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Nach dem Neokonservatismus der Neoliberalismus?. Neuere politisch-ideologische Strömungen in den USA | APuZ 26/1986 | bpb.de

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APuZ 26/1986 Das deutsche Amerikabild seit der Weimarer Republik Die deutsch-amerikanischen Beziehungen in den Nachkriegsjahrzehnten Nach dem Neokonservatismus der Neoliberalismus?. Neuere politisch-ideologische Strömungen in den USA

Nach dem Neokonservatismus der Neoliberalismus?. Neuere politisch-ideologische Strömungen in den USA

Hans Vorländer

/ 42 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die amerikanischen Neokonservativen haben zwar nachhaltig den öffentlichen politischen Diskurs in konservative Richtung verschoben, sie stellen aber nur den intellektuellen Teil eines umfassenden neuen Gesamtkonservatismus in den USA dar. Neoliberale dagegen versuchen, den „alten“ Liberalismus der New Deal-Koalition neu zu formulieren, um die Demokratische Partei auf nationaler Ebene in Präsidentschaftswahlen wieder mehrheitsfähig zu machen. Die den „alten“ Liberalismus tragende Koalition von ethnischen Minderheiten, Neueinwanderern, städtischer Arbeiterklasse und Ostküstenintelligenz ist aufgrund demographischer und sozioökonomischer Entwicklungen auseinandergebrochen. Diese Lektion ist nach dem überwältigenden Sieg von Ronald Reagan in der Präsidentschaftswahl von 1984 endgültig. Zugleich ist die in den siebziger Jahren gebildete Koalition von Spezialinteressen und Minoritäten nicht mehrheitsfähig. Deshalb versucht eine noch wenig zusammengefügte Gruppe von demokratischen Politikern, Anschluß zu finden an die von der Reagan-Koalition gesetzten konservativen Daten. Im Unterschied zu den neokonservativen Intellektuellen sind Neoliberale jedoch weniger an der Behebung der sozio-kulturellen Sinnkrise durch die Revitalisierung verlorengegangener Werte wie Familie, Religion und calvinistischem Arbeitsethos interessiert, sie versuchen vielmehr die ökonomischen Aspirationen des weißen mittelständischen Wirtschaftsbürgers anzusprechen. Der Schwerpunkt neoliberaler Bemühungen liegt deshalb im ökonomischen Bereich. In Weltanschauungs- und Bürgerrechtsfragen akzeptieren Neoliberale im Unterschied zu Neokonservativen die Wertewandlungen der sechziger Jahre. In der Verknüpfung von sozialkonservativ wirkendem Ökonomismus und weltanschaulich-kultureller Liberalität zu einer neoliberalen Staatsphilosophie („public philosophy“) liegen die — allerdings noch ungewissen — Chancen einer politischen Strategie für die Demokraten. Das „Gary Hart-Phänomen“ des Nominierungsprozesses 1984 zeigt die Möglichkeit einer Umorientierung der Demokratischen Partei für die Präsidentschaftswahlen 1988 an.

Abschied vom Neokonservatismus?

Man muß nicht gleich die Existenz einer Gruppe von neokonservativen Intellektuellen für einen von interessierter Seite gepflegten „Mythos“ halten um Zweifel an Kohärenz, Dauerhaftigkeit und anhaltendem politischen Einfluß des Neokonservatismus anzumelden. Der Anschein spricht gegen die Zweifel, konzentrieren sich doch Medien und wissenschaftliche Abhandlungen seit geraumer Zeit auf die Publizisten, Sozialwissenschaftler und Denker, die — wie es Peter Steinfels im Titel seines Buches nannte — „die amerikanische Politik verändern“ und die — wie es deutsche Kritische Theoretiker formulieren — die Diagnose und Deutung gesellschaftlicher Krisen-phänomene zu einem „Paradigma“ verdichten, das das praktische Handeln politischer Eliten bestimmt Unbestritten ist, daß die amerikanischen Neokonservativen die Parameter der innenpolitischen Diskussion der USA verschoben haben. Sie haben dabei nicht die Politik, jedoch die politischen Legitimations-und Rechtfertigungsmuster zugunsten restaurativ-konservativer Politiken der Reagan-Administration verändert. Eine paradigmatische Generalisierung neokonservativer Positionen aber verfährt zu abstrakt und übersieht so den nur randständigen unmittelbaren politischen Beitrag des Neokonservatismus zur Entstehung des „New Right“, „Moral Majority“ und republikanischen Altkonservatismus umfassenden neuen Gesamtkonservatismus Diese Koalition unterschiedlicher Interessen, Trägerschichten und auch divergierender Deutungen politisch-gesellschaftlicher Wirklichkeit ist durch die Person Ronald Reagans synthetisch verbunden, ohne ihre Integrationsfigur aber auch fragil.

Der Neokonservatismus hat den „Reaganismus“ intellektuell hoffähig gemacht, sozusagen den Brückenkopf für „nervös gewordene Liberale“ gebildet, die durch den Radikalismus von „Neuer Linke“ und „Counter Culture“ konservativ geworden und durch den — vermeintlichen — Mißerfolg der sozialen Programmpolitik der Johnsonschen „Great Society“ enttäuscht worden sind. Die intellektuelle und sozialwissenschaftliche Verarbeitung dieser Erfahrungen zu Krisen-theorien (mit zum Teil sehr kurzer analytischer Reichweite) hat den Neokonservatismus — besonders in der Bundesrepublik Deutschland — attraktiv werden lassen für das Studium der Probleme und Krisen westlicher, spätkapitalistischer bzw. postindustrieller Gesellschaften.

Bei diesem transatlantischen Bemühen um eine allgemeine Theorie westlicher Gesellschaften, das auf die fast analoge Krisendiagnose neokonservativer und kritisch-theoretischer Positionen zurückgreifen kann, wird indes der spezifisch ameri-kanische Kontext der Neokonservativen ausgeblendet. Daß Neokonservative ursprünglich liberale Demokraten im politischen wie theoretischen Sinne waren — und nach dem Selbstverständnis einiger auch heute noch sind —, ließ die Neokonservativen als herausragende Theoretiker einer ausgehenden Epoche erscheinen, die die inneren Widersprüche des liberalkapitalistischen Zeitalters noch einmal symptomatisch abbildeten. Unter dem Gesichtspunkt der politisch-kulturellen Analyse der Entwicklungen der amerikanischen Gesellschaft aber erscheinen die Krisenphänomenologien neokonservativer Theoretiker als transitorische Produkte, die den Bruch des liberalen Konsenses, der die fünfziger Jahre innenpolitisch als sozialliberales Politikmodell und außenpolitisch als bipolaren Systemkonflikt von Demokratie und Diktatur dominierte, rückgängig zu machen versuchen. Insofern ist der Neokonservatismus eine intellektuelle Reaktion, keine politisch bewegende Kraft, ein Krisensymptom gemäß Gramscis Apercu, daß die Krise genau darin besteht, daß das Alte gestorben und das Neue noch nicht geboren ist, und daß während dieses Interregnums eine Reihe von Krankheitssymptomen auftreten

Der Neokonservatismus scheint zumindest von seiner Wertorientierung mehr zur „alten“ Ordnung zu gehören. Sein grundsätzliches Dilemma besteht, wie zu Recht herausgearbeitet worden ist, darin, daß er zugleich den Werten einer organischen, an vormodernen Traditionen orientierten Gesellschaft einerseits und der modernen Produktionsweise des liberalen Kapitalismus andererseits verschrieben ist, die calvinistisches Arbeitsethos, bürgerlichen Wertekanon und identitätsstiftende Institutionen wie Familie, Religion etc. zersetzt hat Jene Werte des Kapitalismus gehören für die Neokonservativen notwendig zur ideologischen Grundausstattung der amerikanischen Gesellschaft. Ihre Wiederherstellung ist notwendig, um die Krise des Amerikanismus zu überwinden.

Für die Neokonservativen ist der Bruch des liberalen Konsenses zugleich die Erschütterung der globalen, aber vor allem auch kapitalistischen Sonderstellung der USA unter den westlichen Industriegesellschaften. Diese Sonderstellung wird als eine besondere liberale Tradition der Vereinigten Staaten gedeutet, die ihren Anfang mit der Revolution von 1776 nimmt und ihre Fortentwicklung zu einer sozialintegrativen und handlungsorientierenden „politischen Philosophie“ in den Jahren nach 1932 erfährt. Liberale Tradition und liberale politische Philosophie bilden das Referenzsystem der Neokonservativen, und zwar in restaurativer Absicht.

Wenn den Neokonservativen nun die Neoliberalen gegenübergestellt werden, so wird damit nicht suggeriert, daß die Neoliberalen die Erben des Neokonservatismus sind. Dazu sind beide Erscheinungen zu verschieden. Allerdings sind die Neoliberalen nicht ohne die Neokonservativen denkbar. Mit noch größerer Berechtigung läßt sich sagen, daß neoliberale Positionen nicht auf der politischen Bühne erschienen wären ohne den Aufflug, den die Reagan-Koalition in zwei Präsidentschaftswahlen hervorgebracht hat, und ohne die grundlegenden politischen, sozialen und ökonomischen Wandlungen der Vereinigten Staaten, die zum einen das liberale Konsensmodell der Nachkriegszeit untergraben, zum anderen die „liberale Philosophie“ des New-Deal-Systems delegitimiert haben.

Was Neoliberale von Neokonservativen hauptsächlich unterscheidet, ist ihr Bemühen, eine politische Antwort auf die liberale Krise und eine politische Strategie aus dieser Krise zu finden. Darüber hinaus aber könnte der Neoliberalismus auch ein Paradigma der postindustriellen Gesellschaft abbilden, das sich nicht im Dilemma des Neokonservatismus verfängt, weil es reformierte liberalkapitalistische Konzepte mit postindustriellen Wertorientierungen verbindet. Während die Neokonservativen Verschiebungen im Werte-gefüge beklagen, werden gerade diese von Neoliberalen akzeptiert. Eine neoliberale politische Philosophie bricht herkömmliche Ideologien und komponiert einen fragmentierten Ideologiehaushalt: ökonomischer Liberalismus, weltanschaulich-kulturelle Liberalität und postmaterielle Wertorientierungen

Wer sind die amerikanischen Neoliberalen?

Es ist fast leichter zu sagen, was der amerikanische Neoliberalismus nicht ist. Der gegenwärtige Neoliberalismus ist weder eine intellektuelle noch eine politische Bewegung. Er wird auch nicht durch eine Partei repräsentiert, er hat kein kohärentes Programm. Die Neoliberalen stellen keine geschlossene Gruppe von Politikern, Journalisten, Intellektuellen oder Wissenschaftlern dar. Die Neoliberalen sind auch keine Fraktion in Senat oder Repräsentantenhaus. Schließlich stehen keine Denkfabriken im Hintergrund, so wie das American Enterprise Institute, die Heritage Foundation, die Hoover Institution oder das Manhattan Institute for Policy Research im konservativ-republikanischen Umfeld. Es gibt auch keine Pendants zu den Hausorganen der Neokonservativen wie „Commentary“, „The Public Interest“ oder — nun — „The National Interest“.

Und doch ist der amerikanische Neoliberalismus kein Artefakt. Er ist, kurz gesagt, der Versuch demokratischer Politiker, den „alten“ Liberalismus der Rooseveltschen New-Deal-Koalition „neu“ zu formulieren, um die Demokratische Partei in Präsidentschaftswahlen wieder mehrheitsfähig zu machen. Die Erfahrung der letzten fünf Präsidentschaftswahlen, bei denen vier Republikaner und nur einmal ein — konservativer — Demokrat (Jimmy Carter) erfolgreich waren, hat verschiedene demokratische Senatoren, Abgeordnete des Repräsentantenhauses und Gouverneure die Schlußfolgerung ziehen lassen, daß die Attraktivität des New-Deal-Liberalismus — und seiner Fortentwicklung durch die „Great Society“ Johnsons — überholt sei und der Liberalismus den „neuen Realitäten“ der achtziger und neunziger Jahre angepaßt werden müsse.

