Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Modernisierung — Kern neuer europäischer Identität? | APuZ 28/1985 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 28/1985 Artikel 1 Modernisierung — Kern neuer europäischer Identität? Das Kulturverfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland

Modernisierung — Kern neuer europäischer Identität?

Werner Weidenfeld

/ 18 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die zentrale identitätsstiftende Herausforderung Europas lautet: . Wird Europa zur Modernisierung fähig sein? In Ost-und Westeuropa gilt es gleichermaßen, eine Antwort auf den Modernisierungsschub zu finden. In Osteuropa vollzieht sich die Modernisierung mit dramatischen Konsequenzen. In immer komplexeren Gesellschaften verliert die Ideologie ihre orientierende Kraft und ihre sinnstiftende Funktion. Westeuropa hat diese Modernisierungsphase bereits durchlaufen. Hier artikuliert sich Unbehagen an der Moderne. Das Leiden des modernen Menschen an einem Gefühl der Heimatlosigkeit ist unübersehbar. Man mag es als europäische Paradoxie empfinden: Die gleiche fundamentale Herausforderung der Moderne, die alle Europäer bestehen müssen, findet unterschiedliche, phasenverschobene Antworten — was Ost-und Westeuropäer voneinander abgrenzt. In der sozialpsychologischen Verarbeitung der modernen Gesellschaft in Ost und West ist jedoch wieder eine Parallelität zu erkennen: Unter den Existenzbedingungen der Moderne wird die Außenwelt fragwürdiger und die Innenwelt komplizierter. Gleichgerichteten Druck auf Ost-und Westeuropa übt ein anderes Strukturmerkmal der Moderne — die Internationalisierung des Lebens — aus. In Ost-und Westeuropa wird man darauf eine parallele Antwort formulieren müssen: fortschreitende Integration. Diese Internationalisierung macht jedoch nicht halt an den Grenzen west-und osteuropäischer Integrationssysteme. Sie forciert systemübergreifende Kooperation.

Europa — aber wo liegt es? So lautet die immer wieder mit neuen Worten formulierte Anfrage. Wer auf die Suche nach der europäischen Identität geht, stößt auf eine Schicht des Bewußtseins, die eine einfache, ja fast banal klingende Antwort bereithält: Europa liegt dort, wo sich die Europäer als Europäer empfinden.

Dieses europäische Empfinden wird zunächst fundiert von kulturellen Beständen, mit denen die Europäer in selbstverständlicher Vertrautheit umgehen: Bilder und Bauwerke, Dichter und Denker, die Welt des Glaubens und der Wissenschaft Vieles von dem gewinnt in Europa noch neue Prägekraft durch das neue Interesse an Geschichte, die ja selbst im kriegerischen Gegeneinander als gemeinsame europäische Geschichte begriffen wird. Die neue Sehnsucht nach Geschichte resultiert aus dem Wunsch, den Schwund an Vertrautheit mit der Gegenwart zu kompensieren Sie signalisiert damit die Dramatik des Wandels in Europa — und dramatisiert mit dieser historischen Orientierung die Frage nach der europäischen Identität. Die Fähigkeit zum Wandel hängt auch davon ab, inwieweit wir Kontinuitäten zu bewahren verstehen. Insofern bietet der Druck zum Wandel über den Umweg der historischen Selbstvergewisserung wesentliche Ansatzpunkte für europäische Identitätserfahrungen.

Weitere Ansatzpunkte finden sich vor allem in negativen Abgrenzungen — wie ja ganz generell Identität kaum positiv bestimmbar, eher als Unterscheidung vom anderen erfahrbar wird:

— von draußen betrachtet — von Asien, Lateinamerika oder Afrika — wirkt die kritische Nachfrage nach Europa geradezu wirklich-

Der Aufsatz ist Teil eines Beitrages des Autors zu dem in Kürze im Carl Hanser Verlag, München, erscheinenden Buch , Die Identität Europas (hrsg. von Werner Weidenfeld). Der Band enthält außerdem u. a. Beiträge von Richard Löwenthal, Karl Kaiser, Peter Bender, Joseph Rovan, Hermann Lübbe, Christian Graf von Krockow. keitsfern. Von draußen wird europäische Identität selbstverständlicher begriffen. Europa erfährt, was es selber ist, am deutlichsten dort, wo es mit dem konfrontiert wird, was im Gegensatz zum Selbstbild der Europäer steht

— Wenn heute in Ost-und Westeuropa häufiger der Begriff . Europa'verwandt wird, dann geschieht dies nicht selten als Ausdruck einer Distanzierungsbewegung von den Weltmächten. Besorgnisse wegen denkbarer Unberechenbarkeiten der Großmächte geben dem Europa-Bild neue Strahlkraft — Dort, wo materieller oder immaterieller Mangel besteht, gewinnt der Europa-Gedanke eine größere Unmittelbarkeit: in Osteuropa, wo mit der Realisierung der Europa-Vision die diffuse Aspiration verbunden ist im politischen und sozialen Alltag werde sich alles wandeln; in Westeuropa, wo im Zeichen integrationspolitischer Krisen und Beschwerlichkeiten die Zustimmung zur Idee Europa wächst. Europäische Identität repräsentiert ein Stück weit die Kategorie des Mangels, das Syndrom der Entbehrung und das Zeichen der Krise.

