I. Gegenstand der Regelung
Das Ende 1983 ergangene Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze unternimmt den Versuch, die Finanzierung der politischen Parteien auf eine neue Rechtsgrundlage zu stellen und damit zur Lösung eines Problems beizutragen, das seit Jahren sowohl den Parteien selbst als auch einer kritischen Öffentlichkeit zunehmend Sorge bereitet hatte. Auf der einen Seite war die Finanzdecke der Parteien zunehmend kürzer geworden und hatte schließlich bei sämtlichen Parteien den Anforderungen an eine aufgabenadäquate Finanzierung nicht mehr entsprochen auf der anderen Seite waren Teilbereiche der Parteienfinanzierung — namentlich das Spendenwesen — im Laufe der Zeit in ein rechtliches und politisches Zwielicht geraten, das dringend einer Aufhellung bedurfte. Die erforderliche Problembereinigung konnte unter den gegebenen Umständen allein durch den Gesetzgeber geleistet werden. Er konnte seine Verantwortung, auch wenn die Entscheidung unbequem sein mochte, nicht auf die Verfassungsgerichtsbarkeit abschieben ebenso wie es schon aus rechtsstaatlichen Gründen nicht angehen sollte, die in voller Kenntnis der politischen Instanzen wie der Finanzverwaltung erfolgte Entwicklung des Spendenwesens nachträglich mit Hilfe der Strafjustiz zu korrigieren
Die vom Bundespräsidenten berufene Sachverständigenkommission hat deshalb in ihrem im Frühjahr 1983 vorgelegten Bericht mit Recht ein Eingreifen des Gesetzgebers gefordert und dazu eine Reihe von Regelungsvorschlägen vorgelegt Das Gesetz vom 22. Dezember 1983 ist diesen Vorschlägen, soweit sie sich auf eine Finanzierungsregelung beziehen, im wesentlichen gefolgt.
Das Gesetz verbessert die Finanzausstattung der Parteien zunächst dadurch, daß die in § 18 PartG vorgesehene Wahlkampfkostenpauschale von bisher 3, 50 DM um nahezu die Hälfte auf 5, — DM je Wahlberechtigten angehoben wird Dabei führt es allerdings gleichzeitig, offensichtlich aus verfassungsrechtlichen Erwägungen eine absolute Obergrenze ein, die bisher nicht vorgesehen war: Die Summe der Wahlkampfkostenerstattung aus öffentlichen Mitteln darf 50 vom Hundert der durchschnittlichen Gesamteinnahmen einer Partei während der voraufgegangenen vier Kalenderjahre nicht überschreiten. Ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung über die Wahlkampfkostenpauschale begründet sind, soll an dieser Stelle offenbleiben. Das Bundesverfassungsgericht zieht hier, formal gesehen, relativ enge Grenzen, indem es allein die „notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes" als erstattungsfähig anerkennt Man wird indessen sehen müssen, daß ein rechtlich stringentes Urteil über die (objektive) Angemessenheit von bestimmten Wahlkampfmitteln und über die Notwendigkeit der mit ihnen verbundenen Aufwendungen kaum möglich ist; die Gestaltung des Wahlkampfs gehört zu der durch Art 21 Abs. 1 GG mit gewährleisteten Betätigungsfreiheit der Parteien. Deshalb dürfte es allenfalls in Extremfällen denkbar sein, die Erstattungsfähigkeit von Wahlkampfkosten wegen Unangemessenheit der Aufwendungen in Frage zu stellen. Darüber hinaus führt die Abgrenzung des Aufwands der Parteien, der dem Wahlkampf und seiner Vorbereitung zugerechnet werden darf, von dem sonstigen, nicht wahlkampfbezogenen Aufwand vielfach zu kaum lösbaren Schwierigkeiten. Ungeachtet dessen muß freilich aus verfassungsrechtlichen Gründen an dem Grundsatz festgehalten werden, daß die Wahlkampfkostenerstattung nicht als Vehikel dienen darf, um ganz unabhängig von der Wahlkampffinanzierung die allgemeine Finanzausstattung der Parteien zu verbessern. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die rückwirkende Anhebung der Pauschale für den Wahlkampf 1983, der unter der Geltung des niedrigen Erstattungssatzes vorbereitet und geführt worden ist, nicht von vornherein als unbedenklich.
Verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch bedeutsamer als die Aufbesserung der Wahlkampfkostenpauschale erscheint die Neuregelung des Rechts der Parteispenden. Sie besteht im Kern aus drei Punkten:
a) Spenden an Parteien sind in Zukunft (ebenso wie bisher bereits die Spenden zur Förderung von gemeinnützigen, staatspolitischen und dergleichen Zwecken) bis zur Höhe von 5 vom Hundert des Einkommens bzw. 2 vom Tausend des Umsatzes des Steuerpflichtigen als Sonderausgaben von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer absetzbar.
b) Spenden bis zu 1 200 DM bei Ledigen und bis zu 2 400 DM bei zusammenveranlagten Eheleuten können mit 50 vom Hundert des Spendenbetrages unmittelbar an der Einkommensteuerschuld gekürzt werden (sog. Klein-spender-Regelung). c) Zwischen den Parteien, die bei der jeweils voraufgegangenen Bundestagswahl mindestens 0, 5 vom Hundert der gültigen Zweit-stimmen erlangt haben, findet ein Chancen-ausgleich statt: Parteien, deren Spendenaufkommen im Verhältnis zu der Zahl der von ihr gewonnenen Zweitstimmen hinter dem Aufkommen der spendenstärksten Partei zurückbleibt, erhalten aus Mitteln des Bundes-haushalts eine Ausgleichszahlung in Höhe von 40 vom Hundert des Differenzbetrages. Dadurch soll der Vorteil kompensiert werden, den die spendenstärkeren Parteien dadurch erzielen, daß sich der Fiskus infolge der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Parteispenden an dem ihnen zufließenden höheren Spenden-aufkommen durch den Steuerverzicht entsprechend stärker mittelbar „beteiligt".
Die Zulässigkeit der Neuregelung wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Während namentlich Hans H. Klein den Standpunkt vertritt, daß die steuerliche Gleichstellung der Beiträge und Spenden an politische Parteien mit den Zuwendungen an gemeinnützige Institutionen sachgerecht und verfassungsrechtlich legitim sei behauptet von Arnim unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen Verstoß gegen das Grundgesetz Der gleiche Meinungsgegensatz ergab sich auch bei der Anhörung von Sachverständigen, die der Innenausschuß des Deutschen Bundestages zum Entwurf des Parteienfinanzierungsgesetzes durchgeführt hat Wiederum von Arnim sowie Seifert hielten die Spendenregelung für verfassungswidrig, während Isensee Schneider und Friauf mit gewissen Nuancierungen den gegenteiligen Standpunkt vertraten, ohne freilich ein begrenztes verfassungsrechtliches „Restrisiko" ganz ausschließen zu wollen.
II. Koordinaten der verfassungsrechtlichen Würdigung
Die Kontroverse über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der nunmehr eingeführten Parteispendenregelung geht letztlich auf eine unterschiedliche Bewertung der Ergebnisse der bisher vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Fragen der Parteifinanzierung zurück.
Dabei sollte im Ausgangspunkt kein Zweifel daran möglich sein, daß die Gewährleistung einer tragfähigen finanziellen Basis für die Tätigkeit der politischen Parteien verfassungsrechtlich keinesfalls illegitim, sondern im Gegenteil unbedingt notwendig ist. Die Parteien können die ihnen in Art. 21 GG übertragenen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen, wenn sie über eine aufgabenadäquate Finanzausstattung verfügen. Die oft mit Recht betonte Abhängigkeit jedweder politischen Maßnahme vom Vorhandensein en GG übertragenen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen, wenn sie über eine aufgabenadäquate Finanzausstattung verfügen. Die oft mit Recht betonte Abhängigkeit jedweder politischen Maßnahme vom Vorhandensein entsprechender Finanzmittel gilt nicht nur für den Staat selbst, sondern auch für die Parteien. Wer den Parteien die erforderlichen Mittel vorenthalten wollte, würde zwangsläufig ihre Tätigkeit strangulieren. Wenn Art. 21 Abs. 1 GG die Tätigkeitsfreiheit der Parteien postuliert, dann gewährleistet er infolgedessen zwangsläufig auch das Recht zu einer den Sachaufgaben korrespondierenden Finanzierung 18).
