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Umweltpolitik in der Dritten Welt. Ansätze und Engpässe | APuZ 33-34/1985 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 33-34/1985 Umweltpolitik in der Dritten Welt. Ansätze und Engpässe Umweltpolitische Entwicklungen in Indonesien Forstwirtschaft in Liberia. Die Störung des ökologischen Gleichgewichts durch die Ausbeutung natürlicher Ressourcen Luftverschmutzung und Luftreinhaltepolitik in Mexiko-Stadt Umweltprobleme in der Dritten Welt. Was kann der Norden tun?

Umweltpolitik in der Dritten Welt. Ansätze und Engpässe

Volkmar J. Hartje

/ 4 Minuten zu lesen

Das Thema der Umweltbelastungen der Dritten Welt hat seit Bhopal und der Hungerkatastrophe in der Sahel-Zone eine solche Aktualität gewonnen, daß es zeitweise die Tagespresse stark beherrschte. Dieser Dominanz in der Tagespresse geht eine fast 15jährige Diskussion voraus; deshalb versuchen die Beiträge in diesem Heft nicht, den Über-blick über die Umweltprobleme in ihrer Nord-Süd-Dimension, den etwa Global 2000 oder andere Berichte gegeben haben, zu wiederholen. Statt dessen wird vermittels ausgewählter Beispiele der Bogen von den Problemen selbst zu den Gegenmaßnahmen gespannt Dabei wird anhand der Länderbeispiele Indonesien, Liberia und Mexiko versucht, die Anfänge der Umweltpolitik nachzuvollziehen und die Widerstände gegen sie zu identifizieren. In einem Übersichtsartikel wird der Handlungsrahmen der Industrieländer analysiert.

Die Luftbelastung in Mexiko-Stadt und die Versuche der Stadtverwaltung, diese zu kontrollieren, sowie die Zerstörung der Forsten in Liberia und die liberianische Forstpolitik sind die konkreten Beispiele einer sehr spezifischen Umweltbelastung. Der Beitrag über Indonesien versucht einen Überblick über die gesamte Breite der Umweltprobleme dieses Archipels zu geben und identifiziert die Ansatzpunkte für eine Umweltpolitik, die die indonesische Regierung bisher verfolgt hat. Die Beispiele müssen aus Platzgründen selektiv bleiben und einige andere Umweltprobleme außer acht lassen: Die Probleme der Müllentsorgung, der Wasser-und Trinkwasserversorgung, der Umweltbelastung der Küstenmeere, der ariden Zonen und der Bergregionen können deshalb nur erwähnt werden.

R. Goodland stellt die Bandbreite der Um-weltprobleme Indonesiens dar und untersucht die Entwicklung der Umweltpolitik dieses Landes seit Ende der siebziger Jahre. Er konstatiert Fortschritte bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Großprojekten, bei der Familienplanung und der Ausbildung von ökologischen Fachkräf-

Einleitung

ten. Die Forstpolitik bewegt sich von der bisher praktizierten Förderung einer schnellen Ausbeutung weg, muß allerdings noch in die Praxis umgesetzt werden. Die ökologischen Probleme der Transmigrationsprogramme sind als solche erkannt worden, aber eine ökologisch verträgliche Strategie zur Lösung der ungleichen Bevölkerungsverteilung und zur Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung zeichnet sich noch nicht ab.

C. Dorm-Adzobu zeigt die Risiken der Entwicklung Liberias im Zusammenhang mit der Dürrekatastrophe der Sahel-Zone auf. Auch hier hat seit Ende der siebziger Jahre eine stärkere Orientierung der Forstpolitik an einer dauerhaften Bewirtschaftung der Wälder eingesetzt, aber die Aufforstungen können mit dem Einschlag nicht Schritt halten. Gleichzeitig bedeutet eine weitere Verringerung der Konzessionen einen Verlust an Staatseinnahmen für Liberia, die im Forstbereich aufgrund von Preis-und Währungsentwicklungen bereits rückläufig sind. Hier stellt also eine ökologisch orientierte Forstpolitik zugleich einen schmerzhaften Einschnitt im Staatsbudget dar.

V. Sanchez und M. Castillejos zeigen die Folgen der Industrialisierung und Zentralisierung am Beispiel der Luftbelastung des Hoch-tals von Mexiko-Stadt. Die Konzentration der Industrie (52 % an der Gesamtproduktion), das gesamte Bevölkerungswachstum (zur Zeit 15 Millionen Einwohner) und die steigende Zahl der Automobile haben zu einer derart drastischen Verschlechterung der Luftqualität geführt, daß die mexikanischen Standards, vor allen Dingen bei der Belastung durch Schwer-metalle, bei 90% der Messungen erheblich überschritten werden. Die Ansätze zu einer Umweltpolitik sind in der ersten Phase bis 1980 über die Schaffung von Zuständigkeiten und die Einrichtung eines Meßnetzes nicht hinausgekommen. Die Umstellung der Kraftwerke auf das reichlich verfügbare Erdgas hat erst 1982 begonnen, aber die Kontrolle der Automobilemissionen liegt noch in weiter Ferne. Im vierten Beitrag wird, auch anhand von konkreten Politikvorschlägen, eine Einschätzung der Rolle der Industrieländer bei der Entwicklung umweltpolitischer Fortschritte in den Entwicklungsländern gegeben. Die Bedeutung und die Grenzen der Entwicklungshilfe als Instrument der Unterstützung um-weltpolitischer Bemühungen der Entwicklungsländer werden ebenso analysiert wie die Bemühungen, durch die Regulierung von Exporten aus Industrieländern — hier dargestellt am Beispiel der Agrarchemikalien — die Belastungen der Entwicklungsländer zu verringern. Während die finanzielle Unterstützung und Beratung ihre Grenzen in der politischen und administrativen Aufnahmefähigkeit der Entwicklungsländer haben, können vor allem bei globalen Belastungen, wie etwa bei der Zerstörung der Ozonschicht, die Industrieländer erhebliche Beiträge erbringen, wenn sie sich endlich über die Lasten einer solchen Umweltpolitik einigen würden. Die Hinweise auf die Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten der begonnenen Umweltpolitik, die in allen vier Artikeln zentraler Punkt der Erörterung sind, werden in der Diskussion über die Umweltprobleme in der Dritten Welt in der Zukunft noch an Gewicht gewinnen. Die Suche nach Lösungsmöglichkeiten in den Entwicklungsländern ange-, sichts ihrer ökonomischen Schwierigkeiten und ihrer begrenzten administrativen Kapazitäten wird noch langwieriger und konfliktreicher sein, als sie es in den letzten zehn Jahren schon in den Industrieländern war. Auffallend ist, wie häufig Wissenschaft und Umweltschutzgruppen als Hoffnungsträger bei dieser Suche erwähnt werden.

Fussnoten

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