I. Einleitung
Ziel dieses Beitrags*) ist es, die wichtigsten Aktivitäten der indonesischen Regierung in bezug auf Umweltschutz und -gestaltung zu beschreiben und über die Umweltprobleme sowie die Möglichkeiten für eine verbesserte Verwaltung der natürlichen Ressourcen zu berichten.
Im April 1978 wurde von der Regierung ein neues Staatsministerium für Entwicklungskontrolle und Umwelt geschaffen. Dadurch konnte das einheimische Umwelt-Management gestärkt werden; der Akt selbst entsprach sowohl den sich verschärfenden Umweltproblemen des dicht besiedelten Java als auch den im Zusammenhang mit einer beschleunigten wirtschaftlichen Entwicklung auftretenden Problemen weniger bevölkerter Regionen. Der Umgang mit natürlichen Ressourcen — Hauptquelle der jüngsten Prosperität — erfordert eine langfristigere Management-Strategie, als in konventionellen Wirtschaftsstrategien üblich, da sie den Erhalt dieser Ressourcen sichern und nicht nur deren schnelle Ausbeutung fördern soll Emil Salim, der in dieses neue Ministerium als Staatsminister mit Kabinettsrang berufen wurde, will den Nachweis führen, daß die wirtschaftliche Entwicklung nicht zwangsläufig zu Umweltkatastrophen führen muß Der dritte Wirtschaftsplan — Repelita III (1979 bis 1984) — befand sich zur Zeit von Salims Ernennung in seinem letzten Entwurfsstadium, und der Minister nutzte die günstige Gelegenheit, einen Paragraphen über Umweltpolitik hinzuzufügen: Dieser Zusatz umfaßt Probleme der Verschmutzung, der kritischen Schädigung der Böden, des Verlustes von Wald sowie Maßnahmen zur Umwelterziehung.
Eine kurze Charakteristik der in Indonesien vorherrschenden ökologischen Bedingungen stellt sich wie folgt dar:
Java, Bali und Madura oder die Innere Inselgruppe, ausgestattet mit jungen, fruchtbaren vulkanischen Böden und günstigem Klima, wo stabile und im Gleichgewicht befindliche Agro-Okosysteme erfolgreicher als sonst irgendwo in der Welt genutzt werden, ernähren eine Bevölkerung, die in einem der dichtesten besiedelten Gebiete der Welt lebt (600 Menschen/km 2 und bis zu 2 000/km 2 in Bewässerungsgebieten).
Zwei Agro-Okosysteme ernähren den überwiegenden Teil der Bevölkerung: Zum ersten System, „Sawah“ genannt, gehören bewässerte Reisfelder (mit zwei bis drei Ernten im Jahr) und terrassenförmig darum angebaute andere Feldfrüchte. Das zweite geschlossene Nahrungsketten-Okosystem, bestehend aus Teichen mit Fischen und Geflügel, Gemüseanbau und dem Recycling von Haushaltsabfällen, gibt es — von Professor Otto Soemarwoto anschaulich als Teil der berühmten „home gardens" beschrieben — in unterschiedlichster Zusammensetzung und räumlicher Ausdehnung. Diese Agro-Okosysteme sind sowohl umweltfreundlich als auch anpassungsfähig an Veränderungen. Ihr Ertrag deckt den Eigenbedarf und bringt noch einen geringen Überschuß. Diese traditionelle Umgangsform mit natürlichen Ressourcen wurde häufig bei der •wirtschaftlichen Modernisierung tropischer Regionen übersehen.
Erschien das frühe Indonesien in zeitgenössischen Beschreibungen noch als Paradies, verschwand dieser Eindruck, als sich seine Situation nach den Konflikten mit Holland und Japan, der Einführung westlicher Medizin und der Grünen Revolution zu verschlechtern begonnen hatte. Die „Idylle", wenn es denn je eine gegeben hat, gibt es heute nicht mehr. Nachdem eine rasch wachsende Bevölkerung auch steile Hänge zu bebauen begann, wurde nicht nur ein starker Erosionsprozeß ausgelöst; auch die Austrocknung von Wasserzuflüssen und die Zerstörung der Bewässe-rungssysteme durch Überschwemmungen und Verschlammung waren vorhersehbare Konsequenzen einer falschen Hochlandnutzung. Diese Schäden haben nun solche Ausmaße erreicht, daß die Regierung bestimmte Regionen als „critical areas" einstufte, deren Schutz jetzt als Rechtfertigung für massive Umsiedlungsaktionen dient.
II. Bevölkerung und Umwelt
Seit den sechziger Jahren ist man sich in Indonesien der Bedeutung einer durch Bevölkerungswachstum verursachten Umweltproblematik bewußt. Darauf verwies die Regierung bereits in einem Bericht anläßlich der 1972 stattfindenden Konferenz der Vereinten Nationen zum Thema „Human Environment“.
