Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Internationale Sozialpolitik | APuZ 51-52/1984 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 51-52/1984 Artikel 1 Artikel 2 Bedingungen und Risiken ihrer Bewältigung Internationale Schuldenkrise Internationale Sozialpolitik Gewerkschaften in Europa Zwischen Resignation und Widerstand

Internationale Sozialpolitik

Wolfgang Zaschke

/ 36 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Internationale Sozialpolitik ist politisch bedeutsam, weil sie den ‘Zusammenhang, von nationaler Beschäftigungskrise und internationaler Politik, d. h. die internationale Krise des Wohlfahrtsstaats, zum Gegenstand hat. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die . inneren’ Voraussetzungen der Außenpolitik. Fragt man nach dem Erfolg internationaler Zusammenarbeit in Fragen der Sozial-und Beschäftigungspolitik, so fällt das Ergebnis in einer juristischen Betrachtung anders aus als bei der Analyse der institutioneilen Praxis. Juristisch gesehen waren das Internationale Arbeitsamt, der Europarat und das EG-Sozialrecht . erfolgreich'. Die internationalen Übereinkommen sind weit . verbreitet'. Der programmatische Charakter der IAO-Normen, des EG-Sozialfonds und des Weltbeschäftigungsprogramms weisen dagegen gravierende Mängel auf: Die IAO-Programmatik besitzt keine Kriterien, um das typische Sozialstaatsmodell, von dem sich die nationalen Regierungen distanzieren, zu reformieren. Der EG-Sozialfonds subventioniert im wesentlichen Programme, die national ohnehin . gefahren’ würden. Das Weltbeschäftigungsprogramm behandelt die internationale Arbeitslosigkeit so, als wären die Entwicklungsländer das Zentrum der internationalen Beschäftigungskrise und nicht die Strukturen in den westlichen Industrieländern. Dennoch bietet die Internationale Sozialpolitik, vorbehaltlich einer Neubestimmung ihrer politischen Ziele, reale Handlungsmöglichkeiten: eine Fortschreibung der internationalen Standards und Diskussionsbeiträge zur nationalen Rechtspolitik (bei Diskrepanzen zwischen Völkerrecht und nationaler Gesetzgebung), eine innovatorische Steuerung der unteren, für Programmdurchführung und Kontrolle zuständigen Staatsinstanzen, insbesondere der kommunalen Sozialverwaltungen (EG-Sozialfonds), Ansatzpunkte für internationale Gewerkschaftspolitik und Kriterien für das, was . Internationalismus’ der sozialistischen Länder, der 2. Internationale und der Entwicklungsländer heißen kann. Da die Formulierung internationaler Standards von nationalen Handlungsmöglichkeiten abhängt, ist eine Diskussion über die nationale Reform des Sozialstaats Voraussetzung für eine Weiterentwicklung der Internationalen Sozialpolitik. Letztlich fängt der Internationalismus schon in der Kommune an.

Institutionen, Programmatik, Rahmenbedingungen

Ratifikationsübersicht für die beschäftigungspolitisch relevanten ILO-Übereinkommen nach Ländergruppen und Ländern. Quelle: ILO, Chart of Raifflcation of International Labour Coperations, German 1983

Internationale Sozialpolitik ist ein in Forschung, Lehre und Politik . vergessenes'Thema. Die Rede ist von den völkerrechtlichen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), der Sozialpolitik der Europäischen Gemeinschaft und dem Weltbeschäftigungsprogramm der Vereinten Nationen Um die Frage nach Aktualität und Handlungsspielraum der Internationalen Sozialpolitik (ISP) unbefangen zu beantworten, muß man sich zunächst von einigen Vorurteilen der . Disziplinen freimachen.

Die Realität der Internationalen Sozialpolitik entspricht weder dem . realistischen'Vorurteil, Außenpolitik sei in erster Linie Machtpolitik der Nationalstaaten und ISP nur ein taktisches Zugeständnis der nationalen Regierungen an . ihre'Gewerkschaften noch erfüllt die ISP den Traum vom . internationalen Wohlfahrtsstaat Sie besitzt keine Lösung für die brennenden Probleme der Weltwirtschaft: Verschuldung und Unterentwicklung. Dennoch hat die Internationale Sozialpolitik zum Verhältnis von internationaler Politik und Wirtschaft u. U. mehr zu sagen als beispielsweise die Theorie der Internationalen Beziehungen oder die Außenwirtschaftstheorie. Internationale Sozialpolitik agiert am Scharnier zwischen der nationalen Krise des Wohlfahrtsstaats und der internationalen Krise des Systems der Wohlfahrtsstaaten ihr Ziel ist die . Steuerung'der nationalen Sozialpolitik. Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten die Sozialwissenschaften eine . Modernisierungsfunktion'des Krieges. Erst die Weltwirtschaftskrise und die militärische Mobilisierung hatten dem Staatstyp zum Durchbruch verholten, der heute als Wohlfahrtsstaat vertraut ist Nach dem Krieg gab es in den westlichen Ländern mehr Gleichberechtigung von Männern und Frauen, weniger Diskriminierung von Ausländern, eine Ausweitung der Arbeitslosenversicherung und vor allem den Aufbau eines beschäftigungspolitischen Instrumentariums. Das neue Währungssystem von Bretton-Woods setzte diesen Staatstyp voraus. Es erlaubte ihm, in gewissen Grenzen von festen Wechselkursen abzuweichen und die Zahlungsbilanz auch einmal mit Zeitverzug auszugleichen, um so den nötigen Spielraum für eine expansive oder restriktive Haushaltspolitik und das heißt für die Beschäftigungspolitik zu erhöhen. — Diesen Zusammenhang zwischen Innen-und Außenpolitik erkannte man für einen Moment auch nach dem Ersten Weltkrieg. Die Vermutung, daß die Mängel der nationalen Sozialpolitik für den Kriegsausbruch mitverantwortlich waren, führte zur Aufnahme des Themas in den Versailler Friedensvertrag und zur Gründung der Internationalen Arbeitsorganisation im Jahr 1919. Vor diesem Hintergrund muß man die . Ursachen'der . Krise des Wohlfahrtsstaats'neu überdenken.

So gibt es Gründe für die Annahme, daß technologische Veränderungen und der internationale Strukturwandel nicht die einzigen Ursachen der aktuellen internationalen Beschäftigungskrise darstellen Wenn heute rund 800 Mio. Menschen in Armut leben und 330 Mio. arbeitslos oder unterbeschäftigt sind, davon rund 30 Mio. in den westlichen Industrie-ländern, so ist dies auch ein Versagen der nationalen Wohlfahrtsstaaten Zwischen nationalen Staatsapparaten gibt es zwei Ausgleichsmechanismen: den Zwang zum Ausgleich der Zahlungsbilanz und das internationale Währungssystem. Der Nationalstaat vermittelt so gezwungenermaßen zwischen . inneren'und . äußeren'Sachzwängen oder auch Handlungsmöglichkeiten. Möglicherweise ist die Ursache für sein Scheitern in Fragen der internationalen Kooperation das Versagen bei der nationalen . Steuerung'. Wenn die Umgestaltung dieses innerstaatlichen Instrumentariums eine . geheime'Ursache der internationalen Krise darstellt, dann gewinnen die Fragen der Internationalen Sozialpolitik eine besondere Aktualität.

Die Fragen sind einfach: Welche Veränderungen in den nationalen Wohlfahrtsstaaten sind nötig, um internationale Zusammenarbeit zu ermöglichen? Welche internationalen Maßnahmen sind geeignet, um die nationalen Schwächen des Sozialstaates zu verringern? Wenn man nach dem Verhältnis von Autonomie und Sachzwang in der ISP fragt, muß man nicht die utopische Sicht der . internationalen Steuerung'übernehmen Eine Antwort ist möglich. Dazu muß man allerdings die Entwicklung der völkerrechtlichen und institutioneilen Praxis, die politische Konzeption und die Wirksamkeit der ISP näher betrachten.

I. Internationale Sozialpolitik aus völkerrechtlicher Sicht

Bezeichnung der Übereinkommen

Internationale Sozialpolitik umfaßt als Völkerrechtssystem spezifische Völkerrechtssubjekte (Akteure) und bestimmte Regeln, Normen und Verfahren zur Regelung von internationalem Verhalten

Relevante Akteure sind alle Instanzen, die internationales Sozial-und Arbeitsrecht beschließen, setzen oder durchführen, also — nationale Regierungen (die bilaterale oder multilaterale Verträge abschließen können), — die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) mit ihren Übereinkommen und Empfehlungen,

— sonstige UN-Organisationen oder internationale Organisationen, die ratifikationsfähige internationale Normen verabschieden (z. B. UN-Vollversammlung; Europarat). Völkerrechtsquellen der Internationalen Sozialpolitik sind die — Übereinkommen der ILO, — Übereinkommen des Europarats, — bilaterale sozialrechtliche Verträge (z. B. Sozialversicherungsabkommen für Wanderarbeiter),

— multilaterale Verträge (z. B. EWG-Vertrag),

— das Sozial-und Arbeitsrecht der Europäischen Gemeinschaft, — Bestimmungen der UNO-Charta. Verfahren zur Durchführung sind — die Kontroll-und Informationsanfragen der ILO an nationale Regierungen bezüglich der Durchführung der ILO-Übereinkommen und -Empfehlungen; — die Rechtsprechung durch den Internationalen und den Europäischen Gerichtshof;

— die Kooperation zwischen Regierungsstellen, Regierungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften in Fragen der nicht-gesetzlichen Rechtsetzung über Tarifverträge und Verwaltungsvorschriften. Gemeinsame Normen der Akteure zu Zielsetzung und Funktion des internationalen Sozialrechts sind — die Hebung und Vereinheitlichung der sozialpolitischen Standards zur Verringerung von Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Ländern und zur . Förderung der Wohlfahrt'(ILO-Normen; Europaratsnormen; EG-Richtlinien); — die Anerkennung und Verbreitung von supranationalem, d. h. direkt und ohne Einführungsgesetzgebung im nationalen Rahmen gültigen Recht zur Förderung der Integration und Rechtsangleichung (EG-Sozialrecht);

