Die französische Gesellschaftsformation präsentiert sich gegenwärtig in einer paradoxen Verfassung: Auf der einen Seite besteht ein breiter Konsens über die Notwendigkeit einer weiteren „Modernisierung“ von Wirtschaft und Gesellschaft, um besser gegenüber den Herausforderungen der Weltwirtschaftskrise bestehen zu können. Auf der anderen Seite zeigen die jüngsten sozialen Konflikte, daß über die Grundlagen des künftigen Wachstumsmodells, wie es die neokonservative Regierung anstrebt, keine Übereinstimmung besteht. Um diese Situation zu verstehen, werden zunächst die Versuche der Rechten (1974— 1981), dann der Sozialisten (1981— 1986) zur Überwindung der Wirtschaftskrise analysiert, wobei die jeweiligen Modernisierungsbemühungen im Mittelpunkt stehen. Als Ergebnis kommt heraus, daß beide Formationen ihre selbstgesteckten Ziele nur sehr unvollkommen erreichten und deshalb überkommene ideologische Positionen zu revidieren versuchen. Dahinter verbirgt sich ein für Frankreichs Entwicklung fundamentaler Prozeß: eine Annäherung zwischen den Sozialisten und der Rechten in wesentlichen Politikbereichen, freilich zu dem Preis, daß sich Staat und Gesellschaft auseinanderentwickeln. Danach werden die wichtigsten Ergebnisse der Modernisierungspolitik in systematischer Form skizziert und dabei vor allem ihre strukturellen Grenzen herausgearbeitet. Diese Analyse stützt die Aussagen, die im vorangegangenen Teil formuliert wurden, zeigt aber auch die Ausgangslage auf, von der aus die neokonservative Regierung Chirac ab März 1986 ihre Art der Modernisierung vorantreibt und dabei soziale Konflikte ganz neuen Typs provoziert, die zum einen auch diesem Experiment Grenzen setzen, zum anderen ein bezeichnendes Licht auf das Auseinanderklaffen von intermediären Kräften und Institutionen und tiefer liegenden sozialen Bedürfnisstrukturen wirft — ein Phänomen, das freilich nicht nur für Frankreich typisch ist, sich hier aber mit besonderer Intensität offenbart.
I. Modernisierungskonsens oder Hegemoniekrise?
Zu Beginn des Jahres 1987 präsentiert sich die französische Gesellschaftsformation in einer paradoxen Verfassung: Auf der einen Seite schien es, als würden die seit 1974/76 praktizierten, noch zu Beginn der achtziger Jahre diametral entgegengesetzten Strategien zur Überwindung der Wirtschaftskrise langsam, aber unaufhaltsam in einen breiten gesellschaftlichen Konsens einmünden und sogar den traditionellen Rechts-Links-Gegensatz aufweichen. „Nationale Unabhängigkeit“ nach außen und beschleunigte „Modernisierung“ des Produktionsapparats, ja der sozialen Beziehungen generell erschienen nicht nur als zwei Seiten derselben Medaille, sondern zum ersten Mal als parteiübergreifende Ziele. Darin eingebettet war auch die in der Bundesrepublik so bewunderte (oder kritisierte) breite Akzeptanz der neuen Technologien. Auf der anderen Seite brachen zur allgemeinen Überraschung soziale Konflikte aus, die neuartige Züge trugen und die etablierten Parteien (auf der Rechten wie der Linken) und sämtliche Gewerkschaften in die größte Verwirrung stürzten. Gelingt es dem politischen System nicht mehr, gesellschaftliche Bedürfnisse zu erkennen? Driften politische und zivile Gesellschaft auseinander? Erweist sich der parteiübergreifende Modernisierungskonsens nur als Fassade, hinter der sich tiefer liegende Ungewißheiten über die Zukunft des Wachstumsmodells verbergen, also das, was man eine „Hegemoniekrise“ nennt
Daraus ergeben sich grundlegende Probleme. Sie treten in allen hochentwickelten westlichen Industriegesellschaften auf, in Frankreich aber mit besonderer Schärfe, nicht zuletzt wegen der im Unabhängigkeitsanspruch enthaltenen Notwendigkeit einer permanenten Anspannung aller Kräfte.
Da kann die (wachsende) Kluft zwischen Diskurs und Realität unübersehbar werden. Überall beobachten wir die Erschöpfung und Entleerung überkommener Ideologien. Dahinter steht die Tatsache, daß das Wachstumsmodell, das während der fünfziger und sechziger Jahre vergleichsweise erfolgreich funktioniert hat, inzwischen seinen eigenen Widersprüchen und der Weltwirtschaftskrise seit 1974/75 zum Opfer gefallen ist. Zeigt gerade der französische Fall, daß die seither eingetretenen „Brüche eines ökonomischen Systems“ so tief reichen, daß die herkömmlichen Formen politischer Therapie, also gesamtgesellschaftlicher Regulierung, versagen?
Erklärt sich daraus der Umstand, daß die seit der „Wende“ vom März 1986 versuchte Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft nach neokonservativen Vorstellungen noch entschiedener vorangetrieben wurde als in anderen führenden westlichen Industrieländern, obwohl diese Strategie in den USA und in Großbritannien längst an ihre Grenzen gestoßen ist? Verordneten die französischen Neokonservativen ihrem Land eine Roßkur, um die Modernisierung endlich entscheidend voranzutreiben?
Wie aber mußte eine „Entstaatlichung der Ökonomie“, eine „Deregulierung“ in einem Land wirken, daß viele unbestreitbare Modernisierungsfortschritte über ein enges Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft erreicht hatte? War es in Frankreich — im Gegensatz zur Bundesrepublik — nicht der Staat, von dem die wichtigsten Impulse für die Entwicklungsdynamik ausgingen Kann auf den Voluntarismus staatlicher Intervention verzichtet werden, wenn die zentralistische Durchdringung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft geradezu das Markenzeichen der modernen französischen Gesellschaftsformation darstellt? Sind die Marktkräfte wirklich, wie die Neokonservativen annehmen, nach ihrer „Entfesselung“ bereit und fähig, die notwendigen Anpassungen und Umstrukturierungen weitgehend aus eigenen Kräften zu bewerkstelligen? Gehört damit das „gemischte Wirtschaftssystem“ der Vergangenheit an? Dann hätten wir es in der Tat mit einem einschneidenden Bruch in der Geschichte der französischen Gesellschaftsformation zu tun.
Den Neokonservativen kommt die Erfahrung zugute, daß die Funktion des Staates ambivalent war. Er handelte nicht als autonome Instanz, sondern war selbst Bestandteil des gesellschaftlichen Machtgleichgewichts bis tief in die sozialen Beziehungen hinein. Daraus versteht sich, daß seine innovative Kraft begrenzt blieb, selbst dann, wenn sich eine modernistische Staatsbürokratie mit den „aufgeklärten“ Fraktionen der großen Bourgeoisie verband. Hier liegt einer der Gründe, warum die Krise von 1974 das französische Wachstumsmodell besonders nachhaltig traf. Sie offenbarte nicht nur die Illusionen des staatlichen Interventionismus, sondern auch seinen durchaus re-aktionären Inhalt in dem Augenblick, da er sich von seiner Neigung, soziale Kompromisse aus der Vergangenheit festzuschreiben, nicht lösen konnte und sich damit als „zentrales Element der Besitzstandswahrung“ erwies.
