Mehrheitsfindung im Föderalismus. Thesen zum Konsensualismus der westdeutschen Politik
Uwe Thaysen
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Zusammenfassung
Der Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland enthält viele Widersprüchlichkeiten. Im internationalen Vergleich ist er durch beträchtliche Dynamik gekennzeichnet, die gleichwohl politische Konstanz bewirkt. Typisch für ihn ist Konkurrenz, die dennoch weitgehenden inhaltlichen Konsens hervorbringt Zwar haben die Väter des Grundgesetzes die Entwicklung kräftig ausdifferenzierter Bundesländer fördern wollen, tatsächlich aber ist die Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse ständig fortgeschritten. Zwar haben die Bundesländer immer mehr an Eigenständigkeit auch der Kompetenzen, eingebüßt dafür aber zunehmend Einfluß auf die Gesetzgebung des Bundes gewonnen. Zwar zielt das parlamentarische Regierungssystem in Bund und Bundesländern auf die ungeteilte Verantwortlichkeit der Regierungen und ihrer Mehrheiten, trotzdem erhalten die Oppositionen von Bund und Ländern einen — institutionell gut abgesicherten — Einfluß auf die Bundespolitik, wie er in anderen westeuropäischen Ländern unbekannt ist Vom Bundesrat geht ein erheblicher „Konsensdruck“ auf die Parteien der Bundesrepublik aus. Höchstens zwei Prozent der Gesetzentwürfe scheitern am Bundesrat und mindestens zwei Drittel aller Gesetze werden im Bundestag schließlich einstimmig verabschiedet Der Konsensdruck verstärkt zwar die Legitimität der Entscheidungsinhalte, nicht aber Transparenz und Partizipation der Entscheidungsverfahren. Insofern kann — im Unterschied zur Schweiz — von einem „Föderalismus von oben“ gesprochen werden. Der Konsens der traditionellen Parlamentsparteien bewirkt die „Ausgrenzung" alternativer Politik. Um so problematischer ist die Forderung nach mehr Konsens für die westdeutsche Politik gerade aus den Reihen der Befürworter alternativer Politik. In jüngster Zeit gibt es Anzeichen für eine Wiederbelebung des Föderalismus. Es ist dies jedoch keine Wiederbelebung der Individualitäten unterschiedlicher Landesvölker, vielmehr eine gesteigerte Konkurrenz der Landesväter. Es ist dies ein aus den Staatskanzleien der Bundesländer ventilierter Föderalismus, in dem die Ministerpräsidenten innerund zwischenparteilich als „Zuschußmaximierer“ und „Stimmenmaximierer" sowie als Kanzlerkandidaten miteinander wetteifern. Bei diesem „Föderalismus von oben“ geht es um die höchstmögliche Zustimmung von unten. Es ist ein parteipolitisch dominierter, konsensorientierter Konkurrenzföderalismus.
In der Bundesrepublik Deutschland wird die Geltungskraft des Mehrheitsprinzips sowohl normativ als auch faktisch in Zweifel gezogen: Die Mehrheit sei nicht mehr legitimiert, ihre aktuelle Entscheidungsbefugnis (z. B. für nicht mehr revidierbare technische Entwicklungen) auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Für eine zunehmende Zahl weitreichender Entscheidungen seien größere als , nur‘ einfache Mehrheiten erforderlich. Mit einer Reihe unterschiedlicher Argumente wird den durch Wahlen legitimierten Mehrheiten der Bundesrepublik mehr oder weniger direkt ein unbedachter, unsensibler bis rücksichtsloser Dezisionismus vorgeworfen: Allzu schnell und allzu leichtfertig würden sie von ihren jeweiligen 50 plus x Prozent Gebrauch machen — und sei x auch nur kaum mehr als („Mehrheit ist Mehrheit"). Arroganz der Macht beseele die Regierungsmehrheiten; „als Brecheisen gegenüber abweichenden Minderheiten würden sie die Mehrheitsregel einsetzen; an Stelle „des flexibleren Prinzips des politischen Kompromisses“ gar schneidigen Gebrauch machen von der „Guillotine der Mehrheitsentscheidung" 1).
I. Einleitung
Die verfassungsrechtlichen und demokratie-theoretischen Argumente dieser Kritik an den . Altparteien“ (CDU, CSU, SPD, FDP) wurden bereits formuliert Stimmt der empirische Teil der Kritik? Gehen die Mehrheiten der Bundesrepublik wirklich so mit ihren Möglichkeiten zu Werke, wie es in dieser Kritik zum Ausdruck gelangt? Können sie so verfahren, wenn sie es wollen? Ich werde diese Fragen entschieden verneinen, indem ich den stark konsensualistischen Grundzug der „etablierten“ Politik erläutere. Gerade dieser starke Konsensualismus war Anlaß und Voraussetzung für das Entstehen und Anwachsen einer vehementen Fundamentalopposition gegen die Praxis der westdeutschen „parlamentarischen Mehrheitsdemokratie“. Das Wort „Mehrheitsdemokratie" ist für diese Fundamentalkritiker keine Tautologie: Für sie sind „Demokratie und Mehrheitsherrschaft ... keine deckungsgleichen Begriffe" Die theoretische Provokation ihrer Aufkündi-gung einer Allgemeingültigkeit ist weniger aufregend als die politische Provokation; diese liegt darin, daß den gewählten Mehrheiten die demokratische Legitimität bestritten wird.
Ich möchte meine Antwort auf die genannten Vorwürfe aus einem einzigen Blickwinkel begründen: aus den Wirkungen, die der westdeutsche Föderalismus für die politische Willensbildung hat
II. Grundstruktur des westdeutschen Föderalismus
Abbildung 2
Tabelle 2: Behandlung von Gesetzesbeschlüssen des Bundestages im Bundesrat 1949 bis 1985 Quelle: Uwe Thaysen, Grenzlinien der Regierbarkeit 1974 bis 1979, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 20/79, S-ergänzt und korrigiert (a) auf Grund der von Gebhard Ziller, Der Bundesrat Ämter und Organisationen der Bundesrepublik Deutschland, Düsseldorf 19847, S. 112fL zusammengestellten Zahlen, (b) auf Grund eigener Recherchen beim Bundesrat 2.
Tabelle 2: Behandlung von Gesetzesbeschlüssen des Bundestages im Bundesrat 1949 bis 1985 Quelle: Uwe Thaysen, Grenzlinien der Regierbarkeit 1974 bis 1979, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 20/79, S-ergänzt und korrigiert (a) auf Grund der von Gebhard Ziller, Der Bundesrat Ämter und Organisationen der Bundesrepublik Deutschland, Düsseldorf 19847, S. 112fL zusammengestellten Zahlen, (b) auf Grund eigener Recherchen beim Bundesrat 2.
