Forstwirtschaft in Liberia. Die Störung des ökologischen Gleichgewichts durch die Ausbeutung natürlicher Ressourcen
Clement Dorm-Adzobu
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Zusammenfassung
Die Forstwirtschaft ist, gemessen am Exporterlös, Liberias drittwichtigster Wirtschaftszweig nach Eisenerzbergbau und Gummierzeugung. Obwohl erst seit Mitte der sechziger Jahre im großen Maßstab kommerziell Holz gewonnen wird, sind auch die Wälder Liberias gefährdet, so daß bei der Fortsetzung der laufenden Entwicklung mit einer Ausbreitung der Sahelzone nach Liberia gerechnet werden muß. Diese Risiken der Fortsetzung der traditionellen Forstpolitik wurden in Liberia erkannt, und seit 1973 laufen die Bemühungen der liberianischen Regierung, die Forstwirtschaft auf eine dauerhafte Basis zu stellen. Hierzu gehören die Festlegung von Bewirtschaftungspflichten für die ausländischen Holzkonzessionäre, eine verstärkte Kontrolle der Exporte, die Verwertung von Holzabfällen und die Anlage von Aufforstungsflächen durch den staatlichen Forstdienst Allerdings ist diese Politik noch recht lückenhaft, da Bewirtschaftungspläne für inländische Holzkonzessionäre und für Ausländer mit Konzessionen unter 40 500 ha nicht vorgeschrieben sind und der illegale kommerzielle Holzeinschlag nicht kontrolliert wird. Bis jetzt wurde noch kein Mittel gefunden, um den Entwaldungseffekt der Brandrodungswirtschaft zu bremsen. Die jährlich aufgeforsteten Flächen blieben bis 1981 hinter den gesamten Verlusten an Waldflächen um den Faktor 1 : 20 zurück. Danach verschlechterte sich die Quote auf 1 : 100.
I. Einleitung
Die geographische Lage Liberias und die dadurch bedingten klimatischen Verhältnisse haben eine üppige Regenwaldvegetation hervorgebracht, die weite Teile des Landes bedeckt. Diese wertvolle Ressource war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kaum genutzt worden. Seitdem ist die Waldfläche im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, vor allem in der Forstwirtschaft, im Bergbau, im Plantagenbau und in der Subsistenzlandwirtschaft, drastisch reduziert worden; den Regenwald in seiner Urform findet man heute nur noch in einigen geschützten Gebieten.
Liberia, die älteste Republik des Kontinents, ist eines der wenigen Länder Westafrikas, dessen Wälder noch bis vor kurzem nicht so rücksichtslos ausgebeutet wurden, wie dies anderenorts der Fall ist. Der Waldbesitz Liberias ist vor allem deshalb so wertvoll, weil er eine erneuerbare Rohstoffquelle darstellt. Doch seit einiger Zeit geben Art und Weise und Ausmaß der Forstnutzung Anlaß zu Besorgnis. Die Sorge verschärft sich angesichts der ökologischen Katastrophen, die gegenwärtig in Westafrika und auch in den nördlichen Nachbarländern von Liberia wüten. Dürreperioden sind für Afrika kein ungewöhnliches Phänomen, jedoch nehmen die gegenwärtigen ein immer verheerenderes Ausmaß an, wie das Beispiel der Sahel-Zone zeigt. Der „hausgemachte“ Anteil an dieser Katastrophe ist u. a. auf das Bevölkerungswachstum, den Bodenmißbrauch, die zunehmende Armut und andere Faktoren mehr zurückzuführen.
Liberias Forsten sind ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor; sie stellen einen beträchtlichen Anteil der öffentlichen Einnahmen dar und bieten vielen Einwohnern eine Existenzgrundlage. Die Ausbeutung der Holzvorräte hat inzwischen jedoch bedenkliche Ausmaße angenommen, und die Vergabe von Holzeinschlag-Konzessionen für immer größere Waldflächen wird zu einer Bedrohung anderer Forstnutzer oder der Subsistenzbauern. Trotz der Bemühungen der Regierung — vertreten durch das Amt für forstwirtschaftliche Entwicklung (Forestry Development Authority; im folgenden FDA) —, die Forstwirtschaft in vernünftige Bahnen zu lenken, konnte diese Entwicklung nicht aufgehalten werden.
In diesem Artikel wird nun der Versuch unternommen, Art und Ausmaß der Forstnutzung in Liberia darzustellen, die Auswirkungen auf das Ökosystem Wald zu erfassen und die verschiedenen Kontrollinstrumente der Regierung zu evaluieren.
