Die FAO — ein Beispiel für multilaterale Entwicklungshilfe
Heinrich von Loesch
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Zusammenfassung
Die Ernährungs-und Landwirtschaftsorganisation (Food and Agriculture Organization — FAO) ist eine autonome UN-Institution. Zu ihren Mitgliedern zählen 156 Staaten, die sich verpflichtet haben, die Erzeugung und Verteilung aller Nahrungsmittel und landwirtschaftlichen Produkte zu verbessern und den Ernährungs-und Lebensstandard ihre Völker anzuheben. Die 1945 gegründete FAO ist die größte der UN-Sonderorganisationen. Durch ihre Entwicklungsprogramme leistet sie unmittelbare technische Hilfe, die auf spezifische Probleme zugeschnitten ist und zu erheblichen Kapitalinvestitionen in der Landwirtschaft führen kann. Das Ordentliche Programm der FAO ermöglicht es, den Regierungen bei der Agrarpolitik mit Rat und Planung zu helfen und Tagungen über Ernährungs-und Landwirtschaftsfragen auf Regierungs-und Fachebene zu betreuen. Die Setzung von Prioritäten und die Bemühungen zur Beseitigung von Hunger und Armut sind das Ergebnis vierzigjähriger Überlegungen und Erfahrungen in und außerhalb der FAO. Dem Zusammenhang zwischen Hunger und Armut wird mit der Zielsetzung „Welternährungssicherheit" begegnet.
I. Einleitung
Die Ernährungs-und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen ist die größte der technischen Sonderorganisationen; im Rahmen der UN-Arbeit fällt ihr die Verantwortung für Ernährung, Landwirtschaft, Fischerei, Forsten und ländliche Entwicklung zu.
Ursprünglich als eine im wesentlichen berichtende und die internationale Willensbildung auf ihrem Sektor koordinierende Behörde entstanden, wuchs die FAO schnell in die Rolle eines technischen Dienstleistungsbetriebs für Entwicklungszwecke hinein. Entwicklungsarbeit Die erste große Aufgabe der FAO war die Hilfe für Griechenland beim Aufbau der vom Zweiten Weltkrieg und Bürgerkrieg zerstörten Landwirtschaft. Nach der Gründung des UN-Fonds für Technische Hilfe (1949) und des UN-Sonderfonds (1958) wurde die FAO Hauptauftragnehmer dieser später im UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) zusammengefaßten Finanzierungsinstrumente.
Zwischen 20 Prozent und etwa einem Drittel der Mittel des Entwicklungsprogramms (UNDP) wurden im allgemeinen über die FAO ausgegeben. Im Verlauf der raschen Ausweitung der Entwicklungsfinanzierung in den sechziger Jahren wuchsen zugleich die Anforderungen an die FAO, die zeitweilig stark expandierte. In der ersten Hälfte der siebziger Jahre verlangsamte sich dann das Wachstum der Organisation und wich mit dem Amtsantritt des jetzigen Generaldirektors Edouard Saouma im Jahre 1976 einer Phase der Straffung und Reorientierung auf die praktische Entwicklungsarbeit, die ihren Ausdruck in einem stetigen Abbau von Planstellen in der Zentrale in Rom fand. Gleichzeitig wurden Befugnisse und Planstellen verstärkt auf die Länderebene (Dezentralisierung) verlagert, um für die rund 2 500 Projekte (in manchen Ländern über 100) die Planungs-, Kontroll-und Koordinierungsarbeit wahrnehmen zu können.
Heute unterhält die FAO 68 Länderbüros, die Projekte in über 90 Entwicklungsländern betreuen. Außerdem gibt es Regionalbüros in Bangkok (für Asien und den Pazifik), in Santiago de Chile (für Lateinamerika und Karibik), in Accra (für Afrika), in Rom (für den Nahen Osten und Europa) und Verbindungsbüros in Genf, New York und Washington.
156 Mitgliedstaaten (die nicht ganz mit denen der Vereinten Nationen identisch sind) gehören der FAO an 1); sie verfügt über eigene Aufsichtsorgane und einen eigenen Haushalt 2. Organe Oberstes Organ ist die FAO-Konferenz, die alle zwei Jahre in Rom zusammentritt; sie nimmt den Arbeitsbericht und die Rechnungslegung entgegen, beschließt ein neues Arbeitsprogramm und einen Haushalt für zwei Jahre und wählt alle sechs Jahre den Generaldirektor. Ein Interims-Aufsichtsorgan, der FAO-Rat — dem im Turnus rund ein Drittel der Mitgliedstaaten angehört — und seine Ausschüsse stehen dem Generaldirektor beratend und kontrollierend zur Seite; gemäß den FAO-Statuten trägt der Generaldirektor allein die Verantwortung für die Organisation.