Paul Tsongas, 1978 als der „junior Senator“ von Massachusetts (neben Edward Kennedy) in den Senat gewählt, hatte 1980 erstmals einen „New Liberalism" angemahnt, der sich vom Liberalismus der sechziger Jahre befreien solle. Seine Forderung nach dem Bruch mit dem Liberalismus der Vergangenheit erregte vor allem deshalb öffentliche Aufmerksamkeit, weil der als progressiv geltende Tsongas seine Rede vor dem linksliberalen Forum der „Americans for Democratic Action“ hielt, die durch ihr Engagement in der Bürger-rechts-und Studentenbewegung Protagonisten des nun von Tsongas verfemten Liberalismus der sechziger Jahre waren. Tsongas faßte dann 1981 seine Vorstellungen für einen „New Liberalism“ in einem Buch mit dem programmatischen Titel „The Road From Here. Liberalism and realities in the 1980s“ zusammen, verzichtete aber 1984 aufgrund einer schweren Krankheit auf die Wiederwahl als Senator und zog sich aus der aktiven Politik zurück

Der Erfolg Gary Harts

Auftrieb erhielt der „neue“ oder Neoliberalismus als politische Kraft erst 1984, als sich der demokratische Senator Gary Hart aus Colorado um die Nominierung zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten gegen Ronald Reagan bewarb und für einen Überraschungssieg zuerst in den New-Hampshire-Vorwahlen, dann in weiteren „primaries“ gegen den großen Favoriten — und schließlichen Kandidaten — Walter Mondale sorgte. Gary Hart, bis dahin ein unbeschriebenes Blatt in der Bundespolitik, trat als frischer, unverbrauchter, mit seinen Cowboystiefeln und seinem mediengerechten Appeal im Habitus Ronald Reagan nicht unähnlicher Kandidat auf und reklamierte „neue Ideen“ für die Demokraten. Dieser Slogan der „new ideas“ und die Aura des himmel-stürmenden Außenseiters machten Gary Hart zum ernsthaften Herausforderer eines Walter Mondale, der schon vor dem Nominierungsprozeß die ausdrückliche Unterstützung der Gewerkschaften erhalten hatte und als langjähriger Parteipolitiker aus der Democratic Farmer-Labor-Party Minnesotas genau jenen Stil des interessengruppengebundenen Politikers „altliberalen“ Zu-schnitts verkörperte, den Gary Hart mit seinem Motto der „new ideas“ verabschieden wollte. Mondale war der „alte“ Liberale, Hart konnte als „Neuliberaler“ vor allem junge und aufstiegsorientierte Wähler (die „Yuppies“ = Young Urban [Upwardly Mobile] Professionals) für sich gewinnen.

Daß Mondale die demokratische Kandidatur erlangte, lag zum einen daran, daß die demokratischen Nominierungsregeln Mondale als Kandidaten der Koalition aus Gewerkschaften, Farmern und anderen Interessengruppen gegenüber einem Außenseiter wie Hart eindeutig bevorzugten (die Zahl der Wahlmännerstimmen war proportional höher als der Anteil der Wählerstimmen in den Primaries). Zum anderen aber stellten sich auch die mangelnde Erfahrung und offensichtliche Substanzlosigkeit Harts heraus, als dieser auf die in einer Fernsehdebatte von Mondale gestellte der Werbung einer Hamburger-Kette entnommenen Frage nach dem Inhalt seiner „neuen Ideen“ — „where is the beef?“ — keine Antwort zu geben wußte. Der von den Medien nach dem Coup von New Hampshire wesentlich mit aufgebaute Hart wurde schließlich von den Medien in seiner Solidität auch wieder demontiert, weil die von ihm vollzogenen Geburtsdatums-, Namens-und Unterschriftenänderungen zu Charakterschwächen des Kandidaten aufgebaut wurden, die Zweifel an seiner Befähigung, ein so verantwortungsvolles Amt wie das des Präsidenten bekleiden zu können, aufkommen ließen

Wichtig an Harts Primary-Wahlkampf war nicht, daß er letzten Endes erfolglos blieb. Langfristig bedeutender war die Tatsache, daß das „HartPhänomen“ überhaupt so erfolgreich sein konnte. Es hat den Schwächezustand der Demokraten bloßgelegt, zugleich aber auch Mittel zur Remedur aufgezeigt. Erste offensichtliche Folge ist, daß Gary Hart nach dem Verzicht Edward Kennedys auf eine Präsidentschaftskandidatur 1988 als derzeitiger Favorit für die Nominierung zum demokratischen Kandidaten gilt. Die Absichtserklärung Harts vom 4. Januar 1986, nicht eine dritte Amtszeit im Senat zu suchen, bestätigt die vorher schon offenkundigen Ambitionen, sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten zu bewerben.

Zweitens hat Hart in seinen Primary-Wahlkämpfen eine Attraktivität fürjunge, aufsteigende, ökonomisch gut situierte Wähler offenbart, die den Demokraten verlorengegangene Wählergruppen zurückgewinnen kann. Mondale hat ein Drittel der Hart-Wähler nicht für sich mobilisieren können. Sie haben in der Präsidentschaftswahl am 6. November 1984 für Ronald Reagan gestimmt. Jene Wählerschicht, die Reagan aus ökonomischen Gründen gewählt hat, aber mit seinen Positionen in bürgerrechtlichen und sozialen Weltanschauungsfragen (Abtreibung, Religion, Minoritäten etc.) nicht übereinstimmt, läßt sich in Werte-orientierung und Wahlverhalten als neoliberal bezeichnen und stellt deshalb für neoliberale Politik-richtungen innerhalb der Demokratischen Partei ein bevorzugt umworbenes Wählerpotential dar.

Schließlich hat Hart mit seinem Anspruch, „neue Ideen“ einer „neuen Generation“ zu vertreten, zugleich die Machtansprüche einer neuen Generation von demokratischen Politikern angemeldet, die im Begriff ist, die durch New Deal oder Great Society geprägten Demokraten vom Schlage eines Thomas P. („Tip“) O’Neill (dem im November 1986 scheidenden Sprecher des Repräsentanten-hauses) und eines Edward Kennedy abzulösen. Jene jüngeren Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses sind zumeist in den Jahren nach 1940 geboren, gehören zur sogenannten „Baby Boom Generation“, wuchsen in den fünfziger Jahren auf, sind Kinder der Nachkriegsprosperität und haben einen sicheren mittelständischen Wohlstandshintergrund. Ihre politische Sozialisation vollzog sich in den sechziger Jahren. Von entscheidendem Einfluß waren entweder John F. und Robert Kennedy oder der Vietnam-Krieg und die drei großen Bewegungen der sechzigerJahre: die Antikriegs-, die Bürgerrechtsund die Frauenbewegung. Zu dieser neuen Generationsgruppe demokratischer Politiker, aus der heraus neoliberale Positionen entwickelt werden, gehören neben den schon genannten die Senatoren Paul Simon aus Illinois, John D. Rockefeller 4th aus West Virginia, Albert Gore Jr. aus Tennessee, Christopher J. Dodd aus Connecticut, Max Baucus aus Montana, Dale Bumpers aus Arkansas, Joseph D. Biden aus Delaware und John F. Kerry aus Massachusetts (der in Vornamen und Aussehen an John F. Kennedy erinnert und 1984 als Nachfolger Tsongas in den Senat gewählt worden ist). Von den Abgeordneten des Repräsentan-tenhauses ist vor allem Richard A. Gephardt aus Illinois zu nennen. Aus dem Kreis der Gouverneure lassen sich zu dieser Gruppejüngerer, „neoliberaler“ Demokraten die ehemaligen Gouver-neure von Arizona und Virginia, Bruce Babitt und Charles R. Robb, sowie Bob Graham (Florida), Bill Clinton (Arkansas) und Michael S. Dukakis (Massachusetts) rechnen.

Themen der Neoliberalen

Neoliberale Politiker und Positionen werden an machtpolitischem Gewicht zunehmen. Damit werden auch die ideenpolitischen Neuansätze deutlicher. Bislang waren inhaltliche Positionen nur sporadisch und vereinzelt besetzt worden. Gary Hart etwa hatte sich für eine Militärreform (allgemeine Wehrpflicht und Änderung der Beschaffungspolitik des Pentagon) eingesetzt und damit das von den Demokraten nach dem Vietnam-Desaster tabuisierte Thema der nationalen Verteidigung wieder aufgegriffen. Bill Bradley und Richard Gephardt hatten einen Steuerreformplan vorgelegt, der in seinem Zuschnitt (Vereinfachung und Reduzierung der Steuersätze) die steuer-und wirtschaftspolitischen Schwerpunkte der Demokraten neu zu bestimmen suchte. Paul Tsongas hatte mit den Schlagworten von „compassion“ (Mitgefühl) und „realism" die Richtung liberaler Diskussion angeben und die Verbindung traditioneller demokratischer Werte und neuer politischer Realitäten herausstellen wollen. Aber zu einer intensiven und kohärenten öffentlichen Diskussion über eine Neuorientierung der Politik der Demokraten war es bis zu den Wahlen des Jahres 1984 nicht gekommen. Der überwältigende Sieg Reagans hat jedoch einen Diskurs über die politische und ideelle Rekonstruktion der Demokratischen Partei in Gang gesetzt, der aus dem Schatten einer randständigen Diskussion in der Zeitschrift „Washington Monthly" herausgetreten ist und nun sowohl die „liberale“ Tagespresse der Ostküste („New York Times“, „Washington Post“, „Boston Globe") als auch die einflußreichen Magazine wie „The New Republic“, „The Atlantic“ und „Esquire“ umfaßt. Neoliberale Themen erfreuen sich damit zum ersten Mal größerer publizistischer Verbreitung

Dabei wird deutlich, daß „Neoliberalismus“ mehr bedeutet als eine instrumentelle Wählermaximierungsstrategie. Im Kontext der amerikanischen Innenpolitik und der sogenannten amerikanischen liberalen Tradition werden Konturen, Absichten und Stellenwert einer „neuen“ liberalen Politikrichtung deutlich, die — von außen betrachtet — so neu nicht ist, gliedert sie sich doch in ihrer ökonomischen Schwerpunktsetzung in den kapitalistischen „mainstream“ der Vereinigten Staaten ein, wobei aber postindustrielle Nuancen der Wertorientierung durchschimmern, die sie von neokonservativen Positionen wieder unterscheiden: 1. Neoliberale wollen Anschluß finden an die zentralen Werte des amerikanischen Mittelstandes (Leistung, Erfolg, Familie etc.). Nach ihrer Auffassung ist der Verlust an Wählern aus dem weißen Mittelstand die Ursache für die Niederlagen in vier der letzten fünf Präsidentschaftswahlen. * 2. Dieser Wählerverlust ist nach ihrer Ansicht darauf zurückzuführen, daß die traditionelle Politik der Demokraten an speziellen Interessengruppen (Gewerkschaften, Farmer, Minderheiten wie Schwarze, Hispanics, Homosexuelle und Frauen-bewegung) orientiert gewesen sei, die aufgrund sozioökonomischer Strukturwandlungen nicht mehr den „mainstream“ der amerikanischen Gesellschaft verkörpern.