Verfassungsrechtlich diskutabel ist deshalb nicht das Ob, sondern allein das Wie der Parteienfinanzierung. Hier gilt nun in der Tat, daß der legitime Zweck, die aufgabengerechte Finanzierung der Parteiarbeit sicherzustellen, nicht den Einsatz beliebiger Mittel rechtfertigen kann. Vielmehr müssen die vom Gesetzgeber zugelassenen und von den Parteien beschrittenen Finanzierungswege jeweils auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz hin überprüft werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Reihe von Fragen aus dem Umkreis der Parteienfinanzierung behandelt. Es hat dabei mehrere Thesen aufgestellt, auf die sich die Kritiker der jetzt vorliegenden Neuregelung berufen. Bei einer Würdigung dieser Rechtsprechung muß jedoch in Rechnung gestellt werden, daß sie sich jeweils punktuell mit Einzelfragen beschäftigt, dagegen an keiner Stelle den verfassungsrechtlichen Gesamtzusammenhang der Parteienfinanzierung analysiert hat. Eine übergreifende Gesamtregelung, wie sie der Gesetzgeber in dem jetzt vorliegenden Gesetz erstmals versucht hat — mit der Trias von Spendenbegünstigung, Chancenausgleich und Wahlkampfkostenerstattung, ergänzt durch die Präzisierung der Rechenschaftspflicht der Parteien —, war bisher nicht Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Beurteilung. Es ist daher besondere Vorsicht geboten, wenn versucht wird, die zu Einzelfragen aufgestellten Thesen des Bundesverfassungsgerichts auf die nunmehr vorliegende Gesamtregelung zu übertragen.
Die hauptsächlichen Eingrenzungsthesen des Bundesverfassungsgerichts gehen zurück auf das Sonderausgaben-Urteil vom 24. Juni 1958 19) und auf das Parteienfinanzierungs-Urteil vom 19. Juli 1966 20). Die erstgenannte Entscheidung erklärte die Vorschrift des Einkommensteuergesetzes für verfassungswidrig, nach der Parteispenden bis zur Höhe von 5 vom Hundert des Einkommens als Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden konnten. Die zweite hielt die Vergabe von Haushaltsmitteln für die Zwecke der politischen Parteien für unzulässig, soweit es sich nicht um die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für einen angemessenen Wahlkampf handelte. Dabei setzte sie sich, wenn auch in etwas verbrämter Form 21), in direkten Widerspruch zu der ausdrücklichen Feststellung des ersten Urteils, es müsse „auch zulässig sein, nicht nur für die Wahlen selbst, sondern auch für die die Wahlen tragenden politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung zu stellen" — Zwei spätere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben die Rechtsauffassung, auf der die genannten Urteile beruhen, bekräftigt, ohne weitere Gesichtspunkte nachzutragen
Die Kritiker der Neuregelung argumentieren nun in der Weise, daß sie die einzelnen Bestandteile des vom Gesetzgeber geschnürten „Regelungspakets" jeweils gesondert betrachten und dann folgern, daß sie entweder gegen das eine oder gegen das andere der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien verstießen Der neuerlich eingeführte Sonderausgabenabzug ohne Höchstbetragsgrenze verstoße gegen die in BVerfGE 8, 51 dargelegten Grundsätze. Gleichzeitig sei die Regelung des Chancenausgleichs — der ja aus Mitteln des Bundeshaushalts erfolgen soll — mit dem in BVerfGE 20, 56 statuierten Verbot der unmittelbaren Staatsfinanzierung der Parteien unvereinbar