II. Die Wälder Liberias
Abbildung 2
Tabelle 1: Regionale Verteilung der konzessionierten Holzeinschlaggebiete
Tabelle 1: Regionale Verteilung der konzessionierten Holzeinschlaggebiete
Seit Menschengedenken war Liberia zu 90% mit vollentwickelten Wäldern bedeckt, die sich aus den vielfältigsten Laubbaum-und Hartholzarten zusammensetzten. Heute ist jedoch aus dem einstmals zusammenhängenden riesigen Waldgebiet eine Mischung aus Wald, Busch und Ackerland geworden
Es gibt zwar immer noch ausgedehnte Wald-flächen, aber diese beschränken sich hauptsächlich auf eng begrenzte vereinzelte Gebiete. Die Hochwaldgebiete werden zunehmend von Norden her von der durch Menschen-hand entstandenen Savanne und von Süden her vom sandigen Küstengürtel in die Zange genommen.
Die vollentwickelten Hochwälder Liberias haben in Gegenden mit hohen Niederschlags-mengen (über 1 500 mm/Jahr) und ohne aus-15 gesprochene Trockenperioden das typische Aussehen des immergrünen tropischen Regenwaldes. Einige Baumarten wechseln ihr Laub auch in Gebieten mit sehr hohen Niederschlagsmengen, doch sind laubwechselnde Arten im allgemeinen mehr in den regenärmeren Regionen im Landesinnern verbreitet. Die Zusammensetzung der Wälder hängt also unmittelbar von der Regenmenge, aber auch von der Sonneneinstrahlung und der Boden-art ab. Da alle drei Faktoren in Liberia mit großer Variationsbreite auftreten, sind insgesamt gute ökologische Bedingungen für äußerst artenreiche Wälder geschaffen. Wie Kryn und Forbes hervorgehoben haben, gibt es Bäume, deren Holz stark genug ist, um „Stützpfeiler für Tempel" abzugeben, während andere Baumarten sich durch ihre hervorragenden Be-und Verarbeitungseigenschaften für die Herstellung edler Möbel eignen.
Die gesamte Waldfläche Liberias wird auf 4, 8 Millionen ha geschätzt; das sind 49, 8% der Landesfläche (9, 8 Millionen ha). Von diesen 4, 8 Millionen ha sind 1, 7 Millionen ha staatliche National Forest Areas. Die restlichen 3, 9 Millionen ha sind Nutzwald. Mit Ausnahme einiger Nationalparks wurden fast für die gesamte Nutzwaldfläche Konzessionen an größtenteils ausländische Holzhändler und holz-verarbeitende Betriebe vergeben.
III. Die Forstpolitik Liberias
Abbildung 3
Tabelle 2: Die Hauptexportgüter Liberias (ausgewählte Jahre) Quelle: National Development and Planning Atlas of Liberia
Tabelle 2: Die Hauptexportgüter Liberias (ausgewählte Jahre) Quelle: National Development and Planning Atlas of Liberia
1944 hatte sich die Regierung von Liberia an die Vereinigten Staaten mit der Bitte gewandt, ein Expertenteam ins Land zu schikken, um eine Erfassung seiner Ressourcen durchzuführen. In diesem Zusammenhang wurde dann 1947 auch eine allgemeine Waldbestandserhebung vorgenommen. 1953 richtete die Regierung auf der Grundlage des Forstschutzgesetzes (Act for the Conservation of the Forests of the Republic of Liberia) innerhalb des Landwirtschafts-und Handelsministeriums das Bureau of Forest Conservation (BFC) ein. Das BFC war Vorläufer der 1976 gegründeten FDA die gegenwärtig zuständige oberste Forstverwaltungsinstanz von Liberia. Zu den Hauptaufgaben der FDA gehören:
— die lang-und mittelfristige forstwirtschaftliche Planung sowie die vorbereitende Behandlung forstpolitischer Fragestellungen;
— die Aufsicht über die Einhaltung von Forstgesetzen und Konzessionsauflagen;
— die Berechnung und Festlegung von Forst-gebühren; — die Durchführung von Wiederaufforstungsmaßnahmen sowie — forstwissenschaftliche Untersuchungen. Aus verwaltungstechnischen Gründen wurde die Landesfläche in vier Forstverwaltungsregionen unterteilt:
Die liberianische Forstpolitik wird durch das Gesetz geregelt, das auch die FDA ins Leben rief; sie verfolgt u. a. die nachstehend aufgeführten Ziele: — Die Sicherung eines angemessenen Anteils öffentlicher Einnahmen aus der Forst-nutzung, die hauptsächlich von in-und ausländichen Privatunternehmen auf der Basis staatlicher Konzessionen betrieben wird;