In der Bundesrepublik Deutschland ist Föderalismus als Gestaltungsprinzip der Staatsorganisation unabänderlich verankert (Art 79 Abs. 3 GG). Die Alliierten, aber auch — später und zum Teil unterschiedlich — die deutschen Väter der Verfassung (des Grundgesetzes von 1949) hatten aus ihren schlimmen Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Führerstaat die pluralistisch fundierte, gewaltenteilende Konsequenz gezogen, erstens Preußen klein zu halten und zweitens einen auf bestandsfähige Gliedstaaten gegründeten, in sich sowohl kräftigen als auch kräftig aus-differenzierten Bundesstaat zu etablieren Das ist ihnen gelungen — wenngleich anders als erwartet Die Zuständigkeiten zwischen dem Bund als Gesamtstaat und den Bundesländern als Gliedstaaten sind in der Weise verteilt, daß jeweils die Kompetenzen des Bundes aufgeführt sind. Was nicht genannt ist, bleibt Sache der Länder. Diese Primärzuständigkeit der Länder ist im Grundgesetz gut abgesichert (Art 30 GG). Aber schon die Evidenz eines internationalen und historischen Vergleichs läßt das Auseinanderklaffen aller normativ begründeten Erwartungen auf föderative Vielfalt einerseits und der westdeutschen Verfassungswirklichkeit andererseits erkennen.
These 1: Die starke Verfassungsgarantie der Eigenstaatlichkeit der Länder hat nicht zur Auseinanderentwicklung und Profilierung eigenstaatlicher fndividualitäten geführt; vielmehr gibt es einen Trend zur Vereinheitlichung aller Lebensverhältnisse, zur „sachlichen Unitarisierung“ .
Seit die von Fürsten geschaffene feudal-bündische Grundlage des Föderalismus 1919 fortfiel, ist die „Unitarisierung“ kaum mehr aufzuhalten gewesen; nicht unter den besonderen Bedingungen deutscher Geschichte und Politischer Kultur, nicht unter den Maßgaben der gegenwärtigen Sozialstruktur, erst recht nicht unter den Voraussetzungen der sozialstaatlichen Ansprüche und auch nicht einmal unter den verfassungsrechtlich gegensätzlichen Absichten des Grundgesetzes. Anders als in der kleinräumigen, aber mehrsprachigen Schweiz aus 26 Gebietskörperschaften, anders auch als auf dem Kontinent der 50 amerikanischen Einzelstaaten sind in der Bundesrepublik die „wesentlichen Grundlagen konkret-geschichtlicher Eigenständigkeit der Länder" weitgehend verloren. Trotz emphatischer verfassungsrechtlicher Betonung der Primärzuständigkeit der Länder sind ihnen nur noch schrumpfende Reservate relativ hoher Autonomie (Kultus, Polizei, Schulwesen, Verwaltung, Kommunalverfassung) geblieben. Es sind dies Gebiete, auf denen den Ländern auch durch das Grundgesetz eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz Vorbehalten ist (Art 70 GG).
These 2: Das traditionelle Substrat der Eigen-staatlichkeit der Länder — fndividualität und Entscheidungsautonomie — schwindet dahin.Das Grundgesetz hat den Ländern zwar staatliche Primärzuständigkeit eingeräumt, gleichzeitig aber die einzelnen Länder dadurch „entmachtet“, daß es ihnen — gebündelt via Bundesrat — überragenden Einfluß auf die vereinheitlichende Gesetzgebung des Bundes eröffnet.
These 3: Es hat sich eine spezifisch bundesrepublikanische Paradoxie des Föderalismus entwickelt: Je stärker die Mitwirkung der untereinander kooperierenden westdeutschen Gliedstaaten („Selbstkoordination der Länder") desto schwächer die Autonomie und damit die Individualität der Länder Und umgekehrt: Was die einzelnen Länder an jeweiliger Autonomie verloren haben, das haben sie (zusammen) an Mitwirkungspotential gegenüber dem Cesamtstaat — an Potential also zur Mehrheitsbildung in derBundesrepublik — dazugewonnen.
Folgerichtig verlagerte sich die politische Aktivität auf die Kooperation der Länder untereinander, ferner auf die Kooperation der Länder mit dem Bund. Bis 1969 hatte sich ein „Verbundföderalismus" entwickelt, den Fritz W. Scharpf und andere eindringlich als „Politikverflechtung" beschrieben haben. Diese Aktivitäten aber sind typische Aufgaben der Exekutive. Es sind die Ministerialbürokratien des Bundes und der Länder, welche dieses Zusammenwirken besorgen. Der erste Präsident der Bundesrepublik, Theodor Heuss, soll den Bundesrat als „Parlament der Oberregierungsräte" charakterisiert haben Die Szenerie des Bundesrates hat sich zwar gewandelt; ins Plenum dieses zweiten Gesetzgebungsorgans ist die erste, das heißt politische anstelle der bürokratischen Garnitur der Landesregierungen gerückt In den Ausschüs-sen des Bundesrates aber waltet administrativer Sachverstand in einem Umfang, der nach Auskunft eines langjährigen westdeutschen Insiders „bis heute (1974, U. Th.) noch nicht einmal als Frage in den Gesichtskreis der Politikwissenschaft gelangt ist“
These 4: Der „Kooperative Föderalismus“ der Bundesrepublik ist als „Verwaltungsföderalismus“ als „Regierungsföderalismus“ zusammenfassend als „Exekutivföderalismus“ zu umschreiben.
Dem circulus vitiosus der doppelten Entwicklung: der schwindenden Grundlage für einzelstaatliche Gesetzgebungeinerseits und einem andererseits zunehmenden Exekutivföderalismus sind die Landesparlamente der Bundesrepublik besonders ausgesetzt.
These 5: Die gesetzgeberische „Entmachtung der Landesparlamente“ ist ausgeprägtes Cha-rakteristikum des westdeutschen Exekutivföderalismus
Die Institutionalisierung des Bundesrates als „stillem Teilhaber der Regierungs-und Parla-mentsmacht“ (Ulrich Scheuner) auf der Bundesebene ist Grund und Medium zugleich für diese Entwicklung.
III. Der Bundesrat im Instanzenweg der Gesetzgebung
Abbildung 3
Tabelle 3: Im Deutschen Bundestag ohne Gegenstimmen verabschiedete Gesetze Quelle: Volker Nienhaus, Konsensuale Gesetzgebung im Deutschen Bundestag: Einige Zahlen und Anmerkungen zur 7. bis 9. Wahlperiode (1972— 1983), in: ZParl, 16 (1985), 2, S. 163— 169; siehe dort auch die nähere Erläuterung dieser Tabelle. Gegenüber dieser Tabelle ist darüber hinaus wichtig zu bedenken, daß hier noch nicht einmal die relativ vielen Gesetze erfaßt sind, die zwar mit Gegenstimmen, aber gleichwohl noch durchaus „konsensualistisch" verabschiedet wurden, weil es sich um wenige Gegenstimmen aus dem Regierungs-bzw. Oppositionslager handelte oder um zusammengenommen wenige Gegenstimmen sowohl aus dem Regierungsais auch aus dem Oppositionslager.