Eine derartige isolierte Betrachtungsweise erscheint indessen als nicht problemgerecht. Sonderausgabenabzug und Chancenausgleich sind nicht zwei sachlich verschiedene Finanzierungsinstrumente, die der Gesetzgeber lediglich additiv in einem Gesetz zusammengefaßt hat. Sie stellen vielmehr essentielle Elemente eines einheitlichen Regelungskonzepts dar. Der Chancenausgleich bewirkt keine Subventionierung der Parteien von Seiten des Staates. Er ist vielmehr konzipiert als notwendiger Bestandteil der steuerlichen Regelung, die er gerade im Hinblick auf die bestehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen abrundet
Von diesem Sachzusammenhang hat auch die verfassungsrechtliche Würdigung auszugehen. Zu fragen ist deshalb nicht jeweils selbständig, wie die Gegenmeinung dies versucht, ob ein betragsmäßig unbegrenzter Sonderausgabenabzug von Spenden an politische Parteien und daneben eine zusätzliche Alimentierung der Parteien aus der Staatskasse zulässig wäre — eine Frage, die anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in formaler Argumentation leicht zu verneinen ist. Auf dem Prüfstand steht vielmehr allein das Gesamtkonzept, in dem die beiden Teile: Sonderausgabenabzug und Chancenausgleich, jeweils ihre spezifische, aufeinander bezogene Funktion wahrnehmen und die Kleinspendenregelung eine zusätzliche, gleichheitsichernde Auffangposition ausfüllt.
III. Die Verfassungsmäßigkeit der Gesamtregelung
Ungeachtet dieses übergreifenden Zusammenhangs, der der Beurteilung zugrunde zu legen ist, muß freilich rein argumentationstechnisch auf die beiden Regelungsbestandteile gesondert eingegangen werden, weil sie sich jeweils unterschiedlichen Einwendungen ausgesetzt sehen. 1. Chancenausgleich Die Regelung über den Chancenausgleich wird als unzulässig angesehen, weil es sich bei ihr um eine nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzulässige direkte Parteienfinanzierung aus der Staats-kasse handle
Rein formal trifft dieser Einwand gewiß zu. Die Gelder, die den empfangsberechtigten Parteien als Chancenausgleich zufließen, stammen aus dem Bundeshaushalt. Sie sind formell als öffentliche Mittel zu werten, auch wenn sie nicht direkt aus der Bundeskasse an die Parteien gezahlt, sondern über einen beim Präsidenten des Deutschen Bundestags gebildeten besonderen Fonds geleitet werden. Indessen wäre es voreilig, allein aus dieser Eigenschaft der Mittel bereits auf die Unzulässigkeit des Chancenausgleichs zu schließen. Das Bundesverfassungsgericht nimmt nicht an — und hätte sinnvollerweise auch keinesfalls den Standpunkt beziehen können —, daß allein die Herkunft von Geldern aus öffentlichen Kassen zu einer „Parteischädlichkeit" bzw. „Parteiunverträglichkeit" führe. Den staatlichen Geldern haftet als solchen kein Odium an, das ihrer Annahme durch die Parteien entgegenstehen könnte. Ein Verbot der Direktfinanzierung aus der Staatskasse läßt sich unter diesen Umständen nur mit ihrer Wirkungsweise begründen, nämlich der Erzeugung eines illegitimen Einflusses des Staates auf die Parteien bzw. einer Abhängigkeit der Parteien vom Staat.