— die Annahme, daß rechtspolitische Konflikte ein angemessenes Bild der sozialen Probleme widerspiegeln. 1. Das völkerrechtliche Instrumentarium der ILO Die umfangreichsten Völkerrechtsaktivitäten im Bereich Sozialpolitik leistet die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Die ILO ist eine Unterorganisation der Vereinten Nationen und hat z. Z. 151 Mitglieder. Innerhalb der Weltorganisation besitzt sie das Monopol auf arbeits-und sozialrechtliche Völkerrechtssetzung; ihr Aufgabenbereich überschneidet sich lediglich im Bereich der technischen Entwicklungshilfe mit dem der UNC-TAD Die Völkerrechtssetzung durch die ILO versteht sich als Konkretisierung der UNO-Charta und der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, deren Art 15 damals soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Behinderung, Witwenschaft, Alter und bei unvorhersehbaren Nöten forderte Als einzige UN-Unterorganisation beteiligt die ILO Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch an den Entscheidun damals soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Behinderung, Witwenschaft, Alter und bei unvorhersehbaren Nöten forderte 10). Als einzige UN-Unterorganisation beteiligt die ILO Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch an den Entscheidungen und Kontrollverfahren (50 % Regierungsvertreter und je 25 % Arbeitgeber-und Arbeitnehmer-Vertreter) 11). Ihr wichtigstes Entscheidungsgremium ist die Internationale Arbeitskonferenz (IAK), die im Juni jeden Jahres am Sitz der ILO in Genf tagt und dieses Jahr 1850 12) Delegierte umfaßte. Auf 70 Tagungen zwischen 1919 und 1984 verabschiedete die Internationale Arbeitskonferenz bisher 159 Übereinkommen und 169 Empfehlungen, wobei die Übereinkommen zur Ratifikation durch den nationalen Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten vorgesehen sind. Ein Land, das der Internationalen Arbeitsorganisation beitritt, übernimmt bestimmte, in der ILO-Verfassung festgelegte Pflichten 13); die Mitglieder sind zur regelmäßigen Information über die jeweilige nationale Praxis, zur Benennung von Delegierten für die Internationale Arbeitskonferenz und zur Teilnahme an der Gremienarbeit im Internationalen Arbeitsamt verpflichtet.

Das Internationale Arbeitsamt ist die Verwaltungs-und Forschungsinstanz der ILO; seine laufenden Geschäfte zwischen den Jahrestagungen der Internationalen Arbeitskonferenz führt ein Verwaltungsrat, der wie die IAK paritätisch besetzt ist. Trotz formal schwacher Stellung des Generalsekretärs, der vom Verwaltungsrat gewählt wird — er ist Chef der Verwaltung —, entspricht aber sein tatsächlicher Einfluß dem einer . begrenzten Monarchie 14).

Das bescheidene Budget (rund 650 Mio. DM im Jahre 1982 [die Ausgaben des Bundesministeriums für Arbeits-und Sozialordnung beliefen sich im gleichen Jahr auf 54, 3 Mrd. DM]) wird zu 25 % von den USA zu 11 % von der Sowjetunion, zu 9, 5 % von Japan und zu 8, 25 % von der Bundesrepublik bestritten 15). Zu branchentypischen Problemen unterhält die ILO Ausschüsse, sogenannte Industrie-ausschüsse. Sie geben Empfehlungen und koordinieren Forschungsaktivitäten. Beispielsweise war die ILO Urheberin des Weltbeschäftigungsprogramms der Vereinten Nationen das von 1970 bis 1980, also in der soge-nannten Zweiten Entwicklungsdekade, zur Leitlinie der UN-Entwicklungspolitik wurde. Daneben existieren Programmaktivitäten zur Rolle multinationaler Konzerne, zur regionalen . Entwicklung (Regionalkonferenzen für Europa, Afrika, Asien etc.) und zur Armutsbekämpfung in Industrieländern Diese Programme sind jüngeren Datums; sie umfassen im wesentlichen Forschungsprojekte und die Verabschiedung von Resolutionen. Seit 1950 haben die Programmaktivitäten oder . Service-funktionen’ im Vergleich zu den regulären Ausgaben für die Standardsetzung zugenommen

Die Mitgliedschaft in der Internationalen Arbeitsorganisation ist universell, d. h. sie umfaßt seit den fünfziger Jahren auch sozialistische Länder und zahlreiche Entwicklungsländer, doch verteilt sich der Einfluß innerhalb der Gremien nicht nach Mitgliedschaft. Westliche Länder sind in den einflußreichen Positionen überrepräsentiert, obwohl in den Gremien eine teilweise Öffnung für sozialistische Länder und Entwicklungsländer stattgefunden hat

Die völkerrechtlichen Aktivitäten der Internationalen Arbeitsorganisation sind im engeren Sinne auf die Verabschiedung und eine Kontrolle der Durchführung von ILO-Übereinkommen begrenzt. Ihre Mitglieder müssen über die Möglichkeit, die ILO-Übereinkommen zu ratifizieren oder die Standards der Empfehlungen einzuhalten, regelmäßig berichten, wobei diese Berichtspflicht zu einer Durchführungspflicht wird, sobald ein Übereinkommen ratifiziert wurde. Die Gesetzgebung der jeweiligen Staaten und deren Verwaltungspraxis müssen dann innerhalb einer bestimmten Frist an die Normen des Übereinkommens angepaßt werden; dabei geht es um die Einhaltung von Mindestnormen Werden Diskrepanzen zwischen einer internatio-nalen Norm und der nationalen Gesetzgebung über lange Zeit nicht ausgeräumt, so kann theoretisch der Internationale Gerichtshof entscheiden, falls sich das betreffende Land nicht durch Austritt aus der Organisation dieser Entscheidung entzieht Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation werden hingegen nicht ratifiziert Für sie besteht Berichts-, aber keine Durchführungspflicht Häufig konkretisieren sie die allgemeineren Bestimmungen eines Übereinkommens.

Zweimal, 1939 und 1951, faßte die ILO die internationalen Normen (Übereinkommen und Empfehlungen) in Form eines internationalen Arbeitsgesetzbuches, dem International Labour Code (ILC), zusammen um den völkerrechtlichen Anspruch, eine einheitliche internationale Rechtsordnung herzustellen zu dokumentieren.

Durch den Beitritt zahlreicher Entwicklungsländer und sozialistischer Länder wurde es allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg schwerer, für alle Mitgliedsländer gleichlautende und gleich verbindliche Normen zu formulieren In der Folge verzichtete man daher auf die Systematik eines . internationalen Gesetzbuches'und bot häufiger Alternativfassungen für Industrieländer und Entwicklungsländer zur Ratifikation an (z. B. bei den Übereinkommen zur Sozialen Sicherung). Unverbindliche Empfehlungen traten in strittigen Fällen an die Stelle von Übereinkommen (vgl. zuletzt die Empfehlung 169 zur Beschäftigungspolitik von 1984).

Die wichtigsten Zielnormen der Internationalen Arbeitsorganisation sind das Koalitionsrecht, „gleiche, produktive und frei gewählte Beschäftigung", Einrichtung von Sozialversicherung und öffentlicher Arbeitsverwaltung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Schutz benachteiligter Gruppen Gemessen an der . Verbreitung'der ILO-Normen und der Zahl der Ratifikationen war ihre Standardsetzung erfolgreich (vgl. Übersicht S. 16); denn die Zahl der Ratifikationen (rund 5000) und die Zahl der Fälle, in denen ein ILO-Kontrollverfahren eine Veränderung der nationalen Praxis bewirkte (1200 Fälle von 1963 bis 1973), sind hoch. Gemessen an juristischen Kriterien war auch die Völkerrechtssetzung erfolgreich. Das bestätigt z. B. eine Bestandsaufnahme der Einflüsse auf die westdeutsche Gesetzgebung Die regionale Verbreitung der ILO-Normen ist in westlichen Industrieländern hoch, in sozialistischen Ländern . systembedingt'geringer. Dabei haben die USA keines der relevanten Übereinkommen ratifiziert; Japan hat die Standards zur Sozialversicherung übernommen, nicht aber Bestimmungen zum Diskriminierungsschutz Generell sind Normen zu allgemeinen sozialen Grundrechten mit Ausnahme in den Golfstaaten stark, konkrete Normen zur Sozialpolitik jedoch weniger verbreitet. In Lateinamerika beispielsweise sind die Standards der Sozialversicherung kaum anerkannt. Mit Ausnahme der USA Japans, der Schweiz und Luxemburgs wurde das beschäftigungspolitische Übereinkommen 122/1964 von allen westlichen Industrieländern ratifiziert und mit ihm der Anspruch, staatliche Konjunktur-und Arbeitsmarktpolitik bereitzustellen.

Allerdings sagt die Verbreitung der Ratifikationen weder etwas über die Durchführung der Normen aus, noch erlaubt sie Aussagen über die Wirksamkeit der staatlichen Instrumente. Hinzu kommt, daß die ILO-Standards Mindestnormen darstellen, die meist erst ratifiziert werden, wenn die Voraussetzungen auf nationaler Ebene bereits erfüllt sind. So kann man auch den . Einfluß der Standards auf die nationale Gesetzgebung’ nur mit Vorbehalt an der . Übernahme'messen denn die rechtlichen Druckmittel für die Durchführung sind unbedeutend. Der Einfluß der ILO-Normen stützt sich daher vor allem auf die Fachkompetenz (wissenschaftliche Beratung bei der Programmformulierung und Gesetzesformulierung) und im Falle von Diskrepanzen zwischen Norm und nationaler Praxis auf den Druck der internationalen Öffentlichkeit 2. Übereinkommen des Europarates Mitglied im Straßburger Europarat sind alle westlichen europäischen Länder einschließlich der Türkei. Zu den wichtigsten Übereinkommen der 1949 gegründeten Organisation zählen die Europäische Menschenrechtskonvention von 1950 (gültig ab 1953), die Europäische Sozialcharta von 1961/64, der Europäische Sozialversicherungskodex von 1964/68, das Europäische Abkommen über Soziale Sicherheit von 1972/77, ein Übereinkommen über den Schutz der Landwirte und das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer von 1977/77. Die Menschenrechtskonvention des Europarats wurde von 20 seiner 21 Mitgliedstaaten (außer Liechtenstein) ratifiziert, die seit 1964 zur Ratifikation ausliegende Europäische Sozialcharta von 13 der Europarats-Staaten unterzeichnet.