In dem von der Konferenz verabschiedeten Haushalt 1984/85 ist lediglich ein Betrag von 57, 5 Millionen Dollar für direkte Projektarbeit, d. h. für das Programm für Technische Zusammenarbeit (TCP) der FAO, vorgesehen — ein Fonds für dringliche oder schwer finanzierbare Projekte in der Größenordnung bis zu 250 000 Dollar. Dieses aus dem ordentlichen Haushalt gespeiste TCP finanziert noch nicht einmal ein Zehntel der gesamten technischen Hilfe der FAO, die sich 1984/85 auf rund 650 Millionen Dollar belaufen wird. Der Rest von etwa 600 Millionen Dollar wird also durch freiwillige Beiträge Dritter finanziert, vor allem aus Treuhandmitteln und aus Mit-teln des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP). 3. Tätigkeit Die Tätigkeiten der FAO lassen sich vielleicht am verständlichsten nach Funktionen gliedern. Im Bereich des Ordentlichen Arbeitsprogramms, das durch den Haushalt der obligatorischen Mitgliedsbeiträge finanziert wird, agiert die FAO als — Informationsinstrument. Sie sammelt Fach-informationen über die weitverzweigten Sachgebiete und bereitet diese in Zusammenarbeit mit den Regierungen auf. Sie unterhält zugleich den größten Fachverlag der Welt, dessen Publikationen von den Mitgliedsregierungen angefordert werden und in den Amts-sprachen (englisch, französisch, spanisch, arabisch und chinesisch) erscheinen. — Ort der Begegnung. Die FAO veranstaltet jeweils in Abstimmung mit den betreffenden Regierungen auf allen Sektoren ihrer Zuständigkeit Fachkonferenzen: fast an jedem Werktag des Jahres findet irgendwo in der Welt eine FAO-Tagung statt. Diese Begegnungen dienen der Beschlußfassung, der Erarbeitung von Empfehlungen an die Regierungen, der Festsetzung von kommerziellen, technischen oder rechtlichen Standards und Richtlinien, dem Entwurf von Aktionsprogrammen, der Verbesserung der FAO-Tätigkeit usw.
— Projektbeistand. Im Rahmen ihres Ordentlichen Arbeitsprogramms unterhält die FAO in der Zentrale in Rom einen Stamm von Fachleuten für alle Sektoren ihrer technischen Zuständigkeit. Die technischen Abteilungen in Rom unterstützen die Entwicklungsarbeit maßgeblich, indem sie ihre Fachkenntnisse den Projekten beratend zur Verfügung stellen. — Warnsysteme. Die FAO unterhält verschiedene Informations-und Warnsysteme, von denen das Frühwarnsystem für Ernährung und Landwirtschaft das bekannteste ist. Es unterrichtet Regierungen und Hilfsorganisationen in zweiwöchentlichem Abstand über den Stand von Ernährung und Ernten, den Nahrungseinfuhrbedarf und drohende Knappheitskrisen in Nahrungsdefizitländern. Der operative Arm dieses Frühwarnsystems, das Büro für Sonderhilfemaßnahmen (OSRO), das während und nach Ernährungs-und anderen Krisen und Notlagen internationale Hilfe organisiert und koordiniert, gehört zum Bereich der FAO-Entwicklungsprogramme.
In ihren Entwicklungsprogrammen leistet die FAO — technische Hilfe. Mit ihren 2 500 bis 3 000 Projekten setzt die FAO zwar nur „kleinere" Summen um, ist aber in vielen Entwicklungsländern sichtbar präsent Das FAO-Schild auf der ländlichen Forschungsstation, der FAO-Geländewagen unterwegs in abgelegenen Gegenden, der, FAO-Berater für Geflügelzucht ländliches Kreditwesen, Obstvermarktung im Projektgebiet u. a. m. sind in vielen Ländern ein vertrauter Anblick. — Investitionsvermittlung. Im Anschluß an Projekte der Technischen Hilfe vermittelt die FAO Investitionen, d. h. sie bringt den Kapitalgeber und das auf Investitionen angewiesene Land zusammen. Mit der Investitionsvorbereitung und Maklertätigkeit setzt die FAO Summen in der Größenordnung von 2, 5 Milliarden Dollar im Jahr um.
— Sonderhilfe. Um den von Katastrophen betroffenen Ländern bei der Linderung von Notständen zu helfen und die landwirtschaftliche Produktion wiederaufzubauen, leistet die FAO Sonderhilfe aus freiwilligen Beiträgen und aus Mitteln des FAO-Programms für Technische Zusammenarbeit (TCP). 1984 hat das Büro für Sonderhilfemaßnahmen (OSRO) 72 Nothilfeprojekte im Umfang von etwa 12 Millionen Dollar abgewickelt Kleine Projekte dieser Art dienten beispielsweise der Lieferung von Saatgut für Nahrungskulturen oder Tierimpfstoffen.
Das gemeinsam von UN und FAO unterhaltene Welternährungsprogramm (WFP) leistet Nahrungsmittelnotstandshilfe, die der Genehmigungspflicht und Aufsicht des Generaldirektors der FAO unterliegt. Im letzten Haushaltsjahr belief sich diese Nahrungshilfe auf rund 390 Millionen Dollar.
In fast dreißig Jahren ihrer Tätigkeit in der technischen Hilfe hat die FAO gemeinsam mit den anderen Sonderorganisationen und in Abstimmung mit den Finanzierungsinstituten eine besondere Methodik und Praxis entwickelt, die von der der staatlichen (bilateralen) Hilfe teilweise beträchtlich abweicht; darauf soll im folgenden näher eingegangen werden.
