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Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik — Modell für die Bundesrepublik? | APuZ 12/1984 | bpb.de

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APuZ 12/1984 Wirtschaftspolitische Optionen gegen strukturelle Arbeitslosigkeit Die neue Wirtschaftspolitik in Großbritannien und den USA Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik — Modell für die Bundesrepublik? Die Budgets der Sozialversicherung und die Einführung der 35-Stundenwoche

Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik — Modell für die Bundesrepublik?

Willi Leibfritz

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die nachfragepolitisch orientierten Nationalökonomen empfehlen, mit finanzpolitischen Maßnahmen und mit einer zinsorientierten Geldpolitik die kurzfristigen Konjunkturschwankungen zu glätten. Die angebotspolitisch und monetaristisch orientierten Nationalökonomen sind mehr an der mittel-und längerfristigen Entwicklung der Wirtschaft interessiert und lehnen konjunkturelle Maßnahmen prinzipiell ab. Mit neoklassisch/monetaristischen Wirtschaftsprogrammen versuchen M. Thatcher und R. Reagan seit 1979 bzw. 1980 ihre Volkswirtschaften zu „revitalisieren". In Großbritannien wurde dabei unter anderem eine Steuerstrukturpolitik und in den USA eine allgemeine Steuersenkungspolitik angewendet. Zunächst kam es in beiden Ländern zu einem Fehlstart mit höheren Inflationsraten (Großbritannien) und höherer Arbeitslosigkeit (Großbritannien und USA). Inzwischen ist in beiden Ländern aber eine deutliche wirtschaftliche Erholung bei vergleichsweise geringen Preissteigerungen zu verzeichnen. Das Stagflationsproblem, gegen das die Angebotspolitiker angetreten sind, scheint fürs erste überwunden zu sein. Daß es zunächst aber zu einem starken Anstieg der nominalen und realen Zinsen kam und daß die konjunkturelle Erholung dann vor allem über die Steigerung des privaten Verbrauchs und den Rückgang der Sparquote zustande kam, lief den ursprünglichen Plänen zuwider. Die USA verfehlten dabei auch ihr Ziel der Haushaltskonsolidierung und bewirkten damit einen weltweiten Zinssog und eine Überbewertung des Dollars. Im Anschluß an die Ausführungen zu diesem Komplex werden differenzierte Gestaltungsvorschläge für die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik gemacht.

Seit Mitte der siebziger Jahre ist die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik in den westlichen Industrieländern immer populärer geworden. Mit den Regierungsübernahmen von Angebotspolitikern in Großbritannien (Thatcher/Frühjahr 1979) und in den USA (Reagan/Herbst 1980) wurde dies besonders augenfällig. Aber auch andere Länder, darunter die Bundesrepublik Deutschland, versuchten (und versuchen) angebotspolitische Momente zu berücksichtigen. So wurden schon von der alten Regierung einige angebotspolitische Maßnahmen ergriffen (wie Gewerbe-steuersenkungen, Abschreibungsverbesserungen). Die neue Regierung hat diese Politik

I. Theoretische Hintergründe der Angebotspolitik und Ursachen für ihre zunehmende Popularität

a) Jeweils in der Abgrenzung und für den Zeitraum des Bezugs des Geldmengenziels: USA M 1 4. Vierteljahr Vorjahr bis 4. Vierteljahr laufendes Jahr; Großbritannien M 3 Sterling Februar laufendes Jahr bis April nächstes Jahr (1979 Juni laufendes Jahr bis Oktober nächstes Jahr); Bundesrepublik Deutschland Zentralbankgeldmenge 4. Vierteljahr Vorjahr bis 4. Vierteljahr laufendes Jahr; die Zuwachsraten (Jahresraten) sind daher zwischen den Ländern nicht direkt vergleichbar und auch nicht mit den entsprechenden ZaﱟA

Die Angebotstheorie und die zu ihr in Konkurrenz stehende Nachfragetheorie fragen danach, wie das Wirtschaftswachstum erreicht bzw. beschleunigt werden kann und wie damit und durch die entsprechende Preis-und Lohnsetzung auf den Gütermärkten und den Arbeitsmärkten Angebot und Nachfrage zum Ausgleich gebracht werden können. Das gegenwärtig heiß diskutierte Spannungsfeld Wirtschaftswachstum—Umweltschutz stellt diese beiden Wirtschaftstheorien nicht grundsätzlich in Frage, da diese für Änderungen in der Kosten-, Bedürfnis-und Nachfragestruktur offen sind. Mit dieser grundsätzlichen Offenheit für strukturelle Veränderungen stehen und fallen diese Theorien auch nicht, wie teilweise argumentiert wird, mit der Erreichbarkeit oder Nichterreichbarkeit bestimmter Wachstumsraten. Der „Motor für Wirtschaftswachstum" wird nach beiden Theorien solange in Gang gehalten, wie die Gesamtheit der Wirtschaftssubjekte einen Anstieg ihrer Realeinkommen anstrebt. Solange dies der Fall ist, werden Sättigungsgrenzen nur auf einzelnen Märkten, nicht aber für die Gesamtwirtschaft auftreten.

In den sechziger Jahren und auch noch in den siebziger Jahren war die sogenannte Keynesianische Lehrmeinung bei den meisten Wirtschafts-und Finanzwissenschaftlern und -Politikern der westlichen Industrieländer noch stärker auf ihre Fahnen geschrieben, wobei aber die Schritte in dieser Richtung — abgesehen von der Haushaltskonsolidierung — eher zögernd und weniger spektakulär vonstatten gehen als in Großbritannien und in den USA.

Im folgenden soll vor allem der Hintergrund der angebotspolitischen Diskussion beleuchtet werden. Ferner wird eine Zwischenbilanz der Angebotspolitik in Großbritannien und in den USA vorgenommen. Daraus werden dann abschließend einige Lehren für die Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik gezogen und einige konkrete Maßnahmen zur Diskussion gestellt. vorherrschend. Nach dieser Lehre kommt es auch im „besten" marktwirtschaftlichen System immer wieder zu Konjunkturkrisen, die ohne eine aktive staatliche Konjunkturpolitik nicht überwunden werden können. Dieser Umstand macht eine antizyklische Finanzpolitik zwingend, denn zumindest in der tiefen Rezession bleibt nach Keynes eine expansive Geldpolitik wirkungslos. Selbst bei noch so geringen Zinssätzen würde demnach nicht investiert, da die Nachfrage nach den Produkten fehle (Problem der „Liquiditätsfalle"). Dies wurde mit folgendem Schlagwort drastisch ausgedrückt: Man kann die Pferde zum Brunnen führen, aber sie saufen nicht.