Die ILO, beteiligt an der Formulierung der Sozialcharta, wirkt noch heute bei der Durchführungskontrolle mit Insgesamt sehen die Bestimmungen der Sozialcharta eine Übernahme der ILO-Normen für Europa auf einem höheren Niveau vor. So nimmt Art 12 zum Recht auf Soziale Sicherung ausdrücklich auf das ILO-Übereinkommen 102 Bezug; nach den Bestimmungen der Sozialcharta sollen alle Abschnitte dieses ILO-Übereinkommens verbindlich sein. Das ILO-Dokument läßt auch eine teilweise Ratifikation zu Andererseits liegt der vom Europäischen Gerichtshof beschlossene Mindestsatz von 68% des Nettoeinkommens für das Arbeitslosengeld über dem ILO-Standard von 45% Die Bestimmungen zur Sozialen Sicherheit sind im Europäischen Sozialversicherungskodex weiter konkretisiert worden. Da dieser wiederum höhere Standards vorsieht als das vollständige ILO-Übereinkommen 102, ist eine abschnittsweise Ratifikation erlaubt Wie die ILO-Normen umfaßt das Normenspektrum der Sozialcharta Mindeststandards zu den wichtigsten Bereichen des Sozial-und Arbeitsrechts: zur Vollbeschäftigung, zur Arbeitssicherheit, die Einkommenssicherung und zum Recht auf Kollektivverhandlungen, Rechte zum Schutz bestimmter Gruppen (Kinder, Jugendliche, Frauen), zum Gesundheitsschutz, zu Berufsbildung, sozialer Sicherung und Fürsorgeleistungen, zur Gestaltung sozialer Dienste und zum Schutz von Wanderarbeitnehmern Im Unterschied zur Europäischen Menschenrechtskonvention gibt es bei der Kontrolle der Sozialcharta keine Individualklage und keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Die Durchführung der Sozialcharta wird alle zwei Jahre überprüft, wobei die einzelnen Länder Berichte abgeben und Stellungnahmen von Arbeitgeber-und Arbeitnehmer-Or-ganisationen beifügen müssen. Zunächst nehmen ein Sachverständigenausschuß unter Beteiligung der Internationalen Arbeitsorganisation, der Sozial-und Gesundheitsausschuß der parlamentarischen Versammlung und der Regierungsausschuß der Sozialcharta Stellung. Letzterer holt das Votum von internationalen Arbeitgeber-und Arbeitnehmer-Organisationen ein. Das Ministerkomitee prüft abschließend, ob die Länder die Sozialchartabestimmungen hinreichend durchführten. Ist dies nicht der Fall, kann es eine Empfehlung in Form einer veröffentlichten Entscheidung an die betreffenden Länder geben. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Untersuchung für die Teile der Sozialcharta anzuordnen, die die betreffenden Länder nicht ratifiziert haben, um gegebenenfalls eine Übernahme anzuregen

Der europäische Sozialversicherungskodex zielt insgesamt auf eine Harmonisierung der Sozialversicherungs-Leistungen in den Mitgliedsländern, insbesondere bei der ärztlichen Versorgung, beim Krankengeld, Arbeitslosengeld, bei Altersrente, Unfallversicherung, Familienleistungen, Mutterschaftsgeld, Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit und Hinterbliebenenversorgung. Die Überwachung des Kodex geht von jährlichen Berichten aus, die von der ILO begutachtet und anschließend von einem Sachverständigenausschuß des Europarates geprüft werden, bevor das Ministerkomitee über die „Einhaltung" oder . Abweichung" beschließt

Den materiellen Erfolg der Sozialcharta mag man an den Rechtsveränderungen auf nationaler Ebene ablesen, die von ihr bzw. von den Kontrollverfahren angeregt wurden. Hierzu gehört beispielsweise eine Änderung des Seefahrergesetzes in Dänemark, Zypern und der Bundesrepublik, um eine Strafverfolgung bei Kündigung der Heuer abzuschaffen. In der Bundesrepublik wurde darüber hinaus der Urlaub bei Untertagearbeit verlängert, in Großbritannien und Irland der Kündigungsschutz verbessert. In Italien bekamen Polizisten das Koalitionsrecht, Österreich schaffte die Kinderarbeit ab. Die Bundesrepublik verbesserte die Pflichtuntersuchung für jugendliche Arbeitnehmer, Frankreich und Italien stockten das Mutterschaftsgeld auf. In Frankreich erhielten Ausländerinnen aus Mitgliedsländern des Europarats Gleichstellung beim Mutterschaftsgeld. Irland verbesserte den Bürgerrechtsstatus von Sozialhilfeempfängern. Die Bundesrepublik führte eine von drei Jahren auf ein Jahr verringerte Wartezeit für die Familienzusammenführung ein, die allerdings derzeit wieder in Frage steht. Luxemburg verlängerte die Gewährung von Krankengeld von 26 auf 52 Wochen

Im Vergleich zu den ILO-Normen sind die Standards des Europarats . höher', aber das Spektrum der Bestimmungen ist weniger differenziert. Es besitzt kein programmatisches Profil; spezifische Aussagen zum Verhältnis von Wirtschafts-und Sozialpolitik fehlen. Zwar sind das Vollbeschäftigungsziel bzw. ein . Recht auf Arbeit'vorgesehen, die Vorgaben (Vollbeschäftigung als . wichtige Aufgabe', . Recht auf frei übernommene Tätigkeit', unentgeltliche Arbeitsvermittlung, . geeignete'Berufsausbildung und Wiedereingliederung) sind jedoch allgemeiner als etwa die bereits erwähnte ILO-Empfehlung 122 zur Beschäftigungspolitik oder die detaillierten Vorschriften zur Organisation der öffentlichen Arbeitsverwaltung in den ILO-Ubereinkommen 2, 96, 88 und 150. Ein völkerrechtlich verbindliches Kontrollverfahren fehlt. Die Programmaktivitäten beschränken sich eher auf die Forschung (z. B. zu den Problemen von Wanderarbeitnehmern)

Insofern liegt die . Integrationsleistung'des Europarats eher in einer rechtstechnischen Vereinfachung. Seine rund 100 Übereinkommen, von denen nur wenige die Sozialpolitik betreffen, ersetzen rund 22 500 bilaterale Verträge durch multilaterale Übereinkommen. Die Grenzen der Einflußnahme des Europa-rats kann man an der Hilflosigkeit gegenüber der Situation in der Türkei, ’an der schleppenden Ratifikation der Sozialcharta sowie anderer sozialpolitischer Übereinkommen ablesen. Auch ist die Neigung, zu Beginn ausgelassene Bestimmungen der Sozialcharta im späteren Verlauf zu ratifizieren, bei den Mitgliedsländern gering. Insgesamt gilt für die Übereinkommen des Europarats wie für die ILO-Standards, daß Ratifikation und . Verbreitung'allein noch kein angemessenes Erfolgskriterium darstellen. 3. Das Sozialrecht der EG Das Sozialrecht der EG ist interessant, weil es einen supranationalen Status besitzt; es gilt ohne gesonderte Einführungsgesetzgebung in den Mitgliedsländern und kann von EG-Bürgern direkt bis zur Gerichtsentscheidung beim Europäischen Gerichtshof in Anspruch genommen werden. Allerdings existiert dieses Sozialrecht nur zu Einzelfragen der Sozialpolitik. Präzedenzfall für ein supranationales Sozialrecht war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Gleichstellung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt für gleiche Arbeit

Das vorrangige Ziel einer europäischen Sozialpolitik, nämlich die Herstellung eines gemeinsamen Arbeitsmarkts, ergibt sich aus dem EWG-Vertrag, der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft vorsieht Das wichtigste sozialrechtliche Projekt der EG, die europäische Mitbestimmung bzw. das Europäische Aktiengesetz, kam bisher jedoch nicht zustande Dagegen bestehen seit 1975 Richtlinien über den Kündigungsschutz bei Massenentlassungen Sie verpflichten den Arbeitgeber zu Verhandlungen mit den betrieblichen Arbeitnehmer-Vertretern über einen Sozialplan und zur Meldung an eine öffentliche Behörde (z. B. das Arbeitsamt). In Belgien, das die Meldepflicht nicht kannte, erzwang diese Richtlinie eine veränderte Praxis Die Richtlinie über die Wahrung von Arbeitnehmer-Ansprüchen bei Betriebsübergang (1977) sieht eine automatische Übernahme der Arbeitsverträge vor; sie schützt aber nicht die betrieblichen Sozialleistungen und schafft im Fall der Versetzung auf minderwertige Arbeitsplätze lediglich ein Kündigungsrecht für den Arbeitnehmer

Weitere Richtlinien fordern die Sicherstellung von Lohnzahlungen und sonstigen Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (1983), Gleichbehandlung von Männern und Frauen auch bei Einstellung, Berufsbildung und Beförderung (1978) und von Frauen in der Sozialversicherung. Im Bereich der Arbeitssicherheit gelten Richtlinien zur Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz und zum Schutz vor gefährlichen Substanzen (Blei, Asbest) (1977). Die Gleichstellung von Wanderarbeitnehmern in der Sozialversicherung wurde durch Richtlinien zur Gleichstellung bei der Wahrnehmung gewerkschaftlicher Rechte (1976) und zur schulisehen Betreuung von Ausländerkindern (1977) ergänzt

Das Spektrum der EG-Richtlinien zu Gleich-behandlung, Kündigungsschutz, Arbeitssicherheit und Wanderarbeit berührt insgesamt nur einen kleinen Ausschnitt der Sozialpolitik. Das programmatische Defizit erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte der EWG. Sozialpolitik sollte ein Mittel zur Herstellung des gemeinsamen Markts sein. Die augenblicklich geltende Entscheidungsstruktur und der Verwaltungsaufbau der EG konservieren diesen Ansatz. Die Richtlinienkompetenz liegt beim Ministerrat und nicht beim EG-Parlament. Dadurch sind die Sozialrechtsetzung (Entscheidung durch den Rat) und die Programmaktivitäten des Sozialfonds, für dessen Durchführung die EG-Kommission zuständig ist, voneinander getrennt 4. Internationale Sozialpolitik als völkerrechtliches Regime?