II. Das Programm für Zusammenarbeit mit Regierungen (GCP)
Abbildung 11
Hilfe für die Armen
Quelle: OECD
Hilfe für die Armen
Quelle: OECD
Unter den der FAO anvertrauten Mitteln (Treuhandfonds) stellt das multi-bilaterale Programm der Zusammenarbeit mit Regierungen das weitaus größte Tätigkeitsfeld dar (1982: rund 45 Millionen Dollar); die FAO verwendet dabei Mittel, die von einem Land für ein oder mehrere Projekte in einem anderen Land oder einer anderen Region zur Verfügung gestellt werden. In der Regel sind es die westlichen Industrieländer, die die FAO beauftragen, Teile ihrer landwirtschaftlichen Entwicklungsarbeit für sie durchzuführen. Schweden finanziert beispielsweise ein interregionales Projekt zur Verbesserung der Bedingungen für Landfrauen; Norwegen ein Projekt zur Ausbildung von Fachkräften lateinamerikanischer Länder für die Anwendung von Sonartechnik in der Fischerei. Gelegentlich werden solche Mittel auch von Institutionen bereitgestellt, etwa von regionalen Entwicklungsbanken. So ist beispielsweise die Arabische Bank für Wirtschaftliche Entwicklung in Afrika (ABEDA) ein wichtiger Geber geworden. Von 1977 bis Mitte 1982 haben 31 Geberregionen und Institutionen nicht weniger als 131 interregionale Projekte, 160 Regionalprojekte und 380 einzelstaatliche Projekte in 57 Ländern finanziert; Ende 1984 gab es 391 Projekte, die mit einem Kostenaufwand von mehr als 430 Millionen Dollar abgewickelt wurden bzw. für die die Mittel bereitstanden. • Neben die multi-bilateralen Projekte tritt noch der Typ des unilateralen Projekts. Ende 1984 wurden von der FAO 104 solcher Projekte mit einem Kostenaufwand von fast 255 Millionen Dollar betreut, die durch unilaterale Treuhandfonds finanziert worden waren. In diesen Fällen hatte die FAO jeweils von einzelnen Regierungen den Auftrag erhalten, im eigenen Lande ein oder mehrere Projekte durchzuführen. Die Finanzierung kann entweder von der Regierung direkt oder durch einen von ihr beanspruchten Kredit bei externen Finanzierungsinstitutionen (z. B.der Weltbank) geleistet werden.
Zu den Treuhandmitteln rechnet die FAO auch die Finanzierung der sogenannten Associate Experts; dies sind Fachkräfte, die der FAO von den Regierungen mittelfristig über-stellt werden und Entwicklungsarbeit in einer Kombination von praktischer Tätigkeit und Fortbildung leisten. Auf diese Weise erhielt die FAO 1984 zusätzliche Mittel in Höhe von fast 13, 8 Millionen Dollar für — zumeist junge — Fachleute; sie stellen immerhin rund ein Fünftel des FAO-Projektpersonals.
Ein Grund, warum das Drittgeschäft der FAO mit den Geberregierungen und -Institutionen so rasch gewachsen ist, liegt zweifellos in der Transparenz der Treuhandfondsprogramme. Die Resultate der meisten Projekte sind zum einen genau überprüfbar; zum andern halten sich einzelne Länder auf bestimmten technischen Sektoren für besonders befähigt, über die FAO Hilfe zu leisten. Dänemark beispielsweise in der Milchwirtschaft, Österreich in der Forstwirtschaft oder die Schweiz bei Saatgut und der Vermeidung von Nahrungsmittelverlusten nach der Ernte. Von Bedeutung ist also bei diesem Drittgeschäft, daß das Geberland in der Regel nicht nur Mittel, sondern auch Fachkenntnisse beisteuert.
Mit der wachsenden Erfahrung im Drittgeschäft hat die FAO auch neue Methoden der Zusammenarbeit entwickelt; bislang wurden Abkommen über eine Treuhandzusammenarbeit mit sieben Hauptgebern abgeschlossen: mit Schweden, Italien, Dänemark, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz und Belgien. Einmal jährlich treffen FAO-Vertreter mit denen der einzelnen Geberländer zusammen und erörtern den Stand der laufenden Projekte sowie die geplanten Vorhaben. Zu den neuen Gebern zählen beispielsweise Japan, Australien und der Arabische Golf-Fonds. Eine Zunahme unilateraler Projekte in Ländern, die die technischen Möglichkeiten der FAO besser nutzen wollen sowie eine Vermehrung multi-bilateraler Projekte zwischen Entwicklungsländern, die sich gegenseitig zu Hilfe kommen — das sind die jüngsten Trends im Drittgeschäft der FAO.
Oft führten Treuhandfondsprojekte zu weiteren bilateralen Formen der Zusammenarbeit Einem von Dänemark finanzierten Projekt, das den Einsatz der tierischen Zugkraft in der Landwirtschaft Obervoltas förderte, folgten bilaterale Maßnahmen im Umfang von 4, 3 Millionen Dollar, an denen sich die USA, die Bundesrepublik Deutschland und weitere Länder beteiligten. Ein Anschlußprojekt der FAO wurde vom UNDP finanziert.
III. UNDP-finanzierte technische Hilfe
Der UN-Fonds für technische Hilfe (UNDP) erhält seine Mittel aus freiwilligen Spenden der Mitgliedsregierungen, zum Beispiel von der Bundesregierung. Nach einer Liquiditätskrise als Folge einer größeren Sparsamkeit der Geberländer hat sich das Beitragsvolumen des UNDP auf niedrigerem Niveau stabilisiert. Das zu erwartende mittelfristige Beitragsaufkommen wird auf fünf Jahre im voraus nach einem zwischen den Regierungen vereinbarten Schlüssel auf die zum Empfang von Hilfe berechtigten Mitgliedsländer aufgeteilt. Angenommen, ein Land erhielte beispielsweise im laufenden III. UNDP-Zyklus (1982— 86) eine indikative Planziffer (IPF) von 50 Millionen Dollar zugewiesen; wenn UNDP wirklich die geplanten (erhofften) freiwilligen Beiträge in dieser Periode erhalten sollte, so könnte dieses Land auch tatsächlich in diesem Zeitraum über den vollen Betrag verfügen. Gegenwärtig jedoch ist UNDP nur in der Lage, etwa 55 Prozent der Planziffer-Beträge tatsächlich zu decken; dieses genehmigte Budgetniveau (Authorized Budget Level = ABL) kann die Regierung nun frei für ihre Entwicklungsplanung einsetzen und beispielsweise zehn Millionen Dollar für die Landwirtschaft aufwenden, fünf Millionen für das Gesundheitswesen usw.
