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Der Verhaltenskodex von Abgeordneten in westlichen Demokratien | APuZ 24-25/1985 | bpb.de

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APuZ 24-25/1985 Der Verhaltenskodex von Abgeordneten in westlichen Demokratien Debattenordnung und Debattenstil Überlegungen zur Reform des Deutschen Bundestages Ansätze und Perspektiven einer Parlamentsreform Anmerkungen zur Diskussion um die Parlamentsreform Artikel 1

Der Verhaltenskodex von Abgeordneten in westlichen Demokratien

Klaus Troltsch

/ 32 Minuten zu lesen

I. Vorbemerkung

Die gegenwärtige Situation unseres Parlamentarismus findet exemplarisch ihren Ausdruck in der Unterbewertung der Rolle des Bundestages im politischen Prozeß, der insbesondere von Parteien und Regierung dominiert wird, d. h. die öffentliche Wahrnehmung der Bedeutung des Bundestags und die verfassungsrechtlich festgeschriebene Rolle des Parlaments klaffen relativ weit auseinander. Dies gilt auch für die Wahrnehmung des Abgeordneten und seiner Funktion. Ein hoher und zunehmend höher werdender Anteil der Bevölkerung erkennt im Abgeordneten nicht mehr den Repräsentanten des Volkes, sondern den Vertreter persönlicher, parteilicher und anderer Interessen ein Faktum, das zu denken geben sollte: Der Parlamentarier als homo oeconomicus und nicht mehr als homo politicus? Auf Grund dieser veränderten Wahrnehmung ist es verständlich, daß gegen-wärtig in der Bundesrepublik eine Diskussion geführt wird, die genau diesen zuletzt genannten Aspekt betrifft. Um diese häufig emotional geprägte Diskussion etwas zu versachlichen, erscheint es sinnvoll, sich mit Regelungen zu beschäftigen, wie in westlichen Demokratien das Verhalten von Parlamentariern unter diesem Gesichtspunkt normiert worden ist. Eine solche komparative Analyse erlaubt zudem, Kriterien und dazugehörige Normen zu gewinnen, die für eine Übernahme in den bundesrepublikanischen Kontext geeignet scheinen und daher in die öffentliche Diskussion eingeführt werden können. Ein gewisser Pessimismus scheint in dieser Beziehung allerdings angebracht, da diejenigen, die von dieser Art von Regelungen betroffen sind, gleichzeitig darüber entscheiden, welche Regelung letzten Endes verhaltensrelevant werden soll.

II. Zur Stellung des Abgeordneten in westlichen Demokratien

Die Zentralität des Abgeordnetenmandats in den politischen Systemen der westlichen Welt steht in engem Zusammenhang mit der Bedeutung, die den Parlamenten im politischen Prozeß durch die jeweiligen Verfassungen zugesprochen wird. Ungeachtet der strukturellen und funktionalen Unterschiede in den jeweiligen Ländern kann die Stellung der Parlamente vor allem dadurch charakterisiert werden, daß sie in freien Wahlen zu konstituieren sind, maßgeblich an der politischen Willensbildung teilnehmen und über verfassungsmäßig garantierte Hoheitsrechte bei der Gesetzgebung, der Staatshaushaltsaufstellung sowie der Kontrolle der Exekutive verfügen.

Notwendigerweise ist damit auch der Bereich abgesteckt, der das Tätigkeitsfeld des Abgeordneten umfaßt und in dem dessen Rechts-status seinen rechtlichen Ausdruck findet.

Ohne nun im Detail auf die einzelnen Normierungen, die den Status des Abgeordneten betreffen, einzugehen, sollen im folgenden einige wichtige Chrakteristika genannt werden, die die Rechtsstellung des Abgeordneten betreffen und entweder im Verfassungsrecht, im Parlamentsrecht, den Geschäftsordnungen, den Wahlgesetzen oder in speziellen Abgeordnetengesetzen ihre rechtliche Normierung gefunden haben 1. Rechtliche Aspekte des Abgeordnetenstatus Als gemeinsame Nenner in der rechtlichen Ausgestaltung des Abgeordnetenstatus lassen sich die Normen der Freiheit, der Gleichheit und der Partizipation an der Staatsgewalt fixieren. Diese Grundprinzipien sollen vor allem der normativen Vorgabe Rechnung tragen, daß mit der Übernahme eines Mandats bestimmte Verantwortlichkeiten verknüpft sind, nämlich die der Beteiligung an der Ausarbeitung von Politik und deren Kontrolle, die der Rechtfertigung eigener Handlungen oder derjenigen des Parlaments gegenüber der Wählerschaft bzw.der Bevölkerung und die der Hilfestellung und Unterstützung von Bürgern

Der Verbindlichmachung dieser Verantwortlichkeiten, wie sie in kommunistisch regierten Staaten durch die Norm des Imperativen Mandats und andere Vorkehrungen, die vom persönlichen Rechenschaftsbericht bis zur Abberufung durch die Wähler reichen, getroffen worden sind, steht das Prinzip des Freien Mandats in westlichen Demokratien gegenüber.

Ausgehend von dem Grundgedanken, daß der Abgeordnete in keiner Weise eine rechtliche Verpflichtung einzelnen Wählern oder gesellschaftlichen und politischen Gruppen gegenüber eingehen soll, wird der westliche Mandatsträger als Repräsentant der gesamten Bevölkerung gesehen. Einerseits folgen aus die-• sen Normierungen die Unabhängigkeit des Mandats und andererseits das Gebot der Gemeinwohlorientierung.

Das westliche Mandatsmodell ist demnach nicht an direkter Delegation von Inhalten, Meinungen usw. durch den Abgeordneten interessiert, sondern orientiert sich an einer allgemein gehaltenen Gemeinwohlklausel. Mangels anderer Möglichkeiten bleibt dem Bürger in modernen Repräsentativverfassungen — soweit er nicht über andere Kanäle seiner Stimme Ausdruck verleiht — zumeist nur die Chance, in den darauffolgenden Wahlen vielleicht eine Änderung herbeizuführen.

Eng mit der Unabhängigkeit des Abgeordneten ist demnach auch die Unentziehbarkeit des parlamentarischen Mandats verbunden. Diese Aussage gilt allerdings nur unter gewissen Einschränkungen, wie die folgende Übersicht zeigt

— Nur in einigen Ländern ist der Ausschluß vom Parlament bzw.der Mandatsverlust prinzipiell nicht möglich, wie zum Beispiel in Belgien, Israel, Irland, Italien und Norwegen.

— Wird eine mit dem Mandat nicht zu vereinbarende Tätigkeit nicht aufgegeben, so führt das beispielsweise in Österreich, Frankreich, den Niederlanden und anderen Ländern zum Mandatsverlust.

— Weitere Ausschlußkriterien hängen mit dem Verlust der Wählbarkeit zusammen, d. h. das Mandat wird einem Amtsinhaber abgesprochen, wenn er nicht mehr den Voraussetzungen entspricht, die durch seine Wählbarkeit vorgegeben waren (Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Finnland, Niederlande, Schweden und weitere).

— Längere Nichtteilnahme an Plenar-oder Ausschußsitzungen kann in Australien, Finnland und anderen Staaten mit dem Ausschluß bestraft werden.

— Ungebührliches Verhalten und anti-bzw. unparlamentarische Aktivitäten sind Ausschlußgründe in Japan, Australien, Kanada, Großbritannien, USA.

— Bei kriminellen Delikten und dem Verlust der Bürgerrechte folgt in Demokratien wie Kanada, Frankreich, Schweden und den USA der Mandatsverlust.

Wie schon erwähnt, ist der Rechtsstatus des Abgeordneten ferner durch das Prinzip formalisierter Gleichheit charakterisiert. Damit soll sichergestellt werden, daß personale oder positioneile Unterschiede zumindest auf der Ebene formaler Chancengleichheit in bezug auf den Zugang zum Mandat nicht zum Tragen kommen und daß die gleichberechtigte Ausübung des Mandats gewährleistet ist. Die erste Komponente findet ihren Ausdruck vor allem in den Regelungen zur Wählbarkeit von Abgeordneten, während die zweite Komponente mehr das Stimm-, Rede-und Antrags-recht des Abgeordneten betrifft.

