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Bekämpfung des Rechtsextremismus mit Mitteln des Strafrechts | APuZ 44/1983 | bpb.de

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APuZ 44/1983 Demokratie und Extremismus. Anmerkungen zu einem antithetischen Begriffspaar Bekämpfung des Rechtsextremismus mit Mitteln des Strafrechts Kommentar und Replik

Bekämpfung des Rechtsextremismus mit Mitteln des Strafrechts

Georg Maier

/ 20 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Gefährlichkeit des Rechtsextremismus wurde in der Bundesrepublik Deutschland in der Mitte der siebziger Jahre verkannt. So konnten sich Neonazis beinahe unauffällig in zahlreichen Verlags-und Vertriebsdiensten eine neue Leserschaft für ihre „Auschwitzlüge" und „Kriegsschuldlüge" schaffen. Daneben gab es zunehmend einen Markt für NS-Militaria und Kriegsspielzeug mit NS-Emblemen. Der verstärkten Agitation folgte dann alsbald auch die Aktion. Die geistig-politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wurde offensichtlich in der Schul-und Erwachsenenbildung vernachlässigt, weil sich niemand vorstellen konnte, daß dieser braune Ungeist erneut auf uns zukommen würde. Ende der siebziger Jahre formierten sich bereits zahlreiche neonazistische Organisationen, deren Mitglieder auch vor Terror und Gewalt nicht haltmachten. Der Bekämpfung des Rechtsextremismus mit den Mitteln des Strafrechts kam so eine entscheidende Bedeutung zu. Dabei zeigte sich, daß anfänglich eine gewisse Unklarheit und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Anwendung der § 9 86 (Verbreitung von NS-Propagandamitteln) und 86a (Verbreitung von NS-Emblemen) StGB bestand, weil eine Sozialadäquanzklausel in beiden Bestimmungen eine öffentliche Verbreitung von NS-Propagandamaterial und -Emblemen zu Zwecken der Aufklärung etc. straflos zuließ. Die in den siebziger Jahren neu modifizierten Bestimmungen der § 9 130 (Volksverhetzung) und 131 (Aufstachelung zum Rassenhaß) StGB haben in der Folgezeit bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus häufig Anwendung gefunden. Die Erfahrungen nach fünfjähriger Beobachtung der strafrechtlich relevanten neonazistischen Agitation haben gezeigt, daß die Strafvorschriften zur Bekämpfung der Gewaltkriminalität ausreichen, nicht dagegen die zur Eindämmung neonazistischer Agitation. Demgemäß hat die Bundesregierung dazu neue Vorschläge vorgelegt. Die Auswertung des bisher angefallenen Materials zeigt mit erschreckender Deutlichkeit die Gefährlichkeit des Rechtsextremismus.

Seit Mitte der siebziger Jahre ist in der Bundesrepublik Deutschland eine verstärkte neonazistische Agitation feststellbar, die mit einer sogenannten Hitlerwelle einhergeht. Diese Agitation hat in der Folgezeit zu fortwährender Gewaltbereitschaft von Rechtsextremisten geführt. Dabei sei nur an den Bombenanschlag auf dem Oktoberfest in München, der 13 Menschen das Leben gekostet hat, an die Waffen-und Sprengstoffunde in Lüneburg, an den Amoklauf eines Rechtsextremisten in Nürnberg, bei dem drei Ausländer getötet und drei weitere schwer verletzt wurden, sowie an die Schüsse der Münchner Polizei, durch die zwei Neonazis getötet wurden, erinnert. Die Zahl der Gesetzesverletzungen ist nach den Feststellungen des Verfassungsschutzberichtes des Bundesinnenministers von 1886 im Jahre 1981 auf 2047 im Jahre 1982 angestiegen. Die Zahl der Gewaltandrohungen hat ebenfalls von 197 (1981) auf 241 (1982) zugenommen. Derzeit sind von den Verfassungsschutzbehörden 74 rechtsextremistische Organisationen mit 19 000 Mitgliedern festgestellt worden. Die größte rechtsextremistische Organisation ist die „Deutsche Volksunion" (DVU), die der Verleger der Deutschen National-Zeitung, Dr. Gerhard Frey, gegründet hat.

Die antisemitisch geprägte Agitation hat sich Jahren in den letzten deutlich in fremden-feindliche Kampagnen ausländische gegen Gastarbeiter, Asylanten und Asylbewerber gewandelt. Die Zahl der rechtsextremistischen periodischen Publikationen hat eine Jahresauflage von 8281713 Exemplaren. Zu den aktivsten Rechtsextremisten gehören vor allem die 14— 20jährigen, die einen Anteil von 46 % der rechtskräftig verurteilten Täter darstellen, gefolgt von der Altersgruppe von 21— 30 Jahren mit 25 % der Straftaten. Neben den Mitgliedern in neonazistischen und rechtsextremistischen Gruppierungen sind noch zahlreiche Sympathisanten und Spender zu erwähnen, die nicht selten Beträge bis zu 10 000, — DM geben, um einer vermeintlich »guten Sache“ zu dienen.

Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 25. April 1979 konnte in den

I. Situationsbeschreibung

Schaufenstern von Spielzeugläden Kriegs-spielzeug (mit Hakenkreuz) ausgestellt werden. Außerdem erschienen zahlreiche „Dokumentationen“ mit Hakenkreuz-oder SS-Runen, die von Verlagen herausgegeben wurden, denen nicht an einer Aufarbeitung der Geschichte, sondern an neonazistischer Agitation gelegen war. Hitler-, Göring-und Goebbels-Büsten finden sich auf Flohmärkten ebenso wie Orden und Ehrenzeichen mit Hakenkreuz-und SS-Runen aus der Zeit des Dritten Reiches. „Sammler“ kündigen in Zeitungsannoncen den Tausch von NS-Mutter-kreuzen und „Mein Kampf“ an. Als besonders makaber muß die Namensgebung einer Rock-band angesehen werden, die sich in Erinnerung an ein Konzentrationslager „BelsenBand“ nennt. Aus Spanien, Österreich und der Schweiz werden Silbermedaillen mit Hitlerportraits und der Aufschrift „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ eingeführt und an Touristen verkauft.

Zu den besonders aktiven Gruppen gehören derzeit die „Hilfsorganisationen für nationale politische Gefangene", die von Henry Beier und Wolfgang Koch gegründet wurden. Diese einschlägig vorbestraften Neonazis versuchen mit Hilfe ihrer Organisation ein Steuerungsinstrument für die verschiedenen Gruppierungen, die untereinander zwar Kontakte haben, aber kein gemeinsames Ziel verfolgen, herzustellen. Der Führer der „Bürger-und Bauerninitiative e. V.", der schleswig-holsteinische Bauer Thies Christophersen, der den „Kritik-Verlag“ betreibt, ist vor der Strafverfolgung aus der Bundesrepublik geflohen und soll in Dänemark Aufnahme gefunden haben. Martin Bruno Voigt und Friedhelm Kathagen haben in Bochum den „Deutschen-Rechtsschutzverein" gegründet, dessen Ziel es ist, inhaftierten Gesinnungstätern finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Nachdem der Neonazi Michael Kühnen seine vierjährige Freiheitsstrafe verbüßt hat, versucht er erneut, seine . Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ wieder aufzubauen. Die von dem zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilten Wolfgang Röder gegründete „Freiheitsbewegung Deutsches Reich" hat ihre Aktivitäten zwar merk-19 lieh eingeschränkt, aber nicht eingestellt. Röder versucht aus dem Gefängnis heraus, mit seinen Sympathisanten Kontakt zu halten, um für seine Familie den Lebensunterhalt während seiner Haftzeit sicherzustellen.

Als Agitationsmittel werden am häufigsten Flugblätter, gefolgt von Schriften und Büchern, NS-Emblemen, Plakaten und Aufklebern sowie Schallplatten und Filme verwendet Die Flugblätter tragen z. B. Titel wie „Anti-Holocaust-Flugblatt", , Auschwitz-Lüge", „Ausländerstop" u. a. Bei den Schriften sind zu erwähnen: „Der Auschwitz-Mythos“, Ausländerintegration ist Völkermord", „Aus dem Führerhauptquartier“, „Der Stürmer" (Zeitschrift der SA), „Völkischer Beobachter" (Zeitung der NSDAP), „Die Wehrmacht" (Zeitschrift des Propagandaministeriums über die „Heldentaten der deutschen Wehrmacht — Heer"), „Der Adler" (Zeitschrift für die Luftwaffe), „Die Kriegsmarine".

An NS-Emblemen werden das Hakenkreuz, SS-Runen, Bildnisse von Hitler und Göring sowie Orden und Ehrenzeichen aus der Zeit des Dritten Reiches mit Hakenkreuz verwendet. Plakate und Aufkleber tragen die Aufschrift: . Jude verrecke!", . Jetzt NSDAP!“, „Kauft nicht bei den Juden“, „Wir sind wieder da!, „Rotfront verrecke!" oder: „Ich Esel glaube noch an die Vergasungslüge und will an Israel zahlen, zahlen, zahlen" oder: „Wer die Vergasung von Juden in einem deutschen KZ behauptet, ist entweder ein Dummkopf oder ein Verbrecher, der die Greuellügen verbreitet, um das deutsche Volk zu diffamieren, um das Reich zu erhalten für Erpressungen bis in alle Ewigkeit!“ oder: „Holocaust darf nicht sterben, denn Zion muß leben von Deutschlands Erben."

Die Ansprachen von Hitler, Göring und Goebbels erscheinen als Schallplatten und in Filmen, die Wochenschauen des Propaganda-ministeriums werden von 16 mm auf Super 8 mm verkleinert und für das Heimkino angeboten. Um ihrer politischen Gesinnung Nachdruck zu verleihen, treten militante Neonazis in einheitlicher, SS-ähnlicher Uniform auf.

Als Zielgruppe der Agitation wenden sich Neonazis an Schüler, staatliche Stellen, Polizeibeamte, Abgeordnete und Medien. Die Agitation verfolgt das Ziel, neue Zirkel zu gründen, Sympathisanten zu werben und Spenden einzusammeln. Es ist festzustellen, daß Neonazis sich zunehmend konspirativ verhalten. Trotz intensiver strafrechtlicher Sanktionen ist es bisher nicht gelungen, der neonazistischen Agitation wirksam zu begeg. nen. Vielmehr ist zu beobachten, daß sich Leute aus der neonazistischen Szene zunehmend auch zu terroristischen Handlungen verleiten lassen. Namen wie die von Klaus-Ludwig Uhl, Klaus Hewicker, Wolfgang Röder, Karl-Heinz Hoffmann und viele andere sind dafür ein Beispiel.

