„II ne laut faire par les Jois que ce que l'on ne peut r^ussir par les moeurs.“
Montesquieu „Man kann ohne Ideologie leben; doch gibt es keine beschleunigte geschichtliche Entwicklung ohne eine adäquate Ideologie.“
Joseph Ki-Zerbo „Der westlichen Modernisierungsforschung wird häufig vorgeworfen, daß sie die Entwicklungsdynamik, die traditionale Kulturen nichtwestlicher Entwicklungsgesellschaften entfalten können, unberücksichtigt gelassen habe. Statt dessen habe sie diese kulturellen Traditionen als entwicklungshemmende, neuerungsfeindliche und mit der Modernität industrialisierter Gesellschaften unvereinbare Faktoren behandelt." Diese von Klaus-Georg Riegel referierte Kritik, in die man auch die entwicklungspolitische Praxis einbeziehen müßte, gilt für die jüngste Gegenwart nicht mehr uneingeschränkt. Seit einigen Jahren wird in der Wissenschaft die Kritik an dem, was Gunnar Myrdal polemisch als „Nachkriegsmethode" bezeichnet hat, gerade auch mit kulturellen Argumenten geführt, so von S. N. Eisenstadt, dessen Untersuchungen über Tradition, Wandel und Modernität zu einer grundlegenden Neubewertung der Entwicklungsbedeutung von „Tradition" kommen. In der Politik dokumentiert sich gewandeltes Bewußtsein in dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom März 1982, den kulturellen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit künftig mehr Gewicht beizulegen; die Fragestellung wird vom Journalismus aufgegriffen und von den entwicklungspolitischen Instanzen auf ihre Operationalisierbarkeit hin geprüft.
Gründe dafür, daß kulturelle Tradition heute nicht mehr als Entwicklungshemmnis, sondern als „richtungweisende Entwicklungskraft" betrachtet wird, lassen sich an beiden Endpunkten des Entwicklungsgefälles lokalisieren. Die für weite Kreise in Ost und West (und auch im „Orient“ selbst!) unerwarteten Ereignisse im Iran seit 1979 haben den Blick für außerökonomische Entwicklungsfaktoren geschärft, und die Vorgänge der letzten Jahre etwa in Ägypten und Tunesien machen klar, daß es sich bei der iranischen Revolution wohl nur um die Spitze des „revivalistischen Eisbergs" handelt Auf der Seite der Industrieländer hat der mangelnde Erfolg von technisch und wirtschaftlich „korrekt" geplanten Projekten die Einbeziehung anderer, bisher vernachlässigter Erfolgsbedingungen zumindest in die entwicklungspolitische Diskussion erzwungen.
Es wird sich in Wissenschaft und Politik (und sogar in der Verwaltung) kaum mehr jemand finden lassen, der die Relevanz der sozio-kulturellen Entwicklungsdeterminanten von vorn herein bestreitet. Auf die Frage nach der konkreten Bedeutung der sozio-kulturellen Faktoren für die Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft in der Dritten Welt sind aber zur Zeit meist keine anderen Antworten zu bekommen als solche von der Größenordnung „Moslems essen kein Schweinefleisch" oder, im anderen Extrem, „Entwicklung kommt ohne eine kulturelle Gesamtperspektive überhaupt nicht in Gang". Ist die erste Feststellung trivial, so trifft die zweite ohne jeden Zweifel zu — die einschlägigen Äußerungen von Wissenschaftlern*) und anderen bewegen sich aber auf einem Grad von Allgemeinheit, der (noch) keinen Zugang zu konkreten Entwicklungsvorgängen und einer auf sie bezogenen entwicklungspolitischen Praxis eröffnet.
Es ist das Ziel dieses Aufsatzes, am Beispiel einer Region, die bevorzugter Empfänger deutscher wie internationaler Hilfe ist (und dies nach menschlichem Ermessen auch für die kommenden Jahrzehnte bleiben wird, jedenfalls wenn am Verteilungskriterium der Bedürftigkeit festgehalten wird), 1. darzustellen, daß sozio-kulturelle Faktoren für Schlüsselsektoren der Entwicklungszusammenarbeit eine über Erfolg und Mißerfolg entscheidende Rolle spielen, oft entscheidender als wirtschaftliche und technische Faktoren. Kulturelle Tatsachen (in der Durkheim’schen Bedeutung der „faits sociaux") stellen eine Wirklichkeit dar, die „selbst Sachzwänge und Entwicklungsimpulse setzt und freigibt, die deshalb so tiefgehend wirken, weil sie im Handeln und Erleben der Mitglieder einer Gesellschaft verankert sind" 2. plausibel zu machen, daß im Gesamtzusammenhang der Erfolgsbedingungen von entwicklungspolitischen Projekten, Programmen und Strategien häufig sozio-kulturelle Faktoren die unabhängige, wirtschaftliche und technische die abhängige Variable darstellen; 3. zu begründen, warum (und, allerdings nur ansatzweise: wie) die entwicklungspolitische Theorie und die daraus abgeleitete Praxis sich dem Problem einer Einbeziehung der sozio-kulturellen Dimension stellen sollte.