Allein auf diese Wirkungsweise der Direktfinanzierung beruft sich in der Tat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht geht von der Prämisse aus, daß der Prozeß der politischen Willensbildung des Volkes über die Parteien gemäß Art. 21 Abs. 1 GG staatsfrei bleiben müsse und daß deshalb eine Einfügung der Parteien in den Bereich der organisierten Staatlichkeit — sei es direkt oder sei es indirekt über finanzielle Einflußnahme — unzulässig sei Mit einer Direktfinanzierung würden dagegen „die Staatsorgane auf den Prozeß der Meinungsund Willensbildung einwirken. Für diese Einwirkung (lasse) sich ein besonderer, sie verfassungsrechtlich legitimierender Grund nicht anführen" Art. 21 GG wehre, so heißt es an anderer Stelle, eine Verflechtung der Parteien mit den Verfassungsorganen ab und verbiete es „zur Sicherung eines freien Partei-wesens, die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen"
Nicht die staatliche Herkunft der Mittel als solche begründet also das Verdikt der Verfassungswidrigkeit der Direktfinanzierung, sondern vielmehr der mit ihr potentiell verbundene staatsorganschaftliche Einfluß auf die freie Meinungs-und Willensbildung der Parteien und die Übernahme einer dem Staat nicht zukommenden Fürsorge für die Parteien. Parakonstitutionelle Kompetenzverschiebungen auf den Wegen indirekter finanzieller Einflußnahme — wie man sie im bundes-staatlichen System in Gestalt der sogenannten Fondswirtschaft, von Mischfinanzierungen u. a. vielfach toleriert hat — sollen im Verhältnis zwischen Staat und Parteien unter allen Umständen vermieden werden. Diesem Postulat ist uneingeschränkt zuzustimmen, weil es sich bei der staatsfreien Tätigkeit der Parteien um eine Existenzfrage der demokratischen Verfassungsordnung handelt.
Der Chancenausgleich als Bestandteil der hier erörterten Gesamtregelung wird von dem Verdikt jedoch nicht betroffen, weil er trotz Herkunft der Mittel aus der Bundeskasse von vornherein jeglichen staatlichen Entscheidungsprozeß ausschließt, der als Ansatzpunkt für eine Einflußnahme des Staates auf die begünstigten Parteien oder für die Ausübung einer staatlichen Fürsorge für sie benutzt werden kann. Der Bundestag muß zwar formal einen entsprechenden Titel in den Haushaltsplan einsetzen. Ob aber die einzelne Partei Mittel aus dem Chancenausgleich erhält und gegebenenfalls in welcher Höhe, wird ausschließlich nach objektiven Kriterien durch eine reine Rechenoperation ermittelt, deren Faktoren sich aus dem Spendenverhalten der Bürger ergeben und von staatlicher Seite nicht beeinflußbar sind.
Die Gesamtheit der Bürger bestimmt durch die an die Parteien gezahlten Beiträge und Spenden zugleich darüber, welche Auswirkungen der Verteilungsmechanismus des Chancenausgleichs für die verschiedenen Parteien hat. Wenn das Ergebnis dieses Mechanismus überhaupt einem Einfluß unterliegt, dann handelt es sich um einen (allerdings nicht gezielten) Einfluß von Seiten der Bürger, keinesfalls dagegen um eine wie auch immer geartete staatliche Einwirkung.