Der Teufelskreis im Konjunkturabschwung zwischen sinkenden Realeinkommen und sinkender realer Nachfrage kann nach dieser Theorie demnach nur durch eine Erhöhung der kreditfinanzierten Staatsausgaben durchbrochen werden. Dies steigert direkt die staatliche Nachfrage und indirekt über einen kreislaufmäßigen Multiplikator-und Akzeleratorprozeß auch die private Konsum-und Investitionsnachfrage. Interessant für das Thema Angebotspolitik ist, daß auch nach der Nachfragetheorie von Steuersenkungen in Rezessionen positive Wirkungen — allerdings auf der Nachfrageseite und nicht auf der Angebotsseite — erwartet werden. Voraussetzung ist aber, daß diese Steuersenkun33 gen kreditfinanziert sind. Beispielsweise erhöht eine kreditfinanzierte Einkommensteuersenkung nach dieser Theorie das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte und damit über die Erhöhung der Verbrauchsausgaben auch das Sozialprodukt. Auch bei höheren Staatskrediten kommt es nach der Keynes'schen Lehrmeinung nicht zu einem Verdrängungswettbewerb am Kapitalmarkt. Vielmehr wird die Privatverschuldung aufgrund der Nachfragesteigerung eher angeregt. Zwar sind im Verlauf der vom Staat herbeigeführten konjunkturellen Erholung nach Keynes ab einem bestimmten Grad der gesamtwirtschaftlichen Kapazitätsauslastung Preissteigerungen unvermeidlich, doch sinkt gleichzeitig die Arbeitslosigkeit. Es besteht nach dieser Theorie somit eine „Tauschmöglichkeit" zwischen weniger Arbeitslosigkeit und etwas höheren Preissteigerungen

Nach dieser Theorie wurde in den meisten Amtsstuben der Wirtschafts-und Finanzministerien der Industrieländer gehandelt, und es lief — dies kann man rückblickend feststellen — einige Zeit auch ganz gut. Größere Weltrezessionen traten nicht auf, nationale Krisen — wie die Rezession 1967 in der Bundesrepublik — wurden relativ schnell beseitigt. Die meisten Länder kurbelten die Konjunktur immer wieder mit staatlichen Ausgabenprogrammen an. Teilweise kam es allerdings auch zu nachfragepolitisch begründeten Steuersenkungen, so 1964 durch Kennedy. Gerade die Steuersenkung von Kennedy wird von den heutigen Angebotspolitikern in den USA als Beweis für den Erfolg von Steuersenkungsprogrammen ins Feld geführt, wobei die Art der Wirkung aber eben nicht durch die nachfragepolitische, sondern durch die angebotspolitische Brille gesehen wird. Im Anschluß an diese Steuersenkung kam es tatsächlich in den USA zu einer wirtschaftlichen Erholung, die heute von den Angebotspolitikern ausschließlich der Steuersenkung zugeschrieben wird. Steuersenkungen blieben bei den Keynesianern aber eher eine Seltenheit.

Man setzte mehr auf Ausgabenprogramme, ja eine hohe Steuerprogression (d. h. ein Verlauf des Steuertarifs, der bei höheren Einkommen zu höheren Steuersätzen führt und damit ein automatisches Hineinwachsen der Einkommen in höhere Belastungen verursacht) wurde teilweise ganz gern gesehen, denn sie brachte in der anschließenden Erholungsphase die notwendigen Mehreinnahmen zur Abdeckung der Staatsausgaben, und je größer der Staatsanteil an der Volkswirtschaft war, um so größer waren ja die staatlichen Steuerungsmöglichkeiten. Folgende Zusammenhänge wurden lange — zu lange — übersehen:

1. Wenn der Staat die volle Verantwortung für die Konjunkturentwicklung und damit auch für die Arbeitslosigkeit übernimmt, verleitet er die privaten Wirtschaftssubjekte, also vor allem Unternehmer und Arbeitnehmer, zu Fehlverhalten: Da der Staat dann schon bei geringen konjunkturellen Abschwächungen mit einem „deficit-spending" reagiert und von der Notenbank, die versucht, den Zinssatz nicht ansteigen zu lassen, entsprechende Mittel in den Wirtschaftskreislauf gepumpt werden, werden nicht mehr die eigentlichen Ursachen für den Abschwung (wie beispielsweise überzogene Lohn-und/oder Preissteigerungen) beseitigt, sondern die Lohn-Preis-Spirale wird in Gang gehalten.

2. Wenn sich alle am Wirtschaftsprozeß Beteiligten an eine relativ hohe Inflationsrate gewöhnen, muß der Staat seine expansiven Maßnahmen immer stärker dosieren, um überhaupt noch im realen Bereich Nachfrage-wirkungen zu bewirken.

3. Bei Politikern im Amt besteht die Neigung, die expansiven Maßnahmen im Abschwung später nicht entsprechend zurückzunehmen, also den Fuß nicht mehr oder zu spät vom Gaspedal zu nehmen.

4. Die aus kurzfristig konjunkturpolitischen Gründen vorgenommenen Staatsausgaben haben langfristige Folgewirkungen (Zinsausgaben, konsumtive Folgeausgaben) auf das Staatsbudget.

5. Angesichts der zeitlichen Verzögerungen der Wirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen sind treffsichere Konjunkturprognosen Voraussetzung dieser Konjunkturpolitik. Aufgrund der verschiedenen Prognoseunsicherheiten ist diese Treffsicherheit aber häufig nicht gegeben.

6. Wenn hohe Inflationsraten und zunehmende Staatseingriffe zum Dauerzustand werden, hat dies negative Wirkungen für das längerfristige Wirtschaftswachstum:

— Bei progressiver Einkommensteuer wachsen die Einkommensbezieher inflationsbedingt in eine immer höhere Steuerbelastung hinein. Die Arbeit lohnt sich immer weniger, vor allem auch dann, wenn gleichzeitig bei stark ausgebauten Sozialsystemen der Abstand des Netto-Lohneinkommens zu den steuerfreien staatlichen Unterstützungszahlungen abnimmt. Die Wirtschaftstätigkeit verB lagert sich zunehmend in die sogenannte Schattenwirtschaft.

— Im Investitionsbereich kommt es bei inflationärer Entwicklung zu einer Scheingewinnbesteuerung bei steuerlichen Abschreibungen, da diese sich an den Anschaffungskosten und nicht an den höheren Wiederbeschaffungskosten orientieren. Die Nettorendite sinkt und damit die Investitionsneigung.

— Der sofortige Einkommensverbrauch wird durch die steigende Einkommens-bzw. Ertragsbelastung gegenüber der Ersparnisbildung begünstigt.

— Der zunehmende Staatsanteil zieht die volkswirtschaftlichen Ressourcen immer mehr vom privaten Sektor ab. Auch innerhalb des privaten Sektors kommt es bei einer inflationären Entwicklung zu Kapitalfehlleitungen in unproduktivere Bereiche (Flucht in die Sachwerte wie Grund und Boden). Die gesamtwirtschaftliche Produktivität sinkt.

Dies alles zusammen führt zu dem sogenannten Stagflationsproblem, also der Verbindung von realer Stagnation und Inflation.

Während also die Nachfragepolitiker versuchten, mit staatlichen Eingriffen die kurzfristigen Konjunkturschwankungen zu glätten, kann die Angebotspolitik definiert werden als der Versuch, das Stagflationsproblem mittelfristig zu lösen.

Die Symptome, die die Angebotspolitiker kritisieren und gegen die Keynesianer ins Feld führen, sind gegenwärtig in den meisten Industrieländern Realität.

— Ein Versagen der Tauschmöglichkeit Arbeitslosigkeit — Inflation. Die Preissteigerungsraten nahmen gegen Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre zu, ohne daß die Arbeitslosigkeit zurückging. Vor allem mit den Ölpreiserhöhungen nahmen sowohl Arbeitslosigkeit auch auch Inflationsraten zu.

— Zunehmende staatliche Beanspruchung der gesamtwirtschaftlichen Ressourcen.

— Zunehmende Belastung mit Steuern und Sozialabgaben.

— Zunehmende Staatsverschuldung nicht nur absolut, sondern auch in Relation zu gesamtwirtschaftlichen (Sozialprodukt, Ersparnisbildung) oder finanzwirtschaftlichen (Anteil der Defizitfinanzierungen) Größen.

— Zunehmender Drang in die sogenannte Schattenwirtschaft.