Anschauungsgegenstand ist die Sahelzone, also der südlich an die Sahara angrenzende Ländergürtel. Ich skizziere zunächst die entwicklungspolitische Lage in den Sahelländern, besonders die Tätigkeit westlicher Geber-, es folgt eine summarische Darstellung der „kulturellen Landschaft" der Sahelländer, wobei die wesentlichen kulturellen Elemente auf ihre Entwicklungsbedeutung hin befragt werden; schließlich versuche ich, aus den gewonnenen Erkenntnissen empfehlende Schlußfolgerungen für unsere entwicklungspolitische Praxis zu ziehen.
I.
Die entwicklungspolitische Lage in der Sahelzone, wie sie sich als Ergebnis des Zusammenwirkens nationaler Regierungen und (vorwiegend) Westlicher Geber darstellt, kann, stark vereinfacht, so gezeichnet werden: Es herrscht ein (auch im Vergleich zu anderen Entwicklungsregionen) extremes Ungleichgewicht zwischen punktuell angesetzten Groß-projekten der Infrastruktur und der noch auf Subsistenzniveau lebenden überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung. Straßen, Großgebäude, Wasserversorgungssysteme etc., von europäischen Planern nach europäischen Maßstäben geplant, sind umgeben von einer Landschaft, die auch dort, wo sie durchgehend besiedelt ist, in einem für die Bewohner eines Industrielandes unbegreiflich niedrigen Maß die Spuren direkter menschlicher Eingriffe trägt
Jede Großregion der Dritten Welt hat bekanntlich ihre spezifischen Entwicklungshindernisse und -engpässe. In Lateinamerika ist es in erster Linie die verzerrte Sozialstruktur, gespiegelt etwa in der Bodenverteilung einiger größerer Länder des Subkontinents. In Südasien hemmt der Bevölkerungsdruck auf eine zu schmale Ressourcenbasis (Bangladesch, aber auch weite Teile anderer Länder, z. B. Java) die Entwicklung. In Schwarzafrika, wo sich eine ausgeprägte gesellschaftliche Schichtung weithin erst durch auswärtigen Einfluß herausgebildet hat und Überbevölkerung (noch) kein allgemeines Problem darstellt, besteht der wichtigste Entwicklungsengpaß im äußerst geringen Grad der Ausschöpfung»durchaus vorhandener Ressourcen, oder, anders ausgedrückt, in der mangelnden Entwicklung der „produktiven Kräfte" Natürlich ist auch eine Weiterentwicklung der „produktiven Kräfte" etwa in Brasilien durchaus noch vorstellbar; südasiatische Sozial-strukturen entsprechen nicht in jedem Fall den Wunschvorstellungen westlicher Entwicklungstheoretiker; und Afrika hat (neben partiellem Bevölkerungsdruck: Ruanda) in den Jahrzehnten seit seiner Unabhängigkeit recht solide entwicklungshemmende Sozial-strukturen entwickelt — dies ändert nichts an der Tatsache des „zentralen Faktors" und an der Notwendigkeit, die nationale und internationale Entwicklungspolitik vorrangig auf den jeweiligen „zentralen Faktor" abzustellen. Aufgabe einer fundierten Entwicklungspolitik wäre es demnach hier, durch den Aufbau einer arbeitsteilig ausdifferenzierten Gesellschaft das Subsistenzniveau zu überwinden die Produktivität breiter Schichten der Bevölkerung zu erhöhen und so die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die von außen eingepflanzte Infrastruktur irgendwann einmal aus eigenen Kräften getragen werden kann. Hier liegt im übrigen auch der Schlüssel zur Lösung des derzeitigen Hauptproblems der Sahelländer, der Nahrungsmittelknappheit, da Projekte mit dieser Zielrichtung -naturge mäß in erster Linie im ländlichen Raum ansetzen würden.
Daran gemessen bietet die bisherige internationale Hilfe für die Sahelzone keine allzu ermutigende Bilanz. Nicht auf der Förderung von Eigenproduktivität lag das Schwergewicht, sondern auf der Erleichterung des Zugangs für Hilfe von außen; nicht in breitgestreute Nahrungsmittelproduktion, Viehzucht und flankierende ökologische Maßnahmen (zusammen 8 Prozent), sondern in fragwürdige Bewässerungsprojekte, in Nahrungsmittel-hilfe und in den dazu komplementären Ausbau der Infrastruktur (zusammen über 42 Prozent) floß der Großteil der Gelder (nach einer Aufstellung des Zwischenstaatlichen Komitees zum Kampf gegen die Dürre im Sahel — CILSS): „Das einzige, was sich im Sahel seit der letzten Dürre wirklich gebessert hat, ist die Infrastruktur zur Verteilung von Hilfsgütern."