Sind die Neokonservativen nun imstande, den Staat aus seiner instrumentalen in eine eher orientierende Rolle zu überführen? Und das in einer Zeit, in der die Handlungsspielräume zwischen einer beschleunigten Transnationalisierung der Ökonomien einerseits und der Territorialisierung der sozialen Räume andererseits immer enger werden? Finden sie eine Antwort darauf, wie ein Wachstumsmodell beschaffen sein muß, das die Öffnung der Ökonomie vorantreibt, zugleich aber die Wahrung der sozialen Gerechtigkeit nach innen beachtet und erst dadurch über die erforderliche Legitimität verfügt? An dieser Stelle wird deutlich, daß das Verhältnis von Bruch und Kontinuität viel komplexer ist, als es die radikalen Neokonservativen wahrhaben wollen.
II. Reaktionen auf die Krise
1. Das Scheitern der historischen Rechten Während der „dreißig glorreichen Jahre“ (1945 bis 1975), wie sie in etwas verklärender Manier genannt werden kannte auch Frankreich sein „Wirtschaftswunder“, wenngleich stets eine Nummer kleiner als das des Nachbarn. Über allem stand der beschwörende, von Jean Monnet am Ende des Zweiten Weltkriegs formulierte Imperativ: „Modernisierung oder Dekadenz“ Im Grunde geschah in Frankreich nichts anderes als in anderen hochentwickelten westlichen Industrieländern: Das sich herausbildende neue Wachstumsmodell beruhte im Kern auf einer Koppelung von Produktivitäts-und Lohnfortschritten, also einem System der sozialen Beziehungen, in dem die Arbeiter die Modernisierung des Produktionsapparats akzeptierten und im Austausch dafür — nicht ohne heftige Auseinandersetzungen — eine entsprechende Verbesserung der Realeinkommen erhielten Hinzu trat zum ersten Mal das Phänomen des „indirekten Lohns“, also alle Einkommen über die in Frankreich stark ausgebaute sozialstaatliche Umverteilung. Die Wachstumsziele definierte eine korporativistisch organisierte indikative Planung. Vom Wachstum der Masseneinkommen und den neuen Konsumgewohnheiten profitierte in erster Linie die Konsumgüterindustrie, die zum Motor des „französischen Wunders“ avancierte. Hohe Wachstumsraten, eine Verdreifachung sowohl der Produktivität wie des Konsums der Arbeitnehmer und schließlich der Durchbruch zur modernen Industriegesellschaft auf der Basis einer breiten „neuen Mittelklasse“ waren die Folge Aber schon die Ereignisse vom Mai und Juni 1968 zeigten, daß das Wachstumsmodell seinen Höhepunkt überschritten hatte. Seine ökonomischen und sozialen Kosten sprangen in die Augen: Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, beginnende Arbeitslosigkeit als Folge der Krise der „alten Industrien“, Einschränkung der Kaufkraft durch den ersten Stabilisierungsplan Debr-Giscard von 1963, Verschärfung der Einkommensdisparitäten, Absinken der Kapitalrentabilität und Investitionstätigkeit, mangelhafte Wettbewerbsfähigkeit der Investitionsgüterindustrien u. a. m. Aber noch einmal wurde die Krise gemeistert, indem es gelang, den alten („fordistischen“) sozialen Kompromiß durch erhebliche Reallohn-steigerungen („Abkommen von Grenelle", 1969) zu erneuern. Neben der Stärkung der Binnennachfrage fand unter der Präsidentschaft Pompidous eine staatlich induzierte Politik der Öffnung auf den Weltmarkt durch die Schaffung konkur-renzfähiger Großkonzerne statt, vor allem in wichtigen Zukunftsbranchen (z. B. Computer). Um den Industrialisierungsprozeß von Importen unabhängiger zu machen, wurde die Investitionsgüterindustrie stärker gefördert. Die Abwertung des Franc (1969) und der weltwirtschaftliche Boom verbesserten die Exportchancen. In dieser Phase postgaullistischer Modernisierung erlebte die Zusammenarbeit zwischen technokratisch eingestellter hoher Staatsverwaltung und bestimmten Fraktionen der Großbourgeoisie ihren Höhepunkt. Bezeichnenderweise sorgten zugleich eher sozialdemokratisch orientierte Berater des Premierministers Chaban-Delmas für neue sozialpolitische Impulse (die „neue Gesellschaft“)
Die inneren Widersprüche verschärften sich jedoch schon vor 1974. Die Öffnung auf den Weltmarkt hin brachte nicht die erhofften Qualitätsverbesserungen des Produktionsapparats. Überdies ließ der Zwang zur Wettbewerbsfähigkeit die steigenden Lohnkosten als Belastung empfinden. Vor allem erhielt die Inflation neue Nahrung, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Modernisierung immer ungleichgewichtiger vollzog und damit die sozialen Gegensätze anheizte. Die ungebrochene Offensive der Arbeitnehmer reduzierte, wie anderswo auch, die Gewinne und damit die Kapitalrentabilität: Der soziale Kompromiß begann zu bröckeln.
In dieser Situation brach, kurz nach der Wahl Giscard d’Estaings zum Staatspräsidenten (1974), die Weltwirtschaftskrise über Frankreich herein. Die nun einsetzende Rezession führte trotz einer gewissen Erholung langfristig zu einem Bruch der Wachstumsdynamik. Zugleich zeigte sich, daß der Produktivitätsrückgang in Frankreich markanter ausfiel als in anderen Industrieländern. Während unter Sozial-und Wirtschaftswissenschaftlern eine heftige Debatte über die Natur der Krise ausbrach und sich langsam das gesamte geistige Klima durch den Niedergang der traditionellen Dominanz linker Intellektueller veränderte blieben die regierenden Akteure zunächst unberührt davon. Sie glaubten an den vorübergehenden konjunkturellen Charakter des Einbruchs. Dementsprechend reagierte die Regierung Chirac wie üblich mit einem klassischkeynesianischen Programm der Nachfragebelebung und nahm das dabei entstehende Haushaltsdefizit in Kauf. Da aber die Reallöhne zunahmen, während die Produktivität wegen ungenügender Investitionen weiter zurückging, verschlimmerten sich sämtliche ökonomische Un-gleichgewichte gleichzeitig: Außenhandel, Inflation, öffentliche Defizite, Arbeitslosigkeit. Erst jetzt setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Krise Ausdruck eines tiefgreifenden technologischen, ökonomischen, sozialen und internationalen Strukturwandels war, der das bisherige Wachstumsmodell in der Substanz bedrohte.
In der Neuorientierung der Wirtschafts-und Sozialpolitik ab 1976 schlug sich das langsame, zögernde, widersprüchliche Eindringen monetaristisch-neoliberaler Vorstellungen in die regierenden Rechtsparteien nieder. Schon die Ernennung Barres, eines führenden Vertreters dieser Richtung in den Wirtschaftswissenschaften, setzte ein Zeichen Nun rangierte der Kampf gegen die Inflation an der Spitze der Prioritäten. Das zweite Hauptziel war die „Anpassung der französischen Wirtschaft an die außenwirtschaftlichen Erfordernisse“, und zwar durch die Stärkung der Marktkräfte, konkret: der Unternehmer. Alle Elemente einer angebotsorientierten Politik tauchen hier zum ersten Mal auf: restriktive Lohn-politik, Aufhebung der Preiskontrollen, Stärkung der Eigenkapitalausstattung der privaten Unternehmen, Ansätze einer Reform des Kreditsektors, Lockerung der Kapitalverkehrskontrollen, Festschreibung der Sozialleistungen. Hinzu trat das Ziel der Wechselkursstabilität, die mäßigend auf die Preise der Importgüter einwirken sollte.