Tabelle 3: Im Deutschen Bundestag ohne Gegenstimmen verabschiedete Gesetze Quelle: Volker Nienhaus, Konsensuale Gesetzgebung im Deutschen Bundestag: Einige Zahlen und Anmerkungen zur 7. bis 9. Wahlperiode (1972— 1983), in: ZParl, 16 (1985), 2, S. 163— 169; siehe dort auch die nähere Erläuterung dieser Tabelle. Gegenüber dieser Tabelle ist darüber hinaus wichtig zu bedenken, daß hier noch nicht einmal die relativ vielen Gesetze erfaßt sind, die zwar mit Gegenstimmen, aber gleichwohl noch durchaus „konsensualistisch" verabschiedet wurden, weil es sich um wenige Gegenstimmen aus dem Regierungs-bzw. Oppositionslager handelte oder um zusammengenommen wenige Gegenstimmen sowohl aus dem Regierungsais auch aus dem Oppositionslager.
Der Weg eines Gesetzes in der Bundesrepublik ist lang und kompliziert Nur drei Charakteristika seien hier verdeutlicht: a) die Tendenz zur Konzentration der Gesetzgebung beim Bund, eine Tendenz, die — mit Ausnahme von Kanada — in allen demokratisch-föderativen Staaten zu beobachten ist (Max Frenkel); b) die starke Stellung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren, eine Stellung, die dieser durchaus — wenngleich anders fundiert — mit anderen zweiten Kammern, etwa dem US-Senat teilt; sowie c) der überaus bedeutsame Einfluß der Länder (über Bundesrat und Vermittlungsausschuß) auf das Gesetzgebungsverfahren und damit auf das strategische Verhalten der Parteien bzw. Parteienlager in der Bundesrepublik, ein Faktum, das als Spezifikum der Bundesrepublik zu werten ist 1. Verlagerung der Gesetzgebung zu Bund und Bundesrat Der Bund hat seine gesetzgeberische Tätigkeit auf allen Gebieten — auch dort, wo er zunächst nur beschränkte oder mit den Ländern konkurrierende Zuständigkeit beanspruchen konnte — entschieden ausgedehnt Vor allem hat er seine Zuständigkeiten selbst erweitert: 24 der bisher 35 Grundgesetzänderungen betrafen die föderative Struktur der Bundesrepublik. Die Änderungen vermehrten nahezu ausnahmslos die Kompetenzen des Bundes zu Lasten der Länder.
These 6: Die gesetzgeberischen Beschränkungen des Bundes gegenüber den Ländern sind im wesentlichen nur noch Selbstbeschränkungen des Bundes.
Im Verlaufe seiner Geschichte ist der Bundesrat nicht nur in immer stärkerem Umfang in die Gesetzgebung des Bundes einbezogen worden. Er selbst ist, seit 1961 deutlich zunehmend, als Gesetzesinitiator auf den Plan getreten. In der 3. Legislaturperiode (1957-1961) brachte er nur fünf Gesetzesentwürfe ein, das waren 0, 8% aller Initiativen. Seither steigerte er seinen Anteil Wahlperiode (WP) um Wahlperiode (4. WP = 1, 9%; 5. WP = 3, 2%; 6. WP = 7, 6%; 7. WP = 10, 9%). Der Trend ist ungebrochen: In der 8. WP (1976— 1980) wurden 53 Gesetzentwürfe, in der verkürzten 9. WP (1980— 1983) 38 Gesetzentwürfe eingebracht; zur Halbzeit der 10. WP, im Mai 1985, waren es bereits 45. In der 9. WP wurden insgesamt 9 vom Bundesrat initiierte Gesetze verabschiedet, zur Halbzeit der 10. WP waren es bereits 15. Die Zahlen der 10. WP könnten auch etwas aussagen über die willentlich oder gegen ihren Willen zurückgesteckte bzw. nachlassende Initiativbereitschaft bzw. -fähigkeit der Bundesregierung. 2. Stellung der Oppositionen von Bund und Ländern „Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen ... Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf Stimmen ... Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden" (Auszüge aus Art 51 GG). Im Bundesrat gibt es also eine spezifische Form des imperativen Mandats. Dieses Spezifikum des westdeutschen Föderalismus — das sogenannte Bundesratsprinzip im Unterschied zum amerika-B nischen Senatsprinzip, demzufolge die Senatoren weisungsfrei sind — hat weitreichende Konsequenzen.
Drei Instanzen haben das Recht zur Gesetzesinitiative: Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat (Art 76 GG). Gesetzentwürfe von Bundesregierung und Bundesrat folgen nahezu demselben Instanzenweg. Sie müssen, darauf kommt es für unseren Zusammenhang an, in der Regel mindestens zweimal den Bundesrat durchlaufen. Bei Initiativen aus der Mitte des Bundestages — das sind nur etwa 25 Prozent — entfällt der erste Durchgang durch den Bundesrat (Art 77 und 78 GG); die parlamentarische Mehrheit nutzt diese Möglichkeit wenn sie die Verabschiedung eines Gesetzes beschleunigen will Meistens aber ist das Initiativrecht des Bundestages ein Instrument der Opposition, um gegebenenfalls kontroverse Argumente anhand von Regierungsentwürfen öffentlich darzustellen.
Die Gesetzentwürfe der Opposition reifen nicht allein nur im Schoße der Oppositionsfraktionen; für die Erstellung von Gesetzentwürfen sind die Oppositionsparteien keineswegs verwiesen auf die im Vergleich zur Bundesbürokratie beschränkten Mittel und Apparaturen der Fraktionen und des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Vielmehr konnten die Prteien der Bundestagsoppositionen noch zu jeder Zeit der westdeutschen Geschichte auf die administrativen Apparate der von ihnen dominierten Landesregierungen und Landesbürokratien zurückgreifen. Diese „Hilfeleistungen“ sind seit langem nicht mehr den Zufälligkeiten der jeweils gerade anfallenden Gesetzesmaterie und der jeweils gerade ersichtlichen Kapazitäten der verschiedenen Landesregierungen überlassen.
These 7: . Zwischen den Landesregierungen, insbesondere denjenigen der jeweiligen Oppositionsparteien im Bundestag, gibt es mittlerweile ein routiniertes und leistungsfähiges System der Arbeitsteilung zur Beratung und Unterstützung der jeweiligen Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag.“
Der Bundesrat nimmt auf vielfältige Weise schon im Vorfeld der Bundesgesetzgebung Einfluß. Da er in allen Ausschüssen des Bundestages vertreten ist, werden die Landesinteressen schon in diesem frühen und wichtigen Stadium der parlamentarischen Gesetzes-beratung wahrgenommen. In dem Maße, wie im Bundesrat mehrheitlich Regierungen vertreten sind, in denen die Oppositionspartei des Bundestages dominiert werden, wie oben gezeigt ganz oder weitgehend inhaltsgleiche Bundesratsinitiativen parallel zu den Initiativen der Bundestagsopposition eingebracht „So kann es also nicht nur einen Parallellauf der Initiativen von Regierung und Regierungsfraktionfen), sondern auch einen solchen von Oppositionsfraktion(en) und Bundesrat geben.“
These 8: Die Oppositionsparteien der Bundesrepublik — ob Bund oder Land, schwarz“ oder . rot“ — sind verfahrensrechtlich, institutionell, apparativ und informativ bessergestellt als diejenigen von Einheits-und Zentralstaaten wie Großbritannien und Frankreich, auch — mutatis mutandis — noch besser als diejenigen ftaliens.
