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Sozialpolitik als Wachstumsquelle Plädoyer für eine Neubesinnung über die Chancen der Sozialpolitik | APuZ 44/1984 | bpb.de

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APuZ 44/1984 Artikel 1 Die Lebensqualität der Bundesbürger Sozialpolitik als Wachstumsquelle Plädoyer für eine Neubesinnung über die Chancen der Sozialpolitik

Sozialpolitik als Wachstumsquelle Plädoyer für eine Neubesinnung über die Chancen der Sozialpolitik

Jochen Struwe

/ 26 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Trotz hoher Arbeitslosigkeit, über Jahre gesunkener Realeinkommen und einer Fülle ungelöster sozialökonomischer Probleme (z. B. Absicherung von Pflegefällen, zunehmende Zahl von Sozialhilfeempfängern, Rentenfinanzierung, Familienförderung) klingt der Ruf nach einer Beschneidung des Sozialstaats nicht ab. Diejenigen, die die „Grenzen des Wohlfahrtsstaats“ — wo immer diese auch zu finden sein mögen — seit langem erreicht bzw. überschritten sehen, versprechen sich von einer Retardation der Sozialleistungen oder der Sozialvorschriften (Arbeitsschutz, Beschäftigungsverbote etc.) neue Wachstums-impulse. In dem vorliegenden Beitrag soll zum einen angedeutet werden, daß — entgegen landläufiger Meinung — die positiven Effekte der Sozialpolitik die zweifelsohne vorhandenen negativen Wirkungen auf Leistungsbereitschaft, Wachstum und Wohlfahrt überwiegen. Zweitens soll gezeigt werden, wie ein geeigneter Umbau der Sozialen Netze Wachstum, Wohlfahrt und Lebensqualität weit stärker als bisher fördern kann. Eine Modifizierung des bundesdeutschen Sozialleistungssystems hat dabei bestimmte Rahmenbedingungen zu beachten (gesellschaftliche und ökonomische Trends, die Verrechtlichung des Systems) sowie gleichzeitig die Effizienz des Bestehenden zu erhöhen und vorhandene Lücken zu schließen. Als Demonstrationsobjekte einer „neuen“ Sozialpolitik dienen vier Ansatzpunkte: Erstens die „Intensivierung des sozialen Dialogs", die einen notwendigen Konsens über die Möglichkeiten und Chancen der Sozialpolitik erzeugen soll. Zweitens die „kontrollierte Förderung des technischen Fortschritts“, die den dringend erforderlichen Strukturwandel flankierend absichert und unerwünschte Wachstums-„Schmerzen“ lindern hilft. Der dritte Ansatzpunkt einer „neuen“ Sozialpolitik sind sogenannte Ergänzende Soziale Dienste, die — arbeitsintensiv und fiskalisch sparsam — bedeutende Wohlfahrtsbeiträge leisten können. Die „Revision der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung" wird als vierter Punkt auf ihre sozialpolitischen und wohlfahrtswirksamen Konsequenzen untersucht.

I. Wachstum als Wohlfahrtsindikator

War noch 1983 „vordringliches Ziel der Bundesregierung die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Rückkehr zu einem dynamischen, sich selbst tragenden Wirtschaftswachstum" 1), so bleibt ein Jahr danach als . vordringliches Ziel der Wirtschafts-, Finanz-und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ... die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" 2). Daß die Forderung nach „nachhaltigem Wirtschaftswachstum" allein als notwendige Voraussetzung zur Lösung der Arbeitsplatzproble Daß die Forderung nach „nachhaltigem Wirtschaftswachstum" allein als notwendige Voraussetzung zur Lösung der Arbeitsplatzproblematik und nicht mehr als eigenständiges Ziel genannt wird ist nur konsequent, heißt es doch an anderer Stelle: „Die deutsche Wirtschaft befindet sich wieder auf einem klaren Wachstumspfad.“ Demnach wäre — bei vordergründiger Betrachtung — die Frage „Brauchen wir Wachstum?" ohne realen Hintergrund gestellt. Beachtet man allerdings das soziale und ökonomische Umfeld, so fallen u. a. folgende markante Punkte auf (vgl. auch Abs. III 1):

— Die Wachstumsdynamik hat 1984 aller Voraussicht nach ihren Höhepunkt (in diesem Konjunkturzyklus) erreicht und überschritten; für 1985 wird — beispielsweise von den fünf Konjunkturforschungsinstituten in ihrem am 22. Oktober 1984 veröffentlichten Herbst-, gutachten — eine Abschwächung des Wachstumstrends erwartet. Eine optimistische Ausnahme in dieser Einschätzung macht die Bundesregierung, die für die Jahre 1984— 1988 einen jahresdurchschnittlichen Anstieg der preisbereinigten Wachstumsrate von 2, 5 Prozent annimmt — Die Arbeitslosigkeit nimmt immer noch zu, wobei nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Verschlechterung zu konstatieren ist: Die Zahl der unversorgten, einen Ausbildungsplatz suchenden Jugendlichen war — vorhersehbar — trotz unbestreitbarer Erfolge bei der Stellenbeschaffung in den letzten Jahren noch nie so hoch wie derzeit; die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit stieg konstant und liegt nunmehr bei acht Monaten nicht zuletzt deswegen sind die Qualifikationsprofile auf der Angebots-und Nachfrageseite des Arbeitsmarktes immer weniger deckungsgleich.

— Die Notwendigkeit eines forcierten Strukturwandels wird angesichts einer schlechter werdenden Altersstruktur von industriellen Anlagen und Gebäuden, einer in Teilbereichen vergleichsweise ungünstigen Position deutscher Wettbewerber (z. B. Bürotechnik, Unterhaltungselektronik, Datenverarbeitung) und den Anpassungsproblemen der deutschen Stahl-oder Werftindustrie deutlich. Arbeitsplätze wurden vor allem in den Branchen geschaffen, in denen die Arbeitsproduktivität überdurchschnittlich stieg, weil Investitionen rechtzeitigen Strukturwandel förderten Neben diesen akuten Problemfeldern gibt es weitere Aufgabenbereiche, die einer Lösung harren. In der Mittel-und Langfristperspektive wäre zu denken an den Umweltschutz oder an die Sicherung der Rentenfinanzierung. Diese Probleme sind im übrigen nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern ähnlich in den meisten westlichen Industrienationen zu bewältigen.

Ist somit die Frage nach der Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums berechtigt, drängt sich angesichts der in aller Kürze geschilderten Gemengelage auf, die Notwendigkeit von Wachstum zu bejahen -Bei aller gebotenen Vorsicht wird man feststellen dürfen, daß eine angemessene Wachstumsrate (was ist angemessen?)

— Arbeitsplätze sicherer macht (aber: „jobless growth" bei niedrigem Wachstum und schnellem technischen Fortschritt), — den Strukturwandel durch raschere und reibungslosere Implementation neuer Techniken erleichtert, — die internationale Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten hilft, — die Finanzierung zusätzlicher öffentlicher Ausgaben in den Bereichen Umweltschutz, Ausbildung oder soziale Sicherung ermöglicht. Akzeptiert man also den Problemlösungsansatz „Wachstum", dann liegt es nahe zu fragen, was wachsen soll und wie dieses Wachstum erreicht werden kann.

Da es bekanntlich keine richtigen, sondern nur zweckmäßige Definitionen gibt, wird als Wohlfahrtsindikator im folgenden nachstehender Wachstumsbegriff benutzt: angestrebt wird die Zunahme des realen Bruttosozialpro. dukts pro Kopf, neuerdings häufig zu errei. chen auf dem Wege des qualitativen, d. b. strukturellen, ressourcenschonenden Wachstums. Dabei wird nicht verkannt, daß auch ein so definiertes Wachstum allein nicht hinreichend ist, um die Wohlfahrt zu steigern; die Erhöhung individueller oder gesellschaftlicher Wohlfahrt braucht andererseits nicht notwendigerweise mit materiellem Wachstum einherzugehen.

