I. Vorbemerkung
Die gegenwärtige Situation unseres Parlamentarismus findet exemplarisch ihren Ausdruck in der Unterbewertung der Rolle des Bundestages im politischen Prozeß, der insbesondere von Parteien und Regierung dominiert wird, d. h. die öffentliche Wahrnehmung der Bedeutung des Bundestags und die verfassungsrechtlich festgeschriebene Rolle des Parlaments klaffen relativ weit auseinander. Dies gilt auch für die Wahrnehmung des Abgeordneten und seiner Funktion. Ein hoher und zunehmend höher werdender Anteil der Bevölkerung erkennt im Abgeordneten nicht mehr den Repräsentanten des Volkes, sondern den Vertreter persönlicher, parteilicher und anderer Interessen
II. Zur Stellung des Abgeordneten in westlichen Demokratien
Die Zentralität des Abgeordnetenmandats in den politischen Systemen der westlichen Welt steht in engem Zusammenhang mit der Bedeutung, die den Parlamenten im politischen Prozeß durch die jeweiligen Verfassungen zugesprochen wird. Ungeachtet der strukturellen und funktionalen Unterschiede in den jeweiligen Ländern kann die Stellung der Parlamente vor allem dadurch charakterisiert werden, daß sie in freien Wahlen zu konstituieren sind, maßgeblich an der politischen Willensbildung teilnehmen und über verfassungsmäßig garantierte Hoheitsrechte bei der Gesetzgebung, der Staatshaushaltsaufstellung sowie der Kontrolle der Exekutive verfügen.
Notwendigerweise ist damit auch der Bereich abgesteckt, der das Tätigkeitsfeld des Abgeordneten umfaßt und in dem dessen Rechts-status seinen rechtlichen Ausdruck findet.
Ohne nun im Detail auf die einzelnen Normierungen, die den Status des Abgeordneten betreffen, einzugehen, sollen im folgenden einige wichtige Chrakteristika genannt werden, die die Rechtsstellung des Abgeordneten betreffen und entweder im Verfassungsrecht, im Parlamentsrecht, den Geschäftsordnungen, den Wahlgesetzen oder in speziellen Abgeordnetengesetzen ihre rechtliche Normierung gefunden haben
Der Verbindlichmachung dieser Verantwortlichkeiten, wie sie in kommunistisch regierten Staaten durch die Norm des Imperativen Mandats und andere Vorkehrungen, die vom persönlichen Rechenschaftsbericht bis zur Abberufung durch die Wähler reichen, getroffen worden sind, steht das Prinzip des Freien Mandats in westlichen Demokratien gegenüber.
Ausgehend von dem Grundgedanken, daß der Abgeordnete in keiner Weise eine rechtliche Verpflichtung einzelnen Wählern oder gesellschaftlichen und politischen Gruppen gegenüber eingehen soll, wird der westliche Mandatsträger als Repräsentant der gesamten Bevölkerung gesehen. Einerseits folgen aus die-• sen Normierungen die Unabhängigkeit des Mandats und andererseits das Gebot der Gemeinwohlorientierung.
Das westliche Mandatsmodell ist demnach nicht an direkter Delegation von Inhalten, Meinungen usw. durch den Abgeordneten interessiert, sondern orientiert sich an einer allgemein gehaltenen Gemeinwohlklausel. Mangels anderer Möglichkeiten bleibt dem Bürger in modernen Repräsentativverfassungen — soweit er nicht über andere Kanäle seiner Stimme Ausdruck verleiht — zumeist nur die Chance, in den darauffolgenden Wahlen vielleicht eine Änderung herbeizuführen.
Eng mit der Unabhängigkeit des Abgeordneten ist demnach auch die Unentziehbarkeit des parlamentarischen Mandats verbunden. Diese Aussage gilt allerdings nur unter gewissen Einschränkungen, wie die folgende Übersicht zeigt
— Nur in einigen Ländern ist der Ausschluß vom Parlament bzw.der Mandatsverlust prinzipiell nicht möglich, wie zum Beispiel in Belgien, Israel, Irland, Italien und Norwegen.
— Wird eine mit dem Mandat nicht zu vereinbarende Tätigkeit nicht aufgegeben, so führt das beispielsweise in Österreich, Frankreich, den Niederlanden und anderen Ländern zum Mandatsverlust.
— Weitere Ausschlußkriterien hängen mit dem Verlust der Wählbarkeit zusammen, d. h. das Mandat wird einem Amtsinhaber abgesprochen, wenn er nicht mehr den Voraussetzungen entspricht, die durch seine Wählbarkeit vorgegeben waren (Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Finnland, Niederlande, Schweden und weitere).
— Längere Nichtteilnahme an Plenar-oder Ausschußsitzungen kann in Australien, Finnland und anderen Staaten mit dem Ausschluß bestraft werden.
— Ungebührliches Verhalten und anti-bzw. unparlamentarische Aktivitäten sind Ausschlußgründe in Japan, Australien, Kanada, Großbritannien, USA.
— Bei kriminellen Delikten und dem Verlust der Bürgerrechte folgt in Demokratien wie Kanada, Frankreich, Schweden und den USA der Mandatsverlust.