Diese These relativiert zwar nicht die These 5 von der gesetzgeberischen Entmachtung der Landesparlamente. Sie ist aber ein Hinweis darauf, daß die gesetzgeberische Entmachtung der Landesparlamente nicht — wie dies häufig geschieht — vorschnell pauschal auf alle Bereiche des Landesparlamentarismus übertragbar ist: Nach wie vor sind die Landes-regierungen parlamentarisch abhängig und daher als Kernmannschaften der Landes-mehrheiten zu begreifen, denen vergleichsweise informierte oder wenigstens informationsfähige Oppositionen gegenüberstehen. 3. Föderalismus und Parteienstaat: Landes-väter und Parteiensöhne Föderalismus und Parlamentarismus der Bundesrepublik werden überlagert von deren Parteiensystem. Die „Landesväter“ vergessen nicht, daß sie „Parteiensöhne“ sind Von 1949 bis 1969 waren die Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat parteipolitisch weitgehend identisch: Deshalb ergaben sich zwischen beiden Bundesorganen keine parteipolitisch bedingten Grundsatzkonflikte. Diese Situation änderte sich 1969 mit dem Regierungsantritt der sozial-liberalen Koalition: Die SPD-dominierte Bundestagsmehrheit stieß auf eine sogar noch zunehmend anwach-sende CDU/CSU-dominierte Bundesrats.
mehrheit (siehe Tabelle 1).
Bis zur Grenze eines geringen Übergewichts der Oppositionsparteien im Bundesrat kann noch ein Teil der Gesetze der Bundestags-mehrheit (die sogenannten Einspruchsgesetze)
gegen den möglicherweise, aber nicht notwendigerweise oppositionellen Willen eines parteipolitisch kontroversen Bundesrates verwirklicht werden. Bei Einspruchsgesetzen kann die Bundestagsmehrheit den Einspruch des Bundesrates am Ende überstimmen und somit das Gesetz nach ihrem Willen verabschieden. In der Zeit von 1978 bis 1982 hätte der Wahlsieg der CDU in einem weiteren, von ihr noch nicht dominierten Bundesland genügt, im Bundesrat ein parteipolitisches CDU/CSU-Übergewicht von mehr als zwei Dritteln herzustellen. In einer solchen Konstellation hätte die CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat jedes Gesetz scheitern lassen können, weil die Bundesregierung im Bundesparlament nicht über jene Zweidrittelmehrheit verfügte, mit welcher sie die CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat wenigstens bei Einspruchsgesetzen hätte „überstimmen“ können.
IV. Der Vermittlungsausschuß
Bei den anderen, zahlenmäßig weit überwiegenden, für die Länder finanz-bzw. verwaltungswirksamen Gesetzen, die nicht ohne Zustimmung des Bundesrates zu verwirklichen sind, den sogenannten Zustimmungsgesetzen, kommt dem Vermittlungsausschuß nach Art. 77 Abs. 2 GG erhöhte Bedeutung zu. Er setzt sich zur einen Hälfte zusammen aus Mitgliedern des Bundestages; auch bei knapper Mehrheit der Regierungsparteien im Deutschen Bundestag halten diese im Vermittlungsausschuß einen Sitz mehr als die Oppositionsparteien. Zur anderen Hälfte setzt sich der Vermittlungsausschuß aus Mitglie-B dem des Bundesrates zusammen; diese sind von den Bundesländern entsprechend ihren jeweiligen Regierungsparteien bestimmt. Wegen des unterschiedlichen Wahlrhythmus'in Bund und Ländern kann es nach dem Regierungswechsel in einem Land oder in mehreren Ländern im Verlaufe einer Legislaturperiode des Bundes auch im Vermittlungsausschuß zu parteipolitischen Kräfteverschiebungen kommen. So ist es möglich, daß die amtierende Koalition im Vermittlungsausschuß mehr oder weniger stark dominiert. Es kann aber auch zu einer Pattsituation kommen oder gar dahin, daß die Opposition ein Über-gewicht erreicht. Ein solches Übergewicht des Oppositionslagers im Vermittlungsausschuß hat es nie gegeben, aber von 1976 bis 1981 gab es eine parteipolitische Pattsituation. Auf der Bundestagsseite standen den sechs Mitgliedern der sozial-liberalen Koalition fünf Mitglieder der CDU/CSU gegenüber. Auf der Bundesratsseite aber war das Stimmenverhältnis (Berlin mitgerechnet) genau umgekehrt: Sechs von der Union geführten Ländern standen fünf SPD-dominierte Länder gegenüber. Die 11: 11-Pattsituation wurde allerdings durch die CDU/FDP-Regierung des Saarlandes aufgelockert. Nach dem Regierungswechsel in'Berlin 1981 verstärkte sich das Übergewicht der CDU-bzw. CSU-regierten Länder um eine Stimme zu Lasten der SPD-bzw. SPD/FDP-regierten Länder.
Das von 1969 bis 1982 geübte „Doppelspiel“ der FDP — des Verbündeten der SPD-Regierung auf Bundesebene und auf Landesebene sowie des Verbündeten auch von CDU-Regierungen auf Landesebene — schloß nicht aus, daß sie im Bundesrat zwar bei Einspruchsgesetzen streng „regierungstreu“ war, bei Zustimmungsgesetzen aber zuweilen ostentativ Gemeinsamkeiten mit der Bundestagsopposition pflegte.
Angesichts der Bedeutung der im Vermittlungsausschuß ausgehandelten Kompromisse ist es mehr als bedenkenswert, wenn die Entscheidungen auf Grund der parteipolitischen Konstellation in Bund und Ländern zunehmend in dieser Institution fallen. Denn der Vermittlungsausschuß arbeitet gänzlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit
V. Der Konsensdruck des Bundesrates auf Regierung und Mehrheit im Bund
Die Konfrontation „Bundesrat contra Bundestag“ ist in der Zeit von 1969 bis 1972, noch deutlicher aber in der Zeit von 1976 bis 1982 übermäßig dramatisiert worden Die dargestellten Mechanismen der westdeutschen Gesetzgebung in Verbindung mit den parteipolitischen Kräfteverhältnissen innerhalb des Bundesrates sind dafür verantwortlich, daß eine „Blockierung" der Bundesgesetzgebung der SPD/FDP-Bundestagsmehrheit durch den von CDU/CSU-regierten Ländern dominierten Bundesrat nicht stattfand. Als die SPD/FDP 1969 in Bonn Regierungsverantwortung übernahm, waren zwar 21 der 41 „vollwirksamen“ Stimmen (Berliner Stimmen also nicht mitgerechnet) CDU/CSU-geführt. Aber nur die bayerische CSU war uneingeschränkt Herrin ihrer eigenen Stimme; in allen anderen CDU-dominierten Bundesländern regier-ten Koalitionen mit Partnerparteien der Bundesregierung: In Niedersachsen bis 1970 und in Baden-Württemberg bis 1972 sogar CDU/SPD-Koalitionen; im Saarland bis 1970 und wieder ab 1977 bis 1985, in Niedersachsen nur 1977, in Rheinland-Pfalz und in Schleswig-Holstein bis 1971 CDU/FDP-Koalitionen. In den CDU/FDP-regierten Ländern gab es Koalitionsvereinbarungen, denen zufolge mögliche „Konfrontationen mit Bundestagsbeschlüssen" durch „partnerschaftliche" Abstimmung der Landeshaltung im Bundesrat vermieden werden sollten Schon deshalb suchte umgekehrt auch die SPD-dominierte Bundesregierung gleichsam indirekt — vermittelt durch die FDP — Kompromisse mit der in den Bundesländern dominierenden CDU. Im letzten Jahr der Großen Koalition im Bundestag, 1969, haben wir auch im Bundesrat noch jede nur denkbare Koalition: CDU/SPD, CDU/FDP und SPD/FDP. Ab 1969 ist klar, daß die Große Koalition auch auf der Länderebene kaum verlängert werden konnte: Noch 1969 geht die erste SPD/CDU-Koalition (in Niedersachsen) zu Ende, 1971 die zweite (in Baden-Württemberg); seit 1972 gibt es keine CDU/SPD-Landeskoalition mehr. Von 1976 an ist ersichtlich, wie das parteipolitisch profilierbare Potential von CDU und CSU im Bundesrat bis 1982 weiter anwächst. 1979 ist Schluß mit der SPD/FDP-Koalition in Nordrhein-Westfalen, 1981 mit der SPD/FDP-Koalition in Hessen. 1982 ist erstmals in keinem Bundesland eine SPD/FDP-Regierungskoalition mehr anzutreffen.