Vergleicht man die Normsetzung der Internationalen Arbeitsorganisation, die Aktivitäten von Europarat und EG, so ergibt sich folgendes Bild: Sozialpolitisches Völkerrecht besitzt mit Ausnahme des EG-Sozialrechts keine supranationale Autorität und kein Gewaltmonopol zur Durchsetzung. Gerade das EG-Sozialrecht aber ist konzeptionell am schwächsten profiliert. Dem Europarat fehlt ein beschäftigungspolitisches Profil. In der EG gibt es auf sozialrechtlicher Ebene keine Bestimmungen zum Verhältnis von Wirtschafts-und Sozialpolijik. Eine programmatische Konzeption besitzt allein die ILO-Normsetzung, wobei man allerdings den Erfolg der völkerrechtlichen und supranationalen Normen, wie gesagt, nicht an der Verbreitung oder am Einfluß auf die nationale Gesetzgebung messen kann. Es ist daher zu fragen, ob nicht die völkerrechtliche Sicht das Recht als . Steuerungsmedium'überzeichnet. Die internationalen Verhandlungen über ein sozialpolitisches Völkerrecht sind nämlich nicht repräsentativ für die nationalen und internationalen Probleme. Völkerrechtssetzung ist kein authentisches Medium für die realen sozialen Konflikte in und zwischen den Ländern. Dafür ist nicht zuletzt die Entscheidungsstruktur in den internationalen Organisationen verantwortlich. So sind z. B. in der Organisationselite der ILO und in den Entscheidungsgremien außerhalb der Internationalen Arbeitskonferenz die sozialistischen Lander und die Entwicklungsländer unterrepräsentiert, obwohl sie die Mehrheit der Mitglieder und Delegierten auf der IAK stellen. Dennoch ist die Repräsentativität’ der ILO-Entscheidungen . höher’ *al die dea Europarats (nicht-universelle Mitgliedschaft, nur beratende Teilnahme von Arbeitgebern und Arbeitnehmern) und der EG-Rlchtllnlen (Einstimmigkeitsregel im Rat, Ohnmacht *de Parlaments).

Internationale Normsetzung kann im Zusammenhang mit Programmaktivitäten dennoch eine Rolle «pielen; sie gibt auch Ansatzpunkte für rechtapolitische Strategien. Der Sinn dieser Strategien aber läßt sich juristisch nicht klären. Um die reale Wirkamkeit des ISP-Rechts zu erfassen, muß man daher von der juristischen Sicht Abschied nehmen und statt dessen den politisch-programmatischen Charakter der Normen bestimmen.

II. Internationale Sozialpolitik aus institutioneller Sicht

Die völkerrechtliche Sicht ging davon aus, daß die Internationale Sozialpolitik internationale Standards durch die Einigung von Regierungen, zum Teil unter Berücksichtigung von Spitzenverbänden, zum Völkerrecht erhebt und dadurch die nationale Praxis beeinflußt. Die institutionelle Praxis der Internationalen Sozialpolitik ist jedoch differenzierter; sie kennt weitere Akteure, Regeln, Normen und Verfahren. Ihr Ziel ist es nicht nur, rechtliche Verfahren zur Standardsetzung bereitzustellen, sie möchte . Probleme lösen', insbesondere das Beschäftigungsproblem. Am programmatischen Charakter der ILO-Normen und der nationalen Sozialpolitik kann man erkennen, daß das Problemfeld, zu dessen . Steuerung'die Regeln, Normen und Verfahren der ISP entwickelt wurden, tatsächlich die Beschäftigungspolitik ist Hier allerdings hat es die Internationale Sozialpolitik nicht nur mit einzelnen staatlichen Instrumenten und ihrem . Niveau'zu tun, sondern vielmehr mit der Art der Verknüpfung staatlicher Politiken zu einem Set -

Die zusätzlichen Akteure in institutioneller Sicht sind die wirtschaftspolitischen Institutionen.

also — der Internationale Währungsfonds (der über die Kreditbedingungen und die Vergabe von Sonderziehungsrechten an verschuldete Länder entscheidet} die Weltbank (als Verwalter von Entwicklungsfonds) die Internationale Entwicklungsagentur (in derselben Funktion} die OECD als Supervisor der westlichen Sozial-und Wirtschaftspolitik); andere internationale Organüsationen — multinationale -memehmer. (als Träger betrieblicher Somalpalitik und eventueller Störfaktor der netionalen Steuerung')

— sonstige innerstaettlidhe wirtschaftspolitishe Institutionen Die beschäftigumngszoiittisdher aul internationaler Bbeme innUHRKI dles Sy-stem des Zahlungsbilanzausgleichs, das Währungssystem, die Entwicklungshilfefinanzierung und Kreditvergabe.

Relevante Verfahren sind neben der Völkerrechtssetzung — die Abstimmung von Programminhalten (Entwicklungspolitik, Weltbeschäftigungsprogramm, EG-Sozialfonds);

— die Abstimmung von Kontrollmaßnahmen gegenüber nationalen Staatshaushalten (z. B. IWF-Kreditkonditionen).

Als Normen muß man die — Effektivität und Effizienz von internationalen Programmen;

— Steigerung des Einflusses der internationalen Organisationen;

— die Heranziehung von wissenschaftlicher Beratung neben dem juristischen . Diskurs'voraussetzen. 1. Ziele des Weltbeschäftigungsprogramms World Employment Programme (WEP)

In Fragen der Außenwirtschaftspolitik vertritt die ILO . liberale'Ziele: Der Welthandel soll .frei'sein; Industrieländer sollen ihre Märkte für Entwicklungsländer öffnen; der internationale Strukturwandel soll durch Strukturpolitik gefördert werden Das Weltbeschäftigungsprogramm der ILO zieht daraus die Konsequenz, für Industrieländer Methoden der Konjunktur-und Strukturpolitik zu empfehlen, Programmaktivitäten mit eigener Finanzierung und Durchführungskontrolle dagegen auf Entwicklungsländer zu konzentrieren. Zur Durchführung von Ent-

wicklungsprogrammen stehen der ILO jährlich 43, 4 Mio. Dollar aus der multilateral finanzierten Entwicklungshilfe zu Verfü-Bei den selbstfinanzierten Aktivitä-len der ILO zum WEP handelt es sich im wesentlichen um Forschungs-und Beratungsprojekte Die ILO untersucht Wechselwirkun-gen zwischen Bildung und Beschäftigung, Wanderung und Beschäftigung usw. Die Beschäftigungsmissionen in Entwicklungsländern unterstützen die Regierungen bei Sozial-statistik-und Planung. Leitlinien für diese Beschäftigungspolitik in Entwicklungsländern sind im Grundbedarfskonzept zusammengefaßt. Das Konzept, in dem sich Weltbank und Brandt-Kommission mit der ILO einig sind, fordert für Länder, in denen produktive Investitionen (noch) nicht lohnend erscheinen, eine Unterstützung der . arbeitenden Armen, in denen man potentielle Arbeitskräfte erkennt. Neben den Grundbedürfnissen Wohnen, Gesundheit, Ernährung und Bildung sollen die Beschäftigung in informeller Form, Eigenwirtschaft oder Genossenschaften finanziert werden

Eine Rechtfertigung für den Schwerpunkt des WEP auf Beschäftigungspolitik in Entwicklungsländern liefert die empirische Verteilung der Weltarbeitslosigkeit Sie ist in Entwicklungsländern unter Berücksichtigung der Unterbeschäftigung wesentlich höher als in Industrieländern. Andererseits vertritt die ILO jedoch nicht die Ansicht, daß das . Zentrum'der Wachstumskrise in den Entwicklungsländern zu suchen sei. Das WEP enthält damit zwei schwerwigende Probleme: 1. Die Qualifizierung der arbeitenden Armen zu Lohnarbeitern im Grundbedarfskonzept führt, sobald produktive Investitionen folgen, überhaupt erst zur Degradierung der Nicht-Beschäftigten auf den Status von Arbeitslosen. 2. Da die Wachstumsressourcen in Industrie-ländern konzentriert sind, wäre eine Schwerpunktsetzung auf diese Länder konsequenter 2. Einflußmöglichkelten des EG-Sozial-fonds Der EG-Sozialfonds besitzt größeren Einfluß auf die nationale Sozialpolitik als das Sozialrecht der Gemeinschaft, da er finanzielle An-reize bereitstellt, über die die Kommission im Rahmen der Ratsrichtlinien verfügt. Der Fonds wurde mehrfach reformiert und aufgestockt so daß sein Finanzvolumen heute 5, 8 Mrd. DM umfaßt Das hat an seiner Bedeutungslosigkeit im Vergleich etwa zum Agrarfonds, der über 39 Mrd. DM jährlich verschlingt, nichts geändert Das Gros der Ausgaben aus dem Sozialfonds floß 1982 mit 40 % in die Förderung der regionalen Entwicklung. Rund 30% wurden für Berufsausbildung und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verwendet Weitere 13% flossen in die Weiterbildung für benachteiligte Arbeitnehmer-gruppen. 5% wurden für das Konkurrenzprojekt zur 35-Stunden-Woche, den Vorruhestand, ausgegeben. Rechnet man die Ausgaben für-Fortbildung und Umschulung von Stahl-und Bergarbeitern zur Förderung der konkurrenzschwachen Branchen hinzu, so erhielt dieser Bereich 13% der Mittel Mehr als die Hälfte der Sozialfondsmittel dient also zur Subventionierung der Regionalpolitik und der schwachen Industriezweige. Dabei handelt es sich um die in der nationalen Beschäftigungspolitik ohnehin gefahrenen Programme. Die Innovationsprojekte zur Beschäftigung von Behinderten in der freien Wirtschaft (1974), zur schulischen Betreuung der Kinder von Wanderarbeitnehmern (aktuell) und zur Armutsforschung (1975— 80) verschwinden neben den . traditionellen'Programmen.

Die jüngste Reform des Fonds im Jahre 1983 stutzte den Anteil der benachteiligten Regionen und Industrien zugunsten von . Pilotprojekten'zur Jugendarbeitslosigkeit, zur Berufsausbildung von Mädchen und Frauen und zur lokalen Arbeitsbeschaffung durch Förderung kleiner Unternehmen. Mit der Aufstockung der Sozialfondsmittel (plus 40% im Jahre 1984) und der verbesserten Koordination mit dem Regionalfonds hat die EG Forderungen des Europäischen Gewerkschaftsbunds erfüllt. Die Vergaberegeln sind jedoch weiterhin fragwürdig. Sie verlangen, daß mindestens 75% der Projektmittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, höchstens 5% für Modellprojekte und 40% für regionale Arbeitsförderung eingesetzt werden d. h. aber, sie begrenzen die . Versuchsprojekte', halten an dem Kriterium der . Problemregionen'fest und beziehen sich unkritisch auf das Konzept der Zielgruppenförderung.

Man weiß aus der nationalen Praxis, daß eine Verbesserung von Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit oder für lokale Arbeitsförderung neue Anforderungen an die kommunale Sozialverwaltung stellen. Mit der Subventionierung von Wohlfahrtsträgern und kleinen Unternehmern wird jedoch kein Anreiz für die Städte gegeben, ihre Bildungsoder Arbeitsförderungsprogramme weiterzuentwickeln

Weder das WEP noch der Europäische Sozial-fonds leisten eine internationale beschäftigungspolitische . Steuerung'. Die wichtigsten Durchführungsinstanzen für internationale Standards und Programme bleiben die nationale Gesetzgebung und die Sozialverwaltung. Nur die ILO-Normen besitzen ein eigenes beschäftigungspolitisches Profil. Daher eignen sie sich am besten zum Vergleich mit der nationalen Praxis.