Für die Durchführung der mit diesem Geld finanzierten Projekte in der Landwirtschaft, in der ländlichen Entwicklung, im Fischereiwesen u. a. kommt i. d. R. die FAO in Betracht; in geringem Umfang führen Regierungen auch selbst Projekte mit UNDP-Mitteln im eigenen Land und in eigener Verantwortung durch. Manche Regionalprojekte werden regionalen UN-Wirtschaftskommissionen anvertraut (z. B. ESCAP für Asien und den Pazifik). In einigen Fällen bemüht sich UNDP selbst um die Durchführung. Der überwiegende Teil im Gesamtsektor Landwirtschaft jedoch wird von der FAO betreut, die mit über 20 Prozent Anteil an der totalen Mittelvergabe größter Partner von UNDP ist
IV. Das Programm für technische Zusammenarbeit
Das Programm für die technische Zusammenarbeit (TCP) ist das einzige Entwicklungsprogramm, das die FAO aus eigenen Mitteln finanziert. Aus Haushaltsersparnissen entstanden, ist das TCP seit 1976 bescheiden gewachsen. Es steuert etwa 8, 5 Prozent aller Finanzmittel für die technische Hilfe der FAO bei, finanziert sich aber nicht aus freiwillig geleisteten Beiträgen, sondern ist Teil des Ordentlichen Haushalts der FAO; sein Anteil beträgt 1984— 85 12, 7 Prozent des FAO-Budgets von 421 Millionen Dollar.
Trotz dieser relativ bescheidenen Dimensionen ist das TCP von großer Bedeutung für die Partner der technischen Hilfe der FAO, denn seine Kleinprojekte (bis 250 000 Dollar) ergänzen die andere Entwicklungsarbeit, ohne sich mit ihr zu überschneiden; diese Projekte füllen sonst schwer zu schließende Lücken und leisten, wo immer möglich, auch Vorarbeit für größere Projekte und Programme.
Aus dieser Zielvorstellung des TCP heraus ergibt sich auch, daß die meisten Projekte ein Finanzvolumen von 70 000— 80 000 Dollar haben und i. d. R. nach etwa drei Monaten abgewickelt sind. Die Projektdauer ist grundsätzlich auf ein Jahr begrenzt; nur in saisonal bedingten Ausnahmefällen kann das Projekt auf bis zu 24 Monate ausgedehnt werden.
Ein fester Anteil von 25 Prozent der TCP-Mittel ist für die Notstandshilfe bestimmt, die schnellere Verwaltungsprozeduren erfordert und fast ausschließlich aus Materiallieferungen wie Saatgut, Pestiziden und Geräten, Ersatzteilen usw. besteht über Sonderhilfeprojekte kann binnen 24 oder 48 Stunden entschieden werden; Verspätungen können sich dann einstellen, wenn die Regierung des Projektlandes ihre Bedürfnisse nicht rasch und präzise genug benennen kann. Immerhin wird rund ein Fünftel aller von Regierungen angeforderten Projekte von der FAO abgelehnt, weil sie den von TCP entwickelten Kriterien nicht entsprechen. Aus Gründen der Flexibilität und Vereinfachung sind die FAO-Landesvertreter ermächtigt, im Rahmen eines jährlichen Betrages von 20 000— 40 000 Dollar je Land kleine TCP-Projekte im Umfang bis zu höchstens 20 000 Dollar selbst zu genehmigen.
Bei den Nicht-Notstandsprojekten des TCP. die etwa 75 Prozent der Gesamttätigkeit um-B fassen und der technischen Hilfe dienen, werden rund 70 Prozent der Mittel für den Einsatz von Experten und für die Aus-und Fortbildung verwendet. Daher liegen die Durchschnittsausgaben der TCP-Projekte für Material und Ausrüstungen nur bei etwa 35 Prozent Bei Sonderhilfeprojekten liegt der Anteil der Material-und Ausrüstungslieferungen hingegen sehr hoch, d. h. bei 85— 90 Prozent Formelle Abkommen über die TCP-Projekte, in denen alle Einzelheiten enthalten sind, werden von der FAO und den jeweiligen Regierungen geschlossen. Alle Kosten des TCP werden in der FAO-Rechnungslegung über das Ordentliche Programm aufgeführt und vom Externen Rechnungsprüfer und dem Finanzausschuß kontrolliert und gebilligt. Ein durchschnittliches TCP-Projekt kostet nur etwa 78 000 Dollar — erheblich weniger als das Maximum von 250 000 Dollar.
V. Entstehung und Durchführung eines FAO-Projekts
Projektideen können die unterschiedlichsten Ursprünge haben. So wäre es denkbar, daß die Regierung eines Entwicklungslandes bei der Durchführung ihrer nationalen Entwicklungsplanung ein bestimmtes Projekt für notwendig hält, an die zuständige Fachorganisation FAO herantritt, die Idee prüfen und einen Projektvorschlag ausarbeiten läßt, ihn sodann bei Gefallen akzeptiert und die Finanzquelle bestimmt (etwa UNDP). Der Finanzier stimmt nach eigener Prüfung zu und das Projekt kann nach dem FAO-Operationsplan durchgeführt werden. Dies wäre der Normalfall; in der Regel läuft das Verfahren jedoch komplizierter ab. Denn Projektideen entspringen nicht allein der Regierungsplanung, sondern auch anderen Quellen. Häufig sind Projektideen das Ergebnis der FAO-Arbeit im Lande und werden im formlosen Gespräch mit den zuständigen Regierungsfachleuten entwickelt Oft sind es auch UN-Fonds oder bilaterale Geber von Treuhandmitteln, die eine Projektidee lancieren. Bevor ein konkreter Projektvorschlag entsteht, investiert die FAO Arbeit in Untersuchungen und Abstimmungen mit laufenden oder geplanten Tätigkeiten auf benachbarten Gebieten. Erst wenn die Durchführbarkeit des Projekts feststeht, die Verträglichkeit mit der Gesamtplanung des Landes geprüft wurde und die FAO sicher sein kann, daß sie die technische Kompetenz für das Projekt besitzt, wird sie an die Regierung des Landes herantreten oder sich zunächst um die Finanzierung bemühen.