So treten Wachstums-und Wohlfahrtsverluste ein, wenn beispielsweise in einer Unterbeschäftigungssituation massive Einschnitte in die Leistungen der Arbeitslosenversicherung vorgenommen werden. Wachstumsverluste bei Wohlfahrtsgewinnen sind denkbar bei umfangreichen Arbeitszeitverkürzungen. Wachstumsgewinne bei Wohlfahrtsverlusten sind feststellbar bei verschiedenen sozialpolitisch motivierten Wohnungsbauprogrammen, die zu Zersiedlung und Zerstörung bisher intakter Ökosysteme führen. Wachstum und Wohlfahrt werden stimuliert, wenn es beispielsweise gelingt, schattenwirtschaftliche Aktivitäten so in gesamtwirtschaftliche Kreisläufe einzupassen (also zu erfassen), daß die Motivation zu eben diesen Tätigkeiten nicht leidet.

Im folgenden soll gezeigt werden, daß eine Antwort auf die zweite Frage, wie Wachstum erreicht wird, lauten kann: Sozialpolitik ist eine der Quellen des Wachstums und trägt — bei entsprechender Modifizierung noch stärker als heute schon — dazu bei, auch andere „Quellen" sprudeln zu lassen.

II. Traditionelle Sozialpolitik und Wachstum

1. Der prinzipielle Zusammenhang Sozialpolitische Maßnahmen bestehen aus monetären oder realen Transfers (übertra-gungen) oder aus der Setzung von Rahmendaten. Gleich, welche dieser Maßnahmen oder Instrumentenbündel eingesetzt werden, sind Auswirkungen auf das Wachstum des Bruttosozialprodukts als auch auf die Zunahme der „gesellschaftlichen Wohlfahrt" zu erwarten (dabei beschreibt der Indikator „Bruttosozialprodukt" — mit einigen bekannten Abstrichen — die materielle, güterwirtschaftliche Wohlfahrt, während die „gesellschaftliche Wohlfahrt" individual-und sozialpsychologische Faktoren wie Systemzufriedenheit, Leistungsfähigkeit und -bereitschaft, Partizipationsmöglichkeiten, Aufstiegschancen etc umfaßt). Mithin wird auch der oben definierte Wohlfahrtsindikator berührt. Sozialpolitische Zielsetzungen können grundsätzlich mit Wachstums-und gesellschafts-(im Sinne von Wohlfahrts-) politischen Zielsetzungen harmonieren oder konfligieren, wenn sich die Ziele nicht ausnahmsweise indifferent gegenüberstehen. Damit kann Sozialpolitik in zwei Richtungen wirken: Sie kann Wachstum und Wohlfahrt fördern und stimulieren, sie kann aber auch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperität hemmen. 2. Die Kritik an der Sozialpolitik «Sozialpolitik als Wachstumsquelle" ist heutzutage ein ungewöhnlicher Blickwinkel, denn die überwiegende Mehrzahl aller Publikationen der letzten Jahre, die sich mit den sozioökonomischen Effekten der Sozialpolitik oder des Sozial-und Wohlfahrtsstaates beschäftigen, rechnet der Sozialpolitik eher wachstumshemmende, ja sogar wohlfahrtsmindernde Wirkungen zu.

Sieht man von überzogenen Ausfällen gegen den Sozialstaat und seine gelegentlich als „Sozialparasiten" bezeichneten Nutznießer, die es sich mit „überflüssigem Sozialklimbim" gut versorgt in der „sozialen Hängematte" wohl sein lassen, ab, dann reduziert sich die liberal-konservative Sozialstaatskritik auf folgenden Kern:

1. Der Sozialstaat hemmt die individuelle Leistungsbereitschaft, da es zweifelsohne angenehmer ist, leistungsloses Einkommen zu beziehen, keine Sozialabgaben abzuführen und seine Konsumwünsche durch unbelastete Schwarzarbeit zu erfüllen.

2. Der Sozialstaat behindert die unternehmerische Expansion, weil rigide und kosten-trächtige Sozialvorschriften den Produktionsfaktor Arbeit — sowohl was Neueinstellungen als auch Entlassungen angeht — verteuern oder weil eine flexible Anpassung an veränderte Marktsituationen durch starre arbeits- und arbeitszeitrechtliche Bestimmungen unterbunden wird.

3. Der Sozialstaat ist zu teuer, weil zu ineffizient; intransparent, weil zu verbürokratisiert und verrechtlicht; er ist stellenweise überflüssig, weil die Menschen sich mittlerweile selbst absichern können.

Die liberal-konservative Kritik, so berechtigt sie im Einzelfall sein mag, blendet allerdings wichtige Aspekte aus.

Diese Aspekte werden von der „linken" Sozialstaatskritik aufgegriffen, die die Sozialpo-litik beschuldigt, notwendige gesellschaftliche Umwälzungen zu verhindern, indem sie die Systemakzeptanz sichere, die individuelle Reproduktions-und Produktionsfähigkeit gewährleiste und Partizipationsmöglichkeiten und Aufstiegschancen vermittele bzw. suggeriere. Kurz: die Sozialpolitik erreicht, daß „auf dem Umweg über den sozialen Staat ... die industrielle Gesellschaft möglich (wird)", so — schon 1931 — die Zusammenfassung der heutigen linken Sozialstaatskritik durch den Philosophen und Soziologen Hans Freyer 3. Der Soziale Friede als Produktionsfaktor Die Kritik von links greift die Sozialpolitik wegen ihres „konservierenden Charakters“ an, und sie geht — was die Diagnose betrifft — nicht einmal fehl damit. Denn es stimmt, was Anton Burghardt festgestellt hat: „Viele der in der Sozialgeschichte erwähnten, formell sozialpolitischen Maßnahmen haben so gut wie ausschließlich die Qualität politischer Taktik." Und wenn Joseph Höffner bemerkte, daß „wichtigstes Motiv der staatlichen Sozialpolitik ... die Staatsräson gewesen (ist)" so ist auch dem zuzustimmen.

Damit ist ein erster Beitrag der Sozialpolitik zur Erreichung der Gesellschaftsziele, zu denen eben auch Wachstum und Wohlfahrt gehören, aufgezeigt. Sozialpolitik schützt und fördert die Produktions-und Reproduktionsfähigkeit des Menschen (Beispiele: Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitszeitordnung, aber auch Sozialhilfe). Sie ermöglicht die gesellschaftliche Teilnahme weiter Bevölkerungskreise an wirtschaftlichen und sozialen Weichenstellungen (Beispiele: die betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung, die Selbstverwaltung der Sozialversicherungsorgane) und macht vorhandene Sozial-strukturen durchlässiger (Beispiel: Vermö-gens-und Bildungspolitik). Sie trägt ferner zur Bildung von human Capital bei und motiviert den einzelnen, mit Aussicht auf Erfolg zu versuchen, seinen sozialen und ökonomischen Status zu verbessern. Dadurch, daß Sozialpolitik Chancen öffnet und die gesellschaftliche Gerechtigkeit erhöht, sichert sie das bestehende Gesellschafts-und Wirtschaftssystem ab und ermöglicht gleichzeitig seine notwendige Veränderung auf evolutionärem, nicht revolutionärem Weg.

Diese erste Erkenntnis wird häufig als trivial und altbekannt abgetan. Gleichwohl verliert sie dadurch nicht an Bedeutung oder wird gar unrichtig In der Bundesrepublik wird denn auch der „Soziale Friede als Produktionsfaktor" in der politischen Sphäre anerkannt:

— Helmut Schmidt: „Der soziale Grundkonsens hat sich als Produktivitätsfaktor ersten Ranges erwiesen."