Damit vollzog Barre „einen Bruch mit der traditionellen Hinnahme einer langfristigen Abwertungstendenz als Kompensation für eine verweigerte binnenwirtschaftliche Anpassung“ an die außenwirtschaftlichen Herausforderungen. Auch die neokonservative Rhetorik fehlte nicht, wenn Barre die Heraufkunft einer Gesellschaft der „Freiheit, Kreativität und Verantwortung“ verkündete. Es kennzeichnet den Übergangscharakter des „Experiments Barre“, daß keines der hehren Ziele erreicht wurde. Der Hauptgegner der Liberalisierungspolitik saß im eigenen Mehrheitslager: die Gaullisten, die sich unter Chirac in einer neuen Partei organisiert hatten („Rassemblement pour la Republique“, RPR) und die ebenso wie die Opposition aus Sozialisten und Kommunisten noch immer am alten Wachstumsmodell, vor allem am Staatsinterventionismus, hingen. Auch ein Teil der Unternehmer, die im Herbst 1980 für eine Abwertung des Francs eintraten, gerieten in Gegensatz zur Politik des Premierministers, der gerade in dieser Frage — wollte er seiner eigenen Logik treu bleiben— nicht nachgeben konnte. Viel gravierender waren die Auswirkungen der zweiten Erhöhung der Erdölpreise 1979. Nun begann ein wahrer Teufelskreis: Der gewaltige Werttransfer nach außen verlangte eine Austeritätspolitik nach innen, die die wirtschaftlichen Aktivitäten belastete.
Die Bilanz des „Experiments Barre“ sah deprimierend aus: Während die Inflationsrate kaum gesenkt wurde, fielen ihm die Modernisierungsfortschritte, wie sie zwischen 1967 und 1973 erzielt werden konnten, zum Opfer. Ende 1981 überstieg die Zahl der Arbeitslosen die Schwelle von zwei Millionen. Nur der tertiäre Sektor nahm noch Arbeitskräfte auf. Die künstliche Aufrechterhaltung eines überbewerteten Francs sowie die Einschränkung der Kreditmöglichkeiten wirkten im Kontext der internationalen Krise kontraproduktiv. Zugleich verstärkte sich der Druck auf die französische Wirtschaft durch die erneute Verschärfung des Wettbewerbs auf den Weltmärkten. Nur in den weiterhin massiv vom Staat geförderten Branchen (Telekommunikation, friedliche Nutzung der Nuklearenergie) nahmen die Investitionen zu. Zum ersten Mal wurden die Gefahren einer „socit ä deux vitesses“, einer „Zwei-Drittel-Gesellschaft“ sogar im Bericht eines Ausschusses der Nationalversammlung unter der Federführung eines gaullistischen Abgeordneten angeprangertl nicht zuletzt als Folge einer weiteren „Mondialisierung" der französischen Ökonomie, wie sie Giscard d’Estaing am Herzen lag und von vielen als wirksamstes Druckmittel betrachtet wurde, um die Modernisierung voranzutreiben
Das Grunddilemma des „Experiments Barre“ hat Boyer treffend auf den Begriff gebracht: Es habe „die Blockierung des herkömmlichen Wachstumsmodells akzentuiert, ohne einen Ersatz zu finden“ Wie hätte das auch geschehen können, wenn es der bürgerlichen Mehrheit nicht einmal gelang, die divergierenden Interessen ihrer eigenen Basis auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, wie die Frontstellung Chiracs gegen die Wiederwahl Giscards in aller Deutlichkeit zeigte? Ihr Sturz im Frühjahr 1981 war tief. Jetzt schlug die Stunde für die Linke, die ein —freilieh von Anfang an brüchiges— Bündnis zwischen der alten Arbeiterklasse (besser: ihren Resten) und den neuen Mittelklassen des tertiären und des Bildungssektors repräsentierte. 2. Das Scheitern der historischen Linken Die Krisendiagnose der Sozialistischen Partei, ihres Hauptträgers, knüpfte, wie sie im „Projet socialiste" formuliert war, zwar an der marxistischen Krisentheorie an — betonte also die Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise und forderte folglich langfristig den „Bruch mit dem Kapitalismus“ —, blieb auf dieser Ebene aber abstrakt und vage: eine kaum überzeugende, geschweige denn mitreißende Reverenz an den alten ideologischen Bezugsrahmen. Sobald das „Projekt“ konkreter wurde, entpuppte es sich als Neuauflage des vertrauten Keynesianismus, der erneut als Alternative zur konservativen Antikrisenstrategie herhalten mußte. Die „ 110 Vorschläge“, Mitterrands Wahlplattform und Grundlage künftiger Regierungsarbeit, enthielten konsequenterweise ein strammes, klassisches sozialdemokratisches Reformprogramm, das an vielen Stellen leicht angestaubt schien. Auch die Rede vom „socialisme ä la franaise" konnte nicht darüber hinwegtäuschen.
Der Wahlsieg der Linken erschien brillanter, als er es in Wirklichkeit war. Nicht ihr Programm war entscheidend, sondern das offensichtliche Scheitern der Rechten. Dieser Sieg hatte einen merkwürdig anachronistischen Anstrich. Tatsächlich befanden sich Arbeiterklasse und Gewerkschaftsbewegung seit langem in der Krise am Sturz der Rechten waren sie kaum beteiligt. Im Gegensatz zu der Mobilisierung, wie sie im Juni 1936 stattgefunden hatte, als die Volksfront an die Macht kam, geschah im Juni 1981 nichts dergleichen. Man vertraute auf Partei und Regierung, nicht auf die eigene Kraft. Dabei lag auf der Hand, daß das selbst im sozialdemokratischen Programm enthaltene Ziel einer langfristigen Umgestaltung der sozialen Beziehungen und, — zumindest in Ansätzen — der Produktionslogik nur über länger dauernde „Konflikte und tastende Versuche“ hätte erreicht werden können, „bevor sich ein Entwicklungsmodus herausbildet, der die sozialen Bedürfnisse mit den ökonomischen Imperativen, deren Träger in Zeiten der Krise der Weltmarkt ist, in Übereinstimmung bringt“ So war das Scheitern der historischen Linken oder das, was man die erforderliche „Modernisierung der Sozialistischen Partei“ im Sinn einer ideologischen Entschlackung nannte, unvermeidbar. Dabei machte sie dieselben Erfahrungen wie die Rechte zwischen 1974 und 1981, nur unter umgekehrtem Vorzeichen. 1974/76 hatten die Konservativen die erste Welle der Weltwirtschaftskrise nicht ernst genommen; 1981 begriffen die Sozialisten nicht, daß der Tiefpunkt der zweiten Welle dieser Krise noch bevorstand. Sie hofften im Gegenteil, daß ihre weitgehend nachfrageorientierte Politik in eine beginnende, von den USA getragene Wiederbelebung fallen und von ihr mitgetragen würde. Hinzu kam, daß die Linke allein auf weiter Flur stand: In allen führenden westlichen Industrieländern hatte die „Wende“ bereits begonnen.