— die Ertragsmaximierung durch die Anlage effizienter Plantagen und den Aufbau von Sägewerken und anderen mechanischen Holzverarbeitungsanlagen; — die Verhinderung einer exzessiven Ausbeutung von Nutzwald und anderen Forstgebieten, z. B. durch übermäßigen Holzeinschlag, Brandrodungswirtschaft oder Fehlplanungen in der Landwirtschaft;
— die enge Kooperation mit Bauern und anderen Landnutzern sowie die Koordination der verschiedenen Einzelaktivitäten mit dem Ziel, eine umfassende Flächennutzungsstudie zu erarbeiten, einer Grundvoraussetzung für eine optimale Flächen-und Bodennutzung, die nicht nur den Erfordernissen der Forst-B Wirtschaft, sondern auch denen der Landwirtschaft, des Boden-und Naturschutzes sowie des Wasserschutzes (einschließlich der Nutzung von Wasserkraft) Rechnung trägt;
— die möglichst umfassende Beteiligung der ländlichen Bevölkerung am Forstschutz und an der Forstproduktion durch die Förderung von Kleinprivatwaldbesitz und/oder Gemeindewäldern. Mit der Bestimmung von Status und Eigentümerschaft aller Forstgebiete schuf das Gesetz darüber hinaus eine wichtige Grundlage für die Forstverwaltung des Landes. Durch die Ausweisung von Forstreservaten, den späteren National Forests, wurden die meisten der noch intakten Urwaldgebiete unter den Schutz des Gesetzes gestellt. 1973 wurde die Praxis der Konzessionsvergabe — bis dahin hatte man solche Verträge auf individueller Basis geregelt — grundlegend revidiert und im Timber Concession Agreement (TCA) vereinheitlicht, das die Rechte und Pflichten aller Konzessionäre festschrieb. Die beiden wichtigsten Punkte des Abkommens betreffen:
— Das Exklusivrecht des Konzessionärs, Holz zu schlagen, zu verarbeiten, zu transportieren und zu verkaufen sowie alle in Verbindung mit dem Holzeinschlag stehenden Tätigkeiten in dem Gebiet auszuüben, für das die Konzession gilt;
— die Pflicht des Konzessionärs, Rohholz bis zu einem gewissen Grad weiterzuverarbeiten und die hierfür erforderlichen Anlagen zu errichten. Außerdem wurde festgelegt, daß der Staat bei allen vergebenen Konzessionen zumindest teilweise die Eigentums-und Aufsichtsrechte behält und die Konzessionsinhaber vorzugsweise einheimische Arbeitskräfte beschäftigen sowie erforderliche Infrastrukturmaßnahmen selbst durchzuführen haben.
Im weiteren verpflichtet das Abkommen die Konzessionäre auf folgende Bestimmungen des allgemeinen Forstwirtschaftsplans:
— Inventarisierung und Klassifizierung des Baumbestands müssen vom Konzessionsinhaber vorgenommen werden;
— Limitierung der jährlich abzuerntenden Flächen: bei Konzessionen für mehr als 40 500 ha darf der Holzeinschlag pro Jahr nicht mehr als 4% der Gesamtfläche betragen; müssen die — es Holzarten geschlagen werden, die die FDA als „obligatorisch“ ausgewiesen hat. Die Konzessionäre sind darüber hinaus verpflichtet, 20 % der Holzernte mit soge-nannten „zukünftig obligatorischen Holzarten“ zu erzielen;
— die Konzessionsinhaber sind verpflichtet, ihre Forstgebiete vor Brandrodung zu schützen. Diese forstpolitischen Richtlinien und Prinzipien sind entscheidend für eine vernunftgemäße Nutzung der liberianischen Wälder, und die FDA achtet im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auf ihre strikte Einhaltung. Sie stützt sich dabei nicht nur auf eigene Ressourcen, sondern nimmt auch externe Hilfe in Anspruch, die ihr vor allem durch die Weltbank und die deutsche Bundesregierung zuteil wird. 1. Das Forstprojekt der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ)