— Otto Graf Lambsdorff: „Eine dynamische Wirtschaft kann nach unserer Erkenntnis dauerhaft nur in Verbindung mit einem System sozialer Sicherungen betrieben werden.“

— Norbert Blüm: „Sozialer Friede ist eine Aufschwungbedingung."

Gerade auch nach der Beendigung der diesjährigen Arbeitskämpfe wird die Bewahrung, wenn möglich der Ausbau eben dieses Sozialen Friedens eine ständige Aufgabe der Sozialpolitik bleiben. 4. Die Sozialpolitik im Wirtschaftskreislauf Auch wenn die Keynessche Nachfrageökonomie zur Zeit nicht en vogue ist (aufmerksamen Beobachtern fällt allerdings eine diesbezüglich erstarkende Rückerinnerung auf), bleibt anzumerken, daß Sozialleistungen nachfragewirksame, gesamtwirtschaftlich bedeutende Ausgabeposten sind. Ein ungefähres Maß für das ökonomische Gewicht von Sozialausgaben ist die Sozialleistungsquote. Die Sozialleistungsquote bezieht die Aufwendungen für Soziales auf das Bruttosozialprodukt. Diese — unechte, aus methodischen Gründen stets zu hoch ausgewiesene — Quote (indirekte Leistungen, Steuerermäßi. gungen, Bruttoerfassung, etc.) betrug 1982 in Österreich rund 28%, in der Schweiz knapp 25% und in der Bundesrepublik Deutschland gut 31 %. Das heißt: ein Viertel bis ein Drittel der Sozialprodukte wird für im weitesten Sinne sozialpolitische Zwecke verwendet Da spätestens seit dem Bericht der Transfer-Enquete-Kommission aus'dem Jahre 1981 der Vorwurf, der Sozialstaat „verteile das Geld nur zwischen der linken und rechten Tasche der Bürger um", als „weit übertrieben" gelten darf bedeuten die genannten Sozialleistungsquoten, daß auch bei Berücksichtigung der Tatsache, daß jede Sozialleistung finanziert sein will, Sozialausgaben äußerst wirksame Nachfragekomponenten darstellen und somit zum Wachstum des Bruttosozialprodukts beitragen.

Gesetzt den Fall, in der Bundesrepublik würden in der heutigen Situation keine Arbeitslosenunterstützungen mehr gezahlt — ein massiver Nachfrageeinbruch mit negativen konjunkturellen Auswirkungen wäre die Folge. Bei einem durchschnittlichen Arbeitslosengeld von 959, — DM im Monat (1983, durchschnittliche Arbeitslosenhilfe 802, — DM im Monat) wird nämlich die Arbeitslosenunterstützung wohl vollständig ausgabe-wirksam, während die bei einem Wegfall dieses sozialen Sicherungssystems nicht erhobenen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (maximal 119, 60 DM entsprechend 2, 3% der Beitragsbemessungsgrenze von 5 200 DM monatlich) eher zur Erhöhung der marginalen Sparquote beitragen und somit kaum nachfragewirksam würden.

Im Jahr 1983 war in der Bundesrepublik Deutschland der private Verbrauch Konjunk-turmotor Nr. 1 Dies kam schon damals für viele überraschend, da mehrere Einflüsse dagegen sprachen. So lagen die realen verfügbaren Einkommen 1983 auf dem Stand von 1978/79 Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte — seit dem „Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur" vom 18. Dezember 1975 (BGBl 1/1975, S. 3091) ohnehin ständige Absicht der jeweiligen Bundesregierungen — schlug mittlerweile insbesondere bei den Sozialleistungen durch; das erste Kabinett Kohl trat erklärtermaßen mit dem Willen zu einer „ausgabenpolitischen Atempause“ an Die privaten Haushalte finanzierten ihre Konsumausgaben durch das Auflösen von Ersparnissen und eine zunehmende Kreditfinanzierung; die Sparquote (Ersparnisse in v. H.des verfügbaren Einkommens) sank auf einen im langjährigen Mittel niedrigen Stand von 12 Prozent

Im Jahr 1984 schließlich wurde der erste private Verbrauch als Konjunkturstütze vom Export abgelöst, obwohl die Sparquote auf einen seit 20 Jahren unerreichten Tiefstand von 10 Prozent rutschte Zwar steigen die Real-einkommen 1984 erstmals seit 1980 wieder, dennoch scheinen weitere massive „Einschnitte in das soziale Netz“ aus nachfragepolitischer Sicht bedenklich zu sein.

In der Summe ergibt sich als zweiter Beitrag der Sozialpolitik zum Wachstumsziel, daß angesichts nach wie vor niedriger Kapazitätsauslastung und weiter steigenden Arbeitslosenzahlen der Nachfrageeffekt der Sozialleistungen nicht unterbewertet werden darf. Unternehmen können nur Gewinne erwarten und werden investieren, wenn sie Abnehmer für ihre Produkte finden.

Betrachtet man den durchschnittlichen Anteil der empfangenen Transfers am jeweiligen Bruttoerwerbs-und Vermögenseinkommen für einzelne Haushaltstypen, so errechnen sich in der Bundesrepublik Deutschland für 1981 folgende Werte Der Anteil der Sozialleistungen am Bruttoeinkommen betrug in Seibständigenhaushalten 2%, bei Beamten-haushalten 5%, bei Haushalten von Angestellten und Landwirten 7%, in Arbeiterhaushalten 11 %, in Rentnerhaushalten 302% und in Haushalten von Versorgungsempfängern 370%. Viele potentielle Kunden werden mithin erst durch Sozialleistungen befähigt, als Nachfrager für bestimmte Güter und Dienstleistungen aufzutreten. Bei der . Ausmerzung des sozialen Wildwuchses", wie sie von manchen gefordert wurde, sollte dies beachtet werden. 5. Bildungs-und Ausbildungspolitik Es gäbe weitere Beispiele, an denen demonstriert werden könnte, wie Sozialpolitik auch heute schon bzw. immer noch als Wachstums-quelle fungiert. Hier soll lediglich der Bereich Bildungs-und Ausbildungspolitik angeschnitten werden wozu u. a. Umschulungs-und Fortbildungsmaßnahmen — z. B. im Rahmen von Bildungsurlauben oder Sabbatjahren — zählen. Die Verwirklichung des Prinzips des „lebenslangen Lernens" trägt nicht nur zur individuellen und gesellschaftlichen Wohlfahrt bei, sie fördert auch die geistige und physische Mobilität sowie die Anpassungs-und Innovationsfähigkeit des Menschen. Angesichts des gesellschaftlichen und technischen Wandels dürfte kaum etwas erwünschter sein, um Qualifikations-und Anforderungsprofile sowie örtliche Notwendigkeiten zur Deckung zu bringen. Gerade die immer wieder beklagte räumliche Immobilität beispielsweise von Arbeitslosen ist denn auch kein neues Phänomen; schon Adam Smith beklagte in „The Wealth of Nations", daß „der Mensch, so leichtfertig und unbeständig er auch von Natur aus sein soll, weitaus schwerer von einem Ort zum anderen zu bringen ist als irgendein Transportgut.“