Dennoch probierte die Linke — wie die Rechte 1974/75— die ihr vertrauten Rezepte; wie ihre Vorgängerin mußte sie jedoch feststellen, daß sie nicht nur nicht anschlugen, sondern die Krise im Lande verschlimmerten. Der hierbei zutage tretende Mechanismus ist oft beschrieben worden Mit wachsender Distanz tritt sein zwangsläufiger Charakter immer deutlicher hervor. Ohne Frage stellte der Versuch, die Krise mit einer Kombination aus Nachfragesteigerung (Verbesserung der direkten und indirekten Einkommen; Gewährung einer fünften bezahlten Urlaubswoche), Bekämpfung der Arbeitslosigkeit (Einführung der 39-Stunden-Woche; Schaffung von 200 000 Arbeitsplätzen in der öffentlichen Verwaltung) und Stärkung des staatlichen Interventionismus (Nationalisierung bedeutender Großunternehmen sowie der quasi Totalität des Bank-und Kreditsektors) zu überwinden, einen einzigartigen nationalen Kraftakt dar, mit dessen Hilfe die „Rückeroberung des heimischen Marktes“ endlich gelingen sollte. Dabei sollte der umfangreiche nationalisierte Sektor als Speerspitze der Modernisierung sowohl im Bereich der alten wie der neuen Industrien dienen. Schließlich sollte das Ganze durch eine Reform der Arbeitsbeziehungen untermauert werden, indem die Rechte der Arbeitnehmer und die Repräsentativität der Gewerkschaften in den Betrieben verbessert und damit eine Annäherung in Richtung auf deutsche und skandinavische Verhältnisse vollzogen werden sollte. In den „Auroux-Gesetzen“ (1982) wurden diese Vorstellungen weitgehend verwirklicht.
Schon ein Jahr später steckte die Linke in der Sackgasse. Die gestärkte Binnenkaufkraft regte nicht die heimische Produktion, sondern die Importe an; das Defizit des Außenhandels erreichte Rekordhöhe. Hier rächte sich der Umstand, daß die Linke zuerst in nationalen Kategorien dachte. Die Lektion, die sie einstecken mußte, war bitter. Daß die Unternehmer dem neuen Kurs feindselig gegenüberstanden, war vorauszusehen. Nicht zu Unrecht klagten sie darüber, daß die Selbstfinanzierung der Unternehmen einen historischen Tiefstand erreicht hätte. So blieb der erwartete Investitionsschub aus, ein Grund für das ungebrochene Ansteigen der Arbeitslosigkeit Das Defizit im Staatshaushalt, wachsende Verschuldung und Finanzierungsprobleme und nicht zuletzt die raschen Fortschritte der Desinflation in den USA, Großbritannien und der Bundesrepublik führten zu einer Krise der Wechselkurse: der Franc mußte zum zweiten Mal abgewertet werden (Juni 1982). Die Inflationsrate sank nur langsam
Ohne Zweifel fiel die nun notwendig gewordene Umorientierung der sozialistischen Politik ab Sommer 1982, im März 1983 dann verschärft, einschneidender aus als die Wende von 1976. Spöttisch bezeichnete man sie als einen „barrisme de gauche“, womit auf die wachsende Konvergenz rechter und linker Antikrisenpolitik hingewiesen wurde. In der Tat liegt hier der entscheidende Beitrag der historischen Linken zur Entwicklung der französischen Gesellschaftsformation: Indem sie mit Hilfe einer rigorosen Austeritätspolitik dem Ziel der Währungsstabilität höchsten Rang einräumte, nahm sie nicht nur die Zügel auf, die Raymond Barre während seines Experiments hatte schleifen lassen; sie war es, die Frankreich in den Kreis der vom Konservativismus beherrschten westlichen Industrieländer einfügte. Auch die französische Linke begünstigte nun systematisch die Kapitalseite zu Lasten der Realeinkommen. In einer ersten Phase wurden Löhne und Preise noch gleichzeitig gestoppt. Aber während der folgenden beiden Jahre (1983 und 1984) ging der Lebensstandard der Franzosen zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg zurück. Wie überall kam dem Ökonomischen der Primat gegenüber dem Sozialen zu. Ideologisch rechtfertigte die Sozialistische Partei ihre Wende mit dem Argument, die Stunde der „Aussöhnung“ der Linken mit dem Unternehmertum sei gekommen; damit weise sie als Regierungspartei ihre Fähigkeit zur Krisenbewältigung nach.
Aber die Linksparteien zahlten einen hohen Preis dafür, indem sie ein Stück ihrer Identität verloren: Das ideologische Vakuum wurde ja nicht wieder gefüllt. Dieses Schicksal widerfuhr auch der Kommunistischen Partei, obwohl sie 1984 die Regierung verließ. Innerhalb der Sozialistischen Partei überlagerte eine Allianz der modernistischen Fraktionen die alten Flügelkämpfe zwischen den Tendenzen. Am vollkommensten verkörpert Jean-Pierre Chevenement, Forschungsund Technologie-, dann Erziehungsminister, diesen Wandel: Er mauserte sich vom Führer des neomarxistischen linken Flügels (CERES) zum markanten Verfechter einer neuen Ideologie, die versucht, den traditionellen Republikanismus mit den Erfordernissen einer modernen, international wettbewerbsfähigen Kommunikationsgesellschaft zu vereinbaren
Mit der Gewerkschaftsbewegung ging es weiter bergab, wozu paradoxerweise die „Auroux-Gesetze" beitrugen, indem sie die Arbeitsbeziehungen im Betriebsrahmen regelten und damit die Gewerkschaftszentralen schwächten. Im übrigen ging die Anwendung dieser Gesetze nur stockend voran. Auch die Spaltung der Gewerkschaftsbewegung vertiefte sich. Die kommunistisch orientierte CGT zog sich auf eine primär defensive Strategie der „sozialen Besitzstandswahrung“ zurück und half damit, die Arbeitslosen und Ausgegrenzten ihrem Schicksal zu überlassen. Alle Versuche, die Arbeiter in ihren traditionellen Hochburgen (z. B. Renault) zu mobilisieren, erlitten kläglichen Schiffbruch. Die den Sozialisten nahe-stehende CFDT war bereit, auf Lohnzuwächse zu verzichten, um die Desinflation nicht zu gefährden. Als Gegenleistung erwartete sie neue Rechte für die Arbeitnehmer, vor allem bei der Gestaltung des Produktionsprozesses. Trotz dieser erneuten Verschärfung der Ungleichgewichte in den Arbeitsbeziehungen kam es keineswegs zu einem dauerhaften Kompromiß zwischen Regierung und Unternehmern, obwohl die Selbstfinanzierung der Unternehmen seit 1984 große Fortschritte machte. Sogar den Staatsbetrieben wurde der Zugang zum privaten Kapitalmarkt eröffnet.
Seitdem klar war, daß die Linke ihre Mehrheit verloren hatte, setzten die Kapitaleigner auf den Sieg der Rechten im März 1986.