Die von den Angebotspolitikern kritisierten Krankheitssymptome der Volkswirtschaften sind also vorhanden, obwohl auch hier vor monokausalen Erklärungen und SchwarzWeiß-Malerei zu warnen ist, denn nicht jede Erhöhung des Staatsanteils und auch nicht jede Defizitfinanzierung muß gefährlich sein. So erhöht beispielsweise eine Verlagerung der Bedürfnisse der Bürger zugunsten der so-genannten sozialen Güter wie Bildung, Verkehrsinfrastruktur, öffentliche Sicherheit nach außen und innen den Staatsanteil. Eine staatliche Defizitfinanzierung ist andererseits gesamtwirtschaftlich weniger gefährlich, wenn die volkskwirtschaftliche Sparquote entsprechend hoch ist oder ansteigt und wenn es sich bei den damit finanzierten Projekten um echte Zukunftsinvestitionen handelt. Offenbar überschritt aber in den siebziger Jahren das Ausmaß der Veränderungen im staatlichen Bereich die „Toleranzgrenze", so daß eine mittelfristige Konsolidierung erforderlich wurde. Die Angebotspolitik, die sich — wie oben erwähnt — als Versuch zur Über-windung der Stagflation definieren läßt, gründet sich auf die neoklassische Wirtschaftstheorie. Nach dieser Theorie ist das marktwirtschaftliche System nicht instabil, sondern stabil in dem Sinne, daß es immer wieder „von allein" in einen Zustand zurückfindet, bei dem Angebot und Nachfrage auf den Gütermärkten wie auch auf den Arbeitsmärkten ausgeglichen sind. Notwendig ist dabei aber, daß sich die Preise auf den Gütermärkten und die Lohnsätze auf den Arbeitsmärkten frei bilden können und diese Flexibilität nicht durch Oligopole und (bilaterale) Monopole oder sonstige Marktrigiditäten eingeschränkt wird. Unter diesen Voraussetzungen bedarf es keiner aktiven Konjunkturpolitik. Diese behindert vielmehr nur den sogenannten Selbstheilungsprozeß des Marktes. Die Wirtschaftspolitik hat nach dieser Theorie ausschließlich für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen (mehr Markt — weniger Regulierungen). Der Optimismus, daß nach einer Wirtschaftsrezession wieder von alleine ein Aufschwung entsteht, gründet sich auch auf die Annahme, daß aufgrund der Preissenkungen während des Konjunkturabschwungs der reale Geldwert ansteigt und sich daraufhin die realen Käufe der „Geldbesitzer" erhöhen, überdies sinkt während des Abschwungs der Zins, da bei festgelegter Geldmenge und sich abschwächendem nominalem und realem Sozialprodukt der „Geldmantel" als weniger eng empfunden wird. Anders als bei Keynes gilt hier: Wenn man die Pferde zum Brunnen führt, dann saufen sie auch. Allerdings darf die Tränke, sprich der Zins, nicht zu hoch sein.

Eine an sich notwendige Differenzierung in der Beschreibung der klassischen national-35 ökonomischen Lehrmeinung würde den Rahmen des vorliegenden Artikels sprengen. Zwei Namen seien hier dennoch genannt. Zum einen der Engländer Adam Smith, der als Vater der klassischen Nationalökonomie gilt, und zum anderen der Österreicher Joseph Schumpeter, der die klassische Theorie des „harmonischen Gleichgewichts" ablehnte, dessen Lehre aber für die heutige Angebots-politik dennoch von großer Bedeutung ist. Nach Adam Smith (1723— 1790) hält das Streben nach persönlichem Wohlstand, also der Eigennutz, den Erwerbsfleiß aufrecht Arbeit und Arbeitsteilung sind die Quellen des Reichtums für den einzelnen und auch für die ganze Volkskwirtschaft. Der höchste volkswirtschaftliche Wohlstand wird erreicht, wenn sich die Marktkräfte im Innern und im Handel mit anderen Ländern frei entfalten können

Der Markt (Angebot und Nachfrage) reguliert sich dann von selbst. Alle Formen von Markt-eingriffen (wie Höchstpreise, Mindestpreise, Mengenbeschränkungen) sind schädlich. In einer derart freien Marktwirtschaft hat nach Adam Smith der Staat „nur" drei Aufgaben:

1. Die Verteidigung nach außen, 2.den Schutz des einzelnen vor Ungerechtigkeit und Unterdrückung durch Mitbürger, 3. die Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen.

Was diese letztere Aufgabe betrifft, also die Bereitstellung öffentlicher Güter (Straßen, Schulen usw.), so betonte er die Notwendigkeit, möglichst die jeweiligen Nutznießer der Einrichtungen über direkte Beiträge an der Finanzierung zu beteiligen, um das effizienteste Leistungsangebot (über einen direkten Einfluß der Nachfrage) zu erreichen. Die staatliche Beeinflussung der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung im Konjunkturverlauf, also die Konjunkturpolitik, gehört nach dieser Auffassung nicht zu den Staatsaufgaben. Hier gilt das Prinzip des Laissez-faire. Mit der Produktion entsteht gleichzeitig die kaufkräftige Nachfrage für die erstellten Produkte, d. h., das Angebot schafft sich die Nachfrage selbst

Der mit der industriellen Revolution einhergehenden Arbeitslosigkeit und der Verarmung einzelner Gruppen sollte nach Adam Smith vor allem mit angebotspolitischen Maßnahmen begegnet werden, insbesondere mit einer Verbesserung des Bildungsstandes der Arbeiter. Er begrüßte auch die Bildung von Gewerkschaften, um die „Geburtswehen" des marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems zu lindern.

Nach Adam Smith bilden also die Arbeit, die Arbeitsteilung und das freie Spiel der Marktkräfte den Motor der Wirtschaftsentwicklung. Bei Joseph Schumpeter (1883— 1950) entstehen demgegenüber die Wachstumskräfte durch das Wirken der dynamischen Unternehmer. Schumpeter war nicht der Auffassung, daß die Marktwirtschaft immer zu einem harmonischen Gleichgewicht hin tendiere. Der Wettbewerb um neue Produkte und bessere Produktionsverfahren erzeuge vielmehr einen „Prozeß der schöpferischen Zerstörung". Neue innovative Unternehmen tauchen auf, alte sterben ab. Kürzerfristige konjunkturelle Schwankungen ergeben sich ferner dadurch, daß es bei der Anpassung der Produktion an Nachfrageänderungen technisch bedingt zu zeitlichen Verzögerungen kommt. Da es die schöpferischen Unternehmer sind, welche den technischen Fortschritt in Gang halten und den Wohlstand der Volkswirtschaft mehren, ist es nach Schumpeter die wichtigste Aufgabe des Staates, die Bedingungen für diese Pionierunternehmer günstig zu halten. Vor allem darf seiner Auffassung nach auch das Absterben der alten, weniger innovativen Unternehmen vom Staat nicht aufgehalten werden.