Dabei wird nicht verkannt, daß Anpassung keine Einbahnstraße sein darf. Gerade neue Kommunikations-, Informations-und Fertigungstechniken bieten die Chance, „angepaßte“, „maßgeschneiderte" Produkte einzusetzen und Arbeitsplätze anzubieten. Auch soll die heute schon (zwangsläufig?) vorhandene hohe Mobilität der westdeutschen Arbeitnehmer nicht in Abrede gestellt werden: So meldeten sich 1983 über 3, 7 Mio. Arbeitnehmer arbeitslos, woraus sich bei knapp 22 Mio. abhängig Beschäftigten eine Betroffenheitsquote von 16, 9 Prozent (bei Doppelzählung von mehrmals Arbeitslosen) errechnet Hinzuzuzählen wäre noch die statistisch schwer erfaßbare Zahl innerbetrieblicher Arbeitsplatzwechsel, die u. U. mit einer örtlichen Versetzung verbunden sind. Addiert werden müßten weiterhin die Arbeitsplatzwechsel, die durch keine Sucharbeitslosigkeit (friktioneile Arbeitslosigkeit) unterbrochen sind. Vorsichtig geschätzt ergibt sich, daß in der Bundesrepublik 1983 ein Fünftel bis ein Viertel aller ab-hängig Beschäftigten in der einen oder anderen Form eine neue Tätigkeit antrat oder (evtl, vorübergehend) arbeitslos wurde

Aufgrund der immer kürzeren Frist zwischen Entwicklung, Serienreife und Einsatz von Industrie-und Konsumgütern trifft der technische Wandel eine ständig wachsende Zahl von Menschen; Qualifikationsanforderungen scheinen sich dahin gehend zu verändern, daß die bisher breite mittlere Qualifikationsebene (Facharbeiter, Techniker) schmaler wird, während Tätigkeiten andererseits und niedrig bewertete „Hilfs-" arbeiten zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Dieser Polarisierungstendenz kann eine Bildungspolitik entgegenwirken, die Bildung und Ausbildung nicht allein als Zweck zum späteren Erwerb des Lebensunterhalts sieht, sondern Eigeninitiative, Flexibilität und Kreativität fördert und so fallweisen Wohlfahrtsverlusten im (kürzer werdenden?) Arbeitsleben gegensteuert.

Bildungspolitik, Arbeitsmarktpolitik, aber auch die Infrastruktur-oder Wohnungsbaupolitik haben in diesen Bereichen schon einiges verbessert.

III. „Neue" Sozialpolitik und Wachstum

1. Die Rahmenbedingungen einer „neuen“

Sozialpolitik Sozialpolitik als Wachstumsquelle könnte — bei geeignetem Umbau — noch stärker „sprudeln". Aufbauend auf den traditionellen, verfestigten Teilsystemen kann und muß zu diesem Zweck das soziale Sicherungssystem modifiziert werden. Im einzelnen sind folgende Rahmenbedingungen zu beachten:

a) Der gesellschaftliche Kontext Stichworte sind hier:

— langsam abnehmende Bevölkerungszahlen: von einer Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik 1983 von 61, 5 Mio. Menschen über 58, 2 bis 60, 7 Mio. im Jahre 2000 bis hin zu zwischen 45, 3 und 51, 4 Mio. Menschen im Jahre 2030

— zunehmende „Vergreisung" der Bevölkerung kommen heute auf 100 Erwerbsfähige (zwischen 20 und 60 Jahren) 36 alte Menschen (über 60 Jahre), so sind es im Jahr 2020 bereits 51 und im Jahr 2030 schon 68 (nach pessimistischen Schätzungen sogar 80) potentielle Rentenbezieher; _ der vielbeschworene Wertwandel

b) Die ökonomische Perspektive Stichworte sind hier:

— Wachstumsraten nahe Null;

— mittelfristig hohe Arbeitslosigkeit: selbst bei heute utopisch hoch erscheinenden, realen Wachtsumsraten von jahresdurchschnittlich 3— 3, 5 % über den gesamten Zeitraum wird die Arbeitslosigkeit erst nach der Jahrtausendwende unter eine Mio. Arbeitnehmer sinken

— langfristige Rentenfinanzierungsprobleme, da sich die Relation Beitragszahler/Rentenbezieher ab 1990 deutlich verschlechtert

c) Die Verrechtlichung — sie zwingt dazu, von Bestehendem auszugehen — eine sozialpolitische „Stunde Null''hat es nie und wird es wohl auch nicht mehr geben

Gleichzeitig mit dem notwendigen, aber auch möglichen Umbau der sozialen Netze ist darauf zu achten, daß zum einen die Effizienz des Vorhandenen erhöht wird — wobei an dieser Stelle der Effizienzbegriff nicht weiter problematisiert werden soll —, zum anderen vorhandene Lücken geschlossen werden: die Absicherung von Pflegefällen, die Versorgung psychisch Kranker, die Ausländerintegration und die soziale Absicherung neuer Arbeitsformen seien beispielhaft genannt. 2. Ansatzpunkt 1: Die Intensivierung des sozialen Dialogs Der allenthalben zu beobachtende gesellschaftliche und technologisch/technische Wandel wurde bereits erwähnt. Dabei wird ein Einstellungswandel der Menschen deutlich, charakterisiert durch neue Ziele, auf die die Leistungsbereitschaft gerichtet wird, Ziele wie Selbstverwirklichung, Partizipationsmehrung, mehr Freizeit, stärkeres soziales Engagement. Den technologischen Umbruch kennzeichnet am besten das auf Grund wenig „Revolutionärem" in Anführungszeichen zu setzende Schlagwort von der „Dritten Industriellen Revolution“.

Nimmt man beides — den gesellschaftlichen wie den technischen Fortschritt — zusammen, so sind zwei Entwicklungslinien wahrscheinlich: 1) Die Einstellung zur Arbeit ändert sich dahingehend, daß an die Arbeit höhere Ansprüche gestellt werden; die Arbeit muß stärker als in der Vergangenheit Interesse wecken, Befriedigung verschaffen, Einflußmöglichkeiten eröffnen. Gleichzeitig verliert fremdbestimmte Arbeit — auch als Mittel zum Erwerb des Lebensunterhalts — zunehmend an Bedeutung; die Ausdehnung der Schatten-wirtschaft oder die wachsende Zahl der Bau-und Hobbymärkte sind nur zwei Indizien dafür. Der Unterschied zwischen Arbeit und Beruf (im Sinne von Erwerbstätigkeit) wird deutlicher zutagetreten.

2) Die Arbeit selbst ändert sich, was sich in neuen Anforderungen niederschlägt. Teils erfordern künftige Tätigkeiten höhere, teils niedrigere Qualifikationen als heute Neue Arbeits-und Arbeitszeitformen kündigen sich an; „Flexibilisierung" ist das Modewort der Stunde Bisher fremde Berufe und Unternehmensformen entwickeln sich: vom heute schon eingeführten kleinen Softwaredesigner über den via Werkvertrag an ein Unternehmen gebundenen, juristisch, aber nicht faktisch selbständigen Heimarbeiter, der zu Hause am Terminal sitzt, bis hin zu höchstqualifizierten Dienstleistungsberufen in Sparten wie „Technological Assessment", Kommu-nikation, Information, Stadtsanierung, Landschaftsschutz etc.