Eine Reihe neonazistischer Verlage haben sich darauf spezialisiert, den Krieg und das NS-Regime rechtfertigende Bücher auf den Markt zu bringen. Autoren sind oft ehemalige Mitarbeiter von NS-Größen, die ihre „Memoiren" oder ihre Erlebnisberichte aus der Zeit des „Dritten Reiches" publizieren. Zu nennen sind hier vor allem der K. W. Schütz-Verlag, der Druffel-Verlag in Leoni am Starnberger See sowie der Verlag für „Volkstum und Zeit-geschichtsforschung“ in Vlotho.

Obwohl das Problem des Rechtsextremismus im wesentlichen „hausgemacht" ist, darf nicht übersehen werden, daß eine Reihe von Agitationsmitteln auch aus dem Ausland in die Bundesrepublik illegal eingeführt und hier über konspirativ arbeitende Vertriebsnetze vertrieben werden. Zu nennen ist hier der Deutsch-Amerikaner Gary Lauck: sein „NSKampfruf" fordert unverhohlen zum Umsturz in der Bundesrepublik auf. Die deutschen Neonazis haben auch engen Kontakt zum „British Movement", das für sie illegal den „Völkischen Beobachter" herstellt und in die Bundesrepublik einschleust. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch der Deutsch-Amerikaner George P. Dietz, der in seinen „White Power Publications" insbesondere gegen die Ausstrahlung des Fernsehfilms Holocaust zu Felde zog. Besondere Aktivitäten entfaltet der Deutsch-Kanadier Ernst Zündel in Toronto, der von dort aus seinen „America and World Report“ versendet, der eine deutliche antisemitische Tendenz aufweist. Kontakte bestehen auch zu den französischen, belgischen und dänischen Neonazis.

Im Bundesministerium der Justiz wurden innerhalb der letzten vier Jahre nicht weniger als 396 Agitationsmittel (Schriften und Kennzeichen) festgestellt, die Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren waren.

II. Agitationskriminalität

Die Autoren der neonazistischen und rechtsextremistischen Agitationsschriften leugnen die Schuld der Nazis am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Tatsache der fabrik-mäßigen Tötung der Juden im Dritten Reich. Was von der seriösen Forschung an Dokumenten und Filmen über die Verbrechen und Greuel des Dritten Reiches vorgeführt wird, bekämpfen sie als Produkt der „Umerzieher“. Neben der antisemitischen Agitation ist seit der Rezession die ausländerfeindliche Agitation zunehmend in den Vordergrund getreten. („Die Juden haben es hinter sich, die Türken vor sich.")

Die neonazistische und rechtsextremistische Agitation ist selbstverständlich auch mit Blick auf das in Art. 5 GG gewährte Grundrecht der Presse-und Meinungsfreiheit Einschränkungen durch die Strafgesetzgebung unterworfen. Dazu zählen im wesentlichen die §§ 86 Abs. I Ziffer 4 StGB (Verbreitung von Propagandamitteln, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen), 86 a (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), 130 (Volksverhetzung), 131 (Aufstachelung zum Rassenhaß), 185 (Beleidigung pp.). Das Auftreten in einheitlicher Uniform ist gemäß § 3, 28 Versammlungsgesetz verboten.

Hier einige Beispiele neonazistischer Agitation, die die Gerichte als strafrechtlich relevant angesehen haben:

Zu $86 Abs. I Ziffer 4 StGB:

Jetzt NSDAP! „NS-Verbot aufheben!", „Wir sind wieder da!", „Kampf den Judenparteien KPD, SPD, CDU, CSU, FDP!". Neben diesen Slogans sind eine Reihe von neonazistischen Schriften als strafbar gemäß § 86 Abs. I Nr. 4 bewertet worden. So zum Beispiel „Die Wahrheit für Deutschland" und „Antikommunist" (Mitteilungsblatt der „Deutsch-Völkischen Gemeinschaft"), der „NS-Kampfruf" (Kampf-schrift der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei — Auslandsorganisation') sowie das Flugblatt der „Deutschen Bürgerinitiative" anläßlich eines für den 23. Mai 1975 geplanten „Reichstages zu Flensburg“.

Zu S 86a StGB:

Danach ist die öffentliche Bezeugung des -Hitler-Grußes“ sowie das öffentliche Tragen des Hakenkreuzes und der SS-Runen und des SS-Totenkopfabzeichens strafbar. Auch alle Originalorden und Ehrenzeichen aus der Zeit des Dritten Reiches (mit Hakenkreuz) fallen unter diese Vorschrift. Dazu gehören auch Abzeichen zum Tag der großen deutschen Seefahrt, Anstecknadeln mit SS-Runen, Anstecknadeln mit Hakenkreuz, Ansteckplaketten mit Hakenkreuz, das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz, Fahnen mit Hakenkreuz, Göring-und Hitlerbüsten, Gedenkmedaillen (mit Hakenkreuz), der Ausspruch „Heil Hitler", Hitlergedenkmünzen, Hitlerfiguren (aus Wachs und Porzellan), das Horst-Wessel-Lied, HJ-Messer, HJ-Dolche mit Hakenkreuz, das HJ-Abzeichen, das HJ-Koppelschloß mit Hakenkreuz, das Hakenkreuz mit Totenkopf, die Ausstellung von Hitlerportraits, das Hakenkreuz auf T-Shirts, Kriegsspielzeug mit Hakenkreuz, das Kriegsverdienstkreuz mit Hakenkreuz, die Parole der SS „Meine Ehre heißt Treue“, Mitgliedsbücher der Deutschen Arbeitsfront, Nahkampfabzeichen (mit Hakenkreuz), das Kürzel NSDAP, Offiziersdolche mit Hakenkreuz, das Programm der NSDAP (Schrift), Parteiabzeichen der NSDAP, das Reichssportabzeichen mit Hakenkreuz, die. Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz, Rotes-Kreuz-Armbinden (mit Hakenkreuz), SS-Dolche, der Ausspruch „Sieg-Heil“, das SA-Sportabzeichen, SS-Runen auf Plattenhüllen, SS-Panzeruniformen, SS-Uniformen und SS-Mützen, Sturmabzeichen der Deutschen Wehrmacht, Siegelringe mit Inschrift „Meine Ehre heißt Treue“, Wundertüten mit NS-Emblemen, Wandteller mit Hakenkreuz, Wehrmachtsabzeichen und Verwundetenabzeichen mit Hakenkreuz, Verdienstorden mit Hakenkreuz.