Die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte, die das grundsätzliche Verbot einer Direktfinanzierung der Parteien durch den Staat tragen, greifen demnach gegenüber der Regelung des Chancenausgleichs nicht durch Die Auffassung der Kritiker, die aus der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit des Chancenausgleichs auf die Unzulässigkeit des gesamten Parteienfinanzierungskonzepts schließen wollen, verliert dadurch ihre Stütze. 2. Steuerbegünstigung der Parteispenden Der zweite zentrale Kritikpunkt betrifft die Zulässigkeit der Sonderausgabenregelung für Parteispenden als solche Hier übernimmt die Kritik die Argumente des verfassungsgerichtlichen Urteils von 1958, das die frühere Abzugsregelung als mit dem Gleichheitssatz unvereinbar angesehen hatte
Das Bundesverfassungsgericht sah seinerzeit die durch Art. 3 Abs. 1 GG verbürgte Chancengleichheit der Parteien als verletzt an, weil die vom individuellen Steuersatz abhängige Höhe der Steuervergünstigung eine unterschiedliche Anreizwirkung auf die Anhänger der verschiedenen Parteien ausübe Außerdem werde die Gleichheit der Bürger beeinträchtigt, da die Regelung die politische Meinung der Spender je nach Einkommen unterschiedlich „prämiere"
Ob diese Sicht zutrifft, erscheint keineswege zweifelsfrei. Das Bundesverfassungsgericht scheint, indem es die steuerliche Abzugsfähigkeit als „Prämie" wertet, den Wirkungszusammenhang allzu einseitig gesehen zu haben. Die steuerliche Abzugsfähigkeit wirkt deshalb für die Betroffenen nicht ungleich, weil sie — bezogen auf den jeweiligen Betrag der Spende — lediglich die ungleiche Wirkung des progressiven Steuertarifs aufhebt. Im Ergebnis können alle Bürger unabhängig von der Höhe ihres Einkommens und ihres Grenzsteuersatzes im Rahmen der Abzugsfähigkeit Spenden aus steuerlich unbelastetem Einkommen erbringen. Sie werden gerade deshalb gleichbehandelt. Daß die Spendenfähigkeit selbst mit steigendem Einkommen zunimmt, ergibt sich aus der unterschiedlichen wirtschaftlichen Lage der Bürger, nicht aus der (steuer-) gesetzlichen Regelung. Der Gleichheitssatz wird dadurch nicht tangiert.
Aber auch wenn man dem Argumentationsansatz des Bundesverfassungsgerichts folgt, läßt sich bei der jetzt vorliegenden Regelung ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht feststellen. Die vom Gericht angenommene ungleiche Wirkung des Sonderausgabenabzugs wird in beiden Bezugsebenen: sowohl im
Verhältnis zwischen den verschiedenen Parteien als auch im Verhältnis zwischen den Bürgern durch den Chancenausgleich egalisiert. Für das Verhältnis zwischen den beteiligten Parteien ist das inzwischen unstreitig Die Mittel, die die eine Partei im Wege einer steuerbegünstigten Spende erhalten hat, fließen den übrigen pro rata einer durchschnittlichen Steuerersparnis von 40 vom Hundert über den Chancenausgleich zu bzw. werden dort gegen das jeweilige eigene Spendenaufkommen verrechnet. Damit partizipieren alle übrigen Parteien — oberhalb der Mindestgrenze von 0, 5 vom Hundert der Wählerstimmen — an dem Vorteil, der sich für die spendenstärkste Partei aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit ergibt.
Gleichzeitig schlägt der Chancenausgleich aber auch auf das Verhältnis zwischen den Bürgern durch, indem er bewirkt, daß jede Spende in Höhe des in ihr enthaltenen durchschnittlichen „Steueranteils" nicht nur der Empfängerpartei, sondern zugleich allen übrigen ausgleichsberechtigten Parteien zugute kommt. Kein Bürger, gleich ob einkommens-stark oder einkommensschwach, hat in diesem System die Möglichkeit, ersparte Steuern einseitig nur einer Partei zugute kommen zu lassen. Daß der Einkommensstarke beitrags-mäßig höhere Spenden leisten kann, ist wiederum nur eine Folge der unterschiedlichen wirtschaftlichen Lage, nicht des Steuergesetzes. Der Gleichheitssatz wird dadurch nicht berührt.
Gegen die Regelung sollte auch nicht damit polemisiert werden, daß man das Schreckbild von „Millionenspendern" an die Wand malt, die mit Hilfe von riesigen Zuwendungen politischen Einfluß kaufen wollen. Es mag gute Gründe für die Forderung geben, die Zulässigkeit von Parteispenden um der Sauberkeit unseres demokratischen Entscheidungsprozesses willen nach oben hin an einer bestimmten Stelle — etwa bei einer Million DM pro Spender — zu begrenzen, damit der Gefahr der Käuflichkeit von Parteien vorgebeugt wird. Indessen kann diese hypothetische Gefahr nicht dazu führen, eine im übrigen verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung zu illegalisieren, die auf die große Zahl der nicht mit dem Odium der Parteibestechung behafteten Spendenfälle zugeschnitten ist.