Ein Mittel, den dringend erforderlichen Strukturwandel zu bewältigen, ist die Intensivierung des sozialen Dialogs. Der Öffentlichkeit muß bewußt werden, daß die soziale Sicherung zum Erreichen des Wachstumszieles erheblich beiträgt; eine unvoreingenommene, offensive Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen des Sozialstaats kann dazu beitragen, diffuses Unbehagen über die Leistungen und Lasten der Sozialpolitik, über den . Moloch Wohlfahrtsstaat" zu beseitigen

Jahrzehntelang war der „soziale Friede als Produktionsfaktor“ ein weltweit beachtetes Markenzeichen bundesrepublikanischer sozialökonomischer Solidität Gerade weil eine erfolgreiche Wirtschafts-und Sozialpolitik viel „moral suasion" und psychologischer Einfühlungsgabe bedarf ist die in allen Bevölkerungsschichten verankerte Akzeptanz des sozialen Netzes Voraussetzung für seinen Erfolg. 3. Ansatzpunkt 2: Die kontrollierte Forderung des technischen Fortschritts Eine weitere Aufgabe der „neuen" Sozialpolitik wird die kontrollierte Förderung des technischen Fortschritts sein. Dies ist gerade in Zeiten wichtig, in denen die Arbeitsproduktivität schneller steigt als sie durch reale Wachstumsraten und Arbeitszeitverkürzung kompensiert wird. Auch wenn „Maschinenstürmerei" nie zu den bestbeherrschten Disziplinen der deutschen Gewerkschaften gehörte: die Worte von der „technologischen Arbeitslosigkeit" und dem „jobless growth" machen schon und nicht umsonst die Runde. Möglichkeiten, die wirtschaftliche Entwicklung sozialpolitisch kontrolliert und abgesichert zu fördern, sind reichlich vorhanden. Zu denken wäre — an die Änderung arbeitsrechtlicher und arbeitszeitrechtlicher Bestimmungen dahin gehend, daß einzelvertragliche und Betriebs-vereinbarungen stärker als bisher ihre Rolle spielen können (die Tarifabschlüsse 1984 im Metallbereich liefen insoweit in die richtige Richtung)

— an die Humanisierung nicht nur des althergebrachten, sondern gerade auch des neuen Arbeitslebens;

— an eine Mitbestimmungsoffensive, die die augenblickliche Frontstellung zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften abbaut und vielleicht zur Wiederbelebung der konzertierten Aktion führt.

Eine Mitbestimmungsoffensive sollte sich auch auf die direkte Förderung des technischen Fortschritts erstrecken; Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften sind gemeinsam aufgerufen, diesbezügliche Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren. Die Einrichtung paritätisch besetzter Institutionen, die sich mit Aufgaben befassen, wie sie in Japan vom Wirtschaftsplanungsamt (EPA) und dem berühmten Ministerium für Außenhandel und Industrie (MITI) wahrgenommen werden könnte ein Schritt auf dem Wege des sozial abgesicherten Strukturwandels sein.

Nach Ansicht von Simon Kuznets erfordern wesentliche Fortschritte einer Wirtschaft ein „kulturelles Milieu, dessen Wertsystem aufgeschlossene Ansichten über die Natur, eine leidenschaftslose Betrachtung empirischer Ergebnisse und den festen Wunsch, das materielle Wohlergehen der Menschheit zu mehren, nicht verhindert" Eine mögliche Dissonanz zwischen schnellem technischen Fortschritt bzw. raschem Wachstum (= „materiel46) le’Kultur) und kultureller Rückständigkeit (in bezug auf Normen, Werte und Wertanschauungen, gesellschaftliche Institutionen, Organisationen etc. = „immaterielle“ Kultur) wurde durch William F. Ogburn unter der Bezeichnung „cultural lag" bekannt Das „kulturelle Zurückbleiben" ist normalerweise mit gesellschaftlichen Friktionen, verbreitetem Unverständnis gegenüber dem materiellen Wandel, mit Unsicherheit bis hin zur Existenzangst verbunden. Sicherheit wiederum ist Voraussetzung für den Anspruch, „seine Fähigkeiten (zu) entwickeln und etwas zu leisten"

Die Förderung von Sicherheit, zumindest von subjektiv empfundener Sicherheit, ist eine weitere Aufgabe für die Sozialpolitik. Sicherheit ist eine Voraussetzung für die Leistungswilligkeit eines Individuums. Sie vermindert negative Wirkungen der kognitiven Dissonanz und einer möglicherweise daraus resultierenden Akzeptanzkrise, die bei Unstimmigkeiten zwischen kulturellem und technischem Fortschritt entstehen kann. Das — nunmehr verbesserte — sozio-kulturelle Umfeld wirkt zurück auf die sonstige Motivation des Menschen. Kurz gefaßt: „(Economic Growth) occurs because of a special type of human response to motivations and incentives that are created, at least to a considerable extent, by the economic and social environment.

Indem eine „neue“ Sozialpolitik den notwendigen technischen Fortschritt und Strukturwandel auf verschiedenen Wegen „abfedert“ und soWachstums-„Schmerzen“ lindert, sichert sie mithin ihre eigenen ökonomischen Grundlagen und fördert — mehr als bisher — die individuelle und gesellschaftliche Wohlfahrt. 4. Ansatzpunkt 3:

Ergänzende Soziale Dienste Ein drittes Beispiel sozialpolitischer neuer Aktivitäten wird im Bereich ergänzender sozialer Dienste zu finden sein. Durch Sozialstahonen, ambulante Dienste, Hilfen auf Zeit, Pflege-und Betreuungskooperativen, Beratungsbüros etc. wird das große Netz der gesetzlichen Sozialversicherung nicht ersetzt, aber ergänzt und enger geknüpft. Ein „neuer unternehmerischer Mittelstand“ könnte Beschäftigung im örtlichen Umweltschutz, in der Stadterneuerung, der Verbesserung der Wohnumwelt, der Raum-und Freizeitplanung, der Informationsvermittlung finden Derartige sozial motivierte Tätigkeiten haben enorme Wohlfahrtseffekte bei gleichzeitig geringen fiskalischen Kosten. Die öffentliche Hände und damit letztlich der Steuerzahler werden relativ entlastet, ohne daß Wohlfahrtseinbußen hinzunehmen wären. Die ergänzenden sozialen Dienste haben aufgrund ihrer hohen Arbeitsintensität den zweifachen Effekt, die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität (Produktionsergebnis je Beschäftigten) tendenziell zu senken, dafür aber Arbeitsplätze bereitzustellen. Das heißt: typische Leistungsindikatoren wie „Wachstum des Bruttosozialprodukts" und „Steigerung der Arbeitsproduktivität" würden nicht oder nur negativ von vielen kleinen sozialen Netzen beeinflußt, während parallel dazu die individuelle und gesellschaftliche Wohlfahrt stiege.

Diese paradoxe Erscheinung führt zu einer letzten Demonstration möglicher Verknüpfung zwischen Sozialpolitik und Wachstum.

Revision der 5. Ansatzpunkt 4: Die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Die Beseitigung von Umweltschäden und Unfallfolgen wirkt bekannterweise wachstums-erhöhend, während zunehmende Hausfrauen-tätigkeit, steigende Anteile von Heim-oder Schwarzarbeit oder wachsende Freizeit die Folge haben, daß der bisherige Wohlfahrtsin-dikator Bruttosozialprodukt (reales BSP pro Kopf) sinkt

Gelänge es, diesen Indikator durch Hereinnahme wohlfahrtsrelevanter Größen so zu modifizieren, daß sich ein genaueres und zutreffendes Abbild der sozioökonomischen Entwicklung feststellen ließe, würden beispielsweise die erwähnten ergänzenden sozialen Dienste klar und deutlich ihren Zielerreichungsbeitrag liefern

Schwarzarbeit, häufig von hochmotivierten, dynamischen und innovativen Menschen geleistet, würde meßbar und das „neue“ Wachstum in die Höhe treiben. Häuser, die in Nachbarschaftshilfe (mit all deren positiv zu wertenden sozialen Nebeneffekten) kostensparend gebaut wurden, würden zu ihrem „wahren" Wert bewertet und somit wachstums-wirksam. Würde die Sozialpolitik flankierend zu einer derartigen Revision der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung — die ja selbst wieder eine sozialpolitische Großtat wäre — eingesetzt, könnten weite Bereiche der prosperierenden Schattenwirtschaft ohne Verlust ihrer inneren Dynamik in die offizielle Wirtschaft transformiert werden. (Als instrumenteller Fingerzeig mag die Umbasierung der bisherigen Bemessungsgrundlage für die Sozialabgaben, nämlich Löhne und Gehälter, hin zu einer wertschöpfungsbezogenen Abgabe dienen. Damit würden die leistungshemmenden Effekte, die Sozialabgaben nach land-läufiger Meinung mit sich bringen, reduziert und entsprechend der Trend zum Abtauchen in die Schattenwirtschaft gemildert.)