Wie schon erwähnt, ist der Rechtsstatus des Abgeordneten ferner durch das Prinzip formalisierter Gleichheit charakterisiert. Damit soll sichergestellt werden, daß personale oder positioneile Unterschiede zumindest auf der Ebene formaler Chancengleichheit in bezug auf den Zugang zum Mandat nicht zum Tragen kommen und daß die gleichberechtigte Ausübung des Mandats gewährleistet ist. Die erste Komponente findet ihren Ausdruck vor allem in den Regelungen zur Wählbarkeit von Abgeordneten, während die zweite Komponente mehr das Stimm-, Rede-und Antrags-recht des Abgeordneten betrifft.
Die untersuchten Länder weisen in bezug auf ihre Wählbarkeitskriterien zwar alle das Alter des Bewerbers, seine Nationalität und Regelungen bezüglich seines Wohnorts als Kategorien aus, sind aber im Zusammenhang mit unserer Gesamtfragestellung nicht weiter relevant. Weitaus wichtiger erscheint hier die Frage nach Personen-bzw. Berufsgruppen, für die Ausschlußgründe im Hinblick auf eine Kandidatur zum Parlament vorliegen. Diese Ausschlußregelungen beziehen ihre Rechtfertigung vor allem aus drei Gründen:
„ 1 ) not to jeopardise the Separation of powers by ensuring that a Parliament consists of Members who are in no economic or occupational sense subordinated to or dependent on the Government;
2 ) to guarantee the freedom of the elector by preventing certain persons from profiting by the influence which they have acquired from the positions they hold in particular constituencies; 3 ) to secure the independence of Members of Parliament from private interests."
Durch diese Rechtfertigungsgründe sind folgende Berufskategorien — wenn auch jeweils mit bestimmten Unterschieden — betroffen
— Mitglieder des Militärs, der Polizei etc. in Finnland, Irland, Italien und Großbritannien. — Mitglieder der Judikative in Finnland, Irland und Großbritannien.
— Vertragspartner mit der öffentlichen Hand in Australien und Italien.
— Inhaber von Geschäftsleitungsfunktionen in öffentlichen Unternehmen in Australien.
— Keinerlei Nichtwählbarkeitskriterien gibt es außer in den sozialistischen Staaten in Österreich, den Niederlanden, der Schweiz und in Belgien.
Zwar gibt es in einigen Ländern noch eine Restgruppe an Nichtwählbarkeitsgründen, die mit Ämtern in der Exekutive und mit Parlamentsmandaten, beispielsweise in Länder-parlamenten, Zusammenhängen; weitaus interessanter aber ist hier die Frage nach den Konsequenzen, die sich aus der oben beschriebenen Rechtsstellung des Abgeordneten unter politiksoziologischen Aspekten ergeben. 2. Politische Aspekte des Abgeordnetenstatus Aus den hier erwähnten, zugegebenermaßen selektiven Aspekten, die die zentrale Rechtsstellung des Abgeordneten in den einzelnen Ländern umschreiben sollten, lassen sich folgende analytische Dimensionen bestimmen
— Die Dimension der Basisbindung; gemeint ist hiermit der demokratische Bezug der Abgeordneten auf ihre Wähler und ihre Partei-basis hin.
— Die Dimension der Legitimation; im Zentrum dieser Dimension steht die Rechtfertigung politischen Handelns sowohl in bezug auf die Person des Abgeordneten als auch unter Bezugnahme auf seine Partei und das Parlament.
— Die Dimension der Willensbildung; dabei steht als Aufgabe die Kontaktaufnahme zu den in politischen Entscheidungsprozessen mitbeteiligten Akteuren wie Interessengruppen, Ministerien, Verwaltung, Parlament etc. im Zentrum.
— Die Dimension der Kompetenz bzw. Leistung; sie betrifft die Erarbeitung spezieller Politikbereiche und das Einbringen der Arbeitsergebnisse in den Willensbildungsprozeß, beispielsweise über die Arbeit in den Parlamentsausschüssen.
Sämtliche Normierungen zum Parlaments-mandat und zu den Aufgaben und Rechten des Abgeordneten sind sowohl dem Prinzip der Demokratie als auch dem Prinzip der Stabilisierung und Funktionalität von politischen Systemen verpflichtet. Dabei tendieren die ersten beiden Dimensionen mehr in Richtung auf Demokratie, die beiden letzten Dimensionen mehr in Richtung auf Funktionalität.
Damit ist allerdings die Funktionslogik des Mandats selbst durch eine gewisse Ambivalenz gekennzeichnet: Zum einen wird Wert darauf gelegt, daß die Unabhängigkeit des Abgeordneten so weit wie möglich sichergestellt ist, zum anderen aber soll gleichzeitig unter Aspekten der Funktionalität des politischen Systems die Einbindung des Mandats-trägers in Entscheidungsabläufe und -Strukturen garantiert werden, was wiederum zu bestimmten Abhängigkeiten führt.