Indonesiens Bevölkerung zählte 1982 152, 6 Millionen Menschen; damit besitzt das Land die fünftgrößte Bevölkerung in der Welt. Ein weiteres Problem bildet die Altersstruktur — die Bevölkerung ist im Durchschnitt sehr jung, d. h. 41% sind weniger als 14 Jahre alt. Jedes Jahr drängen zwei Millionen Menschen auf den Arbeitsmarkt. Ein durchschnittliches Bevölkerungswachstum von 2, 3% in den Jahren 1970 bis 1982 läßt bei einer Hochrechnung auf das Jahr 2000 eine Zahl von 202 Millionen Menschen erwarten. Dabei wächst die städtische Bevölkerung noch schneller (3, 3%) und schafft dort zunehmende Umwelt-probleme. Die Bevölkerungsdichte ist sehr unterschiedlich verteilt. Die Extreme reichen von 8 000 Einwohnern/km 2 in Jakarta und 2 000 Einwohnern/km in verschiedenen Agrardistrikten bis zu so dünn besiedelten Regionen wie dem 400 000 km 2 umfassenden Irian Jaya mit zwei Einwohnem/km . Dabei steht wiederum die niedrige durchschnittliche Bevölkerungsdichte des ganzen Landes mit 66 Personen/km 2 in starkem Kontrast zu 456 Einwohnern/km in Agrarregionen. Nur 7% des Landes (Java und Madura) ernähren 65% der Bevölkerung; dies ist darauf zurückzuführen, daß nur ein kleiner Teil des Bodens landwirtschaftlich genutzt werden kann. Ein sparsamer und wohl überlegter Umgang mit den erneuerbaren Ressourcen ist deshalb dringend erforderlich.
In der Erkenntnis, daß eine Verschlechterung der Umweltbedingungen in einem kausalen Zusammenhang mit dem rapiden Bevölkerungswachstum steht, führte die Regierung 1971 ein durchgreifendes Programm zur Familienplanung ein, das zu den erfolgreichsten der Welt zählt Schon 1966 wurde eine geburtenfreundliche Familienpolitik zurückgenommen, und heute verwenden 27 % der verheirateten Frauen Verhütungsmittel mit einer jährlichen Zunahme von zwei Millionen. Zwischen 1971 und 1976 fiel die vorher an 3% reichende Wachstumsrate der Bevölkerung auf einen Durchschnitt von 2%, auf Java und Bali sogar auf 1, 7%. Letzte Zählungen ergaben allerdings wieder einen Anstieg auf 2, 34% jährliches Wachstum zwischen 1971 und 1982. Seit die Regierung eine starke Umweltgefährdung durch Überbevölkerung bestätigt hat, erscheint die Familienplanung als das einzige langfristig wirkende Mittel, um die Umwelt-schädigung aufzuhalten. Etliche Faktoren unterstützen diese These: Unter verbesserten Lebensbedingungen nimmt die Kindersterblichkeit (die immer noch mit 130 von 1 000 lebend Geborenen hoch ist) ab.
Vor einiger Zeit erschienen Umsiedlungsaktionen auf Java noch als sicherer Weg, um die Überbevölkerung der Insel — man prognostizierte bis zur Jahrhundertwende einen Land-besitz von weniger als 0, 1 ha pro Kopf — zu verlangsamen. Allerdings erscheint diese Lösungsmöglichkeit des Problems angesichts der Relation einer jährlich um 2 Millionen zunehmenden Bevölkerung und etwa 100 000 Umsiedlern auf Java jetzt illusorisch, selbst wenn sich die Zahl der Umsiedler erhöhen sollte, überbevölkertes Land mit steilen Geländestufen, auf das jährlich eine Niederschlagsmenge von zwei bis maximal 3, 8 m Regen niedergeht, verringert und verschlechtert sich schnell in seiner Qualität. Das „Landsterben" begann während der Hungersnot 1917/18; betroffen waren besonders jene Regionen, in denen die UnwetterStatistik die 100-Tage-grenze überschreitet. Solche „kritischen Regionen“ (Tanah Kritis) erstreckten sich 1969 auf 23 Millionen ha (verglichen mit 18 Millionen ha bewässerten Reisfeldern). Selbst wenn sich diese kritischen Regionen nicht weiter ausdehnen würden, „benötigte man auf Java 45 Jahre und anderwärts etwa 100 Jahre zur Rehabilitation“ Dieser enorme und wachsende Verlust von ländlicher Produktionskapazität spornt die Regierung an, ihre Bemühungen um den Umweltschutz zu verstärken,
III. Die kommerzielle Nutzung der Waldressourcen
Wald ist Indonesiens wertvollste, potentiell regenerierbare Ressource und nach öl der wichtigste Exportartikel. Etwa zwei Drittel des Landes sind bewaldet, das sind je nach Schätzung 800 000 bis 1 200 000 km 2. Fast drei Viertel dieser Gebiete bedeckt tropischer Regenwald, der Welt reichstes Ökosystem, dessen schnelle Vernichtung weltweit ernste Probleme aufwirft. Indonesiens Anteil an diesem System beträgt 10 % auf die gesamte Vegetationszone bezogen und etwa die Hälfte von Südostasien; 50% des tropischen Hartholzexports für die Industrieländer stammen aus Indonesien. Obgleich der tropische Regenwald Indonesiens vielleicht der reichste der Welt ist, wird seine ökologische Bedeutung heute noch weitgehend unterschätzt. Große Differenzen bestehen in der Einschätzung, wie diese Ressource am besten zu verwalten sei.