III. Programmatischer Charakter der ILO-Normen

Die Inhalte der ILO-Übereinkommen und Empfehlungen spiegeln das Grundmuster der europäischen Wohlfahrtsstaaten wider. Sie sind im Grundsatz marktwirtschaftlich und setzen eine parlamentarische Demokratie mit Tarifautonomie für die . Sozialpartner'voraus. Daraus leiten sich die arbeitsmarktpolitischen Übereinkommen und Empfehlungen ab. Eine öffentliche Arbeitsverwaltung, Arbeitslosenversicherung und aktive Arbeitsmarkt-politik sollen das Funktionieren des freien Arbeitsmarkts unterstützen. Das gilt auch für die Normen zur Wanderarbeit und für die sozialen Grundrechte (Abschaffung der Zwangsarbeit, Vereinigungsrecht, Recht auf Kollektivverhandlungen). Dabei sollen die Einzelinstrumente eine Dienstleistung für den Arbeitsmarkt erbringen; die Summe der Einzel-instrumente aber ist mehr als ihre Teile. Wie kann man den politischen Charakter des gesamten . Pakets'erfassen? Welche typische Verknüpfung der Politiken empfiehlt die ILO?

Alle sozialpolitischen Instrumente sind in einer Weise funktional für die Erfordernisse des Arbeitsmarkts, aber in unterschiedlichem Maße. Einige beeinflussen vor allem das . System', z. B. die Konjunktur-und Strukturpolitik, andere dienen vorwiegend der sozialen Kontrolle von Individuen oder Gruppen (z. B. soziale Grundrechte und Koalitionsrechte). Man kann also die Einzelinstrumente des Sozialstaats danach ordnen, ob sie stärker die Systemintegration oder die Sozialintegration betreffen. Dabei zeichnen sich fünf deutlich unterschiedliche Gruppen ab:

1. Wirtschaftspolitik (Beschäftigungspolitik im engeren Sinn), 2. Arbeitsmarktpolitik, 3. soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit, 4. Ausländerbeschäftigung, 5. soziale Grundrechte.

In bezug auf die Beeinflussung des . Systems'(Markt) ist die Relevanz der fünf Gruppen hierarchisch abgestuft. Sie nimmt von Gruppe eins zu Gruppe fünf ab. Das beschäftigungspolitische Konzept und die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation gehen von dieser Hierarchie der Wirksamkeit aus. Es ist eine wirtschaftspolitische Hierarchie, typisch für die keynesianische Beschäftigungspolitik. Wirtschaftspolitik gilt als wirksamer zur Beeinflussung der Beschäftigungsentwicklung als die Sozialpolitik. In Fragen der Sozialintegration aber ist die Relevanz der Regelungsgruppen umgekehrt. Die Differenzierung des Bürgerrechtsstatus oder Bestimmungen zur Tarifautonomie greifen stärker in konkrete Handlungsmöglichkeiten von einzelnen und Gruppen ein als eine expansive oder restriktive Haushaltspolitik.

In groben Zügen dargestellt schritt die historische Entwicklung der ILO-Normen von . unten'nach . oben'fort. Alt sind die Standards zu sozialen Grundrechten und zur Arbeitsvermittlung, jüngeren Datums sind die Bestimmungen zur Arbeitslosenversicherung. In den sechziger Jahren wurden erstmals Konjunktur-und Strukturpolitik erfaßt. Das Übereinkommen 122 (Beschäftigungspolitik) und die Empfehlung 122 von 1964 erhoben das keynesianische Instrumentarium zur völkerrechtliB eben Norm. Seither umfaßt das Idealbild staatlicher Beschäftigungspolitik — eine konjunktur-und strukturpolitische Einflußnahme des Staats durch indirekte Steuerung der Investitions-und Nachfragetätigkeit, strukturpolitische Hilfen für Problem-’ branchen und Regionen;

— ein aktives arbeitsmarktpolitisches Instrumentarium, das den Austausch von Arbeitslosen und Beschäftigten erleichtert und die Mobilität der Arbeitskräfte in Zeiten des Strukturwandels erhöht;

— eine soziale Sicherung, die die materiellen Arbeitsanreize (Lohndifferenzierung, Leistungsprinzip) in Arbeitslosigkeit und Rentenalter hinein verlängert;

— eine . konjunkturpolitisch'begründete Migrationspolitik und — eine Differenzierung des Bürgerrechtsstatus und der Vertretungsrechte nach Arbeitsmarktnähe (beschränkter Bürgerrechtsstatus von Fürsorgeempfängern und Ausländern; Ausschluß von Arbeitslosen und Nicht-Beschäftigten aus dem Tarifvertragssystem und dem Spektrum der Kollektivverhandlungen)

Aus diesen Normen wird die seit 1964 nicht entscheidend veränderte Hierarchie deutlich. Gemessen an den ILO-Zielen — Vereinheitlichung und Verbreitung — waren sie erfolgreich (vgl. Übersicht S. 16). Die Wirksamkeit dieses Instrumentariums aber wird heute zunehmend in Zweifel gezogen, da ein Erfolg gegenüber der Arbeitslosigkeit ausgeblieben ist. Vor allem hat sich die Politik in den Mitgliedsländern vom Ausbau auf eine . Verkleinerung'des . Steuerungsinstrumentariums'verschoben, worauf die Internationale Arbeitsorganisation nicht reagiert hat. Ihre ergänzende Empfehlung 169 zur Beschäftigungspolitik (1984) geht vielmehr davon aus, daß sich die . wirtschaftspolitische Hierarchie'

bewährt hat. Sie stellt das Verhältnis von wirtschafts-und sozialpolitischer Hierarchie nicht zur Diskussion, denn das hieße etwa, von einer arbeitsmarktunabhängigen Grundsicherung, verstärktem Grundrechtsschutz für Arbeitslose und Fürsorgeempfänger oder auch von einer . Steigerung'der wirtschaftspolitischen Steuerung zu sprechen. Dieses Thema nicht anzusprechen, hat zur Konsequenz, daß sich sozialintegrative Methoden verändern, daß sie autoritärer werden. Die Alternative zu dieser Abwälzung, die sich auch in Einkommensgrößen ausdrückt, wäre eine stärkere Trennung von Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik, doch ist davon in der ILO-Empfehlung nicht die Rede. Neu sind hier nur die Aspekte:

— informelle Beschäftigung (z. B. . zweiter Arbeitsmarkt) als Instrument der Arbeitsmarkt-politik zuzulassen;

— regionale Beschäftigungspolitik zu verstärken; — sektorale Strukturpolitik zu . intensivieren'; — Zielgruppenprogramme für besonders benachteiligte Gruppen (Jugendliche, Frauen, Alte) einzuführen;

— eine Wanderungspolitik nach . wirtschaftlichen Erfordernissen'zu betreiben (statt Eingliederung , return migration')

Der erreichte völkerrechtliche . Erfolg'der ILO-Normen droht in dieser Situation in eine institutionelle Krise der ILO-Politik umzuschlagen. Während die formale Einhaltung und der Programmcharakter erhalten bleiben, wachsen die Diskrepanzen zwischen internationaler Norm und nationaler Praxis. Das Konzept der Beschäftigungspolitik ändert sich ohne . Vorgabe'der ILO; ihr fehlt es offensichtlich an Kriterien für die Fortschreibung der Normen. Diese lassen sich aber nur aus den Diskrepanzen zwischen nationaler Praxis und internationalen Normen ableiten. Betrachten wir dazu das Beispiel der Bundesrepublik. 1. Institutionelle Diskrepanzen zwischen ILO-Standards und nationaler Gesetzgebung am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesrepublik hat fast alle ILO-Ubereinkommen zur Beschäftigungs-und Arbeitsmarktpolitik, zur sozialen Sicherung bei Arbeitslosigkeit, zur Ausländerbeschäftigung und zu sozialen Grundrechten ratifiziert (vgl. Übersicht S. 16). a) Beschäftigungspolitik Bei der Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes und des Arbeitsförderungsgesetzes wirkten Internationale Arbeitsorganisationen und Bundesregierung eng zusammen -Durch. Grundgesetzänderungen zwischen 1966 und 1969 wurde eine . gesamtwirtschaftliche Budgetfunktion'neben dem . Budget zur Deckung des Bedarfs'erlaubt; das Haushaltsgrundsätzegesetz und das Bundeshaushaltsgesetz von 1969 gestatten eine Ausweitung der Kreditfinanzierung zu konjunkturpolitischen Zwecken. Im Stabilitätsgesetz wurde entsprechend das Vollbeschäftigungsziel neben Preisniveaustabilität, Außenwirtschaftsgleichgewicht und Wachstum gestellt 1971 ratifizierte die Bundesrepublik das ILO-Übereinkommen 122. Sie erfüllt auch die Bestimmungen der Empfehlung 122 (Beschäftigungspolitik, 1964). Der Aufbau einer Strukturberichterstattung kam in den siebziger Jahren in Gang b) öffentliche Arbeitsverwaltung Das ILO-Übereinkommen 122 und die Übereinkommen zur öffentlichen Arbeitsverwaltung sind aufeinander abgestimmt Verlangt wird der Aufbau einer öffentlichen Arbeitsverwaltung (Übereinkommen 2, 1919; Übereinkommen 88, 1948; Übereinkommen 150, 1978), die Abschaffung der gewerblichen Stellenvermittlung und ein öffentliches Monopol auf Arbeitsvermittlung (Übereinkommen 96, 1949), eine dreigliedrige Selbstverwaltung der öffentlichen Arbeitsvermittlung und der Aufbau eines Instrumentariums der aktiven Arbeitsmarktpolitik (Fortbildung, Umschulung, Wiedereingliederung). In der Bundesrepublik wurde durch die Ratifikation des Übereinkommens 88 (Arbeitsverwaltung) eine Änderung des AVAVG (Gesetz über die Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung), dem Vorläufer des Arbeitsförderungsgesetzes, nötig. 1956 wurde die Abschaffung der gewerblichen Stellenvermittlung verfügt. 1967 schränkte das Bundesverfassungsgericht das Vermittlungsmonopol mit dem Hinweis auf die Grundgesetzparagraphen zur Gewerbe-und Berufsfreiheit wieder ein. Das Arbeitsförderungsgesetz von 1969 läßt gewerbliche Stellenvermittlung nur für bestimmte Berufsgruppen zu. Der vorläufige Kompromiß steht im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz von 1972, das die Leiharbeit vom Status der gewerblichen Stellenvermittlung ausnimmt. Ob dies mit dem Sinn des ILO-Übereinkommens zu vereinbaren ist, bleibt umstritten Daneben bestritt die Bundesregierung der Bundesanstalt für Arbeit bis 1956 generell das Recht auf Selbstverwaltung bei beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Auf Intervention der ILO-Kontrollinstanzen wurde damals der politische Auftrag der öffentlichen Ar-beitsvermittlung ins AVAVG aufgenommen. Im Arbeitsförderungsgesetz von 1969 ist eine dreigliedrige Entscheidungsstruktur (Staat, Arbeitgeber, Arbeitnehmer) vorgesehen. Sie wird auch auf lokaler Ebene z. B. bei Entscheidungen über den Einsatz von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im örtlichen Aufsichtsrat der Arbeitsämter praktiziert c) Soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit Die niedrigen Mindeststandards der ILO zur Arbeitslosenversicherung im Übereinkommen 102 (Soziale Sicherung, 1952) sehen 45 % des Nettoeinkommens für das Arbeitslosengeld und eine Leistungsdauer von mindestens 13 Wochen in einer Zeitspanne von zwölf Monaten vor. Das bundesdeutsche Arbeitsförderungsgesetz erfüllt mit 156 Tagen Leistungsanspruch bei einer Anwartschaftszeit von eineinhalb Jahren und einer Leistungshöhe von 68 % (für Alleinstehende 65 %) des Nettoeinkommens die Standards (AFG §§ 106, 108). Allerdings liegt das Leistungsniveau für Alleinstehende bereits unter der Europaratsnorm (68 %) d) Ausländerbeschäftigung Mit der Ratifikation der Übereinkommen 19, 97 und 118 hat die Bundesrepublik eine Gleichstellung der Wanderarbeiter in der Sozialversicherung und die Förderung der Chancengleichheit von Ausländern anerkannt Dem widerspricht der Verfügbarkeitserlaß der Bundesanstalt für Arbeit. Er weist die Arbeitsämter an, arbeitslose Ausländer vorzeitig als , nicht-vermittelbar'einzustufen und damit den Arbeitslosenhilfebezug zu streichen. Der nötige Sozialhilfebezug kann zum Ausweisungsgrund werden. e) Soziale Grundrechte In diesem Bereich umfassen die ILO-Normen die Forderung nach Vereinigungs-und Koalitionsfreiheit (Übereinkommen 87, 1948; Übereinkommen 98, 1949), nach Abschaffung der Zwangsarbeit (Übereinkommen 29, 1930) und nach Nicht-Diskriminierung wegen Geschlecht, Alter oder Nationalität in Beschäftigung oder Beruf (Übereinkommen 111, 1958). Diskrepanzen zwischen diesen ratifizierten Normen und westdeutscher Gesetzgebung führten, zum Teil ausgelöst von Kontrollverfahren der Internationalen Arbeitsorganisation, zu dem Verbot, Arbeitnehmer-Organisationen administrativ, d. h. ohne Gerichtsbeschluß, aufzulösen (Vereinsgesetz 1964). Die Strafgefangenenarbeit wurde 1973 eingeschränkt, Zwangsarbeit zur politischen Disziplinierung wurde verboten (Strafrechtsänderungsgesetz 1969).