Die hier erfaßten Situationen unterschiedlicher Koalitionen und unterschiedlicher Parteidominanz in den Bundesländern ergeben noch immer nicht das volle Bild der prekären gegenseitigen Berücksichtigung der Parteien der Bundesrepublik. Wer dieses Bild bis ins Feinste durchzeichnen wollte, müßte zusätzlich darstellen, wie stark die jeweilige Dominanz war bzw. ist. Er müßte z. B. in Rechnung stellen, daß die Alleinregierung der CDU im Saarland von 1975 bis 1977 in einer „Pattsituation“ (CDU = Stimmen gegen SPD = 22 und FDP = 3 Stimmen) zu bewerkstelligen war und infolgedessen sowohl auf der „Tolerierung" durch die FDP als auch auf bundes-politischen „Vorleistungen" der Landes-CDU beruhte 25). Im Blick auf die 1986 bevorstehende Landtagswahl in Niedersachsen sei hinzugefügt: Im Landtag an der Leine errang die CDU 1982 zwar die absolute Mehrheit der Landtagsmandate; die Mehrheit war aber knapp (CDU = 87 gegen SPD = 63, FDP = 10 und Grüne = 11 Sitze). Daher schuldete die CDU der niedersächsischen FDP, mit welcher sie zwar kein Koalitionsbündnis einging, angesichts der nächsten Landtagswahl doch von Anfang an, also auch in der Schlußphase der sozial-liberalen Regierungskoalition in Bonn, Rücksichten, weil sie im Fälle einiger Stimmenverluste in der nächsten Wahl (1986) dringend auf die FDP als „Mehrheitsbeschaffer" angewiesen sein wird.
„Wenn durch diesen Konsensdruck des Bundesrates tendenziell ein Allparteienprogramm realisiert wurde, so erreichte die Politik der Bundesrepublik, besonders die Gesetzgebung der Bundesrepublik, ein sehr hohes, die Opposition einschließendes Maß demokratischer Legitimität und die Regierung Schmidt ein sehr hohes Maß an Wählerzustimmung." In Zentralstaaten wie Frankreich und Großbritannien wird die Opposition weder institutionell noch programmatisch auch nur annähernd so berücksichtigt wie in der föderativen Bundesrepublik.
These 9: Der Konsensdruck des Bundesrates entfaltet auf Bundesebene eine Tendenz zur faktischen , ^AJlparteienmehrheit“ in Fragen der Gesetzgebung (Gerhard Lehmbruch).
These 10: Der Konsensdruck des Kooperativen Föderalismus verbreitert die Legitimationsbasis der westdeutschen Politik inhaltlich.
Die hier angesprochene Legitimität betrifft allerdings nur das Produkt der Gesetzgebung, nicht dessen Zustandekommen. Das Ergebnis findet vergleichsweise hohe Folgebereitschaft, das Verfahren aber ist weder durch Partizipation (s. o. „Exekutivföderalismus") noch durch Transparenz (s. o. „Verwaltungsföderalismus" und Vermittlungsausschuß) noch durch einfache Zurechenbarkeit der Verantwortlichkeiten (s. o. „Verbundföderalismus") gekennzeichnet.
These 11: Wegen eingeschränkter Partizipation und deutlich begrenzter Transparenz sind die Entscheidungsverfahren des westdeutschen Föderalismus — im Unterschied etwa zum schweizerischen — als „Föderalismus von oben“ zu charakterisieren.
Diese Thesen differenzieren die Befunde von Gerhard Lehmbruch: unsere Wertung der Gesetzgebungsergebnisse steht im Widerspruch, unsere Wertung der Gesetzgebungsverfahren steht — wenngleich auch dies nur bedingt — im Einklang mit derjenigen von Gerhard Lehmbruch.
VI. Konsensualismus und politische Ausgrenzung
These 12: Mitbedingt zwar durch eine eher von Hegel und Rousseau als von Hobbes und Locke geprägte Politische Kultur samt dem entsprechenden Parlamentarismusverständnis haben wir es im kooperativen Föderalismus der Bundesrepublik bislang eher mit einer kooperativen als kompetitiven Opposition zu tun
Darin unterscheidet sich die Bundesrepublik Deutschland einstweilen erheblich von Frankreich und Italien, aber auch — trotz des gleichen parlamentarischen Systems — von Großbritannien. In diesen Ländern ist der politische Kampf zwischen Regierungs-und Oppositionslager (adversary politics) kontroverser und unversöhnlicher als in der Bundesrepublik. Der Pragmatismus westdeutscher Politik findet eher Entsprechungen im föderativen System der USA. Einige weitere Effekte, die ebenfalls erst im internationalen Vergleich besonders deutlich werden, betreffen nicht mehr nur die Gesetzgebungsmehrheit Sie liegen schon im Bereich der Kanzlermehrheit und der Minderheiten. So erschließt eine stärker behavioristische Betrachtung des westdeutschen Föderalismus auch in den politischen Karrierevoraussetzungen für Regierungschefs entfernte Vergleichsmöglichkeiten zu den USA.
Wie bereits ausgeführt, sind es die Regierungen der einzelnen Bundesländer, die erhebli-ches Gewicht auch auf der Bundesebene entfalten. Die politischen Champions unter den Ministerpräsidenten der Länder, denen es um den Ausbau aussichtsreicher Machtbasen für ihren weiteren Einflußgewinn und schließlich um Positionen in der Bundesregierung — gar um den Kanzlerposten — geht, finden in den Bundesländern „Trainingslager" zur Entwicklung ihrer politischen Fähigkeiten und zur Entfaltung ihres politischen Ehrgeizes. Zugleich sind die Hauptstädte der Länder solide Brückenköpfe für einen möglichen Absprung nach Bonn. Von den bisher sechs Bundeskanzlern der Bundesrepublik waren drei zuvor Regierungschefs eines Bundeslandes.