3. Des weiteren seien die traditionellen Instrumente der Politik der Demokraten staatszentriert gewesen. Mit staatlichen Programmen wurden Sozialversicherungen und staatliche Wirtschaftsstimulantien geschaffen (New-Deal-Politik) und der Kampf gegen die Armut geführt (Great-SocietyPolitik). Staatliche Programme aber hätten die Demokraten zur Partei des Geldausgebens und der Interessengruppen werden lassen. Dieser „Interessengruppen-Liberalismus" sei das Gegenstück zu „big government“. Big Government aber bedeute Zentralisierung und Regulierung. Nach der Etablierung des Wohlfahrtsstaates gebühre nun der „Befreiung des Unternehmers“ die Priorität demokratischer Politik. 4. Der Schwerpunkt der Politik der Demokraten muß sich deshalb nach Ansicht der Neoliberalen von der Sozialpolitik auf die Ökonomie verlagern. Ökonomisches Wachstum, freies Unternehmertum und Modernisierung veralteter Industrien durch gezielte Industriepolitik sind die Ziel-größen. e 5. Voraussetzung einer neu zu orientierenden Politik der Demokraten sei die Loslösung von traditioneller Klientel und sozialliberal orientierter Politik der Vergangenheit. An die Stelle des „alten“ Liberalismus und seiner politischen Repräsentanten müsse nun ein Neoliberalismus treten.

Neoliberale und Neokonservative — Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Eine neue politische Agenda der Neoliberalen stößt unweigerlich auf die Kritik der „alten“ Liberalen und der bislang angesprochenen Interessengruppen. Arthur Schlesinger Jr. etwa — Historiker und Chronist des Liberalismus von Roosevelt bis Kennedy und Johnson — hält den neuen Liberalen vor, daß sie der Reaganschen Politik nach-liefen, den von den Republikanern gesetzten konservativen Rahmen unkritisch akzeptiert, in die Kassandrarufe gegen das „big government“ eingestimmt, den unregulierten Markt als Problemlösungsinstrument wieder hoffähig gemacht und die aufgeblähten Militärbudgets gutgeheißen hätten. Ganz ähnlich bemerkt Victor Navasky von der traditionell linksliberalen Zeitschrift „The Nation“, daß die Neoliberalen in ihrer Liebe zu den großen Konzernen — die den politischen Prozeß dominierten, die Tagesordnung des Kongresses bestimmten und die Verträge mit dem Pentagon festsetzten — das politische Mitgefühl mit den Armen und den Minderheiten verloren hätten.

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums begegnet der Nestor des amerikanischen Neokonservatismus, Irving Kristol, dem Präfix-Zwilling Neoliberalismus mit großer Sympathie und rät an, gemeinsame Sache zu machen. Kristol versteht die Bindung der Demokraten an die Gewerkschaften ohnehin als „anachronistisch“ und denunziert das Eintreten für Minderheitenrechte als „bohemienhaft“ Sind Neoliberiale und Neokonservative miteinander verwandt? 1. Der amerikanische Neokonservatismus ist vor allem eine intellektuelle Bewegung, die sich um kultursoziologische und außenpolitische Fragen gebildet hat. Der Neoliberalismus hingegen ist eine noch unstrukturierte Ansammlung von Politikern und politischen Positionen mit einer eindeutigen ökonomischen Zielrichtung. Der Neoliberalismus hat kein explizites Interesse an kultursoziologischen Fragestellungen wie etwa der Rolle der Religion zur Reintegration und Stabilisierung kapitalistischer Wertorientierungen (Kristol, Daniel Bell) 2. Auch das Verhältnis zur Außenpolitik ist für die Neoliberalen eher eine Frage des nüchternen Kalküls als des moralischen Impetus. Sie sind nicht durch den Kalten Krieg der fünfziger Jahre geprägt, der zahlreiche Neokonservative ihre ehemals sozialistisch-trotzkistische oder linksliberale Haltung wenden ließ Die Neoliberalen sehen aber auch nicht mehr — wie die Liberalen der Anti-Kriegsbewegung der sechziger Jahre — das amerikanische Engagement in Vietnam als Hinderungsgrund einer im nationalen Interesse einer Supermacht liegenden „kraftvollen“ Verteidigungspolitik an. Nur sind die Neoliberalen zu kühle Pragmatiker, als daß sie wie die republikanischen Falken zur Jagd auf das sowjetische „Imperium des Bösen“ blasen würden. Dem entspricht auch ihre eher zurückhaltende wie realistische Einschätzung einer den Interessen der USA adäquaten Außenpolitik gegenüber Mittel-und Lateinamerika. Sie teilen also nicht die neokonservative Weitsicht einer von der Sowjetunion aggressiv vorangetriebenen und von den USA zu begegnenden Globalisierung des Ost-West-Konfliktes. Die von Tsongas geforderte Anpassung an die „neuen Realitäten“ heißt hier die machtpolitische Einstellung auf die Gleichrangigkeit einer zweiten Supermacht

Neokonservative wie auch Neoliberale sind beide keine Isolationisten. Während jedoch die Neokonservativen wegen ihrer aus den Zeiten des Kalten Krieges stammenden bipolaren Weitsicht als konfrontative Internationalisten mit einer Tendenz zum aggressiven Interventionismus (Kristol, Jeane Kirkpatrick) zu bezeichnen sind lassen sich Neoliberale als Anhänger eines Konzeptes des kooperativen Internationalismus ansehen. Sie setzen auf internationale Verfahren der Konfliktlösung, halten die Mitarbeit in internationalen Organisationen für unverzichtbar und sind — nicht zuletzt um die amerikanische Reindustrialisierung zu forcieren — für Freihandel, internationalen Wettbewerb und gegen Protektionismus. 3. Der deutlichste Unterschied zwischen neokonservativen und neoliberalen Politikpositionen liegt im Bereich der Bürgerrechtsfragen und der sogenannten „social issues" (Schwangerschaftsabbruch, Schulgebet, Rolle der Religion im öffentlichen Leben, Rolle der Frau, Pornographie). Neoliberale sind werteliberal. Sie haben ihre politisch formativen Erfahrungen in den sechziger Jahren gemacht; Rechte von Minderheiten und Erfolge der Frauenbewegung sind für sie allgemein akzeptiert. Die von der neuen Reagan-Administration und insbesondere vom erzkonservativen Justizminister Edwin Meese vorgetragenen Anstrengungen, Quoten-und „affirmative action" -Regelungen für Minderheiten zu Fall zu bringen, teilen Neoliberale, anders als Neokonservative, nicht Erst recht haben sie nichts gemein mit dem Wertekonservatismus der „New Right“ und der fundamentalprotestantischen, von ländlich-südstaatiichen und unteren Mittelschichten getragenen Bewegung der „Moral Majority“. Sie wehren den Versuchen, das Schulgebet im Klassenzimmer wieder obligatorisch werden zu lassen oder die in gleicher Absicht geforderte „Schweigeminute in den Schulen einzulegen. Sie sind gegen ein generelles Verbot der „Pornographie“. Andererseits sind Neoliberale aber bereit, Beschlüssen von Gemeinden, die etwa den Verkauf von „Männermagazinen“ untersagen, Rechnung zu tragen. Hier fühlen sich Neoliberale der amerikanischen Tradition der „neighborhood democracy“ sehr stark verpflichtet, sind also eher als „alte“ Liberale bereit, einen, gesamtstaatlich betrachtet, unterschiedlichen Liberalisierungsgrad von gesellschaftlichen Normen hinzunehmen.

Wenn Neoliberale auch kein (neo-) konservatives Roll-back in Bürgerrechts-und sozialen Weltanschauungsfragen befürworten, so können sie aber auch nicht als Förderer von Minderheitenrechten angesehen werden, wie es die Demokratische Partei — zumindest ihr Ostküstenteil — noch in den sechziger Jahren gewesen ist. Der Etikettierung als „McGovernites" wollen sie entgehen. Der demokratische Präsidentschaftskandidat von 1972, George McGovern, galt als der Kandidat der Minoritäten-Gruppen innerhalb der Partei; er mußte gegen Nixon eine vernichtende Wahlniederlage hinnehmen. Sein Name wird seitdem von konservativen Republikanern benutzt, um die Demokraten als Klientel-Partei von Minderheiteninteres sen hinzustellen. Um dieser politisch wirksamen „Verdächtigung“ zu entgehen und das Image eines zentristischen, um die Belange mittelständischer Vorstadt-Wählerschichten bemühten Politikers zu bestärken, hat beispielsweise der 1986 zur Wiederwahl anstehende „neoliberale“ Gouverneur von Massachusetts, Michael Dukakis, homosexuellen Paaren das Sorge-und Adoptionsrecht für Kinder entzogen, das das als „liberalster“ Bundesstaat der USA geltende Massachusetts der in Boston stark öffentlich in Erscheinung tretenden „gay community“ gewährt hatte. 4. Nicht nur amerikanische Neokonservative verweisen als Grundbedingung demokratischen Regierens in Massengesellschaften auf eine nichtpolitische Rahmenkategorie des Politischen: die Transzendenz Die Integration der Gesellschaft, die Regierbarkeit in der Demokratie und die Ethik des Kapitalismus seien ohne sinnstiftende und verbindende Religion nicht möglich. Doch amerikanische Neokonservative können für diesen Zusammenhang auf bis heute lebendige religiöse Traditionen, auf den puritanisch-gemeindlichen Ursprung Neu-Englands, aber auch auf die fortdauernde, schon von Tocqueville veranschlagte „religion civile“ und die Persistenz des fundamentalprotestantisch orientierten „Amerikanismus“ verweisen

Amerikanische Neoliberale bemühen nicht die Religion; ihnen geht es nicht um die „Wiederkehr des Heiligen“ Sie wollen dort, wo sie über ihr enges ökonomisches Anliegen hinaustreten, die republikanisch-kommunitäre Tradition Amerikas als einigendes und verbindendes Prinzip der amerikanischen Gesellschaft wiederbeleben Der im gegenwärtigen Amerika vorherrschenden, von links wie rechts beklagten von der Reagan-Administration aus ökonomischen Gründen aber hoffierten sozialen Maxime wirtschaftlichen Ei-gennutzes und individuellen Hedonismus versuchen die Neoliberalen eine „Vision“ von „community“ und „nationalem Interesse“ entgegenzustellen. Dieser Ansatz entspringt aber im Gegensatz zu neokonservativen Positionen nicht der Klage über den Verlust der Religion als sozialer Bezugs-und Kompensationsgröße für das verlorengegangene Gemeinschaftsgefühl. Neoliberale würden eher die funktionelle Expertokratie von staatlichen Programm-Agenturen und Interessengruppen, also das Zusammenspiel von Interessengruppen-Liberalismus und „big government“, für den Verlust von nationaler Idee und Öffentlichkeit verantwortlich machen

Die Vorstellungen einer gemeinsamen nationalen „Vision“ nehmen dort gedanklich konkretere Formen an, wo die aus dem puritanischen Kongregationalismus stammende „neighborhood democracy“ oder die aus der republikanisch-humanistischen Tradition und den Bürgerrechtsbewegungen der sechziger Jahre entnommene Konzeption der Bürgerbeteiligung (participation) oder der Arbeitermitbestimmung (worker participation) angemahnt wird. Diese Formen kommunitärer oder ökonomischer Demokratie stimmen mit der Forderung nach Dezentralisierung politischer Artikulations-und Entscheidungsebenen („weg von Washington“ als der Hauptstadt des „big government“) zusammen.