Am deutlichsten näherten sich die Sozialisten der Rechten im zentralen Bereich der Verteidigungsund Rüstungspolitik. Mitterrand selbst war es, der in einem grundsätzlichen Text den engen Zusammenhang zwischen nationaler Unabhängigkeit, nuklearer Abschreckung und den neuen Hochtechnologien herstellte und dabei Argumente vorbrachte, die denen des Pentagon verblüffend ähneln. Hier bekommt die Modernisierung ihre höchste Weihe als integraler Bestandteil der Staatsräson. Ausgerechnet Mitterrand, der sich immer mehr für die Verkörperung einer gewandelten Linken hält, verleiht dem traditionellen Gaullismus eine neue Qualität, indem er Frankreichs Anspruch auf eine europäische Führungsrolle daraus ableitet, daß es auf dem Weg zur politischen, strategischen und technologischen Unabhängigkeit des Alten Kontinents vorangeht. Damit geht das Eingeständnis einher, daß Frankreich Europa braucht, daß aber auch umgekehrt Europa sich stärker den französischen Vorgaben anpassen muß. Hier bildet sich ein Kontinuitätsstrang von seltener Konsistenz heraus, der die Parteigrenzen längst transzendiert hat.
III. Grenzen der Modernisierung
1. Widersprüche der Industriepolitik Obwohl die allgemeine Technologie-Akzeptanz bis in die Gegenwart unerschüttert scheint und obwohl die Modernisierungsbemühungen der Rechten und der Linken zu konvergieren beginnen, haben sich die erhofften Ergebnisse — also eine Verbesserung der Stellung Frankreichs in der internationalen Arbeitsteilung— nicht eingestellt. Tatsächlich stießen sich beide Antikrisenstrategien an strukturell bedingten Faktoren interner und externer Natur, die sie nicht in Frage stellen wollten bzw. konnten. Dabei rangiert die Rolle des Staates und der von ihm praktizierten Industriepolitik an oberster Stelle. Grundsätzlich gingen beide politischen Lager dabei von denselben Voraussetzungen aus. Aus der Tatsache, daß der Staat selbst stets Teil der gesellschaftlichen Kompromisse war, versteht sich, warum es nie eine kohärente, über einen längeren Zeitraum verfolgte Industriepolitik gegeben hat Zwar kämpfte die Hohe Verwaltung um ihre Autono-mie, konnte sich einer wachsenden Politisierung aber nicht entziehen
Hinzu kam ein fundamentaler Strukturdefekt dieser Politik: Nicht zufällig erzielte der staatliche Voluntarismus in jenen Branchen der neuen Industrien seine größten Erfolge, die zugleich von einem geschützten Binnenmarkt profitieren: Elektronik, Rüstung, Telekommunikation Nuklearindustrie, Luft-und Raumfahrt, Transportsektor (Hochgeschwindigkeitszug, U-Bahn-Bau). So kam es, daß gerade viele Zukunftsindustrien nicht der schneidenden Zugluft der internationalen Konkurrenz ausgesetzt wurden. Indem der Staat ihnen ein wohliges Nest baute, machte er Anstrengungen weitgehend überflüssig, die eigene Leistungskraft auf den Weltmärkten unter Beweis zu stellen. Das Wichtigste, nämlich die Aufträge sowie ein Teil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F & E), nahm ihnen der Staat ab. Die enge Verschränkung von Management und Staatsbürokratie ging so weit, daß sich die Struktur innerbetrieblicher Entscheidungsabläufe und damit die Betriebsorganisation überhaupt dem staatlichen Vorbild anpaßte, also von vornherein nicht jene Flexibilität und Kreativität erreichte, die auf dem Feld der neuen Technologien geradezu von existentieller Bedeutung sind
Außerdem stimmten Staat und Industrie in der Einschätzung strategischer Prioritäten keineswegs immer überein Im Bereich der Informatik, der für den Staat besonders wichtig ist, engagierten sich die Unternehmer nur zögernd. Den Kampf mit der amerikanischen und vor allem japanischen Konkurrenz nahmen sie trotz aller Pressionen seitens des Staates gar nicht erst auf.
Immer wieder führte die Industriepolitik zu einem Bündnis zwischen Staat und Großkonzernen zu Lasten kleinerer, aber innovativer Unternehmen Tatsächlich gibt es im Sektor der neuen Technologien nur wenige, die internationale Konkurrenz herausfordernde Großkonzerne. Das liegt nicht zuletzt daran, daß sich der F & E-Anteil am Bruttoinlandsprodukt in Frankreich unter dem Niveau in den USA, Japan, der Bundesrepublik und Großbritannien befindet und 1985 noch nicht den Stand in den USA von 1979 erreicht hat, wobei der Anteil des Staates 1983 mit 57% über dem in der Bundesrepublik (42%) und in Japan (35%) lag Ob die auch in Frankreich seit einigen Jahren vorangetriebene, mit öffentlichen Mitteln geförderte Gründung sogenannter Technologieparks, besonders in struktur-schwachen Regionen, eine Aufweichung der traditionellen Industriepolitik bedeutet, bleibt abzuwarten
Für die fortdauernde Schwäche des Industriesektors ist bezeichnend, daß sich die industrielle Produktion nach Perioden der Rezession in Frankreich langsamer erholt als überall sonst (ausgenommen in Großbritannien). Während sich die Struktur des Außenhandels weiter verschlechtert (s. unten), verliert er die Herrschaft über den Binnenmarkt. Besonders verheerend waren die Jahre zwischen 1979 und 1982, also während der zweiten Welle der Weltwirtschaftskrise. In der Liste der 100 größten Unternehmen der Welt gab es 1979 elf, 1982 nur noch sechs französische Unternehmen. In dieser Zeit verlor die Automobilindustrie etwa ein Drittel des Binnenmarktes an ausländische Anbieter. Weder den Konservativen noch den Sozialisten gelang es, ein Konzept zur Überwindung der tiefen Krise zu entwickeln, in die die meisten alten Industrien gerieten (Stahl, Schiffbau, Textil, Uhrenindustrie usw.).