II. Die Theorie des Monetarismus

Die monetaristische Lehre kann als Zwillingsbruder (allerdings nicht als siamesischer Zwil-ling) der Neoklassik gesehen werden. Zumeist wird nämlich mit der Forderung nach einem Rückzug des Staates aus der Konjunkturpolitik auch die Forderung nach einer strengen Geldmengensteuerung durch die Notenbank verbunden. Einige amerikanische Angebotspolitiker sind allerdings der Auffassung, daß nur eine Rückkehr zum Goldstandard die Geldwertstabilität auf Dauer sichern könne. Die sogenannte Quantitätstheorie des Geldes ist die Grundlage der klassischen Geldtheorie. Während zuvor die allgemeinen Preisniveausteigerungen aus Edelmetallverschlechterungen der Münzen erklärt wurden, erklärten die Klassiker inflationäre Prozesse aus einer übermäßigen Ausweitung der Geldmenge Diese Theorie unterstellte, daß zum einen Änderungen der Geldmenge nicht von entgegengerichteten Änderungen der Geldumlaufgeschwindigkeit kompensiert werden und daß sich zum anderen diese Änderungen in erster Linie auf die Güterpreise und nicht (oder nur wenig) auf die Güterproduktion auswirken. Es war vor allem Keynes, der sich mit seiner Liquiditätstheorie des Geldes gegen die klassische Quantitätstheorie wandte. Nach seiner Theorie steigt die Nachfrage nach Geld mit sinkendem Zinssatz (Zins-elastizität). Dies bedeutet, daß bei einer Geldmengenausweitung von den Privaten mehr Geld gehalten wird, was bedeutet, daß die Geldumlaufgeschwindigkeit sinkt. Aufgrund dieser Zinselastizität ist der Einfluß der Geldpolitik auf die Wirtschaftsentwicklung nach Keynes geschmälert. Er besteht allerdings, wenn die Wirtschaft nicht allzu weit vom Zustand der Vollbeschäftigung entfernt ist. Eine Ausweitung der Geldmenge führt hier über sinkende Zinsen zu einer Ausweitung der zinsabhängigen Güternachfrage. In der Rezession ist dagegen nach Keynes die Geldpolitik machtlos, da das zusätzliche Geldangebot von den Privaten nicht wieder ausgegeben wird (vollkommene Zinselastizität). Die Keynes-sehe Liquiditätstheorie wurde inzwischen weiterentwickelt

Die heutigen Geldtheoretiker unterscheiden sich inzwischen weniger dadurch, welche Einflußfaktoren bei der Wirkung der Geldpolitik auf die Gesamtwirtschaft eine Rolle spielen können, sondern vor allem dadurch, welche Einflüsse bei der tatsächlichen Geldpolitik am wichtigsten sind Nach Auffassung des Amerikaners Milton Friedman, der die Theorie des Monetarismus neu begründet hat, ist der gesamte Wirkungsablauf geldpolitischer Impulse derart komplex, daß man ihn mit einer „black box" vergleichen kann. Aufgrund seiner verschiedenen empirischen Untersuchungen kommt er hinsichtlich des Ergebnisses dieser Wirkungen vor allem zu folgenden Aussagen:

1. Geldmengenänderungen beeinflussen kurzfristig die nominale unddie reale Wirtschaftsentwicklung. Auf Dauer geht aber der Einfluß auf die reale Entwicklung wieder zurück, so daß nur die Preiswirkungen verbleiben. Somit gilt die These der Klassiker, daß Geldmengenänderungen vor allem zu Preisniveauänderungen führen. Starke Geldmengenausweitungen gefährden damit das Ziel der Preisniveaustabilität. Die Veränderungsrate des Geldangebots sollte so hoch sein wie das mittelfristige reale Wirtschaftswachstum, modifiziert um die mittelfristig erwarteten Veränderungen der Geldumlaufgeschwindigkeit. Für Preisniveausteigerungen wäre dann kein Raum mehr.

In neueren Untersuchungen werden auch (nach Übergangsphasen) Geldmengenregeln in Erwägung gezogen (wie Orientierung an Lohnniveaustabilisierung), bei denen dann das allgemeine Preisniveau sinken müßte.

2. Da die Wirkungen von Geldmengenänderungen auf die Gesamtwirtschaft kurzfristig mit zeitlichen Verzögerungen auftreten, ist das Prinzip der Stetigkeit in der Geldversorgung von großer Bedeutung. Um also die Preisniveauschwankungen zu verringern und die Erwartungen im Konjunkturverlauf zu stabilisieren, sollte die Geldmenge Jahr für Jahr mit der gleichen Wachstumsrate erhöht werden. Die monetaristische Theorie geht also davon aus, daß der Anwendung dieser geldpolitischen Regeln keine allzu großen technischen Probleme entgegenstehen, wie z. B. die Wahl der „richtigen" Geldmenge, die Bestimmung des Geldmengenziels (wie Potentialorientierung, Zieltrichter, Zielkorridor), oder aber, daß die bestehenden Probleme überwunden werden können.

Aufgrund seiner Aussage, daß in der Realität bei der Geldnachfrage die sogenannte Einkommenselastizität weit wichtiger ist als die (von Keynes betonte) Zinselastizität, kommt Milton Friedman bei seiner Geldtheorie im Ergebnis wieder auf die klassische These zurück, nach der das Geld wie ein Schleier über dem realen Wirtschaftsgeschehen liegt, ohne dieses nachhaltig zu beeinflussen. Die Hauptantriebskräfte der Wirtschaftsentwicklung sind nach dieser Theorie also wie schon bei Adam Smith das marktwirtschaftliche System, die Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit der Bevölkerung sowie die Technologie. Ein gut funktionierendes Geldsystem kann nur den Rahmen zur Entfaltung der ökonomischen Kräfte schaffen. Es sollte dies aber auch tun.

III. Anwendung der Angebotspolitik in Großbritannien und in den USA — Eine Zwischenbilanz

Im Frühjahr 1979 erfolgte mit dem Amtsantritt von Frau Thatcher der Einzug der angebotspolitischen Lehrmeinung in die englische Wirtschaftspolitik. Mit folgenden sechs Programmpunkten wollte (und will) die Premierministerin die „englische Krankheit" der Stagflation heilen:

1. Stetigkeit in der Wirtschaftspolitik anstatt des früheren „stop and go";

2. Verringerung des Geldmengenanstiegs;

3. Verringerung des Staatsausgabenanstiegs; 4. Veränderung der Steuerstruktur zugunsten von Arbeit, Sparen und Investieren und zu Lasten des Verbrauchs durch eine Senkung der Einkommensteuer bei gleichzeitiger Mehrwertsteuererhöhung;

5. Reform der Arbeitsmarktpolitik durch Eindämmung produktivitätshemmender Gewerkschaftspraktiken; 6. Reform der Industriepolitik durch Abbau staatlicher Regulierungen und Subventionen. Das amerikanische Programm der Reaganomics vom Herbst 1980 war ähnlich: Verringerung des Geldmengenanstiegs (zeitlich gestaffelte) Einkommensteuersenkungen, Eindämmung des Staatsausgabenanstiegs (vor allem im sozialen Bereich), Abbau staatlicher Regulierungen. In einigen Punkten unterschieden sich die Programme jedoch. So wurden in den USA die steuerlichen Abschreibungen weiter verbessert und die Anwendungsmöglichkeiten des Steuerabsetzbetrags für Investoren (entspricht Investitionszulage) vergrößert. Bei den Steueranreizen für Sachanlagen war Großbritannien mit der Vollabschreibung im ersten Jahr bei Ausrüstungsinvestitionen schon zu Beginn der siebziger Jahre an die Obergrenze gegangen. Der wich-tigste Unterschied bestand aber darin, daß Reagan keine Steuerstrukturpolitik betrieb, sondern auf der Steuerseite zunächst nur Senkungen vornahm.