Die zentrale, identitätsstiftende Herausforderung Europas weist jedoch weit über all jene Symptome hinaus. Sie lautet: Wird Europa zur Modernisierung fähig sein? In Ost-und Westeuropa gilt es gleichermaßen, eine Antwort auf den Modernisierungsdruck zu finden. Die moderne Gesellschaft weist einige signifikante Merkmale auf Sie ist arbeitsteilig or-ganisiert, verfügt über komplexe Institutionen; technologische Produktionsbedingungen, Bürokratien, abstraktes Spezialwissen, und vielfältige Lebenswelten prägen ihr Profil. Die Modernisierung der Gesellschaft pluralisiert Institutionen und Plausibilitätsstrukturen. Die moderne Gesellschaft ist zugleich gekennzeichnet durch die steil ansteigende Zahl von Informationen und durch die wachsende Geschwindigkeit des Informationswandels.

Gleichzeitig aber haben viele Daten an Verläßlichkeit eingebüßt Es besteht Zweifel, ob man vertrauen kann, und Skepsis gegenüber der Handlungsfähigkeit politischer und sozialer Organisationen. Die Tatsache, daß die Summe des verfügbaren Wissens ungleich einfach größer ist als je zuvor, beruht nicht auf der Vermehrung des individuellen Wissens bei jeder einzelnen Person, sondern in erster Linie auf der arbeitsteiligen Spezialisierung im Wissen. Intensives Ausschnitts-wissen eines jeden verbindet sich mit breiten Feldern des Nichtwissens. Der Lebenskreis, auf den sich der Zugriff unserer Sachkompetenz erstreckt, schrumpft Vertrauen in die Sachkompetenz des anderen ist der Sozialkitt der technischen Zivilisation.

Was aber wird, wenn Mißtrauen gegenüber Experten gerechtfertigt erscheint, wenn ihre Qualifikationen nicht mehr eindeutig sind, wenn die Systeme ihrer Rekrutierung zweifelhaft zu sein scheinen? In einem solchen Falle würde eine Gesellschaft ihre entscheidende sozialpsychologische Grundlage verlieren. Die Verwissenschaftlichung unserer Welt hat für die Gesellschaft eine tiefgreifende Konsequenz: Wissenschaft als der zentrale Ort der Sammlung und Speicherung dieses Wissens erhält damit eine Schlüsselstellung, die ihr besondere Verantwortung aufbürdet

Das Zeitalter der Moderne ist außerdem gekennzeichnet durch ein weiteres Strukturmerkmal: die Internationalisierung unseres Lebens.

Die wesentlichen Aufgaben und Probleme sind längst über nationale und staatliche Grenzen hinweg ausgewandert. Die wirtschaftliche Verflechtung hat ein noch nie da-gewesenes Ausmaß erreicht Umweltschutz, Informationsaustausch, internationale Sicherheit — die herkömmliche Vorstellung von nationaler Souveränität erweist sich zunehmend als ein idyllisch-naiver Ausschnitt aus dem Archiv. Aber tragen wir dieser Existenzbedingung wirklich Rechnung? Wir leisten uns über weite Strecken politische Diskussionen, die sich ganz auf die Innenansicht der Politik konzentrieren. Wer bringt in die Diskussion ein, ob noch jemand mit Japan, Amerika, den asiatischen Aufstiegsmächten Schritt halten kann? Wir leisten uns in Europa gesellschaftliche Auseinandersetzungen, deren Inhalte längst in provinzieller Enge verkümmert sind und deren Konsequenzen hohe Folgekosten verursachen. Die Internationalisierung unseres Lebens hat zur Folge, daß in absehbarer Zeit die Nagelprobe zu bestehen sein wird, inwieweit Europa die Herausforderung der anderen annehmen kann, inwieweit Europa mithalten kann.

Diesem Zwang, eine Antwort auf die Moderne zu finden, kann sich Europa nicht entziehen; diesem Druck zur Modernisierung bleibt Europa ausgesetzt Die entscheidenden Entwicklungen in Ost-und Westeuropa sind auch entsprechend an diesem Thema festgemacht. — In Osteuropa vollzieht sich die Modernisierung mit dramatischen Konsequenzen. In immer komplexeren Gesellschaften verliert die Ideologie ihre orientierende Kraft und ihre sinnstiftende Funktion Der schöpferische Ideologe wird zum Außenseiter und Abweichler, weil sich die angefochtene Lehre in den starren Dogmatismus zurückzieht Der utopische Akzent der Philosophie verschleißt sich. Er verliert seine Legitimationsfunktion übrig bleibt: der Ordnungsanspruch des Staates und der Materialismus. Mag die Ideologie zunächst den Modernisierungsprozeß beschleunigt haben so wirkt sie jetzt bestenfalls als überflüssige Bremse. In Osteuropa heißt die Antwort auf den Druck zur Modernisierung: Hinwendung zur gesellschaftlichen Differenzierung und Zerfall der Ideologie.