Die Waldnutzung erbringt, abgesehen von Erdölprodukten, bei weitem die meisten Devisen in der Exportbilanz (über 1, 09 Milliarden US-Dollar im Jahr 1983). Die Besorgnis wächst, daß diese Ressource schneller ausgebeutet sein wird, als sie sich für einen dauerhaften Nutzen regenerieren kann. Obwohl ein Rückgang des Nutzholzexports von 1978 bis 1982 von 16 Millionen t auf 14, 5 Millionen t nicht auf einen solchen Trend hinweist, ist diese Warnung nicht gefahrlos zu überhören. Zwischen 1968 und 1977 steigerte sich der Nutzholzexport um das Dreizehnfache von L 5 auf 20, 2 Millionen m 3. Bis 1989 soll die Gesamtproduktion nach dem vierten Fünfjahresplan auf 37, 5 Millionen m 3 steigen. Fast der wobei Maßnahmen zur Verbesserung der Ressourcensituation (inklusive Prävention) wirkungsvoller sein dürften als ein Kurieren der Schäden. Jean Paul Malingreau plädiert überdies für eine Klassifikation „Katastrophenorientierte Ökologie“, da in Indonesien Erdrutsche, Vulkanausbrüche mit verheerenden Lavaströmen, Flutkatastrophen, Dürren und Erdbeben an der Tagesordnung sind. gesamte Export bestand aus unbearbeiteten Stämmen, so daß das Land damit auch wichtige Arbeit exportierte; 60 % des Zellstoff-und Papierbedarfs werden dagegen noch immer importiert.
Nahezu auf den gesamten zur Verfügung stehenden Regenwald — einige „geschützte“ Waldgebiete miteinbezogen — werden üblicherweise für 20 Jahre Nutzungskonzessionen vergeben (in einem Rotationssystem von mindestens 35 Jahren). Dabei ist es nicht ungewöhnlich, daß sich die Fristen überschneiden und die Nutzungsrechte mit Naturschutz-belangen kollidieren. Für fast 40 000 km 2 von einem Gesamtareal von 122 000 km sind in einem Monat im Jahr 1978 an mehr als 500 Unternehmen Konzessionen erteilt worden — eine Investitionssumme von 1, 067 Millionen US-Dollar. Für weitere 32 000 km 2 liegen Konzessionsanträge vor. Das gegenwärtig genutzte Gebiet ist kleiner als der konzessionierte Raum, jedoch liegen keine konkreten Daten vor. Inzwischen legt die Regierung — im Gegensatz zur praktizierten Ausbeutung zur schnellen Gewinnmaximierung — mehr Gewicht auf ein ressourcenschonendes, eine vielseitige Nutzung anstrebendes Management Neue Anträge wurden daher seit 1980 von der Regierung zurückgestellt. Denn das lange Zeit von der Regierung praktizierte Vorgehen, die Nutzungsrechte einer staatlichen Holding zu übertragen, schuf zwar einen großen Anreiz zur Erzielung schneller Profite, trug aber wenig dazu bei, langfristig zu planen und ressourcenschonend zu verfahren.
Angesichts dieser Lage versucht die Regierung nun auf mehreren Wegen die Situation zu verbessern. So werden Umsiedelungsaktionen eher in Grasland als in Wald-Regionen gelenkt. Qualitätswälder bleiben nach einer neuen Verordnung als produktive Wälder erhalten. Man beginnt die Wiederaufforstung mittels eines Kautionssystems zu fördern. Für jeden m 3 exportiertes Holz müssen vier US-Dollar hinterlegt werden.
Zusätzlich wurden die Steuern für unbearbeitetes oder nur roh behauenes oder gesägtes Holz erheblich erhöht. Insgesamt betragen die gesamten Steuern und Gebühren 45 % des Exportpreises. Die „Verordnung der drei Minister" vom Mai 1980 verlangt, daß 66 % des Holzes im Inland verarbeitet werden sollen. Seitdem steigt der Export von Furnierholz und bearbeitetem Nutzholz stark an. Mit Hilfe der Weltbank ist inzwischen eine Bestandsaufnahme der gesamten heimischen Ressourcen geplant, die eine Nutzungskontrolle verfolgt.
IV. Umwelt-und Naturschutz
Knappe und regenerierbare Ressourcen, die bei einer explosionsartig ansteigenden Geburtenrate abnehmen, erzeugten schon lange vor der Unabhängigkeit in Indonesien bei der Bevölkerung ein Denken der Genügsamkeit und eine Ethik des Bewahrens. Ein Ergebnis dieser Einstellung sind z. B. die traditionellen Recyclingsysteme der „home gardens" und Fischteiche.
Inzwischen sind mehr als 400 ökologische oder „Friends of Nature" -Gruppen dabei, sich der verschiedenen Aspekte der Erhaltung der Umwelt anzunehmen: die Bewegung gewinnt, durch das Umweltministerium ermutigt, an Stärke. 17 der wichtigsten Gruppen sind offizielle Berater des Ministers. Unter seiner Mitwirkung haben jetzt 79 Gruppen „Das indonesische Umweltforum" gebildet.
Das „Directorate of Nature Conservation", das 1971 im Forstdepartment eingerichtet wurde und international mit der Food and Agriculture Organisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem World Wildlife Fund (WWF) zusammenarbeitet, erzielte bereits große Fortschritte bei der Planung von Schutzzonen in Indonesien. Nationales Ziel ist ein 5 % des Landes (über zehn Millionen ha) umfassendes Park-und Reservatsystem. Ein Übergang zu einem so vollständigen Schutzsystem dieser Größenordnung ist möglicherweise einmalig. Einige dieser geschützten Regionen dienen aber gleichzeitig noch weiteren Entwicklungsprojekten. So stellt das Ranca Danau Reservat die Wasserversorgung für die Krakatau Stahlfabrik in Cilegon und die sie umgebende Ackerbauregion sicher. Ähnlich wird die Wasserversorgung eines von der Weltbank unterstützten Bewässerungsprojektes in Dumoga (Nord-Sulawesi) durch ein neues, 2 800 km 2 umfassendes Reservat gewährleistet, das 1980 als Nationalpark mit Unterstützung des „Directorate of Nature Conservation", dem WWF und der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) geschaffen wurde.