Die technische Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Liberia auf dem Gebiet der Forstwirtschaft begann bereits 1960. Im Rahmen ihres Forstprojekts unterstützt die GTZ die FDA mit Beratungsdiensten, der Ausbildung von Fachpersonal im In-und Ausland und bei der praktischen Anwendung'verbesserter Technologien. Das Projekt ist auch am nationalen Wiederaufforstungsprogramm beteiligt. Außerdem wurden Finanzhilfen gewährt So wurden dem Bomi Hills Commercial and Sawmill Training Centre 7 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt, und für eine Versuchsplantage von Papierholz wurden 1, 8 Millionen US-Dollar gestiftet. 2. Formen und Intensität der forstwirtschaftlichen Nutzung Anders als in den westafrikanischen Nachbarländern sind Liberias Wälder bis in die sechziger Jahre relativ unbehelligt geblieben 3). Das erste ausländische Holzhandelsunternehmen, die Maryland Logging Company, nahm erst 1965 im südöstlichen Teil des Landes den Betrieb auf. Danach stieg die Zahl der erteilten Konzessionen stetig an: 1970 hatten acht Unternehmen Konzessionen für Gebiete im waldreichen Südosten und Norden Liberias erhalten; 1973 waren bereits 32 solcher Verträge entweder abgeschlossen oder in einer fortgeschrittenen Verhandlungsphase. Im darauffolgenden Jahr hatte die Zahl mit 42 Konzessionen ihren Höhepunkt erreicht; allerdings betätigten sich einige Konzessionäre eher als Spekulanten denn als ernst zu nehmende Holzhändler.
Zwischen 1977 und 1980 operierten 30 Unternehmen mit gültigen Konzessionen; diese Zahl hat sich jedoch seitdem aufgrund der schwankenden Nachfrage auf dem Weltmarkt reduziert (vgl. Tab. 1). Nach Zahl und Fläche konzentrieren sich die Konzessionen mit 55% der Gesamtzahl und 50% der Gesamtfläche auf den südöstlichen Sektor des Landes. Die einzelnen Nutzungsverträge gelten auf Wald-flächen zwischen 14 000 und 570 000 ha, wobei die Durchschnittsgröße bei 156 000 ha liegt.
Die Unternehmen arbeiten zum Teil unter sehr harten Bedingungen. So müssen sie ihre eigenen Zufahrtsstraßen bauen und auch weitere erforderliche Infrastrukturmaßnahmen durchführen. Das Produktionsvolumen hängt unmittelbar von einem zuverlässigen Wege-netz im Konzessionsgebiet und von der guten Anbindung an die Exporthäfen ab. In der Regenzeit sind die öffentlichen Straßen und privaten Wirtschaftswege oft in einem so schlechten Zustand, daß die Produktion rapide zurückgeht oder sogar ganz zum Erliegen kommt.
Der Forstwirtschaftsplan, dessen wesentliche Prinzipien im Konzessionsabkommen (TCA) verkörpert sind, legt fest, welche Holzarten geerntet werden dürfen; doch die Konzessionäre halten sich nicht immer an die Bestimmungen. Viel zu häufig werden vor allem die marktgängigen und hohe Preise erzielenden Rotholzarten (Kossipo, Tiama, Lovoa, Khay, Makor oder Sipo) geschlagen. Diese selektive Ausbeutung der Wälder, die gemeinhin als „Rahmschöpfen" bezeichnet wird, steht im Widerspruch zum Prinzip der Wahrung stabiler Erträge und gefährdet die Lebensdauer der meisten Konzessionen. Die Mehrzahl der Unternehmer konzentriert ihre Aktivitäten grundsätzlich auf den Export von Rohholz. Trotz der geltenden Bestimmungen, die eine Weiterverarbeitung im Lande fordern, werden 55% der gesamten Produktion in Form von Stämmen exportiert. Dieses Vorgehen ist bequemer und lukrativer, denn die oftmals desolaten Infrastrukturbedingungen verteuern die Holzverarbeitung im Lande enorm. Es gibt zwar eine Reihe von Sägewerken, doch die meisten von ihnen befinden sich entweder im Besitz der Konzessionäre oder sie sind an eine Nutzungslizenz geknüpft. Außer den 33 Sägewerken, die 1980 vorhanden waren (davon waren 25 in Betrieb), gibt es in Liberia nur zwei Sperrholz-und Furnierfabriken Zusätzlich zu den Konzessionsinhabern gibt es einige Holzhandelsunternehmen, die von der FDA eine Sondergenehmigung erhalten haben. Sie arbeiten vorwiegend in Privatforsten oder in Konzessionsgebieten auf der Basis von Unterverträgen. Manche dieser nichtkonzessionierten Unternehmen haben sich auf die Endausnutzung geräumter Kahlschlaggebiete spezialisiert. Es wird geschätzt, daß ca. 240 000 ha Forst von konzessionslosen Firmen genutzt werden.