Diese Vorstellungen sind indessen mikropolitische Ersatzstrategien für das bisherige Fehlen einer „großen“ makropolitischen „Vision“, die eine Alternative zum vordergründigen, rhetorisch brillant inszenierten nationalen Patriotismus der Reagan-Republikaner darstellen könnte. Der den „alten“ Liberalen zugerechnete Mario Cuomo, nach Meinungsumfragen zur Zeit der ernsthafteste Konkurrent Gary Harts um die Präsident-Schaftskandidatur 1988, hat hier einen Vorsprung gegenüber den Neoliberalen. Der charismatische und rhetorisch beeindruckende Gouverneur des Staates New York konnte schon 1984 in seiner viel bewunderten Rede auf dem Nominierungskonvent der Demokraten in San Francisco mit einem Visionsangebot aufwarten: „America: The Great Family.“ Dieser Slogan eines „Altliberalen“ ist deshalb besonders geschickt gewählt, weil er im Gegensatz zur abstrakten „Great Society“ -Formel Johnsons die konservativen Träger traditioneller amerikanischer (Familien-) Werte anspricht. Und noch ein weiteres Problem stellt sich für die Neoliberalen. Sie müssen nachweisen, wie sich ihr Community-Anspruch mit dem von ihnen verfolgten Konzept der „Befreiung“ der Unternehmergesellschaft vereinbaren läßt. Schließlich liegt das Schwergewicht neoliberaler Anstrengung auf dem ökonomischen Thema.

5. Das Zielbild neoliberaler Wirtschaftspolitik ist alt: wiederbelebter Unternehmerkapitalismus und Reindividualisierung der „society of opportunity“. Im Gegensatz zu den „alten“ Liberalen wollen Neoliberale keine Umverteilung. Insofern fallen die Neoliberalen in die liberalkapitalistische Tradition der USA zurück und stimmen mit den Republikanern überein. Doch die Instrumente unterscheiden die Ansätze neoliberaler Wirtschaftsphilosophie von den „Reaganomics“, die de facto keinen wirtschaftspolitischen Purismus, sondern eine Mischung aus Fiskalkonservatismus, Monetarismus, konservativer Klientelpolitik und „military Keynesianism" darstellen.

Neoliberale haben von Vorstellungen einer keynesianisch gesteuerten Nachfragepolitik Abschied genommen, ohne zu Anhängern einer reinen angebotsorientierten Wirtschaftspolitik zu werden. Sie verstehen sich eher als Theoretiker eines „supply-side liberalism", der qua Steuerpolitik Forschungs-und Investitionsanreize setzt, andererseits aber durch effektives Staatshandeln die Reindustrialisierung der amerikanischen Wirtschaft befördert. Damit teilen sie nicht den Neolaisser-faire-Kapitalismus der Konservativen, der allein über private Akkumulation und nach den „Gesetzen des Marktes“ die Ökonomie steuern will.

Neoliberale beziehen sich auf Schumpeter, der Innovation über die Risikobereitschaft der Unternehmer sichergestellt sieht. Zugleich üben die Neoliberalen Kritik an unternehmerischer Unbeweglichkeit und Unfähigkeit des Managements großer Konzerne. Die Manager seien in ihrem ökonomischen Verhalten an der Erzielung kurzfristiger Profite orientiert, ohne mittelfristig und innovativ zu planen. Lester Thurow, Pate neoliberaler Wirtschaftstheorien und Ökonom am Massachusetts Institute of Technology, hat die Politik der kurzfristigen Profitmaximierung bei gleichzeitiger Stagnation der gesamtwirtschaftlichen Produktivität ein „Nullsummenspiel“ genannt. Robert Reich, Harvard-Ökonom, plädiert aus eben diesen Gründen für eine gezielte Industriepolitik, die — anders als Reagans „versteckte“ Industrie-politik qua Haushaltsdefizit, Steuerreform und Verteidigungsausgaben — den Modernisierungsund Wandlungsprozeß veralteter Industrien sowie die Anpassung der Arbeitskräfte abstimmt und die Produktivität stimuliert

Damit soll nach neoliberaler Auffassung aber kein planender Staat geschaffen werden. Gerade der über Programme und Agenturen eingreifende Staat des „alten“ Liberalismus wird abgelehnt. Die Rolle des „government" wird auf die Formulierung einer Industriepolitik und die Förderung einer effektiven Bildungsinfrastruktur beschränkt. Die Reindustrialisierung soll nicht „von oben“ implementiert, sondern in „Kooperation“ von Wirtschaft, Arbeit und kommunaler oder einzelstaatlicher Politik programmiert und umgesetzt werden Damit kommen neoliberale Wirtschaftsinstrumentarien einem dezentralen Korporatismus-Modell nahe

Neoliberale — wie auch Neokonservative — beziehen sich immer wieder auf das liberale und kapitalistische Credo, das dem Amerikanismus, der amerikanischen Ideologie und Tradition, in* härent sei. Der Neokonservatismus sieht sich als Verteidiger einer politischen und gesellschaftlichen Nachkriegsordnung, die fest in der liberalen Tradition verankert sei. Dabei sind Neokonservative nach ihrem Selbstverständnis „New-Deal-Liberale“; ihre Diagnose des Staatsversagens in den sechziger und siebziger Jahren hat sie jedoch zu Skeptikern von sozialstaatlichen Instrumentarien eben dieses New-Deal-Liberalismus werden lassen. Wo ist also der Platz der Neoliberalen in der „liberalen Tradition“ der USA?

Der Neoliberalismus und die amerikanische liberale Tradition

Der amerikanische Neoliberalismus setzt sich von einem „alten“ Liberalismus ab, der seine Prägung in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts erfahren hat. Daneben bezieht sich das Beiwort „liberal“ aber auch auf die Kennzeichnung der politischen Kultur Amerikas, der politischen Tradition der Vereinigen Staaten. Der Liberalismus der dreißiger Jahre, begrifflich von Franklin D. Roosevelt „erfunden“ und zum Terminus „New Deal Liberalism" geprägt, stellt für manche Historiker und Sozialwissenschaftler die Abweichung von einer ansonsten durchgängig andersgearteten liberalen Tradition dar. Vielfach auch wird der New-Deal-Liberalismus als das amerikanische Äquivalent zum europäischen Sozialdemokratismus, die Demokratische Partei der Vereinigten Staaten dann als die amerikanische Sozialdemokratie angesehen. Nach dieser Sicht wäre dann der „neue“, der Neoliberalismus wiederum die Abkehr von sozialdemokratischer Politik und die Rückführung liberaler Politik auf die eigentliche „liberale“ amerikanische Traditionslinie. Schließlich fordern Tsongas, Kerry und andere Neoliberale ja die Demokratische Partei auf, sich dem amerikanischen „mainstream“ wieder anzupassen.

Schon Tocqueville hatte vor über 150 Jahren im Hinblick auf die USA bemerkt, daß sich das Land der Früchte der in Frankreich und Europa „geschehenen demokratischen Revolutionen erfreut, ohne daß es diese Revolution durchgemacht hat“ Die Vereinigten Staaten wurden als bürgerliche Gesellschaft geboren. Es gab in den Kolonien keine Feudalgesellschaft nach europäischem Muster, die durch eine bürgerliche Revolution hätte überwunden werden müssen. Auch der Prozeß der Loslösung vom englischen Mutterland, von manchen Historikern als die eigentliche Revolution betrachtet, verursachte nicht erst die Entwicklung zu einem modernen bürgerlichen Staat, sondern setzte sie fort und schloß sie zum Teil ab, indem sie vereinzelte feudale Relikte konsequent abschaffte und wesentlich zur Durchsetzung kapitalistischer Produktionsmethoden beitrug Diese Einmaligkeit der Entstehung einer bürgerlichen (weißen) amerikanischen Gesellschaft und der Etablierung eines Freiheit und Eigentum schützenden demokratischen Staates ohne Revolution hat den Historiker Louis Hartz zu der These geführt, daß die USA die „liberale Tradition“ schlechthin verkörperten. Die Vereinigten Staaten seien eine weithin ideologiefreie Gesellschaft, dafür aber repräsentierten sie eine Ideologie: die des Liberalismus. Die amerikanische politische Kultur leite sich von Locke ab, sie sei eine „Lockesche Massenbewegung“. Eigentum und freies Unternehmertum, ökonomischer Individualismus und Wettbewerb wurden ganz folgerichtig von Richard Hofstadter als die amerikanischen Glaubenssätze bezeichnet.

Die „ökonomischen Tugenden einer kapitalistischen Kultur“ bildeten den von allen politischen und philosophischen Traditionen — und den Männern, die sie prägten — geteilten Wertekanon Die tiefe Verankerung und die über zwei Jahrhunderte fortdauernde Gültigkeit des amerikanischen besitzindividualistischen Liberalismus als Muster von Selbstinterpretation und politischer und privater Handlungsorientierung ist eine Konstante, die das ökonomistische Credo der USA geprägt hat. Mit „America’s business is business“ hat Präsident Calvin Coolidge diesen „mainstream“ auf den Begriff gebracht; er ist bestimmend gewesen von den Verfassungsberatungen vor nunmehr knapp 200 Jahren bis zur aktuellen Reaganschen Wirtschaftspolitik, von den ersten Plantagen bis zu den Hochtechnologieparks in Kaliforniens Silicon Valley und an Bostons Route 128. Natürlich hatte und hat ein so extrem individualistischer Liberalismus eine libertär-politische Implikation, die ihn auch vom europäischen — und besonders deutschen — Liberalismus unterscheidet: Dieser Liberalismus ist antietatistisch, er setzt auf Selbsthilfe und Selbstorganisation. Schon Tocqueville hatte die vielen freien Assoziationen beschrieben; Bürgerrechtsbewegungen und Nachbarschaftsinitiativen sind noch heute Ausdruck eines lebendigen „Graswurzel“ -Liberalismus. Und auch die unter den Regierungen Carter und Reagan wiederauflebenden Stimmungen und Bewegungen gegen das „big government“ und gegen „Washington“ als den Ort „zentralisierter staatlicher Bevormundung“ sind nicht nur als konservative oder neoliberale Kürzungsstrategien von bundesstaatlichen Sozialprogrammen zu Lasten der Ärmsten oder als Steuerrevolten des prosperierenden Mittelstandes zu deuten, sondern sie sind auch als aktualisierte Manifestationen traditionellen Mißtrauens gegenüber „zuviel Staat“ zu verstehen, was wiederum Kürzungen des Sozialstaates legitimierbar macht. Schließlich ist es dieser individualistische, ins Libertäre tendierende Liberalismus, der — zusammen mit dem kapitalistischen Erfolg(smythos) und der mittelstandsorientierten Politik — Sozialismus und sozialistische, ja ebenfalls sozialdemokratische Parteien zu „ausgeschlossenen Alternativen“ der amerikanischen politischen Kultur macht

Wenn die Neoliberalen sich gegen den „alten“ Liberalismus plazieren, meinen sie nicht diesen, im europäischen Kontext der Liberalismus-Ent-Wicklung„klassisch“ genannten politischen wie ökonomischen Individualliberalismus. Mit dem „alten“ Liberalismus meinen sie vielmehr jene Transformation, die Roosevelt in den Jahren der Depression nach 1932 einleitete und teils in Anlehnung an den „New Liberalism" der englischen Liberalen Partei der Jahrhundertwende, teils um das durch die amerikanische „Progressive Bewegung“ nach 1900 schon besetzte Adjektiv „progressiv“ zu vermeiden, „New Deal Liberalism“ nannte Dieser heute so bezeichnete „alte“ Liberalismus war — bezogen auf die amerikanische politische Tradition — aber ein „neuer“, sozialer Liberalismus.

Roosevelt führte den Terminus Liberalismus zum ersten Mal in die politische Umgangssprache ein, um damit seine neue nationale Politik zu kennzeichnen, die mit staatlicher Hilfe aus der Depression und Arbeitslosigkeit herausführen sollte. Es war dies die erste Periode bewußter Ideologisierung von Politik mittels eines „europäischen“ Richtungsbegriffs und zugleich die einzige Periode klassenmäßig gespaltener politischer Landschaft in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Bewußt nannte Roosevelt seine Politik nicht Sozialismus oder sozialistisch, ein solches Etikett hätte nicht der amerikanischen Tradition entsprochen. Selbst die Kennzeichnung seiner Politik nimmt mit dem Begriff des „New Deal“ die ökonomischen Aspirationen des Landes auf und fügt sie, für die nächsten dreißig Jahre der amerikanischen Innenpolitik prägend, mit einem sozialliberalen Politikverständnis zusammen.