Der in den Sahelländern gegebene Bedarf an gesamtgesellschaftlich mobilisierender Entwicklungszusammenarbeit, die besonders die ländlichen Räume erfassen müßte, kann durch die Finanzielle und Technische Hilfe in ihrer bisherigen Form wohl kaum gedeckt werden:
— Finanzielle Hilfe, die bisher schon in hohem Umfang eingesetzt wurde, orientierte sich an den (meist übereinstimmenden) Interessen der beiden Vertragspartner, also der Regierungen des Geber-und des Nehmerlandes; sie bevorzugte die in sich abgeschlossenen Großbauvorhaben und die Massenlieferungen von Nahrungsmitteln;
— Technische Hilfe bleibt üblicherweise (und so auch hier) auf die Lösung subsektoraler technischer und organisatorischer Probleme (Pflanzenschutz, Kraftfahrzeugreparatur, Aufforstung ...) fixiert und bekommt das Ensemble, in das diese Aktivitäten eingepaßt werden müßten, nicht „in den Griff".
Beide Instrumente (bzw. die sie handhabenden Instanzen) streben „vorzeigbare“, d. h. von Funktionären des Nehmer-und des Geber-landes bei bestimmten Gelegenheiten leicht zu besichtigende, in der Öffentlichkeit einfach darzustellende Ergebnisse an; sie tendieren dazu, „Projekterfolg" mit „Entwicklungserfolg" zu verwechseln.
Im Prinzip sind sich Geber und Nehmer dieser Problematik bewußt. Das Wort „productivit", z. B. in Niger mehrfach Bestandteil von Projektbezeichnungen, zeugt von dem Bestreben, auch die nicht-physischen Aspekte des Entwicklungsprozesses und damit erweiterte Zielgruppen, auch im ländlichen Raum, einzubeziehen. Aber derartige Projekte enden häufig ebenso wie die Versuche der Franzosen während der Kolonialzeit, in Niger Baum-wolle im großen Stil anzubauen: die für das Projekt „zusammengefangene“ Bevölkerung verweigert die Kooperation, und das Projekt scheitert.
Ich möchte hier das Argument vertreten, daß dieses Scheitern maßgeblich auf die Nichtbeachtung des traditional Gegebenen, anders gesagt: auf mangelnde Einbeziehung der sozio-kulturellen Dimension in die Planung der Entwicklungsaktivitäten, zurückzuführen ist.
II.
Es ist zunächst nötig, dieses „traditional Gegebene“ kurz darzustellen. Üblicherweise wird bei der Analyse kultureller Gegebenheiten in Entwicklungsländern von der Unterscheidung zwischen „alten Hochkulturen" (arabische Welt, Indien, Ostasien ...) und „schriftlosen Gesellschaften" (dem Forschungsgegenstand der Ethnologie) ausgegangen, und Schwarzafrika wird dabei pauschal der zweiten Kategorie zugeordnet. Tatsächlich ist mit dieser Unterscheidung eine sehr grundsätzliche Differenzierung in den Entwicklungsbedingungen angesprochen Die Frage ist nur, ob die Etikettierung „Schwarzafrika = schrift-los“ im Fall der heutigen Sahelländer sehr erkenntnisfördernd ist Eine Analyse der kulturellen Landschaft von Niger (oder Senegal) kann drei Elemente aussondern, die sich auch als historische Schichten darstellen lassen:
— das schwarzafrikanisch-animistische Element
— den arabisch-islamischen Einfluß und — die Verwestlichung durch den (französischen) Kolonialismus.
Diese drei Elemente existieren nun nicht als Segmente nebeneinander, etwa wie die vier Nationalkulturen der Schweiz; sie sind vielmehr, über die gesamte nationale Bevölkerung (wenn auch ethnisch nicht völlig gleich-gewichtig) verteilt, in zweifacher Weise hier-., archisch geordnet:
1. in ihrer Zuordnung zur Schichtung der Gesellschaft: die herrschenden Eliten, von der Sozialwissenschaft als „Staatsklasse“ analysiert, von der abziehenden Kolonialmacht in die Herrschaftspositionen eingesetzt und durch Kommunikation mit westlichen (Geber-)
Regierungen in ihrer Stellung gestärkt, verkörpern das westlich-moderne Element, und 2. in ihrer Entwicklungsbedeutung (was in diesem Zusammenhang in erster Linie interessiert). Dieser Punkt soll näher ausgeführt werden.
Wenn Entwicklungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit sozio-kulturell fundiert werden soll (die Erfahrungen aus einigen Jahrzehnten legen diese Forderung nahe), dann ist ein grundlegender „Paradigmenwechsel" nötig. Stand bisher das Element „Verwestlichung" im Vordergrund, eventuell mit kosmetischen Konzessionen an eine nicht näher definierte „Authentizität", so sind jetzt die vor-westlichen, von der Majorität der Bevölkerung als „eigene Tradition“ empfundenen Kulturkomponenten für die Entwicklung zu erschließen. In unserem Fall ist also nach dem Entwicklungspotential der schwarzafrikanisch-animistischen und dem der islamischen Kulturkomponente zu fragen.