In der Hoffnung auf die Einspareffekte der geplanten Ausgabenkürzungen und auf hohe konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen versprach Reagan dennoch eine völlige Beseitigung des Bundesdefizits bis 1984. Die angebotspolitische Steuerpolitik, wonach das Angebot der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital (durch höhere Nettoeinkommen bzw. Nettoerträge) und damit das gesamtwirtschaftliche Produktionspotential erhöht werden soll, war damit trotz der Nuancen Kernpunkt beider Programme. Beide Programme zielten auf eine Erhöhung der Spar-und Investitionsquote ab, wobei in Großbritannien durch die Steuerstrukturpolitik die Art der Einkommensverwendung zugunsten des Sparens (und zu Lasten des Konsums) besonders stark beeinflußt werden sollte.

Wie erfolgreich waren diese Programme? Was hat sich als Realität herausgestellt, was als Rhetorik? Nach fünf Jahren Thatcher und dreieinhalb Jahren Reagan läßt sich eine Zwischenbilanz ziehen.

In der folgenden Tabelle sowie in den entsprechenden Tabellen bei Kromphardt ist die Entwicklung der wichtigsten volkswirtschaftlichen Größen dargestellt. Bei den Instrumenten der neuen Politik ist vor allem die Geldmenge zu nennen. In beiden Ländern zeigte sich, daß das Geldmengenwachstum zunächst nur sehr schwer eingedämmt werden konnte. Die USA setzten dabei ihr Geldmengenziel zu niedrig an. Inzwischen haben sie diese Ziel-größe deutlich nach oben revidiert. Ein gewisser Erfolg einer Geldmengenkontrolle im Sinne einer stetigeren Geldversorgung auf nicht allzu hohem Niveau ist aber doch in beiden Ländern zu konstatieren. Das Staatsdefizit konnte in nach Mißerfolgen 1979 und 1980 in den Folgejahren etwas reduziert werden. In den USA läuft es aber seit 1982 völlig aus dem Ruder. Von dem geplanten Ausgleich des Bundesbudgets im Jahre 1984 ist bei einem prognostizierten Defizit von 180 bis 200 Mrd. Dollar inzwischen nicht mehr die Rede. Offenbar hat sich die Hoffnung auf eine wachstumsbedingte Selbstfinanzierung der Steuersenkung (sogenannter Laffer-Effekt) nicht erfüllt. Vor allem schlagen hier auch die stark ausgeweiteten Verteidigungsausgaben zu Buche. Es ist aus finanzpolitischer Sicht übrigens sehr bedenklich, Verteidigungsausgaben, die eindeutig dem Staatsverbrauch zuzuordnen sind, mit Krediten zu finanzieren. Bei der Inflationsbekämpfung kam es in England in den ersten beiden Jahren der neuen Regierung zu einem Fehlschlag. Die Inflation beschleunigte sich kräftig. Ursache dafür war einmal, daß die Gewerkschaften zunächst nicht mitspielten, vor allem aber auch, daß mit der Steuerreform die Mehrwertsteuer drastisch erhöht wurde. Dies heizte die Preis-Lohn-Spirale weiter an, so daß die Mehrwert-steuererhöhung über Lohnerhöhungen teilweise wieder in den Unternehmenssektor „zurückgewälzt" wurde. In den Folgejahren konnte die Inflationsrate allerdings wieder deutlich gedrückt werden. Der Verbraucher-preisanstieg verlangsamte sich von über 18% im Jahr 1980 auf 5% im Jahr 1983. Auch in den USA ist ein deutlicher Erfolg bei der Inflationsbekämpfung festzustellen. Hier verringerte sich der Preisanstieg von 13, 5% im Jahr 1980 und 10, 2% im Jahr 1981 auf 3, 5% im Jahr 1983. Die eine Seite des Stagflationsproblems scheint also erfolgreich bekämpft zu werden.

Wie sieht es mit der anderen Seite aus, dem Wirtschaftswachstum? Hier hatten beide Regierungen einen Fehlstart zu verzeichnen. In England kam es im zweiten und dritten Jahr der Regierung Thatcher zu schweren Rezessionen. Die Industrieproduktion sank zwischen 1979 und 1981 um 10%. Die Arbeitslosigkeit stieg zwischen 1980 und 1981 um 3, 7 Prozentpunkte auf 10, 6% an und 1982 weiter auf 12, 8%. Langsam scheint sich die Wirtschaft jedoch wieder zu fangen. Seit 1982 ist die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate positiv. Im vergangenen Jahr war das Wirtschaftswachstum mit 3% deutlich höher als in der Bundesrepublik (1, 3%) und den meisten anderen europäischen Ländern.

In den USA kam es im Jahr 1982, in dem von den Angebotspolitikern gerade der Durchbruch erwartet wurde, zum großen Rückschlag beim Wirtschaftswachstum (— 2, 4%). Die Arbeitslosigkeit stieg von 7, 5 auf 9, 5% an. Seit dem vergangenen Jahr erholt sich die Konjunktur allerdings deutlich. Im laufenden Jahr könnte nach den gegenwärtigen Prognosen die ursprünglich geplante Wachstumsrate von 4, 5% sogar überschritten werden. Die Preissteigerungsrate wird nach den Prognosen zwar wieder etwas ansteigen, aber doch auf einem für die amerikanischen Verhältnisse vergleichsweise niedrigen Niveau verharren. Das Stagflationsproblem, gegen das die Angebotspolitiker angetreten sind, wäre dann zumindest für dieses eine Jahr — mit gewissen Abstrichen wegen der Preissteigerungen — gelöst. Zwar ist die Arbeitslosigkeit auch in den USA nach wie vor hoch, sie ist inzwischen aber wieder deutlich zurückgegangen. So hat die amerikanische Wirtschaft in den letzten zwölf Monaten 4 Millionen Arbeitsplätze neu besetzt oder geschaffen, so daß inzwischen schon von einem amerikanischen Arbeitsplatzwunder gesprochen wird

Interessanterweise lief (und läuft) die konjunkturelle Erholung sowohl in Großbritannien wie auch in den USA (wie auch in der Bundesrepublik) vor allem über die Nachfrage nach langlebigen Konsumgütern (vor allem Pkw) und den privaten Wohnungsbau. Es kam dabei zu einem deutlichen Rückgang der privaten Sparquote. Nach den Plänen der Angebotspolitiker sollte, wie oben erwähnt, die Wirtschaftserholung insbesondere über die privaten Unternehmensinvestitionen in Gang kommen und von einer entsprechenden Erhöhung der Sparkapitalbildung begleitet werden. Dies ist nicht eingetreten. Zwar ist zu berücksichtigen, daß die Angebotspolitik in beiden Ländern zu einer Zeit installiert wurde, als weltweit der zweite ölpreisschock zu verkraften war und insofern die Zeichen für private Investitionen nicht sehr günstig waren. Inzwischen erholen sich auch die Unternehmensinvestitionen wieder etwas. Dennoch ist festzustellen, daß der von der Angebotstheorie vorgezeichnete Wirkungsmechanismus zwischen den ökonomischen Aggregaten nicht oder zumindest nicht bei den vorliegenden Gegebenheiten auf die kurze Frist übertragen werden kann.