Der Soziale Liberalismus des Rooseveltschen „New Deal“

Roosevelts Programm des New Deal wich insofern vom bislang dominanten Individualliberalismus ab, als es die Idee der Gleichheit zum expliziten Ausgangspunkt der Politik machte. Es war aber kein egalitärer Sozialismus, den Franklin D. Roosevelt realisieren wollte. Er blieb im ideenpolitischen Rahmen des Liberalismus, veränderte le-diglich die individualistische Schieflage des ökonomischen Liberalismus in sozialer Richtung. Die im sogenannten „güldenen Zeitalter“ nach dem Bürgerkrieg bis in die 1920er Jahre erfolgte Konzentration von Kapital in großen Konzernen bei gleichzeitiger Proletarisierung großer Massen machte den amerikanischen Traum des self-madebusinessman zu einer hohlen Illusion. Zudem stand der einzelne Arbeiter ohne Verhandlungsmacht und soziale Sicherung den industriellen Monopolen gegenüber. Wo es in anderen industrialisierten Staaten längst entweder eine sozialistische Bewegung oder eine sozialdemokratische Partei und soziale Grund-und Absicherungen gegen die existentiellen Lebensrisiken gab, blühte in den USA immer noch der Liberalkapitalismus. Erst Roosevelt führte die Sozialversicherung ein. Im Gegensatz zu sozialistischen Programmen aber dachte der New-Deal-Liberalismus nicht daran, Reichtum umzuverteilen. Die einzige Umverteilung, die Roosevelt beabsichtigte, war die von Macht. Die Gewerkschaften konnten zur kollektiven Verhandlungsmacht werden, weil den Industriearbeitern durch den Wagner Act das uneingeschränkte Koalitionsrecht gesichert wurde. Mit Ausnahme des Farmer-Programms, das Preise für landwirtschaftliche Produkte festsetzte, hielt sich aber der Staat des New Deal mit direkten Interventionen in den kapitalistischen (Monopol-) Markt weitgehend zurück. Der New Deal blieb dem amerikanischen liberalen Credo treu: Egalitarismus im Sinne der Herstellung von Chancen-gleichheit („equal opportunity“) bedeutete die durch den Staat gegebene und gesicherte Möglichkeit der Gegenmachtbildung der Arbeiter auf dem industriellen Markt

Der Staat als öffentlicher Unternehmer blieb auf wenige Infrastrukturmaßnahmen (Tennessee Valley-Projekt) beschränkt. Allerdings war zum ersten Mal dem „Staat“ eine positive und — durch den National Industrial Recovery Act — rahmen-planende sowie wirtschaftsstimulierende Rolle zuerkannt worden.

In beiden Aspekten bedeutet der New-Deal-Liberalismus eine Angleichung an den europäischen sozialen Liberalismus der Jahrhundertwende Indes war der soziale Liberalismus Amerikas erfolgreicher. Der Staat konnte sich lange Zeit auf die Rolle des Maklers im Geschäft des Interessengruppen-Liberalismus beschränken. Die Kriegs-wirtschaft und der Nachkriegsboom ließen ihn auch ökonomisch reüssieren, ohne planwirtschaftliche Instrumentarien anwenden zu müssen. Keynesiansche Wirtschaftspolitik florierte, ohne daß der öffentliche Sektor im gleichen Maße wie in den europäischen Industriestaaten hätte anwachsen müssen

Scheitern der „Great Society“ Johnsons

Zugleich markiert der soziale Liberalismus des New Deal, wie er als politische Philosophie in der amerikanischen Innenpolitik bis in die sechziger Jahre bestimmend blieb, die äußerste, durch die individualistisch-liberale politische Kultur der USA determinierte und begrenzte Form sozial-staatlichen Handelns. Dies sollte der Versuch der „Great Society“ Johnsons zeigen, sozialliberale Politikansätze zu sozialdemokratischen Wohlfahrtsprogrammen weiterzuentwickeln. Wo das bundesstaatliche „government" in Washington eine aktivere wohlfahrtsstaatliche und ökonomisch planende Rolle zu spielen sich anschickte, brach der Konsens des New-Deal-Liberalismus auseinander, attackierten zuerst die Republikaner und Neokonservativen die Ausgabenpolitik und den Interventionismus des Washingtoner „Establishments“, kündigten die Südstaaten-Demokraten, schließlich die Neoliberalen dem „alten“ Liberalismus die Gefolgschaft. 1 Dabei scheiterten die Programme der „Great Society“, eines sozial weiter vorangetriebenen Liberalismus, nicht durchgängig. Im Kampf gegen die Armut konnte vor allem die Armutsrate unter den Älteren drastisch gesenkt werden. Auch waren die Bürgerrechtsprogramme der Johnson-Administration, die im Zeichen einer kulturellen Gleichheit der amerikanischen Ethnien nicht nur die Gleichheit der Ausgangschance, sondern auch die tatsächliche Gleichberechtigung beabsichtigten, relativ erfolgreich. Beispielsweise hat sich die Anzahl schwarzer Funktionsträger auf allen staatlichen Ebenen drastisch erhöht. Auch ist der Führungsschicht der schwarzen Bürgerrechtsbewegung der ökonomische Aufstieg in die Mittel-klasse geglückt (was sie den „amerikanischen Weg“ gehen ließ, die black community nun aber weitgehend führungslos zurückgelassen hat). Schließlich haben eine Reihe von Tansferleistungen die (Über-) Lebensbedingungen der Unter-schichten verbessert.

Und doch gelten die wohlfahrtsstaatlichen Programme der „Great Society“ in der Sicht der meinungsführenden Schichten heute als gescheitert. Dabei hat der amerikanische Wohlfahrtsstaat — soweit er tatsächlich so zu nennen ist — ein im Vergleich zu Europa bescheidenes Maß an Transferleistungen, Sicherungen und öffentlichen Dienstleistungen entwickelt. Der Steueranteil des Bundes am Bruttosozialprodukt liegt am Ende der Tabelle westeuropäischer Vergleichszahlen. In der individualistisch-liberalen Grundströmung der amerikanischen politischen Kultur ist selbst ein moderater Wohlfahrtsstaat nicht akzeptabel. Amerika kann sich Umverteilung „nicht leisten“ Auch das neoliberale Bemühen geht nicht um den Ausbau des Wohlfahrtsstaates, und „alte“ New-Deal-Liberale wollen allenfalls den jetzigen Zuschnitt der Armutsprogramme erhalten und die ärgsten Schnitte gegen eine Koalition von Republikanern und konservativen Südstaaten-Demokraten verhindern.

Politik für die weiße Mittelschicht

Solange das individualistisch-kapitalistische Credo mit seinem Glauben an Aufstieg und Erfolg — der „amerikanische Traum“ — die Interpretation sozialer Realität und die Orientierung politischen Handelns prägt und die andere erfahrbare Realität von individueller Ohnmacht und Armut einerseits und von kollektiver ökonomischer Machtzusammenballung in den großen Korporationen andererseits überlagert, ist eine auf Umverteilung abstellende Politik nicht legitimierbar. Daß gerade zu einer Zeit, in der jeder siebte Einwohner der USA offiziell als arm registriert ist, fast die Hälfte aller schwarzen Kinder in Armut leben, die Armutsrate auf den Stand von 1963 angestiegen ist, die bescheidenen Ansätze des amerikanischen Sozialstaates ideologisch angegriffen und durch drastische Sparprogramme gestutzt werden läßt sich zum einen mit einer verblüffend wirksamen „kognitiven Dissonanz“ zwischen amerikanischer Realität und amerikanischem Mythos erklären. Zum anderen bestimmt die mittelschichtorientierte Interessengebundenheit der amerikanischen Politik gesellschaftliche Interpretation und Orientierung. Die Wahlbeteiligung weist eine klassenmäßige Schieflage auf. Nicht nur, daß die Wahlbeteiligung mit 50— 55 Prozent generell sehr viel niedriger ist als in europäischen Staaten. Entscheidend ist, daß die gut ausgebildeten und situierten weißen Mittelschichten des Elektorates in gleichem Maße wie ihre europäischen Äquivalente an Wahlen teilnehmen, daß es aber die Armen und schlechter ausgebildeten Unterschichten nicht tun Die Folge ist einmal, daß die Interessen der „have-nots“ völlig unzureichend auf dem politischen Markt repräsentiert sind. Und zum zweiten muß eine Partei, die auf der höchsten bundesstaatlichen Ebene Mehrheiten bilden will, die Interessen der weißen Mittelklasse Amerikas ansprechen. Genau das beabsichtigen die Neoliberalen, wenn sie fordern, die Demokratische Partei solle sich dem „mainstream“ Amerikas öffnen.

Das Ende der New-Deal-Koalition

Die New-Deal-Koalition der Demokraten — Weiße aus den Südstaaten, nordöstliche Industrieregionen, Gewerkschaften, weiße Neueinwanderer irischer, italienischer und polnischer Herkunft und katholischen Glaubens — hatte sich während der Depression der dreißiger Jahre gebildet und dauerte bis in die sechziger Jahre fort. 1968 aber verlor sie ihren Mehrheitsstatus Die demokratischen Parteiapparate des industriellen Mittleren Westens und der Ostküste verloren an Macht, die Gewerkschaften stagnierten, und der Rückgang des Anteils der gewerkschaftlich Organisierten an der Gesamtzahl der Beschäftigten ist seitdem dramatisch. Der Sozialaufstieg der Kinder und Enkel der Neueinwanderer machte das Wahlverhalten dieser Gruppe konservativer. Gleichzeitig organisierten sich neue Gruppen innerhalb der Demokratischen Partei, die aus den politischen Bewegungen der sechziger Jahre hervorgegangen waren: Schwarze, Jugendliche, Studenten, Frauen, Hispanics, Homosexuelle und liberale Ostküstenintellektuelle. Die Demokratische Partei wurde im Zeichen der „New Politics“ zu einer Koalition von Minderheitengruppen und geschwächten Gewerkschaften.

Parteianalytiker haben dazu angemerkt, daß die überwiegende Mehrheit der — so wäre zu ergänzen: politisch aktiven — amerikanischen Bevölkerung nicht jung, nicht arm, nicht schwarz und nicht gewerkschaftlich organisiert ist. Gleichzeitig verloren die Demokraten erheblich unter den weißen Südstaatlern, den mittleren Einkommens-gruppen und den sogenannten „baby boom yuppies“, den nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen, jungen, sehr leistungs-und konsumorientierten Professionellen.

Der ökonomische Konservatismus dieser Gruppen hat wesentlich zum Erfolg der Reagan-Koalitionen 1980 und 1984 beigetragen. Reagan gewann 1984 die Stimmen von 75 Prozent der weißen Südstaatler, 67 Prozent der Jungprofessionals, 52 Prozent derjenigen, die zwischen 10 000 und 20 000 Dollar im Jahr verdienen und sogar 47 Prozent der Mitglieder eines Gewerkschafter-Haushaltes. Für Mondale votierten mehrheitlich die Unterschichten mit weniger als 12 500 Dollar im Jahr (53 Prozent), Schwarze (90 Prozent), Hispanics (65 Prozent), Juden (69 Prozent) und die liberale Ostküstenintelligenz.