Fast völlig tabuisiert ist die Frage, ob die Rüstungsindustrie, deren gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Jahr zu Jahr zunimmt wirklich einen Beitrag zur Modernisierung des Industrie-sektors zu leisten imstande ist. Schon heute sind hier 300 000 Personen beschäftigt (ohne Zuliefe) rer), d. h. 4% der Beschäftigten in der Industrie. Die Luft-und Raumfahrt arbeitet zu 70% für die Rüstung. Die Rüstungsindustrie ist hochgradig konzentriert (die zehn wichtigsten Unternehmen realisieren 75% des Gesamtumsatzes). Ihr Umsatz ist von 22, 5 Mrd. F 1974 auf fast 100 Mrd. F 1984 gestiegen. Ebenso verhält es sich mit dem Anteil des Exports: 30% 1974; 42, 6% 1984. Der F & E-Anteil am Umsatz beträgt in den Rüstungsunternehmen 15 bis 20%, sonst unter 3%. Rund 20% der gesamten staatlichen F & E-Ausgaben entfallen auf die Rüstungsindustrie: 1985 18 Mrd. F, die das Verteidigungsministerium vergibt. Die Austeritätspolitik hat den Rüstungssektor immer ausgespart. Hier entsteht nicht nur ein Staat im Staate, der alle Dezentralisierungs-und Demokratisierungsbemühungen konterkariert. Es könnte auch sein, daß diese Privilegierung der Rüstungsindustrie eines Tages zu einem „Ressourcendilemma“ führt, sowohl was seine Finanzierung wie was seine Belastung für die Gesamtökonomie betrifft
Auch die großen Erwartungen, die die Linke mit den Nationalisierungen verknüpfte, erfüllten sich nicht. Zu keinem Zeitpunkt wurden sie als „Speerspitze der Modernisierung“ eingesetzt Allerdings erleichterte der Staat Umstrukturierungen innerhalb der Industriegruppen und zwischen ihnen. Auf diese Weise verbesserte sich zweifellos ihre ökonomische und finanzielle Lage und damit die Chance für die Formulierung einer langfristigen Strategie. Ansonsten wurde mit der Wende von 1982/83 auch die anfängliche Euphorie aufgegeben, mit einer Fülle aufwendiger Programme alle möglichen alten und neuen Industrien zu sanieren bzw. zu modernisieren. Ab 1983, als Laurent Fabius das Industrieministerium übernahm, schwenkte die Regierung auf einen realistischen Kurs ein, der durch die Sparpolitik ohnehin unausweichlich geworden war. Jetzt beschränkte sie sich darauf, die Rahmenbedingungen für die Unternehmen abzustecken, vor allem mit dem Ziel, sie von finanziellen Zwängen zu befreien. Mit Hilfe einer neuen Institution, dem „Fonds Industriel de Modernisation“, sollten die neuen Technologien im gesamten Industriesektor verbreitet werden. 2. Keine Verbesserung der Weltmarktposition Alle Untersuchungen zeigen, daß die bisweilen verzweifelten Versuche, Frankreich aus seiner „intermediären“ Position in der Hierarchie der internationalen Arbeitsteilung herauszubringen und der Spitzengruppe (USA, Japan, Bundesrepublik) anzunähern, gescheitert sind Dieser Tatbestand wirft ein bezeichnendes Licht auf die „Macht der Verhältnisse“, also auf die außerordentliche Kraft beharrender Strukturen in der französischen Gesellschaftsformation. Wie in der Vergangenheit konzentriert sich noch immer das Außenhandelsdefizit auf die wichtigsten OECD-Länder, an ihrer Spitze die Bundesrepublik, die USA und Japan. Nicht einmal der Niedergang des Erdölpreises wirkte sich in signifikanter Weise aus. Auch weiterhin werden Überschüsse im wesentlichen im Handel mit der Dritten Welt (einige OPEC-Länder ausgenommen) erwirtschaftet. Der Anteil Frankreichs am Export verarbeiteter Güter der OECD-Länder blieb in den letzten zwanzig Jahren (!) unverändert: stets an vierter Stelle hinter den USA, der Bundesrepublik und Japan (ab 1983 rangiert die Bundesrepublik vor den USA). Was den Anteil Frankreichs an den Gesamtexporten der acht wichtigsten OECD-Länder betrifft, so sank er von 1979 11, 5% auf 10, 6% im Jahre 1985 — zum Vergleich in diesem Zeitraum — Bundesrepublik von 21, 7% auf 24%; Japan von 14, 7% auf 20, 6%; Italien gleichbleibend 9%; USA von 21, 6% auf 15, 7%).
Wie ein Schock wirkte die Nachricht, daß das Anfang 1986 zum ersten Mal entstandene Defizit im Bereich der zivilen verarbeiteten Güter nur durch den erhöhten Export von Produkten der Rüstungsindustrie ausgeglichen werden konnte Unterteilt man, wie seit einiger Zeit üblich, die exportierten verarbeiteten Güter in solche mit hohem, mittlerem oder niedrigem Technologiegehalt, bestätigt sich dieses Bild: Im Bereich der Güter mit hohem Technologiegehalt taucht erneut das Defizit gegenüber den OECD-Ländern, insbesondere den USA, der Bundesrepublik und Japan, auf, das nur im Handel mit der Dritten Welt kompensiert wird. Bezeichnenderweise weist die Bilanz im Handel mit technologiearmen Produkten ein globales Saldo auf. Hier wirkt sich aus, daß viele kleine und mittlere Unternehmen mangels ausreichender Innovationsfähigkeit nicht konkurrenzfähig sind, während die Fortschritte in dieser Gruppe in anderen Ländern, auch in Schwellenländern, beträchtlicher ist. Besonders negativ ist das hohe Defizit einzuschätzen, das regelmäßig im Handel mit den Partnern der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Güter mit mittlerem Technologiegehalt (Auto, Grundstoffchemie, nichtelektrische Ma-schinen usw.) auftritt. Daß trotz ständiger Abwertungen des Francs und Aufwertungen der DM keine Besserung eingetreten ist, zeigt das ganze Ausmaß der Konkurrenzschwäche. Was die Direktinvestitionen im Ausland angelangt und damit die Stellung der Multinationalen Konzerne, ist Frankreich in den letzten Jahren eher noch weiter abgesunken. Jedenfalls ist ein deutliches Zurückfallen gegenüber der Spitzengruppe (USA, Großbritannien, Bundesrepublik) festzustellen. Es wurde sogar von den Niederlanden und, seit Ende der siebziger Jahre, auch von Japan überholt. 3. Neue gesellschaftliche Konfliktpotentiale?
Lange schien es, als würde der kurvenreiche Weg der verschiedenen Antikrisenpolitiken endlich doch in die Einbahnstraße eines neuen, auf breiter Zustimmung beruhenden Wachstumsmodells münden, das behaglich mit den Werten der Postmoderne ausgestattet ist. Die alten gesellschaftlichen Konflikte verblaßten, darunter der ehedem alles beherrschende Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit. Die Zahl der wegen Streiks ausgefallenen Arbeitsstunden ging rapide zurück. Auch in Frankreich zeigte die traditionelle Arbeiterklasse unübersehbare Auflösungserscheinungen. Demgegenüber war nicht zu sehen, wo die neuen Konfliktlinien aufbrechen könnten, was kaum verwundert, da das neue Wachstumsmodell gerade erst im Entstehen begriffen ist. Möglicherweise breitete sich nach den vielen „Wenden“ eine bleierne Reformmüdigkeit über das Land. Immerhin war man einem, von der Rechten wie der Linken stets lautstark verkündeten Ziel wenigstens einen kleinen Schritt nähergekommen: dem Abbau der erheblichen Einkommensdisparitäten die allgemein als besonders schwerwiegendes Hemmnis der Modernisierung galten. Andererseits hielt das in Frankreich stark ausgebaute System der sozialen Sicherheit den wachsenden Belastungen stand und erfüllte damit seinen Zweck als Instrument gesellschaftlicher Regulierung
Wie überall mußte aber auch Frankreich seinen Preis zahlen. Nicht zuletzt als Folge der hohen Arbeitslosigkeit, die von der Rechten wie später auch von der Linken als unvermeidbares Produkt der Umstrukturierungen hingenommen wurde, entfaltete sich nun jene „societe ä deux vitesses“, vor der man um 1980 noch gewarnt hatte. Von Anfang an war in Frankreich der Anteil der Jugendlichen unter 25 Jahren an der Arbeitslosigkeit mit über einem Viertel vergleichsweise hoch (höher in der EG nur in Italien). Neue Untersuchungen zeigen, daß unter den Sozialhilfeempfängern, deren Zahl wie in der Bundesrepublik ständig steigt, der Anteil der Jugendlichen überproportional zunimmt Wie anderswo auch verbreitet sich das Phänomen der „Neuen Armut“ als Abfallprodukt der Marginalisierung nicht ausreichend qualifizierter Arbeitskraft. So kommt es, daß immer neue Kategorien von Arbeitslosen unter die Armutsgrenze (= 40% des garantierten Mindestlohnes) absinken. Am unteren Ende der Gesellschaft bildet sich ein Reservoir, dessen Zukunftsperspektiven gleich Null sind.