V. Die Auswirkungen der Transmigrationsprogramme auf die Umwelt
Die sich trotz der unübersehbaren Anstrengungen ständig verschlechternden Umwelt-bedingungen auf Java haben die Furcht aufkommen lassen, daß ohne entsprechende Schutzmaßnahmen auch Umsiedlungsaktionen massive Umweltschäden um die neuen Siedlungen herum verursachen können. Die Umsiedlungsprogramme der Regierung sind deshalb auf vier Ziele gerichtet:
— Die regionale Entwicklung der dünn besiedelten äußeren Inselgruppe voranzutreiben; — den Bevölkerungsdruck ökologisch kritischer, dicht besiedelter Regionen namentlich auf Java, Madura, Lombok und Bali abzubauenr — die Voraussetzung für bessere Existenz-möglichkeiten der Hälfte der ländlichen Bevölkerung auf Java ohne Landbesitz und für weitere 20 % ohne ausreichenden Boden zu schaffen; — die Nahrungsmittelproduktion hauptsächlich durch die von Umsiedlern erwirtschafteten Überschüsse an Reis zu steigern und Verbesserungen im Selbstversorgungssystem zu erreichen. Der dritte Fünfjahresplan der Regierung hatte die Umsiedlung von 500 000 Familien bzw. 2, Millionen Menschen in 250 neue Siedlungsgebiete hauptsächlich auf Sumatra, Kalimantan und Sulawesi vorgeschlagen. Durch die Erfahrungen auf Java aufmerksam geworden, werden bei diesen Projekten jetzt vorbeugende Überlegungen zum Umweltschutz angestellt Dabei gilt das Hauptaugenmerk der Tatsache, daß Umsiedlungsaktionen den Verlust intakter Wald-Ökosysteme ebenso wie eine Zerstörung der Biomasse und eine Minderung der Bodenfruchtbarkeit durch unsachgemäße Rodung ausgelöst hatten.
Obgleich nahezu alle Umsiedlungsaktionen in ausgedehnte Waldgebiete erfolgten, hatte sich die oberste Forstbehörde zunächst nur wenig oder gar nicht um diese Entwicklung gekümmert. Man rodete und vermarktete zuerst die wertvollsten Hölzer, planierte dann den Rest mit Bulldozern oder fällte die Bäume, die dann als Baumaterial verwendet wurden. Der Wald wurde also nur als zu beseitigendes Hindernis betrachtet, sein ökologischer Wert hingegen ignoriert. Oft blieb nur ein unproduktives Substrat von Baumstümpfen, verkohlten Stämmen und Ästen zurück, das die Entwicklung von Pilzkrankheiten begünstigte. Manuelles Fällen und Verbrennen schädigt die Böden übrigens weit weniger als die maschinelle Rodung, ganz abgesehen von den höheren Kosten der notwendigen technischen Wartung der großen Bulldozer, ihrer kurzen Lebensdauer und ihrer arbeitsplatz-vermindernden Wirkung. Die ehrgeizigen und forciert vorangetriebenen Entwicklungspläne tendierten zu diesem maschinellen Einsatz; die dabei verwendeten schweren Arbeitsgeräte pressen den Boden zusammen, so daß der Regen nicht mehr in den Boden eindringen kann, sondern Schichterosion, Verschlammung und Überflutungen hervorruft und die Fähigkeit der dünnen Ackerkrume zur Düngeraufnahme reduziert. Im Gegensatz zu Ökosystemen in klimatisch gemäßigteren Zonen sind im tropischen Regenwald fast alle Nährstoffe in der Biomasse selbst enthalten (mit einem wertvollen, aber geringen Anteil in der Blattstreu und in einer nur 2— 3 cm tiefen Humusschicht). Deshalb gehen bei der Rodung die meisten Nährstoffe für die Landwirtschaft verloren. Da eine der Haupterwartungen bei der Umsiedlung die Überschußproduktion von Nahrungsmitteln ist, spielt auch die Düngung eine wichtige Rolle. Doch die meisten Böden tropischer Regenwälder sind sehr alt und für die Düngeraufnahme weitaus weniger geeignet als diejenigen gemäßigterer Klimazonen. So besitzen die Böden der äußeren Inselgruppe speziell nach ihrer Verdichtung und dem Verlust der Humusschicht nur geringe Kapazitäten, Nährstoffe aufzunehmen; selbst wenn man sich vorstellt, daß hochwertiger und teurer Dünger an der richtigen Stelle und zur rechten Zeit eingesetzt würde, wäre er weniger wirksam als in anderen Klimazonen.