Den Hintergrund dieser Änderungen in Wahlverhalten und politischen Mehrheiten bilden die bekannten ökonomischen und demographischen Wandlungen, die sich als Verschiebung des politischen und sozialen Schwergewichts der USA vom „Frostbelt“ zum „Sunbelt" beschreiben lassen. Dem Niedergang der Montan-und alten Massengüterindustrien steht der Aufstieg neuer Industrien, der Erdöl-und chemischen wie der elektronischen „High-Tech“ -Industrien gegenüber. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor allem im „Sonnengürtel“ der USA hat zwischen 1970 und 1980 eine Binnenwanderung von 20 Millionen Menschen vom Nordosten und Mittleren Westen in die Süd-und Weststaaten ausgelöst Der traditionelle amerikanische Traum von Unternehmergeist und Sozialaufstieg lebt, zusammen mit den konservativ gestimmten Wählern, im Süden und Westen der USA.

Neoliberalisierung der Demokratischen Partei?

In dieser Situation haben die Demokraten zwei Möglichkeiten, in Präsidentschaftswahlen wieder mehrheitsfähig zu werden. Die kurzfristig erfolglose, auch mittel-und langfristig zweifelhafte Strategie wäre die, auf ein Abflauen des seit 1983 anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs oder gar auf die nächste Depression zu warten und dann in der ökonomischen Krise eine neue New-Deal-Koalition zusammenzustellen. Wer nicht auf die Krise setzt, wird versuchen, dadurch Mehrheiten zu bilden, daß die geographische, rassische und Klassenpolarisierung zwischen Republikanern und Demokraten aufgebrochen, eine Koalition über die Mondale-Wähler hinaus etabliert, ein Präsidentschaftskandidat, der Süd-und Weststaaten-Appeal hat, aufgestellt und schließlich das Thema Wirtschafts-und Sozialpolitik besetzt wird. Die Neoliberalen haben sich für die zweite Strategie entschieden. Die erklärte Absicht neoliberaler Politiker ist es, die demokratische Koalition von Minoritäten und Gewerkschaften zum Mittelstand hin zu öffnen. Damit ist einmal der weiße Mittelstand aus den Vororten der großen Industrie-und Finanzstädte der Ostküste gemeint. Zum anderen sollen die weißen Südstaatler zurückgewonnen werden. Nur jeder vierte weiße Südstaatenbewohner hatte für Mondale gestimmt, und in den verlorenen Wahl-kämpfen der Jahre 1968, 1972, 1980 und 1984 haben demokratische Präsidentschaftskandidaten insgesamt nur zwei Staaten des traditionellen Südens gewonnen. Schließlich ist auch an die im neuen Wohlstand lebenden Westküstler gedacht. Seit 1964 hat nur ein nationaler Kandidat der Demokraten einen westlichen Staat für sich gewinnen können: Carter errang 1976 die Mehrheit in Texas. Die Rekonstruktionsbemühungen der Demokraten werden damit insbesondere auf die Mentalität südwestlicher Mittelklassebürger und Politiker eingestellt.

Der zunehmende Druck von Politikern aus dem Sunbelt auf die nationale Organisation der Demokratischen Partei und der große Anteil von Süd-staaten-Demokraten unter den Neoliberalen gibt den Demokraten insgesamt ein konservativeres Image, das nicht mehr vom „altliberalen“ Ostküsten-und Mittelwesten-Establishment bestimmt ist. Schon bei der Präsidentschaftswahl 1984 hatten sich Südstaaten-Demokraten, die sich um ein Mandat in ihrem Heimatstaat oder im Kongreß bewarben, ostentativ von Mondale distanziert und sich geweigert, mit ihm zusammen bei Wahlveranstaltungen oder in Werbespots aufzutreten. Süd-und Weststaaten-Demokraten haben ein eigenes Politikbüro („Democratic Leadership Council“) gegründet, das die Vorstellungen der Sunbelt-Demokraten gegen das von einem „altliberalen“ ehemaligen Mitarbeiter Edward Kennedys (Paul Kirk) geleitete „National Democratic Committee“ öffentlichkeitswirksam vertreten und Geld für Wahlkämpfe ihrer Mitglieder sammeln soll. Auch nimmt der Einfluß der Sunbelt-Demokraten im amerikanischen Kongreß über die Gruppe der traditionell konservativen Demokraten aus den Südstaaten hinaus zu. Um über regionale Majoritäten hinaus auch auf nationaler und höchster Ebene neue Mehrheiten zu schaffen, versuchen die neoliberalen Demokraten an die Werte des weißen Mittelklasse-Amerikas über die Herausstellung neuer Politikthemen zu appellieren. Absolute Priorität kommt dabei der Ökonomie zu

Amerika nach Reagan: Gibt es ein neoliberales Realignment?

Politische Analytiker warten auf das umfassende konservative „Realignment“ in der amerikanischen Innenpolitik wie Estragon und Wladimir aufGodot. Was sich in der amerikanischen Politik alle 28 bis 36 Jahre als entscheidende und dauerhafte parteipolitische Umgruppierung großer sozialer Gruppen darstellen läßt, die neue Wähler-koalitionen, den Wahlausgang und eine Wende in Politik und politischer Agenda bestimmt, hat sich aber entgegen den Erwartungen auch nach den großartigen Wahlsiegen von Reagan 1980 und 1984 nicht eingestellt Es ist unbestritten richtig, daß Reagan Ausdruck des neuen Konservatismus ist. Es ist auch zutreffend, daß die Vereinigten Staaten durch den demographischen und geopolitischen Aufstieg des Sonnengürtels in sozialer und ökonomischer Hinsicht konservativer geworden sind. Auch hat der Sozialaufstieg der von den Programmen des New Deal und der „Great Society“ profitierenden Gruppen zu einem politischen Präferenzwandel ehemals demokratisch wählender ethnischer Minderheiten geführt Und schließlich hat das intellektuelle Amerika mit dem Neokonservatismus endlich jenen „echten und seriösen Konservatismus“ bekommen, den sich die Linke schon immer gewünscht hatte

Diese konservativen „Errungenschaften“ mögen als Indizien für eine umfassende konservative Wende angesehen werden. Doch Vorsicht vor einem zu schnellen Urteil scheint geboten, denn von einem europäischen Standpunkt aus gesehen erscheinen die USA in vieler Hinsicht ohnehin als eine sehr „konservative Demokratie“. Zu diesem Urteil führen nicht nur „altväterliche Verfassungstreue“ und „unpolitische Verbraucherhaltung“ sondern auch das Ausbleiben eines „sozialdemokratischen Jahrhunderts“, die Nichtentfaltung eines umfassenden Sozialstaates, die Dauerhaftigkeit des „amerikanischen Traums“ und die Wirksamkeit der „kognitiven Dissonanz“ zwischen amerikanischer Ideologie und sozialer Realität. Auch fundamentalreligiöse Erweckungsbewegungen und kleinbürgerlicher Populismus sind keine neuen Erscheinungen (allerdings ist es das erste Mal, daß dieser Populismus in konservativem und nicht in progressivem Gewände auftritt). Es scheint, als ob die Vereinigten Staaten zur Zeit einmal mehr der Blüte ihres Amerikanismus, des Glaubens an sich selbst, erlägen. Die sozialliberale Ära des New Deal, die die Nachkriegszeit bis in die sechziger Jahre hinein prägte, erscheint demnach eher als eine Ausnahme in der Geschichte der USA. Die Wiederherstellung des sozialkonservativen Ökonomismus, dem — cum grano salis — auch die Neoliberalen huldigen bedeutet die Restauration der Normallage. Ob der Blick zurück jedoch ein politiktaugliches Rezept für die innen-und außenpolitischen Problem-lagen darstellt, ist eine andere Frage

Auf der Ebene des Wahlverhaltens hat sich ein konservatives „Realignment“ noch nicht vollzogen. Im Kampf um die innenpolitische Hegemonie hat es die Republikanische Partei bislang nicht vermocht, zur nationalen Mehrheitspartei aufzusteigen. Obwohl sie organisatorisch und politisch vor allem im Süden gegenüber den Demokraten — in der Wählerregistrierung, im Ausmaß der Parteiidentifikation und, in geringerem Maße, in den Staatenparlamenten — aufholen konnte sind die Demokraten immer noch die landesweite Mehrheitspartei. Sie stellen die Mehrzahl der Gouverneure der Einzelstaaten, beherrschen mehr Legislativen, besitzen immer noch eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und haben schließlich gute Chancen, bei den Kongreßwahlen im November 1986 die 1980 verlorengegangene Mehrheit im Senat zurückzugewinnen. Parteipolitisch sind die Verhältnisse also unentschiedener, als der alleinige Blick auf die Präsidentschaft vermuten läßt.

Aber auch in Präsidentschaftswahlen ist die Lage für die Demokraten nicht hoffnungslos. Eine neoliberale politische Strategie, die die ökonomischen Interessen und die Wertaspirationen des weißen, wohlhabenden Mittelstandes zusammenfügt und personell wie thematisch darstellt, hat Aussichten, die Reagan-Koalition auseinanderzubrechen.

Die sozialen Gruppen, die den Kalifomier zweimal in das Weiße Haus gewählt haben, sind zu heterogen, als daß ihr Zusammenhalt nach Abgang der Integrationsfigur sichergestellt ist. Die „Führungskraft“ Reagans, das Gefühl der wiedererlangten nationalen Größe und der ökonomische Erfolg haben die Koalitionsgruppen noch einmal geeint. Aber zum einen können neue oder wiederbelebte regionale, sektorale und soziale Reibungen und Interessenkonflikte die konservative Koalition auseinandertreiben. Sie kann auch von außen gefährdet werden, wenn es gelingen sollte, die soziale Schieflage in der Wahlbeteiligung durch politische Aktivierung von Minoritäten, Armen und Gruppen mit geringem Einkommen zu beheben.

Schließlich treiben die weltanschaulichen Diskrepanzen die Gruppen der Reagan-Koalition auseinander. Der moralische und religiöse Konservatismus von „Moral Majority“ und Neuer Rechte mit der populistisch vorgetragenen Forderung nach dem starken Gesinnungsstaat ist nicht vereinbar mit der Staatsgegnerschaft der Libertären und den liberal-permissiven Wertvorstellungen der „Yuppies“. Die Versuche rechter Republikaner, Amerika auch moralisch umzukrempeln, sind gescheitert.

Daß die jetzige Reagan-Koalition wegen der eingebauten Konflikte und Wertgegensätze nicht sehr stabil ist, daß gar ein Auseinanderfallen in oder nach 1988 nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet umgekehrt noch nicht, daß eine neue Koalition oder gar ein nicht-konservatives Realignment unmittelbar bevorsteht. Die — nicht nur im amerikanischen politischen System — abnehmende Bedeutung von politischen Parteien für die Regelung sozialer Konflikte läßt starke parteipolitische Richtungskoalitionen ohnehin nicht erwarten. Die gestiegene Bedeutung von themen-orientiertem und instrumentellem Wahlverhalten hat ehedem stabile Wählerpräferenzen und Wählerkoalitionen anfälliger, wenn nicht gar hinfällig werden lassen. Auch die in anderen fortgeschrittenen Industriegesellschaften zu beobachtenden Tendenzen eines „Dealignment" machen eine dauerhafte Neugruppierung ebenfalls unwahrscheinlich

Kevin Phillips, ein konservativer politischer Analytiker, sieht gar eine programmatische „Balkanisierung“ der amerikanischen Politik voraus und befürchtet eine Weimarisierung des „postkonservativen“ Amerikas. Doch die amerikanische Gesellschaft war schon immer sozial heterogen und ethnisch, religiös und geographisch segmentiert, so daß nur der Wunsch nach einer homogenen, formierten Gesellschaft den Eindruck der „Balkanisierung“ entstehen lassen kann. Eine autoritärfaschistische Lösung segmentierter Konflikte, wie sie Phillips suggeriert ist der amerikanischen politischen Kultur zudem völlig „wesensfremd“. Der starken Stellung des Präsidenten im amerikanischen Regierungssystem und der Vorliebe der Amerikaner für starke Führungspersönlichkeiten („strong leadership“) setzt das individualliberale und antistaatliche Credo des Amerikanismus ein deutliches Gegengewicht. Wenn Phillips mit „Balkanisierung“ eine programmatische Fragmentierung meint, könnte er allerdings recht haben.