Zu $130 StGB:

Die nachstehenden Hetzparolen haben die Gerichte als strafbar im Sinne des § 130 (Volksverhetzung) StGB angesehen:

„Ich Esel glaube an die Vergasungslüge und will an Israel zahlen, zahlen, zahlen.“

„Wer die Vergasung von Juden in einem deutschen KZ behauptet, ist entweder ein Dummkopf oder Verbrecher, der die Greuellügen verbreitet, das deutsche Volk zu diffamieren, um das Reich zu erhalten für Erpressungen bis in alle Ewigkeit."

„Holocaust darf nicht sterben, denn Zion muß leben von Deutschlands Erben."

Zu § 131 StGB:

Flugblatt „Holocaust" (ein Drama in fünf Akten) von Edgar Geiss (Leseprobe): „Aus Hollywood kommt er, der Holocaust made in USA, eine Gemeinschaftsproduktion unter dem David-Stern. 180 km Film haben zionistische Hetzer zu einem primitiven Machwerk zusammengeschnitten, um die Deutschen vor aller Welt als Mörder zu diffamieren. Nicht ein einziger Meter dieses Abfallproduktes einer perversen Phantasie ist wahr. Nicht ein einziger Jude wurde vergast! Als der anti-deutsche Hetzfilm in den USA gezeigt wurde, konnten deutsche Kinder nur unter Polizeischutz zur Schule gehen. Mord und Bombendrohungen gegen Ausländsdeutsche als Folge einer jahrzehntelangen Greuelhetze gegen Deutschland nach dem Motto . Holocaust darf nicht sterben, denn Zion muß leben von Deutschlands Erben ...'Dem Ansehen Deutschlands ist mit diesem bisher übelsten Machwerk anti-deutscher Greuelhetze nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt worden. Die deutsche Bürgerinitiative gegen Kriegsschuld-und Vergasungslüge wird gegen die Verantwortlichen Nestbeschmutzer des WDR sowie gegen den Verleger des Groschenromans Holocaust', den Hertien-Verlag Bayreuth, Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstatten."

Ausländer raus!"

„Kanaken raus!" 185 StGB:

Der Bundesgerichtshof hat am 19. September 1979 entschieden (Leitsatz):

„Menschen jüdischer Abstammung haben aufgrund ihres Persönlichkeitsrechts in der Bundesrepublik Anspruch auf Anerkennung des Verfolgungsschicksals der Juden unter dem Nationalsozialismus. Wer die Judenmorde im . Dritten Reich'leugnet, beleidigt jeden von ihnen. Betroffen sind durch solche Äußerungen auch erst nach 1945 geborene Personen, wenn sie als . Volljuden'oder jüdische Mischlinge'im . Dritten Reich'verfolgt worden wären. Gegenstand der Entscheidung war ein auf einer Plakatwand angebrachtes Flugblatt, auf dem stand, die Ermordung von Millionen Juden im . Dritten Reich'sei ein zionistischer Schwindel; die Lüge von den sechs Millionen vergasten Juden könne nicht hingenommen werden.“ Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil am 25. Juli 1979 entschieden, daß der antiquarische Vertrieb des Buches von Hitlers „Mein Kampf" nicht nach § 86 Abs. 1 Ziff. 4 StGB strafbar ist. Zur Begründung hat er angeführt, daß vorkonstitutionelle Schriften (d. h. Schriften, die vor Inkrafttreten des Grundgesetzes entstanden sind) keine Propagandamittel sind, deren Inhalt sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet. Demgemäß ist der Vertrieb der Schriften von Hitler, Göring, Goebbels etc.derzeit in der Bundesrepublik straffrei möglich. Dies gilt auch für den unveränderten Nachdruck (Faksimile) derartiger Schriften, ohne kommentierendes Vor-oder Nachwort.

Der Bundesgerichtshof hat darüber hinaus in einer Entscheidung am 25. April 1979 festgestellt, daß die Verwendung des Hakenkreuzes auf Kriegsspielzeug (Spielzeugmodelle) den Tatbestand des § 86a StGB erfüllt. Diese Entscheidung war dringend notwendig geworden, weil im Zuge der sogenannten Hitler-Welle fast alle Spielzeughersteller Plastikspielzeugmodelle aus der Zeit des Dritten Reiches (mit Hakenkreuz) vertrieben.