Wie bereits erwähnt, wurden bis vor kurzem offizielle Umsiedlungsprogramme energieintensiv geplant: Bulldozer statt manuelle Rodung; Kunstdünger und Pestizide für Monokulturen wurden Systemen der „home gardens" und Fischteiche, die keines von beiden benötigen, vorgezogen; subventioniertes Kerosin wurde anstelle eines Systems zur dauerhaften Feuerversorgung eingesetzt Dieselgeneratoren versus Biogasanlagen — das sind nur einige Beispiele für energieintensives Wirtschaften, das den Ressourcenabbau beschleunigen hilft. In Erkenntnis dieser Entwicklung kündigte die Regierung deshalb Maßnahmen zur Förderung regenerativer Ressourcennutzung an. 2 000 Bio-Alkoholfabriken sollen aus Maniok und Süßkartoffeln bis zu 10 Millionen 1 Ethanol und Methanol (teilweise in Benzin umgewandelt) im Jahr erzeugen. In Anbetracht der reichlich vorhandenen Energiequellen Wasser und Sonne könnten die meisten Niederlassungen von Umsiedlern nicht nur Energieselbstversorger werden, sondern auch noch Energie in ausreichender Menge exportieren.
Diesen Geboten des Umweltschutzes wird jetzt langsam von Regierungsseite Rechnung getragen. So verbietet eine Verordnung von 1979 die weitere Urwaldrodung zu Umsiedlungszwecken. Jetzt sollen zuerst 20 Millionen ha alang-alang-Grasland für die Umsiedlung genutzt werden, das jährlich um 150 000 ha durch Entwaldung, Feuer und Brandrodungswirtschaft zunimmt,'sowie die ausgedünnten Sekundärforste (d. h. Wälder, die auf ehemaligem Urwald gewachsen sind); allerdings ist hier ein Rodungssystem mit einer vernünftigen Kombination von mechanischen und manuellen Methoden vorgesehen 5). Im vierten Fünfjahresplan 1984— 1989 ist die Umsiedlung von 750 000 Familien vorgesehen, die stärkere Anreize für agroforstliche An-bauformen erhalten werden
VI. Landwirtschaft
Obwohl 60 % der indonesischen Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten, nimmt die Möglichkeit zur Selbstversorgung ständig ab. Da das Wohlergehen der meisten jedoch auf einer landwirtschaftlichen Produktionssteigerung beruht, wird diese die Umweltprobleme eher noch verstärken, wenn sie nicht mit begleitenden Umweltschutz-und -kontrollmaßnahmen einhergeht.
Reis, der den Kalorienbedarf der indonesischen Bevölkerung weitgehend deckt, sowie immer größere Mengen Weizen werden jedes Jahr sowohl zur Deckung des Bedarfs, aber auch zur Stabilisierung der inländischen Preise importiert.
Schon 1980 verursachte der Import von fast zwei Millionen t Reis Ausgaben in Höhe von ca. 730 Millionen US-Dollar. 1981 fielen die Importe auf 200 Millionen US-Dollar, stiegen aber wieder auf 420 Millionen US-Dollar im Jahr 1983. Mit einer Ertragssteigerung im Lande selbst drohen jedoch wieder Umwelt-belastungen der Gewässer durch Pflanzen-schutz-und Düngemittel. Bereits jetzt gefährden Pestizidrückstände in Bewässerungskanälen, Teichen und Reisfeldern die Fische, die wichtigste Versorgungsquelle mit tierischem Protein für die Landbevölkerung. Sie dezimieren überdies die natürlichen Feinde der Ernteschädlinge, die wiederum als Folge der zunehmenden Resistenz gegen die chemischen Bekämpfungsmittel eine immer höhere Dosierung und damit steigende Ausgaben provozieren. Mit der Einführung von Hochertragssorten konnten die Reisernten zwar erheblich gesteigert werden, aber daraus ergibt sich das Problem, daß eine ausgedehnte Monokultur genetisch identischer Reissorten eine hohe Anfälligkeit für Pflanzenepidemien und Schädlingsbefall zeigt und die von diesen Sorten benötigten hohen Düngergaben eine Gefahr in Trockenzeiten darstellen, da sie ohne Wasser die Pflanzen schädigen. Flußaufwärts gelegene bewaldete Hügel spenden Feuchtigkeit in der normalerweise gemäßigten Trokkenzeit. Eine Entwaldung dieser Gebiete führt zu langanhaltenden Dürreperioden und begünstigt Überschwemmungen in der Regenzeit. Wirtschaftliche Einbußen durch Ernteverluste — um die 20 % in den letzten Jahren — haben die Aufmerksamkeit zunehmend auf die Schädlingsbekämpfung gelenkt, die in der Regel auf chemischem Wege mit den bereits erwähnten Umweltfolgen durchgeführt wurde. Neu gezüchtete schädlingsresistente Reis-sorten werden schnell von sich neu entwikkelnden Arten befallen, und man muß große Verluste befürchten, sobald eine neue Mutation die wichtigste Reissorte IR 36 gefährdet, da sie drei Viertel der Reissaat auf Java ausmacht. Inzwischen wendet sich Indonesien auch biologischen Methoden des Pflanzen-schutzes zu. Forschungen auf diesem Gebiet werden vom Zentralen Forschungsinstitut für Landwirtschaft und von Biotrop in Bogor durchgeführt.