Die untersuchten Länder weisen in bezug auf ihre Wählbarkeitskriterien zwar alle das Alter des Bewerbers, seine Nationalität und Regelungen bezüglich seines Wohnorts als Kategorien aus, sind aber im Zusammenhang mit unserer Gesamtfragestellung nicht weiter relevant. Weitaus wichtiger erscheint hier die Frage nach Personen-bzw. Berufsgruppen, für die Ausschlußgründe im Hinblick auf eine Kandidatur zum Parlament vorliegen. Diese Ausschlußregelungen beziehen ihre Rechtfertigung vor allem aus drei Gründen:

„ 1 ) not to jeopardise the Separation of powers by ensuring that a Parliament consists of Members who are in no economic or occupational sense subordinated to or dependent on the Government;

2 ) to guarantee the freedom of the elector by preventing certain persons from profiting by the influence which they have acquired from the positions they hold in particular constituencies; 3 ) to secure the independence of Members of Parliament from private interests."

Durch diese Rechtfertigungsgründe sind folgende Berufskategorien — wenn auch jeweils mit bestimmten Unterschieden — betroffen — öffentliche Bedienstete in Australien, Frankreich, Irland (mit Einschränkungen), Italien (Höherer Dienst), Großbritannien u. a.

— Mitglieder des Militärs, der Polizei etc. in Finnland, Irland, Italien und Großbritannien. — Mitglieder der Judikative in Finnland, Irland und Großbritannien.

— Vertragspartner mit der öffentlichen Hand in Australien und Italien.

— Inhaber von Geschäftsleitungsfunktionen in öffentlichen Unternehmen in Australien.

— Keinerlei Nichtwählbarkeitskriterien gibt es außer in den sozialistischen Staaten in Österreich, den Niederlanden, der Schweiz und in Belgien.

Zwar gibt es in einigen Ländern noch eine Restgruppe an Nichtwählbarkeitsgründen, die mit Ämtern in der Exekutive und mit Parlamentsmandaten, beispielsweise in Länder-parlamenten, Zusammenhängen; weitaus interessanter aber ist hier die Frage nach den Konsequenzen, die sich aus der oben beschriebenen Rechtsstellung des Abgeordneten unter politiksoziologischen Aspekten ergeben. 2. Politische Aspekte des Abgeordnetenstatus Aus den hier erwähnten, zugegebenermaßen selektiven Aspekten, die die zentrale Rechtsstellung des Abgeordneten in den einzelnen Ländern umschreiben sollten, lassen sich folgende analytische Dimensionen bestimmen

— Die Dimension der Basisbindung; gemeint ist hiermit der demokratische Bezug der Abgeordneten auf ihre Wähler und ihre Partei-basis hin.

— Die Dimension der Legitimation; im Zentrum dieser Dimension steht die Rechtfertigung politischen Handelns sowohl in bezug auf die Person des Abgeordneten als auch unter Bezugnahme auf seine Partei und das Parlament.

— Die Dimension der Willensbildung; dabei steht als Aufgabe die Kontaktaufnahme zu den in politischen Entscheidungsprozessen mitbeteiligten Akteuren wie Interessengruppen, Ministerien, Verwaltung, Parlament etc. im Zentrum.

— Die Dimension der Kompetenz bzw. Leistung; sie betrifft die Erarbeitung spezieller Politikbereiche und das Einbringen der Arbeitsergebnisse in den Willensbildungsprozeß, beispielsweise über die Arbeit in den Parlamentsausschüssen.

Sämtliche Normierungen zum Parlaments-mandat und zu den Aufgaben und Rechten des Abgeordneten sind sowohl dem Prinzip der Demokratie als auch dem Prinzip der Stabilisierung und Funktionalität von politischen Systemen verpflichtet. Dabei tendieren die ersten beiden Dimensionen mehr in Richtung auf Demokratie, die beiden letzten Dimensionen mehr in Richtung auf Funktionalität.

Damit ist allerdings die Funktionslogik des Mandats selbst durch eine gewisse Ambivalenz gekennzeichnet: Zum einen wird Wert darauf gelegt, daß die Unabhängigkeit des Abgeordneten so weit wie möglich sichergestellt ist, zum anderen aber soll gleichzeitig unter Aspekten der Funktionalität des politischen Systems die Einbindung des Mandats-trägers in Entscheidungsabläufe und -Strukturen garantiert werden, was wiederum zu bestimmten Abhängigkeiten führt.

Der politische Spielraum und die persönliche Abhängigkeit des Abgeordneten werden vor allem von folgenden Faktoren bestimmt:

1.dem Wahlsystem und der Form der Kandidatenaufstellung; 2.der Struktur der Parteien, der Fraktionen und der parlamentarischen Konfliktaustragungsmuster; 3.der Einbindung des Abgeordneten in den außerparlamentarischen Raum, insbesondere seine Verflechtung mit politischen Interessengruppen; 4.der materiellen Situation des Abgeordneten und seinen eigenen ökonomischen Interessen. Gehen wir diesen Faktoren im einzelnen nach, so macht es wohl keinen besonderen Sinn, an dieser Stelle auf die unterschiedlichen wahlsystematischen Regelungen in den verschiedenen Ländern im Detail einzugehen. Sicherlich ist es zum Beispiel für den einzelnen Abgeordneten von Relevanz, in welcher Form er bei der Verteilung der Stimmen auf die einzelnen Parteien „verrechnet" wird; eine weitaus größere Bedeutung hingegen muß der Kategorie des Stimmgebungsverfahrens zugesprochen werden, da hierbei ein direkter Bezug des Abgeordnetenverhaltens auf den Wähler und umgekehrt möglich ist.

Zur Erläuterung mag hierzu das von Valentine Herman vorgegebene Raster zur Typisierung der Stimmgebungsverfahren bei dem zwischen kategorialen und ordinalen Verfahren unterschieden wird, als Grundlage dienen: — Die erste Variante des Kategorialverfahrens besteht in der Vergabe einer Stimme für einen einzelnen Kandidaten, wie dies zum Beispiel in Kanada oder in Großbritannien, aber auch in Finnland und Frankreich der Fall ist (1).

— Die zweite Variante dieses Verfahrens erlaubt eine Stimmvergabe für einen einzelnen Kandidaten einer Partei und/oder eine Parteienliste, so beispielsweise in Belgien (2).

— Die erste Variante des Ordinalverfahrens macht die Vergabe von Präferenzstimmen für verschiedene Kandidaten einer Parteiliste erforderlich; beispielhaft ist hierfür Italien, wo jeder Wähler je nach Wahlkreisgröße drei bis vier Präferenzstimmen zur Verfügung hat. In Österreich ist ein zusätzliches Stimmensplitting unter verschiedenen Parteilisten möglich (3).

— Die zweite Variante dieses Verfahrens gestattet dem Wähler, die Kandidaten verschiedener Parteien in seine eigene Präferenzordnung zu bringen, so z. B. in Australien und Irland (4).

— Bei der letzten Variante, dem Schweizer Wahlsystem, erlaubt das Stimmgebungsverfahren dem Wähler, bestimmte Kandidaten mit Präferenzstimmen zu belegen. Dieser hat darüber hinaus die Möglichkeit des Stimmensplittings zwischen verschiedenen Listen, der Kandidatennamenwiederholung bzw. -aus-Streichung und der Formung neuer Listen zumindest in einer bestimmten Anzahl von Kantonen.

Nicht ohne Grund wurde eine Auflistung der Stimmgebungsverfahren in dieser Reihenfolge gewählt, läßt sich doch an ihr möglicherweise die umgekehrte Proportionalität des Wähler-und des Parteieneinflusses illustrieren. Im Fall der ersten Variante des Kategorialverfahrens ist der Spielraum des Wählers relativ eingeengt und der Machteinfluß der Parteien aus der Perspektive des Bewerbers ungeheuer groß. Im Falle der letzten Variante des Ordinalverfahrens werden diese. Verhältnisse auch aus der Sicht des Kandidaten, zwar nicht gleich umgekehrt, aber doch’zumindest relativiert. 3. Parteiendominanz im Nominierungsprozeß Sieht man einmal von den länderspezifischen Unterschieden in bezug auf die Parteifunktionen der einzelnen Systeme ab und fragt nach dem Nominierungsprozeß unter den Aspekten der Kandidatenpräsentation, so läßt sich folgendes feststellen In den meisten Ländern wird die Nominierung der Kandidaten von den Parteien beherrscht, ob nun auf der Grundlage gesetzlicher Vorkehrungen oder allein aufgrund ihrer faktischen Dominanz im Nominierungsprozeß. Dies ist der Fall in Österreich, Finnland, Italien, Japan, Schweden und der Schweiz. In einer zweiten Gruppe von Ländern ist es sowohl Gruppen von Einzelpersonen als auch Parteien möglich, Kandidaten zu benennen, so in Australien, Belgien, Kanada, Frankreich, Israel, Norwegen, Großbritannien und den Vereinigten Staaten, sieht man einmal von deren Vorwahlmodus ab. Außerdem wird die Parteien-dominanz noch dadurch gestärkt, daß in einigen Ländern an parteilose Kandidaten und Bewerber, deren Parteien noch nicht im Parlament vertreten sind, zusätzliche Anforderungen gestellt werden.