Bis heute sind einige formalrechtliche oder institutioneile Diskrepanzen zwischen ratifizierten Übereinkommen und bundesrepublikanischer Gesetzgebung noch immer nicht ausgeräumt So ist eine Überprüfung der Berufsverbotspraxis auf Anfrage des Weltgewerkschaftsbundes anhängig, die als Verstoß gegen Übereinkommen 111 (Nicht-Diskriminierung, 1958) gewertet wird Ebenfalls im Gegensatz zu diesem Übereinkommen stand der bisher ungleiche Rentenanspruch von Männern und Frauen. Die Einschränkung des Koalitionsrechts bei Kirchen und sonstigen Tendenzunternehmen ist ein Verstoß gegen die Übereinkommen 87 und 98 (Koalitionsrecht, 1948/49) und seit Jahren Gegenstand von Kontrollanfragen des . Committee of Experts for ratified Conventions’ der Internationalen Arbeitskonferenz. Der Kündigungsschutz für Arbeitnehmervertreter im Betrieb (Übereinkommen 135, 1971), wird gewerkschaftlichen Vertrauensleuten im Unterschied zu Betriebsräten in der Bundesrepublik nicht zugestanden. Das Übereinkommen 47, 1935, zur 40-Stunden-Woche hat die Bundesrepublik nicht ratifiziert, so daß formal kein Verstoß der Arbeitszeitordnung (48 Std. Arbeitszeit) gegen die völkerrechtliche Norm vorliegt. Die erwähnte Leiharbeit und die aktuellen Einschränkungen des Vermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit können allerdings als Völkerrechtsbruch gewertet werden. Das gilt nicht für die Einschränkung des Jugendarbeitsschutzes, da das Übereinkommen 90, 1948, zum Verbot der Nachtarbeit von Jugendlichen nicht ratifiziert wurde. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung ist der Ausschluß von indirekt durch Streiks betroffenen Arbeitnehmern aus der Arbeitslosenversicherung (kein Arbeitslosengeld bei . passiver Streikbeteiligung'gemäß Erlaß der Bundesanstalt für Arbeit) nach dem ratifizierten Übereinkommen 102, Art. 69i (Soziale Sicherung, 1952) unzulässig. 2. Kritik der ILO-Normen aus der Sicht der nationalen Sozialpolitik am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland Schwerer noch als die formalrechtlichen Diskrepanzen zwischen ILO-Normen und bundesdeutscher Gesetzgebung wiegen die funk-tionellen Diskrepanzen. Funktionelle Diskrepanzen liegen vor, wenn die internationale Norm zwar formal, aber nicht dem Sinn nach eingehalten wird. Zwischen den ILO-Zielen und der Gesetzgebung in der Bundesrepublik gibt es neuerdings eine gegenläufige Entwicklung, wie man z. B. bei der öffentlichen Arbeitsverwaltung feststellen kann. Die Spargesetze im Bereich der Arbeitsförderung {Haushaltsbegleitgesetze '82, '83; Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz ’ 82) haben die aktive Arbeitsmarktpolitik im Vergleich zu den Lohnersatzleistungen geschwächt; das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit wird zunehmend durch die Förderung von Leiharbeit und Grauzonenbeschäftigung unterlaufen. Die Abschaffung der . originären Arbeitslosenhilfe'für Hausfrauen und Hochschulabsolventen, die zuvor nicht beschäftigt waren, widerspricht den Zielsetzungen von Übereinkommen 150 (Arbeitsverwaltung, 1978), das die Ausweitung des Versicherungsschutzes auf arbeitsmarktferne Gruppen vorsah. Der Vorrang der Beitragsfinanzierung vor der Steuerfinanzierung im westdeutschen System der Arbeitslosenversicherung widerspricht derselben Konvention, die eine konjunkturunabhängige Basis für die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik nahelegt. Übereinkommen 150 sah darüber hinaus eine fortschreitende Demokratisierung der Arbeitsverwaltung vor, bei der neben Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertretern auch lokale Träger der sozialen Dienste und sonstige Gruppen beteiligt werden sollten. Dagegen findet in der Bundesrepublik eine stärkere Zentralisierung der Entscheidungen im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, d. h. bei der Bundesregierung statt. Über die Konkretisierung der . flexiblen Rechtsbegriffe'wie z. B. . Zumutbarkeit', Angemessenheit'etc. entscheidet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales anstelle der dreigliedrigen Bundesanstalt für Arbeit Auch die . ausländer-politische Wende" in der Bundesrepublik (Rückkehrprämien, Einschränkung des Nachzugsalters) steht im Gegensatz zum ILO-Ziel Eingliederungshilfe. Schließlich entwickelt sich die Sozialhilfe zunehmend zu einem unzureichenden Mindestlohnersatz. Die Bundesrepublik hat die Übereinkommen zum Mindestlohn nicht ratifiziert, da sie ein Mindesteinkommen durch Tarifverträge sichergestellt sieht. Die stagnierenden Sozialhilfesätze beeinflussen aber das Tarifgefüge der unteren Lohngruppen. Hinzu kommt, daß der Anteil der Arbeitslosen unter den Sozialhilfeempfängern von fünf auf bis zu 20 % in Großstäd-ten gestiegen ist, so daß an die Sozialhilfe die Standards des Mindestlohns gestellt werden müssen, die sie nicht erfüllt.

Die Zunahme funktioneller Diskrepanzen zwischen ISP-Normen und nationaler Beschäftigungspolitik beschränkt sich aber nicht auf die Bundesrepublik wodurch das Gesamtkonzept fraglich wird. ILO-Normsetzung oder auch die Empfehlungen der OECD zur Arbeitsmarktpolitik flüchten sich in Verbesserungsvorschläge zur Technik der Arbeitsverwaltung, doch sind sie in ihren Vorschlägen durch die national möglichen Methoden beschränkt -Das am schwersten wiegende Defizit der Beschäftigungspolitik auf nationaler Ebene scheint aber heute zu sein, daß der politische Kompromiß versagt.

Eine politische Auseinandersetzung gibt es in der Bundesrepublik nur zu Teilaspekten der Umgestaltung des Sozialstaats. Es gibt die Auseinandersetzung um Angebots-oder Nachfrageorientierung der Beschäftigungspolitik zwischen Staat, Arbeitgeber-Organisationen und Gewerkschaften, in die Argumente zum Lohnniveau, zur Arbeitszeit und zur Einkommenssicherung hineinspielen. In diesem institutionalisierten . dreigliedrigen'Konflikt fallen jedoch einige Regelungsbereiche durch. Zur Sozialhilfepraxis und Ausländerpolitik gibt es keine . konzertierte Aktion. Die Interessensvertretung von Arbeitslosen, Fürsorgeempfängern und sonstigen arbeitsmarktfernen Gruppen ist in die institutionalisierte Auseinandersetzung nicht einbezogen. Noch weniger steht das Gesamtpaket der staatlichen Instrumente, ihre . Verlinkung', zur Diskussion. Die Politik der . Besitzstandswahrung'hält an der gegebenen Kombination, an der wirtschaftspolitischen Hierarchie fest. Das hat eine möglicherweise ungewollte Ausgrenzung dieses Themas aus der politischen Auseinandersetzung zur Folge. Die Ausgrenzung von Konflikten aus dem offiziell anerkannten Problemkanon aber ist nicht zuletzt ein . Steuerungsproblem'; das Beispiel Arbeitsmarktpolitik zeigt, was gemeint ist. Eine Ausweitung der Kompetenzen der Arbeitsämter auf die Kontrolle betrieblicher Personalpolitik oder eine kommunale Beschäftigungspolitik wären durch administrative Methoden gar nicht . sachgerecht'einzuführen. Sie verlangen eine Politisierung des Problems und den Ein-bezug von neuen . Subjekten'in die Entscheidung (Initiativgruppen, . Betroffene', Sozialplanung etc.). Diese . Sozialisation'von . Bürgern'und Staat scheint auf kommunaler Ebene gegenwärtig am leichtesten zu sein 3. Internationale Sozialpolitik als institutionelles Regime?