Eine Verkürzung der Arbeitszeit, die via Verlangsamung des Wachstums (durch die Abnahme der Arbeitsproduktivität) bisher einen Verzicht auf die weitere Verbesserung der Wohlfahrtsposition anzeigt, obwohl die Lebensqualität i. d. R. durch mehr Freizeit zuninamt, erhöht in einer revidierten Wohlfahrtsberechnung die Zielgröße(n). Nachbarschaftshilfen, Stadtteilkooperativen, Betreuungsinitiativen für Kinder, Jugendliche und alte Menschen, ambulante Dienste (z. B. „Essen auf Rädern"), Arbeitslosenselbsthilfen, eigenorganisierte Sozialstationen — Einrichtungen, die es zum Teil schon seit Jahren in der Bundesrepublik gibt, erhöhen die gesellschaftliche Wohlfahrt, verbessern die Lebensqualität, machen vielfach ein menschenwürdiges Leben erst möglich (vgl. die häufigen Berichte über das Wirken von Zivildienstleistenden), gehen aber nur zu einem Bruchteil ihres eigentlichen Wertes in den gängigen Wohlfahrtsindikator ein.

Die positiven Wachstums-und Wohlfahrtswirkungen der Sozialpolitik wären bei einer zutreffenden Abbildung des sozialökonomischen Geschehens offenbar, was wiederum zur Folge hätte, daß die Akzeptanz der Sozialpolitik — die ja nach wie vor Kosten verursacht — zunimmt.

IV. Resümee

In Thesenform können die grundsätzlichen Wirkungen der Sozialpolitik wie folgt dargestellt werden: 1. Sozialpolitische Instrumente zielen auf das Individuum (Beispiel: Sozialhilfe), auf das Unternehmen (Beispiel: Arbeitszeitordnung) und/oder auf die Beziehungen zwischen den großen gesellschaftlichen Gruppen, speziell auf die Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern (Beispiel: Mitbestimmung).

2. Auf der individuellen Ebene beeinflußt Sozialpolitik die „sozioökonomischen Wurzeln'des materiellen Wohlstands und der gesellschaftlichen Wohlfahrt, indem sie die Leistungsfähigkeit und -Willigkeit des Menschen fördert (oder hemmt). Das Spektrum dieser Sozialpolitik reicht von der Bildungs-, Vermögens-, Wohnungsbau-, Umwelt-und Verteilungspolitik bis hin zur Sozialversicherung und Sozialhilfe.

3. Das Unternehmen erfährt (monetär orientierte) Sozialpolitik in erster Linie als Kostenbelastung, profitiert aber von den positiven externen Effekten eines ausgebauten sozialen Netzes. Sozialpolitische Maßnahmen dieser Kategorie sind u. a. die Arbeitsschutz-und Humanisierungsbestrebungen, die Arbeitszeitpolitik, die Mitbestimmungs-und Tarifvertragspolitik. 4. Gesellschaftliche Friktionen werden sowohl materiell als auch psychologisch dadurch gemildert, daß Sozialpolitik Chancen-gerechtigkeit — durch die Verteilung ökonomischer Ressourcen und die Bereitstellung von Verfahren — absichert bzw. suggeriert und so die Akzeptanz vorhandener Strukturen verstärkt. Chancengerechtigkeit wird hier im Sinne von Chancengleichheit verstanden. Die Gewährleistung von Chancengleichheit ist eine Voraussetzung für die Leistungsmotivation von Individuen; Durchlässigkeit von Sozialstrukturen und soziale Mobilität sind komplementäre Faktoren.

5. In der Bundesrepublik Deutschland überwiegen die positiven Effekte der, Sozialpolitik die vorhandenen negativen Wirkungen. Zusammenfassend ergibt sich daraus:

— Sozialpolitik speist die „Quellen des Wachstums", indem sie zu den individuellen und sozialen Voraussetzungen beiträgt, die die fortlaufende Erreichung der Gesellschaftsziele sichern; sozialer Friede, Produktionsfähigkeit und Produktionswilligkeit können als Merkworte dienen.

— Sozialpolitik ist selbst „Quelle des Wachstums". Sie sichert die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, ohne sich im Wirtschaftskreislauf zu Null zu saldieren. Sie trägt zur Bildung von human Capital bei und fördert die geistige, physische und soziale Mobilität.

— Sozialpolitik kann — bei geeignetem Umbau — andere „Wachstumsquellen" noch ergiebiger machen. Illustriert wurde diese Aussage an der „Intensivierung des sozialen Dialogs", an der „kontrollierten Förderung des technischen Fortschritts", an sogenannten ergänzenden sozialen Diensten und an der „Revision der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung". Es bleibt festzuhalten, daß Sozialpolitik entgegen landläufiger Meinung einen bedeutenden Anteil an der Erreichung der Ziele Wachstum und Wohlfahrt hat bzw. haben kann; ihr gesellschaftlicher und ökonomischer Nutzen ist weit höher als ihre entsprechenden Kosten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Jahreswirtschaftsbericht 1984 der Bundesregie-rnsundestagsdrucksache 10/952, Tz 11.

  2. Ebd.

  3. Ebd Tz. 4.

  4. So H. Mäding, Brauchen wir Wachsturf?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 19/84, vom 12. Mai 1984. S. 3 ff.

  5. Vgl. Finanzplan des Bundes 1984— 1988, Bundestagsdrucksache 10/1801.

  6. Siehe beispielsweise das „Minderheitsvotum einer Mehrheit der Beauftragten der Arbeitnehmer zur Stellungnahme des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung", in: Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft (Hrsg.), Berufsbildungsbericht 1984, Grundlagen und Perspektiven für Bildung und Wissenschaft Nr. 2, Bad Honnef 1984, S. 16 ff.

  7. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. Oktober 1984, S. 13.

  8. Dazu S. Matern-Rehm, Strukturberichte — Doch den Zug verpaßt?, in: Wirtschaftswoche vom 27. Januar 1984, S. 64 ff.; E. -G. Erdmann/H. Rappe/B. Rürup/G. Brandt, Für die dritte industrielle Revolution gewappnet?, Zeitgespräch, in: Wirtschaftsdienst, (1984) VI, S. 263 ff.; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Analyse der strukturellen Entwicklung der deutschen Wirtschaft, DIW-Wochenbericht, (1984) 6.

  9. So beispielsweise H. -J. Krupp, Rationalisierung: Den Wandel forcieren, in: Wirtschaftswoche vom 2. März 1984, S. lOff.; DIW-Wochenbericht (Anm. 9).

  10. Stellvertretend für eine Vielzahl von Publikationen seien folgende genannt: W. Albers, Soziale Sicherung — Konstruktionen für die Zukunft, Bonn 1982; Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Die Wahrheit über das soziale Netz, Köln 1982; Ph. Herder-Dorneich, Sozialstaatskrise und Soziale Ordnungspolitik, in: ders. /H. Klages/H. G. Schlotter (Hrsg.), Überwindung der Sozialstaatskrise — Ordnungspolitische Ansätze, Baden-Baden 1984, S. 13 ff.; R. Merklein, Griff in die eigene Tasche — Hintergeht der Bonner Sozialstaat seine Bürger?, Reinbek bei Hamburg 1980; B. Molitor, Sozialpolitik auf dem Prüfstand, Hamburg 1976; R. Vaubel, Die soziale Sicherung aus ökonomischer Sicht, in: H. Siebert (Hrsg.), Perspektiven der deutschen Wirtschaftspolitik, Mainz-Stuttgart-Berlin-Köln 1983, S. 151 ff.