Der politische Spielraum und die persönliche Abhängigkeit des Abgeordneten werden vor allem von folgenden Faktoren bestimmt:
1.dem Wahlsystem und der Form der Kandidatenaufstellung; 2.der Struktur der Parteien, der Fraktionen und der parlamentarischen Konfliktaustragungsmuster; 3.der Einbindung des Abgeordneten in den außerparlamentarischen Raum, insbesondere seine Verflechtung mit politischen Interessengruppen; 4.der materiellen Situation des Abgeordneten und seinen eigenen ökonomischen Interessen. Gehen wir diesen Faktoren im einzelnen nach, so macht es wohl keinen besonderen Sinn, an dieser Stelle auf die unterschiedlichen wahlsystematischen Regelungen in den verschiedenen Ländern im Detail einzugehen. Sicherlich ist es zum Beispiel für den einzelnen Abgeordneten von Relevanz, in welcher Form er bei der Verteilung der Stimmen auf die einzelnen Parteien „verrechnet"
Zur Erläuterung mag hierzu das von Valentine Herman vorgegebene Raster zur Typisierung der Stimmgebungsverfahren
— Die zweite Variante dieses Verfahrens erlaubt eine Stimmvergabe für einen einzelnen Kandidaten einer Partei und/oder eine Parteienliste, so beispielsweise in Belgien (2).
— Die erste Variante des Ordinalverfahrens macht die Vergabe von Präferenzstimmen für verschiedene Kandidaten einer Parteiliste erforderlich; beispielhaft ist hierfür Italien, wo jeder Wähler je nach Wahlkreisgröße drei bis vier Präferenzstimmen zur Verfügung hat. In Österreich ist ein zusätzliches Stimmensplitting unter verschiedenen Parteilisten möglich (3).
— Die zweite Variante dieses Verfahrens gestattet dem Wähler, die Kandidaten verschiedener Parteien in seine eigene Präferenzordnung zu bringen, so z. B. in Australien und Irland (4).
— Bei der letzten Variante, dem Schweizer Wahlsystem, erlaubt das Stimmgebungsverfahren dem Wähler, bestimmte Kandidaten mit Präferenzstimmen zu belegen. Dieser hat darüber hinaus die Möglichkeit des Stimmensplittings zwischen verschiedenen Listen, der Kandidatennamenwiederholung bzw. -aus-Streichung und der Formung neuer Listen zumindest in einer bestimmten Anzahl von Kantonen.
Nicht ohne Grund wurde eine Auflistung der Stimmgebungsverfahren in dieser Reihenfolge gewählt, läßt sich doch an ihr möglicherweise die umgekehrte Proportionalität des Wähler-und des Parteieneinflusses illustrieren. Im Fall der ersten Variante des Kategorialverfahrens ist der Spielraum des Wählers relativ eingeengt und der Machteinfluß der Parteien aus der Perspektive des Bewerbers ungeheuer groß. Im Falle der letzten Variante des Ordinalverfahrens werden diese. Verhältnisse auch aus der Sicht des Kandidaten, zwar nicht gleich umgekehrt, aber doch’zumindest relativiert. 3. Parteiendominanz im Nominierungsprozeß Sieht man einmal von den länderspezifischen Unterschieden in bezug auf die Parteifunktionen der einzelnen Systeme ab und fragt nach dem Nominierungsprozeß unter den Aspekten der Kandidatenpräsentation, so läßt sich folgendes feststellen
Vergegenwärtigt man sich nochmals die aufgelisteten Stimmgebungsverfahren, so ist es einsichtig, daß die Reihenfolge, in der die nominierten Kandidaten auf dem Wahlzettel auftauchen, von nicht zu unterschätzender Bedeutung für das eigene Erfolgschancenkalkül des künftigen Abgeordneten sein sollte. Hier schließt sich nun die Frage an, wer die Reihenfolge bestimmt, wobei die Antwort lautet: nicht die Wähler, sondern die Parteiorganisationen.
Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wird darüber hinaus nicht zuletzt durch die Struktur der Fraktionen und des parlamentarischen Konfliktaustragungsprozesses bestimmt
Folgt man Alexander Ruch
Weitaus stärker als durch die fraktionelle Einbindung dürfte jedoch die Unabhängigkeit von Abgeordneten durch außerparlamentarische Einflüsse gefährdet werden. Dies läßt sich vor allem aus dem Sachverhalt folgern, daß Abhängigkeiten, die im Parlament und • insbesondere in der Fraktion entstehen, wenigstens im Rahmen der Institution sichtbar werden. Sie betreffen häufig auch nicht nur einen einzelnen Politiker, sondern ganze Gruppen von Abgeordneten, die wiederum rechtliche Möglichkeiten der Gegenwehr haben. Abhängigkeiten von außerparlamentarischen Interessenten bilden sich hingegen überwiegend auf den einzelnen Abgeordneten bezogen und vollziehen sich in diskreter Vertraulichkeit. Zugleich betreffen sie un-gleich häufiger die ökonomischen Interessen der Abgeordneten selbst. Die Gefahr derartiger Einflüsse steigt in dem Maße, in dem Abgeordnete von ihren politischen Ämtern finanziell abhängig sind, was insbesondere auf die sogenannten Berufspolitiker zutrifft, deren Anteil in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen ist. Abgeordnetenentschädigung und -altersversorgung bilden offenbar selbst dann, wenn sie staatlich in großzügiger Weise gewährt werden, keinen absoluten Schutz gegen die Gefahr der Kommerzialisierung des Mandats, die mit der Vertretung spezieller Einzelinteressen einhergeht. Um so wichtiger sind daher Regelungen, die die Unvereinbarkeit von Mandat und solchen Tätigkeiten sicherstellen, die die Unabhängigkeit des Abgeordneten in normwidriger Weise beeinträchtigen können, worauf im folgenden eingegangen werden soll.