Die Hoffnungen der skizzierten . liberalen'Lehre der Internationalen Sozialpolitik gehen dahin, internationale Steuerung könne durch die Errichtung von institutioneilen Regimes verbessert werden. Dabei soll neben dem Völkerrecht vor allem die wissenschaftliche Programm-und Politikberatung die Konsensbereitschaft der Akteure erhöhen. Diese Hoffnung scheint sich im Fall der Internationalen Sozialpolitik nicht zu bestätigen.

Auf die wissenschaftliche Beratung ist, wie das Beispiel eines Weltbeschäftigungsprogramms zeigt, nicht immer Verlaß. Die Gründe für die Ohnmacht der Internationalen Sozialpolitik liegen jedoch tiefer. Die Grenzen ihrer Steuerung werden nämlich nicht durch die Sachkompetenz der Wissenschaft, sondern durch den Entwicklungsstand der nationalen Sozialpolitik gesetzt. Die . dreigliedrige’ Repräsentation von Interessensgruppen in Entscheidungsgremien genügt nicht, um die nationalen Defizite des Sozialstaats auf die internationale Bühne zu tragen. Schon auf nationaler Ebene sind die korporativen Gremien ungeeignet, um das Spektrum sozialer Konflikte zu vertreten. Defizite des Sozialstaats, die national nicht zum politischen Thema werden, weil die entsprechenden Probleme verdrängt oder institutionell nicht repräsentiert sind, tauchen in internationalen Gremien nicht auf, die von denselben Verbänden und Regierungen besetzt werden. Ohne innergesellschaftliche . Mobilisierung’ oder politische Thematisierung sind Vorschläge zur Weiterentwicklung der . Steuerung’ unwirksam. Vorschläge zu einer Kommunalisierung der Arbeitsmarktpolitik setzen Subjekte voraus, die die neuen kommunalen Aufgaben wahrnehmen können. Dieses Problem ist verwaltungstechnisch nicht lösbar.

Die Hoffnung auf ein internationales Regime gründet sich auf eine unzulässige Gleichsetzung zwischen nationaler und internationaler Sozialpolitik. Schon in der nationalen Sozialpolitik finden sich zahlreiche Nicht-Regelungen, Ausgrenzungen von Problemen oder Gruppen, obwohl sie in ein vergleichbar diffe-renziertes Netz sozialer Konflikte eingebunden ist. Dieser Bezug zur Soziaiintegration fehlt der Internationalen Sozialpolitik. Sie ist mehr ein Nonregime als ein Regime

IV. Ansatzpunkte für sozialpolitischen Internationalismus?

Die institutioneile Sicht kommt der Realität der Internationalen Sozialpolitik näher als die juristische. Ihre Schwäche liegt darin, daß sie nicht-institutionalisierte Konflikte . vergißt'. Wie die nationale Sozialpolitik unterstützt die Internationale Sozialpolitik eine wirtschaftspolitische Hierarchie. Diese aber ist für die Kooperationsunfähigkeit auf internationaler Ebene verantwortlich. So bleibt das Ziel einer internationalen Steuerung Utopie; man verzichtet auf wesentliche innerstaatliche Änderungen und hofft auf eine Beeinflussung der nationalen Politik durch die internationalen Normen und Programme. Neben dieser Verkehrung des Kausalzusammenhangs stört an der ILO-Konzeption die beschäftigungstheoretische Verkehrung, die das Zentrum der internationalen Beschäftigungskrise in Entwicklungsländern verortet.

Man kann diese Mängel der Internationalen Sozialpolitik auch anders lesen. Die vorherrschende Konzeption beraubt sich selbst einer Reihe von Handlungsmöglichkeiten, die sie bei einer anderen politischen Orientierung hätte. Die institutioneile Betrachtung hat einige Handlungsebenen identifiziert:

— Völkerrechtssetzung und -Durchführung; — Programmplanung, Durchführungs-und Wirkungskontrolle (EG-Sozialfonds, Weltbeschäftigungsprogramm); — die Kritik der Organisationsideologie (ILO, Europarat, EG, Gewerkschaften);

— internationale . Steuerung'im Bereich der Außen-und Außenwirtschaftspolitik.

Die Diskrepanz zwischen Völkerrecht und nationaler Gesetzgebung gibt Argumente für die Rechtspolitik. So konnte die IG Metall während der Streikaktionen 1984 auf die ILO-Standards verweisen, als die Bundesanstalt für Arbeit die Zahlung von Arbeitslosengeld an . passive'Streikteilnehmer verweigerte. Auch die Beschneidung des Vermittlungsmonopols und andere sozialrechtliche Defizite können als Völkerrechtsbruch gewertet werden. In der Organisationsideologie von ILO, Europarat und EG ist zu viel von . internationaler Steuerung'und zu wenig von der Kritik der nationalen Politik, vor allem der wirtschaftspolitischen Hierarchie, die Rede.

Für die ILO-Normen stellt sich das Problem, daß eine Weiterentwicklung der staatlichen Beschäftigungspolitik eine soziale Mobilisierung voraussetzt, die man völkerrechtlich nicht verordnen kann. Eine neue Orientierung der Standardsetzung könnte aber dieses Problem verdeutlichen. Eine Erweiterung des berücksichtigten Interessenspektrums auf arbeitsmarktferne Gruppen und eine Abschwächung der wirtschaftspolitischen Hierarchie wären geboten. Sie könnten durch die folgenden Normen gefördert werden:

— Bereitstellung einer von Arbeitsmarkterfordernissen unabhängigen Einkommenssicherung, — Einbezug von Sozialhilfeempfängern in die Versicherung, — Wanderungspolitik ohne konjunkturpolitische Funktion, — Garantie des Bürgerrechtsstatus bei Arbeitslosigkeit und Fürsorgebedarf, — Regionalisierung der Beschäftigungspolitik durch Kommunalisierung, also im Sinne einer erweiterten (außerbetrieblichen) Mitbestimmung. Diese Anforderungen wären auch an die Europarats-Normen zu stellen.

Der EG-Sozialfonds läuft Gefahr, zu einem . Selbstbedienungsfonds'zu werden. Nach den . schwachen'Industrien und Regionen werden nach der Reform nun auch Träger der außer-betrieblichen Berufsbildung, kleine Unternehmen und Wohlfahrtsverbände verstärkt in den Genuß der europäischen Gelder kommen, ohne daß dadurch die Trägerpolitik oder die Kommunalplanung wesentlich beeinflußt würden. Zu diesem Zweck müßte der Anteil der . Experimentier'-und Forschungsprojekte höher sein und statt der Zielgruppenpolitik (z. B. Jugendarbeitslosigkeit) eine problembezogene Programmförderung intensiviert werden (z. B. Entwicklung städtischer Arbeitsmarktpolitik). Die Vergabe von Arbeitsförderungsmitteln aus dem Sozialfonds ließe sich, statt von regionalen Arbeitslosenquoten, z. B. auch davon abhängig machen, ob die zustän-dige Kommune eine kommunale Planung zur Arbeitsmarktpolitik besitzt.

Internationale Sozialpolitik ist als Feld der internationalen Gewerkschaftspolitik von Bedeutung. Die Gewerkschaften stehen allerdings in einem Dilemma zwischen internationalistischem Anspruch und Interessengegensätzen zwischen Branchengewerkschaften in konkurrierenden Ländern. Ein Übergang vom Schwerpunkt der kurzfristigen Absicherungsinteressen zu sozialpolitischer Programmpolitik könnte diese Kluft überbrücken. Dagegen ist von der . Steigerung'der institutionellen Zusammenarbeit in internationalen Konzern-betriebsräten oder Branchenbüros allein dieser Internationalismus nicht zu erwarten. Nationale Gewerkschaften, die interessenspolitisch in Gegensatz geraten (z. B. Sicherung der Stahlarbeitsplätze in Italien kontra Absicherung der Beschäftigung in der Bundesrepublik), können in sozialpolitischen Fragen (z. B. in Fragen einer verbesserten staatlichen Einkommenssicherung) dennoch kooperieren. Schließlich hat Internationale Sozialpolitik zum . Internationalismus' der sozialistischen Länder und der zweiten Internationale sowie der Entwicklungsländer wichtige Kritikpunkte beizutragen. Sozialistische Länder unterschätzen die Rolle des Sozialstaats als Feld der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung. Die vermeintlich radikale Etikettierung der Sozialpolitik als . kapitalkonform'verzichtet z. B. auf eine konkrete Kritik an der wirtschaftspolitischen Hierarchie. Die Berufung auf außenpolitische und außenwirtschaftspolitische Sachzwänge bei der Beurteilung der Internationalen Sozialpolitik ist unlauter. Hinter ihr verbirgt sich die einseitige Interpretation des Sozialstaats. Der sozialdemokratische Internationalismus läuft dagegen Gefahr, . neorealistische'Konzepte, z. B. das Grundbedarfskonzept, unkritisch zu übernehmen. Die Bemühungen der UNCTAD um eine neue Weltwirtschaftsordnung drohen schon eine Stufe vorher zu scheitern. Das Konzept operiert ähnlich wie die völkerrechtliche Sicht der Internationalen Sozialpolitik mit einem juristischen Weltordnungskonzept. Politische Rohstoffpreise und die Öffnung der Märkte in Industrieländern für Produkte der Entwicklungsländer sollen völkerrechtlich vereinbart werden. So stellt der Ansatz noch weniger als die Internationale Sozialpolitik die Innenpolitik in Industrieländern in Frage Erst im Zusammenhang mit einer neuen Innenpolitik in den Industrieländern aber können die internationalistischen Ansätze wieder an Bedeutung gewinnen. Der Prozeß, wenn er in Gang kommt, wird auf nationaler Ebene mit einer Reformdiskussion zum Sozialstaat und zur . indirekten’ Wirtschaftspolitik beginnen. Die nötige soziale Mobilisierung und . Steigerung'der staatlichen . Steuerungskapazität'wird auf lokaler Ebene beginnen müssen. So fängt der Internationalismus, denkt man das ISP-Konzept zu Ende, in der Kommune an.