Es gehört zu den Grundüberzeugungen der modernen Ethnologie (wie überhaupt jedes 'nach-imperialistischen Bildungsverständnisses), daß alle Kulturen der Welt prinzipiell gleichwertig sind. Diese abstrakte Feststellung läßt sich auf die konkrete Frage nach ihrem Entwicklungspotential nicht übertra-gen: ohne weitschweifige theoretische Untermauerung ist unmittelbar evident, daß die diesbezüglichen Unterschiede etwa zwischen China und Uganda nicht in erster Linie in Landesgröße und Bevölkerungszahl zu suchen sind. Dieses Argument ist aufrechtzuerhalten, auch wenn es seine Verfechter gelegentlich undifferenzierten Rassismus-Vorwürfen auszusetzen pflegt; seine Nichtbeachtung ist wohl einer der Hauptgründe für den notorischen Mangel an Entwicklungserfolg in Schwarzafrika.
Die Trennungslinie zwischen „schriftloser" und „Hochkultur" verläuft in den Sahelländern in gewisser Weise innerhalb der Gesellschaft; sie scheidet die beiden Kulturkomponenten, mit denen wir es hier zu tun haben, die schwarzafrikanische und die islamische.
Selbst sehr engagierte europäische Afrikanisten finden, ebenso wie die Ideologen der „nögritude“ (z. B. Leopold Senghor), auf die Frage, was nun eigentlich das spezifisch Afrikanische sei, kaum eine andere Antwort als „Sinn für Farbe und Rhythmus" oder „Zusammengehörigkeitsgefühl" Geht man davon aus, daß das „Massenkulturgut Sprache" für die kultrelle Gesamtlage aussagekräftig ist, so mag ein kurzer philologischer Exkurs aufschlußreich sein. Die schriftlosen Sprachen, die „per definitionem dem Formungs-und Abstraktionsprozeß der Hochkultur nicht unterworfen waren und nicht durch schriftliche Fixierung und kontinuierlichen schriftlichen Gebrauch standardisiert worden sind" haben unter Modernisierungsdruck in der Regel umfangreiche Anleihen gemacht. So sind bei den verschiedensten Sprachen der Sahelzone (Wolof, Peul, Haussa, Songhai...) die abstrakten Segmente des Wortschatzes vorwiegend arabischer Herkunft und die verbreitetste Sprache Schwarzafrikas, das Haussa, verwendet arabische Bezeichnungen für die Zahlen von zwanzig aufwärts. „Arabisierung" war jahrhundertelang für Schwarzafrikaner ein Synonym für kulturelle Entwicklung Die arabisch-islamische Akkulturation, die in der Sahelzone seit dem Mittelalter stattfindet, eröffnet heute, nach der Diskreditierung des westlich-assimilatorischen Entwicklungsweges, ebenso wie schon in vorkolonialer Zeit die entscheidenden Entwicklungsperspektiven: den Schritt von der Schriftlosigkeit zur Schriftkultur, von der Subsistenzwirtschaft zu Arbeitsteilung und Markt, von der Primär-gruppe zum größeren sozialen Bezugsrahmen In den islamischen Herrschaftsverbänden der Sahelzone im 19. Jahrhundert war die Herrschaft (im Vergleich zur vorislamischen) „flexibler, vertrug, ja beschleunigte größere gesellschaftliche Differenzierung und Arbeitsteilung und war gleichzeitig durch die im Islam festgeschriebenen Prinzipien der Staatsführung zu größerer, personenunabhängiger Kontinuität fähig"
Der relative Vorteil der Hochkultur im Vergleich zur schriftlosen liegt unter Modernisierungsgesichtspunkten in der Tatsache begründet, daß sie „prinzipiell allen kulturellen Elementen" (des Westens) „eigene Entsprechungen entgegenzusetzen hat" Soll Modernisierung unter Anknüpfung an die eigene Tradition betrieben werden, so liegt das relativ hohe Modernisierungspotential der Hochkultur darin, daß (mit den Worten Riegels ausgedrückt) „dieser hochkulturelle Traditionsbestand sich aus so vielen orthodoxen und heterodoxen philosophischen, religiösen und intellektuellen Lehrmeinungen, Schulen und Sinnkomplexen zusammensetzt, daß die modernisierende, reformierende und revolutionierende Entwicklungsintelligenz immer jene traditionalen Bestätigungen und Erfüllungen finden kann, von denen sie glaubt, daß sie eine traditionswürdige Dignität aufweisen, die modernisierungsdienlich sein könnte.