III. Inkompatibilitäten und Offenlegungsprinzipien für private Tätigkeiten
1. Zweck von Inkompatibilitätsregelungen Die Absicherung des Parlamentsmandats durch Inkompatibilitätsregelungen in bezug auf öffentliche Ämter und Mandate schien den meisten Gesetzgebern in den untersuchten Ländern nicht ausreichend zu sein. In einigen Fällen hat es sich als sinnvoll erwiesen, die Unvereinbarkeit des Mandats nicht nur" auf bestimmte öffentliche Ämter zu beschränken, sondern auch auf gewisse private Berufe und Tätigkeiten auszudehnen, um so einerseits die Unabhängigkeit der Parlamentarier in ökonomischer und finanzieller Hinsicht zu sichern und auf der anderen Seite den Abgeordneten von Verlockungen abzuhalten, d. h. ihn davor zu . bewahren', bei der Ausübung seines Berufes aus dem Mandat ungerechtfertigt Nutzen zu ziehen
2. Inkompatibilitätsdimensionen Aus der Analyse der rechtlichen Normierungen lassen sich insgesamt vier Dimensionen von Inkompatibilitäten in bezug auf private Tätigkeiten von Abgeordneten zusammenfassen: — Aufrechterhaltung der Trennungslinie zwischen Legislativ-und Exekutivorganen, d. h.
Schutz des parlamentarischen Mandats vor Einwirkungen der Exekutive und damit Schutz der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive.
— Inkompatibilitäten des Mandats mit Berufstätigkeiten in oder für Wirtschaftsunternehmen, wobei davon ausgegangen werden kann, daß eine unzulässige Einflußnahme beispielsweise durch Nutzung spezifischer Informationen des Abgeordneten und dessen gleichzeitige Abhängigkeit von Unternehmen eingedämmt werden soll.
— Absicherung der Gesetzgebungsfunktion des Parlaments durch Unvereinbarkeitsregelungen, die sich auf das Vorliegen gewisser finanzieller Interessen des Abgeordneten richten und in diesem Fall auf einen Verzicht auf eine Stimmabgabe bei parlamentarischen Entscheidungen zielen.
— Diejenigen Inkompatibilitäten, die Werbung mit dem Mandat für ein Unternehmen oder andere wirtschaftliche Einrichtungen als unvereinbar ansehen, lassen sich auf dem Hintergrund der Legitimationsfunktion des Parlaments verstehen. a) Mandatsinkompatibilitäten mit Tätigkeiten in staatlichen und staatsunterstützten Unternehmen Rigoros wird die Vereinbarkeit des parlamentarischen Mandats mit führenden Positionen in verstaatlichten Unternehmen bzw. in privaten Unternehmen, die Subventionen und andere Vorteile von der öffentlichen Hand erhalten oder sogar dafür tätig sind, untersagt.
In Frankreich sind gemäß der Neuregelung von 1972
Eine weitere Ausnahme besteht darin, daß eine Vereinbarkeit mit dem Parlamentsmandat für den Fall möglich ist, daß Abgeordnete in ihrer Eigenschaft als Mandatsträger zu Mitgliedern des Verwaltungsrates in staatlichen Unternehmen auf der Grundlage einschlägiger Gesetze bestimmt werden
— auf Bankinstitute (Italien
In bezug auf die Form der Tätigkeit beziehen sich diese Regelungen in erster Linie auf leitende Funktionen wie Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Geschäftsführer etc. (Österreich und Frankreich) und auf juristische und anders geartete Beratungsfunktionen (Italien, Frankreich, Griechenland). Zu Frankreich bleibt in diesem Zusammenhang noch zu sagen, daß insbesondere Rechtsanwälte, für die diese Norminierung besonders relevant ist, prinzipiell nicht gegen die öffentliche Hand auftreten dürfen und auch die Mandatsübernahme bei Strafprozessen wegen strafbarer Handlungen gegen das Gemeinwesen, wegen Pressevergehen oder wegen Kreditgefährdung untersagt ist. c) Inkompatibilitäten bei pekuniärem Interesse des Abgeordneten oder am Abgeordneten
Diese Art von Inkompatibilitätsdimension, die ihre Regelung vor allem in Ländern wie Großbritannien, Australien und den Vereinigten Staaten erfährt, betrifft den Sachverhalt, daß ein Mandatsträger ein unmittelbares pekuniäres Interesse an einer bestimmten parlamentarischen Materie oder einem Abkommen mit der öffentlichen Verwaltung hat. Der parlamentsfunktionale Hintergrund dieser Normierung zielt insbesondere auf die Regulierung verzerrender Einflußnahmen auf den Gesetzgebungsprozeß, die dann notwendig wird, wenn allgemeines Mandat und von au- ßen stimulierte finanzielle Interessen des Abgeordneten sich zu überlagern drohen.