Die Kosten dieser Projektvorbereitung werden von der FAO im Rahmen ihres Ordentlichen Haushalts getragen oder, wenn die Regierung des Nehmerlandes einen entsprechenden Antrag stellt, als Projekt des Programms für Technische Zusammenarbeit (TCP) finanziert. Gerade diese Phase der Projekt-Identifizierung und -Prüfung bedeutet einen wesentlichen Einsatz des Ordentlichen FAO-Programms zugunsten der Entwicklungsarbeit. Die gesamte Fachkenntnis und Dokumentation der Zentrale in Rom und der Regionalbüros kann kostenlos für die Bewertung und Absicherung der Projektidee eingesetzt werden. Wenn in diesem Stadium ein Finanzier gesucht werden muß, so spricht die FAO einen oder auch mehrere Geber an. Nach Unterzeichnung durch die Parteien kann die eigentliche Arbeit beginnen, falls die Mittel bereitstehen, denn die FAO verfügt in der Regel über keine Möglichkeit zur Vor-finanzierung. Nur in der Zusammenarbeit mit UNDP sind — wegen des großen Umfangs der Zusammenarbeit — vorgreifende Finanzierungen beschränkt möglich.
Für die Durchführungskosten berechnet die FAO eine Pauschale von normalerweise 13 Prozent der gesamten Projektkosten.'Dies deckt die Ausgaben für die technische Durchführung und Verwaltung des Projekts. Die Pauschale wird gesenkt, wenn Material und technische Ausrüstung einen größeren Teil des Projektbudgets ausmachen.
Mit dieser Pauschale deckt die FAO die Kosten der Planung und Durchführung des Projekts, der Anwerbung und Führung-der Fachleute, des Arrangements von Fortbildungsmaßnahmen, der Bestellung von Ausrüstungsgegenständen und Material, der Erstellung einer laufenden Berichterstattung über das Projekt und der Prüfung durch interne und externe Prüfer. Darin enthalten ist die technische Unterstützung des Projekts durch die Fachabteilungen der FAO, die — wenn sie selbst nicht in der Lage sein sollten, den Informationsbedarf des Projekts zu befriedigen — jedenfalls wissen, wo die benötigte Exper23 tise gefunden werden kann. Intern werden die Projekte durch informelle Arbeitsgruppen („Project Task Force") betreut, in denen die für die Durchführung zuständige Operationsabteilung und die fachlich verantwortlichen technischen Abteilungen vertreten sind. Diese Leistungen, die die für ihre -FAO Unko stenpauschale erbringt, lassen das Drittgeschäft die Treuhandfonds ständig — — weiter wachsen.
Besondere Aufmerksamkeit widmet die FAO der Personalrekrutierung. So werden mehr und mehr nationale Fachkräfte in, Entwicklungsländern, die früher für die FAO gearbeitet haben, für die Gestaltung von Projektplänen herangezogen. Zunehmend beschäftigt die FAO auch einheimische Experten als Projektpersonal und Projektleiter; überdies werden auch lokale Firmen als Auftragnehmer eingesetzt. Die internationale Liste von Fachleuten für den Einsatz in Entwicklungsländern ist elektronisch gespeichert; eine Speicherung der Liste der Beratungsfirmen und anderer Unternehmen ist vorgesehen. Die Materialbeschaffung für Projekte erfolgt ebenfalls überwiegend elektronisch; im Rechenzentrum befindet sich auch ein ergänzendes System für Projektvorschläge und -Vorbereitungen.
Geber von Mitteln für das Entwicklungsprogramm werden zu jährlichen Treffen mit der FAO und den Empfängerregierungen eingeladen. Diese Dreiertreffen, die Routineprozedur mit UNDP ähneln, dienen der besseren Planung und stärkeren Beteiligung des Gebers. Aufgrund der in vielen Entwicklungsländern herrschenden Wirtschaftslage ist es für Regierungen oft schwierig, die erforderlichen nationalen Beiträge für die Projekte aufzubringen. Die FAO versucht daher, die Geber zur Übernahme eines Teils der lokalen Projektkosten zu bewegen.
Als wichtiger Schritt zur Sicherung des Erfolges der Projektarbeit hat der Generaldirektor die FAO-Landesvertreter beauftragt, bei ihren zweijährlichen Projektüberprüfungen nicht nur über die laufenden Projekte, sondern auch über die nationale Weiterarbeit an den bereits abgeschlossenen Projekten zu berichten.
VI. Berichterstattung und Kontrolle
Die nationalen Projektleiter und leitenden FAO-Projektmitarbeiter erstellen halbjährlich Berichte über den Fortschritt des jeweiligen Projekts, die von den zuständigen technischen Abteilungen und der Operationsabteilung in der Zentrale geprüft werden; wenn die Projekte beendet sind, wird ein Abschlußbericht vorgelegt. Größere Projekte werden in regelmäßigen Abständen durch sogenannte „Tripartite Reviews“ überprüft Die Prüfungskommissionen bestehen aus Vertretern der drei Parteien — UNDP oder Treuhandgeber, Projektlandregierung und FAO. Außerdem können Treuhandgeber jederzeit eigene Prüfer entsenden.
Das Ideal einer umfassenden, systematischen und vergleichenden Prüfung aller Projekte ist wegen des erheblichen Arbeitsaufwands jedoch nur unter Ausnutzung der vorhandenen FAO-Strukturen zu erreichen. So sind nach einem im UN-Bereich einzigartigen System der Prüfung und Revision die FAO-Landesvertreter gehalten, alle zwei Jahre umfassende Projektprüfungsrunden in „ihren" Ländern durchzuführen. In der Haushaltsperiode 1982/83 haben die Landesvertreter mehr als 900 Projekte geprüft. Den Prüfungskommissionen unter Vorsitz der Landesvertreter gehören leitendes Projektpersonal der FAO, nationale Projektleiter und verantwortliche Regierungsbeamte an.