Abgesehen von dieser im großen Maßstab betriebenen forstwirtschaftlichen Ausbeutung gibt es etliche Formen „traditioneller" Forst-nutzung, die alle zusammengenommen nicht nur die Konzessionäre schädigen, sondern den Waldbestand insgesamt gefährden. Hierzu gehören vor allem das Sammeln von Brennholz, die Herstellung von Holzkohle und die Brandrodungswirtschaft Feuerholz wird in allen Waldgebieten in großen Mengen gesammelt, denn es ist die Hauptenergiequelle der Landbewohner.
Infolge der gestiegenen Nachfrage in den städtischen Gebieten hat die Produktion von Holzkohle erheblich zugenommen. Nach Auskünften der FDA wird geschätzt, daß bei traditionellem Holzkohleproduktionsverfahren pro acre (0, 405 ha) Wald ca. 95 m 3 (26 cords) Holz geschlagen werden, aus denen dann etwa 388 Sack Holzkohle gewonnen werden können.
Die Brandrodungswirtschaft stellt für die Konzessionäre die größte Bedrohung dar. Der Großteil der liberianischen Landbevölkerung betreibt diese Anbaumethode, die naturgemäß große Flächen beansprucht. In allen Landesteilen finden immer wieder Übergriffe auf Konzessionswälder statt. Es wurde errechnet, daß bei einem Rotationszyklus von neun Jahren ca. 1, 45 Millionen ha neuen Ackerlands umgebrochen werden müßten, und zwar hauptsächlich zu Lasten der ungeschützten Waldgebiete. Ohne staatliche Eingriffe würden Liberias Wälder somit rasch dahin-schwinden.
IV. Die Bedeutung der Forsten für die Volkswirtschaft Liberias
Abbildung 4
Tabelle 3: Staatliche Einnahmen aus der Forstwirtschaft (in 1000 US $) Quelle: Forestry Development Authority, Annual Reports — 1979/1980— 1981/1982 — World Bank, Country Report 1983
Tabelle 3: Staatliche Einnahmen aus der Forstwirtschaft (in 1000 US $) Quelle: Forestry Development Authority, Annual Reports — 1979/1980— 1981/1982 — World Bank, Country Report 1983
Es gibt bis jetzt noch keine umfassenden Analysen über den tatsächlichen Stellenwert der Forstwirtschaft und Holzindustrie für die liberianische Wirtschaft. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß sie eine wichtige staatliche Einnahmequelle darstellen und vielen Menschen Arbeit bieten. Darüber hinaus hat diese Branche mit ihren Infrastruktur-maßnahmen weite Teile des ehedem unzugänglichen Landesinneren erschlossen.
Liberia kann eine steigende Exportrate von Roh-und Schnittholz verzeichnen; nach Mineralien und Gummi gehört Holz zu den meistexportierten Produkten des Landes (s. Tab. 2).
Setzt man jedoch das Produktionsvolumen in bezug zu den staatlichen Einnahmen, so wird deutlich, daß die Forstwirtschaft trotz ihrer bedeutenden Position im Außenhandel rückläufig ist (vgl. Tab. 3). Dies erklärt sich aus den allgemein gestiegenen Produktionskosten (hohe Kosten für Maschinen und Straßenbau), der sinkenden Nachfrage auf dem Weltmarkt und dem gestiegenen Kurs des US-Dollar, dem internationalen Zahlungsmittel für liberianisches Holz.
Die Zahl der in der Forstwirtschaft Beschäftigten ist schwankend. Mit ungefähr 6 000 Arbeitsplätzen bilden die Konzessionäre den größten Arbeitgeber in dieser Branche. Konzessionsinhaber, die gleichzeitig Sägewerke betreiben, beschäftigen zwischen 30 und 300 bis 500 Arbeitskräfte.