These 13: Sowohl wegen des Einflusses der Landesregierungen und einzelner Chefs von Landesregierungen auf die Bundespolitik als auch wegen der spezifischen Rekrutierung von Bundeskanzlern aus dem Kreis der Ministerpräsidenten wurde die Bundesrepublik zutreffend als „Republik der Landesfürsten“ tituliert
Der beschriebene Konsensdruck des Bundes-rates und die dargelegten Tendenzen in Richtung auf eine Allparteienmehrheit, mindestens aber in Richtung einer Konkordanzdemokratie mit kooperierender statt konkurrierender Opposition, bringt es mit sich, daß erstens nur sehr wenige Gesetzesbeschlüsse des Bundestages am Bundesrat scheitern (1949— 1969 = 1, 09 Prozent; 1969— 1983 = 1, 86 Prozent; 1949— 1985 = 1, 04 Prozent; vgl. Tabelle 2) und zweitens vergleichsweise wenige Gesetze den entschiedenen Widerstand der Opposition im Bundestag fanden (vgl. Tabelle 3). Für die letzten drei Wahlperioden (1972— 1983) wurde der hohe Anteil einvernehmlicher Gesetzesentscheidungen jüngst dokumentiert In diesem Zeitraum hat der Bundestag mindestens zwei Drittel seiner Gesetze einstimmig bzw. ohne Gegenstimmen verabschiedet. In dem Maße, in dem Gesetze inhaltlich bedeutsamer werden, schwindet allerdings die Bereitschalt der Opposition, sich mit Gesetzesinitiativen von Regierung und Regierungsmehrheit identifizieren zu lassen: „Wesentliche Gesetze" finden schließlich zu nur 2, 5 Prozent oppositionelle Zustimmung. Diese Zahlen lassen aber immer noch nicht jene Kompromisse erkennen, die aufgrund vieler, häufig hart erarbeiteter Übereinkünfte über das Dissensfähige im Vermittlungsausschuß erreicht werden. Gerade solche Über-einkünfte stabilisieren den Grundkonsens eher, als daß sie ihn gefährden, weil sie das Bewußtsein stärken für den Erhalt eines nichtkontroversen Sektors des Gemeinwesens als Grundlage eines kontroversen Sektors der Politik (im Sinne Ernst Fraenkels). Der Grundkonsens soll in den letzten Jahren einzig im Falle der Ostverträge und der Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch aufgekündigt gewesen sein.
These 14: Die deutsche Politik der Nachkriegszeit ist — im Unterschied etwa zur Politik in Großbritannien und Frankreich, wohl auch im Unterschied zu Italien — in summa gekennzeichnet durch einen beträchtlichen Konsensualismus, der nicht allein, abergewiß nicht zuletzt auf den kooperativen Föderalismus der Bundesrepublik zurückzuführen ist
Die „Altparteien" — sie seien hier „alte Mehrheiten" genannt — waren und sind sich weitestgehend auch noch heute in ihren grundlegenden Optionen einig. Zweifelsfrei lag und liegt das Grundgesetz, liegen auch die Prinzipien parlamentarischen Verfahrens im gemeinsamen normativen und „formalen" Wert-konsens von CDU, CSU, SPD und FDP. Der materielle Konsens der traditionellen Parlamentsparteien ist knapp, aber noch einigermaßen hinreichend mit dem Stabilitätsgesetz aus dem Jahre 1967 umschrieben. In den darin enthaltenen Zielbestimmungen der Politik waren und sind sich die traditionellen Parlamentsparteien — vor allem in der Auswahl der als politisch lösungsbedürftig betrachteten Probleme — (noch) einig: Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und möglichst hoher Beschäftigungsstand. Den ökologischen und psychischen Streß dieser marktwirtschaftlichen Leistungsverpflichtung waren und sind sie — wenngleich in unterschiedlichem Ausmaße — zu akzeptieren bereit; hierin besonders unterscheiden sie sich von den GRÜNEN/ALTERNATIVEN, deren materielle „Forderungen nach einer Art . Verfassungsgarantie'für ökologische und lebens-weltliche Unversehrtheitsansprüche gegenüber den Imperativen industriellen Wachstums und sozialer wie militärischer Sicherheit" Guggenberger und Offe geistesverwandt formulierten. Inhaltlich handelt es sich in der Tat um den „Einspruch unbeugsamer Minoritäten wider das gültige Fortschritts-und Zivilisationsprogramm“ Wer alternative Politik gegen die Zielvorstellungen der alten Mehrheit — zumal gegen die Wachstumsmaxime mit all ihren Implikationen — formulierte, sah sich und sieht sich in der Bundesrepublik auch heute noch weitestgehend isoliert, politisch „ausgegrenzt“. Die Massivität dieser Ausgrenzung ist nicht zuletzt mit den beschriebenen Konsensmechanismen der westdeutschen Politik zu erklären. These 15: Dergesetzgeberische Konsensualismus war eine Quelle für anwachsendes Alternativ-bzw, Protestpotential.
Es mag wohl sein, daß der z. T. durchaus gehegte Parochialismus vieler GRÜNER/AL-TERNATIVER sie daran hindert, internationale Vergleiche zu bemühen und ihnen den Blick verstellt für die weitreichenden und eindringlichen Konsensmechanismen der Bundesrepublik. Jedenfalls gibt es jenen schneidigen, von Guggenberger und Offe als Realität suggerierten 50-Prozent-plus-eins-Dezisionismus („Mehrheit ist Mehrheit") in der Bundesrepublik nicht. Vielmehr zählt „Selbstbescheidung, Mäßigung und rechtzeitiges Ausklammern" durchaus zu den „Tugenden" deutscher Nachkriegspolitik. Wenn jetzt von grün/alternativer Seite mehr als ein 50prozentiger Konsens gefordert wird, dann entbehrt diese Forderung — zumindest solange sie nur entscheidungstechnisch erhoben wird — erstens empirischer Rechtfertigung und zweitens der Plausibilität in bezug auf die Konsequenzen einer gewünschten Minderung oder gar Aufhebung der beklagten . Ausgrenzung" von GRUNEN/ALTERNA-TIVEN. Die weitere institutioneile Verankerung eines solchen Mechanismus könnte nur qualitativ andere, aber nicht minder wirksame Ausgrenzungen produzieren. Gäbe es nämlich die Chance der grün/alternativen Minderheiten, zur „neuen Mehrheit" anzuwachsen, so gäbe es — quod erat demonstrandum — kaum einen effektiveren Mechanismus zur relativ friedlichen Ausgrenzung der „alten Mehrheit“ als das „föderative Entscheidungsverfahren“, welches Claus Offe als erstes Mittel nennt, um „die Reichweite des Mehrheitsprinzips einzuschränken und seine pervertierten Effekte abzuschwächen" Das kann aber nicht die Absicht derjenigen sein, die nicht „ausgrenzen", sondern zwischen beiden Lagern „dolmetschen“ (Guggenberger) wollen.
VII. Re-Föderalisierung durch „Föderalismus von oben"?
Für die jüngere Zeit verweisen die Zahlen von Nienhaus nun allerdings auf einen Trend zur Auflockerung des beschriebenen bisherigen Konsensus der , Altparteien" und damit auf einen Trend zur Abflachung der tatsächlichen Entscheidungsmehrheiten. Diese Entwicklung hat verschiedene Ursachen.