Ergänzt wird die Prüfungsrunde der Landes-vertreter durch rund 40 Besuche von Projektprüfungskommissionen pro Jahr. Diese „Tripartite Evaluation Missions“ (an denen Vertreter des Gebers und der Nehmerlandregierung teilnehmen) kommen aus der Zentrale in Rom und befassen sich in erster Linie mit großen, multidisziplinären Projekten. Angesichts dieser Konzentration auf große und problematische Projekte bringt die statistische Auswertung der Prüfungsberichte natürlich andere Ergebnisse als die der Landesvertreterberichte. Im Bericht des Generaldirektors heißt es dazu: „Beispielsweise zeigt die Über-sicht der FAO-Landesvertreterberichte, daß 57 Prozent der Projekte . gute'Leistungen erbringen, während die Bewertungsstichproben (der Prüfungskommissionen) nur bei 21 von 69 Projekten . gute'oder . befriedigende'Leistungen beobachten." Der Grund für die unterschiedliche Bewertung der Projektarbeit ist zweifellos in dem Wunsch einiger FAO-Landesvertreter zu suchen, „ihre" Projekte in ein möglichst günstiges Licht zu rücken.
Unter Berücksichtigung solcher Faktoren ergab sich am Ende der Vorperiode 1982/83 folgendes Gesamtbild der internen Prüfung: . Jeder Versuch, den Gesamtfortschritt der FAO-Entwicklungsprojekte anhand von gewöhnli-chen Leistungsindikatoren zu messen, begegnet enormen Schwierigkeiten. Die Projekte, um die es sich handelt, verteilen sich über 140 Entwicklungsländer. Ihr Inhalt und Ansatz sind sehr unterschiedlich. Ihre Leistung und letztlich ihr Erfolg hängen nicht nur von der FAO ab, sondern auch von Maßnahmen und Förderung durch andere, vor allem durch die Empfängerregierungen."
VII. Investitionsvermittlung
In den frühen Jahren der technischen Hilfe der FAO blieben investitionsvorbereitende FAO-Projekte oft ohne den „krönenden Abschluß" einer Investition. Erst als sich 1964 die Weltbank an die FAO mit der Bitte wandte, ihr bei der Steigerung der anfänglich sehr geringen Investitionen in die Landwirtschaft zu helfen, kam für die FAO die Chance, die von ihr als geeignet bewerteten Projekte einem Kapitalgeber zu empfehlen. Das Gemeinschaftsprogramm mit der Weltbank bot den Anlaß zur Einrichtung des Investitionszentrums der FAO, das inzwischen enge Beziehungen mit vielen anderen Finanzierungsquellen für landwirtschaftliche Investitionen unterhält. Das Investitionszentrum hat inzwischen Arbeitsverträge mit regionalen und nationalen Entwicklungsbanken, dem Internationalen Fonds für Landwirtschaftliche EntWicklung (IFAD) in Rom und zahlreichen anderen Fonds abgeschlossen. Dabei erstellt das Zentrum Projekte bis zur Investitionsreife und hilft bei der Ermittlung eines Kapitalgebers . Umgekehrt hilft das Zentrum auch, Projekte investitionsreif zu machen, für die der Geldgeber bereits feststeht
Die rund 120 Experten des Zentrums führen im Jahr rund 200 Missionen in Entwicklungsländern durch. Seit 1964 konnten so mehr als 576 Projekte im Gesamtumfang von über 26 Milliarden Dollar durchgeführt werden; der überwiegende Teil davon in den letzten Jahren. Für das Jahr 1984 beläuft sich die noch unvollständige Schätzung des Gesamtbetrags der vermittelten Investitionen (auswärtige Darlehen und Regierungsbeteiligungen) auf rund 2, 25 Milliarden Dollar.
VIII. Die Sonderhilfe der FAO
Durch ihr Frühwarnsystem für Ernährung und Landwirtschaft ist die FAO in der Lage, nicht nur Geberländer und -Institutionen, sondern auch die Entwicklungsländerregierungen selbst auf die drohenden Nahrungsverknappungen hinzuweisen. Während der Sahelkrise mobilisierte und koordinierte das FAO-Büro für Sonderhilfemaßnahmen (OSRO) erstmals die Hilfe der internationalen Gemeinschaft, später folgte die Hilfe für Äthiopien, Bangladesch, Kambodscha, Somalia und gegenwärtig ist das Büro erneut bei der Überwindung der afrikanischen Hunger-krise tätig. Dabei arbeitet OSRO eng mit dem UN-Büro für Nothilfemaßnahmen in Genf und dem Welternährungsprogramm der UN und FAO in Rom zusammen, das einen Fonds für Nahrungsmittelnothilfe unterhält.
Die Zuständigkeit von OSRO umfaßt Hilfe zum Schutz von Ernten und Tierbeständen in den Krisengebieten und die Wiederaufrichtung der Agrarproduktion, nachdem die unmittelbare Krise abgeklungen ist. In der Praxis bedeutet das beispielsweise die Verteilung von Saatgut, Düngemitteln, landwirtschaftlichen Geräten, Impfstoffen und Pestiziden sowie in einigen Fällen die Beschaffung großer Mengen Futtermittel für die Viehherden. Das Büro entsendet Personal in die Krisengebiete, da die lokale Verwaltung in der Regel den außerordentlichen Anforderungen nicht gewachsen ist. Der Einsatz setzt eine detaillierte Analyse der Situation voraus, die den Nothilfebedarf qualitativ und quantitativ erfaßt Wo der Bedarf in die Millionen Dollar geht, werden Delegationen von landeskundigen Experten entsandt, deren Bericht als Grundlage und Dokumentation für einen entsprechenden Hilfsaufruf seitens des Generaldirektors der FAO dient.