Nach der monetaristischen Theorie hätten mit der Verlangsamung des Geldmengenwachstums aufgrund der Verringerung der

Inflationserwartungen die nominalen Zinssätze und dann mit der höheren Sparkapitalbildung auch die realen Zinssätze sinken müssen. Demgegenüber sind mit der restriktiveren Geldpolitik im Verlauf des Jahres 1981 in den USA die nominalen Zinssätze trotz der Abschwächung des Preisanstiegs weiter angestiegen. Die Folge war ein starker Anstieg der realen Zinssätze. Nachdem die Geldpolitik in den Jahren 1982/83 etwas gelockert wurde und die Erfolge an der Inflationsfront noch deutlicher wurden, kam es zwar wieder zu Senkungen der nominalen Zinssätze. Die nominalen und vor allem die realen Zinssätze blieben in den USA vergleichsweise hoch. Kapitalimporte und starke Dollaraufwertungen waren die Folge. Erst in allerjüngster Zeit scheinen sich die Wechselkurserwartungen wieder gegen den Dollar zu richten. Aufgrund der Überbewertung des Dollar hat die amerikanische Exportindustrie in erheblichem Maße an internationaler Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt Zu dem hohen Staats-defizit hat sich ein hohes Leistungsbilanzdefizit gesellt. Man wird diese — auch aus internationaler Sicht — wachstumsschädliche Zinserhöhung in den USA nun je nach Standpunkt der zu restriktiven Geldpolitik oder der zu expansiven Finanzpolitik, also dem zu hohen Staatsdefizit zuweisen. Unbestritten dürfte aber sein, daß es bei der Installierung der Angebotspolitik besonders in den USA zu einem ungünstigen policy-mix zwischen Geldpolitik und Finanzpolitik gekommen ist. Trotz des gegenwärtigen konjunkturellen Aufschwungs sind daher die mittelfristigen Rahmenbedingungen für die Investoren von der monetären Seite her keineswegs stabilisiert.

IV. Lehren für die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik

In jedem Politikbereich und insbesondere bei der Wirtschaftspolitik besteht bekanntlich die Gefahr, einerseits einseitig „Ismen" anzuhängen und damit inflexibel zu werden oder aber andererseits unter dem Druck der Tages-ereignisse in eine orientierungslose Geschäftigkeit zu verfallen. Die wichtigste Aussage der klassischen Nationalökonomie, daß bei dem freien Spiel der Marktkräfte die Einzelinteressen und das Gesamtinteresse am besten befriedigt werden, wurde bei der Installierung unserer Wirtschaftsordnung zum tragenden Pfeiler. Die beiden wichtigsten politischen Prinzipien Freiheit und Humanität sollten damit durch die Soziale Marktwirtschaft auch im ökonomischen Bereich gewährleistet sein. An dieser Wirtschaftsordnung wurde in den Folgejahren kaum ernsthaft gerüttelt, und auch für die achtziger Jahre gibt es kei-nen Grund, daran zu rütteln. Es zeigte sich nämlich, daß dort, wo in der Praxis der Markt durch Preisregulierungen ausgeschaltet wurde, eine Verschwendung der volkswirtschaftlichen Ressourcen die Folge war und letztlich auch unsoziale Nebenwirkungen entstanden.

Ein anschauliches Beispiel dafür bietet der EG-Agrarmarkt. Was die Konjunkturpolitik betrifft, so sind sowohl die Keynesianische Orientierung wie auch die monetaristische Orientierung mit der Marktwirtschaft vereinbar. Beide setzen für ihre Wirksamkeit das freie Spiel von Angebot und Nachfrage auf den Gütermärkten und dem Arbeitsmarkt voraus. Allerdings kann in der praktischen Handhabung, wie oben erwähnt, mit dem ständigen Ruf nach dem Staat ein extremer Keynesianismus durchaus „systemverändernd" werden. Dies muß aber nicht so sein, und pauschale ideologische Verdächtigungen sind zweifellos fehl am Platze. Dasselbe gilt umgekehrt auch für die Angebotspolitik und den Monetarismus. Der teilweise gemachte Vorwurf des „Ellbogenkapitalismus" verkennt, daß auch hier der Staat noch wichtige Schutzfunktionen hat und es der Angebotspolitik darum geht, den „Wohlstand für alle" durch eine Erhöhung der Wachstumskräfte zu erreichen. Wichtig ist also vor allem die Effizienz der jeweiligen Politik zur Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele. Hier haben beide „Ismen" Schwächen: Ein extremer Keynesianismus kann vor allem das mittelfristige Wachstum lähmen, ein extremer Monetarismus kann gepaart mit einer finanzpolitischen Parallelpolitik aufgrund der Anpassungsverzögerungen Konjunktureinbrüche verschärfen.

Der pragmatische Ausweg wäre eine mittelfristige Angebotspolitik unter Berücksichtigung der Nachfrage-, Preis-und Zinseffekte der einzelnen Maßnahmen in der jeweiligen Konjunktursituation. Bei der Geldpolitik bedeutet dies eine Geldmengensteuerung ohne den Ehrgeiz einer „Millimetergenauigkeit" in gesamtwirtschaftlich kritischen Perioden. Die Bundesbank war hier immer schon weniger dogmatisch, wie die Fixierung eines Zielkorridors für das Geldmengenziel zeigt. Kritisch anmerken könnte man allerdings, daß sie — unter dem Eindruck des Leistungsbilanzdefizits in den Jahren 1980/81 — bei der Geldmengenausweitung wohl etwas zu vorsichtig agierte. Dies wurde zwar wieder korrigiert, aber angesichts der einsetzenden Kapitalabflüsse in die USA blieb (und bleibt) ihr Spielraum eingeengt. Was die übrigen Bereiche der Wirtschaftspolitik betrifft, so erscheint angesichts verschiedener struktureller Probleme mittelfristig eine stärkere Angebots-orientierung notwendig. Anzusprechen sind hier insbesondere folgende Problembereiche:

1. Haushaltskonsolidierung

Das Staatsdefizit steht in der finanzpolitischen Diskussion der Bundesrepublik im Zentrum. In der Tat war es in den vergangenen Jahren sehr -hoch. Ein Teil des Defizits war allerdings konjunkturbedingt. Auch in Zukunft sollten konjunkturbedingte Staatsdefizite hingenommen werden. Ansonsten käme es zu einer Parallelpolitik, welche die Konjunkturschwankungen vergrößert. Allerdings war in den vergangenen Jahren das strukturelle Defizit, d. h.der Teil, der nicht auf konjunkturbedingte Mindereinnahmen und Mehrausgaben zurückzuführen ist, weit höher, als mittelfristig zu vertreten ist. Der gegenwärtige Konsolidierungskurs ist also notwendig, auch wenn man an der Art der Haushaltskonsolidierung (zum Teil über weitere Abgabenerhöhungen) Kritik üben kann. Gegenwärtig läuft ein scharfer Konsolidierungsprozeß, der das strukturelle Staatsdefizit deutlich verringert.

Aber nicht nur der strukturelle Teil des Staatsdefizits, sondern auch das gesamte Staatsdefizit, also das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern zusammengenommen, wird sich nach den jüngsten Prognosen doch wesentlich schneller zurückbilden, als man dies noch vor kurzem für möglich gehalten hat. Der Kapitalmarkt könnte von diesem Konsolidierungsprozeß natürlich viel stärker profitieren, wenn das internationale Zinsniveau nicht so hoch wäre. So aber kommen unsere Sparbemühungen über Kapitalabflüsse eher den ausländischen Kapitalmärkten als dem inländischen zugute. Das Dilemma der gegenwärtigen deutschen Finanzpolitik besteht darin, daß im Inland vor allem die restriktiven Nachfrageeffekte des Defizitabbaus wirksam werden, während die an sich möglichen positiven Angebotseffekte dieser Konsolidierungsstrategie (über Kapitalmarktentlastungen) im Inland weniger zu Buche schlagen, da sie aufgrund der international höheren Zinsen an das Ausland (vor allem an die USA) abgegeben, also exportiert werden.