These 16: Die in jüngster Zeit häufiger dargelegte Tendenz zur Re-Ideologisierung der westdeutschen Parteien fördert eine spezifische „Re-Föderalisierung“ der Bundesrepublik. . „Re-Föderalisierung" nicht in dem Sinne, daß die einzelnen Landesvölker nun plötzlich wieder kulturelle Individualität ausprägen würden Wohl aber insofern, als die vermehrte politische Veto-Macht einzelner Länder gegen bestimmte politische Entwicklungen auch tatsächlich entschieden geltend gemacht wird, und zwar sowohl aus Hessen und Niedersachsen als auch — und nicht erst neuerdings — aus Bayern.
These 17: Es ist dies ein aus den Staatskanzleien der Bundesländer ventilierter Föderalismus zunehmender interund intraparteilicher Konkurrenz.
Abstrakt gesprochen geht es um programmatische Prioritätensetzungen, um persönliche Profilierungen der kanzlerfähigen und/oder kanzlerwilligen Regierungschefs, also um die Besetzung und Behauptung von Einflußpositionen im Spitzenrang. Die Konkurrenz/Kontroverse betrifft, immer noch allgemein formuliert, z. B. die konjunkturelle (dabei nicht zu vergessen: parteipolitisch-wahltaktische) Zweckmäßigkeit von Investitions-oder Subventionsprogrammen, so z. B. die Vergabe von Bundesaufträgen militärischer und nicht-militärischer Art oder die Ansiedlung großtechnologischer Anlagen.
These 18: Im westdeutschen Verbundföderalismus konkurrieren die Ministerpräsidenten in der Gewährung als „Zuschußmaximieref und als „Stimmenmaximierer".
Konkret geht es bei dieser Konkurrenz darum, wessen Konzeption — z. B. für die Finanzierung des Krankenhausbaues oder für die Beschäftigungsförderung — sich durchsetzt, welche Werften — die in Bremen (SPD) oder die in Schleswig-Holstein (CDU) — den Auftrag zum Bau von Fregatten und anderen Marinebooten erhalten, wo — in Dragahn/Niedersachsen (CDU) oder in Wackersdorf/Bayern (CSU) — eine Wiederaufbereitungsanlage (WAA) angesiedelt wird. Einzelne Bundesländer können Bundeskonzeptionen, z. B. in der Energiepolitik, fördern; sie können diese aber auch zu Fall bringen: so die Entscheidung der niedersächsischen Regierung gegen Gorleben als Standort für eine WAA so neuerdings Hessens (SPD) und Nordrhein-Westfalens (SPD) Bemühen um einen Ausstieg aus der Plutoniumwirtschaft" durch Stopps für den Weiterbau des Schnellen Brüters in Kalkar/NRW sowie durch Verzögerungen des Baues nuklearer Lager jedweder Art. Die zwischenparteilich ausgetragene Konkurrenz schlägt selbst auf Gebieten der Verwaltung und der Justiz noch durch: Es ist zumindest nicht auszuschließen, daß die Flick-Affäre einen anderen Verlauf genommen hätte, wäre das „FlickBüro" in München und nicht in Düsseldorf ansässig gesesen.
In solchen Entscheidungslagen und Konkurrenzsituationen wächst für die Landesväter der Anreiz zur persönlichen Profilierung — und zwar in dem Maße, wie die Kanzlerposition nach ihrem Urteil schwach besetzt ist. Sie wissen: Es könnte entweder zu einem innerparteilichen Austausch der Nummer 1 im Bund — und das aus ihrem Bunde — kommen. Es könnte aber auch zu einem Wechsel der Nummer 1 zwischen den Parteien kommen. Dafür möchten die programmatisch und persönlich Ehrgeizigsten unter ihnen wohlgerüstet antreten können. Dazu nutzen sie die verfassungsrechtlich garantierten Potentiale ihres Landes sowie die Landesorganisationen ihrer jeweiligen Partei, die sie als „ihre“ Potentiale in den Wettkampf führen.
These 19: Auch in bezug auf die Findung der Kanzlermehrheit ist ein „Föderalismus von oben“ festzustellen: ein Föderalismus derkonkurrierenden Landesväter, aber gewiß nicht einer der konkurrierenden Landesvölker. Dabei ist innerparteiliche Konkurrenz auf vielen Gebieten (auch) als Konkurrenz um die zwischenparteilich konkurrenzfähigste Politik zu verstehen.
Die demokratische Rückkoppelung dieser Konkurrenz besteht erstens in der dezentral organisierten parlamentarischen Verantwortung der Landesväter, zweitens darin, die Landesväter danach zu beurteilen, wieviel (Geld) sie als Zuschußmaximierer für ihr Land „besorgen“ können. Der diesbezügliche Erfolg bzw. Mißerfolg erweist sich drittens in den Wahlen, welche den jeweiligen Landesvater in seiner Fähigkeit als Stimmenmaximierer beurteilen und damit auch etwas aussagen über seine Zugkraft als möglicher Kanzlerkandidat. Insoweit ist das Konfliktregelungsmuster, zumindest insofern es sich dabei um den zwischenparteilichen Wettbewerb handelt, erstens demokratisch wohlfundiert, zweitens demjenigen des Parteienwettbewerbs durchaus kongruenter als von Gerhard Lehmbruch behauptet Die demokratische Rückkoppelung ist so sehr ausgeprägt, daß sie als Kehrseite der vorangestellten These zu begreifen ist
These 20: In der Konkurrenz der Landesväter können diese sich um so besser durchsetzen, je offenkundiger ihre — in Landtagswahlen geprüfte, also demokratisch gemessene — Bewährung gegenüber ihrem Landesvolk ist. Im Föderalismus von oben geht es um die Zustimmung von unten. Es ist ein Föderalismus derpermanenten Konkurrenz um den höchstmöglichen Konsens.
Nicht nur die „minimum winning coalition" (W. H. Riker) der westdeutschen Gesetzgebung ist also föderativ zu suchen. In der Bundesrepublik ist auch die Kanzlermehrheit nicht ohne Berücksichtigung der föderativen Konkurrenz zu erreichen. Diese Konkurrenz ist immer dann besonders ausgeprägt, wenn erstens, wie bereits gezeigt, die Kanzlerposition zur Diskussion oder gar zur Disposition steht, und zweitens die Stimmenverhältnisse im Bundesrat so ausgeglichen sind, daß jeder Landesvater mit einem potentiellen Veto — es sei hier als „föderatives Veto" bezeichnet — ausgestattet und in die Versuchung geführt ist, sich durch Aktualisierung seiner Veto-macht zu profilieren. In einer solchen Situation kann die einheitliche Stimmabgabe der Bundesländer (imperatives Mandat/Bundesratsprinzip) ihre stärkste Wirkung entfalten. Ohne dieses imperative Mandat der Bundesländer ist der westdeutsche Föderalismus nicht zu begreifen.