Es wurde bereits erwähnt, daß Böden gemäßigterer Klimazonen weniger Dünger benötigen, da sie ihn halten und schrittweise an die Pflanzen abgeben. Tropische Böden und speziell die Böden der äußeren Inselgruppe brauchen mehr Dünger, der leichter ausgespült werden kann und auch teilweise chemisch für die Pflanzen nicht verwertbar ist. Die durch Regierungssubventionen in großem Stil geförderte Verwendung von chemischen Düngemitteln führte zu einer Reduzierung der organischen Bodensubstanz und zur Abnahme der Fähigkeit des Bodens, Feuchtigkeit zu speichern. Die Folge war u. a. ein stärkeres Unkrautwachstum. Verringerte man nun die Abhängigkeit von energieintensiven und chemischen agrarwirtschaftlichen Praktiken durch Förderung der Ökosysteme der „home gardens" und Fischteiche, den Anbau von Leguminosen, veränderter Anbaupraxis, Artenvielfalt, Mischanbau, Gründüngung und Verwendung mehrjähriger anstelle einjähriger Pflanzen, könnte man eine weitergehende Umwelt-schädigung vermeiden und wäre weniger abhängig von Erdöl.
Um die Lebensbedingungen in Indonesien zu verbessern, will die Regierung wieder mehr Energie in der Landwirtschaft einsetzen. Diese muß, wie bereits erwähnt, keineswegs nur auf der Basis von Erdöl erzeugt werden. So kann etwa Feuerholz als umweltfreundlicher Energieträger dort gewonnen werden, wo das Land für eine andere landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet ist Da gerade beim Kochen besonders viel Energie benötigt wird, wäre dies ein bedeutsamer Planungsschritt.
Holzkohleproduktion für die Stadtregionen der äußeren Inselgruppe, Wasser-oder Windmühlen zur Bewässerung, Leguminosen anstelle stickstoffhaltiger chemischer Dünge-mittel, einfache Sonnenkollektoren (z. B. zum Trocknen von Reis auf kleineren javanischen Plantagen), Energie aus Biomasse (z. B. Alkohole), Biogas auf Bali, kleine Wasserkraftwerke zur dörflichen Stromversorgung — alle diese Technologien könnten die Unabhängigkeit von Erdöl fördern. 1. Gewässerverschmutzung Die Verschmutzung der Küstengewässer hat gleichfalls wachsende Probleme aufgeworfen. Die Malakkastraße gehört zu den meist befahrenen Schiffahrtsrouten der Welt, vornehmlich für große Öltanker auf dem Weg nach Japan und in die USA. 1975 verunglückte dort der Supertanker Showa Maru, dessen öl hunderte von ha Mangrovenwälder bei Dumai vernichtete. Küstennationen, die ihren Ernährungsbedarf an tierischem Eiweiß größtenteils durch Fisch decken, sind zu besonderen Vorsichtsmaßnahmen verpflichtet Die indonesischen Fischer gehören zu den am stärksten von Verarmung betroffenen Bevölkerungsgruppen. Die Küstengewässer sind abgefischt oder stark verschmutzt, z. B. in Nord-Java durch die Petrochemie oder die Umgebung von Jakarta durch Abwässer. Dynamitfischerei und das Ernten lebender Korallen für die Zementproduktion zerstören ebenfalls wichtige Ressourcen. Staatliche Kontrollen und ein nationaler maritimer Korallenpark sollen hier Abhilfe schaffen.
Doty und Soegiarto Direktoren des Nationalen Ozeanologischen Instituts, behaupten, daß Indonesiens Ozean etwa so produktiv ist wie das Land selbst Indonesien besitzt sowohl tiefe wie flache Seegebiete und Meeres-zonen, die Phosphorvorkommen bergen, eine Determinante für Produktivität. Die flache See mit ungewöhnlich hoher Flut vor dem ausgedehnten Gebiet (43 Millionen ha) der Gezeiten-Sümpfe in Ost-Sumatra, Süd-Kalimantan und Irian Jaya ist sehr fischreich. Diese Gezeitensümpfe und vor allem Indonesiens unschätzbares Mangroven-Ökosystem (3, 6 Millionen ha) verwandeln Erosion in Produktion, indem sie Erosionsprodukte chemisch in Fischfutter umwandeln. Der beson-
VII. Umweltverschmutzung
dere Zusammenhang zwischen Küsten-und Mangrovensümpfen und der Meeresproduktivität wurde erst kürzlich auf dramatische Weise ins Blickfeld gerückt, als der traditionelle Fischfang durch die Verschmutzung vor der Küste und das Abholzen von Mangrovenwäldern schweren Schaden erlitt Jetzt geht sogar die Trawler-und Tiefseefischerei zurück. Hauptverursacher der Verschmutzung der indonesischen Binnengewässer sind jedoch die Landwirtschaft bzw.der Einsatz von Bioziden und Düngemitteln, sowie die zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung mit entsprechenden Abwassereinleitungen. Inzwischen macht die Abwasserbehandlung Fortschritte, und die Regierung bemüht sich um Kontrollmöglichkeiten der Industrie. Aber diese Bemühungen reichen nicht aus, wie folgendes Negativbeispiel belegt: Eine große Chemiefabrik, die trotz mehrfacher Warnungen mit ihren Abwässern die wichtige Reis-und Fischproduktion stromabwärts schädigte, wurde von den erbosten Bauern niedergebrannt. Das Umweltministerium bemühte sich daraufhin, durch Umweltverträglichkeitsprüfungen bei der Industrieansiedlung solche Konflikte nicht mehr entstehen zu lassen.