Vieles spricht dafür, daß unterschiedliche Interessen, Konfliktlagen und Werteaspirationen nebeneinander bestehen bleiben, ohne daß sie sich politisch eindeutig in eine progressive oder konservative Richtung abschleifen oder integrieren lassen. In der liberalen Tradition der USA, in der der mittelständische Wirtschaftsbürger Politik und Gesellschaft prägt, wird der „mainstream“ jedoch immer ökonomisch determiniert sein. Zugleich hat sich aber das Werteverhalten der in die Meinungsführerschaft hineinwachsenden Generation infolge der „Revolution der Werte“ der sechziger Jahre entscheidend gewandelt Eine politische Strategie, die Ökonomismus und weltanschaulich-kulturelle Liberalität in einer neoliberal zu nennenden „public philosophy“ verbindet, hat Chancen, die Gemütslage der amerikanischen Gesellschaft zu treffen

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Seymour Martin Lipset, Most Jews Are Still Both Democrats and Liberals. Forget the talk of conservatism, „neo“ or otherwise, in: The Washington Post National Weekly Edition vom 14. Januar 1985, S. 22.

  2. Peter Steinfels, The Neoconservatives. The men who are changing America’s politics, New York 1979; Helmut Dubiel, Was ist Neokonservatismus?, Frankfurt 1985, S. 11; ähnlich auch Jürgen Habermas, Die Kultur-kritik der Neokonservativen in den USA und in der Bundesrepublik, in: ders., Die Neue Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V, Frankfurt 1985, S. 30— 56. Aus der Publizistik in letzterZeit: Die Koalition von Geist und Macht. Neokonservatismus in Amerika: Wie ehemals liberale Intellektuelle die Wende vollzogen, in: DIE ZEIT vom 4. Oktober 1985, S. 65— 67; Michael Schweben, Die Rocky-Horror-Reagan-Show. Viel spricht dafür, daß der Reaganismus die Amtszeit des Präsidenten überdauern wird. Konservative Herrschaft ohne Ende?, in: DIE ZEIT vom 14. Februar 1986, S. 33— 36.

  3. Zu den Unterschieden der einzelnen „Konservatismen“: Peter Lösche, Thesen zum amerikanischen Konservatismus, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 49/82, S. 37— 45; Kurt L. Shell, Die „Neue Rechte“ und die Reagan-Administration, in: Amerikastudien, 29 (1984) 4, S. 417— 437; Nigel Ashford, Das Versagen des Staates. Der amerikanische Neokonservatismus, in: Iring Fetscher (Hrsg.), Neokonservative und „Neue Rechte“. Der Angriff gegen Sozialstaat und liberale Demokratie in den Vereinigten Staaten, Westeuropa und der Bundesrepublik, München 1983, S. 35— 65.

  4. Michael Walzer, Nervous Liberals, in: ders., Radical Principles. Reflections of an unreconstructed democrat, New York 1980, S. 92— 106.

  5. Antonio Gramsci, Selections from the Prison Notebooks of Antonio Gramsci (hrsg. von Q. Hoare und G. N. Smith), New York 1971, S. 276. Den Neokonservatismus in den politisch-kulturellen Kontext stellen Jakob Schissler, Einleitung: Der Neokonservatismus als Teil der politischen Kultur der USA, in: ders. (Hrsg.), Neokonservatismus in den USA. Eine Herausforderung, Opladen 1983, S. 9— 22, und Kurt L. Shell, Neokonservative: Ein neuer Blick auf die Freiheit, in: CIVIS, 2 (1984) 4, S. 28— 36.

  6. Zu den Widersprüchen Michael Walzer (Anm. 4); Helmut Dubiel (Anm. 2), S. 21 ff.; Jürgen Habermas (Anm. 2), S. 36; Iring Fetscher (Anm. 3), S. 20 ff.

  7. In der Akzeptanz der „kulturellen Moderne“ liegt die differentia specifica eines Neoliberalismus zum Neokonservatismus. Das übersieht m. E. Helmut Dubiel (Anm. 2), S. 131. Für den französischen Neoliberalismus vgl. Guy Sorrnan, La solution liberale, Paris 1984 (dt.: Der neue Liberalismus, Düsseldorf 1986). Zur französischen Diskussion: Roland Höhne/Ingo Kolboom, Aufstieg, Niedergang und Renaissance des Liberalismus in Frankreich, in: Hans Vorländer (Hrsg.), Verfall oder Renaissance des Liberalismus in Europa?, München 1986; vgl. zum folgenden auch: Hans Vorländer, Neoliberalismus in den Vereinigten Staaten, in: liberal, 28 (1986) 1, S. 76— 87.

  8. Paul Tsongas, The Road From Here. Liberalism and realities in the 1980s, New York 1981; ders., Heading Home, New York 1984. Auch Patrick Moynihan hatte 1967 seine bekannte Rede über die Desillusionen liberaler Sozialreformen vor dem Forum der „ADA“ gehalten. Sie gilt als eine der Geburtsstunden der Neokonservativen.

  9. Vgl. insbesondere die Ausgabe von Newsweek vom 26. März 1984, S. 20ff. Zum Nominierungsprozeß: Garry Orren, The Nomination Process: Vicissitudes of Candidate Selection, in: Michael Nelson (ed.), The Elections of 1984, Washington 1985, S. 27— 82. Das Outsider-Insider-Verhältnis von Hart und Mondale (und die politische Generationskluft zwischen ihnen) läßt sich bis zum Demokratischen Konvent 1968 zurückverfolgen, vgl. William Schneider, What The Democrats Must Do, in: The New Republic vom 11. März 1985, S. 17.

  10. Paul Tsongas, Gary Hart, Bill Bradley (Senator von New Jersey) und Leon Panetta (Abgeordneter aus Kalifornien) sind Kinder republikanischer Eltern und wurden durch die Kennedy-Erfahrungen Demokraten.

  11. Das „Washington Monthly“ ist nur in Insiderkreisen bekannt, nimmt jedoch — nicht ganz zu Unrecht — in Anspruch, als erste Zeitschrift konsequent neoliberale Positionen vertreten zu haben. Der Herausgeber Charles Peters hat aufjeden Fall den Begriff „Neoliberalismus“ in die öffentliche Diskussion eingeführt. Er hat auch ein erstes „Neoliberales Manifest“ veröffentlicht und ein Symposium veranstaltet. Beide sind dokumentiert in Charles Peters/Phillip Keisling (eds.), A New Road for America. The Neoliberal Movement, Lanham — New York — London 1985. Journalistische Schüler von Peters’ „Washington Monthly“ vertreten heute neoliberale Positionen als Redakteure von „The Atlantic“ (James Fallows) und „The New Republic“ (Michael Kinsley). Publizistischen Rückenwind bekommen Neoliberale ferner von Hendrik Hertzberg, Morton Kondracke (beide „The New Republic“), Tom Wicker („New York Times“), David S. Broder („Washington Post“), Robert M. Kuttner („Boston Globe“), Robert M. Kaus („Harper’s“). Randall Rothenberg (jetzt „Esquire“) hat in seinem Buch: The Neoliberals. Creating the New American Politics, New York 1984, die disparaten Positionen der vom „alten“ Liberalismus abweichenden Politiker zusammengetragen. Das Buch suggeriert eine Konsistenz und Systematik „des“ Neoliberalismus, die so nicht existieren. Das hängt weniger damit zusammen, daß der Neoliberalismus noch jung ist, als vielmehr mit der generellen Theorie-und Ideologieabneigung der amerikanischen Politik. Demokratische Politiker des Südens scheuen das Etikett „liberal“ in jedweder Zusammensetzung, weil es mit dem Ostküstenestablishment in Zusammenhang gebracht wird. Ostküstendemokraten scheuen das Präfix „neo“, weil es sie zu Konservativen unter progressiven Liberalen stempelt. — Wenn jedoch der Sammelbegriff „Neoliberalismus“ gebraucht wird, so geschieht das in heuristischer Absicht zur Bezeichnung von Positionen und Politikern, die sich von neuen Konservativen ebenso unterscheiden wie von alten Liberalen.

  12. Der Begriff „Interessengruppen-Liberalismus" stammt von Theodor J. Lowi, The End of Liberalism. The Second Republic of United States, New York 19792, S. 42ff.

  13. Charles Peters, A Neoliberal’s Manifesto, in: ders. /Phillip Keisling (eds.) (Anm. 11), S. 193.

  14. Arthur Schlesinger, Victor le Navasky und Irving Kristol, zitiert in: Charles Peters/Phillip Keisling (eds.) (Anm. 11), S. 177, 179, 181.

  15. Vgl. Irving Kristol, Reflections of a Neoconservative, New York 1983; Daniel Bell, The Cultural Contradictions of Capitalism, New York 1978; ders., The Winding Passage, New York 1980.

  16. Zu diesen Wandlungen, die schon mit dem Hitler-Stalin-Pakt einsetzten, jetzt: Richard H. Pells, The Liberal Mind in a Conservative Age, New York 1985.

  17. Zu den neuen außen-und wirtschaftspolitischen Realitäten Robert S. Reich, Toward A New Public Philosophy, in: The Atlantic Monthly, Mai 1985, S. 68 ff.

  18. Über Fragen der Außenpolitik scheinen sich die Positionen der Neokonservativen weiter auszudifferenzieren, um nicht zu sagen: auseinander zu dividieren. Generell sind Neokonservative wertorientiert-internationalistisch. Kristol aber radikalisiert seine Position zunehmend. Im Leitartikel der von ihm herausgegebenen neuen Zeitschrift „The National Interest“, 1 (1985) 1, propagiert er die Übertragung des Unternehmerprinzips „Lust am Risiko“ auf den „Krieg der Welten“. Mit seiner roll-back-Strategie scheint er Reagan rechts überholen zu wollen. Schon zuvor war die ehemalige UNO-Botschafterin und Neu-Republikanerin Jeane Kirkpatrick zur Leitfigur für die republikanische Rechte geworden. Sie hatte zwischen antikommunistischen und kommunistischen Diktaturen unterschieden, erstere als autoritäre, letztere als totalitäre Systeme bezeichnet und dazu aufgefordert, „traditionelle Autokratien“ zu unterstützen, auch wenn sie „soziale Ungleichheiten, Brutalität und Armut tolerieren“; vgl. Kurt Shell (Anm. 5), S. 35.

  19. Für Deutschland vgl. etwa Wilhelm Hennis, in: ders. /Peter Graf Kielmansegg/Ulrich Matz (Hrsg.), Regierbarkeit. Studien zu ihrer Problematisierung, Bd. 1, Stuttgart 1977, S. 18.

  20. Zum „American Creed“ mit den einschlägigen Belegen: Samuel P. Huntington, American Politics: The Promise of Disharmony, Cambridge (Mass.) — London 1981.

  21. Daniel Bell, The Return of The Sacred? The Argument on the Future of Religion, in: ders., The Winding Passage (Anm. 15), S. 324— 354.

  22. Zu den Traditionen Robert N. Bellah u. a., Habits of the Heart. Individualism and Commitment in American Life, Berkeley 1985.

  23. Irving Kristol und Daniel Bell einerseits, andererseits z. B. Christopher Lasch, The Culture of Narcissism. American Life in an Age of Diminishing Expectations, New York 1979.