Im Bundesministerium der Justiz wurde im Jahre 1981 eine Auswertung des seit 1978 vorliegenden Materials durchgeführt Dabei ergaben sich folgende Erkenntnisse:

a) Die Agitationskriminalität war Gegenstand von etwa zwei Dritteln aller beobachteten Ermittlungs-oder Strafverfahren.

b) Auf Verstöße gegen §§ 86, 86 a StGB entfielen dabei rund 44 % aller beobachteten Verfahren. c) Auf Vergehen gegen die §§ 130, 131 StGB (Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß) entfielen ca. 12 %.

d) Der Rest verteilte sich auf sonstige Straftaten, wie z. B. auf die Bestimmungen der §§ 90 a, 185 StGB, §§ 3, 28 Versammlungsgesetz (Auftreten in einheitlicher Uniform), Verstöße gegen das Gesetz über jugendgefährdende Schriften u. a.

Nach einer im Bundesministerium der Justiz für den Zeitraum von vier Jahren gefertigten Übersicht über den Stand und die Ergebnisse aller in der Bundesrepublik beobachteten, von den Gerichten und Staatsanwaltschaften geführten Verfahren mit rechtsextremistischem Hintergrund ergibt sich folgendes Bild: Gegen 879 Personen sind inzwischen rechtskräftige Entscheidungen ergangen; dabei wurden zwei lebenslängliche Freiheitsstrafen und Geldstrafen bis zu 27 000 DM ausgesprochen. Gegen weitere 106 Personen sind nicht-rechtskräftige Urteile ausgesprochen worden. 85 weitere Personen sind angeklagt, 68 Personen befinden sich derzeit in Haft, davon 28 in U-Haft.

III. Aktionskriminalität

Die Agitationskriminalität ist oft nur die Vorstufe der Aktionskriminalität, unter der diejenige Form der Kriminalität verstanden wird, bei der aus politischen Beweggründen heraus Gewalt gegen Personen oder Sachen angewendet wird. Hier kommen alle strafrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung, so z. B. § 211 (Mord), § 129 (Bildung einer kriminellen Vereinigung), § 129 a (Bildung einer terroristischen Vereinigung) StGB und andere mehr. Neben den Strafgesetzen greifen auch die Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes, des Waffengesetzes, des Kriegswaffenkontrollgesetzes sowie die Bestimmungen der Alliierten in Berlin (Verordnungen 501 und 504, 511 des Alliierten Kontrollrats). Im Gegensatz zur Bekämpfung der Agitationskriminalität sind die strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der Aktionskriminalität ausreichend. Zahlenmäßig umfaßt die Aktionskriminalität ungefähr ein Drittel der gesamten rechtsextremistisch motivierten Kriminalität. Die Tendenz ist stark steigend, insbesondere bei jugendlichen Tätern. Bei vielen Neonazis führt ein gerader Weg von der Steigerung der Agitationskriminalität hin zur Aktionskriminali

tät, d. h. vom verbalen Radikalismus zur Gewaltanwendung. Der Gewaltanwendung von Neonazis sind in den letzten vier Jahren 23 Menschen zum Opfer gefallen, davon neun ausländische Staatsangehörige, über 200 Personen wurden bei Sprengstoffanschlägen und Schießereien verletzt, zwei Personen waren Opfer von Mordversuchen. Von den aggressiven Neonazis sind sieben nicht mehr am Leben; darunter einige (Heinz Lembke, Frank Schubert und Helmut Oxner), die durch Selbstmord aus dem Leben schieden, nachdem sie straffällig geworden waren.

Von den oben zitierten 879 rechtskräftigen Urteilen entfallen auf den gewalttätigen Bereich (Gewalt gegen Personen und Sachen) 239, dabei wurden neben den zwei lebenslänglichen Freiheitsstrafen in elf Fällen Freiheitsstrafen von 5 bis 15 Jahren ausgesprochen. Von 106 nicht rechtskräftigen Urteilen betreffen 37 Straftaten, bei denen Gewalt gegen Personen oder Sachen angewendet wurde.

IV. Probleme bei der Anwendung des Strafrechts

Trotz eines ausreichenden gesetzlichen Instrumentariums zur Bekämpfung des Neonazismus haben sich bei der Rechtsanwendung einige Probleme ergeben.

In den Fällen, in denen das Verfolgungsschicksal der Juden geleugnet wird, ist eine Bestrafung im Sinne des § 185 StGB (Beleidigung) nur dann möglich, wenn der Beleidigte (ein Jude oder ein jüdischer Abkömmling) einen Strafantrag stellt, da Beleidigungsdelikte nicht zu den Offizialdelikten zählen. Viele jüdische Mitbürger (es sind mit 30 000 nicht mehr viele in der Bundesrepublik) lehnen es jedoch ab, einen Strafantrag zu stellen. Sie fürchten, als Zeugen vor Gericht erscheinen und den Alt-Neonazis gegenüberstehen zu müssen. Wie schon die Verfahren gegen die KZ-Wächter und die Einsatzgruppenleiter der SS (NSG-Verfahren) gezeigt haben, bedeutet es für die Opfer eine tiefe Erschütterung, wenn sie ihren früheren Peinigern oder den Repräsentanten dieses Systems gegenüberstehen; viele verzichten daher darauf, einen Strafantrag zu stellen. Wenn ein Strafantrag vorliegt (nach einer Anzeige kann die Staatsanwaltschaft den Betroffenen zur Stellung eines Strafantrags auffordern (Nr. 6 Abs. 2 RiStBV]; allerdings wird davon selten Gebrauch gemacht), wird der Kläger in der Praxis nicht auf den Weg der Privatklage verwiesen, sondern das Verfahren von der Staatsanwaltschaft betrieben. Kosten entstehen damit für den Anzeigenerstatter nicht.