Dies hat tiefgreifende politische Konsequenzen: Der unversöhnliche Gegensatz zu anderen Ländern verliert seine Unaufhebbarkeit. Der ideologische Antagonismus kann nicht mehr das Maß aller Dinge sein. Das eigene Ordnungssystem verliert seine Verklärung.

Peter Bender focussiert dies auf die Identität Europas: „Neben die militärischen Bündnisse und ideologischen Bekenntnisse ist als konkurrierender Wert Europa getreten — und daran ist schon gar nichts mehr zu ändern.“ Der Verlust an ideologischer Prägekraft zwingt in sozialpsychologischer Hinsicht die Europäer, sich auf die Suche nach symbolisch geordneter Heimat zu begeben. Die Virulenz westlich inspirierter Zivilisation mit der Betonung unveräußerlicher Rechte des Individuums ist unübersehbar. Ein Stück weit werden diese Entwicklungen zu verstehen sein als Rückkehr zur Normalität europäischer Gemeinsamkeit jenseits ideologischer Abgründe, noch forciert durch den Wunsch, den westlichen Lebensstandard zu erreichen und damit die Modernitätsverspätung Osteuropas auszugleichen. Den Bazillus westlicher Modernität werden die Staaten Osteuropas nicht mehr los. Die Impulse zum Wandel kommen auch heute wieder — wie so oft in der osteuropäischen Geschichte — nicht zuletzt aus der Auseinandersetzung mit der Außenwelt und deren Modernisierungsphänomenen. — Westeuropa hat diese Modernisierungsphase bereits durchlaufen: Wachsende gesellschaftliche Komplexität und wachsende Bürokratisierung, zunehmende Unüberschaubarkeit und Pluralisierung haben die Westeuropäer bereits die ganze Kälte der industriellen Massengesellschaft erfahren lassen Hier artikuliert sich Unbehagen an der Moderne Das Leiden des modernen Menschen an einem Gefühl der Heimatlosigkeit ist unübersehbar. Auswählen und Abwägen wird zum Imperativ, ohne daß der Mensch in festen Solidaritätsstrukturen und zweifelsfreien Normensystemen sich aufgehoben fühlt Das Sicherheitssyndrom wird aktualisiert Sehnsucht nach Geborgenheit und Gefühl signalisieren emotionale Defizite. Elemente neuer politischer Romantik tauchen auf Die Frage nach der Identität wurde neu aufgeworfen. Kurzum: Das Unbehagen an der Moderne dramatisiert den Wunsch nach Identität. Man mag es als europäische Paradoxie empfinden; aber die gleiche fundamentale Herausforderung der Moderne — die alle Euro-päer zu bestehen haben — findet unterschiedliche, phasenverschobene Antworten — was Ost-und Westeuropäer voneinander abgrenzt. Bestenfalls auf einer abstrakten Ebene ist die Parallelität in der sozialpsychologischen Verarbeitung der modernen Gesellschaft in Ost und West wieder zu erkennen:

Unter den Existenzbedingungen der Moderne wird die Außenwelt fragwürdiger und die Innenwelt komplizierter. Gleichgerichteten Druck auf Ost-und Westeuropa übt ein anderes Strukturmerkmal der Moderne — die Internationalisierung des Lebens — aus. In Ost-und Westeuropa wird man darauf eine parallele Antwort formulieren müssen: fortschreitende Integration.

Die politischen Probleme sind in Ost und West über die nationalen Grenzen ausgewandert. Es hat eine Internationalisierung — aber auch eine Regionalisierung — der Lebens-sachverhalte stattgefunden. Die Staaten haben zwangsläufig Schritt für Schritt an Handlungsfähigkeit verloren. Einer internationalisierten Problemstruktur steht keine adäquate politische Entscheidungsstruktur gegenüber. Europäische Integration in West und Ost wird so zum Versuch, Problemstruktur und Entscheidungsstruktur in Übereinstimmung zu bringen. Es ist unübersehbar geworden, daß die europäischen Nationalstaaten allein nicht mehr in der Lage sind, identitätsverbürgendes Vertrauen zu erzeugen. Allerdings stellt sich damit auch die Frage nach dem identitätsverbürgenden Vertrauen, das die europäischen Instanzen vermitteln. In Osteuropa sind die Legitimationsdefizite offenkundig. In Westeuropa fehlen den Integrationsinstanzen die notwendige Effizienz und Transparenz. Der Integrationsprozeß ist gewissermaßen auf halbem Wege ins Stocken geraten. Man hat der Europäischen Gemeinschaft die Instrumente verwehrt, ohne die auch ein einzelner Staat nicht effizient handlungsfähig ist. Es fehlt eine Führungsinstanz, die neue Impulse zur Reform setzen kann; es fehlt die umfassende Parlamentarisierung, ohne die bei einschneidenden Problemen Legitimationszweifel unausweichlich werden; es fehlt an einer dichten Infrastruktur, die die Vermittlung zwischen Bürger und politischem Entscheidungssystem übernehmen könnte. Dieser Übergang zur Anwendung von Willensbildungsverfahren, Instrumenten, Verhaltensweisen, die traditionell innenpolitischen Prozessen entsprechen, ist bisher noch nicht gelungen.

