeitliche Verzögerungen in großen Programmen haben zu Beschwerden der Streitkräfte geführt. Seit Ende der siebziger Jahre setzt die indische Regierung verstärkt auf den Import von Produktionslizenzen aus Frankreich, Großbritannien und der Bundesrepublik. Damit wird das Schwergewicht sowohl sowjetischer Waffen als auch indischer Eigenentwicklungen verringert. 2, Die Nuklearpolitik Indien wie auch Pakistan haben viele Ressourcen für die Nuklearentwicklung verwendet Die Regierungen beider Länder wollen nach eigenem Bekunden die Nukleartechnologie nur für friedliche Zwecke nutzen. Beide Länder haben den Nicht-Weiterverbreitungsvertrag nicht unterzeichnet. Gleichermaßen behaupten sie, die Nuklearoption vor allem offenzuhalten, um sich vor dem Nachbarn zu schützen, dem (in der Argumentation ähnlich wie im Ost-West-Konflikt) aggressive Absichten unterstellt und Mißtrauen entgegengebracht wird. Zu diesem Zweck sind die Regierungen in beiden Ländern bereit, Entbehrungen auf sich zu nehmen. Z. A. Bhutto, der ehemalige pakistanische Premier und die treibende Kraft des Nuklearprogramms, sagte einmal: „Falls Indien die Bombe herstellt, werden wir auch unsere eigene Bombe haben, auch wenn wir Blätter und Gras essen müssen und hungrig sind.“ Im Tenor ähnlich meinte der indische Parlamentsabgeordnete S. Swamy spiegelbildlich: „Wenn wir die Bombe benötigen, dann sollten wir sie auch beschaffen, selbst wenn es bedeutet, ohne Hosen herumlaufen zu müssen.“

Die Zündung eines nuklearen Sprengsatzes 1974 in Indien kam für Experten nicht unerwartet, denn das indische Atomprogramm ist sowohl im Forschungsbereich als auch in der Energieproduktion breit gefächert und wurde bereits vor drei Jahrzehnten begonnen (siehe Karte) -Indische Wissenschaftler und Ingenieure bauten den Sprengsatz aus Plutonium; Kanada hatte den Reaktor geliefert, der das Plutonium produzierte, und die USA das schwere Wasser, um den Reaktor zu betreiben. Im indischen Atomprogramm werden sowohl Reaktoren in Eigenregie entwickelt und gebaut, die keinerlei internationaler Kontrolle unterliegen, als auch Reaktoren mit Know how und Technologie aus dem Ausland erstellt.

Daß Indien in relativ kurzer Zeit eine einsatzfähige Atomstreitmacht aufbauen könnte, wird kaum bezweifelt, und zwar aus einer Reihe von Gründen:

Erstens haben Indiens Atomforscher mit der Zündung des Nuklearsprengsatzes bewiesen, daß sie grundsätzlich über die erforderliche Technologie verfügen.

Zweitens wird Indiens Nuklearprogramm mit Mißtrauen betrachtet, weil in einigen Reaktoren, in denen waffentaugliches angereichertes Uran anfällt, keine Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde durchgeführt werden dürfen.

Selbst die Beendigung der Kooperation zwischen Kanada und Indien sowie Schwierigkeiten bei der Einfuhr von schwerem Wasser haben die indischen Programmverantwortlichen nicht zur Genehmigung internationaler Kontrollen bewegen können

Drittens verfügen Indiens Streitkräfte über Kampfflugzeuge, die als Atomträger eingesetzt werden können, sowie über ein aufwendiges Raumfahrt-programm, dessen Raketen ebenfalls für militärische Zwecke verwendet werden können. Viertens'. Obwohl in keiner offiziellen Stellungnahme Nuklearwaffen als militärisches Mittel bezeichnet werden und die strategischen Konzepte Nuklearwaffen nicht vorsehen, wird die Nuklearoption offengehalten. Dies geschieht sowohl mit Blick auf China und auf Pakistan als auch aus machtpolitischen Überlegungen. Ein unermüdlicher Verfechter einer indischen Nuklearoption ist K. Subrahmanyam, Direktor des verteidigungspolitischen Institutes der Regierung, Defence Studies and Analyses Institute: „Die Vereinigten Staaten ignorierten China total und erniedrigten es zwanzig Jahre lang, bis Nixon entdeckte, daß 800 Millionen mit Nuklearwaffen bewaffnete Chinesen nicht ignoriert werden können. Sie konnten ignoriert werden, bevor sie ihre Nuklearwaffen hatten. Heute zählt Indien in den Kalkulationen der USA nicht viel und ist nur ein Objekt in der US-Außenpolitik. Nur wenn Indien sich ein Nukleararsenal zulegt, wird es mehrere Optionen haben.“