Die Regelungen sind in dieser Hinsicht recht eindeutig:
— Die Verfassung von Australien nimmt solche Bestimmungen sogar schon in die Nichtwählbarkeitskriterien auf, wonach bei Vorliegen finanzieller Interessen des Kandidaten an einem Abkommen mit der Verwaltung weder eine Wahl zum Senator noch zum Mitglied des Repräsentantenhauses möglich ist
— In Großbritannien war seit längerem als bestehender Parlamentsbrauch festgelegt, daß bei persönlichen finanziellen Interessen des Abgeordneten eine Offenlegung in der Debatte zu erfolgen hatte. Dies wurde durch einen Beschluß des Unterhauses vom 22. Mai 1974
— Der Verbotstatbestand in den USA bezieht sich auf die Förderung von Gesetzesvorhaben aus partikulären oder pekuniären Interessen seiner eigenen Person, seiner engeren Familie oder anderer Personen.
Liegen solche Interessenkonflikte vor, so sollen sich die Mitglieder der Stimme enthalten. Darüberhinaus ist die Annahme von Geschenken im Wert von über 100 Dollar (pro Jahr), die von Personen kommen, bei denen ein besonderes Interesse an der Gesetzgebung des Kongresses vorliegt, verboten
— Das erste Verfahrensprinzip wird in zwei Stufen durchgeführt:
1) Verzicht auf jede Tätigkeit, die als inkompatibel normiert ist, und 2) Nennung von Tätigkeiten, die der Parlamentarier beibehalten will und als kompatibel ansieht.
— Das zweite Offenlegungsprinzip erfolgt ebenfalls in zwei Stufen:
1) Verzicht auf mandatsinkompatible Tätigkeit und 2) Offenlegung von Tätigkeiten unter Einbeziehung der Bezahlung, der Quellen der Ein-künfte etc., die durchaus als kompatibel angesehen werden. a) Offenlegung nach Vertrauensprinzip In Frankreich wird das Verfahren der Offenlegung von Berufstätigkeiten in Art. 151 Wahlgesetz geregelt, wobei zwei Wochen nach der Übernahme inkompatibler Funktionen bzw. nach der Entscheidung des Verfassungsrates im Wahlprüfungsverfahren der Verzicht ausgesprochen werden muß. Im selben Zeitraum sind dem Bureau der Nationalversammlung diejenigen Tätigkeiten zu nennen, die der Abgeordnete beizubehalten oder zu übernehmen gedenkt und von deren Kompatibilität er ausgeht. In Streitfällen kann daher das Bureau der Nationalversammlung, der Justizminister oder der Abgeordnete selbst den Verfassungsrat anrufen
Auch Österreich sieht in seinem Unvereinbarkeitsgesetz eine derartige Regelung vor.
Zwar ist die zeitliche Frist für die Bekanntgabe inkompatibler Tätigkeiten auf einen Monat nach Eintritt in das Parlament bzw. nach Übernahme einer derartigen Tätigkeit festgesetzt und unter Bekanntgabe der damit verbundenen Bezüge mitzuteilen
2. Arbeits-oder sonstige Berufstätigkeit gegen Entgelt;
3. gewerbliche, freie und sonstige Berufe gegen Entgelt;
4. die Namen von Klienten, wenn die angegebenen Interessen persönliche Dienste durch das Mitglied beinhalten, die sich in irgendeiner Weise aus der Mitgliedschaft im Hause ergeben oder sich darauf beziehen;
5. finanzielle Unterstützungen, a) als Parlamentskandidat, wenn nach Kenntnis des Mitglieds die Förderung in irgendeinem Falle 25% der Wahlkampfausgaben des Kandidaten übersteigt, oder b) als Mitglied des Parlaments durch irgendeine Person oder Organisation, wobei anzugeben ist, ob eine solche Förderung irgendeine Zahlung an das Mitglied oder einen materiellen direkten oder indirekten Vorteil einschließt; 6. Auslandsreisen, die sich auf die Mitgliedschaft im Hause beziehen oder sich aus ihr ergeben, wenn die Kosten der Reisen nicht voll vom Mitglied oder aus öffentlichen Mitteln getragen werden;
7. alle Zahlungen oder materiellen Vorteile im Auftrage einer ausländischen Regierung, Organisation oder Person;
8. Land und Vermögen wesentlicher Bedeutung oder solches, das wesentliches Einkommen abwirft;