Vergegenwärtigt man sich nochmals die aufgelisteten Stimmgebungsverfahren, so ist es einsichtig, daß die Reihenfolge, in der die nominierten Kandidaten auf dem Wahlzettel auftauchen, von nicht zu unterschätzender Bedeutung für das eigene Erfolgschancenkalkül des künftigen Abgeordneten sein sollte. Hier schließt sich nun die Frage an, wer die Reihenfolge bestimmt, wobei die Antwort lautet: nicht die Wähler, sondern die Parteiorganisationen.

Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wird darüber hinaus nicht zuletzt durch die Struktur der Fraktionen und des parlamentarischen Konfliktaustragungsprozesses bestimmt -Wenn auch nicht in allen Parlamenten Abgeordnetengruppen bzw. Fraktionen ihre offizielle Anerkennung gefunden haben, so ist die faktische Notwendigkeit derartiger Zusammenschlüsse für die Parteien kaum zu bestreiten. Daraus ergibt sich — zumindest unter normativen Gesichtspunkten — ein Konflikt zwischen dem Interesse des Abgeordneten an relativ freier Mandatsausübung und dem Interesse der Parteien an der problemlosen Durchsetzung ihrer Beschlüsse im Parlamentsplenum.

Folgt man Alexander Ruch so gibt es im Zusammenhang der Fraktionsdisziplin bzw. -loyalitäten sozusagen zwei Endpunkte: die Vereinigten Staaten auf der einen und Großbritannien auf der anderen Seite. In den USA existieren keinerlei parteidisziplinarische Versuche und die generelle Bindungslosigkeit des Abgeordneten wird durch Fraktionsbeschlüsse, die bindenden Charakter haben und zu deren Durchsetzung in den Fraktionssatzungen auch in den USA entsprechende Möglichkeiten bestehen, kaum gestört, während im Gegensatz dazu für Großbritannien gilt: „Die stärkste Parteidisziplin besteht im englischen Unterhaus. Nach der Entstehung der Parteienordnung ... wurde der Abgeordnete mehr und mehr von seiner Partei abhängig, so daß er zwangsläufig mit seiner Nicht-wiederwahl zu rechnen hatte, wenn er nicht mit der Partei stimmte" Wenngleich sich dieser Sachverhalt heute etwas modifiziert darstellt, so scheint doch für das britische Regierungssystem ein relativ streng gehandhabter Abstimmungszwang sicherlich eher notwendig als in anderen Staaten, da die Ablehnung eines als wichtig bezeichneten Regierungsentwurfs zum Rücktritt der jeweiligen Regierung führt.

Weitaus stärker als durch die fraktionelle Einbindung dürfte jedoch die Unabhängigkeit von Abgeordneten durch außerparlamentarische Einflüsse gefährdet werden. Dies läßt sich vor allem aus dem Sachverhalt folgern, daß Abhängigkeiten, die im Parlament und • insbesondere in der Fraktion entstehen, wenigstens im Rahmen der Institution sichtbar werden. Sie betreffen häufig auch nicht nur einen einzelnen Politiker, sondern ganze Gruppen von Abgeordneten, die wiederum rechtliche Möglichkeiten der Gegenwehr haben. Abhängigkeiten von außerparlamentarischen Interessenten bilden sich hingegen überwiegend auf den einzelnen Abgeordneten bezogen und vollziehen sich in diskreter Vertraulichkeit. Zugleich betreffen sie un-gleich häufiger die ökonomischen Interessen der Abgeordneten selbst. Die Gefahr derartiger Einflüsse steigt in dem Maße, in dem Abgeordnete von ihren politischen Ämtern finanziell abhängig sind, was insbesondere auf die sogenannten Berufspolitiker zutrifft, deren Anteil in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen ist. Abgeordnetenentschädigung und -altersversorgung bilden offenbar selbst dann, wenn sie staatlich in großzügiger Weise gewährt werden, keinen absoluten Schutz gegen die Gefahr der Kommerzialisierung des Mandats, die mit der Vertretung spezieller Einzelinteressen einhergeht. Um so wichtiger sind daher Regelungen, die die Unvereinbarkeit von Mandat und solchen Tätigkeiten sicherstellen, die die Unabhängigkeit des Abgeordneten in normwidriger Weise beeinträchtigen können, worauf im folgenden eingegangen werden soll.

III. Inkompatibilitäten und Offenlegungsprinzipien für private Tätigkeiten

1. Zweck von Inkompatibilitätsregelungen Die Absicherung des Parlamentsmandats durch Inkompatibilitätsregelungen in bezug auf öffentliche Ämter und Mandate schien den meisten Gesetzgebern in den untersuchten Ländern nicht ausreichend zu sein. In einigen Fällen hat es sich als sinnvoll erwiesen, die Unvereinbarkeit des Mandats nicht nur" auf bestimmte öffentliche Ämter zu beschränken, sondern auch auf gewisse private Berufe und Tätigkeiten auszudehnen, um so einerseits die Unabhängigkeit der Parlamentarier in ökonomischer und finanzieller Hinsicht zu sichern und auf der anderen Seite den Abgeordneten von Verlockungen abzuhalten, d. h. ihn davor zu . bewahren', bei der Ausübung seines Berufes aus dem Mandat ungerechtfertigt Nutzen zu ziehen Prinzipiell ist die Intention derartiger Normierungen in der Verhinderung von Interessenkonflikten zu sehen, die einer normgerechten Ausübung des parlamentarischen Mandats zuwiderlaufen könnten Diese Regelungen zur Inkompatibilität finden in den Verfassungen und Gesetzen, in Parlamentsbeschlüssen und -bräuchen sowie in Geschäftsordnungen ihren Niederschlag.

2. Inkompatibilitätsdimensionen Aus der Analyse der rechtlichen Normierungen lassen sich insgesamt vier Dimensionen von Inkompatibilitäten in bezug auf private Tätigkeiten von Abgeordneten zusammenfassen: — Aufrechterhaltung der Trennungslinie zwischen Legislativ-und Exekutivorganen, d. h.

Schutz des parlamentarischen Mandats vor Einwirkungen der Exekutive und damit Schutz der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive.

— Inkompatibilitäten des Mandats mit Berufstätigkeiten in oder für Wirtschaftsunternehmen, wobei davon ausgegangen werden kann, daß eine unzulässige Einflußnahme beispielsweise durch Nutzung spezifischer Informationen des Abgeordneten und dessen gleichzeitige Abhängigkeit von Unternehmen eingedämmt werden soll.

— Absicherung der Gesetzgebungsfunktion des Parlaments durch Unvereinbarkeitsregelungen, die sich auf das Vorliegen gewisser finanzieller Interessen des Abgeordneten richten und in diesem Fall auf einen Verzicht auf eine Stimmabgabe bei parlamentarischen Entscheidungen zielen.

— Diejenigen Inkompatibilitäten, die Werbung mit dem Mandat für ein Unternehmen oder andere wirtschaftliche Einrichtungen als unvereinbar ansehen, lassen sich auf dem Hintergrund der Legitimationsfunktion des Parlaments verstehen. a) Mandatsinkompatibilitäten mit Tätigkeiten in staatlichen und staatsunterstützten Unternehmen Rigoros wird die Vereinbarkeit des parlamentarischen Mandats mit führenden Positionen in verstaatlichten Unternehmen bzw. in privaten Unternehmen, die Subventionen und andere Vorteile von der öffentlichen Hand erhalten oder sogar dafür tätig sind, untersagt.