Die wachsende Geschwindigkeit, mit der unser Leben internationalisiert wird, vertieft auf den ersten Blick die Spaltung Europas, weil sie eine Sogwirkung ausübt, zwei getrennte Integrationssysteme weiter auszubauen. Aber die Internationalisierung macht ja nicht an den Grenzen west-und osteuropäischer Integrationssysteme halt Sie forciert die systemübergreifende Kooperation. Diese Kooperation hat viele Dimensionen den wirtschaftlichen Austausch, den technologischen Bereich, die sicherheitspolitische Interdependenz, den kulturellen Austausch, die Systeme internationaler Kommunikation. Seinen dichtesten symbolischen Ausdruck hat dieser Prozeß gesamteuropäischer Kooperation in der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) mit ihren Folgekonferenzen gefunden Die KSZE-Schlußakte versucht, eine gemeinsame normative Grundlage für Europa zu formulieren: souveräne Gleichheit, Achtung der Souveränität, Enthaltung von Androhung oder Anwendung von Gewalt, Unverletzlichkeit der Grenzen, territoriale Integrität der Staaten, friedliche Regelung von Streitfällen, Nicht-einmischung in innere Angelegenheiten, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions-oder Überzeugungsfreiheit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmungsrecht der Völker, Zusammenarbeit zwischen den Staaten, Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben. Die Schlußakte enthält außerdem einen Katalog vertrauensbildender Maßnahmen in der Sicherheitspolitik sowie ausführliche Texte über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Technik, der Umwelt, über Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum, über die Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen.

Damit ist ein dokumentarischer Bezirk an Gemeinsamkeit geschaffen worden, dessen politische Instrumentalisierung unterschiedliche Grade der Intensität angenommen hat und annehmen kann. Die normativen Festlegungen wurden zum Berufungs-und Bezugspunkt für Dissidenten in Osteuropa. Die Vereinbarung, Folgekonferenzen durchzuführen, schuf eine Form relativ kontinuierlicher institutionalisierter Kontakte der Diplomatie. Weitgehend vernachlässigt wurden bisher jedoch die weit gefächerten Handlungs-und Aufgaben-kataloge der KSZE-Schlußakte zu den einzelnen Sachbereichen der Politik.

Dies alles hat die Dominanz der Bipolarität nicht abzulösen vermocht aber es hat die Resistenz der bisher dominanten bipolaren Konfliktbeziehungen gemindert Zumindest schemenhaft wird ein Konsens über Systemgrenzen hinweg sichtbar, gemeinsam jeden potentiellen Friedensstörer abzulehnen. Dieser Konsens wird in seiner Bedeutung nicht dadurch gemindert, daß er im wesentlichen auf dem jeweiligen Risikokalkül der Akteure und auf einem Netzwerk pragmatischer Kooperation beruht. Europa lebt unter dem Zwang zur Koexistenz.

Dies alles hat jedoch noch nichts wesentliches zu ändern vermocht an der mangelnden kulturellen Vertrautheit der Europäer untereinander, jener paradoxen Mischung von Nähe und Ferne, die zwischen den Europäern nach wie vor besteht. Kulturelle Fremdheit und kulturelle Vertrautheit haben offenbar ein sehr beständiges europäisches Amalgam gebildet Nur aus dem wirklichen Begreifen der kulturellen, sozialen und politischen Lebensbezüge der Nachbarn kann doch Solidarität tragfähig werden. Europa zeigt hier — jenseits der Spaltung zwischen Ost und West — vielfältige Risse.

Dennoch: Grundsätzlich auszuschließen ist es nicht, daß die Dynamik des KSZE-Prozesses dazu beiträgt, Schritt für Schritt einen Systemwandel in Europa zu vollziehen Die Elemente für eine solche Vision eines künftigen Gesamteuropa sind zumindest in Ansätzen greifbar: ein Europa der Freizügigkeit, des freien Austauschs von Meinungen und Informationen, von Kapital und Dienstleistungen; ein Europa, in dem Konflikte friedlich geregelt und nicht mit Gewalt ausgetragen werden; ein Europa, in dem die Grenzen ihre trennende Wirkung verlieren.

Die sensibelste Nagelprobe hat die gesamteuropäische Kooperation zweifellos in der Mitte Europas zu bestehen Hier bietet die Lage gleichsam den Seismographen für die Bewegungen und Erschütterungen des Kontinents.

Wie soll die Mitte Europas politisch gestaltet sein? Diese Frage gehört zu den dramatischsten Themen, die die Geschichte kennt Sie löst Kriege aus, führt Koalitionen zusammen und auseinander, provoziert hektisches machtpolitisches Kalkül. Wie soll die Mitte Europas politisch gestaltet sein? Man kann die Anfrage auch mit anderen Worten formulieren: Wie soll das Zusammenleben der Deutschen organisiert sein?