Werden Delikte wie Beleidigung, Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Verbreitung von NS-Propagandamitteln etc. durch Verbreitung von Druckwerken (dazu gehören auch Ton-und Bildträger, Abbildungen und andere Darstellungen) begangen, so verjähren diese Straftaten nach den Landespressegesetzen in sechs Monaten seit dem ersten Vertrieb dieser Schriften. Diese kurzfristige presserechtliche Verjährung, die dem Rechtsfrieden dienen soll, erschwert begreiflicherweise die Verfolgung von neonazistischer Propaganda in erheblichem Maße. Wird z. B. ein Buch publiziert, dessen Inhalt den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt, so ist eine Strafverfolgung nur möglich, wenn innerhalb eines halben Jahres seit dem Vertrieb des ersten Exemplars dieser Auflage Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden. Abgesehen davon, daß es sehr schwierig ist, den ersten Vertrieb einer Schrift zeitlich genau festzulegen, liegt ein besonderes Raffinement darin, nur eine kleine Zahl von Schriften auf den Markt zu bringen, dann die Verjährung abzuwarten und danach die Auflage straffrei zu vertreiben. Eine weitere Beweisschwierigkeit ergibt sich’ daraus, daß es mit den heutigen Vervielfältigungsmethoden unschwer möglich ist, Schriften, bei denen die Verjährung bereits eingetreten ist, neu zu kopieren und erneut zu verteilen. Bestimmte Flugblätter von Neonazis werden auf diese Weise tausendfach nachkopiert und bleiben so lange auf dem „Markt". Da diese kurzfristige Verjährung — wie gesagt — dem Rechtsfrieden dienen soll, hat sie im Falle der Verbreitung von Zeitungen und Zeitschriften durchaus ihren guten Sinn. Im Falle von Büchern, die länger auf dem Markt bleiben, ist nicht recht einzusehen, warum hier eine kurze presserechtliche Verjährung den Täter schützen soll. Erfahrungsgemäß ist es gerade bei Schriften sehr schwierig, festzustellen, ob Straftatbestände verwirklicht sind. Denn ohne die genaue Durchsicht der gesamten Schrift ist ein Urteil darüber nicht möglich. Die Durchsicht eines Buches von vier-bis fünfhundert Seiten erfordert jedoch einen Zeitaufwand von mehreren Tagen. Daher ist es nicht verwunderlich, daß die Staatsanwalt, schäften von Amts wegen nur selten Ermittlungsverfahren einleiten, vielmehr erst tätig werden, wenn konkrete Hinweise bzw. Anzeigen von Bürgern vorliegen.

In der Praxis und im Schrifttum war die Frage streitig geworden, ob ein sogenanntes selbständiges Einziehungsverfahren bei einer Schrift noch möglich ist, wenn die Verfolgung der Straftat bereits verjährt ist. Die verneinende Auffassung hatte zur Folge, daß rechtsextremistische Schriften nicht mehr aus dem Verkehr genommen werden können, wenn die Verjährung der Tat, die sich hier zumeist nach den genannten kurzen presserechtlichen Fristen richtet, eingetreten ist.

Im Zusammenhang mit der Strafverfolgung gegen die Mitglieder der „Wehrsportgruppe Hoffmann" wegen des Verdachts eines Vergehens gern. § 129 a StGB (Gründung einer terroristischen Vereinigung) mußte der Bundesgerichtshof darüber entscheiden, ob die Gründung einer solchen Vereinigung außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland den Straftatbestand des § 129 a StGB erfülle. Der BGH hat diese Frage verneint — mit der Folge, daß das vom Generalbundesanwalt gegen die Mitglieder der „Wehrsportgruppe Hoffmann" geführte Ermittlungsverfahren nach § 129 a StGB eingestellt werden mußte.

V. Gesetzgebungsvorhaben des Bundesministers der Justiz

Das Bundesministerium der Justiz hat zur besseren Bekämpfung der neonazistischen Agitation einen Gesetzentwurf erarbeitet, der dem Bundesrat am 29. Oktober 1982 vorgelegt wurde. Mit diesem Entwurf sollen einige Lücken geschlossen werden, die bei der Bekämpfung der neonazistischen Agitation eine Strafverfolgung erschwerten oder vereitelten.

Schon nach geltendem Recht macht sich strafbar, wer Kennzeichen verfassungswidriger, insbesondere ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen verbreitet oder öffentlich verwendet. Die Erfahrungen haben jedoch gezeigt, daß dieses Recht nicht ausreicht, die friedliche Ordnung des politischen Lebens in der Bundesrepublik zu schützen und den möglichen Störungen dieser Ordnung vorzubeugen. So wird aus dem Ausland nach den Berichten der Länder in zunehmendem Umfang NS-Material eingeführt. Das ist auf die Dauer nicht hinnehmbar. Mit dem strafrechtlichen Zugriff darf nicht abgewartet werden, bis dieses Material in der Bundesrepublik verbreitet oder öffentlich verwendet wird. Schon im Vorfeld, etwa bei der Einfuhr, bedarf es einer strafrechtlichen Verbotsnorm; nur so kann sichergestellt werden, daß aus dem öffentlichen Erscheinungsbild in der Bundesrepublik Deutschland Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen verbannt bleiben.