Die Gründe für das Offenhalten der Optionen sind vielfältig. Zu Recht weisen Kritiker daraufhin, daß die Großmächte ihren in der Präambel des Nicht-Weiterverbreitungsvertrages gegebenen Verpflichtungen zur Abrüstung nicht nachgekommen sind. Wieso, so fragt man, sind Atomwaffen in der Hand der Großmächte sicherer als in der Hand indischer Streitkräfte. Rassistische Einstellungen bei den Nuklearmächten werden gegeißelt und als Heuchelei bezeichnet: „Eines der häufigsten herausposaunten Mittel gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen ist die Einrichtung sogenannter atomwaffen-freier Zonen (AWFZ), die jedoch nur für den braunen und schwarzen Teil der Menschheit empfohlen werden und damit in Wirklichkeit nur eine Wieder-einrichtung des Protektorats des weißen Mannes über den Rest der Welt bedeuten.“ Diese Politik, so Subrahmanyam, erinnere an die Zeit der Ostindischen Compagnie, als man den indischen Fürsten riet, ihre Truppen zu reduzieren und die Sicherheit des Landes in die Hand der Briten zu legen

Die Chancen zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Südasien, von der pakistanischen Regierung mehrfach angeregt, oder einer „Zone des Friedens“ im Indischen Ozean, seit Jahrzehnten diskutiert, sind äußerst gering. Die indische Regierung hat die Vorschläge einer atomwaffenfreien Zone mit der Begründung abgelehnt, Südasien könne nicht isoliert vorgehen, Indien müßte auch gegenüber den Großmächten, speziell mit Blick auf China, auf der Nuklearoption bestehen. Der seit Jahren betriebene nukleare Rüstungswettlauf in Südasien scheint immer offener ausgetragen zu werden und wird — wenn nicht doch noch Absprachen zwischen Indien und Pakistan erfolgen — das gegenseitige Mißtrauen erhöhen und zu weiteren Spannungen führen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine ausführliche Bibliographie zur indischen Außenpolitik ist zusammengestellt in der indischen Zeitschrift Seminar, (1986) 324. S. 47-50.

  2. Interview in: Internationale Wehrrevue,. (1986) 4, S. 431.

  3. K. Subrahmanyam. India’s Dilemma, in: ders. (Ed.). Nuclear Myths and Realities. New Delhi 1981. S. VIII f.

  4. Siehe K. Subrahmanyam. Nehru's Concept of Defence. in: The Institute for Defence Studies and Analyses Journal, V (1972) 10, S. 196-211.

  5. Zitiert in St. P. Cohen. The Indian Army. Its Contribution to the Development of a Nation, Berkely-Los Angeles-London 1971, S. 103. Ähnlich bereits 1921, als er ausführte: „The soldiers will not then be hirelings, but they will form the national militia for defensive and protective purposes alone. . . . And they will certainly never be sent to cut down inoffensive Turks or Arabs in the West or equally inoffensive Chinese or Burmese in the East.“, in: Young India vom 27. Oktober 1921, abgedruckt in: M. K. Gandhi, Non-Violence in Peace and War, Vol. I, Ahmedabad 1942.

  6. St. Cohen (Anm. 5). S. 104.

  7. Lorne J. Kavic, India’s Quest for Security, Los Angeles 1967, S. 237— 240, erwähnt Einzelheiten der britischen Pläne.

  8. Sh. Chubin, The Place of India in US Foreign Policy, in: T. George/R. Litwak/Sh. Chubin, India and the Great Powers, Aldershot 1984, S. 147— 234, hier S. 153.