9. die Namen von Gesellschaften oder anderen Körperschaften, in denen das Mitglied nach seiner Kenntnis entweder selbst oder im Namen seines Ehegatten oder seiner minderjährigen Kinder ein rentierliches Anteilsrecht hat, wenn der Nominalwert der Anteile höher ist als 1 v. H.der ausgegebenen Kapitalanteile." 39a) Diese gesamten Angaben sind dem Register-führer, zugleich ein höherer Beamter in der Abteilung des Clerk of the House (Parlamentsdirektor) und gleichzeitig Sekretär des Select Committee on Members'Interests, zur Verfügung zu stellen und dann zu veröffentlichen, was seit 1975 regelmäßig geschieht
Folgende Bereiche sind mit Offenlegungspflichten bedacht:
— Funktionen als Direktor, Gesellschafter, Berater, Eigentümer, Bevollmächtigter oder Mitglied des Vorstandes einer Körperschaft, Gesellschaft oder anderer Geschäftsunternehmen
— Einkommen unter Bekanntgabe des Betrags und der Quelle bei Überschreitung der Grenze von 100 Dollar im Jahr, wobei Einkünfte aus künstlerischen Tätigkeiten, Abfindungsvereinbarungen und Einkünfte aus Familienunternehmen unberücksichtigt bleiben
— Geschenke jeglicher Art sowie andere Vergünstigungen wie Unterkunft, Verpflegung, unentgeltlicher Transport sind bei einem Wert von mehr als 250 Dollar pro Jahr offenzulegen;
— Vermögen an Immobilien, Geschäfts-oder Investmentanteile, die 1000 Dollar übersteigen; Schulden, soweit sie über die Grenze von 2500 Dollar hinausgehen; Kauf und Verkauf von Grund-und Kapitalvermögen im Werte von mehr als 10000 Dollar
— Absprachen über die Beurlaubung bzw. Gehaltsweiterzahlungen für die Zeit der Kongreßmitgliedschaft bzw. über Einstellungszusagen an Senatoren für die Zeit danach
Die Abgeordneten und Senatoren sind verpflichtet, vollständige Berichte in bezug auf die oben beschriebenen Offenlegungskategorien anzufertigen. Diese Berichte sind dann — z. B. im Fall des Senats — dem Sekretär des Senats auszuhändigen, der sie an das Select Committee on Ethics
Parallel dazu verläuft eine stichprobenmäßige Überprüfung durch den Rechnungshof (Comptroller General), dem die Aufgabe obliegt, im Laufe von sechs Jahren zumindest einen Bericht eines jeden Senators zu prüfen. Dem Rechnungshof soll außerdem von jedem Senator in einem versiegelten Umschlag ein Bericht eingereicht werden, der die Kopien sämtlicher Einkommenssteuererklärungen und der dazugehörigen Dokumente über sich und seinen Ehegatten umfaßt
Die Sanktionsmöglichkeiten, die den Ausschüssen bei Verstößen gegen das Gesetz und die Ehrenordnung zur Verfügung stehen, reichen von einfachen parlamentarischen Verweisen bis hin zum Ausschluß des Abgeordneten, da dem Kongreß die Disziplinargewalt zusteht. Ergänzend ist noch auf einige strafrechtliche Bestimmungen hinzuweisen, die die aktive und passive Bestechung von und sonstige gesetzlich nicht reglementierte Zahlungen an Kongreßmitglieder und anderes unter Strafe stellen
Ein wichtiger Aspekt von Offenlegungsvorschriften bedarf in diesem Zusammenhang noch der Hervorhebung, nämlich die Offenlegung und Anrechnung von Nebentätigkeitseinkünften (bzw. Berufstätigkeitseinkünften) in bezug auf Höhe und Quellen.
In den Vereinigten Staaten ist dabei eine Regelung ins Auge gefaßt worden, die in bezug auf die an sich erlaubten privaten Berufstätigkeiten eine Begrenzung dieses Einkommens auf 15 v. H.der Diäten für Senatoren und auf 30 v. H.der Diäten für Abgeordnete vorsieht, wobei das Inkrafttreten dieser Regelungen für den Senat noch ausgesetzt ist
Mitglieder der Assemblee in Frankreich sind verpflichtet, Auskunft über ihre beruflichen Aktivitäten zu geben, müssen aber keine Angaben über Höhe und Herkunft ihrer Einkünfte machen.
In Italien steht eine gesetzliche Regelung an, wobei Mitglieder derzeit schon freiwillig Auskunft über ihr Einkommen und dessen Herkunft geben können.