In Frankreich sind gemäß der Neuregelung von 1972 die Funktion als Unternehmens-chef, als Präsident oder Delegierter des Verwaltungsrates, als Vorsitzender oder Mitglied des Direktoriums, als Vorsitzender des Aufsichtsrates, als Generaldirektor oder als Geschäftsführer inkompatibel, und zwar in Organisationen wie — rein staatlichen Unternehmen, — in Gesellschaften, die mit der Ausführung von Dienstleistungen für Rechnung oder unter Kontrolle des Staates, öffentlichen Körperschaften bzw. Einrichtungen betraut sind — in Gesellschaften oder anderen Einrichtungen, die in Form von Zinsgarantien Subventionen oder andere Vorteile vom Staat oder einer öffentlichen Körperschaft erhalten, allerdings mit der Ausnahme, daß in den Fällen, in denen eine Funktionskompatibilität bestehen kann, sich diese Vergünstigungen aus einer allgemein geltenden Gesetzgebung herleiten lassen

Eine weitere Ausnahme besteht darin, daß eine Vereinbarkeit mit dem Parlamentsmandat für den Fall möglich ist, daß Abgeordnete in ihrer Eigenschaft als Mandatsträger zu Mitgliedern des Verwaltungsrates in staatlichen Unternehmen auf der Grundlage einschlägiger Gesetze bestimmt werden Ansonsten bleibt die Übernahme einer leitenden Stellung in staatlichen Unternehmen untersagt Auch die Regelungen in Italien sind besonders prägnant und weisen in die gleiche Richtung wie die französischen, zumal der Katalog der Funktionsinkompatibilitäten um die Aufgabenbereiche des Syndicus und des Liquidators erweitert ist Diese Art der Inkompatibilitätsregelung besteht ebenso in den USA in Griechenland das die Inkompatibilitäten sogar in die Verfassung aufgenommen hat, sowie in Belgien b) Inkompatibilitäten von Tätigkeiten in oder für Wirtschaftsunternehmen Diese Unvereinbarkeitsregelungen beziehen sich insgesamt gesehen auf folgende Wirtschaftsbereiche:

— auf Bankinstitute (Italien Österreich und Frankreich — auf Aktiengesellschaften (Italien, Österreich, Frankreich), — auf Immobiliengesellschaften (Frankreich, Griechenland — auf GmbHs der Industrie und des Handels (Österreich), — auf Versicherungsgesellschaften (Österreich).

In bezug auf die Form der Tätigkeit beziehen sich diese Regelungen in erster Linie auf leitende Funktionen wie Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Geschäftsführer etc. (Österreich und Frankreich) und auf juristische und anders geartete Beratungsfunktionen (Italien, Frankreich, Griechenland). Zu Frankreich bleibt in diesem Zusammenhang noch zu sagen, daß insbesondere Rechtsanwälte, für die diese Norminierung besonders relevant ist, prinzipiell nicht gegen die öffentliche Hand auftreten dürfen und auch die Mandatsübernahme bei Strafprozessen wegen strafbarer Handlungen gegen das Gemeinwesen, wegen Pressevergehen oder wegen Kreditgefährdung untersagt ist. c) Inkompatibilitäten bei pekuniärem Interesse des Abgeordneten oder am Abgeordneten

Diese Art von Inkompatibilitätsdimension, die ihre Regelung vor allem in Ländern wie Großbritannien, Australien und den Vereinigten Staaten erfährt, betrifft den Sachverhalt, daß ein Mandatsträger ein unmittelbares pekuniäres Interesse an einer bestimmten parlamentarischen Materie oder einem Abkommen mit der öffentlichen Verwaltung hat. Der parlamentsfunktionale Hintergrund dieser Normierung zielt insbesondere auf die Regulierung verzerrender Einflußnahmen auf den Gesetzgebungsprozeß, die dann notwendig wird, wenn allgemeines Mandat und von au- ßen stimulierte finanzielle Interessen des Abgeordneten sich zu überlagern drohen.

Die Regelungen sind in dieser Hinsicht recht eindeutig:

— Die Verfassung von Australien nimmt solche Bestimmungen sogar schon in die Nichtwählbarkeitskriterien auf, wonach bei Vorliegen finanzieller Interessen des Kandidaten an einem Abkommen mit der Verwaltung weder eine Wahl zum Senator noch zum Mitglied des Repräsentantenhauses möglich ist In der Geschäftsordnung des Repräsentanten-hauses wird darüberhinaus bestimmt: „no Member shall be entitled to vote in any division upon a question.. . in which he has a direct pecuniary interest not held in common with the rest of the subjects of the Crown" Dieses Verbot der Stimmabgabe kann bei erfolgter Abstimmung bis zu deren Ungültigkeitserklärung führen. Eine Aberkennung des Mandats nach Art. 45 Nr. III der australischen Verfassung wird dann durchgeführt, wenn ein Senator oder ein Mitglied des Repräsentantenhauses direkt oder indirekt „eine Gegenleistung für Dienste für den Staat oder Dienste im Parlament für irgend jemand oder für irgendeinen Staat entgegennimmt"

— In Großbritannien war seit längerem als bestehender Parlamentsbrauch festgelegt, daß bei persönlichen finanziellen Interessen des Abgeordneten eine Offenlegung in der Debatte zu erfolgen hatte. Dies wurde durch einen Beschluß des Unterhauses vom 22. Mai 1974 nochmals ausdrücklich festgehalten. Prinzipiell verboten sind die Annahme von Geschenken, Honorarzahlungen, direkte Geldzuwendungen und die Annahme von Gegenleistungen für bestimmte Tätigkeiten, die mit dem Ziel gemacht werden, Verfahren im Parlament zu beeinflussen oder das Verhalten des Abgeordneten in eine bestimmte Richtung zu lenken.

— Der Verbotstatbestand in den USA bezieht sich auf die Förderung von Gesetzesvorhaben aus partikulären oder pekuniären Interessen seiner eigenen Person, seiner engeren Familie oder anderer Personen.

Liegen solche Interessenkonflikte vor, so sollen sich die Mitglieder der Stimme enthalten. Darüberhinaus ist die Annahme von Geschenken im Wert von über 100 Dollar (pro Jahr), die von Personen kommen, bei denen ein besonderes Interesse an der Gesetzgebung des Kongresses vorliegt, verboten d) Inkompatibilität des Mandats mit Werbungsfunktionen für Unternehmen etc. Als Grundlage zur Erklärung dieses Komplexes an Normierung der Inkompatibilität wäre denkbar, daß der jeweilige Gesetzgeber jegliche Art von Werbungs-und Marketingstrategien für Wirtschaftsunternehmen oder Sozietäten deshalb für unvereinbar hält, weil derartige Tätigkeiten mit dem Ansehen und der Reputation des Parlaments nicht verträglich und der Legitimationsfunktion des Parlaments für das politische System insgesamt abträglich sind. Darunter fallen beispielsweise in Frankreich Werbungstätigkeiten für Industrie-, Finanz-und Handelsunternehmen, wobei auch die Verantwortlichen des Unternehmens mit Geld-und Gefängnisstrafen belegt werden können Diese Art von Verbotstatbestand gilt auch für die USA und für Belgien 3. Offenlegungsprinzipien Behandelte die bisherige Übersicht Regelungen, in denen Berufstätigkeiten bzw. Neben-tätigkeiten entweder völlig oder nur unter bestimmten Voraussetzungen als inkompatibel mit Parlamentsmandaten erklärt wurden, so sollen im folgenden die Verfahren aufgezeigt werden, in denen die Regelungen erst zum Tragen kommen. Mit anderen Worten: Es gilt die Technik zu erklären, mit deren Hilfe gewisse Regelungen durchgesetzt werden können. Dazu lassen sich zwei Prinzipien der Offenlegung unterscheiden:

— Das erste Verfahrensprinzip wird in zwei Stufen durchgeführt:

1) Verzicht auf jede Tätigkeit, die als inkompatibel normiert ist, und 2) Nennung von Tätigkeiten, die der Parlamentarier beibehalten will und als kompatibel ansieht.

— Das zweite Offenlegungsprinzip erfolgt ebenfalls in zwei Stufen:

1) Verzicht auf mandatsinkompatible Tätigkeit und 2) Offenlegung von Tätigkeiten unter Einbeziehung der Bezahlung, der Quellen der Ein-künfte etc., die durchaus als kompatibel angesehen werden. a) Offenlegung nach Vertrauensprinzip In Frankreich wird das Verfahren der Offenlegung von Berufstätigkeiten in Art. 151 Wahlgesetz geregelt, wobei zwei Wochen nach der Übernahme inkompatibler Funktionen bzw. nach der Entscheidung des Verfassungsrates im Wahlprüfungsverfahren der Verzicht ausgesprochen werden muß. Im selben Zeitraum sind dem Bureau der Nationalversammlung diejenigen Tätigkeiten zu nennen, die der Abgeordnete beizubehalten oder zu übernehmen gedenkt und von deren Kompatibilität er ausgeht. In Streitfällen kann daher das Bureau der Nationalversammlung, der Justizminister oder der Abgeordnete selbst den Verfassungsrat anrufen Wird in der Entscheidung des Conseil Constitutionnel eine Unvereinbarkeit mit dem Mandat festgestellt, dann hat sich der Abgeordnete zwischen seinem Parlamentsmandat und der Berufstätigkeit zu entscheiden, wobei ihm im Falle seiner Untätigkeit der Verfassungsrat seines Mandats für verlustig erklärt. In der Praxis ist dies aber außerordentlich selten geschehen

Auch Österreich sieht in seinem Unvereinbarkeitsgesetz eine derartige Regelung vor.