Seit der Einrichtung des Büros hat OSRO Soforthilfeaktionen und Wiederherstellungsmaßnahmen von rund 200 Millionen Umfang Dollar geplant und durchgeführt; die Schwerpunkte der Arbeit lagen im Sahel, im südlichen Afrika und in Kambodscha. Die Finanzierung wurde durch Spenden von Geber-regierungen, UN-Fonds und durch das FAO-Programm für Technische Zusammenarbeit (TCP) gesichert.
Derzeit dient das Büro auch als Sekretariat der Sonderarbeitsgruppe der FAO und des Welternährungsprogramms für Afrika; die Arbeitsgruppe hat bislang sieben Lageberichte veröffentlicht, die nicht nur die Situation der Länder im Detail beschreiben, sondern auch den Bedarf und die zugesagte Hilfe quantifizieren, die logistischen Aspekte analysieren und darüber hinaus Vorschläge für geeignete an Hilfsmaßnahmen die internationale Gebergemeinschaft richten.
Die bisher gewonnenen Erfahrungen des Büros lassen erkennen, daß die Bereitwilligkeit, nachhaltig Hilfe zur Wiederherstellung der krisengeschädigten Landwirtschaft zu leisten, weitaus geringer ist als die Bereitschaft zu Soforthilfe im Zeitpunkt des akuten Notstands; deshalb muß in den „klassischen“ Krisengebieten mit einer Wiederkehr und meist auch Verschärfung der Krisen gerechnet werden.
IX. Die Nahrungsmittelnothilfe
Die Nahrungsmittel für Nothilfe werden aus zwei verschiedenen Quellen ermöglicht: dem Nothilfe-Fonds des Welternährungsprogramms und der Internationalen Nahrungsmittelnotreserve (IEFR).
Seit seiner Gründung im Jahr 1963 ist das UN/FAO-Welternährungsprogramm zunehmend auch zur Vermittlung von Katastrophenhilfe herangezogen worden. Von 15 Millionen Dollar 1973 stieg seine Ausstattung mit Nahrungsmitteln und Barbeiträgen für Nothilfezwecke auf 55 Millionen Dollar im Jahr 1984. Während der Anteil 1973 nur zehn Prozent der Gesamtmittel ausmachte — die überwiegend als Nahrungshilfekomponente in Entwicklungsprojekten und für Speisungsprogramme bestimmt waren —, betrug die Nothilfebewilligung 1984 — einschließlich IEFR — 22 Prozent des Gesamtvolumens. Bedeutungsvoll ist dabei, daß 1973 noch nahezu keine Mittel für die Opfer von Kriegen und Unruhen vorgesehen waren; 1984 beanspruchte diese Art der Hilfe bereits mehr als die Hälfte des Etats (51, 3 %). Nothilfeersuchen werden von Regierungen an den Generaldirektor der FAO gerichtet — manchmal eines pro Tag — und von ihm entschieden, nachdem Welternährungsprogramm und OSRO das Ansuchen geprüft, befürwortet und die geeignete Komposition der Nahrungsmittel und die Logistik ausgearbeitet haben. Zwar könnten geeignete Nah-rungsmittel oft auch in der geographischen Nachbarschaft des Katastrophengebiets eingekauft werden; da aber Bemühungen, die Barkomponente der Nothilfe auf 33 Prozent des Gesamtvolumens zu steigern, nur teilweise erfolgreich waren, fehlen meist die Mittel, um geeignete Bestände vor Ort aufzukaufen. üblicherweise wird dann auf Lebensmittellieferungen aus Übersee zurückgegriffen.
Insgesamt belief sich der Wert der durch die FAO vergebenen Nahrungsmittelnothilfe einschließlich Transport-und überwachungskosten 1984 auf 724 000 Tonnen Getreide und andere Grundnahrungsmittel zum Preis von etwa 228 Millionen Dollar. Davon stammen jedoch nur 55 Millionen Dollar aus dem Ordentlichen Haushalt des Welternährungsprogramms. Die Notreserve war 1974 von der Welternährungskonferenz in Rom als ein Instrument zur Bewältigung von Ernährungskrisen (wie die im Sahel und in Äthiopien) gebildet worden. Durch freiwillige Beiträge in Form von Nahrungsmitteln wird die Notreserve aufgefüllt; daneben besteht die unerläßliche Barkomponente für Transporte und Verwaltungsaufwand. Als jährliches Beitragsziel setzte die Welternährungskonferenz 500 000 Tonnen Getreideäquivalent fest. Doch erst seit 1982 wird das Jahressoll voll erreicht. Die Beiträge des Jahres 1984 bestanden aus rund 608 912 Tonnen Getreide und 47 500 Tonnen anderen Nahrungsmitteln im Gesamtwert von 173 Millionen Dollar. Von den gesamten Zuwen-B düngen des Jahres 1984 an die Reserve wurden 8, 8 Prozent in bar für Nahrungsmittel-käufe geleistet. Diese Barbeiträge erfolgten zusätzlich zu der erwähnten Barkomponente für Transport und Verwaltungskosten der , Nahrungsmittelspenden in Warenform. Unter den 20 Gebern der IEFR 1984 leisteten die USA wie stets den größten Beitrag (etwa 45 Prozent). Vierzehn weitere Geber, darunter die Bundesrepublik Deutschland, aber auch Entwicklungsländer wie Sri Lanka und Thailand, steigerten 1984 ihre Leistungen. Die Beitragskonferenzen, bei denen die Geber ihre Beiträge ankündigen, finden gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm in New York statt. Der Generaldirektor der FAO hat sich stets bei Gesprächen mit Regierungen nachhaltig für diese Reserve eingesetzt. Ohne die zusätzlichen Mittel aus der Reserve wäre es kaum möglich gewesen, den großen Anforderungen der jüngsten Vergangenheit gerecht zu werden — man denke nur an die Dürrekatastrophe in weiten Teilen Afrikas. Von den spektakulären Einzeldramen abgesehen, dienen die Mittel der Reserve auch zur Linderung der Not in zahlreichen anderen Ländern, beispielsweise der von Flüchtlingen in vielen Entwicklungsländern der Welt.