  9. J. Betz, Krisenherd Südasien: Der indisch-pakistanische Konflikt, in: R. Hamann (Hrsg.), Die „Süddimension“ des Ost-West-Konfliktes, Baden-Baden 1986, S. 173— 197, hier S. 178.

  10. So beispielsweise Bh. Wariavwalla, Domestic Compulsions, in: Seminar, (1986) 324, S. 14— 17.

  11. D. Braun, Der Indische Ozean: Konfliktregion oder „Zone des Friedens“, Baden-Baden 1982, S. 138 ff.

  12. R. K. Srivastava/R. Kothari, SAARC. in: Seminar, (1986) 324, S. 22-26.

  13. Henry Kissingers Memoiren veranschaulichen sehr plastisch, daß auch beim indisch-pakistanischen Krieg 1971 das Rivalitätsdenken für außenpolitische Entscheidungen in Washington eine wichtige Rolle gespielt hat. Siehe H. A. Kissinger, Memoiren 1968— 1973, München 1979, Kapitel XXI, speziell S. 958 ff.

  14. Sh. Chubin (Anm. 8), S. 156.

  15. Foreign Relations of the United States, (1947) 3, zitiert in: G. S. Bhargava, Super Power Involvement, in: Seminar, (1986) 324, S. 38-43, hier S. 41.

  16. H. Wulf, India: The Unfulfilled Quest for Selfsufficiency, in: Th. Ohlson/M. Brzoska (Eds.), Arms Production in the Third World, London-Philadelphia 1986, S. 125— 145.

  17. H. Kissinger (Anm. 13). S. 966 ff.

  18. Sh. Chubin (Anm. 8), S. 161.

  19. A. Stein, India and the Soviet Union: The Nehru Era. Chicago 1969.

  20. R. Litwak, The Soviet Union in India’s Security Perspective, in: T. George/R. Litwak/Sh. Chubin (Anm. 8), S. 69 — 145, hier S. 77 f. Im jugoslawisch-sowjetischen Konflikt ergriff Nehru allerdings Partei für die Regierung Tito, eine diplomatische Aktivität, die prompt zur kurzfristigen Verschlechterung der indisch-sowjetischen Beziehungen führte.

  21. Zu den Anfängen der indisch-sowjetischen Rüstungskooperation siehe Stockholm International Peace Research Institute, The Arms Trade with the Third World, Stockholm 1971, S. 468 ff.

  22. H. Wulf (Anm. 16).

  23. Selbst durch die harte interne Politik der Regierung Nehrus gegenüber Indiens Kommunisten, die in einer Art Berufsverbot Kommunisten den Eintritt in den öffentlichen Dienst verweigerte, ließ sich die Führung der UdSSR nicht irritieren. Siehe R. Litwak (Anm. 20), S. 83,

  24. Im sowjetischen Taschkent einigten sich die beiden krieg-führenden Länder schließlich auf den Status quo ante.

  25. Siehe D. Braun (Anm. 11), S. 177— 191.

  26. Siehe z. B. Government of India, Ministry of Defence, Annual Report 1983— 84, S. 1.

  27. Zitiert in R. Litwak (Anm. 20), S. 100.

  28. Zu den Grenzstreitigkeiten sowie zum Krieg zwischen Indien und China siehe die inzwischen klassische und materialreiche Arbeit von N. Maxwell. India’s China War, Harmondsworth 1972.

  29. Mit diesem Vertrag waren auch die unterschiedlichen Auffassungen über Tibet — zumindest zeitweilig — beseitigt. Indien stimmte dem Status quo zu.

  30. T. George, Sino-Indian Relations, in: T. George/R. Litwak/Sh. Chubin (Anm. 8), S. 1— 67. hier S. 3.

  31. Das 1962 in der Weltöffentlichkeit entstandene Bild eines unschuldigen und wehrlosen Indiens, das durch eine Aggression Chinas zu Unrecht Grenzgebiete verlor, wurde durch die Arbeit von N. Maxwell (Anm. 28) gründlich revidiert.