Zwar ist die zeitliche Frist für die Bekanntgabe inkompatibler Tätigkeiten auf einen Monat nach Eintritt in das Parlament bzw. nach Übernahme einer derartigen Tätigkeit festgesetzt und unter Bekanntgabe der damit verbundenen Bezüge mitzuteilen Der für diesen Zweck konstituierte Parlamentsausschuß, der über die Zulässigkeit zu entscheiden hat, bleibt aber auf die im Gesetz genannten Inkompatibilitätskategorien beschränkt. Entsprechende Verfahren wie in Österreich und Frankreich gelten auch in Italien b) Offenlegung nach Transparenzprinzip In Großbritannien wird eine Offenlegung nach dem Transparenzprinzip praktiziert, d. h. durch Einrichtung eines Registers, das von jedem Mitglied des Unterhauses eine Offenlegung seiner Interessen abverlangt und das der öffentlichen Einsichtnahme offenstehen muß. In einem Beschluß vom 12. Juni 1975 wurde das Register in neun Kategorien eingeteilt: „ 1. Direktor in öffentlichen oder privaten Gesellschaften gegen Entgelt;

2. Arbeits-oder sonstige Berufstätigkeit gegen Entgelt;

3. gewerbliche, freie und sonstige Berufe gegen Entgelt;

4. die Namen von Klienten, wenn die angegebenen Interessen persönliche Dienste durch das Mitglied beinhalten, die sich in irgendeiner Weise aus der Mitgliedschaft im Hause ergeben oder sich darauf beziehen;

5. finanzielle Unterstützungen, a) als Parlamentskandidat, wenn nach Kenntnis des Mitglieds die Förderung in irgendeinem Falle 25% der Wahlkampfausgaben des Kandidaten übersteigt, oder b) als Mitglied des Parlaments durch irgendeine Person oder Organisation, wobei anzugeben ist, ob eine solche Förderung irgendeine Zahlung an das Mitglied oder einen materiellen direkten oder indirekten Vorteil einschließt; 6. Auslandsreisen, die sich auf die Mitgliedschaft im Hause beziehen oder sich aus ihr ergeben, wenn die Kosten der Reisen nicht voll vom Mitglied oder aus öffentlichen Mitteln getragen werden;

7. alle Zahlungen oder materiellen Vorteile im Auftrage einer ausländischen Regierung, Organisation oder Person;

8. Land und Vermögen wesentlicher Bedeutung oder solches, das wesentliches Einkommen abwirft;

9. die Namen von Gesellschaften oder anderen Körperschaften, in denen das Mitglied nach seiner Kenntnis entweder selbst oder im Namen seines Ehegatten oder seiner minderjährigen Kinder ein rentierliches Anteilsrecht hat, wenn der Nominalwert der Anteile höher ist als 1 v. H.der ausgegebenen Kapitalanteile." 39a) Diese gesamten Angaben sind dem Register-führer, zugleich ein höherer Beamter in der Abteilung des Clerk of the House (Parlamentsdirektor) und gleichzeitig Sekretär des Select Committee on Members'Interests, zur Verfügung zu stellen und dann zu veröffentlichen, was seit 1975 regelmäßig geschieht Für Mitglieder des Repräsentantenhauses, des Senats und eine Reihe von Mitarbeitern des Kongresses der Vereinigten Staaten steht ein komplexes und ausgefeiltes Raster von Offenlegungspflichten zur Verfügung, die im sogenannten Ethics in Government Act von 1978 festgehalten sind und in ihrer gesamten Differenziertheit und Tragweite an dieser Stelle überhaupt nicht dargestellt werden können. Nur einige grundlegende Regelungsbereiche gilt es im folgenden zu erwähnen, wobei insbesondere die Senatsbestimmungen im Vordergrund stehen sollen

Folgende Bereiche sind mit Offenlegungspflichten bedacht:

— Funktionen als Direktor, Gesellschafter, Berater, Eigentümer, Bevollmächtigter oder Mitglied des Vorstandes einer Körperschaft, Gesellschaft oder anderer Geschäftsunternehmen

— Einkommen unter Bekanntgabe des Betrags und der Quelle bei Überschreitung der Grenze von 100 Dollar im Jahr, wobei Einkünfte aus künstlerischen Tätigkeiten, Abfindungsvereinbarungen und Einkünfte aus Familienunternehmen unberücksichtigt bleiben Dies gilt auch für finanzielle Vereinbarungen, aus denen der Ehegatte oder Angehörige Einkommen erzielen können

— Geschenke jeglicher Art sowie andere Vergünstigungen wie Unterkunft, Verpflegung, unentgeltlicher Transport sind bei einem Wert von mehr als 250 Dollar pro Jahr offenzulegen;

— Vermögen an Immobilien, Geschäfts-oder Investmentanteile, die 1000 Dollar übersteigen; Schulden, soweit sie über die Grenze von 2500 Dollar hinausgehen; Kauf und Verkauf von Grund-und Kapitalvermögen im Werte von mehr als 10000 Dollar

— Absprachen über die Beurlaubung bzw. Gehaltsweiterzahlungen für die Zeit der Kongreßmitgliedschaft bzw. über Einstellungszusagen an Senatoren für die Zeit danach

Die Abgeordneten und Senatoren sind verpflichtet, vollständige Berichte in bezug auf die oben beschriebenen Offenlegungskategorien anzufertigen. Diese Berichte sind dann — z. B. im Fall des Senats — dem Sekretär des Senats auszuhändigen, der sie an das Select Committee on Ethics als dem für die Senatoren zuständigen Ehrenausschuß weiterleitet und sie darüber hinaus der Öffentlichkeit zugänglich macht Beide Ausschüsse prüfen die Angaben, führen entsprechende Untersuchungen durch und erstatten Bericht.

Parallel dazu verläuft eine stichprobenmäßige Überprüfung durch den Rechnungshof (Comptroller General), dem die Aufgabe obliegt, im Laufe von sechs Jahren zumindest einen Bericht eines jeden Senators zu prüfen. Dem Rechnungshof soll außerdem von jedem Senator in einem versiegelten Umschlag ein Bericht eingereicht werden, der die Kopien sämtlicher Einkommenssteuererklärungen und der dazugehörigen Dokumente über sich und seinen Ehegatten umfaßt

Die Sanktionsmöglichkeiten, die den Ausschüssen bei Verstößen gegen das Gesetz und die Ehrenordnung zur Verfügung stehen, reichen von einfachen parlamentarischen Verweisen bis hin zum Ausschluß des Abgeordneten, da dem Kongreß die Disziplinargewalt zusteht. Ergänzend ist noch auf einige strafrechtliche Bestimmungen hinzuweisen, die die aktive und passive Bestechung von und sonstige gesetzlich nicht reglementierte Zahlungen an Kongreßmitglieder und anderes unter Strafe stellen

Ein wichtiger Aspekt von Offenlegungsvorschriften bedarf in diesem Zusammenhang noch der Hervorhebung, nämlich die Offenlegung und Anrechnung von Nebentätigkeitseinkünften (bzw. Berufstätigkeitseinkünften) in bezug auf Höhe und Quellen.

In den Vereinigten Staaten ist dabei eine Regelung ins Auge gefaßt worden, die in bezug auf die an sich erlaubten privaten Berufstätigkeiten eine Begrenzung dieses Einkommens auf 15 v. H.der Diäten für Senatoren und auf 30 v. H.der Diäten für Abgeordnete vorsieht, wobei das Inkrafttreten dieser Regelungen für den Senat noch ausgesetzt ist

Mitglieder der Assemblee in Frankreich sind verpflichtet, Auskunft über ihre beruflichen Aktivitäten zu geben, müssen aber keine Angaben über Höhe und Herkunft ihrer Einkünfte machen.

In Italien steht eine gesetzliche Regelung an, wobei Mitglieder derzeit schon freiwillig Auskunft über ihr Einkommen und dessen Herkunft geben können.