Der Gesetzentwurf stellt ferner klar, daß extremistische Schriften sowohl rechter wie linker Provenienz selbst dann noch eingezogen werden können, wenn aus Gründen der Strafverfolgungsverjährung eine bestimmte Person nicht mehr strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wurde diese Frage unterschiedlich beurteilt. Der BGH hat kürzlich dem Streit ein Ende bereitet Die Einziehung von Schriften im objektiven Verfahren bleibt auch nach Verjährung der Straftat zulässig. Es ist aber nahezu unerträglich, daß nach Ablauf der kurzen presserechtlichen Verjährung nur noch in bestimmten Gerichts-bezirken Schriften beispielsweise volksverhetzenden Charakters sichergestellt und beschlagnahmt werden dürfen, in anderen Bezirken dagegen nicht mehr.

Am wichtigsten ist jedoch der Vorschlag, das Leugnen und Verharmlosen des nationalsozialistischen Völkermordes für den Fall unter Strafe zu stellen, daß diese Handlungen geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. Schon heute macht sich strafbar, wer Haß gegen jüdische Bürger mit der Behauptung schürt, sie verbreiteten Lügen über Vergasungen, um Wiedergutmachungsleistungen zu erschwindeln (§ 130 StGB — Volksverhetzung). Es mehren sich jedoch Veröffentlichungen, die in vordergründiger Scheinobjektivität und oftmals unter Berufung auf „Beweismittel“ die historisch unbestreitbare Tatsache der Juden-vernichtung durch den Nationalsozialismus leugnen, ohne damit ausdrücklich hetzerische Angriffe gegen die jüdischen Mitbürger zu verbinden. Wie oben schon dargestellt, hat der BGH hierzu festgestellt, daß Angehörige der Opfer der nationalsozialistischen Ausrottungspolitik und darüber hinaus alle Juden im Sinne der Nazijudengesetzgebung gegen solche Behauptungen wegen Beleidigung vorgehen können. Damit darf es aber nicht sein Bewenden haben, denn es geht bei der Verfälschung des planmäßig durchgeführten nationalsozialistischen Völkermordes als Auschwitz-Lüge" nicht allein um die Ehrverletzung einzelner Menschen. Soll es den überlebenden und ihren Kindern überlassen bleiben, die strafrechtliche Ahndung durch einen Strafantrag erst zu ermöglichen, wenn es darum geht, daß auf einem Flugblatt 10 000 DM Belohnung für jede einwandfrei nachge-

„Vergasung“ in der Gaskammer eines wiesene deutschen Konzentrationslagers ausgelobt werden, oder — wie jüngst in Hamburg geschehen — die Einrichtung und hermetische Abschließung des Warschauer Gettos als Maßnahme der Seuchenbekämpfung bezeichnet wird?

Die verschiedentlich geäußerte Sorge, die vorgesehene Neuregelung könnte die Möglichkeit zur — unter Umständen auch polemisch geführten — Diskussion über das Regime des Nationalsozialismus beschneiden, ist nicht begründet. Eine kritische Erörterung etwa der Frage, in welchem Umfang während des NS-Regimes eine planmäßige Tötung von Juden stattgefunden hat, wird regelmäßig nicht ohne weiteres — wie von den vorgeschlagenen Strafnormen vorausgesetzt — geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören. Zudem stellt eine „Sozialadäquanzklausel“ sicher, daß die Strafbarkeit z. B.des Verbreitens von Schriften von vorneherein nicht in Betracht kommt, wenn die Handlung anerkannten Zwecken dient, etwa der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Wissenschaft oder der Berichterstattung über Vorgänge der Zeitgeschichte.

Bei der Diskussion um Lücken im Strafrecht-schutz gegen den Neonazismus ist darüber hinaus geprüft worden, ob auch die Verbreitung von Nazi-Schriften, die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erstmals veröffentlicht worden sind, unter Strafe gestellt werden sollten. Hier war man in der Vergangenheit davon ausgegangen, diese Schriften seien durch das geltende strafrechtliche Verbot (§ 86 Abs. 1 Ziff. 4 StGB) ebenfalls erfaßt. Dieser Auffassung ist der BGH nicht gefolgt. Bei einer Abwägung, ob durch eine entsprechende Neuregelung auch diese Fälle — also z. B.der Verkauf von Hitlers „Mein Kampf“ — unter Strafe gestellt werden sollen, war auf der einen Seite vor allem die Situation von Menschen, die unmittelbar unter der Nazi-Herrschaft gelitten haben, zu beachten. Für sie ist es sicherlich schwer erträglich, in einem Antiquariat Bücher zu sehen, mit denen seinerzeit all das Unrecht, all die grauenhaften Verbrechen begründet worden sind. Auch wäre es ein schwer erträgliches Ärgernis, wenn durch das Angebot solcher Schriften im Buchhandel das Bild entstehen würde, der Handel mit Nazi-Schriften gehöre zum politischen Alltag der Bundesrepublik Deutschland. Auf der anderen Seite ist oft gesagt worden, daß die Lektüre solcher Nazi-Schriften die Menschen (vor allem unsere Jugendlichen) immun machen könnte gegen die Ideologie des Nationalsozialismus. Wenn auch zu beobachten ist, daß eine Reihe von Verlagen sich anschicken, aufgrund der Entscheidung des BGH vom 25. Juli 1979 Faksimilie-Ausgaben von alten NS-Schriften straffrei auf den Markt zu bringen (insbesondere auch Filme aus der Zeit des Dritten Reiches, z. B. von den Reichsparteitagen der NSDAP), so bleibt doch abzuwarten, ob es für den Gesetzgeber einen Handlungsbedarf gibt, wenn die Zahl dieser Schriften ein unerträgliches Ausmaß erreichen sollte.