“ Der Prozeß der Islamisierung ist in Ländern wie denen der Sahelzone größtenteils gewalt-frei verlaufen. Er reicht bis tief ins Mittelalter zurück, hat aber in den letzten Jahrzehnten, also nooh während und dann nach der Kolonialzeit rapide Fortschritte gemacht: „Was vorher eine städtische Religion für Adel, Händler und Handwerker war, ist jetzt auch von der Mehrzahl der Bauern übernommen worden." Heute ist dieser Prozeß so gut wie abgeschlossen: „Niger ist ein islamisches Land.“ Als Relikt des Kolonialismus besteht noch eine christliche Gemeinde (deren Mitgliederzahl von Spittler auf „unter 1 000" angesetzt wird); die Animisten, die noch in der Zwischenkriegszeit etwa die Hälfte der Bevölkerung Nigers ausgemacht hatten, sind auf einen verschwindenden Rest reduziert, dessen quasi selbstverständliche Islamisierung von der noch im Land tätigen christlichen Mission nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt wird. Die Identität etwa der Bevölkerung Nigers ist gegenwärtig eine „schwarzislamische“; „die kulturelle Eigenart der autochthonen Haussa-Bevölkerung ist heute nur noch an wenigen Stellen zu beobachten" -Erstaunlicherweise bestehen im Westen gegenüber diesem Sachverhalt massive Wahrnehmungsbarrieren. So klammern z. B. unsere bundesgeförderten regionalen Forschungsinstitute die Region weitgehend, ihren islamischen Charakter aber fast vollständig aus: Das Interesse des Deutschen Orient-Instituts endet (wohl legitimerweise) an der Südgrenze des arabischen Sprachraums, und auch das Institut für Afrikakunde fühlt sich für diesen Teil der islamischen Welt nicht so recht zuständig. Dies gilt nicht nur für die bundesdeutsche Wissenschaft, sondern, trotz seiner kolonialen Vergangenheit in der Region, auch etwa für Frankreich. „Dans ce domaine, il re-ste normment ä faire. II y a trop peu d'africanistes arabisants", klagt Vincent Monteil, die eüropäische Autorität für das Gebiet des „islam noir" Der Reisende, der die Sahelländer besucht, nimmt in der Regel die Kathedrale in der Hauptstadt wahr, hat aber keine Gelegenheit, ihre Besucherfrequenz mit der der zahlreichen größeren und kleineren Moscheen, die keineswegs alle durch Petro-Dollars finanziert worden sind, zu vergleichen. In der Presse werden zwar Marokko und Pakistan als „islamische", Niger oder Senegal aber als „islamisierte“ Länder bezeichnet — was etwa eben so sinnvoll ist, als ob man Polen (im Gegensatz zum christlichen Frankreich) „christianisiert“ nennen würde. Eine ähnliche Wahrnehmungssperre besteht hinsichtlich der Gründe für den Erfolg des Islam in der Sahelzone, der sich eben typischerweise nicht im Verfolg kriegerischer Expansion, sondern kraft kultureller Überlegenheit durchgesetzt hat, über Händler und Schrift-/Religionsgelehrte (bisweilen in Personalunion). Beim Christentum, das durch den französischen Kolonialismus importiert wurde, war es bekanntlich umgekehrt. Vincent Monteil, der in seinem Standardwerk „L islam noir“ der Frage nachgeht, nennt eine Reihe von Gründen ), die sich dahingehend zusammenfassen lassen, daß der Islam der eigenen, animistischen Tradition gegenüber als höhere Entwicklungsstufe, gleichzeitig mit dieser Tradition weitgehend vereinbar (Polygamie), gegenüber dem (kulturellen) Angriff des Okzidents aber als „eigenes", afrikanisches Kulturelement (lange einheimische Geschichte, kein Rassismus) betrachtet wird.