Griechenland fordert von seinen Parlamentariern, daß sie ihre Steuererklärungen veröffentlichen und somit Informationen über ihre finanziellen Verhältnisse weitergeben

Die Bestimmungen in den Niederlanden gehen von einem interessanten Modell aus, nach dem sich jedes Mitglied der Zweiten Kammer, das eine jährliche Grundentschädigung in bestimmter Höhe erhält, seine Einkünfte aus nichtparlamentarischen Tätigkeiten von einer gewissen Untergrenze an anrechnen lassen muß. Die Diäten werden dann um die Hälfte des Betrages, der über dieser Mindestgrenze liegt, gekürzt, wobei allerdings eine bestimmte Mindestgrenze für die Diätenhöhe erhalten bleibt 4. Offenlegung des Parlamentslobbyismus Sieht man von der Betrachtung der Verbände als geschlossene außerparlamentarische Interessengruppen einmal ab, so ergeben sich institutionalisierte Einflußmöglichkeiten insofern, als eine Vertretung der Interessengruppen durch den Abgeordneten selbst erfolgen kann. Diese Lobbyisten sind zumeist als Experten zugleich die wichtigsten Mitglieder der für ihre Interessen jeweils einschlägigen Parlamentsausschüsse.

In den Vereinigten Staaten ist man zur Eindämmung von Interessengruppeneinflüssen auf Parlament und Parlamentarier dazu übergegangen, einen jeden Abgeordneten, der gegen Bezahlung durch einen Interessenverband zur Beeinflussung von Gesetzgebungsverfahren im Sinne des Verbandes beitragen soll, aufzufordern, sich beim Clerk des Senats einzuschreiben. Auf der Grundlage dieses Federal Lobbying Act, der ein Bestandteil des Legislative Reorganisation Act von 1946 ist, wird von Abgeordneten verlangt, in vierteljährlichen Berichten über ihre Finanzen Rechenschaft abzulegen, jede Einzeleinnahme von mehr als 100 Dollar anzuzeigen sowie den Finanzier zu nennen. Diese Angaben werden unter Eid abgenommen. Ganz analog zu den bisher erwähnten Regelungen des amerikanischen Parlamentsrecht steht auch hier nicht das Verbot oder die Inkompatibilität bestimmter Tätigkeit, sondern deren Transparenz im Vordergrund. Ein paritätischer Ausschuß, bestehend aus zwölf Mitgliedern, überprüft das Verhalten der Abgeordneten.

Ziel dieser Regelung war es, „den Einfluß der Verbände auf den Abgeordneten zu bremsen, ohne die Vorteile ihrer Informationsmittlung abzuschneiden ... Diese Gesetzgebung hat sich indessen nicht bewährt und läßt der Infiltration von Sonderinteressen freien Lauf." Hierfür werden insbesondere Konstruktionsmängel bei der Erstellung des Gesetzes in bezug auf die Weitmaschigkeit zur Erfassung von Gesetzgebungsbeeinflussung und das Fehlen einer Überwachungsinstanz verantwortlich gemacht

Erfahrungen, die Frankreich in der Phase der III. und IV. Republik infolge mißglückter Verbotsregelungen machte, haben in den Geschäftsordnungsregelungen der V. Republik zu einer Normierung geführt, die nicht nur auf ein Verbot innerparlamentarischer Konsolidierungen wirtschaftlicher Interessen abzielt, sondern auch die „Constitution...de groupes de döfense dintrts particuliers, locaux ou professionnels“ untersagt. Ebenso sind Gruppierungen verboten, die die in der genannten Regelung formulierten Interessen zu verteidigen suchen. Dies kann mit disziplinarischen Strafbestimmungen geahndet werden.

IV. Verhaltensregeln für Parlamentarier in der Bundesrepublik — Konsequenzen aus dem internationalen Vergleich

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Abgeordneten im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik nehmen sowohl unter rechtlichen als auch unter politik-soziologischen Aspekten in bezug auf die Mehrzahl der bisher erwähnten Kategorien eine mittlere Position ein. Dies kann etwa für folgende Bereiche geltend gemacht werden: — Die Mandatsunabhängigkeit und die Regelungen zur Entziehbarkeit, wie sie in bezug auf Wählbarkeit und die normierten Mandatsinkompatibilitäten bei öffentlichen Ämtern geregelt sind, stehen in einem durchaus vergleichbaren Rahmen

— Analoges gilt auch für politiksoziologische Bereiche wie Nominierung und Fraktionsdisziplin, in denen eben auch die Dominanz der Parteien offen zutage tritt, sowie für die Struktur der Tätigkeitsfelder des Abgeordneten. Mit der Regelung vom 19. Oktober 1972 und der Ergänzungsregelung von 1980 hat der Bundestag einen Katalog von Verhaltensregeln für Abgeordnete beschlossen und versucht, damit der öffentlichen Auseinandersetzung um den Mandatsmißbrauch, die in den fünfziger Jahren mit der Diskussion um eine Ehrenordnung und in den siebziger Jahren mit der Affäre Geldner und dem Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts (1975) ihre Höhepunkte fand, ein Ende zu bereiten. Die derzeit gültige Verhaltensordnung kann wie folgt beschrieben werden:

— Generelle Offenlegungspflicht in Form einer Veröffentlichung im amtlichen Handbuch besteht gemäß Nr. 1 des Regelkatalogs nur beim Beruf des Abgeordneten, einschließlich der Personen, Firmen, Institutionen und Organisationen, für die er tätig ist. Darüber hinaus gilt dies auch für bezahlte Tätigkeiten als Mitglied eines Unternehmerorgans (Vorstand etc.) und für Verbände und Organisationen, soweit diese mit Bundestag oder Bundesregierung zu tun haben (Nr. 4).

— Partielle Offenlegungspflicht, das heißt Anzeigepflicht gegenüber dem Präsidium, beseht für den Abgeordneten bei 1. vergüteten Nebentätigkeiten, 2. sämtlichen Beraterver58) trägen mit Verbänden, Firmen, Organisationen oder Einzelpersonen ab einer monatlichen Grenze von 3000 DM, 3. Spenden für seine politische Tätigkeit ab 10000 DM pro Jahr und 4. bei gerichtlichem Verfahren für oder gegen die öffentliche Hand ab einem Honorar von 1500 DM.

— Offenlegungspflicht gegenüber Ausschüssen tritt dann ein, wenn ein Gegenstand behandelt wird, an dem ein Abgeordneter ein berufliches oder finanzielles Interesse hat und er dies im allgemeinen Offenlegungsverfahren noch nicht publiziert hat.

— Verbotstatbestände betreffen 1. die Werbung mit der Abgeordneteneigenschaft bei nichtparlamentarischen Angelegenheiten und als wesentlich wichtigeren und erst 1980 geregelten Punkt 2. die sogenannten Beraterverträge: „Danach darf ein Mitglied des Bundestages kein Rechtsverhältnis eingehen, das ihm Bezüge verschafft, die es, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhält, weil von ihm im Hinblick auf sein Mandat erwartet wird, daß es im Bundestag die Interessen des Zahlenden vertreten und nach Möglichkeit durchsetzen wird Die einzige rechtliche Sanktionsmöglichkeit, die sowohl für eine Verletzung der Verbots-tatbestände als auch für die Nichtbeachtung der Offenlegungspflichten vorgesehen ist, besteht in der Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse, die das Präsidium zusammenstellen und einmütig feststellen muß. Die in den Verhaltensregeln vorgesehenen Offenlegungskategorien und Offenlegungsprinzipien genügen damit den Artikeln 38 und 48 des Grundgesetzes, da die öffentliche oder präsidialinterne Bekanntgabe privater Interessen den Abgeordneten weder in seiner Entscheidungsfreiheit noch in seiner Mandats-ausübung beschränkt

Bei den Problemen, die sich aus dieser Form der Regelung ergeben, sei hier auch an die insbesondere in den letzten drei Jahren geführte Diskussion um die Finanzierung von Parteien und deren Verflechtung mit wirtschaftlichen Interessen erinnert. Ihren vorerst letzten Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung in dem Vorschlag des CDU-Generalsekretärs und Bundesfamilienministers Heiner Geißler vom gläsernen Abgeordneten, der wohl eher dazu gedacht war, politische Positionen in der veröffentlichten Meinung zu besetzen.