Aber auch innerhalb der Arbeitsgesellschaft nehmen die Verwerfungen zu. Die Tatsache, daß die Kapitaleigner durch eine sozialistische Regierung massiv begünstigt wurden, hat nicht nur dazu beigetragen, das Ungleichgewicht in den Arbeitsbeziehungen zu vertiefen. Das neue Selbstbewußtsein der Unternehmer erhält insofern zusätzliche Nahrung, als es den Gewerkschaften nicht einmal möglich ist, die reformerischen Ansätze dieser Regierung, nämlich den Aufbau eines auf ausgehandelten Kompromißlösungen beruhenden Modells der Arbeitsbeziehungen, voranzutreiben. Die Anzeichen mehren sich, daß die Unternehmer alles tun, um die Auroux-Gesetze (s. oben), nachdem sie sie widerwillig akzeptiert hatten, zu unterlaufen. Um das zu verhindern, benötigen die Gewerkschaften ein Minimum an Druckpotential, über das sie nicht verfügen. So könnte eine gesellschaftliche Machtverschiebung in Gang kommen, die das Auseinanderklaffen von Unternehmer-und Arbeitnehmerinteressen ständig vorantreibt und damit die restlichen, von der Linken noch einmal ausgebauten sozialen Komponenten des Modernisierungsprozesses bedroht.
Wie die Wahlerfolge der äußersten Rechten (der „Nationalen Front“) zeigten, bildet sich eine Konfliktlinie heraus, die durch rassistische Verhaltensweisen in Verbindung mit sozioökonomischer Deklassierung entsteht. Tatsächlich hat sich ein Teil der traditionellen gaullistischen Klientel (Kleinhändler, Kleinproduzenten, also Restbestände der alten Kleinbourgeoisie), ein Erbe der poujadistischen Bewegung aus den fünfziger Jahren, vom RPR losgesagt und sich selbständig gemacht. In der „Nationalen Front“ sammelt sich eine zweite Gruppe von Verlierern der Modernisierung, die ihre Wut nun gegen die Ausländer als vermeintliche Konkurrenten richtet. Sie will den autoritär-konservativen Staat, der die Gesellschaft „reinigt“ und ihren Interessen dient. Da damit aber die Modernisierung selbst in Gefahr gerät, hat sie wenig Chancen, aus ihrer gesellschaftlichen Randposition herauszukommen.
Die größte Bedrohung der gesellschaftlichen Kohäsion aber resultiert aus der Tendenz zu einem allgemeinen Bedeutungsverlust der intermediären Kräfte (Parlament, Parteien, Gewerkschaften), der von der Rechten wie von der Linken zu verantworten ist, und die Staatsmacht zunehmend unmittelbar mit den Interessen der verschiedenen sozioökonomischen Gruppen konfrontiert. Tatsächlich hat der autoritäre Charakter der Entscheidungsprozesse zugenommen. Auch die Linke hat ihre Reformprojekte (Auroux-Gesetze, Dezentralisierung) nicht als Ergebnis eines Dialogs mit den Betroffenen, sondern auf dem Weg technokratischer Verordnung verabschiedet. Diese Entwicklung ist um so bemerkenswerter, als sie in Frankreich — im Gegensatz zu den USA und zur Bundesrepublik — nicht durch eine populistische Dimension kaschiert wird, die den Trend zur Entpolitisierung der Gesellschaft begleitet.
IV. Die Gegenoffensive der Neokonservativen
Vor diesem Hintergrund versteht sich die erneute „Wende“, wie sie am 16. März 1986 durch den Wahlsieg der Rechten stattgefunden hat. Auf den ersten Blick scheint es, als würde er einen wirklichen „Bruch“ in der Entwicklung der französischen Gesellschaftsformation markieren, den auch die „cohabitation" nicht überdecken kann. Manches spricht dafür. Die traditionelle Rechte hat sich gewandelt: jetzt ist ihr gaullistischer Teil die treibende Kraft auf dem Weg zu einer neuen Etappe der Modernisierung, während es die Giscardisten sind, die bremsend wirken. Die Machtverhältnisse innerhalb der Rechten aus der Zeit des „Experiments Barre“ haben sich also umgekehrt. Nach der Abspaltung der alten Kleinbourgeoisie konnten die Gaullisten um so leichter ihr zweites Standbein verstärken: die enge Bindung an die expansionistisch-modernistischen Teile der Industriebourgeoisie (wie schon unter Pompidou), die ihre Interessen nur verfolgen konnte, wenn es gelang, auch Frankreich in die in allen westlichen Industrieländern (in unterschiedlichen Varianten) praktizierte neokonservativ-neoliberale Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft voll zu integrieren.
Tatsächlich hat die traditionelle Rechte, insbesondere ihre gaullistische Komponente, seit ihrer Niederlage von 1981 einen ideologischen Wandel vollzogen durch die Aufnahme von Elementen aus dem, was man bewundernd als die „amerikanische konservative Revolution“ beschrieb Dementsprechend fiel ihr Programm aus, in dem — im Kontrast zu ihren eigenen früheren Positionen — nun der Rückzug des Staates aus der Wirtschaft (die „Deregulierung“, vor allem in Gestalt der Reprivatisierung), die erforderliche Flexibilisierung der Gesellschaft und das Leistungsprinzip, also die Ungleichheit als eine Art Naturereignis, propagiert wurden. War das endlich der Bruch mit der colbertistischen Tradition Frankreichs?
Die innenpolitische Situation war günstig. Alle Gegenkräfte befanden sich in der Defensive. Eine im übrigen tief gespaltene Linke fand sich bei etwas über 40% der Wählerstimmen in hoffnungsloser Lage wieder. Die Gewerkschaftsbewegung stand mit dem Rücken an der Wand. Mitterrand konnte bremsen, aber nicht verhindern. Gerade die „cohabitation“ zwang zum raschen, entschlossenen Handeln, nicht zuletzt, um die Chancen des Premierministers Chirac für die 1988 ins Haus stehenden Präsidentschaftswahlen so optimal wie möglich zu gestalten. Der Kessel der Lokomotive stand also unter hohem Druck; der konservative Reformzug konnte davonbrausen.