Bei der Beschreibung der Belastungssituation der Gewässer muß deren Bedeutung für die Gesundheit der indonesischen Bevölkerung erwähnt werden: Indonesiens durchschnittliche Lebenserwartung von 53 Jahren liegt unter der von Thailand, Malaysia und den Philippinen (über 60 Jahre). Die Gründe dafür sind neben dem niedrigen Lebensstandard und der schlechten Ernährung die Wasserverschmutzung und die ungenügende Abwasser-klärung. Neben Lungenentzündung, Tetanus, Cholera und Typhus sind Diarrhoe und Darm-parasiten Hauptursachen der Kindersterblichkeit. Ein großes und immer mehr zunehmendes Gesundheitsproblem sind die wasser-gebundenen Krankheiten, da ihre Überträger gegen die chemische Bekämpfung resistent wurden. Die Regierung fördert daher mit externer Unterstützung Wasserversorgungsund Abwasserprojekte. 2. Luftbelastungen Obleich die Luftverschmutzung bisher noch kein gravierendes Problem darstellt, nimmt sie doch ständig zu. Da die meisten Städte in Ozeannähe liegen, werden die Emissionen noch von den täglich wechselnden Winden zerstreut. Besonders die Abgase der Autos geben Anlaß zur Sorge, da Diesel und Kerosin oft gemischt werden.
Das Gesetz zur Abfallbeseitigung und Luftreinhaltung von 1970 versucht, für vorbeugende Maßnahmen zu sorgen und setzt Standards für tolerierbare Höchstwerte. Das Problem der Staubemissionen von Zementfabriken wird verfolgt. Das Kochen auf effizienteren Holz-oder Holzkohleöfen würde weniger Rauch erzeugen und gleichzeitig Holz einsparen. 3. Umweltbelastungen durch Bergbau und Energieverbrauch Da Indonesien reich an noch nicht erschlossenen Mineralien ist, muß eine vernünftige Planung zur Ausbeutung entwickelt werden, die auch ein Ressourcenmanagement regenerierbarer Energieträger in der Nachbarschaft mit einbezieht. Nickel (Sulawesi), Kupfer (Irian Jaya), Bauxit (Bintan), Zinn (Banka, Belitung und Singkep) und Kohle (Süd-Sumatra) sind die wichtigsten Abbauprojekte.
Indonesiens O 1 wird überwiegend vor der Küste gefördert. Für Sicherheitsmaßnahmen an den Bohrrstellen und bei Tankeroperationen sorgt die Industrie mit einigem Erfolg. Eine von den zuständigen Ministerien eingerichtete Institution für Umweltverträglichkeitsprüfungen von Bergbau und Industrieentwicklung hat inzwischen ihre Tätigkeit erfolgreich aufgenommen. Die Unternehmen unterbreiten jetzt den zuständigen Ministerien ihre Pläne für den Umweltschutz. So hat z. B.der Welt größter Nickel-Produzent INCO in Soroako im Luwu-Distrikt von Süd-Sulawesi eine große Consulting-Firma mit der Entwicklung eines Umweltprogramms beauftragt. Mit Hilfe von Umweltanalysen der benachbarten Universität wurde dann von Produktionsbeginn an ein umfassendes Umweltkontrollsystem geschaffen.
Die öl-und Gasproduktion ist jedoch ein etwas zweifelhafter Segen für Indonesien. Sein Exportwert (über 16, 1 Milliarden US-Dollar im Jahr 1983) übersteigt den aller übrigen Exportgüter und bläht die Wirtschaft gewaltig auf. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Die ausbeutbaren Reserven reichen bei gleichbleibender Produktion noch etwa 16 bis 24 Jahre. Inzwischen ist die Nation einer billigen, mit hochsubventioniertem öl funktionierenden Wirtschaftsweise ergeben, an der auch die Anhebung des inländischen Ölpreises um 50% nicht änderte. 1 Eine Subventionierung nicht-regenerierbarer Energieträger (öl) bedeutet einen rückläufigen Gebrauch erneuerbarer Energiequellen (z. B. Holz) und schafft neben energieintensiven Produktionsweisen auch größere Um-weltprobleme. Steigende Produktionskosten, abnehmende Erträge und die Notwendigkeit hoher Deviseneinkünfte stellen energieintensive Agrar-und Transportsysteme (Autobahn, Flugzeug) in Frage gegenüber einem organisch-ökologischen Recycling-Landbau und umweltschonenden Transportsystemen wie Bahn und Schiff.
Indonesien verfügt über ein großes Potential an Wasserkraft (31 000 MW festgestelltes Potential), das bereits 40% der kommerziellen Energie (662 MW) liefert Diese erneuerbare Energiequelle kann umweltfreundlich genutzt werden, besonders seitdem der Umwelt-verträglichkeit von PLN, dem größten Elektrizitätsversorgungsunternehmen des Landes, stärkere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Das Institut für Ökologie an der Padjadjaram Universität hat sich auf Umweltaspekte bei Hydroprojekten spezialisiert. So kann dieser Sektor erfreulicherweise mit zuverlässiger gBerücksichtigung von Umweltaspekten weiterentwickelt werden.