Die meisten (60 bis 70%) sind angelernte Arbeiter. Gegenwärtig gibt es zwei Einrichtungen, die auch qualifiziertes Personal ausbilden: das Mano River Union Forestry Training Center Institute und das Bomi Hills Wood Processing and Training Center (Bomiwood), beide in Tubmansburg in der Provinz Bomi. Das Bomiwood-Projekt wurde von der Bundesrepublik Deutschland finanziert
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Volkswirtschaft Liberias sind die Infrastrukturmaßnahmen der Konzessionäre. Sie haben nicht nur Straßen in den von ihnen bewirtschafteten Waldgebieten gebaut, sondern auch bei der Instandhaltung des öffentlichen Straßennetzes mitgeholfen. Die meisten der ursprünglich nur als Wirtschaftswege angelegten Straßen haben die unwegsamen Waldregionen auch für andere Nutzungen erschlossen, zum Beispiel für die Landwirt-schäft Fast alle Konzessionäre haben ihren Arbeitern Wohnraum mit den dazugehörigen Versorgungseinrichtungen zur Verfügung ge-stellt Gut die Hälfte der bei diesen Unternehmen beschäftigten Forstarbeiter lebt mit ihren Familien in solchen Camps.
V. Die Auswirkungen der Forstwirtschaft auf das Ökosystem Wald
Die augenfälligste Folge der Forstwirtschaft für die physische Umwelt ist der Rückgang der tropischen Regenwälder. Echte Hoch-waldgebiete haben kontinuierlich abgenommen und beschränken sich heute nur noch auf die geschützten Regionen. Außerdem hat die Praxis des „Rahmschöpfens" dazu geführt, daß viele Edelholzarten aus den Wäldern verschwunden sind. Und im gleichen Maße, wie die Fläche der Naturwälder aufgrund der dauernden und teilweise unkontrollierten Ausbeutung abgenommen hat, ist die Fläche minderwertigeren Sekundärwalds oder Buschlands gestiegen.
Die FDA setzt den jährlichen Verlust an Waldgebieten zwischen 12 000 und 20 000 ha an; die FAO schätzte die durchschnittliche Einbuße in den Jahren 1977 bis 1981 sogar auf 40 000 ha pro Jahr. Es wurde errechnet, daß bis 1985, falls keine Gegenmaßnahmen ergriffen würden, jährlich 48 000 ha Wald den Holz-händlern, Brennholzsammlern, Rodungsbauern und Gold-und Diamantenschürfern zum Opfer fallen. In vielen Forstregionen sind die Spuren dieser Eingriffe unübersehbar. Vor allem die Brandrodungswirtschaft hat dem Wald tiefe Wunden geschlagen, und dies sogar in den Waldschutzgebieten wie etwa im North Lorma National Forest oder im Nimba National Forest.
Der stetige Zugriff auf die tropischen Regenwälder Liberias führt zu einer verhängnisvollen Destabilisierung des Ökosystems Wald; langfristig können klimatische Änderungen auftreten und die landwirtschaftlichen Erträge gefährden. Das herausragende Kennzeichen des Regenwaldes ist sein einzigartiger Reichtum an wertvollen Harthölzern. Sind die uralten Baumriesen erst verschwunden und hat der Wald seine üppige Artenvielfalt verloren, ist er schnell in seiner lebenserhaltenden Funktion gestört, und viele Tier-und Pflanzenarten sind zum Untergang verurteilt.
Insbesondere die Zerstörung von Hochwald auf Wasserscheiden hat katastrophale klima-B tische Folgen für die gesamte Region. So wurden die Länder im Norden Liberias in den vergangenen zehn Jahren von verheerenden Dürrekatastrophen heimgesucht Die Dürre in der westafrikanischen Sahel-Zone droht mittlerweile die südliche Waldbarriere zu durchbrechen und zur Küste vorzudringen. Diese Bedrohung kann schon zum Ende des Jahrhunderts Realität werden, wenn die Länder mit Regenwaldgebieten den Prozeß der Entwaldung weiterhin so fahrlässig vorantreiben. Die klimatischen Folgen zeigen sich jedoch nicht nur in der Entstehung langer Trokkenperioden, sondern auch in der Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit. Es beginnt ein Teufelskreis: Verschwindet der fruchtbare Waldboden, werden die traditionellen Brachperioden nicht mehr voll eingehalten und der Boden wird immer mehr und immer rascher ausgelaugt. In der breiten Trockenzone, die sich über Westafrika spannt, wächst auf dem ausgedörrten Boden so gut wie gar nichts mehr, und die Bevölkerung steht vor dem Hungertod. Dies ist der Regierung von Liberia Warnung genug, um mit einer einsichtsvollen Forstpolitik einem ökologischen Desaster entgegenzuwirken.