Europa und Deutschland stehen in einer unauflösbaren dialektischen Wechselwirkung: Die Deutsche Frage ist zu allen Epochen eine europäische, und die Europäische Frage ist zu allen Epochen auch eine deutsche. Die Verquickung ist so eng, daß man oftmals gar nicht präzise ausmachen kann, wo die europäischen Akzente beginnen und die deutschen Akzente enden — und umgekehrt. Diese dialektische Osmose führt zu der immer neu aufbrechenden Ungewißheit über die Anteile von europäischer Gemeinsamkeit und nationaler Besonderheit. Die geistige Ungewißheit läßt sich ins Sozialpsychologische wenden: Die politische Kultur der Deutschen kennt das Vertrauen auf die Parallelität von europäischer Einheit und deutscher Einheit ebenso wie den Zweifel an der Vereinbarkeit beider Ziele. Die geistige Ungewißheit läßt sich auch ins Machtpolitische wenden: Zu allen Zeiten hat die Mitte Europas auf die Europäer eine immense Sogwirkung ausgeübt Die

Mitte ist der Brennpunkt des machtpolitischen Interesses Europas Mitte besitzt eine kritische Größe.

Sie ist zu stark, um für die anderen uninteressant zu sein. Sie ist zu schwach, um von den Interessen der Umwelt unberührt zu bleiben. Diese Ambivalenz läßt dann eine grundlegende historische Erfahrung unmittelbar plausibel erscheinen: Es ist der Mitte Europas nicht vergönnt, im Windschatten anderer Ziele zu schwimmen, im ruhigen Gewässer des Desinteresses der anderen dahinzudümpeln. Diese Spannung, Europa und Deutschland zugleich und zusammen denken zu müssen, kann man aufzulösen versuchen, entweder im harmonisierenden Pathos der Politik oder im Gegeneinander-Ausspielen beider Perspektiven. Beispiele für beide Varianten gibt es im Übermaß, aber wirklich aufgelöst hat sich die Spannung nicht, Europa und Deutschland zugleich und zusammen denken zu müssen.

Wir können in der Geschichte immer wieder beobachten, daß sich in Zeiten besonderer politischer Anspannung und in Situationen von besonderer politischer Kompliziertheit Mythen aller Art bilden. Mythen, Legenden, Alpträume sind Seismographen für die Kompliziertheit unserer Welt. Bezeichnenderweise haben die besonders geschichtsmächtigen Mythen und Alpträume immer wieder die Gestaltung der Mitte Europas zum Gegenstand. Exakt dort, wo man die Erfahrungen der Moderne negiert, tun sich die Abgründe Europas auf:

— Die Versuchung zum Absoluten ist im politischen Leben Europas eigentlich nie endgültig gebannt Die Strukturen Europas sind nicht gefeit vor den machtpolitischen Leidenschaften im Verfolg von Absolutheitsansprüchen. Die Strukturen Europas sind außerdem nicht gefeit vor romantischen Aufständen gegen die Kompliziertheit von Politik und Gesellschaft. Die Suche nach der idellen Gewißheit kann zur Flucht vor den konkreten Schwierigkeiten-des politischen Lebens werden. Bricht sich die Versuchung des Absoluten ihre Bahn, dann bleiben jeweils Freiheit und Frieden auf der Strecke. — Zu diesen Versuchungen zählt zweifellos auch der Nationalismus Der Nationalismus bleibt als Gefahr in der modernen Industriegesellschaft bestehen — einer Gesellschaft, in der es ungeheuer schwierig ist, die arbeitsteilig erworbenen Erfahrungen in ein symbolisches Universum, in einen Sinnzusammenhang einzuordnen. Hinter dem intensiven Ausschnittswissen, über das jeder verfügt, versinkt die Fähigkeit zur Konstruktion der gesellschaftlichen Ordnung. Die Natur erscheint beherrschbar; die Gesellschaftsstruktur entgleitet der Verfügung. In solchen Bedrängnissen bietet der Rückfall in den Nationalismus eine gefährliche Ausflucht.

Die vielfältigen Gemeinschaftsbezüge, in denen die Europäer leben, können Irrwege, Sackgassen und Katastrophen dieser Art durchaus verhindern helfen. Sie helfen, eine Verabsolutierung einzelner Ansprüche zu vermeiden. Wichtig ist dabei vor allem die Erkenntnis, daß sich europäische Identität in Kompliziertheiten bewähren muß. Aus den vielfältigen Identitätsbezügen und Identitätsverbürgungen ergeben sich Spannungen. Die Teile müssen ausbalanciert werden. Dies auszuhalten, ja produktiv werden zu lassen, ist außerordentlich bedeutsam für die politischen und kulturellen Fundamente Europas. Alles das steht unter dem prägenden Druck, für Europa eine Antwort auf die Moderne zu formulieren. Die Herausforderungen der Moderne stellen besonders dramatische Anforderungen an die schöpferische Verbindung von Altem und Neuem Das Neue geschieht in jedem Augenblick, und es veraltet sofort wieder, reiht sich ein in die Gleichgültigkeit des bereits Bekannten. Oft genug ist dann das Neue sehr bald veraltet, und das Alte erscheint wieder neu. Damit vollzieht sich die Relativierung von Altem und Neuem.