Seine Lebenskraft zeigt der afrikanische Islam, der seine Anhänger schon in höherem Maße als andere Afrikaner zur Auseinandersetzung mit der kolonialen Herausforderung befähigt hatte heute auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Während die Projekte westlicher Geberländer (die zusammen mit der nationalen Regierung gefunden und durchgeführt werden) nicht „greifen" — abgesehen davon, daß sie in jedem Fall nur einen verschwindend kleinen Bruchteil der ca. 10 000 Dörfer erfassen, aus denen sich ein durchschnittliches Sahelland zusammensetzt —, findet hier, von der westlichen Öffentlichkeit fast unbemerkt, Mobilisierung und Entfaltung von Produktivität auf breiter Front statt Hier wird — ohne zentrale Planungsinstanz! — durchgeführt, was westliche entwicklungspolitische Instanzen nicht einmal planen können. Schon quantitativ stellen etwa die mehreren Hunderttausende von Menschen, die im Senegal von wirtschaftlich aktiven islamischen Orden erfaßt werden eine Größenordnung dar, die von exogener Entwicklungszusammenarbeit auch bei Vervielfachung der heute eingesetzten Mittel nicht erreicht werden kann. Was aber entscheidend ist: Während westliche Projektplanung erst allmählich die Lehren aus dem Scheitern monosektoraler Ansätze (Pflanzenschutz, Hygiene, Kraftfahrzeugrepa, ratur usw.) zu ziehen beginnt, ist der hier praktizierte Ansatz seit jeher (in unserer entwicklungspolitischen Terminologie ausgedrückt:) „integriert“: Wirtschaftliche Betätigung ist mit Bildung, Sport, Hygiene, Verbesserung der Wohnsituation und, ganz allgemein gesprochen, Rationalisierung der Lebensführung verbunden Eine kritische Bilanz unserer entwicklungspolitischen Bemühungen in diesem Raum hat die Erkenntnis zu verarbeiten, daß sehr vieles, was an westlich inspirierter Organisation nicht funktioniert, eine enorme Leistungsfähigkeit entfaltet, sobald es auf islamischer Grundlage betrieben wird Dies gilt z. B. für genossenschaftliche Zusammenschlüsse aller Art, in denen wohl ein möglicher Schlüssel zu der so dringend notwendigen Entwicklung der ländlichen Räume zu sehen ist
III.
Welche entwicklungspolitischen Folgerungen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen, die zweifellos noch vertieft und systematisiert werden müssen, für ein westliches Geberland wie die Bundesrepublik Deutschland?
Es sind im Prinzip drei Arten der Reaktion von unserer Seite möglich:
1. Wir bauen, unter Einsatz von finanziellen und personellen Mitteln in einem Umfang, der möglicherweise die Widerstände des Milieus überwindet, Gegenpositionen auf, d. h. wir fördern beispielsweise „moderne" Genossenschaften gezielt gegen „islamische“. Die längerfristigen Erfolgsaussichten wären dabei (wenn man der in diesem Aufsatz geführten Argumentation folgt) gering; auch müßte der Anspruch einer sozio-kulturell abgesicherten (und überhaupt einer zielgruppenorientierten) Entwicklungspolitik aufgegeben werden.
2. Wir ignorieren das Gegebene. Dies ist das sicherste Mittel, jeden Entwicklungserfolg von vorn herein unmöglich zu machen.
Unsere bisherige Haltung kann, wie sich anhand von Projektfindung und -planung belegen läßt, als Mischtyp zwischen diesen beiden genannten Orientierungen bezeichnet werden, wobei Element 1 mehr die Interessen der jeweiligen Partnerregierung, Element 2 mehr unseren eigenen Informationsstand reflektiert. Perspektiven für eine erfolgreichere Entwicklungspolitik eröffnet die 3. Option: Wir anerkennen das Gegebene als real und notwendig und nehmen es als Ausgangspunkt unserer Planungen. Diese Option würde bedeuten, daß schwarz-islamische Werte und Normen für unsere Entwicklungspolitik positive Bedeutung gewinnen. Da nun aber Werte und Normen innerhalb einer Gesellschaft nicht sozusagen in gleichmäßiger Verdünnung verteilt sind, sondern von bestimmten Instanzen dieser Gesellschaft verwaltet, interpretiert und zugeteilt werden, besteht die praktische Aufgabe einer sozio-kulturell fundierten Entwicklungszusammenarbeit darin, die Kooperation mit eben diesen Instanzen zu suchen.
Gegen eine derartige Kooperation etwa mit islamischen Ordensführern sind auf westlicher Seite Vorbehalte verschiedener Art denkbar.
Einmal kann argumentiert werden, für die eindeutig säkulare Aufgabe „Entwicklung“ sei eine religiöse Instanz nicht der richtige Counterpart. Dieses Argument geht an einem Grundzug des Islam vorbei, der sich (für einen Westeuropäer) am besten anhand eines historischen Vergleichs mit dem Christentum erklären läßt. Die Begründer des Christentums mußten ihre „Nische“ in einem Weltreich finden, das zu dieser Zeit auf der Höhe seiner Macht stand; sie fanden eine politisch und wirtschaftlich fest gefügte Welt vor, deren universalistischem kulturellen Anspruch sie ausschließlich auf dem Gebiet der Religion (im „innerlichsten" Sinn) Eigenes entgegenzusetzen hatten. Verglichen damit war das Milieu, in dem der Prophet Mohammed seine Gemeinde begründete, ein politisches Vakuum. Die Regelung der weltlichen Angelegenheiten dieser Gemeinde war daher von den „jenseitigen" Aspekten der islamischen Religion nicht zu trennen. Der Islam hat folgerichtig in den Jahrhunderten seither in einem neu erschlossenen Milieu meist auch sozialreformerisch gewirkt.
Aber selbst davon abgesehen: für Entwicklungsprojekte der christlichen Kirchen wurden in der Bundesrepublik seit jeher erhebliche öffentliche Mittel eingesetzt (1984 z. B.