Fussnoten

Fußnoten

  1. B. Schulte/H. F. Zacher, Der Aufbau des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Sozialrecht, in: Vierteljahresschrift für Sozialrecht, 10 (1981) 2.

  2. H. A. Kissinger, Domestic Structure and Foreign Policy, in: Daedalus, 95 (1966); , N. M.', International Labor in Crisis, in: Foreign Affairs, 49 (1970/71), S. 519— 532; R. G. Gilpin, The richness of the tradition of political realism, in; International Organization, 38 (1984) 2.

  3. G. Myrdal, Jenseits des Wohlfahrtsstaats, Stuttgart 1961; W. L Bühl, Transnationale Politik, Stuttgart 1978, S. 107— 123.

  4. OECD, The Welfare State in Crisis, Paris 1981.

  5. G. Zilbura, Weltwirtschaft und Weltpolitik 1922/24— 1931, Frankfurt 1984; P. A Sorokin, War and Post-War Changes in Social Stratifications of the Euro-American Population, in: American Sociological Review, 10 (1945), S. 294— 303.

  6. Internationale Arbeitsorganisation, Internationale Arbeitskonferenz, 69. Tagung Bericht VI (1), Beschäftigungspolitik, Genf 1982, S. 3f; OECD, Employment Outlook, Paris 1983, S. 23.

  7. Z. B. die Utopie von einer Evolution der internationen Steuerung in: K. W. Deutsch, Functions and Transformations of the State, Berlin, Wissenschaftszentrum (IIMV, TIVG/pre 80— 119) 1980.

  8. E. B. Haas, Why Collaborate? Issue-Linkage and International Regimes, in: World Politics, 32 (1980), S. 396.

  9. R. W. Cox, ILO: Limited Monarchy, in: ders. /H. K. Jacobson (Eds.), The Anatomy of Influence, N. Haven — London 1974.

  10. R. Geiger, Recht der internationalen Beziehungen, München 1982.

  11. ILO, International Labour Conference, 68th Session, Report 2, Information and Proposals Concerning the Programme and Budget, Geneva 1982.

  12. IAA-Internationales Arbeitsamt, Beschäftigungspolitik im zweiten Entwicklungsjahrzehnt — Gemeinsame Zielsetzungen des Verbands der Vereinten Nationen, Genf 1973.

  13. E. B. Haas, Beyond the Nation State, Stanford (Cal.) 1961; ILO, World Empl. Programme, Research in Retrospect and Prospect, Geneva 1976 ff.

  14. Vgl. R. W. Cox (Anm. 9), S. 106.

  15. Ebd., S. 128.

  16. J. Schregle, Internationaler Rechtsvergleich in der normschaffenden Tätigkeit der IAO, in: H. F. Zacher, Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, Berlin 1978, S. 133 ff.

  17. ILO, The International Labour Code 1939, Montreal 1941; ILO, The International Labour Code 1951, Geneva 1952.

  18. St. Hoffmann, Conditions of World Order, Daedalus, 95 (1966).

  19. J. Schregle (Anm. 20).

  20. IAO, Übereinkommen und Empfehlungen 1919— 66 (und Nachträge bis ’ 84), Genf 1966; ILO, Conventions and Recommendations 1919— 81, Geneva 1982.

  21. N. Valticos, The future prospects for international labour Standards, in: International Labour Review (ILR), 118 (1979), S. 692 f.

  22. G. Schnorr, The Influence of ILO Standards on Law and Practice in the Federal Republic of Germany, in: ILR, HO (1974) 2.

  23. J. J. M. van der Ven, Sozialrecht und Menschenbild, in: Vierteljahresschrift für Sozialrecht, 9 (19811 S. 8 ff.

  24. J. Schregle (Anm. 20), S. 124 ff.

  25. J. Mentzel, Nationale und internationale Verwaltung, in: Die Öffentliche Verwaltung, 22 (1969), S. 1 ff.

  26. C. Villars, Social security Standards in the Council of Europe: the ILO influence, in: ILR, 118 (1979).

  27. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Was tut der Europarat zum Schutz der Menschenrechte, Bonn 1978, S. 26 ff.

  28. S. -G. Nagel, Sozialrechtsvergleich im Aufgabenbereich des Europarats (insbesondere bei der Gestaltung und Anwendung der Konventionen), in: H. F. Zacher (Anm. 20), S. 177.

  29. Bundeszentrale (Anm. 31), S. 36.

  30. Ebd., S. 37.

  31. Ebd, S. 5f.

  32. Ebd., S. 31f.

  33. Ebd., S. 36.

  34. S. G. Nagel (Anm. 32), S. 173— 76.

  35. Council of Europe, European Migration in the 1980s, Trends and Policies, Strasbourg 1981.

  36. EG-Kommission, Die Sozialpolitik der Gemeinschaft, in: Zeitschrift für Sozialreform, 10 (1982), S. 624; Ph. Watson, Social Security Law of the European Communities, London 1980; A Bleckmann, Die Rechtsvergleichung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, in: H. F. Zacher (Anm. 20).

  37. Ph. Watson (Anm. 40), S. 30 ff.

  38. J. Pipkorn, Die Bedeutung der Rechtsvergleichung für die Harmonisierung sozialrechtlicher Normen in den Europäischen Gemeinschaften, in: H. F. Zacher (Anm. 20), S. 241— 44.

  39. Ebd., S. 246— 50.

  40. EG-Kommission (Anm. 40), S. 625 f.

  41. Ebd.

  42. Ebd.

  43. Vgl. M. Tohidipur, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Verfassungs-und Verwaltungssystem der Europäischen Gemeinschaften, in: ders., Der bürgerliche Rechtsstaat 2, Frankfurt/M. 1978.

  44. s s Haas Wh Coilabome aaQ GAunm 8 S 30 39

  45. za 0 LAK 69. Tagung, Bericht VI (II Beschäftigumpspoimkk 1982.

  46. OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development), Development co-operation 1984 review, Paris 1984, S. 98.

  47. ILO, World Employment Programme, Research in retrospect and Prospect (Anm. 17).

  48. Wandel der Beschäftigungsstruktur in der Dritten Welt, und: F. Blanchard (Generaldirektor der ILO), Dreigliedrige Aktion für die Beschäftigung, in: IAO-Nachrichten, 19 (1983) 2; U. E. Simonis, Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 37-38/80.

  49. Die Programmaktivitäten gegenüber Industrie-ländern beschränken sich auf Studien zur Bildungsökonomie und Armutsforschung, z. B.: K. Hüfner/H. Köhler/J. Naumann. Higher Education and Manpower Planning in the Federal Republic of Germany,

  50. EG-Kommission, Der neue Europäische Sozial-fonds (1. 5. 72), Brüssel 1972; F. Vandamme, The revised European Social Fund and action to combat unemployment in the European Community, in: International Labour Review 123— 1984, S. 167— 181.

  51. Finanzbericht des BMF, Bonn 1984, S. 157.

  52. EG-Kommission (Anm. 40).

  53. F. Vandamme (Anm. 54), S. 179.

  54. B. Blanke u. a., Arbeitslosigkeit und Kommunale Sozialpolitik, in: W. Bonß/R. G. Heinze, Arbeitslosigkeit in der Arbeitsgesellschaft, Frankfurt/M. 1984.

  55. ILO-Empfehlüng 122 (1964) Beschäftigungspolitik, in: IAO (Anm. 24), S. 241— 244.

  56. ILO-Empfehlung 169 (1984) Beschäftigungspolitik, in: IAO 70. Tagung, Bericht IV (2) Beschäftigungspolitik, Genf 1984.

  57. Jährliche Berichte des . Committee of Experts of Ratified Conventions'der LAK, Berichte III (4a) jeder Tagung.

  58. R. Knieper, Weltmarkt, Wirtschaftsrecht und Nationalstaat, Frankfurt/M. 1976. S. 208— 225.

  59. Stellungnahme der Bundesregierung zur Struktur-berichterstattung, BTD 9/762, 1982.

  60. Die ILO vertritt die Auffassung, daß Leiharbeit die Funktion der Arbeitsvermittlung erfüllt Ein Kontrollverfahren gegenüber der Bundesrepublik existiert jedoch bislang nicht

  61. DGB/OTV, Fachtagung . Massenarbeitslosigkeit — Krise der Beschäftigungspolitik, Krise in den Arbeitsämtern’ vom 9. — 10. 3. 1982 in Bonn — Ergebnisse.

  62. Vgl. AFG § 111, 2.

  63. Internationale Arbeitskonferenz, Stellungnahme der Kommission zur Überprüfung der Durchführung von ratifizierten Übereinkommen: 68 ILO (68. International Labour Conference), Report IVa, Geneva 1982, S. 199/200.

  64. A AFG, in Kritische Justiz, 4 (1975). Wacker/G. Paul, Der Zumutbarkeitsbegriff des

  65. UM, Internationale Chronik zur Arbeitsmarktpolitik, Berlin (Nr. 1— 18) 1980— 84; ILO, Income Security in Europe in the Light of Structural Change, Second European Regional Conference, Report III, Geneva 1974, OECD, The Welfare State in Crisis (Anm, 4).

  66. OECD, The Public Employment Service in a Changing Labour Market, Paris 1984.

  67. G. Schmidt, Steuerungstheorie des Arbeitsmarkts, IIM/dp 80 — 40, Berlin 1980 (als Beispiel für einen administrativen Ansatz).

  68. Vgl. zum Beispiel Kommunale Arbeitsmarktpolitik: DGB/OTV (Anm. 65).

  69. S. Strange, Cave! hic dragones: a critique of regime analysis, in: International Organization 38 -2, Spring 1984, S. 487.

  70. Bundesministerium für Wirtschaft, Die neue Welt-wirtschaftsordnung, Positionspapier, Bonn 1977.

Weitere Inhalte

Wolfgang Zaschke, geb. 1954, Doktorand rer. pol.; Studium der Sozialwissenschaften, Geschichte, Germanistik und Sozialpolitik; Hrsg, der „Kölner Informationen zur Sozialpolitik"; Mitarbeit an einem Entwicklungsprojekt. Veröffentlichungen: Kommunale Sozialpolitik, in: Handbuch der alternativen Kommunalpolitik, Bielefeld 1985; Schulsozialpädagogik als kommunale Aufgabe, in: Informationsdienst Ausländerarbeit 4/84; Das Maßnahmenprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit in Köln, Kölner Informationen zur Sozialpolitik 3/83; Jugendhilfe im Zeichen der Haushaltssanierung, ebd. 2/83.