Dieses rastlose Drängen, diese hastige Aufgeregtheit des modernen Lebens bietet den verbindenden Faden für die kritische Reflexion der Moderne — von Georg Simmel bis Jürgen Habermas. Simmel: „Der Mangel an Definitivem im Zentrum der Seele treibt dazu, in immer neuen Anregungen, Sensationen, äuße-ren Aktivitäten eine momentane Befriedigung zu suchen.“ Habermas: „Die Orientierung nach vorne, die Antizipation einer unbestimmten, kontingenten Zukunft, der Kult des Neuen bedeuten in Wahrheit die Verherrlichung einer Aktualität, die immer von neuem subjektiv gesetzte Vergangenheiten gebiert. Das neue 'Zeitbewußtsein, das mit Bergson auch in die Philosophie eindringt, bringt nicht nur die Erfahrung einer mobilisierten Gesellschaft, einer akzellerierten Geschichte, eines diskontinuierlichen Alltags zum Ausdruck. In der Aufwertung des Transitorischen, des Flüchtigen, des Ephemeren, in der Feier des Dynamismus spricht sich eben die Sehnsucht nach einer unbefleckten, innehaltenden Gegenwart aus.“

Das Europa der Moderne ist gekennzeichnet von der Fliehkraft des Wandels, von der Atemlosigkeit des Neuen. Ganz zwangsläufig beginnt die Suche nach Haltepunkten. Europäische Identität könnte einer von mehreren solcher Haltepunkten sein — als , innehaltende Gegenwart’.

Die Entscheidung über die unentschiedene Zukunft Europas wird abhängen von der Fähigkeit oder Unfähigkeit der Europäer, ihre Identität in Kompliziertheiten zu erfahren und zu artikulieren. Das Wissen um die Bedingtheiten und Begrenzungen der politischen Kultur Europas verspricht nur die Chance einer Identitätsfindung, garantiert sie nicht. Ob Europa diese Chance wahrnimmt, ist eine Frage seiner Mündigkeit In merkwürdiger Weise wird man heute mit Blick auf das künftige Schicksal des Kontinents erinnert an jene Impressionen, die Gottfried Benn unmittelbar nach Kriegsende festhielt: „Europa wird vom Gehirn gehalten, vom Denken, aber der Erdteil zittert, das Denken hat seine Sprünge.“ Dieser Satz hält die Ambivalenzen Europas fest. Europäische Identity könnte sie zur Chance wenden, könnte neue Begriffe zur Beschreibung Europas finden: Originalität, Ideenreichtum, Toleranz, Zusammenarbeit, Frieden. Es spricht nichts dafür, daß auf Dauer die europäischen Wege zu einer solchen Wirklichkeit unauffindbar sein müssen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. ausführlicher dazu Hermann Lübbe u. a., Der Mensch als Orientierungswaise?, München 1982; Werner Weidenfeld, Geschichte und politische Bildung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 40— 41/83, S. 17— 23; Jörn Rüsen, Geschichtsbewußtsein und menschliche Identität, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 41/84, S. 3— 10.

  2. Als interessante Facette des Europa-Bildes siehe auch Gerd Stein (Hrsg.), Exoten durchschauen Europa. Der Blick des Fremden als ein Stilmittel abendländischer Kulturkritik, Frankfurt/M. 1984.

  3. Vgl. Peter Berger u. a., Das Unbehagen in der Modernität, Frankfurt/M. 1975; Wolfgang Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, Köln—Berlin 1971; ders., Die soziologische Theorie der

  4. Zu den europäischen Horizonten dieses Problems'siehe Andre Danzin, Wissenschaft und Wiedergeburt Europas, Frankfurt/M. 1980; zu den wissenschaftstheoretischen Hintergründen siehe u. a. Karl-Otto Apel, Transformation der Philosophie, 2 Bde, Frankfurt/M. 1976; Peter Winsch, Die Idee der Sozialwissenschaft und ihr Verhältnis zur Philosophie, Frankfurt/M. 1966; anregende Anstöße zu den aktuellen Implikationen dieser Grundsatzfrage bei Alvin v. Gouldner, Die Intelligenz als neue Klasse, Frankfurt/M. —New York 1980.

  5. Vgl. ausführlich dazu Peter Bender, Das Ende des ideologischen Zeitalters. Die Europäisierung Europas, Berlin 1981; zum Problem der Modernisierung in der Sowjetunion siehe ergänzend Curt Gasteyger, Die Zukunft der Sowjetmacht, in: Europa-Archiv, 36 (1981), S. 39— 46.

  6. Zum Legitimationsproblem in Ost und West vgl. Richard Löwenthal, Politische Legitimität und kultureller Wandel in Ost und West, in: ders., Gesellschaftswandel und Kulturkrise, Frankfurt/M. 1979, S. 101— 132.