Der Stellenwert, den die bundesdeutschen Parlamentarier selbst den Verhaltensregeln als Verhaltensnorm zuerkennen, kann als wohlwollende Nichtbeachtung bezeichnet werden, d. h.der Grad der Verbindlichkeit dieser Regeln ist insgesamt sehr niedrig gehalten, sie gelten eher als Empfehlungen: „Bisher werden die Angaben im amtlichen Handbuch nicht nachgeprüft... Sie sind deshalb nicht selten lückenhaft und unvollständig ... Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, daß im amtlichen Handbuch mehr verschwiegen als offengelegt wird, mit dem Hintergedanken, es werde schon nichts herAuskommen." Nach einem ähnlichen Motto muß, so der Eindruck, auch das Präsidium des Deutschen Bundestages vorgegangen sein, da eine Überprüfung der im Handbuch veröffentlichten und der dem Präsidium anzeige-pflichtigen Nebentätigkeiten nicht besonders stringent verfolgt wurde

Weiterhin wirft die Form, in denen einzelne Verhaltensregeln normiert sind, Fragen nach der dahinterstehenden . Doppelmoral'auf. Zum Beispiel ist der Begriff der Bezüge sehr vage gehalten da nicht genau festgelegt wird, ob es sich dabei um einmalige oder wiederkehrende Leistungen handeln muß, ob eventuell auch geldwerte Leistungen eingeschlossen sind und ob es schon ausreicht, wenn die Bezüge auch subjektiv in der Absicht der Beeinflussung gezahlt worden sind. Darüber hinaus ist nicht besonders eindeutig geregelt, ob die Anzeigepflicht bestimmter Nebentätigkeiten erst dann eingreift, wenn eine bestimmte Bezugshöhe erreicht ist. Denkbar ist hier etwa eine Aufsplittung von Arbeitsverträgen, um diese Einkunftsgrenzen nicht zu überschreiten.

Ein weiterer Problempunkt kann in der Unterscheidung zwischen Offenlegungspflicht und Anzeigepflicht gesehen werden. Anders als das Offenlegungssystem des britischen Parlaments, bei dem das Register ofMembefs Interest von jedermann eingesehen werden kann, begnügt sich das deutsche Prinzip mit der Nennung von Berufstätigkeiten als dem eigentlich Wissenswerten. Damit stellt es ein eher nominales System dar, das die Entschlüsselung der möglichen Einflußnahmen auf den Abgeordneten und dessen Eigeninteressen zur reinen Spekulation werden läßt und darüber hinaus selbst die Parlamentarier verwirrt. Eine Verbesserung der bundesrepublikanischen Verhaltensregeln wäre in folgenden Aspekten denkbar und notwendig: — Eine Erhöhung des Grades an Verbindlichkeit läßt sich nur erreichen, wenn die Verhaltensregeln nicht mehr als Anlage zur Geschäftsordnung des Bundestages normiert sind, sondern eine eigenständige gesetzliche Grundlage erhalten

— Eine Offenlegungspflicht erscheint auch für die Bereiche erforderlich, in denen bisher nur eine Anzeigepflicht herrschte. Dies gilt zum Beispiel für den Komplex von Nebentätigkeiten und Beraterverträgen, bei denen eine Bezahlung vorliegt oder bei denen beispielsweise eine Beteiligung an Kapital-und Personengesellschaften existiert. Hier sollten Bezugshöhe und Bezugsquelle genannt werden.

— Ebenso sollte eine generelle Offenlegungspflicht in bezug auf Spenden an Abgeordnete eingeführt werden, insbesondere vor dem Hintergrund, daß dieses Prinzip ja auch für Parteien gilt und der Druck von Geldspenden für den einzelnen Mandatsträger wesentlich höher angesetzt werden muß als bei den Parteien.

— Wichtig erscheint es auch, die Verpflichtung zur Untersuchung der Abgeordnetenangaben durch das Präsidium zu unterstreichen, wobei neben einer Ausweitung der Informationsmöglichkeiten an die Schaffung eines unabhängigen, dem Präsidium zugeordneten Gremiums zu denken wäre.

— Als letzter Punkt verbleibt noch der Hinweis auf eine Neuregelung der Sanktionsmöglichkeiten, da das Instrument der drohenden Veröffentlichung, sieht man sich insbesondere die bisherige Handhabung an, als relativ wirkungslos bezeichnet werden kann. Überlegenswert wäre eine Staffelung der Sanktionen, angefangen von einer Verpflichtung zur öffentlichen Erklärung der Interessen wenn die in Ausschüssen oder im Plenum behandelte Materie eigene Interessen des Abgeordneten betrifft und damit verbunden die Möglichkeit zum Ausschluß des Parlamentariers von weiteren Ausschußsitzungen bis zu bestimmten finanziellen Eingriffsmöglichkeiten, beispielsweise in bezug auf die Kostenpauschale

Darüber hinaus müßte geprüft werden, ob nicht ab einer bestimmten Höchstgrenze die Bezüge aus den Nebentätigkeiten der Abgeordneten, wie im niederländischen Modell, auf die Diäten angerechnet werden sollten und inwieweit das Problem der Mandatsausübung im Sinne dieser Interessen — nicht die Eigeninteressen der Abgeordneten und deren Offenlegung stellen das eigentliche Problem dar — mit einer parlamentsrechtlichen Regelung aufgefangen werden könnte. Zweifellos wird man der Hoffnung beipflichten können, daß „eine nicht bloß trügerische Katharsis der Flick-und Parteiaffäre darin bestehen (könnte), einer neuen, rigorosen und konstruktiven Wertung politischer Regeln und Institutionen den Weg zu ebnen" Letzten Endes aber kann keine noch so ausgefeilte Neuregelung der Verhaltenskodizes das Problem der Interessenverflechtungen aus der Welt schaffen, auch wenn unsere Abgeordneten, eventuell auch unter Druck der öffentlichen Meinung, die nötige Bereitschaft und das entsprechende Problembewußtsein entwickeln.

Fussnoten

Fußnoten

  1. E. Noelle-Neumann (Hrsg.), Allensbacher Jahrbuch für Demoskopie. 1978— 1983, Bd. VIII, S. 235; G. Loewenberg/S. C. Patterson, Comparing legislatures, Boston 1979, S. 285; R. Liedtke, Die tun sowieso, was sie wollen, München 1983, S. 25.

  2. Vgl. dazu A. Blaustein/P. Flanz/H. Gisbert (Eds.), Constitutions of the World. A series of updated texts. Constitutionäl chronologies and annotated bibliographies, 15 Bände, Ergänzungen in Loseblattform, New York 1971 ff.; P. C. Mayer-Tasch (Hrsg.),

  3. Allgemein zu Funktionen des Parlaments G.. Brunner, Vergleichende Regierungslehre: ein Studienbuch, Zürich 1979, Bd. 1, S. 236 f; ebenso G. Loewenberg/S. C. Patterson (Anm. 1), S. 44f.; vgl. dazu R. Wassermann (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Reihe Alternativkommentare, 2 Bde, Neuwied-Darmstadtt 1984, Bd. 2, S. 266 f; V. Herman (Anm. 2), S. 182.

  4. Ebd, S. 186f.

  5. Ebd., S. 57.

  6. Ebd., S. 58f.

  7. Vgl. H. Kaack, Parteiensystem und Legitimation des politischen Systems, in: H. Kaack/U. Kaack (Hrsg.), Parteien-Jahrbuch 1975, Meisenheim 1978, S. 348ff; H. Kaack/R. Roth (Hrsg.), Handbuch des deutschen Parteiensystems: Struktur und Politik in der Bundesrepublik Deutschland zu Beginn der achtziger Jahre, Band 1: Parteienstrukturen und Legitimation des Parteiensystems, Opladen 1980, S. 12f.

  8. Am ausführlichsten Chr. Sasse (Hrsg), Das Wahlrecht der Neun: Wahlsysteme in der europäischen Gemeinschaft, Baden-Baden 1979, Ausführungen zu Stimmverrechnungsverfahren mit Proportionalitätsindices in bezug auf einzelne Techniken bei R. Rose, Elections and Electoral Systems: Choices and Alternatives, in: V. Bogdanor/D. Butler (Eds.), Democracy and Elections. Electoral Systems and their political consequencies, Cambridge u. a. 1983, S. 20 f.

  9. Vgl. V. Herman (Anm. 2), S. 111; vgl. dazu auch D. Sternberger/B. Vogel (Hrsg.), Die Wahl der Parlamente und anderer Staatsorgane, Ein Handbuch, Band 1: Europa, Berlin 1969, S. 43; ebenso D. Nohlen, Wahlsysteme der Welt. Daten und Analysen. Ein Handbuch, München 1978, S. 71 f; M. Steed, The Electoral System and functioning of Parliament, in: J. P. Mackintosh (Ed.), People and Parliament, Westmead (Honts) 1978, S. 51. Eine Klassifikation der Stimmgebungsverfahren bringt V. Bogdabor (Anm. 8), S. 17.