X. Die Welternährungslage
Die Weltnahrungs-und Agrarproduktion stieg 1984 um mehr als 4 Prozent — „eines der besten Ergebnisse der letzten zehn Jahre"; doch die afrikanische Ernährungskrise verschärfte sich, resümiert der jährliche Welternährungsbericht der FAO.
In der Ausgabe für 1985 wird dargelegt, daß die Steigerung der Nahrungserzeugung hauptsächlich in den Vereinigten Staaten Westeuropa und einigen größeren Entwicklungsländern — beispielsweise in China und Indien — stattfand. Die’ Zunahme betraf hauptsächlich Getreide; weltweit wurde sogar ein neuer Ernterekord von 1, 78 Milliarden Tonnen — 8, 5 Prozent mehr als im Vorjahr — erzielt.
„Im Fernen Osten nahm die Erzeugung wiederum zu und konsolidierte die starken Zunahmen des Jahres 1983", heißt es in dem Bericht weiter. „In den Nahrungsdefizitländern mit geringen Einkommen stieg die Nahrungsmittel-und Agrarproduktion um 2, 9 Prozent und die Erzeugung von Grundnahrungsmitteln um 2 Prozent, wobei diese Zunahmen hauptsächlich in China und Indien auftraten."
Die Diskrepanzen in der Produktionsleistung der entwickelten und Entwicklungsländer zeigten sich auch zwischen den einzelnen Entwicklungsregionen. Die Situation hat sich in vielen der ärmsten Länder verschlechtert. In 42 Ländern lag die Getreideproduktion pro Kopf 1984 niedriger als 1969/71. In Afrika herrschte in 21 Ländern Ende 1984 immer noch eine ungewöhnliche Nahrungsknappheit: „In zahlreichen dieser Länder haben sich die Böden und Weidegebiete verschlechtert und die Ausdehnungsgeschwindigkeit der Wüste beschleunigt. Die Getreideeinfuhren Afrikas stiegen seit 1970 von 5 auf 18 Prozent des Verbrauchs an Grundnahrungsmitteln."
In einem Kapitel des Berichts über Afrika heißt es, daß dies die einzige Region der Welt sei, „der es nicht gelingt, die Nahrungserzeugung schneller zu steigern als die Bevölkerung wächst". Obgleich die Gesamtproduktion an Nahrungsmitteln in normalen Jahren zunimmt, ist sie — pro Kopf gerechnet — seit 1970 um durchschnittlich rund ein Prozent pro Jahr geschrumpft: . Afrika zahlt unverändert die Strafe für eine hohe Wachstumsrate der Bevölkerung — rund 3 Prozent pro Jahr 1983 und offenbar weiterhin steigend. Unter Afrikas 51 Ländern befinden sich 34 Länder mit niedrigen Einkommen. In 26 von ihnen war der Pro-Kopf-Verbrauch an Grundnahrungsmitteln 1984 geringer als 1970."
Im Vorwort erklärt der FAO-Generaldirektor Saouma: „Die Lage wird sich wahrscheinlich zunächst verschlechtern, bevor sie sich bessern kann." Da Afrikas Nachfrage nach Nahrung weiterhin jährlich um 3, 4 Prozent bis zum Jahr 2000 wachsen wird, während die Nahrungsproduktion jährlich nur um 1, 9 Prozent zunimmt, „sind Pläne, die den Afrikanern neue Hoffnung geben, so überaus dringlich. Es gibt zwei Möglichkeiten der Hilfe: Die erste ist die Verbesserung der Leistung von Katastrophenhilfe. Die andere wäre die Schaffung einer Grundlage, auf der die Völker Afrikas ihre Landwirtschaft wieder aufbauen können. Afrika hungert nicht nur nach Nahrung, sondern auch nach den Mitteln, sie zu erzeugen." Weltweit gesehen registriert Saouma allerdings „eine deutliche Verbesserung" der Ernährungsstandards in den Entwicklungsländern im Laufe des vergangenen Jahrzehnts. „Erstmalig lag der Durchschnittsverbrauch an Kalorien über dem Mindestmaß zur Deckung des Ernährungsbedarfs"; „Insgesamt gesehen, sind wir im Begriff, die Schlacht zu gewinnen.“
Der Jahresbericht bietet — illustriert durch Diagramme und Karten — außerdem einen Gesamtüberblick über die Arbeit der FAO im Jahre 1984, ihre weltweiten Bemühungen um die Schaffung eines für die landwirtschaftliche und die ländliche Entwicklung günstigeren Klimas, ihre Hilfe für die Landwirte in Entwicklungsländern sowie über ihre Entwicklungsprogramme.
Heinrich von Loesch, Dr. rer. pol., geb. 1934; nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Tübingen, Zürich, Kairo und München fachjournalistische Tätigkeit für Rundfunk, Fernsehen und Presse; seit 1970 in der FAO-Zentrale in Rom verantwortlich für den deutschen Pressedienst in der Informationsabteilung der FAO. Veröffentlichungen: Stehplatz für Milliarden — das Problem Übervölkerung, Stuttgart 1974.
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