  7. Vgl. ebda., S. 126 ff.

  8. Peter Bender (Anm. 5), S. 19.

  9. Vgl. u. a. Raymond Aron, Fortschritt ohne Ende?, Gütersloh 1968; Alain Touraine, Die postindustrielle Gesellschaft. Frankfurt/M. 1972; Lucian Kern (Hrsg.), Probleme der postindustriellen Gesellschaft, Gütersloh 1976; Daniel Bell, Die Zukunft der westlichen Welt Kultur und Technologie im Widerstreit, Frankfurt/M. 1976; zum Problem des Wertwandels vgl. u. a. Ronald Inglehart, The Silent Revolution, New Jersey 1977; Helmut Klages/Peter Kmieciak (Hrsg.), Wertwandel und gesellschaftlicher Wandel, Frankfurt/M. 1979; Helmut Klages, Wertorientierungen im Wandel, Frankfurt/M. — New York 1984; Dieter Schröder u. a., Politik, Wertewandel, Technologie, Düsseldorf—Wien 1982; Burkhard Strümpei, Die Krise des Wohlstands, Stuttgart 1977; Elisabeth Noelle-Neumann u. a„ Kritik an der Technik und die Zukunft einer Industrienation, Villingen-Schwenningen 1982.

  10. Vgl. u. a. Peter L. Berger u. a. (Anm. 3).

  11. Franz-Xaver Kaufmann, Sicherheit als soziologisches und sozialpolitisches Problem, Stuttgart 1973; Richard Wisser, Sicherheit — Möglichkeit oder Unmöglichkeit menschlicher Existenz?, in: Jürgen G. Stuttgart (Hrsg.), Quo vadis Industriegesellschaft?, Heidelberg 1984, S. 201— 223.

  12. Grundsätzliche Dispositionen dazu dargelegt bei Richard Löwenthal, Romantischer Rückfall, Stuttgart 1970; Hannah Arendt, Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart, Frankfurt/M. 1957; wichtige Detailaspekte bei Hermann Lübbe, Protest und Verweigerung. Ursachen und politische Konsequenzen, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik, 27 (1982), S. 95— 114; Abraham Ashkenasi, Idealistic Protest: The New German Religiosity, in: Journal of International Affairs, 36 (1982/83), S. 257— 269; Volkmar Lauber, From Growth Consensus to Fragmentation in Western Europe. Political Polarization over Redistribution and Ecology, in: Comperative Politics (1983), S. 329— 349.

  13. Vgl. dazu Hermann Lübbe, Politischer Historismus. Zur Philosophie des Regionalismus, in: Politische Vierteljahresschrift, 20 (1979), S. 1— 15; daneben siehe auch Alexander Boguslawski, Regionalismus und politische Kultur in Europa, in: Zeitschrift für Politik, 30 (1983), S. 131— 141; Wolfgang Lipp (Hrsg.), Industriegesellschaft und Regionalkultur, Köln 1984.

  14. Zu den aktuellen Grundsatzfragen des System-wandels in Ost-und Westeuropa siehe weiterführend u. a.: Jeremy R. Azrael/Richard Löwenthal/Tohru Nakagawa, Die Ost-West-Beziehungen, Arbeitspapiere zur Internationalen Politik Nr. 10, Bonn 1979; Karl Kaiser u. a., Die Sicherheit des Westens: Neue Dimensionen und Aufgaben, Arbeitspapiere zur Internationalen Politik Nr. 16, Bonn 1981; Eberhard Schulz/Gerhard Wettig, Chancen für einen Wandel in Osteuropa? Arbeitspapiere für Internationale Politik Nr. 21, Bonn 1982; Karl Kaiser u. a., Die EG vor der Entscheidung. Fortschritt oder Verfall, Bonn 1983; Heinrich A. Winkler (Hrsg.), Richard Löwenthal. Weltpolitische Betrachtungen, Göttingen 1983.

  15. Wichtige weiterführende Überlegungen dazu bei Klaus Ritter, Analyse der weltpolitischen Machtverteilung. Prinzipielle Verhaltensmuster im derzeitigen Entspannungsprozeß, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 38/74, S. 30— 38; Helga Haftendorn, Verflechtung und Interdependenz als Strukturbedingungen westdeutscher Außenpolitik in: dies. (Hrsg.), Verwaltete Außenpolitik, Köln 1977, S. 15-— 38; zum konzeptionellen Hintergrund verstärkter Kooperation zwischen Ost und West vgl. Hans-Peter Schwarz/Boris Meissner (Hrsg.), Entspannungspolitik in Ost und West, Köln 1979; Helga Haftendorn, Sicherheit und Entspannung. Zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1955— 1982, Baden-Baden 1983; Gerhard Wettig, Entspannungsinteressen in Ost und West, in: Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, 16 (1981); ders., Instrumentarien der Entspannungspolitik, in: Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, 17 (1981); Daniel Frei/Dieter Ruloff, Entspannungserwartungen und Entspannungsfolgen, in: Zeitschrift für Politik, 29 (1982) S. 295— 317; dies., Entspannung in Europa: Perzeption und Realität, in: Politische Vierteljahresschrift, 23, (1982), S. 27— 45; dies., East-West-Relations: A Systemic Survey, Cambridge (Mass.) 1982; Josef Füllenbach/Eberhard Schulz (Hrsg.), Entspannung am Ende? Chancen und Risiken einer Politik des Modus vivendi, München—Wien 1980.