Mit der Zeit hat man auch in Liberia erkannt, daß die Wälder eine lebensnotwendige, aber sehr verletzliche Ressource sind; in Regierungskreisen wurde vermehrt die Sorge über Form und Intensität der forstwirtschaftlichen Ausbeutung und den dadurch verursachten Waldschwund geäußert. Die Regierung blieb nicht untätig und ergriff eine Reihe von Kontrollmaßnahmen, um den Waldbesitz vor unüberlegter Zerstörung zu schützen. Es wurden allgemeine forstpolitische Strategien entwikkelt und etliche Verordnungen erlassen, die vor allem die Aktivitäten der Konzessionäre reglementieren und von der FDA implementiert werden.
Der liberianischen Forstpolitik liegt das Gesetz zugrunde, das auch die FDA ins Leben gerufen hat. Um die darin verankerten Ziele zu erreichen, hat die FDA folgende Strategien entwickelt:
— Um den steigenden Produktionsraten zu begegnen, soll vor allem verhindert werden, daß nur die wertvollsten Hölzer geschlagen werden;
— in geeigneten Gebieten sollen im großen Maßstab Pflanzungen von schnellwachsenden Baumarten angelegt werden, um einer zukünftigen Erschöpfung des Naturwaldbestands entgegenzuwirken; — es soll ein integrierter Forstwirtschaftsplan entwickelt werden, der sowohl den gesamten Waldbestand, aber auch Wasserressourcen, Böden und Wildtierbestand einbezieht; — Forstverwaltung und Kontrollen sollen intensiviert werden, um zu gewährleisten, daß die Konzessionäre die forstpolitischen Zielsetzungen des Landes nicht unterlaufen.
Die FDA verfolgt eine strikte Umsetzung des Forstwirtschaftsplans. Hierzu gehört unter anderem die Kontrolle darüber, daß in Konzessionen über 40 500 ha Waldland nicht mehr als 4 % der Gesamtfläche pro Jahr geschlagen werden (s. o.). Der Forstwirtschaftsplan legt auch fest, bis zu welchem Durchmesser bestimmte Baumarten oder Artgruppen gefällt werden dürfen. Leider beziehen sich diese Vorschriften weder auf Kahlschlaggebiete noch auf Konzessionen unter 40 500 ha. Die FDA ist außerdem für die technische Evaluation des Standardvolumens und der vorhandenen weiterverarbeitenden Produktionsanlagen in den Konzessionsforsten zuständig und hilft damit der Forstverwaltung bei der effizienten Überwachung der forstwirtschaftlichen Aktivitäten.
Die Abteilung Forstnutzung innerhalb der FDA hat unter anderem die Aufgabe, die Verwendung von Rohholz und Holzprodukten landesweit zu kontrollieren und eventueller Mißwirtschaft entgegenzuwirken. In dieser Abteilung werden auch sämtliche technischen und sozioökonomischen Daten gesammelt, die die Holzindustrie betreffen. Es wird generell Wert auf eine enge Kooperation mit der Forstindustrie gelegt, vor allem mit dem Ziel, die holzverarbeitende Branche stärker als bisher im Lande selbst zu verankern.
Es wurden auch Kontrollmaßnahmen ergriffen, um festzustellen, welche Wege das Holz nimmt und welchen Verwendungszwecken es zugeführt wird. Hiermit soll ebenfalls einer Verschwendung von Ressourcen Einhalt geboten werden. Zu diesen Kontrollmaßnahmen gehört z. B. das Ausstellen von Exportgenehmigungen in den Verladehäfen des Landes und das Überprüfen von Frachtbriefen und Ladungen.