Angesichts dieser Dilemmasituation wäre zu erwägen, zeitweise eine Politik der „zinspolitischen Schadensminderung" zu betreiben und mit steuerlichen Anreizen (allgemeiner steuerlicher Schuldzinsabzug wie vor 1973, weitere Abschreibungsverbesserungen) den ungünstigen Wirkungen der hohen Zinsen auf Konsum und Investitionen entgegenzuwir41 ken. Das angebotspolitische Argument, daß sich mit einer allgemeinen Zinsverbilligung die relativen Preise zugunsten des Verbrauchs und zu Lasten der Ersparnis verschieben, ist zwar für sich richtig, doch ist zu bedenken, daß es ja nicht im Inland, sondern im Ausland zu suchende Gründe sind, die den Zinssatz künstlich hoch bleiben lassen und daß auch eine dauerhafte Konsumbelebung Erweiterungsinvestitionen der Unternehmen zur Folge hat, die ihrerseits wieder das Produktionspotential, also das Angebot an Gütern und Diensten erhöhen. In dieser Ausnahmesituation wäre also eine derartige Maßnahme, die, wie ihre Anwendung im Wohnungsbaubereich zeigt, eine hohe kurzfristige Nachfragesteigerung entfaltet, durchaus zu rechtfertigen. Auf Dauer wird die aufgezeigte Dilemmasituation allerdings nur bei einer besseren internationalen Abstimmung der Finanzpolitik beseitigt werden.

Im Grundsatz sollte aber am Ziel der mittelfristigen Haushaltskonsolidierung festgehalten werden. Bei der Festlegung des „Konsolidierungspfades" ist dabei auch darüber zu entscheiden, welcher Anteil des gesamtwirtschaftlichen Sparkapitals vom Staatssektor ohne Risiken für die Gesamtwirtschaft absorbiert werden kann. 2. Abgabenpolitik Bei der Steuerpolitik wurden bisher einseitige finanzpolitische Kraftakte wie in Großbritannien (exorbitante Mehrwertsteuererhöhüng) oder in den USA (finanziell nicht abgesicherte Steuersenkungen) vermieden. Vielmehr wurde einer Politik der kleinen Schritte der Vorzug gegeben, wobei allerdings aus Konsolidierungszwängen die Abgabenbelastung sogar weiter erhöht wurde. Dabei besteht bei diesem zentralen Thema der Angebotspolitiker für die Bundesrepublik durchaus ein erheblicher Handlungsbedarf. Auch hierzulande hat der Progressionseffekt der Einkommensteuer bewirkt, daß die Durchschnitts-und vor allem die Grenzbelastung der Einkommensbezieher stark angestiegen ist und ständig weiter ansteigt. Das Problem verschärft sich weiter durch steigende Sozialabgaben einerseits und staatliche Unterstützungszahlungen andererseits, die an bestimmte Einkommensgrenzen gekoppelt sind. Damit lohnt es sich bei bestimmten Einkommen, auf angebotene Erhöhungen einfach zu verzichten, um das Nettoeinkommen nicht zu senken. Daß dieses System die Leistungsbereitschaft nicht gerade fördert, liegt auf der Hand. Nur mit regelmäßigen Einkommen-steuersenkungen oder mit einer starken Abflachung des Progressionsverlaufs können diese heimlichen Steuererhöhungen in Grenzen gehalten werden. Die Bundesregierung plant bekanntlich eine größere Einkommensteuersenkung. Die jüngsten Überlegungen, diese Senkung in mehreren Stufen durchzuführen und damit die Einkommenswirkungen auf mehrere Jahre zu verteilen, sind auch aus dem Blickwinkel der Konjunkturpolitik (Verstetigung) günstig zu beurteilen.

Zur Finanzierung der hohen Kosten des sozialen Netzes wurden in der Vergangenheit die Sozialabgaben mehrfach deutlich angehoben. Längerfristig droht hier aus demographischen Gründen ein weiterer stärkerer Anstieg. Ein Aufhalten dieser Tendenz verlangt natürlich Änderungen auf der Leistungsseite. Der Gedanke, über das staatliche Versicherungssystem nur noch eine Art Mindestversorgung zu geben und die private Vorsorge zu verstärken, könnte ein — wenn auch politisch schwer durchsetzbarer — Ausweg sein. Möglicherweise würde dadurch auch über eine mittelfristig höhere Ersparnisbildung die Investitionsfinanzierung erleichtert.

Das gegenwärtige System der Unternehmens-besteuerung ist schließlich in der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen Ländern, beispielsweise den USA, weniger investitionsfreundlich. Nimmt man das Steuersystem und das Subventionssystem zusammen, so erkennt man, daß hierzulande das „Schumpeterische Fortschrittskonzept", möglichst günstige staatliche Rahmenbedingungen für die soge-nannten Pionierunternehmen zu schaffen und den (durchaus auch schmerzlichen Prozeß) der „schöpferischen Zerstörung" zumindest nicht zu behindern, nicht angewendet wird. 3. Abbau von Markthemmnissen In den Reden von Politikern spielt das Schlagwort Deregulierung eine große Rolle. Zum großen Teil ist dies bisher aber Rhetorik geblieben. Immer wenn es konkret wird, zuckt man zurück, obwohl gerade diese Maßnahme den Staat kein Geld kosten würden. So hat beispielsweise die Bundesrepublik eines der restriktivsten Ladenschlußgesetze der Welt. Eine Aufhebung oder weitgehende Liberalisierung würde vermutlich viele Teilzeitarbeitsplätze schaffen. Auch hier sind sich bisher jedenfalls die betroffenen Unternehmer und Gewerkschaften in der Abwehr dieser Liberalisierungsmaßnahme einig. Ferner werden durch restriktive gewerberechtliche Regelungen und durch das überlassen von Marktkontrollen an Interessengruppen (wie im Gesundheitssektor) viele Marktzugangs-B beschränkungen für den Nachwuchs errichtet. Offenbar wird hierzulande sehr viel von Marktwirtschaft geredet, allerdings nur, solange es abstrakt bleibt und nicht weh tut. Insgesamt ist die im Erwerbsleben stehende Generation doch recht unflexibel geworden und klammert sich an ein Besitzstandsdenken, ohne zu merken, daß dies zu Lasten ihrer Kinder geht. 4. Lohnpolitik Da die Löhne und Gehälter sowohl Kosten wie auch Einkommen darstellen, sind die Auffassungen über den kurzfristig und mittelfristig „richtigen Lohn" in der Wissenschaft und naturgemäß auch im politischen Raum stark umstritten. Nicht umstritten dürfte allerdings sein, daß es nicht die Nominallöhne, sondern die Reallöhne sind, welche die Nachfrage und das Angebot am Arbeitsmarkt beeinflussen. Hinsichtlich dieses Zusammenhangs waren sich jedenfalls die Klassiker und Keynes einig. Da die Tarifpartner aber im vorhinein immer nur die Nominallöhne festlegen können, haben sie naturgemäß bei den Lohnverhandlungen das Arbeitsmarktgeschehen nicht voll in der Hand. Monokausale Schuldzuweisungen für die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosigkeit und Rezepte nach dem Motto „Alle Löhne runter" (Kostenargument) oder . Alle Löhne rauf'(Kaufkraftargument) verkennen diese Zusammenhänge. Von der lohnpolitischen Seite entsteht Arbeitslosigkeit allerdings vor allem immer dann, wenn bei den Nominallohnerhöhungen von einem unrealistisch hohen Produktivitätsanstieg (bzw. einem zu hohen Wirtschaftswachstum) ausgegangen und/oder der geldpolitische Kurs falsch eingeschätzt wird. Dies war in der Vergangenheit zweifellos öfter der Fall. Inzwischen ist es allerdings gelungen, zumindest den Teufelskreis der Lohn-Preis-Spirale zu brechen. Die eigentliche Crux der deutschen Lohnpolitik scheint gegenwärtig angesichts der hohen strukturellen Arbeitslosigkeit bei der Lohnstrukturpolitik zu liegen. So wurde, was die Lohndifferenzierung nach Sektoren, Regionen und Unternehmen betrifft, bisher noch zu wenig Phantasie entwickelt. Warum soll es eigentlich hierzulande nicht möglich sein, ein System einzuführen, wie es in Japan seit Jahren mit Erfolg praktiziert wird. Dort wird zunächst ein Grundlohn bezahlt und dann mehrmals im Jahr, wenn sich die Ertragssituation des Unternehmens abzeichnet, bzw. wenn der Jahresabschluß feststeht, eine Tantieme, eine Gewinnbeteiligung ausgeschüttet. Die Arbeitnehmer haben damit zum einen den Anreiz, die Ertragssituation zu verbessern, so daß ein Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital nicht entsteht. Zum anderen werden die Löhne entsprechend den Möglichkeiten der Unternehmen differenziert, so daß die Beschäftigung auch in weniger leistungsfähigen Betrieben gesichert wird. Auch wenn sich ein derartiges System nicht in allen Unternehmen durchsetzen läßt, so sollten doch (ähnlich wie auch in den USA) in notleidenden Unternehmen Lohnverzichte (vom Topmanager bis zum Hilfsarbeiter) mit zum Krisen-Instrumentarium gehören. 5. Arbeitszeitpolitik Ob die hier diskutierte Wirtschaftspolitik einer mittelfristig stärkeren Angebotsorientierung unter Berücksichtigung der Konjunktur-situation bei den einzelnen Maßnahmen ausreicht, das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen, muß an dieser Stelle offenbleiben. Die gegenwärtig populäre These, daß angesichts des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswachstums bei der voraussichtlichen Entwicklung des Arbeitskräfteangebots das Wirtschaftswachstum in keinem Fall ausreicht, die Arbeitslosigkeit entscheidend zurückzuführen, verkennt aber die Flexibilität der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsrate aufgrund von Strukturänderungen. So ist offenbar in den USA aufgrund der größeren Arbeitskräftemobilität und Lohnflexibilität das Wirtschaftswachstum beschäftigungsintensiver als hierzulande. Die statistisch gemessene gesamtwirtschaftliche Produktivitätsrate kann somit vergleichsweise gering bleiben, ohne daß die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt nachläßt. Eine Volkswirtschaft mit „jobless growth", mit Wachstum ohne Beschäftigungseffekte, muß, wie dieses Beispiel zeigt, nicht Schicksal sein. Ein Plädoyer für mehr Wirtschaftswachstum und mehr Strukturwandel schließt aber nicht aus, daß es gegenwärtig auch notwendig ist, mehr Phantasie für die Einrichtung flexiblerer Arbeitszeitregelungen aufzubringen.