Die großen Kohlereserven (1, 2 Milliarden t) in Süd-Sumatra und Südwest-Kalimantan sind bisher kaum untersucht und noch gar nicht erschlossen worden. Die Tagebau-Kohlengrube Bukit Asam z. B. könnte möglicherweise 12 Milliarden t jährlich produzieren, hauptsächlich für das im äußersten Nordwesten gelegene Suralaya Wärmekraftwerk (300 MW). Bei steigender Produktion müssen die Umweltauswirkungen wie giftige Auswaschungen und Habitatverlust, die Beseitigung von 11 Millionen m 3 Schlacken und Asche, Transportschäden und Luftverschmutzung vom zuständigen Ministerium überwacht werden. Java und Bali haben ein geothermisches Potential von 5 000 MW. Eine Nutzung könnte umweltschonend erfolgen, wenn eine entsprechende Beseitigung der toxischen Kondensate gewährleistet wäre. Die Umwelt-verträglichkeit einer ländlichen Elektrifizierung auf Java ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil etwa der Einsatz von Kernenergie gerade im Hinblick darauf, daß Indonesien auf dem wohl aktivsten Erdbeben-und Vulkangürtel der Welt liegt die bereits bekannten Risiken beträchtlich steigern würde. 4. Umweltschutzgesetzgebung Abschließend soll noch auf die Rolle der Umweltschutzgesetzgebung in Indonesien im Vergleich zu der der Industrieländer eingegangen werden. In den USA z. B. ist es eine gesellschaftlich akzeptierte Norm, sich auch in kleineren Streitfällen an die Gerichte zu wenden. Außerdem bewegen sich der private Sektor und die Regierungsbehörden in einem Rahmen, der durch Gesetzgebung, Durchführungsbestimmungen und juristische Auslegung abgesteckt wird. Auf die Umwelt bezogen, regelt der 1970 erlassene „U. S. National Environmental Policy Act" und die zu seiner Durchführung geschaffene Umweltschutzbehörde die meisten diesbezüglichen Fragen.
Eine derartige Regelung ist indonesischer Philosophie und Lebensweise völlig fremd. Gerichte spielen in der indonesischen Gesellschaft eine völlig andere Rolle. Auch ist die Gesetzgebung nicht primäre Grundlage für das Handeln der Regierung, und Übereinstimmung mit der formalen Gesetzgebung ist nicht die Leitlinie, für die Geschäftspraxis. Deshalb müssen die folgenden Bemerkungen zur Umweltschutzgesetzgebung in einem ganz anderen Licht gesehen werden.
Die indonesische Gesellschaft verwaltet sich selbst auf lokaler Ebene mit wechselseitiger Kooperation und gemeinsamer Verantwortung — eine Art Dorf-Sozialismus, „Gotong Royong" genannt. Entscheidungen werden in einem Prozeß freundschaftlicher Beratungen und Diskussionen gefällt, die mit einem einstimmigen Konsensus (Mufakat) enden. Dieses System ist allgegenwärtig und wird auf allen Ebenen mit unterschiedlichen Schwierigkeiten praktiziert. Daneben besteht aber durchaus auch eine amtliche Gesetzgebung, deren vage Formulierungsweise der Administration einen großzügigen Ermessensspielraum erlaubt Viele wichtige politische Entscheidungen erscheinen in Form von administrativen Verordnungen, internen, nicht veröffentlichten Memoranden und anderen, nicht schriftlich fixierten Bestimmungen. Da kein formaler Interpretationsrahmen existiert, gibt es auch keine Garantie dafür, daß die Umsetzungen in die Praxis mit den gesetzgeberischen Absichten übereinstimmen. Sanktionen gegen Zuwiderhandlungen fallen in der Regel so leicht aus, daß sie kaum abschreckenden Charakter haben.
Der dualistische Charakter der indonesischen Gesellschaft läßt eine einheitliche Gesetzgebung ungeeignet erscheinen. Was für den modernen, kapitalintensiven, technischen Sektor gut ist, wäre für den traditionellen, geographisch abgelegeneren, arbeitsintensiven und selbstversorgenden Sektor weniger von Nutzen. In diesem Bereich herrscht auch fast überall eine einheimische Form von Gewohnheitsrecht (, Adat“), das von Region zu Region verschieden, jedoch eng mit der Basis der natürlichen Ressourcen verknüpft ist (z. B. Land-nutzungsrechte) Obgleich sich dieser Rechtsbrauch mit der nationalen Gesetzgebung überschneidet, besitzt , Adat" -Recht einen stärkeren Einfluß — ausgenommen sind nur die Industrieregionen. 1978 schuf der Präsident das Staatsministerium für Umweltschutz mit gesetzgeberischer Kompetenz, um sowohl das Dritte Entwicklungskabinett zu stärken als auch Repelita III voranzutreiben. Umweltbezogene Machtbefugnisse werden jetzt auf die Provinzgouverneure übertragen und vom Sekretär der Provinzverwaltung ausgeübt. Der Umweltminister koordiniert diese Aktivitäten auf nationaler Ebene und hält die Verbindung zu den verschiedenen Fachministerien.
Das Ministerium berief außerdem eine Arbeitsgruppe, um einen Gesetzesentwurf zur Verwaltung der menschlichen Umwelt vorzulegen, der verabschiedet wurde. Das bis dahin angewandte Recht orientierte sich noch am wirtschaftlichen Nutzen und war nicht wie ein umweltorientiertes Recht dazu geeignet, eine Ausbeutung der Umwelt durch den Men-sehen zu verhindern Mittlerweile weist ein vorläufiger Überblick über die Umweltgesetzgebung 22 Gesetze, 38 Regierungsverordnungen, 5 Dekrete und 2 Instruktionen des Präsi-denten und 45 ministerielle Dekrete und Verordnungen sowie 31 Verordnungen auf Provinzebene auf. Diese umfangreiche Liste gesetzgebender Aktivität bedeutet aber angesichts des skizzierten Rechtssystems leider nicht, daß das angestrebte Niveau der Umweltverbesserungen erreicht und auch dauerhaft gehalten werden kann.