  10. Vgl. dazu V. Herman (Anm. 2), S. 71 f.

  11. Vgl. zu Bedeutung von Fraktionen und Parteien weiterhin J. Hartmann, Politische Profile der westeuropäischen Industriegesellschaften. Ein vergleichendes Handbuch, Frankfurt-New York 1984, S. 37 f„ S. 156 f; H. J. Laski, Das britische Unterhaus, in: G. Doeker/M. Wirth, Das politische System Großbritanniens, Berlin 1982, S. 306; E. Fraenkel, Das amerikanische Regierungssystem. Eine politologische Analyse, Opladen 19814, S. 64.

  12. A. Ruch, Das Berufsparlament. Parlamentarische Struktur-und Funktionsprobleme unter Darstellung der Parlamente in der Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien, den Vereinigten Staaten von Amerika und Dänemark, Basel-Stuttgart 1976.

  13. Ebd., S. 58.

  14. Ebd., S. 17f.; ebenso: H. -A Roll, Verhaltensregeln für Abgeordnete, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, (1984) 1, S. 9— 13, S. 9.

  15. Vgl. dazu M. Lohmeier, Ausländische Regelungen für wirtschaftliche Interessenkonflikte („Beraterverträge") von Abgeordneten, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, (1978) 4, S. 470— 488.

  16. Verordnung mit Organgesetzeskraft über die Bedingungen der Wählbarkeit und über die parlamentarischen Inkompatibilitäten vom 24. Oktober 1958, geändert durch Organgesetz vom 24. Januar

  17. Loi organique Art. 146.

  18. Ebd.

  19. Art. Loi organique 145, Art. 2.

  20. Ebd. Abs. 1.

  21. Gesetz Nr. 60 vom 13. Februar 1953 über die parlamentarischen Inkompatibilitäten, vgl. Art. 2.

  22. Vgl. H. -A. Roll (Anm. 14), S. 10.

  23. Verfassung, Art. 56, Abs. 1; Art. 57, Abs. 1.

  24. J. -M. Duffeau, Les Reglements des Assemblhes parlementaires beiges. Brusselles 1977, S. 6f.

  25. Gesetz Nr. 60 (Anm. 21), Art. 3.

  26. Bundesgesetz über Unvereinbarkeiten für oberste Bundesorgane und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeitsgesetz vom 30. Juli 1925, geändert durch Bundesgesetze vom 26. März 1931 und vom 5. November 1980; darin § 8, Abs. 1).

  27. Art. Loi organique, 146.

  28. Verfassung (Anm. 23), Art. 57, Abs. 4.

  29. Verfassung für das Commenwealth vom 9. Juli 1900 mit Änderungen bis 1. Dezember 1977, Art. 44.

  30. House of Representatives. Standing Orders as last revised 18. April 1972, Canberra 1972, Nr. 196.

  31. M. Lohmeier (Anm. 15), S. 484.

  32. Vgl. ebd., S. 482.

  33. Standing Order, Senate, Rule XLV.

  34. Art. Loi organique 150; Revue droit public, 1972, S. 429.

  35. Gesetz über die Inkompatibilitäten vom 6. Aug. 1931, Art. 2; zitiert nach M. Lohmeier (Anm. 15), S. 477.

  36. M. Lohmeier (Anm. 15), S. 475.

  37. Ebd.; ebenso H. -A. Roll (Anm. 14, S. 9).

  38. § 4 Abs. 2 Unvereinbarkeitsgesetz.

  39. Gesetz Nr. 60 (Anm. 21), Art. 7.

  40. Etwas zu bescheiden formuliert W. W. Hamilton: „Our Register is a timid Step in the right direction. We will learn to adapt it in the light of experience", in: ders., Members and outside interests, in: The Parlamentarian, 56 (1975) 4, S. 227— 231.

  41. Fundstelle nach H. -A Roll (Anm. 14), S. 10: US Code Congressional and administrative News,

  42. Unterschiede der Vorschriften für den Senat und das Repräsentantenhaus bestehen weniger in der Art der Regelung als vielmehr in der Höhe der Begrenzung von Einkünften etc.

  43. Rule XLII, Abs. 1 und 2 der Standing Order des Senats; M. Lohmeier (Anm. 15), S. 485.

  44. Rule XLIV, Abs. 3.

  45. Rule XLII, Abs. 3.

  46. M. Lohmeier, (Anm. 15), S. 485.

  47. Rule XLII, Abs. 2.

  48. Bzw. Committee on Standards of Official Conduct als Ehrenausschuß des Repräsentantenhauses.

  49. Wobei sie innerhalb von sechs Jahren von jedem eingesehen werden können

  50. Vgl. M. Lohmeier (Anm. 15), S. 486.

  51. Vgl. ebd., S. 488 unter Bezugnahme auf den U. S. Code.

  52. Vgl. H. -A. Roll (Anm. 14), S. 10; demgegenüber M. Lohmeier (Anm. 15), S. 487 mit der dafür einschlägigen Rule XLIV Abs. 1; ebenso J. Meister, Die Regelung wirtschaftlicher Interessenkonflikte von Abgeordneten des Kongresses der USA, Diss., Heidelberg 1976, S. 89 f.

  53. Vgl. Bericht im Namen des Ausschusses für Geschäftsordnung und Petitionen über die Durchführung von Art. 8 der Geschäftsordnung (Erklärung der finanziellen Interessen der Mitglieder 19. Januar 1983), Europäisches Parlament, Sitzungsdokumente 1982/83, Dokument 1-1097/82, S. 7.

  54. Diäten der europäischen Parlamentarier: Die Niederlande, in: Europa, (1979) 6.

  55. A. Ruch (Anm. 12), S. 206.

  56. Ebd.

  57. Reglements, Art. 23, Abs. 1, zitiert nach A Ruch (Anm. 12), S. 206.

  58. Vgl. V. Herman (Anm. 2), S. 176ff; vgl. Th. Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 19835, S. 242; W. Rudzio, Das. politische System der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1983, S. 211.

  59. H. -A Roll (Anm. 14), S. 12.

  60. So vor allem H. -A Roll (Anm. 14).

  61. H. Klatt, zit. nach R. Zundel, Politiker-Einkünfte — Ein Schritt zu mehr Transparenz, in: DIE ZEIT Nr. 49 vom 30. November 1984.

  62. W. Hoffmann, Schlamperei der Verwaltung. Die meisten Abgeordneten nehmen inzwischen die Meldepflicht bezahlter Nebentätigkeiten ernst, in: DIE ZEIT Nr. 46 vom 9. November 1984.

  63. So H. -A Roll (Anm. 14), S. 12.

  64. Und zwar eine gesetzliche Grundlage, die über die in § 44 a AbgG als derzeitige Rahmenvorschrift hinausgeht; zur derzeitigen Grundlage vgl. H. -A. Roll/A. Rüttger, Zur Neufassung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 11 (1980) 4, S. 484— 493, S. 490.

  65. Ein weitreichender Vorschlag zur Inkompatibilitätsregelung bei Verbandsmitgliedschaften bei R. Hensel, Mehr Transparenz für Verbandsabgeordnete. Lösungswege durch Inkompatibilitätsregelungen und Andern der Bundeswahlordnung, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, (1974) 8, S. 177— 181. Zur Institutionalisierung des Verbandseinflusses vgl. H. -J. Schröder, Gesetzgebung und Verbände. Ein Beitrag zur Institutionalisierung der Verbandsbeteiligung an der Gesetzgebung, Berlin 1976, S. 74 f. und S. 121 f. . *

  66. Europäisches Parlament, Sitzungsdokumente 1982/83 (Anm. 53), S. 6.

  67. Probleme des Ausschußausschlusses vgl. M.

  68. H. Klatt, Rechtliche Möglichkeiten gegen Mandatsmißbrauch, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 10 (1979) 4, S. 445.

  69. C. Offe, Von der Suchtbildung der Parteien. Vermutungen, wie sich die Flick-Affäre auf Staat und Politik auswirkt, in: Die Zeit, Nr. 50 vom 7. 12. 1984, S. 4.

Weitere Inhalte

Klaus Troltsch, MA., geb. 1955; Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Rechtswissenschaft und Psychologie in Stuttgart und Bonn; seit 1981 wissenschaftlicher Assistent am Studiengang Angewandte Informatik der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland/Pfalz, Abt. Koblenz. Veröffentlichung: Legitimierung im Kontext der Legitimationsstrukturen. Eine Analyse zur Begriffsbestimmung und Operationalisierung, Koblenz 1983.