  24. Zu diesen Problemen vgl. Theodor J. Lowi (Anm. 12) und Samuel H. Beer, In Search of A New Public Philosophy, in: Anthony King (ed.), The New American Political System, Washington D. C. 1978, S. 21 f. - In der teils sozialphilosophisch, teils politisch geführten Debatte um über individuellen Konsumhedonismus hinausgehende Ziele wird der Liberalismus als zugrunde-liegende Philosophie haftbar gemacht. Vgl. etwa von einem eher konservativen Standpunkt aus Michael Sandel, Liberalism and the Limits of Justice, Cambridge (Mass.) 1982 und ders., The State and the Soul, in: The New Republic vom 10. Juni 1985, S. 37- 40, von links etwa Michael Walzer, Nervous Liberals. Ähnlich der neoliberale Robert S. Reich (Anm. 17), S. 72: „... liberal pluralism lacked any definition of the public good apart from the sum of individual Claims“. Grosso modo kreist die Debatte um die Kompatibilität von republikanischen Gemeinschafts-und Bürgertugenden einerseits und dem Individualismus des liberalen Menschenbildes andererseits.

  25. Robert S. Reich, The Next American Frontier, New York 1983; ders. Reagan’s Hidden „Industrial Policy“, in: The New York Times vom 4. August 1985. Reich wie auch Lester Thurow, The Zero-Sum Society (1980), grenzen sich deutlich von der konservativen „Bibel“ Georg Gilder, Wealth and Poverty, New York 1981, ab. Vgl. zum Gesamtkomplex der Ökonomie auch Randall Rothenberg (Anm. 11), S. 147ff.; zu den Problemen einer „offenen“ Industriepolitik: Charles R. Foster, Warum gibt es in den USA keine koordinierte Industriepolitik?, in: PVS, 26 (1985) 2, S. 146— 159.

  26. Über Beispiele auf einzelstaatlicher Ebene berichtet The New York Times vom 9. Juni 1985, S. 1 und 54 („New Democratic Governors Seek Blend of Right and Left“).

  27. Neoliberale attackieren prinzipiell die von Konservativen hingenommene, wenn nicht gar geförderte Vermachtung der Märkte durch konzentriertes Großkapital. Diese Stoßrichtung führt sie aber nicht ganz mit den bundesdeutschen Neo-oder Ordoliberalen der Freiburger Schule (Röpke, Eucken, Rüstow) zusammen. Denn die amerikanischen Neoliberalen greifen nur dort Kartelle an, wo sie der innovativen Modernisierung der amerikanischen Industrie im Wege stehen, aber nicht dort, wo sie zur Erhaltung internationaler Wettbewerbsfähigkeit gebraucht werden. Hier zollen Thurow, Reich und andere dem Primat der Effizienz und Leistungsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft Tribut.

  28. Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, München 1976.

  29. Vgl. Horst Dippel, Die Amerikanische Revolution 1763— 1787, Frankfurt/M. 1985.

  30. Louis Hartz, The Liberal Tradition in America. New York 1955, 5 ff.; Richard Hofstadter, The American Political Tradition and the Men who Made it, New York 1973, Einleitung.

  31. Warum es in Amerika keinen Sozialismus gibt, war schon 1906 Werner Sombarts bleibende Frage gewesen. Zu den „excluded alternatives“ der individualistisch-liberalen Tradition Amerikas: Walter Dean Burnham, The Current Crisis in American Politics, Oxford — New York 1982, S. 17, 95 ff., 264.

  32. Im einzelnen dazu Ronald D. Rotunda, The Liberal Label: Roosevelt’s Capture of a Symbol, in: John D. Montgomery/Albert O. Hirschman (eds.), Public Polley, Vol. 17, Cambridge (Mass.) 1968, S. 377 ff.

  33. Diesen Aspekt der industriellen Gewaltenteilung als spezifisch /amerikanischer Ansatz zur Behebung der Wirtschaftskrise betont: Theo Schiller, „Sozialliberalismus“. Thesen zu einem transatlantischen Vergleich, in: Karl Holl/Günter Trautmann/Hans Vorländer (Hrsg.), Sozialer Liberalismus, Göttingen 1986, S. 171— 186. Vgl. zur New Deal-Ära: Heinrich August Winkler (Hrsg.), Die große Krise in Amerika. Vergleichende Studien zur politischen Sozialgeschichte 1929— 1939, Göttingen 1973; Peter Lösche, Industriegewerkschaften im organisierten Kapitalismus. Der CIO in der Roosevelt-Ära, Opladen 1974.

  34. Zum europäischen Sozialliberalismus jetzt: Karl Holl/Günter Trautmann/Hans Vorländer (Hrsg.) (Anm. 33).

  35. Vgl. Ändrew Shonfield, Modern Capitalism. The Changing Balance of Public and Private Power, London 1965, S. 298 ff.

  36. So der New Yorker Bankier Felix Rohatyn, in: The Encounter, zitiert nach Randall Rothenberg (Anm. 11), S. 148. Zahlen zur „Great Society“ in: The New York Times vom 17. April 1985, S. 23. Vergleichszahlen bei Walter Dean Burnham (Anm. 31), S. 296.

  37. Neueste Zahlen zur Armut in: The New York Times vom 28. August 1985; The Boston Globe vom 28. August 1985; The New York Times Magazine vom 2. und 16. Juni 1985; Los Angeles Times vom 28., 29., 30. und 31. Juli 1985. In der Berichtsreihe der Los Angeles Times finden sich Zahlen zur Sparpolitik. Die ideologische Kontroverse angeheizt hat das aus konservativer Feder stammende Buch von Charles Murray, Lösing Ground: American Social Policy 1950— 1980, New York 1984. Dazu die Replik von Christopher Jencks, How Poor are the Poor?, in: The New York Review of Books, 32 (1985) 8, S. 41 ff.

  38. Vgl. Walter Dean Burnham (Anm. 31), S. 92 ff.

  39. Vgl. zum folgenden Michael Nelson (ed.), The Elections of 1984, Washington 1985; Samuel P. Huntington, The Visions of the Democratic Party, in: Public Interest, (1985) 79, S. 63 ff.

  40. Im einzelnen: Peter Lösche, Konservative Wende in den Vereinigten Staaten?, in: Zeitschrift für Parlaments-fragen, (1985) 2, S. 230 ff.

  41. Umfragen zeigen, daß die Demokraten einen erheblichen Kompetenzverlust im Bereich der Ökonomie haben hinnehmen müssen, und zwar sowohl bei eigenen Anhängern wie in der Gesamtpopulation und unabhängig von der ideologischen Selbsteinschätzung der Befragten. Vgl. The Washington Post National Weekly Edition vom 25. März 1985, S. 31 (Washington Post-ABC News Pools: Democrats Are No Longer Deemed Better at Reducing Joblessness).

  42. Zum Begriff und zu den historischen Erscheinungsformen des „realignment" vgl. die bahnbrechende Arbeit von Walter Dean Burnham, Critical Elections and the Mainsprings of American Politics, New York 1970. Den Vergleich mit Beckett macht ebenfalls Burnham, Revitalization and Decay: Looking Toward the Third Century of American Electoral Politics, in: Journal of Politics, (1976) 38, S. 147.

  43. Diese Gründe führt Peter Lösche (Anm. 40) als Argumente für ein konservatives Realignment an. Ähnlich: Michael Zöller, Die neue Mehrheit und das Ende des New Deal Liberalismus, in: Zeitschrift für Politik, 32 (1985) 4, S. 393 ff. So jetzt auch Jakob Schissler, Über die Demokratie in Amerika. Amerika nach der Wahl, in: Zeitschrift für Politik, 33 (1986) 1, S. 67— 86.

  44. So Peter Steinfels (Anm. 2), S. 15.

  45. So Peter H. Merkl/Dieter Raabe, Politische Soziologie der USA. Die konservative Demokratie, Wiesbaden 1977, S. 3.

  46. Das Körnchen Salz besteht darin, daß die Neoliberalen nicht an den Sozialleistungen, die Roosevelt während des New Deals einführte, rütteln. Unentschieden sind sie, was die Programme der „Great Society“ angeht. Letztere sind haushaltsrelevant, „empfindlicher“ für Budgetkürzungen, erstere sind größten Teils haushalts-neutrale Leistungen nach dem Versicherungsprinzip. Nach diesem Muster verfahren die bisherigen Kürzungen im Sozialetat, die vor allem die „working poor“, Sozialhilfeempfänger mit geringem Einkommen, betreffen und zu einem Teil auch von konservativen Demokraten — Neoliberalen — mitgetragen wurden. Vgl. Adrienne Windhoff-Heritier, Politik „für die Bedürftigsten und ehrlichen Armen“. Ziele und Folgen der Sparpolitik Reagans im Sozialsektor, in: PVS, 26 (1985) 2, S. 107— 128. Den gleichen Effekt hat die „Reorganisation“ des Föderalismus, vgl. Andreas Falke, Der „New Federalism": Reorganisation der Politikverflechtung oder konservative Strukturveränderung?, in: Amerika-studien, 29 (1984) 4, S. 399— 415.

  47. Daß die Amerikaner politisch vorwärtsgehen, indem sie zurückblicken, hat Samuel P. Huntington (Anm. 20), S. 225, versucht zu zeigen.

  48. Vgl. im einzelnen The Washington Post National Weekly Edition vom 13. Mai 1985 („Down South, Democrats Would Rather Switch Than Lose. The GOP [= Grand Old Party, alte Bezeichnung für die Republikanische Partei, H. V. ] is advancing across the Sun Belt“).

  49. Vgl. Walter Dean Burnham (Anm. 31), S. 121 ff. (The Appearance and Disappearance of the American Voter); Scott C. Flanagan/Russell J. Dalton, Parties Under Stress: Realignment and Dealignment in Advanced Industrial Societies, in: West European Politics, 7 (1984), S. 5 ff.

  50. Kevin P. Phillips, Post-Conservative America: People, Politics and Ideology in a Time of Crisis, New York 1983, S. 73ff., 155 ff.

  51. Es ist nicht sicher, aber doch wahrscheinlich, daß sich die Demokraten erfolgreich dieser Strategie auf nationaler Ebene bedienen können. Theoretisch könnte auch ein moderater Republikaner (oder ein Kandidat, der sich dafür ausgibt) mit einem neoliberalen Programm reüssieren, wie es etwa der wiedergewählte Gouverneur von New Jersey, Thomas Kean, getan hat oder ein im Grunde sehr (wert-) konservativer Jack Kemp für die Präsidentschaftswahl 1988 versuchen könnte. Nur dürfte ein Republikaner größere Schwierigkeiten haben, eine mehrheitsfähige, liberal tendierende nationale Koalition hinter sich zu bilden.

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HansVorländer, Dr. phil., geb. 1954; Studium der Politikwissenschaft, Philosophie, Soziologie und Rechtswissenschaften in Bonn und Genf; 1980 Promotion; 1981— 1984 Dozent für Innen-, Rechts-, Deutschland-und Europapolitik an der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung, Gummersbach; seit 1984 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität/Gesamthochschule Essen; 1984/1985 John F. Kennedy Memorial Fellow an der Harvard University, Cambridge (Mass.), USA. Veröffentlichungen u. a.: Verfassung und Konsens. Der Streit um die Verfassung in der Grundlagen-und Grundgesetz-Diskussion der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1981; (Hrsg. zus. mit K. Holl und G. Trautmann) Sozialer Liberalismus, Göttingen 1986; (Hrsg.) Verfall oder Renaissance des Liberalismus? Beiträge zum deutschen und internationalen Liberalismus, München 1986 (i. E.); zahlreiche Aufsätze zur Verfassungstheorie und Verfassungspolitik, zu Problemen der Europäischen Integration und zur Theorie und Geschichte des Liberalismus.