  11. Vgl. dazu beispielhaft N. Glazer, Die Grenzen wer Sozialpolitik, in W. -D. Narr/C. Offe (Hrsg), Wohlfahrtsstaat und Massenloyalität, Neue wis-senschaftliche Bibliothek Bd. 79, Gütersloh 1975 o. 335ff„ T. Guldimann, Die Grenzen des Wohl-fahrtsstaates — Am Beispiel Schwedens und der Bundesrepublik, München 1976; U. Rödel/T. Guldimann, Sozialpolitik als soziale Kontrolle, in: Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt (Hrsg.), Sozialpolitik als soziale Kontrolle, Starnberger Studien, Bd. 2, Frankfurt/Main 1978, S. 11 ff.; Sozialistische Studiengruppen (Hrsg.), Sozialstaatskritik von links? — Arbeit, Gesundheit, Renten, Soziale Sicherheit — Alternativen zur Sozialpolitik, Hamburg 1980.

  12. H. Freyer, Revolution von rechts, Jena 1931, S. 34 f.; zitiert nach R. Saage, Neokonservatives Denken in der Bundesrepublik, in: I. Fetscher (Hrsg.), Neokonservative und „Neue Rechte“, München 1983, S. 66 ff., hier S. 104.

  13. A. Burghardt, Kompendium der Sozialpolitik, Berlin 1979, S. 10.

  14. J. Höffner, Was ist Sozialpolitik, in: B. Külp/W. Schreiber, Soziale Sicherheit, Köln-Berlin 1971, S. 32.

  15. An dieser Stelle ist an die Beobachtung von J. A Schumpeter zu erinnern, der zu der Methode, mit „handgreiflichen Wahrheiten“ fertig zu werden, indem man über ihre Trivialität spottet, bemerkte: „Solcher Spott ersetzt eine Widerlegung; denn die durchschnittliche Zuhörerschaft gewahrt in der Regel nicht die Tatsache, daß solcher Spott oft die Unmöglichkeit einer Widerlegung verdeckt...“. J. A Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, München 1980, Kap. 5, Fußnote 1.

  16. H. Schmidt anläßlich der Eröffnung der Luftfahrtmesse in Hannover am 17. Mai 1982.

  17. O. Graf Lambsdorff, Sozialpolitik in der Marktwirtschaft, Rede vor der Deutschen Versicherungswirtschaft am 8. November 1979 in Düsseldorf, S. 6.

  18. N. Blüm anläßlich der Einbringung des Vorruhestandsgesetzes in den Bundestag; zitiert nach: Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Vorruhestand — Gesetz zur Erleichterung des Übergangs vom Abeitsleben in den Ruhestand, Bonn 1984, S. 13.

  19. In der Sprache der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, The Development of Community Social Policy — Prospects and Options, Brüssel 1984, S. 38: „social cohesion“ oder „social relation-ship“.

  20. Vgl. dazu der Bundesminister für Abeit und Sozialordnung, Sozialbericht 1983, Bonn 1983/84 TeilB, Tz. 5, 11, 28.

  21. Transfer-Enquete-Kommission, Das Transfersystem in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1981, S. 13.

  22. IAB-Kurzbericht VI/2-Bri vom 2. August 1984 S. 2.

  23. Vgl. Jahresgutachten 1983/84 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftliThen Entwicklung, Bundestagsdrucksache 10/669,

  24. Ebd, Tab. 21.

  25. So N. Blüm, Konzentration auf das Wichtigste, in: Wirtschaftsdienst, (1982) XI, S. 532 ff. Das zweite Kabinett Kohl war 1983 gewillt, diese Politik fortzusetzen; vgl. Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Programm der Erneuerung: Freiheit, Mitmenschlichkeit, Verantwortung — Regierungserklärung, Bulletin Nr. 43 vom 5. März 1983, S. 397ff, hier S. 401.

  26. Vgl. Jahresgutachten 1983/84 (Anm. 24), Tz. 71, Schaubild 8.

  27. Zur Zeitreihe vgl. Statistische Beihefte zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Reine 4 Saisonbereinigte Wirtschaftszahlen, Tab. 4, 5nkommen der privaten Haushalte, div. Jhg.

  28. Vgh. dazu J. Struwe, Der volle Lohnausgleich — tu Klärung eines unklaren Begriffs, Technische Hochschule Darmstadt, Institut für Volkswirt-schaftslehre, Arbeitspapier Nr. 32, Darmstadt 1984, >. 14.

  29. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Einkommensschichtung der privaten Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland 1981 — Das Einkommen sozialer Gruppen vor und nach der Umverteilung, DIW-Wochenbericht, (1983) 30, S. 371.

  30. Vertieft behandelt wurde die Beziehung zwischen Wachstum und Bildung insbesondere während der sechziger und frühen siebziger Jahre. Vgl. dazu die Beiträge in OECD (Hrsg.), Policy Conference on Economic Growth and Investment in Education, Paris 1962; dies., Economic Aspects of Higher Education, Paris 1964; dies., Science, Growth and Society — A New Perspective, Paris 1971; W. Krelle/M. Fleck/H. Quinke, Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen einer Ausweitung des Bildungssystems, Tübingen 1975.

  31. A. Smith, Der Wohlstand der Nationen — Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, Recktenwald-Ausgabe, München 1982, S. 65.

  32. Quelle: Bundesanstalt für Arbeit, Bundesministerium für Wirtschaft

  33. Zur Mobilitätsdiskussion vgl. D. Blaschke/E. Nagel, Regionale Mobilität von Erwerbspersonen — Bedingungen regionaler Mobilität und Seßhaftigkeit, in: MittAB, (1984) 2, S. 201 ff.

  34. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Längerfristige Perspektiven der Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland — Ergebnisse aktualisierter Vorausberechnungen, in: DIW-Wochenbericht, (1984) 24, S. 277 ff., hier S. 284; vgl. außerdem: Bericht über die Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, 1. Teil, Analyse der bisherigen Bevölkerungsentwicklung und Modellrechnungen zur künftigen Bevölkerungsentwicklung, Bundestagsdrucksache 8/4437, und 2. Teil, Auswirkungen auf die verschiedenen Bereiche von Staat und Gesellschaft, Bundestagsdrucksache 10/863. Zu den Folgen B. Felde rer, Wirtschaftliche Auswirkungen einer schrumpfenden Bevölkerung, in: Wirtschaftsdienst, (1983) VI, S. 291 ff.

  35. Ebd.

  36. Vgl. für viele H. Klages, Wertwandel und Gesellschaftskrise in der sozialstaatlichen Demokratie, in: J. Matthes (Hrsg.), Krise der Arbeitsgesellschaft?, Verhandlungen des 21. Deutschen Soziologentages in Bamberg 1982, Frankfurt-New York 1983, S. 341 ff.; sowie P. Kmieciak, Wertstrukturen und Wertwandel in der Bundesrepublik Deutschland, Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Bd. 135, Göttingen 1976.

  37. Eigene Fortschreibung nach: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, Wachstum und Arbeitsmarkt. Quintessenzen aus der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung Nr. 1, Nürnberg 1982; vgl. außerdem die Zusammenstellung mittelfristiger Arbeitsmarktprojektio-nen im JAB-Kurzbericht VI/1 — Kw vom 26. Juli 1984.