  16. Siehe dazu die Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa v. 1. August 1975, abgedruckt in: Europa-Archiv, 30 (1975), S. D 437— 484; siehe ergänzend Hermann Volle/Wolfgang Wagner (Hrsg.), KSZE, Beiträge und Dokumente aus dem Europa-Archiv, Bonn 1976; Jost Delbrück u. a. (Hrsg.), Grünbuch zu den Folgewirkungen der KSZE, Köln 1977.

  17. Vgl. Klaus Ritter, Die Dominanz des Ost-West-Konflikts, in: Europa-Archiv, 40 (1985), S. 1— 10; wehe auch ders., Zur Weiterentwicklung der Ost-West-Beziehungen: Der Konzeptionelle Spielraum, in: Karl Kaiser/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Amerika und Westeuropa, Stuttgart 1973, S. 204— 217.

  18. Zu den aktuellen Strukturmustern des Ost-West-Konflikts vgl. Werner Link (Hrsg.), Die neueren Entwicklungen des Ost-West-Konflikts. Konstanten und Veränderungen, Köln 1984; ders., Der Ost-West-Konflikt. Die Organisation der internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1980; Uwe Nerlich (Hrsg.), unter Mitwirkung von Falk Bomsdorf, Die Einhegung sowjetischer Macht Kontrolliertes militärisches Gleichgewicht als Bedingung europäischer Sicherheit, Baden-Baden 1982; Christoph Royen, Die sowjetische Koexistenzpolitik gegenüber Westeuropa. Voraussetzungen, Ziele, Dilemmata, Baden-Baden 1978; ders.. Die Aussichten für einen Systemwandel in Osteuropa, in: Europa-Archiv, 40 (1985), S. 31— 40; Hannes Adomeit, Die Sowjetmacht in internationalen Krisen. Verhaltensmuster, Handlungsprinzipien, Bestimmungsfaktoren, Baden-Baden 1983.

  19. Man kann dieses Problem auch auf die weltpolitische Ebene projizieren: Dem Universalismus außenpolitischer Perspektiven steht das Unverständnis für die Andersartigkeit fremder Kulturen und Mentalitäten gegenüber. Ausführlich dazu Hans-Peter Schwarz, Internationale Politik in globaler und partikularer Sicht. Nutzen und Nachteile der vorherrschenden universalistischen Perspektive, in: Europa-Archiv, 38 (1983), S. 433— 444; zur universalen Perspektive siehe auch grundlegend Niklas Luhmann, Die Weltgesellschaft, in: Archiv für Rechts-und Sozialphilosophie, 57 (1971), S. 1— 35.

  20. Eine kritische Reflexion der denkbaren Wege eines europöischen Systemwandels bei Johan Galtung, Europa — bipolar, bizentrisch oder kooperativ?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 41/72, S. 3— 30.

  21. Vgl. dazu u. a.: Die Teilung Deutschlands und Europas. Zusammenhänge, Aufgaben, Perspektiven, Bonn 1984; Werner Weidenfeld, Ratlose Normalität. Die Deutschen auf der Suche nach sich selbst, Zürich—Osnabrück 1984.

  22. Vgl. die anschauliche Darstellung von Hartmut Boockmann u. a., Mitten in Europa. Deutsche Geschichte, Berlin 1984.

  23. Vgl. grundsätzlich weiterführend Hannah Arendt, Elemente totaler Herrschaft, Frankfurt/M. 1958.

  24. Als aktuellen Überblick siehe dazu Heinrich A Winkler (Hrsg.), Nationalismus in der Welt von heute, Göttingen 1982; zum kulturgeschichtlichen Hintergrund siehe Stephan Popov, Am Ende aller Illusionen. Der europäische Kulturpessimismus, Köln 1982.

  25. Siehe Hans Georg Gadamer, Das Rätsel der Zeit über Altes und Neues, in: Universitas, 38 (1983), S. 453— 460.

  26. Georg Simmel, Philosophie des Geldes, München—Leipzig 1930, S. 551.

  27. Jürgen Habermas (Anm. 3), S. 446.

  28. Gottfried Benn, Der Ptolemäer — Berliner Novelle (1947), in: D. Wellershoff (Hrsg.), Gottfried Benn. Gesammelte Werke in acht Bänden, Bd. 5, Wiesbaden 1968, S. 1396.

Weitere Inhalte

Werner Weidenfeld, Dr. phil., geb. 1947; seit 1975 o. Professor für Politikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Veröffentlichungen u. a.: Jalta und die Teilung Deutschlands, 1969; Die England-Politik Gustav Stresemanns, 1972; Europa — Bilanz und Perspektive, 1973; Konrad Adenauer und Europa, 1976; Europa 2000, 1980; Die Frage nach der Einheit der deutschen Nation, 1981; (Hrsg.) Die Identität der Deutschen, 1983; Ratlose Normalität. Die Deutschen auf der Suche nach sich selbst, 1984; (Hrsg.) Europa — Die Identität eines Kontinents, 1985. Gemeinsam mit Wolfgang Wessels Herausgeber des jährlich erscheinenden Jahrbuch der Europäischen Integration'; außerdem Herausgeber der Schriftenreihe . Mainzer Beiträge zur Europäischen Einigung'.