Umgekehrt hat es (s. o.) nur relativ kurze Phasen gegeben, in denen die jeweilige Bundestagsmehrheit, für sie voran die amtierende Bundesregierung, im Bundesrat „durchregieren" konnte Am deutlichsten war dies in der Zeit von 1966 bis 1969 gegeben. Auch nach 1982 schien Durchregieren möglich. Die CDU „verfügte" bis zur Landtagswahl im Saarland (10. 3. 1985) ohne die Stimmen der CSU im Bundesrat über eine Stimme mehr als die Hälfte (21 CDU : 15 SPD : 5 CSU). Bundeskanzler Kohl wertete die alleinige Mehrheit der CDU als einen „besonderen Schatz“ den die CDU in den Jahren 1983/84 vergleichsweise sicher zu besitzen wähnte. Den Bundesländern wurden von der Bundesregierung und damit durch den Bund tatsächlich einige Vorteile geboten andere angekündigt Mußten vor 1982 alle „wichtigen“ Gesetzesinitiativen das offizielle Verfahren des Vermittlungsausschusses durchlaufen, so stimmten sich die CDU-regierten Länder, einschließlich des CSU-regierten Bayerns, nach 1982 ab, bevor sie den SPD-regierten Ländern im Bundesrat möglichst geschlossen gegenübertraten. Diese Abstimmung erfolgte typischerweise häufiger über die Parteizentrale, in welcher Bundeskanzler und Landesväter eher noch als Gleiche unter Gleichen auftreten können, als über das Bundeskanzleramt. Der Vermittlungsausschuß wurde zwischen 1982 und 1985 überhaupt nicht angerufen, und opponierende Länder wie etwa Hessen (SPD) wurden an ihre Pflicht zur Bundestreue erinnert.
Aber schon am 10. März 1985 verlor die CDU die drei Stimmen des Saarlandes an die SPD. Seither besteht ein Stimmenverhältnis von 18 CDU : 18 SPD : 5 CSU. Spätestens von diesem Zeitpunkt an ist das „Gleichgewichtssystem“ des spezifisch deutschen Föderalismus der Parteienkonkurrenz wieder auf den Tagesordnungen von Bund und Ländern. Denn nicht nur Bayern ist durch diese Konstellation in den Besitz der föderativen Veto-macht gelangt Im Juni 1985 wurde aus dem Bundesrat heraus erstmals seit 1977 wieder von der Möglichkeit einer Anfrage an die Bundesregierung Gebrauch gemacht Die Initiative kam aus Nordrhein-Westfalen, jenem Land, in welchem ein aussichtsreicher Kanzlerkandidat der Opposition zuvor (am 12. Mai 1985) einen eindrucksvollen Wahlsieg errungen hatte. Im Juli 1985 lag das demoskopisch ermittelte Ansehen des potentiellen Kanzler-kandidaten höher als das des amtierenden Kanzlers.
These 21: Je deutlicher in historischen Dimensionen analysiert werden kann, desto erkennbarer wird, daß der Föderalismus der Bundesrepublik nicht als unabhängige, wohl aber als moderierende Variable westdeutscher Parteienkontroversen zu begreifen ist These 22: Wir haben es in der Bundesrepublik weniger mit einem statischen System nebeneinander in sich ruhender und auf sich selbst konzentrierter Bundesländer zu tun als mit einem System föderativ geformter Parteien-konkurrenz. In diesem Sinne ließe sich zusammenfassend von einem konsensorientierten Konkurrenzföderalismus reden. Die Paradoxien dieser Formel entsprechen getreulich der komplexen Praxis westdeutscher Politik.
Die parteipolitischen Konstellationen des Bundesrates entwickelten sich bislang vorzugsweise so aufeinander zu, daß sie durch Annäherung der Kräftepotentiale und damit Ermöglichung der föderativen Vetos den beschriebenen Konkurrenzföderalismus provozierten und auch tatsächlich wieder produzierten: Gravitation in Richtung Gleichgewicht. Dieses Gleichgewicht des Parteiensystems und damit das beschriebende Gleichgewicht der Gesetzgebung ist deshalb so vergleichsweise einfach herzustellen, weil es in der Bundesrepublik die Möglichkeit der „Korrektur“ von Konsequenzen aus Bundestagswahlen in den darauffolgenden Landtagswahlen gibt Die Möglichkeit wurde bislang regelmäßig ausgleichend gegen die Bundestags-mehrheit genutzt Man kann also feststellen, daß es Korrekturen an der Kräftekonstellation des westdeutschen Parteiensystems sind, die den Föderalismus der Bundesrepublik prägen. Es ist der Föderalismus einer spezifischen inter-und intraparteilichen Konkurrenz auf ansonsten hohem Konsensniveau: Es geht nicht um „alles oder nichts“ (the winner takes it all), sondern um Anteile, um Marginalien, um Akzentuierungen der politischen Prioritäten und — keineswegs zuletzt — um persönliche Profilierungen.
Eine Re-Föderalisierung der „Basis“, also Rückbesinnung auf Landesidentitäten, ist nur insofern erkennbar, als eine seit Mitte der sechziger Jahre zu beobachtende existentielle Verunsicherung der Menschen durch technologische Entwicklungen, einschließlich militärtechnischer Bedrohungen, einen „neuen Lokalismus" zur Folge gehabt hat; mit Max Frenkel kann festgehalten werden, daß diese existentielle Verunsicherung „ein gewichtigerer Einfluß für die Erhaltung des Föderalismus (ist) als alles, was der Staat mit seinen Expertenkommissionen machen will oder machen kann“ -Den Wettbewerb der Länder untereinander um einen ökonomisch-sozialen, danach und im Gefolge davon erst um einen kulturellen Vorrang (etwa im „NordSüd-Gefälle”) kann man nur bedingt als Re-Föderalisierung der Basis werten. Geht es dabei doch um die Realisierung länderspezifisch eben nicht unterschiedlicher, sondern allen Ländern gemeinsamer Ziele: um ein Mehr an ökonomischem, sozialem, kulturellem Fortschritt, um mehr Wachstum und mehr Modernität als in den jeweils anderen Bundesländern.
So bleibt am Ende die Feststellung, daß — allen Ankündigungen der Bundesregierung zum Trotz und entgegen allen Bemühungen interfraktioneller Arbeitsgruppen — eine Re-Föderalisierung von der Basis her nicht stattgefunden hat; wohl aber haben sich die föderativen Konstellationen so verändert, daß die Länder selbstbewußter auftreten. Der parteipolitisch dominierte, konsensorientierte Konkurrenzföderalismus ist seit dem Frühjahr 1985 neu belebt.
Uwe Thaysen, Dr. phil, geb. 1940, Professor für politische Wissenschaft am Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen Fachbereich der Hochschule Lüneburg; Chefredakteur der Zeitschrift für Parlamentsfragen. Veröffentlichungen u. a.: Parlamentsreform in Theorie und Praxis, Opladen 1972; Parlamentarisches Regierungssystem in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1976I; (zus. m. Frank Grube und Gerhard Richter) Politische Planung in Parteien und Parlamentsfraktionen, Bd. 122 der Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Göttingen 1976; Bürger-, Staats-und Verwaltungsinitiativen. Ein Beitrag zur Entwicklung kooperativer Systeme mittelbarer und unmittelbarer Demokratie, Heidelberg 1982.
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