196 Millionen DM), und ein senegalesischer Imam sollte erst nach ernsthafter Prüfung für weniger förderungswürdig befunden werden als etwa ein philippinischer Bischof.
Und schließlich ist zwar nicht zu bestreiten, daß „Entwicklung" in Europa mit Säkularisierung parallel lief; in Japan war dies aber — nach dem einhelligen Urteil aller Japan-Kenner — keineswegs der Fall. Hier handelte es sich offenbar um eine „sakral legitimierte und daher auch durchsetzungsfähige, die Masse der Bevölkerung erfassende Innovationsbereitschaft" die durch den modernisierenden Staat bewußt gesteuert wurde. Befürchtungen westlicher Beobachter könnten auch dahin gehen, durch Förderung islamischer Institutionen könnte einem „schwarzen Khomeiny" zur Macht verhülfen werden.
Dies wirft zwei Fragen auf:
1. Ist in den Ländern der Sahelzone mit einem Wechsel des politischen Systems zu rechnen?
2. Wenn ja: geht dieser Wechsel in Richtung „Islamisierung"?
Zweifellos beruht die relative Stabilität des nachkolonialen politischen Systems (nicht seiner personalen Repräsentanz) in den Staaten der Sahelzone nicht auf massenhafter Zustimmung politisch partizipierender Staatsbürger. Hartmut Elsenhans hat seine Analyse der „bürokratischen Entwicklungsgesellschaft" gerade auch mit den politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der Sahelzone empirisch fundiert; und für Niger hat Gerd Spittler gezeigt, wie „Herrschaft über Bauern" ohne wirksame politische Partizipation aufrechterhalten wird Eine Bedrohung des gegenwärtigen „Staatsklassen" -Systems würde sich ergeben, wenn von hinreichend artikulierungsfähigen Exponenten der bisher Beherrschten das Problem der Legitimität der politischen Herrschaft thematisiert würde. In seiner weithin rezipierten Typologie legitimer Herrschaft unterscheidet Max Weber die rationale, die traditionale und die charismatische Legitimationsart. Wie bei den heute entwickelten Ländern, so ist auch bei den Entwicklungsländern von einem ursprünglichen Zustand der traditionalen Legitimierung politischer Herrschaft auszugehen Der weitere Verlauf zeigt aber sehr verschiedene Muster: im Okzident die schrittweise Entwicklung zur „rationalen“ Herrschaft aufgrund interner Faktoren — in „rückständigen" Gesellschaften die Bindung der Legitimität an die „Entwicklungsleistung" des Regimes: entscheidend wird, wie die Herrschenden auf den von den Industrieländern ausgehenden Entwicklungsdruck reagieren. Unterschiede in der Herrschaftslegitimierung beruhen seither auf unterschiedlichen ideologischen Positionen zur entwickelten Bezugsgesellschaft (der „modernen Welt"). Der historische Wechsel zwischen den Legitimierungstypen erfolgt jedesmal dann, wenn einem Modell der Legitimation von maßgeblichen, hinreichend artikulierungs-und konfliktfähigen Gruppen/Schichten/Klassen der Bevölkerung die Entwicklungsperspektive abgesprochen wird. So folgte „Orient", mit diesen Problemen im der viele Jahrzehnte früher konfrontiert war als Schwarzafrika, auf den Zusammenbruch der traditionalen Legitimation die assimilatorische die auf Nachahmung bedingungsloser der Ziele und Formen westlicher Entwicklung beruhte; das soziale Scheitern dieses Entwicklungsweges führt zu einem „authentizistischen“ Programm, das Eigenständigkeit und gesamtgesellschaftliche Entwicklungsleistungen zu vereinen beansprucht. Hierbei sind prinzipiell zwei Varianten denkbar: eine laizistische, die sich (z. B. als „wissenschaftlicher Sozialismus") rational legitimiert, und eine revivalistische, die ihre Legitimität aus dem Rückgriff auf die Tradition gewinnt. Beide enthalten natürlich starke charismatische Elemente. Die zweite Variante, die an überkommene Denkmuster anknüpfen kann, ist zur Zeit die weltweit historisch erfolgreichere.
Folgt man der hier vorgetragenen Argumentation, dann könnte bei einer nachhaltigen Diskreditierung des derzeitigen, westlich-modem legitimierten Regierungs-und Entwicklungsmodells in der Sahelzone tatsächlich ein islamisches Gegenmodell auf der Tagesordnung stehen. Spittler sagt über die Repräsentanten des Islam in Niger, sie stünden „in Distanz zu diesem Staat, aber sie verbreiten kein oppositionelles Legitimitätsmodell. Im Kontext der islamischen Tradition in Westafrika sind sie aber potentiell dazu in der Lage, und sie werden von den Vertretern der Staatsgewalt daher auch mit Mißtrauen betrachtet“ -Und Jamil Abu-Nasr, vielleicht der beste deutsche Kenner des schwarzafrika-nischen Islam, stellt fest, daß „die schwarz-afrikanischen Muslime nicht mehr bereit sind, die Marginalität des Islams im politischen Leben weiterhin zu dulden. Auf der politischen Szene mehrerer afrikanischer Länder sind muslimische Führer und Gruppierungen erschienen, die sich für die Wiederbelebung des Islams im gesellschaftlichen Leben einsetzen“ 52). Dies bedeutet natürlich nicht, daß ein Umschwung unter islamischen Vorzeichen unmittelbar bevorsteht; es trägt aber zweifellos zur Schaffung der Voraussetzungen dafür bei.