In der Forstindustrie fallen enorme Mengen an Holzabfall an, z.. B. in Form von Sägemehl oder Abfällen beim Stammbehau und der Produktion von Schnittholz. Auch in den Holzlagern sind bisweilen beträchtliche Verluste zu verzeichnen, vor allem aufgrund unsachgemäßer oder zu langer Lagerung der Stämme. Es gibt gegenwärtig zwei große Anlagen in Liberia, die solche Holzabfälle zur Energieerzeugung nutzen. Außerdem wird vielen Heimindustrien nahegelegt, für die Herstellung von Holzkohle oder die Produktion von Möbeln Abfallholz zu verwerten. Die Hauptprobleme für die liberianische Forstpolitik scheinen sich jedoch unmittelbar aus dem Erfordernis zu ergeben, rechtzeitige und schnell wirkende Maßnahmen zur Kontrolle der Forstwirtschaft zu ergreifen, damit auch zukünftig die Holzversorgung gesichert bleibt und die verbleibenden Naturwälder nicht gefährdet werden. In Ausübung ihrer Pflichten hat die FDA erfolgreiche Schritte unternommen, die Wald-fläche zu vergrößern und das Regenerationsvermögen der Wälder zu stärken, letzteres sowohl mit Hilfe künstlicher als auch — allerdings nur in begrenztem Ausmaß — natürlicher Verjüngungsverfahren. Hinsichtlich der Naturverjüngung der tropischen Regenwälder ist die FDA bislang zwar nicht nach einem bestimmten forstwirtschaftlichen System vorgegangen. Sie hat aber anhand von Stichprobenuntersuchungen ermitteln können, daß einige Forstgebiete bereits ausreichend fortgeschrittene Regenerationsstadien erreicht haben. Diese Wälder werden deshalb nicht für Wiederbepflanzungszwecke durchforstet, sondern einem natürlichen Wachstum überlassen. In manchen Naturwäldern werden jedoch zusätzlich Neupflanzungen zur Artenanreicherung durchgeführt Auf dem Gebiet der künstlichen Verjüngung (Wiederaufforstung) sind einige Projekte bereits recht weit gediehen. Nach dem Forst-wirtschaftsplan sind alle Konzessionäre zur Zahlung einer Wiederaufforstungsgebühr verpflichtet (vgl. Tab. 3). Der Erlös hieraus ist in fünf Großprojekte im Rahmen des Aufforstungsplanes geflossen (s. Tab. 4). In diesen Gebieten werden anteilig heimische und nicht heimische Baumarten gepflanzt. Unter den nicht heimischen Arten sind Gmelina Arborea, Tectona Grandis (Teak), aber vor allem Kiefern vertreten, die 73 % der aufgeforsteten Flächen einnehmen. Teak-Pflanzungen wurden in Glaro und Yekepa angelegt, Kiefernarten werden vor allem in den Papierholzversuchsplantagen in der Provinz Grand Cape Mount genutzt. Die Projekte von Bomi Hills, Cavallo und Claro werden von intensiven forstwissenschaftlichen Untersuchungen begleitet.
VI. Schlußfolgerungen
Es besteht immer die Versuchung, die Wälder eines Landes nur auf ihre forstwirtschaftlichen Erträge hin zu verwalten. Daß die anderen und vielfach bedeutenderen Segnungen des Waldes der Nation erhalten bleiben müssen, wird oftmals nur in Lippenbekenntnissen zum Ausdruck gebracht. Wälder sind lebendi-ge, dynamische, natürliche Ressourcen; dieser Aspekt darf bei der Forstindustrie nicht außer acht gelassen werden. Verglichen mit den westafrikanischen Nachbarländern besitzt Liberia den großen Vorteil, daß sein Potential für gleichbleibende forstwirtschaftliche Erträge noch nicht erschöpft ist. Liberia wird seinen ersten Fällzyklus erst in etwa 15 Jahren beendet haben, während andere Länder in Westafrika bereits den zweiten oder sogar dritten Zyklus durchlaufen.
Der gegenwärtige Entwicklungsstand der Forstwirtschaft macht jedoch eine sorgsame Planung unumgänglich, die eine bessere produktive Nutzung garantiert und die Vorteile für Staat und Volk mehrt. Um dies zu erreichen, muß die FDA ihre Kontrollmaßnahmen weiterhin verbessern und ihre Forschungsaktivitäten intensivieren; vor allem müssen weitere Erkenntnisse über die vielschichtigen Wechselbeziehungen zwischen Wäldern als lebendige Einheiten und der auf sie so sehr angewiesenen Landbevölkerung gesammelt werden.
Mit einer unbedachten Zerstörung ihrer Forsten würden die Liberianer die ökologische und ökonomische Katastrophe, wie sie gegenwärtig in der Sahel-Zone wütet, vor die eigene Haustür bringen. Eine Forstpolitik, die sich dieser Gefahr verschließt, würde die Liberianer unweigerlich in die Sackgasse der Selbstzerstörung führen.
Clement Dorm-Adzobu, Ph. D., BA, geb. 1939; Studium in Ghana und Liverpool; Geograph, Professor für Geographie an der Universtität von Liberia in Monrovia; vorher Forschungsdirektor des Umweltschutzrates in Ghana. Veröffentlichungen u. a.: Environmental problems and management policies in tropical Africa, in: Zeitschrift für Umweltpolitik, 1981; Impact of Utilisation of Natural Resources on Forest and Wooded Savanna Ecosystems in Rural Ghana, in: Environmental Conservation, 1982.
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