VII. Schlußbemerkung

Eine Demokratie lebt nicht von der Qualität ihrer Staatsanwälte, sondern vom Engagement ihrer Demokraten. Daher ist jeder Staatsbürger in besonderer Weise gefordert, die geistig-politische Auseinandersetzung mit allen Formen des Links-und Rechtsextremismus zu führen. Dazu ist es erforderlich, daß die Bürger für diese Auseinandersetzung ausreichend gerüstet sind. Politische Aufklärung ist daher vor allem bei Jugendlichen dringend geboten. Das Strafrecht kann als Ultima ratio nur bestimmte Auswüchse wirksam eindämmen, einen wirksamen Schutz bietet es jedoch nur dann, wenn die Bürger bereit sind, extremistischer Agitation zu begegnen, statt sie zu übersehen.

Als flankierende staatliche Maßnahme zur Bekämpfung neonazistischer Agitation hat sich auch die Indizierung als jugendgefährdende Schrift als ein wirksames Instrument erwiesen. Nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 9. Juni 1953 (BGBl. I S. 377) kann die Bundes-prüfstelle eine rechtsradikale Schrift in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufnehmen, wenn sie geeignet ist, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen und Rassenhaß anzureizen, sowie den Krieg zu verherrlichen. Nach der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle sind auch NS-verherrlichende oder verharmlosende Medien, insbesondere solche, die den Führerstaat als ein nicht nur für Deutschland, sondern für Europa erstrebenswertes Beispiel darstellen, sowie die Bejahung der Auslese-prinzipien der SS, die im Einklang mit der nationalsozialistischen Rassenlehre ausdrücklich gebilligt werden, als jugendgefährdend anzusehen, ebenso wie die Werbung für die Ideologie des Nationalsozialismus, seiner Rassenlehre, seiner Führung, seines Erziehungsprogramms und seiner Kriegführung. So hat die Bundesprüfstelle eine Reihe von Klassikern der Neonazis, wie z. B. Arthur But „Der Jahrhundert-Betrug" oder Stäglichs Buch „Der Auschwitz-Mythos" sowie Walendys Buch „Wahrheit für Deutschland — die Schuldfrage des Zweiten Weltkrieges" indiziert. Antragsberechtigt zur Indizierung sind neben den obersten Jugendbehörden der Länder auch der Bundesminister für Familie, Jugend und Gesundheit und alle Jugendämter in der Bundesrepublik Deutschland.

Nach dem Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 (BGB Blatt I S. 607) sind die Hauptzollämter berechtigt, aus dem Ausland eingeführte neonazistische Schriften, die den Verdacht strafbarer Handlungen nach den §§ 86, 86a, 131 StGB begründen, zu beschlagnahmen und der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Entscheidung vorzulegen.

Das Grundgesetz hat eine streitbare Demokratie begründet. Danach sind in unserer Verfassung selbst die wichtigsten Instrumente verankert, die dem Staat zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen von links und rechts zur Verfügung stehen. Es sind dies die Möglichkeiten — des Verbots einer Partei — Art. 21 GG — oder — einer sonstigen Vereinigung — Art. 9 Abs. 2 GG — sowie — gegen Einzelpersonen die Verwirkung von Grundrechten — Art. 18 GG.

Daneben gibt es auch in einfachen Gesetzen Möglichkeiten zur Bekämpfung des Extremismus, insbesondere im Polizeirecht, Presse-recht, Paß-und Personalausweisrecht sowie im Ausländerrecht. Da außer der NPD im rechtsextremistischen Bereich keine Partei vorhanden ist, die für ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Betracht käme und ein Verbot dieser Partei wegen ihrer geringen politischen Bedeutung derzeit nicht aktuell ist, verbleiben im wesentlichen die Instrumente des Verbots von Vereinigungen nach Art. 9 Abs. 2 GG. Von dieser Möglichkeit hat der Bundesminister des Innern bisher in zwei Fällen Gebrauch gemacht. So wurden im Jahre 1981 die „Wehrsportgruppe Hoffmann" und im Jahre 1982 die „Volkssozialistische Bewegung/Partei der Arbeit“ sowie ihre Jugendorganisation „Junge Front" verboten.

Im Jahre 1983 jähren sich zum 50. Mal viele Daten, die für das Deutsche Volk so schicksalhaft waren. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen, um unserer Jugend vor Augen zu führen, auf welche Weise die Demokratie 1933 scheinlegal abgewürgt und vernichtet wurde.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Georg Maier, geb. 1937; Abteilungsleiter für Presse und Öffentlichkeitsarbeit beim Sender Freies Berlin; von 1978 bis 1983 im Referat Staatsschutzstrafrecht im Bundesministerium für Justiz als Experte für die strafrechtliche Verfolgung des Rechtsextremismus.