Es ging nun Schlag auf Schlag: Der größte Brokken war zweifellos die Privatisierung von 65 Unternehmen, mit allen Tochtergesellschaften und Filialen insgesamt 1 454 Gesellschaften, die etwa 755 000 Arbeitnehmer beschäftigen. Innerhalb von fünf Jahren soll diese gewaltige Aktion über die Bühne gehen (Gesetz vom 2. Juli 1986). Im einzelnen handelt es sich um 19 Versicherungsgesellschaften, 282 Finanzinstitute und 341 Unternehmen aus dem Industriesektor. Den damit verbundenen Wettransfer aus dem öffentlichen in den privaten Sektor schätzt man auf 300 Mrd. F Weitere Maßnahmen folgten, darunter die Abschwächung der Steuerprogression für Besserverdienende, die Liberalisierung der Preise (ab 1. Januar 1987 fast vollendet), eine weitere Desinflation durch sehr geringe Lohnzuwächse (besonders im öffentlichen Sektor) und schließlich die Lockerung der gesetzlichen Vorschriften bei der Entlassung von Arbeitnehmern — im Kern also eine französische Ausgabe der anderswo auch verfolgten neokonservativen Politik, nur zügiger und für französische Verhältnisse scheinbar einschneidender. Auf diese Weise soll die Gesellschaft endlich so weit homogenisiert werden, wie es zur Durchsetzung des neokonservativen Projekts erforderlich ist. Dennoch wird der anvisierte Bruch durch ein Element der Kontinuität und durch die provozierten Reaktionen gesellschaftlicher Gruppen erheblich abgemildert. Es läßt sich durchaus die These vertreten daß die von der sozialistischen Regierung durchgeführten Nationalisierungen die notwendige Voraussetzung für die Privatisierung geliefert haben. Sie stellen nämlich, wie gezeigt, eine wesentliche Etappe auf dem Weg dar, der zur Marktöffnung der französischen Ökonomie führt. Die Sozialisten haben auf diese Weise die Unterkapitalisierung der Unternehmen beseitigt, ihre Rentabilität verbessert, die nationale Kontrolle der Wirtschaft trotz der Internationalisierungstendenzen garantiert und schließlich ihre Legitimität durch die Auroux-Gesetze gestärkt. Mit anderen Worten: In dieser Phase hat der Staat die Umstrukturierung dadurch ermöglicht, daß er deren Kosten sozialisiert hat, etwa durch den Rückzug aus Branchen, die dem Wettbewerb nicht mehr gewachsen sind. Mehr noch: Nur eine Linksregierung konnte in Frankreich diese Marktöffnung erreichen und die dafür notwendige Veränderung der Wertvorstellungen und Verhaltensweisen in Gang setzen, auch wenn die Linke selbst sich dabei „geopfert“ hat.
Daraus erklärt sich, warum nur eine „sanfte Privatisierung“ (E. Cohen) diesen durch die Nationalisierung eingeleiteten Prozeß vollenden kann. Eine brutale Entnationalisierung, verbunden mit einem allzu massiven Einströmen ausländischen Kapitals und der Abschaffung der Auroux-Gesetze, würde das Erreichte eher in Frage stellen als konsolidieren. Trotz großer Worte sieht es so aus, als würde Chirac den Weg der „sanften Privatisierung“ gehen, damit in der Kontinuität bleiben und so der Versuchung widerstehen, dem Vorbild von Frau Thatcher nachzueifern. Tatsächlich ist 1986 nur ein Großunternehmen (Saint Gobain) recht erfolgreich privatisiert worden, und zwar auf der Basis breit gestreutester Aktien.
Die durch die neokonservative Politik ausgelösten sozialen Konflikte haben eine weitere Grenze gezogen, an der sie sich vorerst den Kopf eingestoßen hat. Wieder, wie schon im Januar 1937, muß eine „Pause“ eingelegt werden. Das empfiehlt sich um so mehr, als es sich um Konflikte neuen Typs handelt. Die Revolte der Studenten und Schüler wie der Widerstand der Eisenbahner (und anderer Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor) weisen erstaunliche Ähnlichkeiten auf In beiden Fällen richtete sich der Protest gegen Maßnahmen der Regierung, die als Bedrohung von Lebens-und Arbeitschancen, also des Gleichheitsgrundsatzes, empfunden wurden: die Verschärfung der Selektion im Ausbildungsbereich und die Veränderung der Lohnskala, indem das Dienstalter durch die Verdienste (wie immer sie festgestellt werden sollten) als wichtigstes Kriterium ersetzt wurde. In beiden Fällen gab es keinen Dialog mit den Betroffenen. In beiden Fällen brach der Aufstand überraschend, spontan und außerhalb der „zuständigen“ Organisationen aus und wurde während des gesamten Verlaufs von der Basis demokratisch selbstbestimmt bis hin zur Entscheidung über die Beendigung, auch wenn mancher versuchte, auf den fahrenden Zug zu springen.
Die Regierung war gezwungen, in den gesellschaftspolitisch relevanten Punkten zurückzuweichen und blieb nur gegenüber den Lohnforderungen hart, weil hier die Substanz ihrer Wirtschaftspolitik auf dem Spiel stand. Dennoch profitierten weder die Oppositionsparteien noch die Gewerkschaften von dem Protest, obwohl er eine außerordentlich mobilisierende Kraft entfaltete und damit anzeigte, daß es sich nicht um ein kurzfristiges, oberflächliches soziales Phänomen handelte. Die Sozialistische Partei vermittelte den Eindruck, daß sie die Vorgänge gar nicht verstehen würde. Es sah sogar so aus, als würde auch sie wünschen, daß die Regierung den Lohnforderungen nicht nachgibt. Der Protest richtete letztlich an beide Lager eine für die Zukunft des französischen Wachstumsmodells zentrale Botschaft: Einmal in Gestalt der Warnung, gesellschaftliche Bedürfnisse zu erkunden, ernst zu nehmen, nicht den ökonomischen „Zwängen“ zu opfern, den Modernisierungskonsens nicht als Vorwand für eine ungerechte Verteilung der Lasten zu mißbrauchen. Sonst würde er Gefahr laufen, zur Fassade zu verkommen, hinter der eine neue Legitimationskrise und schließlich eine Hegemonie-krise des Wachstumsmodells überhaupt ausbricht. Zum anderen in Gestalt einer konkreten Utopie, die Auskunft über die Art und Weise künftiger Konflikte gibt und Parteien, vor allem aber den Gewerkschaften, Anlaß zu neuem Nachdenken geben sollte — einfach deshalb, damit sie für den nächsten Konflikt vorbereitet sind.
Gilbert Ziebura, Dr. phil., geb. 1924; o. Professor für Politikwissenschaft unter Berücksichtigun, der internationalen Politik an der FU Berlin 1964— 1974; an der Universität Konstanz 1974— 1978 seit 1978 an der Technischen Universität Braunschweig. Veröffentlichungen u. a.: Die deutsche Frage in der öffentlichen Meinung Frankreichs von 1911 bi: 1914, Berlin 1955; Die V. Republik. Frankreichs neues Regierungssystem, Köln-Opladen 1960; Die deutsch-französischen Beziehungen seit 1945. Mythen und Realitäten, Pfullingen 1970; Frankreicl 1789— 1870. Entstehung einer bürgerlichen Gesellschaftsformation, Frankfurt 1979; Weltwirtschaf und Weltpolitik 1922/24— 1931. Zwischen Rekonstruktion und Zusammenbruch, Frankfurt 1984.
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