Wer Entwicklungszusammenarbeit als subsidiär Eigenentwicklungen den des Nehmer-landes versteht, wird sich der Erkenntnis nicht verschließen können, daß unser notwendigerweise peripherer Eingriff einen anstehenden Legitimitätswechsel (z. B. unter islamischen Vorzeichen) weder herbeiführen noch verhindern kann. Den Befürchtungen, die sich im Schlagwort vom „schwarzen Khomeiny" kristallisieren, muß außerdem entge-gengehalten werden, daß sich die von einer neu installierten „islamischen“ Regierung verfolgte Politik nicht an irgendwelchen „heiligen Schriften", sondern ausschließlich an den (in einer bestimmten Weise interpretierten) Erfordernissen der historischen Situation orientieren wird Für den Bereich der Außenbeziehungen wird dabei mit ausschlaggebend sein, wie der jeweilige Partner sich zu den Zielen der neuen Machthaber verhält — und: wie er sich dazu vor der Machtübernahme verhalten hat.
Damit ist aber das grundlegende Dilemma einer sozio-kulturell fundierten (westlichen)
Entwicklungspolitik angesprochen: Sie ist politisch nicht neutral. Im Falle der Sahelländer wäre sie eine Option gegen die Legitimationsgrundlage der gegenwärtigen Regierungen.
Da diese den Zugang auswärtiger Stellen zu den innergesellschaftlichen Kräften regeln, ergeben sich für unsere Entwicklungszusammenarbeit schwer lösbare Probleme einer Kontaktaufnahme mit den legitimen Exponenten der Bevölkerungsmehrheit. Es handelt sich um dieselben Probleme, die den Verfechtern des „basic needs" -Ansatzes das Leben so schwer machen.
Eine (wenigstens partielle, aber damit schon politisch interessante) Lösungsmöglichkeit zeichnet sich nur dort ab, wo Regierungen in ihrem Streben nach Herrschaftssicherung angesichts der immer gegebenen Alternative
zwischen repressiver Gewalt und legitimationsfördernder Partizipation mehr auf das zweite setzen, und sei es nur, um die Kosten für den Repressionsapparat zu begrenzen.
Partizipation der Zielgruppen gehört zu den erklärten Prämissen unserer Entwicklungszusammenarbeit, und eine unter diesem Gesichtspunkt vorgenommene Bewertung der einzelnen nationalen Entwicklungspolitiken müßte zu eindeutigen Ergebnissen hinsichtlich ihrer relativen Förderungswürdigkeit kommen. Zur Zeit scheint in der Führungsschicht der Republik Niger das Bewußtsein zu wachsen, daß es der dort bisher betriebenen Entwicklungspolitik an der nötigen Breiten-wirkung fehlt; eine zur Behebung dieses Defizits von der Staatsführung ins Leben gerufene •Socit de dveloppement" erölfnet mögli-cherweise größere Partizipationschancen für die Majorität der Bevölkerung und damit für das islamisch fundierte Entwicklungspotential. Eine Regierung, die dieses Potential erschließt, könnte von westlichen Gebern „belohnt" werden Für eine derartige Belohnung (= Verstärkung der Zusammenarbeit) spricht neben den sozialen Prämissen der deutschen Entwicklungspolitik vor allem die dann zu erwartende größere Effizienz von Projekten und Programmen Dies ist allerdings nur möglich, wenn spezifisch entwicklungspolitischen Gesichtspunkten gegenüber anderen, auch in der Bundesregierung vertretenen, der Vorrang eingeräumt würde. Die Verfolgung unserer langfristigen Interessen sollte nicht durch eine kurzfristige Bindung an Regierungen bestimmt werden, deren einziger Vorzug darin besteht, daß sie zur Zeit an der Macht sind.
Als erster praktischer Schritt wäre ein Abgehen von der vorab festgesetzten und erst in einem zweiten Schritt mit Projekten gefüllten „Länderquote“ denkbar. Dann könnte ein zielgerichteter Politikdialog begonnen werden. Die Aufgabe, bei der Durchführung von Projekten und Programmen von den Vorstellungen der betroffenen Bevölkerung auszugehen, wird dadurch erleichtert, daß praktische Erfahrungen im islamischen Raum ebenso zur Verfügung stehen wie das notwendige Planungsinstrumentarium