Griechenland fordert von seinen Parlamentariern, daß sie ihre Steuererklärungen veröffentlichen und somit Informationen über ihre finanziellen Verhältnisse weitergeben
Die Bestimmungen in den Niederlanden gehen von einem interessanten Modell aus, nach dem sich jedes Mitglied der Zweiten Kammer, das eine jährliche Grundentschädigung in bestimmter Höhe erhält, seine Einkünfte aus nichtparlamentarischen Tätigkeiten von einer gewissen Untergrenze an anrechnen lassen muß. Die Diäten werden dann um die Hälfte des Betrages, der über dieser Mindestgrenze liegt, gekürzt, wobei allerdings eine bestimmte Mindestgrenze für die Diätenhöhe erhalten bleibt
In den Vereinigten Staaten ist man zur Eindämmung von Interessengruppeneinflüssen auf Parlament und Parlamentarier dazu übergegangen, einen jeden Abgeordneten, der gegen Bezahlung durch einen Interessenverband zur Beeinflussung von Gesetzgebungsverfahren im Sinne des Verbandes beitragen soll, aufzufordern, sich beim Clerk des Senats einzuschreiben. Auf der Grundlage dieses Federal Lobbying Act, der ein Bestandteil des Legislative Reorganisation Act von 1946 ist, wird von Abgeordneten verlangt, in vierteljährlichen Berichten über ihre Finanzen Rechenschaft abzulegen, jede Einzeleinnahme von mehr als 100 Dollar anzuzeigen sowie den Finanzier zu nennen. Diese Angaben werden unter Eid abgenommen. Ganz analog zu den bisher erwähnten Regelungen des amerikanischen Parlamentsrecht steht auch hier nicht das Verbot oder die Inkompatibilität bestimmter Tätigkeit, sondern deren Transparenz im Vordergrund. Ein paritätischer Ausschuß, bestehend aus zwölf Mitgliedern, überprüft das Verhalten der Abgeordneten.
Ziel dieser Regelung war es, „den Einfluß der Verbände auf den Abgeordneten zu bremsen, ohne die Vorteile ihrer Informationsmittlung abzuschneiden ... Diese Gesetzgebung hat sich indessen nicht bewährt und läßt der Infiltration von Sonderinteressen freien Lauf."
Erfahrungen, die Frankreich in der Phase der III. und IV. Republik infolge mißglückter Verbotsregelungen machte, haben in den Geschäftsordnungsregelungen der V. Republik zu einer Normierung geführt, die nicht nur auf ein Verbot innerparlamentarischer Konsolidierungen wirtschaftlicher Interessen abzielt, sondern auch die „Constitution...de groupes de döfense dintrts particuliers, locaux ou professionnels“
IV. Verhaltensregeln für Parlamentarier in der Bundesrepublik — Konsequenzen aus dem internationalen Vergleich
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Abgeordneten im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik nehmen sowohl unter rechtlichen als auch unter politik-soziologischen Aspekten in bezug auf die Mehrzahl der bisher erwähnten Kategorien eine mittlere Position ein. Dies kann etwa für folgende Bereiche geltend gemacht werden: — Die Mandatsunabhängigkeit und die Regelungen zur Entziehbarkeit, wie sie in bezug auf Wählbarkeit und die normierten Mandatsinkompatibilitäten bei öffentlichen Ämtern geregelt sind, stehen in einem durchaus vergleichbaren Rahmen
— Analoges gilt auch für politiksoziologische Bereiche wie Nominierung und Fraktionsdisziplin, in denen eben auch die Dominanz der Parteien offen zutage tritt, sowie für die Struktur der Tätigkeitsfelder des Abgeordneten. Mit der Regelung vom 19. Oktober 1972 und der Ergänzungsregelung von 1980 hat der Bundestag einen Katalog von Verhaltensregeln für Abgeordnete beschlossen und versucht, damit der öffentlichen Auseinandersetzung um den Mandatsmißbrauch, die in den fünfziger Jahren mit der Diskussion um eine Ehrenordnung und in den siebziger Jahren mit der Affäre Geldner und dem Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts (1975) ihre Höhepunkte fand, ein Ende zu bereiten. Die derzeit gültige Verhaltensordnung kann wie folgt beschrieben werden:
— Generelle Offenlegungspflicht in Form einer Veröffentlichung im amtlichen Handbuch besteht gemäß Nr. 1 des Regelkatalogs nur beim Beruf des Abgeordneten, einschließlich der Personen, Firmen, Institutionen und Organisationen, für die er tätig ist. Darüber hinaus gilt dies auch für bezahlte Tätigkeiten als Mitglied eines Unternehmerorgans (Vorstand etc.) und für Verbände und Organisationen, soweit diese mit Bundestag oder Bundesregierung zu tun haben (Nr. 4).
— Partielle Offenlegungspflicht, das heißt Anzeigepflicht gegenüber dem Präsidium, beseht für den Abgeordneten bei 1. vergüteten Nebentätigkeiten, 2. sämtlichen Beraterver58) trägen mit Verbänden, Firmen, Organisationen oder Einzelpersonen ab einer monatlichen Grenze von 3000 DM, 3. Spenden für seine politische Tätigkeit ab 10000 DM pro Jahr und 4. bei gerichtlichem Verfahren für oder gegen die öffentliche Hand ab einem Honorar von 1500 DM.
— Offenlegungspflicht gegenüber Ausschüssen tritt dann ein, wenn ein Gegenstand behandelt wird, an dem ein Abgeordneter ein berufliches oder finanzielles Interesse hat und er dies im allgemeinen Offenlegungsverfahren noch nicht publiziert hat.