Angesichts des kostenbedingten Rationalisierungsdrucks ist dabei aber das Prinzip der Kostenneutralität wichtig. Gelingt es dadurch, Arbeitslose einzugliedern, dann können die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auch für die bisher schon Beschäftigten gesenkt werden, so daß deren Realeinkommen wieder ansteigen. So lange aber nicht alle Möglichkeiten der Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen auch unter Aufhebung bestehender Regulierungen und durch freiwillige Arbeitszeitverkürzungen voll ausgeschöpft sind, ist es sehr riskant, kollektive Arbeitszeitverkürzungen größeren Stils durchzusetzen. Dies hätte nämlich je nach der Höhe der sich ergebenden Kosten bzw.des Realeinkommensabschlags weitere Rationalisierungen oder aber einen verstärkten Trend zur Schattenwirtschaft zur Folge.

Würde man die Arbeitszeitpolitik zum wichtigsten Punkt der Beschäftigungspolitik machen, so wäre dies eine Angebotspolitik in der falschen Richtung.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Diese Theorie wird nach dem Engländer Philipps als Philipps-Kurven-Zusammenhang bezeichnet.

  2. Vgl. A. Smith, Der Wohlstand der Nationen, aus dem Englischen übertragen mit einer umfassenden Würdigung des Gesamtwerkes von H. C. Reckten-wald, München 1978. Eine illustrative Beschreibung der Lehrmeinungen von Ricardo, Smith, Schumpeter, Keynes, Friedman und anderen bedeutsamen Nationalökonomen findet sich bei: P. H. Koesters, Ökonomen verändern die Welt, Hamburg 1983.

  3. Die Freihandelstheorie wurde später von dem Engländer David Ricardo (1772— 1823) weiter ausgebaut.

  4. Diese Theorie wird nach dem Franzosen Jean Baptiste Say auch als Saysches Theorem bezeichnet.

  5. Grundlage dieser Theorie ist die sogenannte Verkehrsgleichung (Identitätsgleichung) von Irving Fischer, nach welcher gilt: Geldmenge mal Geldumlaufgeschwindigkeit = Gesamtproduktion mal Preisniveau.

  6. So werden bei der sogenannten Portfoliotheorie die Auswirkungen der monetären Veränderungen auf die verschiedenen Vermögensarten (Geldvermögen, Finanzanlagen und Sachvermögen) berücksichtigt. Damit wird die Wirkungskette von geldpolitischen Maßnahmen zu den monetären und realen gesamtwirtschaftlichen Größen weiter differenziert.

  7. Ein Überblick über die verschiedenen geldtheoretischen Konzepte findet sich unter anderem bei: P. A. Gemtos, Die Neubegründung der Quantitätstheorie durch Milton Friedman, Tübinger Wirtschaftswissenschaftliche Abhandlungen Band 16, Tübingen 1974.

  8. Der Übergang zur Geldmengensteuerung wurde von den Notenbanken in beiden Ländern und auch in den meisten anderen Ländern schon einige Jahre zuvor vollzogen. Die monetaristische Lehre der knappen Geldversorgung sollte nun aber rigoroser angewendet werden.

  9. Vgl. M. Wegner, Erklärungen für das Arbeitsplatzwunder in den USA und für die stagnierende Beschäftigung in der EG, in: Ifo-Studien, Zeitschrift für empirische Wirtschaftsforschung, (1983) 2.

  10. Auch in Großbritannien stieg der Wechselkurs zunächst an. Hier waren allerdings die ölpreisbedingt höheren Exporterlöse die Hauptursache. Inzwischen hat sich der Pfundkurs wieder normalisiert.

Weitere Inhalte

Willi Leibfritz, Dr. rer. pol., geb. 1942; Studium der Volkswirtschaftslehre in Tübingen und München; danach wissenschaftlicher Mitarbeiter im Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München (1968— 1971); anschließend bei der OECD, Paris (1972— 1977). Seit 1978 Leiter der Abteilung Finanzwirtschaft im Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. Veröffentlichungen u. a.: Einfluß des Steuersystems und des kommunalen Finanzsystems auf die Landesentwicklung (mit St. Teschner), Schriftenreihe des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, München-Berlin 1981; Der Einfluß der Steuern auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen (zus. mit H. -G. Jatzek und H. Ludwig), Schriftenreihe des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, München-Berlin 1982; Projections for the European Economy to 1990, Mitautor und Herausgeber (mit H. C. Sherman), München 1981; The European Economy in the 1980s, Mitautor und Herausgeber (mit H. G. Braun, H. Laumer und H. C. Sherman), Aldershot 1983.