  38. Zur Einführung in die Problematik siehe R Hauser, How to Guarantee West German Public Pension Payments the Next Fifty Years, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 138 (1982) 3, S. 440 ff.; und H. Lampert, Entwicklungstendenzen und zentrale Probleme in der Altersrenten-Versicherung, Institut der deutschen Wirtschaft, Beiträge zur Wirtschafts-und Sozialpolitik. Bd. 80, Köln 1980.

  39. Vgh wiederum für viele andere: V. Gräfin von Bethusy-Huc, Das Sozialleistungssystem der Bun-55republik Deutschland, Tübingen 1976, S. 22ff„ 3. 255 ff.; und — ausgehend von einem institutio-nellen Ansatz — H. P. Widmaier, Sozialpolitik im Wohlfahrtsstaat, Reinbek bei Hamburg 1976, Kap. III, IV, V.

  40. Vgl. dazu die Beiträge von U. Frenzel, Technik in den achtziger Jahren — Technologische Entwicklungslinien und ihre Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Arbeitskräfte, und K. Eberhard, Industrieangestellte und technische Entwicklung, beide in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 47/81, vom 21. November 1981, S. 21 ff. bzw. S. 31 ff.

  41. Vgl. für das Beispiel . Arbeitszeitflexibilität" B. Rürup/J. Struwe, Arbeitszeitflexibilisierung als Instrument der Beschäftigungspolitik, in: Konjunkturpolitik, (1984) 1, S. 1 ff., sowie die dort angegebene Literatur.

  42. Siehe auch E. Ulrich, Was kommt nach den technischen Revolutionen? — Soziale Innovationen. Schaffen nicht-technische Innovationen Arbeitsplätze?, in: MittAB, (1984) 1, S. 19ff. In diesem „Fernsicht" untertitelten und Josef Stingl gewidmeten Heft finden sich weitere lesenswerte Beiträge zum Thema.

  43. Zur Rolle des sozialen Dialogs siehe: Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Soziale Dienstleistungen als Träger potentiellen Wachstums und ihr Beitrag zum Abbau der längerfristigen Arbeitslosigkeit, Forschungsbericht Nr. 43, Bonn 1981, S. 5, 11, 15, 387 ff., sowie OECD (Hrsg.), The Welfare State in Crisis, Paris 1981, vor allem die Abschnitte über „New Perspectives on Roles and Responsibilities, außerdem S. 83.

  44. Die wirtschaftspolitischen Teilerfolge der Regierung Kohl sind nicht zuletzt auf eine erfolgreiche „Seelenmassage" zurückzuführen, wie umgekehrt der Mißerfolg der SPD bei den Bundestagswahlen 1983 durch mangelhafte „Verkaufsergebnisse" auf wirtschaftspolitischem Sektor teilerklärt werden kann. Zum letzteren vergleiche W. Kaltefleiter, Eine kritische Wahl — Anmerkungen zur Bundestagswahl 1983, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 14/83, vom 9. April 1983, S. 3ff., hier S. 13.

  45. Zu den Gefahren einer entsprechenden Rückverlagerung von tarifvertraglichen Zuständigkeiten vgl. B. Rürup/J. Struwe, (Anm. 42); dies., Beschäftigungspolitische Auswirkungen einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, in: WiSt, (1984) 11, sowie die dort angegebene Literatur.

  46. Einführend dazu K. -H. Meid/M. Glambeck, Wirtschaftsmacht Japan, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 9-10/84, vom 3. März 1984, S. 21 ff.

  47. S. Kuznets: Six Lectures on Economic Growth, Glencoe 1961, Lecture VI, hier zitiert nach der Zusammenfassung von B. Hoselitz, Entwicklungsgesetze der Wirtschaft versus Theorien der wirtschaftlichen Entwicklung, in: Schriften des Vereins für Socialpolitik N. F. Bd. 74/1, Berlin 1972, S. 437.

  48. K. 0. Hondrich, Der Wohlfahrtsstaat und die Konstitution sozialer Probleme, in: J. Matthes (Hrsg.), Sozialer Wandel in Westeuropa, Verhandlungen des 19. Deutschen Soziologentages Berlin 1979, Frankfurt-New York 1979, Abs. 3, hier S. 797. Dort finden sich weitere Verweise zur Beziehung zwischen Sicherheit und Leistungsbereitschaft. Au-berdem: Bundesminister für Arbeit und Sozialord-nung (Hrsg.), Soziale Dienstleistungen als Träger Potentiellen Wachstums und ihr Beitrag zum Abbau der längerfristigen Arbeitslosigkeit, For-sShungsbericht Nr. 43, Bonn 1981, S. 8 ff., 383.

  49. H. Leibenstein, Economic Backwardness and Economic Growth, New York 1963, S. 112.

  50. Zu den „Kleinen Sozialen Netzen" finden sich Informationen u. a. bei G. Bäcker, Entprofessionalisierung und Laisierung sozialer Dienste — richtungsweisende Perspektive oder konservativer Rückzug?, in: WSI-Mitteilungen, (1979) 10, S. 526ff.; K. Deimer/D. Jaufmann/E. Kistler/M. Pfaff, Selbsthilfe in der Sozialpolitik — ein Lösungsansatz?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 34/83, vom 27. August 1983, S. 14 ff.; P. Gross/B. Badura, Sozialpolitik und soziale Dienste: Entwurf einer Theorie personenbezogener Dienstleistungen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, (1977) Sonderheft 19, S. 361 ff.; H. L. Müller, Viele kleine Netze im großen Netz — Die Kritik am Sozialetatismus, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, (1983) 3, S. 177 ff.

  51. Vgl. Chr. Leipert, Unzulänglichkeiten des Sozialprodukts in seiner Eigenschaft als Wohlstands-maß, Tübingen 1975; H. -W. Holub, Zur Kritik des Bruttosozialprodukts als Wohlstandsindikator, in: WiSt, (1974) 2, S. 60 ff.; U. E. Simonis, Kriterien qualitativen Wirtschaftswachstums — neuere Forschungsrichtungen, in: Universitas, (1982) 2, S. 157 ff.

  52. Meßkonzepte wurden u. a. entwickelt von A W. Sametz (. Welfare Gross National Product"), Production of Goods and Services — The Measurement of Economic Growth, in: E. B. Sheldon/W. Moore, In-dicators of Social Change, New York 1968; W. Nordhaus/J. Tobin („Measure of Economic Welfare'), Is Growth Obsolete?, in: M. S. Moss (Ed.), The Measurement of Economic and Social Performance, New York-London 1973; NNW Measurement Committee, Economic Council of Japan („Net National Welfare'), Measuring Net National Welfare, Tokio 1974; OECD (Sozialindikatorensystem), Measuring Social Well-Being. A Progress Report on the Development of Social Indicators, Paris 1976; W. Zapf (Hrsg.), Soziale Indikatoren — Konzepte und Forschungsansätze, Bd. I, II, III, New York-Frankfurt 1974/75.

Weitere Inhalte

Jochen Struwe, Diplom-Wirtschaftsingenieur, geb. 1956; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Finanzwissenschaft — VWLIII der Technischen Hochschule Darmstadt; Arbeitsschwerpunkte: Sozialversicherung, Sozialpolitik und Wachstum, Beschäftigungs-und Arbeitsmarktpolitik, Arbeitszeitpolitik, Zukunft der Arbeit und der Industriegesellschaft. Veröffentlichungen u. a.: Der volle Lohnausgleich: Zur Klärung eines unklaren Begriffs, Institut für Volkswirtschaftslehre, TH Darmstadt, Arbeitspapier Nr. 32; (zusammen mit Bert Rürup) Arbeitszeitflexibilisierung als Instrument der Beschäftigungspolitik, in: Konjunkturpolitik; (zusammen mit Bert Rürup) Beschäftigungspolitische Auswirkungen einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, in: WiSt, (1984), 11.