  32. G. W. Choudhury, Pakistan’s Relations with India, 1947 — 1966, London 1968. Zu den frühen Auseinandersetzungen aus der Sicht der Hindus siehe J. Nehru, An Autobiography, Bombay-New Delhi-Calcutta-Madras 1962, und ders., The Discovery of India, Bombay 1967. Siehe auch J. Betz (Anm. 9).

  33. In einigen Staaten aber — so in den innerhalb Indiens gelegenen Staaten Junagadh und Hyderabad mit Hindu-mehrheiten unter Moslemherrschaft — setzte die indische Regierung das Militär ein, um die Integration in den Staat Indien zu gewährleisten.

  34. Später verweigerte Indien die Zustimmung zur Volksabstimmung.

  35. J. Korbel, zitiert in: Z. Khalilzad, The Security of Southwest Asia. Aldershot 1984, S. 113 f.

  36. Ich greife zurück auf frühere eigene Arbeiten und die darin verwendete Literatur. Siehe H. Wulf, Indien: Militarisierung und der Aufbau einer autonomen Rüstungsproduktion, in: Internationales Asienforum, 6 (1975) 3, S. 272— 301.

  37. Detaillierte Angaben in Ministry of Defence (Anm. 26) in den jeweiligen Jahresberichten. Siehe auch H. Wulf (Anm. 16). Die Beschäftigtenzahl ist somit ähnlich wie in der Rüstungsindustrie der Bundesrepublik.

  38. Unter Leitung der indischen Atomenergiebehörde arbeiteten 1983 rund 32 000 Beschäftigte (darunter fast 20 000 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker). Siehe Department of Atomic Energy, Annual Report 1982 — 83, New Delhi, S. 7.

  39. Zitiert P. S. Jayaramu, Zone, in: Nuclear Weapon-Free Non-Proliferation Treaty and South Asia, in: K. Subrahmanyam (Ed.) (Anm. 3). S. 81.

  40. Zitiert in Z. Khalilzad (Anm. 35), S. 127.

  41. Besonders seit der Nuklearexplosion sind hunderte Studien über die Nuklearentwicklung Indiens veröffentlicht worden. Siehe die offizielle Darstellung in Department of Atomic Energy. Annual Report, New Delhi (jährlich); R. Tomar, The Indian Nuclear Power Program: Mythos and Mirages, in: Asian Survey. XX (1980) 5. S. 517— 531. K. Subrahmanyam (Ed.) (Anm. 3); zur Proliferationsproblematik siehe SIPRI Yearbooks; G. Jain. India, in: J. Goldblat/SIPRI (Ed.), Non-proliferation, London-Philadelphia 1985. S. 89 — 123, und P. Clausen, Nonproliferation Illusions: Tarapur in Retrospect, in: Orbis, 27 (1983) 3.

  42. In einer aufwendigen und detaillierten Bilanz des indischen Programms kommt G. Milbollin, Dateline New Delhi: India’s Nuclear Cover-up, in: Foreign Policy, (1986) 64. S. 161 — 175, zu dem Ergebnis, daß entweder außerhalb der Kontrollen schweres Wasser importiert wird (was nur aus China möglich wäre) oder illegal aus eigenen international kontrollierten Reaktoren abgezweigt wird.

  43. K. Subrahmanyam (Anm. 3). S. VII.

  44. K. Subrahmanyam. Challenging the Conventional Wisdom: A Third World Perspective on Nuclear Weapons and

  45. Zitiert in: P. S. Jayaramu (Anm. 39), S. 73.

Weitere Inhalte

Herbert Wulf, Dr. rer. pol., geb. 1939; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Rüstungsimport als Technologietransfer, München-London 1979; (Mitautor) Mit Rüstung gegen Arbeitslosigkeit?, Reinbek 1982; (Mitautor) Sicherheitspolitik, Rüstung und Abrüstung, Frankfurt 1982; (Hrsg.) Aufrüstung und Unterentwicklung, Reinbek 1983; (Mitautor) Alternative Produktion statt Rüstung, Köln 1987; mehrere Aufsätze zu Indien in Fachzeitschriften.