— Verbotstatbestände betreffen 1. die Werbung mit der Abgeordneteneigenschaft bei nichtparlamentarischen Angelegenheiten und als wesentlich wichtigeren und erst 1980 geregelten Punkt 2. die sogenannten Beraterverträge: „Danach darf ein Mitglied des Bundestages kein Rechtsverhältnis eingehen, das ihm Bezüge verschafft, die es, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhält, weil von ihm im Hinblick auf sein Mandat erwartet wird, daß es im Bundestag die Interessen des Zahlenden vertreten und nach Möglichkeit durchsetzen wird
Bei den Problemen, die sich aus dieser Form der Regelung ergeben, sei hier auch an die insbesondere in den letzten drei Jahren geführte Diskussion um die Finanzierung von Parteien und deren Verflechtung mit wirtschaftlichen Interessen erinnert. Ihren vorerst letzten Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung in dem Vorschlag des CDU-Generalsekretärs und Bundesfamilienministers Heiner Geißler vom gläsernen Abgeordneten, der wohl eher dazu gedacht war, politische Positionen in der veröffentlichten Meinung zu besetzen.
Der Stellenwert, den die bundesdeutschen Parlamentarier selbst den Verhaltensregeln als Verhaltensnorm zuerkennen, kann als wohlwollende Nichtbeachtung bezeichnet werden, d. h.der Grad der Verbindlichkeit dieser Regeln ist insgesamt sehr niedrig gehalten, sie gelten eher als Empfehlungen: „Bisher werden die Angaben im amtlichen Handbuch nicht nachgeprüft... Sie sind deshalb nicht selten lückenhaft und unvollständig ... Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, daß im amtlichen Handbuch mehr verschwiegen als offengelegt wird, mit dem Hintergedanken, es werde schon nichts herAuskommen."
Weiterhin wirft die Form, in denen einzelne Verhaltensregeln normiert sind, Fragen nach der dahinterstehenden . Doppelmoral'auf. Zum Beispiel ist der Begriff der Bezüge sehr vage gehalten
Ein weiterer Problempunkt kann in der Unterscheidung zwischen Offenlegungspflicht und Anzeigepflicht gesehen werden. Anders als das Offenlegungssystem des britischen Parlaments, bei dem das Register ofMembefs Interest von jedermann eingesehen werden kann, begnügt sich das deutsche Prinzip mit der Nennung von Berufstätigkeiten als dem eigentlich Wissenswerten. Damit stellt es ein eher nominales System dar, das die Entschlüsselung der möglichen Einflußnahmen auf den Abgeordneten und dessen Eigeninteressen zur reinen Spekulation werden läßt und darüber hinaus selbst die Parlamentarier verwirrt. Eine Verbesserung der bundesrepublikanischen Verhaltensregeln wäre in folgenden Aspekten denkbar und notwendig: — Eine Erhöhung des Grades an Verbindlichkeit läßt sich nur erreichen, wenn die Verhaltensregeln nicht mehr als Anlage zur Geschäftsordnung des Bundestages normiert sind, sondern eine eigenständige gesetzliche Grundlage erhalten
— Eine Offenlegungspflicht erscheint auch für die Bereiche erforderlich, in denen bisher nur eine Anzeigepflicht herrschte. Dies gilt zum Beispiel für den Komplex von Nebentätigkeiten und Beraterverträgen, bei denen eine Bezahlung vorliegt oder bei denen beispielsweise eine Beteiligung an Kapital-und Personengesellschaften existiert. Hier sollten Bezugshöhe und Bezugsquelle genannt werden.
— Ebenso sollte eine generelle Offenlegungspflicht in bezug auf Spenden an Abgeordnete eingeführt werden, insbesondere vor dem Hintergrund, daß dieses Prinzip ja auch für Parteien gilt und der Druck von Geldspenden für den einzelnen Mandatsträger wesentlich höher angesetzt werden muß als bei den Parteien.
— Wichtig erscheint es auch, die Verpflichtung zur Untersuchung der Abgeordnetenangaben durch das Präsidium zu unterstreichen, wobei neben einer Ausweitung der Informationsmöglichkeiten an die Schaffung eines
— Als letzter Punkt verbleibt noch der Hinweis auf eine Neuregelung der Sanktionsmöglichkeiten, da das Instrument der drohenden Veröffentlichung, sieht man sich insbesondere die bisherige Handhabung an, als relativ wirkungslos bezeichnet werden kann. Überlegenswert wäre eine Staffelung der Sanktionen, angefangen von einer Verpflichtung zur öffentlichen Erklärung der Interessen
Darüber hinaus müßte geprüft werden, ob nicht ab einer bestimmten Höchstgrenze die Bezüge aus den Nebentätigkeiten der Abgeordneten, wie im niederländischen Modell, auf die Diäten angerechnet werden sollten und inwieweit das Problem der Mandatsausübung im Sinne dieser Interessen — nicht die Eigeninteressen der Abgeordneten und deren Offenlegung stellen das eigentliche Problem dar — mit einer parlamentsrechtlichen Regelung aufgefangen werden könnte. Zweifellos wird man der Hoffnung beipflichten können, daß „eine nicht bloß trügerische Katharsis der Flick-und Parteiaffäre darin bestehen (könnte), einer neuen, rigorosen und konstruktiven Wertung politischer Regeln und Institutionen den Weg zu ebnen"